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I. Ein­lei­tung

II. All­ge­mei­ne Voraussetzungen

III. Auf­ent­halts­er­laub­nis zur For­schung (§ 20 Auf­enthG) 1. All­ge­mei­nes
2. Ver­hält­nis zu ande­ren Auf­ent­halts­ti­teln
3. Vor­aus­set­zun­gen

4. Umfang
5. Gel­tungs­dau­er
6. Ver­län­ge­rung und Arbeits­platz­su­che
7. Mobi­li­tät in ande­re EU-Mitgliedstaaten

IV. Auf­ent­halts­er­laub­nis für mobi­le For­scher (§ 20b AufenthG)

V. Kurz­fris­ti­ge Mobi­li­tät von For­schern (§ 20a AufenthG)

VI. Blaue Kar­te EU (§19a Auf­enthG) 1. All­ge­mei­nes
2. Anwen­dungs­be­reich
3. Vor­aus­set­zun­gen

4. Gel­tungs­dau­er
5. Mobi­li­tät in ande­re EU-Mitgliedstaaten

VII. Auf­ent­halts­er­laub­nis zur Erwerbs­tä­tig­keit (§ 18 Auf­enthG) 1. All­ge­mei­nes
2. Vor­aus­set­zun­gen
3. Anwen­dungs­be­reich neben § 20 AufenthG

VIII. Auf­ent­halts­er­laub­nis zur selb­stän­di­gen Tätig­keit (§ 21 AufenthG)

1. All­ge­mei­nes

2. Absol­ven­ten deut­scher Hoch­schu­len, Wis­sen­schaft­ler und Forscher

IX. Auf­ent­halts­er­laub­nis zum Stu­di­um (§ 16 Auf­enthG) 1. All­ge­mei­nes
2. Vor­aus­set­zun­gen
3. Ver­hält­nis zu ande­ren Aufenthaltstiteln

4. Gel­tungs­dau­er
5. Ver­län­ge­rung und Zweck­wech­sel
6. Mobi­li­tät in ande­re EU-Mitgliedstaaten

1 Neben den im Bei­trag erläu­ter­ten Auf­ent­halts­ti­teln haben Dritt­staats­an­ge­hö­ri­ge die Mög­lich­keit einen Auf­ent­halts­ti­tel zur Aus­übung eines Prak­ti­kums (§ 18 Abs. 3 Auf­enthG o. § 17b Auf- enthG) oder zur Arbeits­platz­su­che (§ 18c Auf­enthG) zu erhal­ten. Füh­rungs­kräf­te, Spe­zia­lis­ten oder Trai­nees kön­nen sich zudem
im Wege eines unter­neh­mens­in­ter­nen Trans­fers im Bun­des­ge­biet auf­hal­ten (§§ 19b‑d Auf­enthG). Letz­te­re Rege­lun­gen fußen auf
der Umset­zung der Richt­li­nie 2014/66/EU des Euro­päi­schen Par- laments und des Rates vom 15. Mai 2014 über die Bedin­gun­gen für die Ein­rei­se und den Auf­ent­halt von Dritt­staats­an­ge­hö­ri­gen im Rah­men eines unter­neh­mens­in­ter­nen Trans­fers (ICT-Richt­li­nie).

Nike Schult­heiß
Auf­ent­halts­rech­te von dritt­staats­an­ge­hö­ri­gen Wissenschaftlern

7. Auf­ent­halts­er­laub­nis zu Stu­di­en­zwe­cken außer­halb der REST-Richtlinie

X. Kurz­fris­ti­ge Mobi­li­tät von Stu­den­ten (§ 16a AufenthG)

XI. Fami­li­en­nach­zug

XII. Nie­der­las­sungs­er­laub­nis 1. Allgemeines

2. Nie­der­las­sungs­er­laub­nis für beson­ders Hoch­qua­li­fi­zier­te (§ 19 AufenthG)

a) All­ge­mei­nes
b) Anwen­dungs­be­reich neben 20 Auf­enthG c) Vor­aus­set­zun­gen
d) Ermes­sen

XIII. Zusam­men­fas­sung und Bewertung

I. Ein­lei­tung

Der Bei­trag befasst sich mit den ver­schie­de­nen Mög­lich- kei­ten für dritt­staats­an­ge­hö­ri­ge Wis­sen­schaft­ler, sich zum Zweck der Erwerbs­tä­tig­keit oder des Stu­di­ums recht­mä­ßig in Deutsch­land auf­zu­hal­ten. Dritt­staats­an- gehö­ri­ge sind Per­so­nen, die nicht Staats­an­ge­hö­ri­ge eines Mit­glieds­staats der Euro­päi­schen Uni­on sind (vgl. Art. 1 Schen­ge­ner Durchführungsübereinkommen).

Auf­ent­halts­mög­lich­kei­ten für dritt­staats­an­ge­hö­ri­ge Wis­sen­schaft­ler rich­ten sich nach dem Auf­ent­halts­ge­setz (Auf­enthG), das je nach Tätig­keit der Wis­sen­schaft­ler ver­schie­de­ne Auf­ent­halts­ti­tel vorsieht.1

Ein beson­de­rer Fokus des Bei­trags liegt auf den Neu- erun­gen des Auf­enthG durch die Richt­li­nie 2016/801/EU des Euro­päi­schen Par­la­ments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Bedin­gun­gen für die Ein­rei­se und den Auf- ent­halt von Dritt­staats­an­ge­hö­ri­gen zu For­schungs- oder Stu­di­en­zwe­cken, zur Absol­vie­rung eines Prak­ti­kums, zur Teil­nah­me an einem Frei­wil­li­gen­dienst, Schü­ler­aus­tausch- pro­gram­men oder Bil­dungs­vor­ha­ben und zur Aus­übung einer Aupair-Tätig­keit (sog. REST-Richt­li­nie2). Die REST- Richt­li­nie ersetzt die bis­he­ri­ge Stu­den­ten-Richt­li­nie3 und

Im Fol­gen­den soll hier­auf nicht ein­ge­gan­gen wer­den.
2 Die REST-Richt­li­nie ist am 22. Mai 2016 in Kraft getre­ten. Mit

dem am 01. August 2017 in Kraft getre­te­nen Gesetz zur Umset- zung auf­ent­halts­recht­li­cher Richt­li­ni­en der Euro­päi­schen Uni­on zur Arbeits­mi­gra­ti­on wur­de die Richt­li­nie in natio­na­les Recht umgesetzt.

3 Richt­li­nie 2004/114/EG des Rates vom 13. Dezem­ber 2004 über die Bedin­gun­gen für die Zulas­sung von Dritt­staats­an­ge­hö­ri­gen zur Absol­vie­rung eines Stu­di­ums oder zur Teil­nah­me an einem Schü­ler­aus­tausch, einer unbe­zahl­ten Aus­bil­dungs­maß­nah­me oder einem Freiwilligendienst.

Ord­nung der Wis­sen­schaft 2018, ISSN 2197–9197

ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2018), 3–18

Forscher-Richtlinie.4 Sie ver­folgt das Ziel, die bestehen­den Rechts­vor­schrif­ten für die­se Grup­pen zu ver­ein­fa­chen und in einem Rechts­akt zusammenzufassen.5

III. Auf­ent­halts­er­laub­nis zur For­schung (§ 20 AufenthG)

1. All­ge­mei­nes

§ 20 Auf­enthG sieht einen Auf­ent­halts­ti­tel zur For- schung vor und wur­de im Rah­men der Umset­zung der REST-Richt­li­nie neu gefasst. Er dient der Umset­zung von Arti­kel 8 der REST-Richt­li­nie, des­sen Zweck es ist, die all­ge­mei­ne Wett­be­werbs­fä­hig­keit der Uni­on zu stär- ken sowie einen offe­nen Arbeits­markt für For­scher zu schaf­fen, in dem die­se sich frei bewe­gen und wis­sen- schaft­li­che Erkennt­nis­se und Tech­no­lo­gien unge­hin­dert zir­ku­lie­ren können.6 Die Rege­lung des § 20 Auf­enthG bie­tet For­schern einen erleich­ter­ten Zugang, da die Aus- län­der­be­hör­de bzw. Aus­lands­ver­tre­tung nach Vor­la­ge einer wirk­sa­men Auf­nah­me­ver­ein­ba­rung nur noch die all­ge­mei­nen Ertei­lungs­vor­aus­set­zun­gen prüft.7 Die Ertei­lung einer Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 20 Auf- enthG kommt ins­be­son­de­re an For­scher, Assis­ten­ten, wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­ter, Gast­wis­sen­schaft­ler und Post­dok­to­ran­den, die ein For­schungs­vor­ha­ben durch- füh­ren, in Betracht.

2. Ver­hält­nis zu ande­ren Aufenthaltstiteln

Aus­län­der, die im Besitz einer Blau­en Kar­te EU sind (sie- he dazu VI.), kann kei­ne Auf­ent­halts­er­laub­nis für For- scher nach § 20 Auf­enthG erteilt wer­den (§ 20 Abs. 6 Nr. 8 Auf­enthG). Art. 2g der REST-Richt­li­nie sieht vor, dass Dritt­staats­an­ge­hö­ri­ge vom Anwen­dungs­be­reich der Richt­li­nie (und damit auch des § 20 Auf­enthG) aus­ge- schlos­sen sind, wenn sie als hoch­qua­li­fi­zier­te Arbeit­neh- mer im Sin­ne der Hoch­qua­li­fi­zier­ten-Richt­li­nie zuge­las- sen wer­den. Daher haben Aus­län­der bei der Erst­ertei- lung ein Wahl­recht, ob sie eine Blaue Kar­te EU oder eine Auf­ent­halts­er­laub­nis für For­scher bean­tra­gen. Die Blaue Kar­te EU bie­tet Mobi­li­täts­rech­te inner­halb und außer- halb der Euro­päi­schen Uni­on und hat den Vor­teil, dass schnel­ler eine Nie­der­las­sungs­er­laub­nis erteilt wer­den kann (sie­he VI. 5. und XII. 1.). Die Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 20 Auf­enthG bie­tet dage­gen die Vor­tei­le der kurz- fris­ti­gen Mobi­li­tät sowie die Mög­lich­keit, im Anschluss an den Abschluss des For­schungs­vor­ha­bens einen Auf- ent­halts­ti­tel zu Zwe­cken der Arbeits­su­che zu erhal­ten (sie­he III. 6. und V.).8

Abs. 1 Rn. 3.
8 Vgl. S. 20 f. der Anwen­dungs­hin­wei­se des Bundesministeriums

des Innern zu Gesetz und Ver­ord­nung zur Umset­zung auf­ent­halts- recht­li­cher Richt­li­ni­en der Euro­päi­schen Uni­on zur Arbeits­mi­gra- tion vom 14. Juli 2017, M3-12201/2#14.

II. All­ge­mei­ne Voraussetzungen

Um in das Bun­des­ge­biet recht­mä­ßig ein­rei­sen und sich dar­in auf­hal­ten zu dür­fen, bedür­fen Dritt­staats­an­ge­hö­ri- ge grund­sätz­lich einer Erlaub­nis, die in Form eines Auf- ent­halts­ti­tels erteilt wird (§ 4 AufenthG).

Für die Ein­rei­se und den Auf­ent­halt zur Erwerbs­tä- tig­keit ist für Dritt­staats­an­ge­hö­ri­ge grund­sätz­lich die Er- tei­lung eines natio­na­len Visums durch die zustän­di­ge Aus­lands­ver­tre­tung erfor­der­lich, das grund­sätz­lich kei- ner Zustim­mung der für den vor­ge­se­he­nen Auf­ent­halts- ort zustän­di­gen Aus­län­der­be­hör­de bedarf, wenn der Aus­län­der sich zuvor noch nicht mit einem natio­na­len Visum in Deutsch­land auf­ge­hal­ten hat (§§ 6 Abs. 3, 71 Abs. 2 Auf­enthG, 31 Abs. 1 Nr. 1 Auf­enthV). Bei Stu­den- ten, For­schern, die eine Auf­nah­me­ver­ein­ba­rung mit ei- ner vom Bun­des­amt für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge aner- kann­ten For­schungs­ein­rich­tung abge­schlos­sen haben, sowie in bestimm­ten Fäl­len bei Wis­sen­schaft­lern, ist ge- nere­ll kei­ne Zustim­mung der Aus­län­der­be­hör­de erfor- der­lich (§ 34 Auf­enthV). Staats­an­ge­hö­ri­ge von Aus­tra­li- en, Isra­el, Japan, Kana­da, der Repu­blik Korea, von Neu- see­land und der Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka kön- nen visum­frei in das Bun­des­ge­biet ein­rei­sen und den erfor­der­li­chen Auf­ent­halts­ti­tel nach der Ein­rei­se im In- land ein­ho­len (§ 41 AufenthV).

Nach der Ein­rei­se muss bei der ört­lich zustän­di­gen Aus­län­der­be­hör­de eine Auf­ent­halts­er­laub­nis bean­tragt wer­den. Die Auf­ent­halts­er­laub­nis ist ein befris­te­ter Auf- ent­halts­ti­tel, der für unter­schied­li­che Auf­ent­halts­zwe­cke erteilt wird (§ 7 AufenthG).

Bei der Ertei­lung und Ver­län­ge­rung aller Auf­ent- halts­ti­tel müs­sen stets die all­ge­mei­nen Vor­aus­set­zun­gen nach § 5 Auf­enthG vor­lie­gen, sofern nicht aus­nahms­wei- se hier­von abge­se­hen wer­den kann. Hier­zu gehö­ren die Siche­rung des Lebens­un­ter­hal­tes, die Klä­rung der Iden- tität und Staats­an­ge­hö­rig­keit des Aus­län­ders, das Nicht- bestehen eines Aus­wei­sungs­in­ter­es­ses, die Erfül­lung der Pass­pflicht und die Ein­rei­se mit dem erfor­der­li­chen Vi- sum. Unter­la­gen und Anga­ben müs­sen grund­sätz­lich in deut­scher Spra­che vor­ge­legt wer­den (§ 23 LVwVfG).

  1. 4  Richt­li­nie 2005/71/EG des Rates vom 12. Okto­ber 2005 über ein beson­de­res Zulas­sungs­ver­fah­ren für Dritt­staats­an­ge­hö­ri­ge zum Zwe­cke der wis­sen­schaft­li­chen Forschung.
  2. 5  Vgl. Erwä­gungs­grund Nr. 2 der REST-Richtlinie.
  3. 6  Vgl. Erwä­gungs­grund Nr. 8 der REST-Richtlinie.
  4. 7  Feh­ren­ba­cher, HTK-Aus­lR, Stand: 20.04.2012, § 20 Auf­enthG, zu

Schult­heiß· Auf­ent­halts­rech­te von dritt­staats­an­ge­hö­ri­gen Wis­sen­schaft­lern 5

Aus­län­der, die einen Antrag auf Zuer­ken­nung inter- natio­na­len Schut­zes (Flücht­lings­ei­gen­schaft oder sub­si- diärer Schutz­sta­tus) gestellt haben oder denen inter­na­ti- ona­ler Schutz gewährt wur­de, sind eben­falls vom An- wen­dungs­be­reich aus­ge­schlos­sen (§ 20 Abs. 6 Nr. 1 Auf- enthG). Einem Aus­län­der, der in einem Mit­glied­staat der Euro­päi­schen Uni­on als inter­na­tio­nal Schutz­be­rech- tig­ter aner­kannt wur­de, kann aller­dings eine Auf­ent- halts­er­laub­nis zum Zweck der For­schung erteilt wer­den, wenn die Vor­aus­set­zun­gen des Absat­zes 1 erfüllt sind und er sich min­des­tens zwei Jah­re nach Ertei­lung der Schutz­be­rech­ti­gung in die­sem Mit­glied­staat auf­ge­hal­ten hat (§ 20 Abs. 8 Auf­enthG). Auch Aus­län­der, die von ei- ner For­schungs­ein­rich­tung in einem ande­ren Mit­glied- staat der Euro­päi­schen Uni­on an eine deut­sche For- schungs­ein­rich­tung als Arbeit­neh­mer ent­sandt wer­den oder im Besitz einer Erlaub­nis zum Dau­er­auf­ent­halt — EU sind, kön­nen kei­ne Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 20 Auf­enthG erhal­ten (§ 20 Abs. 6 Nr. 5 und 6 AufenthG).

Zudem sind Aus­län­der, deren For­schungs­tä­tig­keit Bestand­teil eines Pro­mo­ti­ons­stu­di­ums ist, vom Anwen- dungs­be­reich aus­ge­schlos­sen (§ 20 Abs. 6 Nr. 4 Auf- enthG). Dok­to­ran­den, die For­schungs­tä­tig­kei­ten im Zu- sam­men­hang mit ihrer Dis­ser­ta­ti­on durch­füh­ren, gel­ten als Stu­den­ten und fal­len in den Anwen­dungs­be­reich des § 16 Auf­enthG (sie­he IX.). Dok­to­ran­den kön­nen aber in den Anwen­dungs­be­reich des § 20 Auf­enthG fal­len, wenn sie auch die Rechts­stel­lung eines For­schers besit­zen. Dies ist bei­spiels­wei­se der Fall, wenn die Dis­ser­ta­ti­on im Rah- men einer For­schungs­tä­tig­keit, für die eine Auf­nah­me­ver- ein­ba­rung wirk­sam abge­schlos­sen wur­de, erstellt wird.

3. Vor­aus­set­zun­gen

Nach § 20 Abs. 1 Auf­enthG wird einem Aus­län­der eine Auf- ent­halts­er­laub­nis nach der REST-Richt­li­nie zum Zweck der For­schung erteilt, wenn er eine wirk­sa­me Auf­nah­me­ver­ein- barung oder einen ent­spre­chen­den Ver­trag zur Durch­füh- rung eines For­schungs­vor­ha­bens mit einer For­schung­sein- rich­tung abge­schlos­sen hat. Inhalt und Vor­aus­set­zun­gen der Auf­nah­me­ver­ein­ba­rung sind in § 38f Auf­ent­halts­ver- ord­nung (Auf­enthV) fest­ge­legt. Wur­de die Ver­ein­ba­rung oder der Ver­trag mit einer aner­kann­ten For­schungs­ein­rich- tung abge­schlos­sen, ist die Auf­ent­halts­er­laub­nis inner­halb von 60 Tagen nach Antrag­stel­lung zu ertei­len (§ 20 Abs. 1 S. 2 AufenthG).

9 Vgl. S. 21 der Anwen­dungs­hin­wei­se des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums des Innern zu Gesetz und Ver­ord­nung zur Umset­zung auf­ent­halts- recht­li­cher Richt­li­ni­en der Euro­päi­schen Uni­on zur Arbeits­mi­gra- tion vom 14. Juli 2017, M3-12201/2#14.

10 Begrün­dung zu Arti­kel 1 Nr. 5c des Ver­ord­nungs­ent­wurfs zu §

For­scher sind nach Arti­kel 3 Nr. 2 der REST-Richt­li- nie Dritt­staats­an­ge­hö­ri­ge, die über einen Dok­tor­grad oder einen geeig­ne­ten Hoch­schul­ab­schluss, der die­sem Dritt­staats­an­ge­hö­ri­gen den Zugang zu Dok­to­rats­pro- gram­men ermög­licht, ver­fü­gen und von einer For- schungs­ein­rich­tung aus­ge­wählt und in das Hoheits­ge- biet eines Mit­glied­staats zuge­las­sen wer­den, um eine For­schungs­tä­tig­keit, für die nor­ma­ler­wei­se ein sol­cher Abschluss erfor­der­lich ist, aus­zu­üben. For­schung ist jede sys­te­ma­tisch betrie­be­ne schöp­fe­ri­sche und recht­lich zu- läs­si­ge Tätig­keit, die den Zweck ver­folgt, den Wis­sens- stand zu erwei­tern, ein­schließ­lich der Erkennt­nis­se über den Men­schen, die Kul­tur und die Gesell­schaft, oder sol- ches Wis­sen ein­zu­set­zen, um neue Anwen­dungs­mög- lich­kei­ten zu fin­den (§ 38a Abs. 1 S. 2 Auf­enthV). For- schung umfasst hier­bei Grund­la­gen­for­schung, ange- wand­te For­schung sowie expe­ri­men­tel­le Entwicklung.9

Die Ein­rich­tung muss ent­we­der vom Bun­des­amt für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge (BAMF) aner­kannt sein oder For­schung betrei­ben. Die Vor­aus­set­zun­gen für die Aner- ken­nung sind in § 38a Auf­enthV gere­gelt. Staat­li­che oder staat­lich aner­kann­te Hoch­schu­len oder ande­re For- schungs­ein­rich­tun­gen, deren Tätig­keit über­wie­gend aus öffent­li­chen Mit­teln finan­ziert wird, gel­ten seit der Ge- set­zes­än­de­rung als aner­kann­te For­schungs­ein­rich­tun- gen (§ 38a Abs. 4a Auf­enthV). Da die­se bereits ande­re Aner­ken­nungs­ver­fah­ren durch­lau­fen haben, müs­sen sie nicht als For­schungs­ein­rich­tun­gen nach §§ 38 a ff. Auf- enthV aner­kannt werden.10 Eine Lis­te der aner­kann­ten For­schungs­ein­rich­tun­gen kann auf der Home­page des BAMF abge­ru­fen werden.11

Die For­schungs­ein­rich­tung muss sich schrift­lich zur Über­nah­me der Kos­ten ver­pflich­tet haben, die öffent­li- chen Stel­len bis zu sechs Mona­te nach der Been­di­gung der Auf­nah­me­ver­ein­ba­rung für den Lebens­un­ter­halt des Aus­län­ders wäh­rend eines uner­laub­ten Auf­ent­halts in einem Mit­glied­staat der Euro­päi­schen Uni­on oder sei­ne Abschie­bung ent­ste­hen. Hier­von soll abge­se­hen wer­den, wenn die Tätig­keit der For­schungs­ein­rich­tung über­wie- gend aus öffent­li­chen Mit­teln finan­ziert wird bzw. kann abge­se­hen wer­den, wenn an dem For­schungs­vor­ha­ben ein beson­de­res öffent­li­ches Inter­es­se besteht (§ 20 Abs. 2 Auf­enthG). Bei öffent­li­chen Hoch­schu­len wird von der Ver­pflich­tung dem­nach in der Regel abgesehen.

38a Auf­enthV, BR-Drs. 359/17 S. 42.
11 http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/

Info­thek/­For­schun­g/­Lis­ten­An­er­ken­nungs­ver­fah­ren/001-lis­te-der- anerkennungen_xls.html?nn=1367088 (27.11.2017).

ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2018), 3–18

Die Auf­ent­halts­er­laub­nis darf nicht erteilt wer­den, wenn die auf­neh­men­de For­schungs­ein­rich­tung haupt- säch­lich zu dem Zweck gegrün­det wur­de, die Ein­rei­se und den Auf­ent­halt von Aus­län­dern zu erleich­tern. Dar- über hin­aus kann die Aus­län­der­be­hör­de die Ertei­lung der Auf­ent­halts­er­laub­nis bei der Erfül­lung ver­schie­de- ner Insol­venz­tat­be­stän­de im Ermes­sens­we­ge ver­sa­gen (§ 20c Abs. 1 und 2 AufenthG).

4. Umfang

Die Auf­ent­halts­er­laub­nis berech­tigt zur Auf­nah­me der For­schungs­tä­tig­keit bei der For­schungs­ein­rich­tung und zur Auf­nah­me von Tätig­kei­ten in der Leh­re. Ände­run- gen des For­schungs­vor­ha­bens wäh­rend des Auf­ent­halts füh­ren nicht zum Weg­fall die­ser Berech­ti­gung (§ 20 Abs. 5 Auf­enthG). Der Auf­ent­halts­ti­tel berech­tigt zur Auf­nah­me der Erwerbs­tä­tig­keit für die in der Auf­nah- mever­ein­ba­rung bezeich­ne­te For­schungs­tä­tig­keit sowie zur unbe­schränk­ten Lehr­tä­tig­keit. Er ist nicht an die Durch­füh­rung eines spe­zi­fi­schen For­schungs­vor­ha­bens gebun­den. Eine Ände­rung der Ziel­rich­tung oder des For­schungs­an­sat­zes führt nicht zum Ver­lust der Auf­ent- halts­er­laub­nis, sofern die zugrun­de lie­gen­de Tätig­keit dem in der For­scher­richt­li­nie defi­nier­ten Begriff der For­schung wei­ter­hin entspricht.12

5. Gel­tungs­dau­er

Die Auf­ent­halts­er­laub­nis wird für min­des­tens ein Jahr erteilt. Nimmt der Aus­län­der an einem Uni­ons- oder mul­ti­la­te­ra­len Pro­gramm mit Mobi­li­täts­maß­nah­men teil, so wird die Auf­ent­halts­er­laub­nis für min­des­tens zwei Jah­re erteilt. Wenn das For­schungs­vor­ha­ben in einem kür­ze­ren Zeit­raum durch­ge­führt wird, wird die Auf­ent­halts­er­laub­nis abwei­chend hier­von auf die Dau­er des For­schungs­vor­ha­bens befris­tet, im Fal­le der Teil­nah- me an einem Uni­ons- oder mul­ti­la­te­ra­len Pro­gramm auf min­des­tens ein Jahr (§ 20 Abs. 4 AufenthG).

Die Auf­ent­halts­er­laub­nis kann wider­ru­fen wer­den, wenn die For­schungs­ein­rich­tung, mit der der Aus­län­der eine Auf­nah­me­ver­ein­ba­rung abge­schlos­sen hat, ihre Aner- ken­nung ver­liert, wenn er an einer Hand­lung betei­ligt war, die zum Ver­lust der Aner­ken­nung geführt hat, der Aus­län- der kei­ne For­schung mehr betreibt oder betrei­ben darf oder wenn er nicht mehr die Ertei­lungs­vor­aus­set­zun­gen des § 20 Auf­enthG erfüllt (§ 52 Abs. 4 AufenthG).

6. Ver­län­ge­rung und Arbeitsplatzsuche

Nach Abschluss der For­schungs­tä­tig­keit wird die Auf- ent­halts­er­laub­nis zwin­gend um bis zu neun Mona­te zur

  1. 12  BT-Drs. 16/2088 S. 10 f.
  2. 13  Das Ver­ei­nig­te König­reich, Irland und Däne­mark sind jedoch

Suche einer der Qua­li­fi­ka­ti­on des For­schers ent­spre­chen- den Erwerbs­tä­tig­keit ver­län­gert, sofern der Abschluss von der auf­neh­men­den Ein­rich­tung bestä­tigt wur­de und die­se Erwerbs­tä­tig­keit nach den Bestim­mun­gen der §§ 18, 19, 19a, 20 und 21 Auf­enthG von einem Aus­län­der auf­ge- nom­men wer­den darf. Wäh­rend die­ses Zeit­raums berech­tigt die Auf­ent­halts­er­laub­nis zur Aus­übung einer Erwerbs­tä­tig­keit (§ 20 Abs. 7 AufenthG).

Im Übri­gen rich­tet sich die Ver­län­ge­rung nach den all­ge­mei­nen Vor­schrif­ten. Nach § 8 Auf­enthG fin­den auf die Ver­län­ge­rung der Auf­ent­halts­er­laub­nis die­sel­ben Vor­schrif­ten Anwen­dung wie auf die Ertei­lung. Die Auf- ent­halts­er­laub­nis wird daher ver­län­gert, wenn die Vor- aus­set­zun­gen wei­ter vor­lie­gen. Dies ent­spricht der Vor- gabe von Art. 18 Abs. 1 S. 2 der REST-Richt­li­nie, nach der der Auf­ent­halts­ti­tel ver­län­gert wird, wenn kei­ne Ent­zie- hungs- oder Ver­sa­gungs­grün­de nach Art. 21 der Richt­li- nie vorliegen.

7. Mobi­li­tät in ande­re EU-Mitgliedstaaten

Der Auf­ent­halts­ti­tel berech­tigt dazu, für einen gewis­sen Zeit­raum in einer Ein­rich­tung in einem ande­ren EU- Mitgliedstaat13 zu for­schen (sog. Mobi­li­tät, Art. 28 REST-Richt­li­nie). Die Moda­li­tä­ten sind in den jewei­li- gen Geset­zen der ande­ren EU-Mit­glied­staa­ten geregelt.

IV. Kurz­fris­ti­ge Mobi­li­tät von For­schern (§ 20a AufenthG)

Arti­kel 28 und 31 der REST-Richt­li­nie ent­hal­ten Rege- lun­gen über die (kurz­fris­ti­ge) Mobi­li­tät von For­schern und Stu­den­ten. Ver­fü­gen die­se über einen gül­ti­gen Auf- ent­halts­ti­tel eines Mit­glied­staa­tes, kön­nen sie sich ohne die Ertei­lung eines wei­te­ren Auf­ent­halts­ti­tels in einem zwei­ten Mit­glied­staat für einen bestimm­ten Zeit­raum zum Zweck der For­schung oder des Stu­di­ums auf­hal­ten. Die Mit­glied­staa­ten haben die Mög­lich­keit, ein Mit­tei- lungs­ver­fah­ren für die kurz­fris­ti­ge Mobi­li­tät ein­zu­füh- ren, wovon hat der deut­sche Gesetz­ge­ber Gebrauch gemacht hat (§§ 16a, 20a AufenthG).

Besit­zen Aus­län­der bereits einen Auf­ent­halts­ti­tel ei- nes ande­ren EU-Mit­glied­staa­tes zu Zwe­cken der For- schung, der im Anwen­dungs­be­reich der REST-Richt­li- nie erteilt wur­de, und möch­ten einen Teil ihres For- schungs­vor­ha­bens für die Dau­er von bis zu 180 Tagen in- ner­halb eines Zeit­raums von 360 Tagen in Deutsch­land durch­füh­ren, benö­ti­gen sie kei­ne natio­na­le Auf­ent­halts- erlaub­nis. Vor­aus­set­zung hier­für ist jedoch, dass die auf- neh­men­de For­schungs­ein­rich­tung dem BAMF unter

nicht zur Anwen­dung der Richt­li­nie ver­pflich­tet, vgl. Erwä­gungs- grün­de 65 und 66 der REST-Richtlinie.

Schult­heiß· Auf­ent­halts­rech­te von dritt­staats­an­ge­hö­ri­gen Wis­sen­schaft­lern 7

Vor­la­ge ver­schie­de­ner Nach­wei­se mit­ge­teilt hat, dass der Aus­län­der beab­sich­tigt, einen Teil sei­ner For­schungs­tä- tig­keit im Bun­des­ge­biet durch­zu­füh­ren (§ 20a Abs. 1 Auf­enthG). Das BAMF prüft ledig­lich die Voll­stän­dig- keit der Unter­la­gen und lei­tet sie an die ört­lich zustän­di- ge Aus­län­der­be­hör­de wei­ter. Inner­halb von 30 Tagen nach Zugang der voll­stän­di­gen Mit­tei­lung muss die Aus- län­der­be­hör­de ent­schei­den, ob Ableh­nungs­grün­de, wie z.B. die Erfül­lung ver­schie­de­ner Insol­venz­tat­be­stän­de oder gefälsch­te Unter­la­gen vor­lie­gen oder ob die auf­neh- men­de For­schungs­ein­rich­tung haupt­säch­lich zu dem Zweck gegrün­det wur­de, die Ein­rei­se zum Zweck der For­schung zu erleich­tern. Nach Ablauf der Frist kann eine Ableh­nung nur erfol­gen, wenn ein Aus­wei­sungs­in- ter­es­se besteht (§ 20c Abs. 3 S. 2 und 3 AufenthG).

Das BAMF stellt dem Aus­län­der eine Beschei­ni­gung über die Berech­ti­gung zur Ein­rei­se und zum Auf­ent­halt zum Zweck der For­schung im Rah­men der kurz­fris­ti­gen Mobi­li­tät aus.

Teilt der Aus­län­der par­al­lel zur Antrag­stel­lung in dem ande­ren Mit­glied­staat mit, dass er beab­sich­tigt, ei- nen Teil sei­ner For­schungs­tä­tig­keit in Deutsch­land durch­zu­füh­ren und legt die ent­spre­chen­den Unter­la­gen vor, kann er nach Ablauf der 30-Tages-Frist und Ertei- lung des Auf­ent­halts­ti­tels des ande­ren EU-Mit­glied­staats jeder­zeit ein­rei­sen und sich im Bun­des­ge­biet zum Zweck der For­schung auf­hal­ten (§ 20a Abs. 2 S. 1 Auf­enthG). Erfolgt die Mit­tei­lung zu einem spä­te­ren Zeit­punkt, kann der Aus­län­der nach Zugang der Mit­tei­lung jeder- zeit ein­rei­sen und sich im Bun­des­ge­biet zum Zweck der For­schung auf­hal­ten, sofern der Auf­ent­halts­ti­tel des an- deren EU-Mit­glied­staats gül­tig ist (§ 20a Abs. 2 S. 2 Auf- enthG). Wer­den die Ein­rei­se und der Auf­ent­halt nach § 20c Absatz 3 Auf­enthG abge­lehnt, muss der Aus­län­der die For­schungs­s­tä­tig­keit unver­züg­lich ein­stel­len (§ 20a Abs. 5 S. 1 AufenthG).

V. Auf­ent­halts­er­laub­nis für mobi­le For­scher (§ 20b AufenthG)

Besit­zen Aus­län­der bereits einen Auf­ent­halts­ti­tel eines ande­ren EU-Mit­glied­staa­tes zu Zwe­cken der For­schung, der im Anwen­dungs­be­reich der REST-Richt­li­nie erteilt wur­de, und möch­ten einen Teil ihres For­schungs­vorha- bens für die Dau­er von mehr als 180 Tagen und höchs- tens einem Jahr in Deutsch­land durch­füh­ren, kommt die Ertei­lung einer Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 20b Auf- enthG in Betracht. Neben dem gül­ti­gen Aufenthaltstitel

14 Richt­li­nie 2009/50/EG des Rates vom 25. Mai 2009 über die Be- din­gun­gen für die Ein­rei­se und den Auf­ent­halt von Dritt­staats­an- gehö­ri­gen zur Aus­übung einer hoch­qua­li­fi­zier­ten Beschäftigung;

ist hier­für die Vor­la­ge der Auf­nah­me­ver­ein­ba­rung oder des Ver­tra­ges, die oder der mit der auf­neh­men­den For- schungs­ein­rich­tung im Bun­des­ge­biet geschlos­sen wur- de, sowie eine Kopie des aner­kann­ten und gül­ti­gen Pas- ses oder Pass­ersat­zes erfor­der­lich. Die Auf­ent­haltser- laub­nis berech­tigt zur Auf­nah­me der For­schungs­tä­tig­keit bei der For­schungs­ein­rich­tung und zur Auf­nah­me von Tätig­kei­ten in der Leh­re (§§ 20b Abs. 3, 20 Abs. 5 Auf- enthG). Lie­gen die Vor­aus­set­zun­gen vor, besteht auf die Ertei­lung der Auf­ent­halts­er­laub­nis ein Rechtsanspruch.

§ 20b Abs. 2 Auf­enthG sieht eine Erlaub­nis­fik­ti­on vor. Wenn der Antrag auf Ertei­lung der Auf­ent­haltser- laub­nis min­des­tens 30 Tage vor Beginn des Auf­ent­halts im Bun­des­ge­biet gestellt wird und der Auf­ent­halts­ti­tel des ande­ren Mit­glied­staats wei­ter­hin gül­tig ist, gel­ten der Auf­ent­halt und die Beschäf­ti­gung im Bun­des­ge­biet ab der Ein­rei­se für bis zu 180 Tage inner­halb eines Zeit- raums von 360 Tagen als erlaubt.

Im Übri­gen gel­ten die glei­chen Ableh­nungs- und Wi- der­rufs­grün­de wie bei der Auf­ent­halts­er­laub­nis für For- scher nach § 20 Auf­enthG (sie­he III. 3. und III. 5.). Schließ­lich wird nach Abschluss der For­schungs­tä­tig­keit die Auf­ent­halts­er­laub­nis eben­falls zwin­gend um bis zu neun Mona­te zur Suche einer der Qua­li­fi­ka­ti­on des For- schers ent­spre­chen­den Erwerbs­tä­tig­keit ver­län­gert (§§ 20b Abs. 5, 20 Abs. 7 AufenthG).

VI. Blaue Kar­te EU (§ 19a AufenthG)

1. All­ge­mei­nes

In Umset­zung der Hoch­qua­li­fi­zier­ten-Richt­li­nie14 wur- de am 01.08.2012 mit § 19a Auf­enthG die Blaue Kar­te EU als neu­er Auf­ent­halts­ti­tel ein­ge­führt. Die Blaue Kar­te EU dient dem Zweck, einem Fach­kräf­te­man­gel ent­ge­gen­zu- wir­ken und hoch­qua­li­fi­zier­ten Dritt­staats­an­ge­hö­ri­gen den Auf­ent­halt in der Euro­päi­schen Uni­on zu ermög­li- chen. Die Blaue Kar­te EU ist ein befris­te­ter Auf­ent­halts- titel zur Aus­übung einer Beschäf­ti­gung für qua­li­fi­zier­te Fach­kräf­te mit Wei­ter­wan­de­rungs­mög­lich­keit in einen wei­te­ren EU-Mitgliedstaat.

Die Blaue Kar­te EU rich­tet sich an Hoch­qua­li­fi­zier­te und nicht spe­zi­ell an Wis­sen­schaft­ler. Da Aus­län­der, die sowohl die Vor­aus­set­zun­gen des § 20 Auf­enthG als auch des § 19a Auf­enthG erfül­len, bei der Erst­ertei­lung ein Wahl­recht haben, ob sie eine Blaue Kar­te EU oder eine Auf­ent­halts­er­laub­nis für For­scher bean­tra­gen (III. 2.), wer­den im Fol­gen­den die Vor­aus­set­zun­gen dar­ge­stellt. Die Ertei­lung einer Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 19a Auf-

näher hier­zu Kuczynski/Solka, Die Hoch­qua­li­fi­zier­ten­richt­li­nie, ZAR 2009, 219.

ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2018), 3–18

enthG kommt ins­be­son­de­re an Wis­sen­schaft­ler in Be- tracht, die die im Fol­gen­den auf­ge­führ­ten Min­dest­ge­häl- ter erfüllen.

2. Anwen­dungs­be­reich

Arbeits­ver­trags weni­ger als vier Jah­re, wird die Blaue Kar­te EU für die Dau­er des Arbeits­ver­trags zuzüg­lich drei­er Mona­te aus­ge­stellt oder ver­län­gert (§ 19a Abs. 3 AufenthG).

5. Mobi­li­tät

Grund­sätz­lich erlö­schen Auf­ent­halts­ti­tel, wenn der Aus- län­der aus dem Bun­des­ge­biet aus­ge­reist und nicht inner- halb von sechs Mona­ten oder einer von der Aus­län­der- behör­de bestimm­ten län­ge­ren Frist wie­der ein­ge­reist ist (§ 51 Abs. 1 Nr. 7 Auf­enthG). Inha­ber einer Blau­en Kar­te EU und ihre Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen kön­nen sich aber bis zu zwölf auf­ein­an­der fol­gen­de Mona­te im Nicht-EU- Aus­land auf­hal­ten, ohne dass ihre Auf­ent­halts­er­laub­nis erlischt (§ 51 Abs. 10 AufenthG).

Wer seit min­des­tens 18 Mona­ten eine Blaue Kar­te EU eines ande­ren Mit­glied­staa­tes der EU besitzt, kann vi- sum­frei in einen ande­ren Mit­glied­staat ein­rei­sen und in- ner­halb eines Monats eine Blaue Kar­te EU für die­sen Mit­glied­staat bean­tra­gen (§ 39 S. 1 Nr. 7 AufenthV).17

VII. Auf­ent­halts­er­laub­nis zur Erwerbs­tä­tig­keit (§ 18 AufenthG)

1.Allgemeines

Die Zulas­sung aus­län­di­scher Beschäf­tig­ter ori­en­tiert sich an den Erfor­der­nis­sen des Wirt­schafts­stand­or­tes Deutsch­land unter Berück­sich­ti­gung der Situa­ti­on am Arbeits­markt und der Bekämp­fung der Arbeits­lo­sig­keit (§ 18 Abs. 1 Auf­enthG). Die Ertei­lung einer Auf­ent­halts- erlaub­nis nach § 18 Abs. 4 Auf­enthG zum Zwe­cke der Beschäf­ti­gung kommt ins­be­son­de­re an wis­sen­schaft­li- che Mit­ar­bei­ter, Gast­wis­sen­schaft­ler und Gast­pro­fes­so- ren in Betracht.

2. Vor­aus­set­zun­gen

Einem Aus­län­der kann ein Auf­ent­halts­ti­tel zur Aus- übung einer Beschäf­ti­gung erteilt wer­den, wenn die Bun­des­agen­tur für Arbeit nach § 39 Auf­enthG zuge- stimmt hat oder durch Rechts­ver­ord­nung nach § 42 Auf- enthG oder zwi­schen­staat­li­che Ver­ein­ba­rung bestimmt ist, dass die Aus­übung der Beschäf­ti­gung ohne Zustim- mung der Bun­des­agen­tur für Arbeit zuläs­sig ist (§ 18 Abs. 2 Auf­enthG). Ein Auf­ent­halts­ti­tel zur Aus­übung einer Beschäf­ti­gung, die eine qua­li­fi­zier­te Berufs­aus­bil- dung vor­aus­setzt, darf nur für eine Beschäf­ti­gung in einer Berufs­grup­pe erteilt wer­den, die durch Rechts­ver- ord­nung nach § 42 Auf­enthG zuge­las­sen wor­den ist (§ 18 Abs. 4 Auf­enthG). Zudem muss ein kon­kre­tes Arbeits-

BAnz AT 23.12.2016 B4.
16 www.anabin.kmk.org (27.11.2017).
17 Vgl. Art. 18 und 19 der Hochqualifizierten-Richtlinie.

§ 19a Abs. 5 Auf­enthG führt ver­schie­de­ne Per­so­nen­grup- pen auf, die vom Anwen­dungs­be­reich der Blau­en Kar­te EU aus­ge­schlos­sen sind.

3. Vor­aus­set­zun­gen

Einem Aus­län­der wird zum Zweck einer sei­ner Qua­li­fi- kat­ion ange­mes­se­nen Beschäf­ti­gung eine Blaue Kar­te EU erteilt, wenn er einen deut­schen, einen aner­kann­ten aus­län­di­schen oder einen einem deut­schen Hoch­schul- abschluss ver­gleich­ba­ren aus­län­di­schen Hoch­schul­ab- schluss besitzt und die Bun­des­agen­tur für Arbeit nach § 39 Auf­enthG zuge­stimmt hat oder durch Rechts­ver- ord­nung nach § 42 Auf­enthG oder zwi­schen­staat­li­che Ver­ein­ba­rung bestimmt ist, dass die Blaue Kar­te EU ohne Zustim­mung der Bun­des­agen­tur für Arbeit erteilt wer­den kann.

Zudem muss er einen Arbeits­ver­trag oder ein ver- bind­li­ches Arbeits­platz­an­ge­bot mit einem bestimm­ten Min­dest­ge­halt vor­le­gen (§§ 19a, 18 Abs. 5 Auf­enthG). Die Min­dest­ge­häl­ter sind in § 2 Beschäf­ti­gungs­ver­ord­nung (BeschV) gere­gelt, ori­en­tie­ren sich an der Bei­trags­be- mes­sungs­gren­ze in der all­ge­mei­nen Ren­ten­ver­si­che­rung und ändern sich jähr­lich. 2017 beträgt das jähr­li­che Min- dest­brut­to­ge­halt 50.800 Euro. Wird die­se Min­dest­ge- halts­gren­ze erfüllt, bedarf die Ertei­lung der Blau­en Kar- te EU nicht der Zustim­mung durch die Bun­des­agen­tur für Arbeit (§ 2 Abs. 1 Nr. 2a BeschV). Für Man­gel­be­ru­fe (Natur­wis­sen­schaft­ler, Mathe­ma­ti­ker, Inge­nieu­re, Ärz­te und IT-Fach­kräf­te) wird eine Gehalts­gren­ze von 39.624 Euro brut­to zu Grun­de gelegt.15 Ver­fügt der Aus­län­der über einen inlän­di­schen Hoch­schul­ab­schluss bedarf die Ertei­lung der Blau­en Kar­te EU auch in Man­gel­be­ru­fen mit­der­ge­rin­geren­Ge­halts­gren­ze­nicht­der­Zu­stim­mung der Bun­des­agen­tur für Arbeit (§ 2 Abs. 1 Nr. 2b BeschV). Infor­ma­tio­nen zur Bewer­tung aus­län­di­scher Hoch­schul- abschlüs­se sowie zu ihrer Ver­gleich­bar­keit mit deut- schen Hoch­schul­ab­schlüs­sen sind über die Daten­bank ANABIN zugänglich.16 Erfüllt ein Aus­län­der die Vor­aus­set- zun­gen der §§ 19a und 5 Auf­enthG hat er einen Rechtsan- spruch auf die Ertei­lung der Aufenthaltserlaubnis.

4. Gel­tungs­dau­er

Die Blaue Kar­te EU wird bei erst­ma­li­ger Ertei­lung auf höchs­tens vier Jah­re befris­tet. Beträgt die Dau­er des

15 Bun­des­mi­nis­te­ri­ums des Innern, Bekannt­ma­chung zu § 2 Absatz 4 der Beschäf­ti­gungs­ver­ord­nung über die Min­dest­ge­häl­ter für die Blaue Kar­te EU vom 09. Dezem­ber 2016 im Bundesanzeiger,

Schult­heiß· Auf­ent­halts­rech­te von dritt­staats­an­ge­hö­ri­gen Wis­sen­schaft­lern 9

platz­an­ge­bot vor­lie­gen und eine Berufs­aus­übungs­er- laub­nis, soweit die­se vor­ge­schrie­ben ist, erteilt oder ihre Ertei­lung zuge­sagt wor­den sein (§ 18 Abs. 5 Auf­enthG). Eine qua­li­fi­zier­te Berufs­aus­bil­dung liegt vor, wenn die Aus­bil­dungs­dau­er min­des­tens zwei Jah­re beträgt (§ 6 Abs. 1 S. 2 BeschV).

Die Ertei­lung die­ses Auf­ent­halts­ti­tels kommt ins­be­son- dere an Aus­län­der in Betracht, die sich zu rei­nen Lehr­tä­tig- kei­ten in Deutsch­land auf­hal­ten möch­ten. Zwar berech­tigt die Auf­ent­halts­er­laub­nis für For­scher nach § 20 Abs. 5 Auf- enthGzu­rAuf­nah­me­der­For­schungs­tä­tig­keit­und­zu­rAuf- nah­me von Tätig­kei­ten in der Leh­re. § 20 Abs. 1 Auf­enthG setzt aber eine wirk­sa­me Auf­nah­me­ver­ein­ba­rung oder ei- nen ent­spre­chen­den Ver­trag zur Durch­füh­rung eines For- schungs­vor­ha­bens vor­aus. Hier­für ist nicht aus­rei­chend, dass ledig­lich Lehr­tä­tig­kei­ten aus­ge­übt wer­den sollen.18

In zahl­rei­chen Fäl­len wird vom Zustim­mungs­er­for- der­nis der Arbeits­ver­wal­tung nach § 39 Auf­enthG abge- sehen. In die­sen Fäl­len ent­schei­det die Aus­län­der­be­hör- de bei Vor­lie­gen der all­ge­mei­nen und beson­de­ren Ertei- lungs­vor­aus­set­zun­gen im Ermes­sen über die Ertei­lung der Auf­ent­halts­er­laub­nis. Für bestimm­te Beschäf­ti­gun- gen in den Gebie­ten Wis­sen­schaft, For­schung, Ent­wick- lung und Leh­re ist kei­ne Zustim­mung der Bun­de­sa­gen- tur für Arbeit erfor­der­lich. Dies soll gewähr­leis­ten, dass Deutsch­land als Tech­no­lo­gie- und Wis­sens­stand­ort sei- ne glo­ba­le Spit­zen­po­si­ti­on behält.19

Nach § 5 BeschV bedarf die Ertei­lung eines Auf­ent- halts­ti­tels an fol­gen­de Per­so­nen­grup­pen kei­ner Zustim- mung durch die Bun­des­agen­tur für Arbeit: wis­sen­schaft- liches Per­so­nal von Hoch­schu­len und von For­schungs- und Ent­wick­lungs­ein­rich­tun­gen, das nicht bereits in den Anwen­dungs­be­reich der §§ 20 und 20b des Auf­ent­halts- geset­zes fällt (Nr. 1). Hier­zu zäh­len bei­spiels­wei­se Tuto- ren und wis­sen­schaft­li­che Hilfs­kräf­te mit Hoch­schul­ab- schluss. Bei wis­sen­schaft­li­chen Hilfs­kräf­ten ohne Hoch- schul­ab­schluss und stu­den­ti­schen Hilfs- und Aus­hilfs- kräf­ten ist die Zustim­mungs­frei­heit nur dann gege­ben, wenn sie über­wie­gend wis­sen­schaft­li­che Hilfs­tä­tig­kei­ten ver­rich­ten. Labo­ran­ten und Inter­view­er sind kei­ne wis- sen­schaft­li­chen Hilfs­kräf­te und unter­lie­gen der Zustim- mungs­pflicht. Aus­län­di­sche Ärz­te, die als wis­sen­schaft­li- che Mit­ar­bei­ter in Uni­ver­si­täts­kli­ni­ken beschäf­tigt sind und gleich­zei­tig auch in der Kran­ken­ver­sor­gung einge-

  1. 18  Hail­bron­ner, Aus­län­der­recht, 101. Aktua­li­sie­rung Mai 2017, § 20 Auf­enthG, Rn. 41.
  2. 19  Wer­ner in Offer/Mävers, BeschV, 1. Auf­la­ge 2016, § 5 Rn. 3.
  3. 20  Fach­li­che Wei­sung 201606018 der Bun­des­agen­tur für Arbeit­vom 20.06.2016, abruf­bar unter https://www3.arbeitsagentur. de/web/wcm/idc/groups/public/documents/webdatei/mdaw/ mtc2/~edisp/egov-content443255.pdf ?_ba.sid=EGOV-CON- TENT443258; Wer­ner in Offer/Mävers, BeschV, 1. Auf­la­ge 2016, § 5 S. 50 f.; Feh­ren­ba­cher, HTK-Aus­lR, Stand: 18.08.2017, § 5

setzt wer­den, sind nur dann zustim­mungs­frei, wenn die wis­sen­schaft­li­che Tätig­keit über­wiegt, d. h. die Tätig­keit in der Kran­ken­ver­sor­gung weni­ger als 50 % beträgt. Zu- stim­mungs­frei sind zudem Gast­wis­sen­schaft­ler an einer Hoch­schu­le oder an einer öffent­lich-recht­li­chen oder über­wie­gend aus öffent­li­chen Mit­teln finan­zier­ten oder als öffent­li­ches Unter­neh­men in pri­va­ter Rechts­form ge- führ­ten For­schungs­ein­rich­tung, die nicht bereits in den Anwen­dungs­be­reich der §§ 20 und 20b des Auf­ent­halts- geset­zes fal­len (Nr. 2). Das­sel­be gilt für Inge­nieu­re und Tech­ni­ker als tech­ni­sche Mit­ar­bei­ter in deren For- schungs­team (Nr. 3).

Wei­ter­hin bedarf die Ertei­lung eines Auf­ent­halts­ti­tels an Lehr­kräf­te öffent­li­cher Schu­len oder staat­lich geneh­mig- ter pri­va­ter Ersatz­schu­len oder aner­kann­ter pri­va­ter Ergän- zungs­schu­len oder an Lehr­kräf­te zur Sprach­ver­mitt­lung an Hoch­schu­len kei­ner Zustim­mung. Lehr­kräf­te sind Lehr- per­so­nen, die eine päd­ago­gi­sche Hoch­schul­aus­bil­dung ab- sol­viert haben sowie Fremd­spra­chen­as­sis­ten­ten, die eine befris­te­te Beschäf­ti­gung als soge­nann­te Lehr­as­sis­ten­ten für fremd­sprach­li­chen Unter­richt an deut­schen Schu­len aus- üben.20 Eben­so kann für eine Vor­trags­tä­tig­keit von beson- derem wis­sen­schaft­li­chen Wert eine Auf­ent­halts­er­laub­nis ohne Zustim­mung der Arbeits­ver­wal­tung erteilt wer­den. Die Tätig­keit darf drei Mona­te inner­halb eines Zeit­raums von zwölf Mona­ten nicht über­stei­gen (§ 22 Nr. 1 BeschV).

Für Beschäf­ti­gun­gen, die eine qua­li­fi­zier­te Berufs­aus­bil- dung vor­aus­set­zen, kann in begrün­de­ten Ein­zel­fäl­len auch ohne Zuord­nung zu einer in der Beschäf­ti­gungs­ver­ord- nung gere­gel­ten Kate­go­rien eine Auf­ent­halts­er­laub­nis er- teilt wer­den, wenn an der Beschäf­ti­gung ein öffent­li­ches, ins­be­son­de­re ein regio­na­les, wirt­schaft­li­ches oder arbeits- markt­po­li­ti­sches Inter­es­se besteht (§ 8 Abs. 4 S. 2 Auf- enthG). Im Übri­gen ist eine Zustim­mung der Bun­de­sa­gen- tur für Arbeit nach § 39 Auf­enthG erforderlich.

3. Anwen­dungs­be­reich neben § 20 AufenthG

Es stellt sich die Fra­ge, ob Aus­län­dern, die als For­scher in den Anwen­dungs­be­reich der REST-Richt­li­nie fal­len, auch eine Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 18 Auf­enthG erteilt wer­den kann. Das Bun­des­mi­nis­te­ri­um des Inne- ren und das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Arbeit und Sozia­les sind der Ansicht, dass dies nach der neu­en Rechts­la­ge aus­ge­schlos­sen ist.21 Dies erge­be sich aus Art. 2 und 4

BeschV, zu Nr. 1 bis 5.
21 Begrün­dung zu Arti­kel 2 Nr. 1a des Ver­ord­nungs­ent­wurfs zu § 5

BeschV, BR-Drs. 359/17, S. 36; S. 20 Zif­fer 2.0.2 der Anwen­dungs- hin­wei­se des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums des Innern zu Gesetz und Ver­ord­nung zur Umset­zung auf­ent­halts­recht­li­cher Richt­li­ni­en der Euro­päi­schen Uni­on zur Arbeits­mi­gra­ti­on vom 14. Juli 2017, M3- 12201/2#14; von Diest, Neue Rege­lun­gen zur regu­lä­ren Migra­ti­on – das Gesetz zur Umset­zung auf­ent­halts­recht­li­cher Richt­li­ni­en der EU zur Arbeits­mi­gra­ti­on im Über­blick, ZAR 2017, 251 (254).

10 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2018), 3–18

sowie Erwä­gungs­grund 29 der REST-Richt­li­nie. Arti- kel 2 der REST-Richt­li­nie defi­niert den Per­so­nen­kreis, auf den die Richt­li­nie Anwen­dung fin­det. Nach Arti­kel 4 Abs. 2 der REST-Richt­li­nie hin­dert die Richt­li­nie die Mit­glied­staa­ten nicht dar­an, in Bezug auf die Arti­kel 10 Abs. 2a und Arti­kel 18, 22, 23, 24, 25, 26, 34 und 35 güns- tige­re Bestim­mun­gen für Dritt­staats­an­ge­hö­ri­ge, auf die die­se Richt­li­nie Anwen­dung fin­det, bei­zu­be­hal­ten oder ein­zu­füh­ren. Nach Erwä­gungs­grund 29 der REST-Richt- linie „berührt die­se Richt­li­nie nicht das Recht der Mit- glied­staa­ten, Dritt­staats­an­ge­hö­ri­gen, die nicht unter die- se Richt­li­nie fal­len, ande­re als durch die­se Richt­li­nie gere­gel­te Auf­ent­halts­ti­tel zu Stu­di­en- oder For­schungs- zwe­cken oder zur Teil­nah­me an einem Prak­ti­kum aus- zustel­len“. Das bedeu­te im Umkehr­schluss, dass Per­so- nen, die unter die Defi­ni­ti­on des For­schers fal­len, nur noch ein Auf­ent­halts­ti­tel zum Zweck der For­schung erteilt wer­den kann.

Zwin­gend erscheint das nicht. Ein Vor­rang des Auf- ent­halts­ti­tels des § 20 Auf­enthG vor § 18 Auf­enthG lässt sich dem natio­na­len Auf­ent­halts­ge­setz nicht ent­neh­men. Auch die Fas­sung des § 21 Abs. 2a Auf­enthG legt nahe, dass § 20 Auf­enthG die Anwen­dung von § 18 Auf­enthG nicht aus­schließt. § 21 Abs. 2a Auf­enthG sieht die Ertei- lung einer Auf­ent­halts­er­laub­nis zur Selb­stän­dig­keit an For­scher oder Wis­sen­schaft­ler vor, die eine Auf­ent­halts- erlaub­nis nach § 18 oder § 20 Auf­enthG besit­zen. Die For­mu­lie­rung belegt, dass sowohl For­scher als auch Wis- sen­schaft­ler eine Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 18 Auf- enthG besit­zen können.

Auch Erwä­gungs­grund 29 recht­fer­tigt die­sen Um- kehr­schluss nicht. Der Erwä­gungs­grund trifft ledig­lich eine Aus­sa­ge dar­über, dass den natio­na­len Mit­glied­staa- ten die Mög­lich­keit ver­bleibt, Aus­län­dern, die nicht un- ter die Richt­li­nie fal­len, natio­na­le Auf­ent­halts­ti­tel zu For­schungs­zwe­cken zu ertei­len. Eine Aus­sa­ge, ob Aus- län­der, die gera­de in den Anwen­dungs­be­reich fal­len, auch ande­re Auf­ent­halts­ti­tel erhal­ten kön­nen, wird gera- de nicht getroffen.22

Die Neu­fas­sung des Arti­kels 4 der REST-Richt­li­nie sowie ein Ver­gleich mit der Hoch­qua­li­fi­zier­ten-Richt­li- nie spre­chen jedoch für die Auf­fas­sung der Bun­des­mi- nis­te­ri­en. Nach Arti­kel 4 Abs. 3 der vor­he­ri­gen For­scher- Richt­li­nie 2005/71/EG hin­der­te die Richt­li­nie die Mit- glied­staa­ten nicht dar­an, güns­ti­ge­re Bestim­mun­gen für die Per­so­nen, auf die sie Anwen­dung fin­det, bei­zu­behal- ten oder ein­zu­füh­ren. Die REST-Richt­li­nie erlaubt güns- tige­re Bestim­mun­gen hin­ge­gen nur noch für bestimm­te Vor­schrif­ten (z.B. Gül­tig­keits­dau­er des Aufenthaltstitels,

22 Im Ergeb­nis so auch Hail­bron­ner, Aus­län­der­recht, 101. Aktua­li- sie­rung Mai 2017, § 20 Auf­enthG, Rn. 10j.

Lehr­tä­tig­keit, Arbeits­su­che). Die Aus­sa­ge, dass nur für bestimm­te Bestim­mun­gen der Richt­li­nie güns­ti­ge­re na- tio­na­le Rege­lun­gen getrof­fen wer­den dür­fen, bedeu­tet im Umkehr­schluss, dass von den übri­gen Bestim­mun- gen nicht abge­wi­chen wer­den darf. Nach Arti­kel 3 Abs. 4 der Hoch­qua­li­fi­zier­ten-Richt­li­nie bleibt das Recht der Mit­glied­staa­ten unbe­rührt, für jeden Beschäf­ti­gungs- zweck ande­re Auf­ent­halts­ti­tel als eine Blaue Kar­te EU aus­zu­stel­len. Eine ver­gleich­ba­re Rege­lung fin­det sich in der REST-Richt­li­nie nicht.

For­scher genie­ßen zwar vie­le Vor­tei­le gegen­über Ar- beit­neh­mern mit einer Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 18 Auf­enthG wie Pri­vi­le­gi­en beim Fami­li­en­nach­zug, Mobi- litäts­rech­te und die Mög­lich­keit, im Anschluss an den Abschluss des For­schungs­vor­ha­bens einen Auf­ent­halts- titel zu Zwe­cken der Arbeits­su­che zu erhal­ten. Dritt- staats­an­ge­hö­ri­ge mit einem Auf­ent­halts­ti­tel nach § 18 Auf­enthG, die einen Abschluss einer Hoch­schu­le in Deutsch­land besit­zen, kön­nen aber bereits nach einer zwei­jäh­ri­gen War­te­zeit eine Nie­der­las­sungs­er­laub­nis er- hal­ten (sie­he XII. 1.). Die­se Mög­lich­keit bleibt For­schern ver­wehrt. Hier hät­te es der Gesetz­ge­ber in der Hand, durch eine Ände­rung des § 18b Auf­enthG auch For­schern mit ei- nem deut­schen Hoch­schul­ab­schluss den schnel­le­ren Zu- gang zur Nie­der­las­sungs­er­laub­nis zu gewäh­ren. Da die REST-Richt­li­nie güns­ti­ge­re Bestim­mun­gen bezüg­lich der Gül­tig­keits­dau­er des Auf­ent­halts­ti­tels zulässt, stün­de sie ei- ner sol­chen Geset­zes­än­de­rung nicht entgegen.

VIII. Auf­ent­halts­er­laub­nis zur selb­stän­di­gen Tätig- keit (§ 21 AufenthG)

1. All­ge­mei­nes

§ 21 Auf­enthG regelt die Zuwan­de­rung von Aus­län­dern, um im Bun­des­ge­biet eine selbst­stän­di­ge Arbeit aus­zu- üben. § 21 Auf­enthG ist nicht anwend­bar, wenn einem Aus­län­der bereits von Geset­zes wegen das Aus­üben einer Erwerbs­tä­tig­keit und damit auch eine selbst­stän­di- ge Tätig­keit erlaubt ist, z.B. bei aner­kann­ten Schutz­be- rech­tig­ten (§§ 25 Abs. 1 S. 4, 25 Abs. 2 S. 2 Auf­enthG). Die Ertei­lung der Auf­ent­halts­er­laub­nis steht im Ermes­sen der Aus­län­der­be­hör­de. Eine Auf­ent­halts­er­laub­nis zur Aus­übung einer selb­stän­di­gen Tätig­keit kann auch erteilt wer­den, wenn völ­ker­recht­li­che Ver­güns­ti­gun­gen auf der Grund­la­ge der Gegen­sei­tig­keit bestehen (§ 21 Abs. 2 Auf- enthG). § 21 Abs. 1 Auf­enthG gilt sowohl für Aus­län­der, die im Aus­land bereits ein Unter­neh­men betrei­ben und nach Deutsch­land über­sie­deln wol­len, als auch für Exis- tenz­grün­der im Inland.23 Die Auf­ent­halts­er­laub­nis wird für

23 Brei­den­bach in Beck­OK-Aus­län­der­recht, 14. Edi­ti­on Stand 01.11.2016, § 21 Auf­enthG, Rn. 3.

Schult­heiß· Auf­ent­halts­rech­te von dritt­staats­an­ge­hö­ri­gen Wis­sen­schaft­lern 1 1

längs­tens drei Jah­re befris­tet (§ 21 Abs. 3 Auf­enthG). Die Ertei­lung der Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 21 Abs. 1 Auf- enthG kommt an selb­stän­di­ge Wis­sen­schaft­ler in Betracht.

Eine gesetz­li­che Defi­ni­ti­on der selb­stän­di­gen Tätig­keit exis­tiert nicht, so dass sich der Anwen­dungs­be­reich des § 21 Auf­enthG aus der Abgren­zung zur nicht­selb­stän­di­gen Be- schäf­ti­gung ergibt. Nach §§ 2 Abs. 2 Auf­enthG, 7 Abs. 1 SGB IV ist Beschäf­ti­gung die nicht­selb­stän­di­ge Arbeit, ins­be­son- dere in einem Arbeits­ver­hält­nis. Anhalts­punk­te für eine Beschäf­ti­gung sind eine Tätig­keit nach Wei­sun­gen und eine Ein­glie­de­rung in die Arbeits­or­ga­ni­sa­ti­on des Wei­sungs­ge- bers. Eine selb­stän­di­ge Tätig­keit ist geprägt durch eine un- abhän­gi­ge Stel­lung gegen­über den Auf­trag­ge­bern, eine selb­stän­di­ge Orga­ni­sa­ti­on sowie durch Eigen­ver­ant­wort- lich­keit hin­sicht­lich der Tätig­keit und deren Ergebnissen.24

Die Ertei­lung einer Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 21 Abs. 1 Auf­enthG setzt vor­aus, dass ein wirt­schaft­li­ches Inter­es­se oder ein regio­na­les Bedürf­nis besteht (Nr. 1), die Tätig­keit posi­ti­ve Aus­wir­kun­gen auf die Wirt­schaft erwar­ten lässt (Nr. 2) und die Finan­zie­rung der Umset­zung durch Eigen- kapi­tal oder durch eine Kre­dit­zu­sa­ge gesi­chert ist (Nr. 3). Die Beur­tei­lung der Vor­aus­set­zun­gen rich­tet sich ins­be­son- dere nach der Trag­fä­hig­keit der zu Grun­de lie­gen­den Ge- schäftsidee,denunternehmerischenErfahrungendesAus- län­ders, der Höhe des Kapi­tal­ein­sat­zes, den Aus­wir­kun­gen auf die Beschäf­ti­gungs- und Aus­bil­dungs­si­tua­ti­on und dem Bei­trag für Inno­va­ti­on und For­schung. Bei der Prü­fung muss die Aus­län­der­be­hör­de die für den Ort der geplan­ten Tätig­keit fach­kun­di­gen Kör­per­schaf­ten, die zustän­di­gen Gewer­be­be­hör­den, die öffent­lich-recht­li­chen Berufs­vert­re- tun­gen und die für die Berufs­zu­las­sung zustän­di­gen Behör- den betei­li­gen (§ 21 Abs. 1 S. 2 und 3 Auf­enthG). Frei­be­ruf- lern kann abwei­chend von die­sen Vor­aus­set­zun­gen eine Auf­ent­halts­er­laub­nis erteilt wer­den (§ 21 Abs. 5 AufenthG).

Aus­län­dern, die älter als 45 Jah­re sind, soll die Auf­ent­halts- erlaub­nis nur erteilt wer­den, wenn sie über eine ange­mes­se­ne Alters­ver­sor­gung ver­fü­gen (§ 21 Abs. 3 AufenthG).

2. Absol­ven­ten deut­scher Hoch­schu­len, Wis­sen­schaft­ler und Forscher

Aus­län­der, die ihr Stu­di­um an einer staat­li­chen oder staat­lich aner­kann­ten Hoch­schu­le oder ver­gleich­ba­ren Aus­bil­dungs­ein­rich­tung im Bun­des­ge­biet erfolg­reich abge­schlos­sen haben oder als For­scher oder Wis­sen- schaft­ler eine Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 18 oder § 20 Auf­enthG besit­zen, kön­nen unter erleich­ter­ten Voraus-

  1. 24  Brei­den­bach in Kluth/Hund/Maaßen, Zuwan­de­rungs­recht, 2. Auf­la­ge 2017, § 21 Auf­enthG, Rn. 318.
  2. 25  Feh­ren­ba­cher, HTK-Aus­lR, Stand: 09.12.2014, § 21 Auf­enthG, zu 2a.
  3. 26  Hail­bron­ner, Aus­län­der­recht, 80. Aktua­li­sie­rung Febru­ar 2013, §21 Auf­enthG, Rn. 17h.
  4. 27  Huber, Auf­ent­halts­ge­setz, 2. Auf­la­ge 2016, § 21 Rn. 10; Nr. 20.6.2

set­zun­gen eine Auf­ent­halts­er­laub­nis zur Aus­übung einer selb­stän­di­gen Tätig­keit erhal­ten. Die Vor­aus­set­zun­gen des § 21 Abs. 1 Auf­enthG müs­sen nicht erfüllt sein, die beab­sich­tig­te selb­stän­di­ge Tätig­keit muss ledig­lich einen Zusam­men­hang mit den in der Hoch­schul­aus­bil­dung erwor­be­nen Kennt­nis­sen oder der Tätig­keit als For­scher oder Wis­sen­schaft­ler erken­nen las­sen (§ 21 Abs. 2a Auf- enthG). Die Vor­schrift ver­folgt das Ziel, den Über­gang zur selb­stän­di­gen Erwerbs­tä­tig­keit zu erleich­tern, damit hier aus­ge­bil­de­te Hoch­qua­li­fi­zier­te in Deutsch­land ver- blei­ben und nicht ins Aus­land abwandern.25 § 21 Abs. 2a Auf­enthG setzt einen Wech­sel des Auf­ent­halts­ti­tels von § 18 Auf­enthG bzw. § 20 Auf­enthG zu § 21 Auf­enthG vor- aus. Dies ergibt sich aus einem Umkehr­schluss aus § 21 Abs. 6 Auf­enthG, der die Fäl­le regelt, in denen einem Aus- län­der, dem eine Auf­ent­halts­er­laub­nis zu einem ande­ren Zweck erteilt wird, unter Bei­be­hal­tung die­ses Auf­ent­halts- zwecks die Aus­übung einer selb­stän­di­gen Tätig­keit erlaubt wer­den kann.26

Es stellt sich die Fra­ge, wel­che Auf­ent­halts­er­laub­nis einem selb­stän­di­gen For­scher erteilt wer­den kann. Die Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 20 Auf­enthG berech­tigt zur Auf­nah­me der For­schungs­tä­tig­keit bei der in der Auf- nah­me­ver­ein­ba­rung bezeich­ne­ten For­schungs­ein­rich- tung und zur Auf­nah­me von Tätig­kei­ten in der Leh­re. Es besteht Einig­keit dahin­ge­hend, dass die Tätig­kei­ten in der Leh­re selb­stän­dig aus­ge­übt wer­den können.27 Frag- lich ist aber, ob die For­schungs­tä­tig­keit sowohl unselb- stän­dig als auch selb­stän­dig aus­ge­übt wer­den kann. Teil- wei­se wird vor­ge­bracht, dass die Auf­nah­me­ver­ein­ba­rung einen Arbeits­ver­trag beinhalte.28

Weder der REST-Richt­li­nie noch § 38 f Auf­enthV, der Inhalt und Vor­aus­set­zun­gen der Auf­nah­me­ver­ein­ba- rung oder des ent­spre­chen­den Ver­tra­ges regelt, ist zu ent­neh­men, dass die For­schungs­tä­tig­keit nur auf­grund eines Arbeits­ver­hält­nis­ses aus­ge­übt wer­den kann.29 Viel- mehr spricht § 38 f Abs. 1 Nr. 3 Auf­enthG, der sich an Art. 10 Abs. 3a der REST-Richt­li­nie ori­en­tiert, nur von den Anga­ben zum wesent­li­chen Inhalt des Rechts­ver­hält­nis- ses, das zwi­schen der For­schungs­ein­rich­tung und dem Aus­län­der begrün­det wer­den soll, wenn ihm eine Auf- ent­halts­er­laub­nis nach § 20 Auf­enthG erteilt wird. Die Ver­wen­dung des Begriffs des Rechts­ver­hält­nis­ses zeigt, dass viel­mehr nicht zwin­gend ein abhän­gi­ges Beschäf­ti- gungs­ver­hält­nis vor­lie­gen muss. Num­mer 20.1.1.4 der all­ge­mei­nen Ver­wal­tungs­vor­schrift zum Auf­enthG re-

der all­ge­mei­nen Ver­wal­tungs­vor­schrift zum Auf­enthG (Auf-

enthG-VwV).
28 Suß­mann in Bergmann/Dienelt, Aus­län­der­recht, 11. Auflage

2016, § 21 Auf­enthG, Rn. 10.
29 Vgl. inso­fern zur alten Rechts­la­ge auch Hof­mann, Aus­län­der­recht,

2. Auf­la­ge 2016, § 21 Auf­enthG, Rn 11.

12 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2018), 3–18

gelt, dass die Auf­nah­me­ver­ein­ba­rung Anga­ben zum we- sent­li­chen Inhalt des Rechts­ver­hält­nis­ses zwi­schen der For­schungs­ein­rich­tung und dem dritt­staats­an­ge­hö­ri­gen For­scher und, ins­be­son­de­re in den Fäl­len, in denen der For­schungs­tä­tig­keit ein Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis zu- grun­de liegt, zum Umfang sei­ner Tätig­keit sowie zu Ge- halt, Urlaub, Arbeits­zeit und Ver­si­che­rung, ent­hal­ten muss. Die For­mu­lie­rung bedeu­tet, dass daher auch an- dere Rechts­ver­hält­nis­se außer­halb eines Beschäf­ti­gungs- ver­hält­nis­ses denk­bar sind. Daher kann auch einem For- scher, der als Selb­stän­di­ger For­schung betreibt, eine Auf- ent­halts­er­laub­nis nach § 20 Auf­enthG erteilt wer­den, so- fern er des­sen Vor­aus­set­zun­gen erfüllt. Denk­bar wäre bei­spiels­wei­se eine For­schungs­tä­tig­keit für meh­re­re For- schungs­ein­rich­tun­gen. Im Übri­gen kann eine selb­stän- dige Erwerbs­tä­tig­keit neben der For­schungs­tä­tig­keit au- ßer­halb der Leh­re unter erleich­ter­ten Vor­aus­set­zun­gen nach § 21 Absatz 6 Auf­enthG erlaubt werden.

IX. Auf­ent­halts­er­laub­nis zum Stu­di­um (§ 16 Auf- enthG)

1. All­ge­mei­nes

Mit der Neu­fas­sung des § 16 Auf­enthG wird Art. 11 der REST-Richt­li­nie umge­setzt. Art. 11 der REST-Richt­li­nie ver­folgt das Ziel, die Bedin­gun­gen für Ein­rei­se, Auf­ent- halt und Mobi­li­tät der Stu­den­ten inner­halb der EU zu verbessern.30

Aus­län­der haben seit dem 01.08.2017 einen Rechtsan- spruch auf Ertei­lung einer Auf­ent­halts­er­laub­nis zum Zweck des Voll­zeit­stu­di­ums an einer staat­li­chen Hoch- schu­le, an einer staat­lich aner­kann­ten Hoch­schu­le oder an einer ver­gleich­ba­ren Aus­bil­dungs­ein­rich­tung, wenn sie von der Aus­bil­dungs­ein­rich­tung zuge­las­sen wor­den sind (§ 16 Abs. 1 AufenthG).

2. Vor­aus­set­zun­gen

Der Aus­län­der muss von der Aus­bil­dungs­ein­rich­tung zuge­las­sen wor­den sein. Der Auf­ent­halts­zweck des Stu- diums umfasst auch stu­di­en­vor­be­rei­ten­de Maß­nah­men und das Absol­vie­ren eines Pflicht­prak­ti­kums. Zu den stu­di­en­vor­be­rei­ten­den Maß­nah­men zäh­len der Besuch eines stu­di­en­vor­be­rei­ten­den Sprach­kur­ses, wenn der Aus­län­der zu einem Voll­zeit­stu­di­um zuge­las­sen wor­den ist und die Zulas­sung an den Besuch eines stu­di­en­vor­be- rei­ten­den Sprach­kur­ses gebun­den ist sowie der Besuch eines Stu­di­en­kol­legs oder einer ver­gleich­ba­ren Ein­rich- tung, wenn die Annah­me zu einem Stu­di­en­kol­leg oder

  1. 30  Vgl. Erwä­gungs­grün­de Nr. 14 f. der REST-Richtlinie.
  2. 31  Christ in Beck­OK-Aus­län­der­recht, Kluth/Heusch, 14. Edition,Stand: 01.05.2017, § 16 Auf­enthG, Rn. 4.

einer ver­gleich­ba­ren Ein­rich­tung nach­ge­wie­sen ist (§ 16 Abs. 1 AufenthG).

Der Begriff des Stu­di­ums umfasst alle mit der jewei- ligen Fach­rich­tung übli­cher­wei­se ver­bun­de­nen Aus­bil- dungs­pha­sen wie Prak­ti­ka, Post­gra­du­ier­ten­stu­di­en und die Promotion.31

Wenn Sprach­kennt­nis­se weder bei der Zulas­sungs- ent­schei­dung geprüft wor­den sind noch durch die stu­di- envor­be­rei­ten­de Maß­nah­me erwor­ben wer­den sol­len, muss ein Nach­weis hin­rei­chen­der Kennt­nis­se der Aus- bil­dungs­spra­che (Niveau A 2 des Gemein­sa­men Euro­pä- ischen Refe­renz­rah­mens für Spra­chen) erbracht wer­den (§§ 16 Abs. 1, 2 Abs. 10 Auf­enthG). Die Auf­ent­haltser- laub­nis berech­tigt zur Aus­übung stu­den­ti­scher Neben­tä- tig­kei­ten sowie einer Beschäf­ti­gung, die ins­ge­samt 120 Tage oder 240 hal­be Tage im Jahr nicht über­schrei­ten darf. Wäh­rend des Auf­ent­halts zu stu­di­en­vor­be­rei­ten­den Maß­nah­men im ers­ten Jahr des Auf­ent­halts dür­fen die­se Tätig­kei­ten nur in der Feri­en­zeit aus­ge­übt wer­den (§ 16 Abs. 3 AufenthG).

Bei der Auf­ent­halts­er­laub­nis zum Zweck des Stu­di- ums gel­ten die glei­chen Ableh­nungs- und Wider­rufs- grün­de wie bei der Auf­ent­halts­er­laub­nis für For­scher nach § 20 Auf­enthG (sie­he III. 3. und III. 5.). Bevor die Auf­ent­halts­er­laub­nis aller­dings aus Grün­den, die in der Ver­ant­wor­tung der Aus­bil­dungs­ein­rich­tung lie­gen und die der Aus­län­der nicht zu ver­tre­ten hat, zurück­ge­nom- men, wider­ru­fen oder gemäß § 7 Abs. 2 S. 2 Auf­enthG nach­träg­lich befris­tet wird, ist dem Aus­län­der die Mög- lich­keit zu gewäh­ren, die Zulas­sung bei einer ande­ren Aus­bil­dungs­ein­rich­tung zu bean­tra­gen (§ 16 Abs. 8 AufenthG).

3. Ver­hält­nis zu ande­ren Aufenthaltstiteln

Aus­län­dern, die im Besitz einer Blau­en Kar­te EU oder einer Erlaub­nis zum Dau­er­auf­ent­halt- EU sind, kann kei­ne Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 16 Auf­enthG erteilt wer­den (§§ 16 Abs. 11, 20 Abs. 6 Nr. 6 und 8 Auf­enthG). Auch Aus­län­der, die einen Antrag auf Zuer­ken­nung inter­na­tio­na­len Schut­zes (Flücht­lings­ei­gen­schaft oder sub­si­diä­rer Schutz­sta­tus) gestellt haben oder denen inter­na­tio­na­ler Schutz gewährt wur­de, sind vom Anwen- dungs­be­reich aus­ge­schlos­sen (§§ 16 Abs. 11, 20 Abs. 6 Nr. 1 Auf­enthG). Besit­zen Aus­län­der aller­dings auf­grund der Zuer­ken­nung inter­na­tio­na­len Schut­zes in Deutsch­land eine Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 25 Abs. 2 Auf­enthG, kön­nen sie mit die­ser Auf­ent­halts­er­laub­nis ein Stu­di­um in Deutsch­land auf­neh­men. Einem Aus­län­der, der in

Schult­heiß· Auf­ent­halts­rech­te von dritt­staats­an­ge­hö­ri­gen Wis­sen­schaft­lern 1 3

einem Mit­glied­staat der Euro­päi­schen Uni­on inter­na­tio- nalen Schutz im Sin­ne der Richt­li­nie 2011/95/EU genießt, kann eine Auf­ent­halts­er­laub­nis zum Zweck des Stu­di- ums erteilt wer­den, wenn er in einem ande­ren EU-Mit- glied­staat ein Stu­di­um begon­nen hat und einen Teil die- ses Stu­di­ums in Deutsch­land, z.B. im Rah­men eines Aus- tausch­pro­gram­mes, durch­füh­ren möch­te (§ 16 Abs. 9 AufenthG).

4. Gel­tungs­dau­er

Die Gel­tungs­dau­er der Auf­ent­halts­er­laub­nis beträgt bei der Erst­ertei­lung und bei der Ver­län­ge­rung min­des­tens ein Jahr und soll zwei Jah­re nicht über­schrei­ten. Wenn der Aus­län­der an einem Uni­ons- oder mul­ti­la­te­ra­len Pro­gramm mit Mobi­li­täts­maß­nah­men teil­nimmt oder wenn für ihn eine Ver­ein­ba­rung zwi­schen zwei oder mehr Hoch­schul­ein­rich­tun­gen gilt, beträgt die Gel- tungs­dau­er min­des­tens zwei Jah­re. Dau­ert das Stu­di­um weni­ger als zwei Jah­re, so wird die Auf­ent­halts­er­laub­nis nur für die Dau­er des Stu­di­ums erteilt (§ 16 Abs. 2 Auf- enthG).

5. Ver­län­ge­rung und Zweckwechsel

Die Auf­ent­halts­er­laub­nis wird ver­län­gert, wenn der Auf- ent­halts­zweck noch nicht erreicht ist und in einem ange- mes­se­nen Zeit­raum noch erreicht wer­den kann (§ 16 Abs. 2 S. 4 AufenthG).

Nach erfolg­rei­chem Abschluss des Stu­di­ums wird die Auf­ent­halts­er­laub­nis bis zu 18 Mona­te zur Suche einer die­sem Abschluss ange­mes­se­nen Erwerbs­tä­tig­keit ver- län­gert, sofern die­se Erwerbs­tä­tig­keit nach den Bestim- mun­gen der §§ 18, 19, 19a, 20 und 21 Auf­enthG von ei- nem Aus­län­der auf­ge­nom­men wer­den darf. Die Auf­ent- halts­er­laub­nis berech­tigt wäh­rend die­ses Zeit­raums zur Aus­übung einer Erwerbs­tä­tig­keit (§ 16 Abs. 5 Auf­enthG). Wird das Stu­di­um erfolg­reich abge­schlos­sen, darf die Auf­ent­halts­er­laub­nis zudem zu einem ande­ren Auf­ent- halts­zweck, z.B. zur Aus­übung einer Beschäf­ti­gung, er- teilt oder ver­län­gert wer­den (§ 16 Abs. 4 S. 1 Auf­enthG). Wird das Stu­di­um ohne Abschluss been­det, kann die Auf­ent­halts­er­laub­nis seit der Geset­zes­än­de­rung zum Zwe­cke einer Berufs­aus­bil­dung in einem Man­gel­be­ruf ver­län­gert wer­den (§§ 16 Abs. 4 S. 2, 39 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Auf­enthG). Die Bun­des­agen­tur für Arbeit hat fest­ge- stellt, dass für bestimm­te Beru­fe die Beset­zung offe­ner Stel­len mit aus­län­di­schen Bewer­bern arbeits­markt- und inte­gra­ti­ons­po­li­tisch ver­ant­wort­bar ist, die in der sog. Posi­tiv­lis­te ver­öf­fent­licht sind.32 Bei einem Stu­die- nab­bruch ist ein Zweck­wech­sel zudem mög­lich, wenn

32 https://www3.arbeitsagentur.de/web/content/DE/Buergerinnen- Und­Buer­ger/­Ar­beitund­Be­ruf/­Ar­beits­Job­su­che/­Ar­beit­in­Deutsch-

ein gesetz­li­cher Anspruch auf Ertei­lung einer Auf­ent- halts­er­laub­nis zu einem ande­ren Auf­ent­halts­zweck be- steht. Wäh­rend des Stu­di­ums kann in der Regel nur dann eine Auf­ent­halts­er­laub­nis zu einem ande­ren Zweck erteilt wer­den, wenn hier­auf ein gesetz­li­cher Anspruch (z.B. zum Ehe­gat­ten­nach­zug) besteht (§ 16 Abs. 4 AufenthG).

6. Mobi­li­tät in ande­re EU-Mitgliedstaaten

Auf Grund­la­ge die­ses Auf­ent­halts­ti­tels besteht die Mög- lich­keit, für einen gewis­sen Zeit­raum einen Teil des Stu- diums in einem ande­ren EU-Mit­glied­staat zu absol­vie- ren (sog. Mobi­li­tät, Art. 31 REST-Richt­li­nie). Die Moda- litä­ten sind in den jewei­li­gen Geset­zen der ande­ren EU-Mit­glied­staa­ten geregelt.

7. Auf­ent­halts­er­laub­nis zu Stu­di­en­zwe­cken außer­halb der REST-Richtlinie

Nach § 16 Abs. 6 und 7 Auf­enthG kön­nen für wei­te­re Auf­ent­halts­zwe­cke Auf­ent­halts­er­laub­nis­se erteilt wer- den, die nicht in den Anwen­dungs­be­reich der REST- Richt­li­nie fal­len. Auf ihre Ertei­lung besteht kein Rechts- anspruch, son­dern die Aus­län­der­be­hör­de ent­schei­det nach Ermes­sen. Es kann eine Auf­ent­halts­er­laub­nis für die beding­te Zulas­sung der Hoch­schu­le, für ein Teil­zeit- stu­di­um, einen stu­di­en­vor­be­rei­ten­den Sprach­kurs oder ein stu­di­en­vor­be­rei­ten­des Prak­ti­kum ohne Hoch­schul- zulas­sung (§ 16 Abs. 6 Auf­enthG) sowie eine Stu­di­en­be- wer­bung erteilt wer­den. Der Auf­ent­halt als Stu­di­en­be- wer­ber darf höchs­tens neun Mona­te betra­gen. Die Auf- ent­halts­er­laub­nis berech­tigt in die­sem Fall nicht zur Aus­übung einer Beschäf­ti­gung und stu­den­ti­scher Neben­tä­tig­kei­ten (§ 16 Abs. 7 Auf­enthG). Mit einem Auf­ent­halts­ti­tel zur Stu­di­en­be­wer­bung ist ein Zweck- wech­sel nur im Fal­le eines gesetz­li­chen Anspruchs und nicht zu Zwe­cken der Berufs­aus­bil­dung mög­lich, da § 16 Abs. 7 S. 4 Auf­enthG nur auf § 16 Abs. 4 S. 3 Auf­enthG verweist.

X. Kurz­fris­ti­ge Mobi­li­tät von Stu­den­ten (§ 16a AufenthG)

Besit­zen Aus­län­der bereits einen Auf­ent­halts­ti­tel eines ande­ren EU-Mit­glied­staa­tes zu Zwe­cken des Stu­di­ums, der im Anwen­dungs­be­reich der REST-Richt­li­nie erteilt wur­de, und möch­ten einen Teil ihres Stu­di­ums für die Dau­er von bis zu 360 Tagen in Deutsch­land durch­füh- ren, benö­ti­gen sie kei­ne natio­na­le Auf­ent­halts­er­laub­nis. Vor­aus­set­zung hier­für ist jedoch, dass die aufnehmende

land/Arbeitsmarktzulassung/Detail/index.htm?dfContentId=L60 19022DSTBAI779131 (27.11.2017).

14 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2018), 3–18

For­schungs­ein­rich­tung im Bun­des­ge­biet dem BAMF unter Vor­la­ge ver­schie­de­ner Nach­wei­se mit­ge­teilt hat, dass der Aus­län­der beab­sich­tigt, einen Teil sei­nes Stu­di­ums im Bun- des­ge­biet durch­zu­füh­ren. Es müs­sen u.a. der Auf­ent­halt­s­ti- tel, die Zulas­sung der auf­neh­men­den Ein­rich­tung, eine Pass­ko­pie und Nach­wei­se zur Siche­rung des Lebens­un­ter- hal­tes vor­ge­legt wer­den (§ 16a Abs. 1 Auf­enthG). Der Ablauf des Mit­tei­lungs­ver­fah­rens sowie die Ableh­nungs­grün­de ent­spre­chen denen der kurz­fris­ti­gen Mobi­li­tät der For­scher (sie­he V.). Unab­hän­gig davon, ob der Aus­län­der sei­ne Ein- rei­se­ab­sicht zum Zeit­punkt der Bean­tra­gung der Auf­ent- halts­er­laub­nis in einem ande­ren EU-Mit­glied­staat oder erst spä­ter bekannt gibt, darf er – im Gegen­satz zum For­scher – erst in das Bun­des­ge­biet ein­rei­sen, wenn die 30-Tages-Frist zur Ableh­nung abge­lau­fen ist (§ 16a Abs. 2 S. 1 und 2 Auf- enthG). Die­ser Unter­schied zwi­schen For­schern und Stu- den­ten beruht auf Art. 28 Abs. 4 und 31 Abs. 4 der REST- Richt­li­nie. Sach­li­che Grün­de wes­halb hier dif­fe­ren­ziert wird, sind jedoch nicht ersichtlich.

Der Aus­län­der ist zur Aus­übung einer Beschäf­ti­gung, die ins­ge­samt ein Drit­tel der Auf­ent­halts­dau­er nicht über- schrei­ten darf, sowie zur Aus­übung stu­den­ti­scher Neben­tä- tig­kei­ten berech­tigt (§ 16a Abs. 2 S. 3 AufenthG).

XI. Fami­li­en­nach­zug (§§ 27 ff. AufenthG)

Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen von Aus­län­dern kann eine Auf­ent- halts­er­laub­nis zur Her­stel­lung und Wah­rung der fami­li- ären Lebens­ge­mein­schaft im Bun­des­ge­biet erteilt wer- den. Für den Fami­li­en­nach­zug gel­ten die all­ge­mei­nen Vor­schrif­ten der §§ 27 ff. und 5, 2 Auf­enthG. Hier­nach wird grund­sätz­lich vor­aus­ge­setzt, dass der Lebens­un­ter- halt der Fami­lie gesi­chert wird und aus­rei­chen­der Wohn- raum zur Ver­fü­gung steht. Ins­be­son­de­re Ehe­gat­ten und min­der­jäh­ri­ge ledi­ge Kin­der von Aus­län­dern mit einer Auf­ent­halts­er­laub­nis für For­scher (§ 20 Auf­enthG), mobi­le For­scher (§ 20b Auf­enthG), einer Blau­en Kar­te EU (§ 19a Auf­enthG) oder einer Nie­der­las­sungs­er­laub- nis haben bei Erfül­lung der Vor­aus­set­zun­gen einen sofor­ti­gen Rechts­an­spruch auf Ertei­lung einer Auf­ent- halts­er­laub­nis aus fami­liä­ren Grün­den (§§ 30 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 a, c und g, 32 Abs. 1 Auf­enthG). Im Übri­gen ist ein Ehe­gat­ten­nach­zug grund­sätz­lich nur zuläs­sig, wenn der Dritt­staats­an­ge­hö­ri­ge seit zwei Jah­ren im Besitz einer Auf­ent­halts­er­laub­nis ist und eine Ver­fes­ti­gung des Auf- ent­halts­rech­tes nicht aus­ge­schlos­sen ist (§ 30 Abs. 1 S. 1 Nr. 3d Auf­enthG). Auf den Nach­weis von ein­fa­chen Sprach­kennt­nis­sen der Ehe­gat­ten wird in vie­len Fäl­len ver­zich­tet (§ 30 Abs. 1 S. 3 Nr. 5, 7 und 8 AufenthG).

Ehe­gat­ten und min­der­jäh­ri­ge ledi­ge Kin­der von mo- bilen For­schern mit einer Auf­ent­halts­er­laub­nis aus ei- nem ande­ren EU-Mit­glied­staat (§ 20a Auf­enthG) dürfen

sich ohne eige­nen Auf­ent­halts­ti­tel im Bun­des­ge­biet auf­hal- ten, wenn nach­ge­wie­sen wird, dass sich der Ehe­gat­te bzw. das Kind in dem ande­ren EU-Mit­glied­staat recht­mä­ßig als Ange­hö­ri­ger des Aus­län­ders auf­ge­hal­ten hat. Außer­dem müs­sen ent­spre­chen­de Nach­wei­se wie der Auf­ent­halts­ti­tel des Aus­län­ders, eine Pass­ko­pie und Nach­wei­se zur Siche- rung des Lebens­un­ter­hal­tes vor­ge­legt wer­den und es dür­fen kei­ne Ableh­nungs­grün­de nach § 20c Auf­enthG gege­ben sein(§§30Abs.5,32Abs.5,20aAbs.1S.1Nr.1,3und4 AufenthG).

Zu mobi­len Stu­den­ten (§ 16a Auf­enthG), die kei­ne nati- ona­le Auf­ent­halts­er­laub­nis besit­zen, ist kein Fami­li­en­nach- zug vorgesehen.

XII. Nie­der­las­sungs­er­laub­nis (§ 9 AufenthG)

1. All­ge­mei­nes

Grund­sätz­lich ist Aus­län­dern ein unbe­fris­te­ter Auf­ent- halts­ti­tel in Form einer Nie­der­las­sungs­er­laub­nis zu ertei- len, wenn sie seit fünf Jah­ren eine Auf­ent­halts­er­laub­nis besit­zen und die übri­gen Vor­aus­set­zun­gen (z.B. Siche- rung des Lebens­un­ter­hal­tes, aus­rei­chen­de Sprach­kennt- nis­se, bestimm­te Bei­trä­ge zur gesetz­li­chen Ren­ten­ver­si- che­rung) erfüllt sind (§ 9 Auf­enthG). Hoch­schul­ab­sol- ven­ten, die ihren Abschluss an einer Hoch­schu­le in Deutsch­land erwor­ben haben und eine ihrem Abschluss ange­mes­se­ne Erwerbs­tä­tig­keit aus­üben und seit zwei Jah­ren eine Auf­ent­halts­er­laub­nis nach den §§ 18, 18a, 19a oder § 21 Auf­enthG besit­zen, haben unter bestimm­ten erleich­ter­ten Vor­aus­set­zun­gen einen Anspruch auf Ertei­lung einer Nie­der­las­sungs­er­laub­nis (§ 18b Auf- enthG). Eben­so haben Inha­ber einer Blau­en Kar­te EU, die min­des­tens 21 Mona­te eine hoch­qua­li­fi­zier­te Beschäf- tigung aus­ge­übt haben, unter erleich­ter­ten Vor­aus­set- zun­gen einen Anspruch auf Ertei­lung einer Nie­der­las- sungs­er­laub­nis (§ 19a Abs. 6 Auf­enthG). Aus­län­der, die im Besitz einer Auf­ent­halts­er­laub­nis für Selb­stän­di­ge sind, kann nach drei Jah­ren abwei­chend von § 9 Abs. 2 Auf­enthG eine Nie­der­las­sungs­er­laub­nis erteilt wer­den, wenn der Aus­län­der die geplan­te Tätig­keit erfolg­reich ver­wirk­licht hat und der Lebens­un­ter­halt des Aus­län- ders und sei­ner mit ihm in fami­liä­rer Gemein­schaft leben­den Ange­hö­ri­gen, denen er Unter­halt zu leis­ten hat, durch aus­rei­chen­de Ein­künf­te gesi­chert ist, 21 Abs. 4 AufenthG.

2. Nie­der­las­sungs­er­laub­nis für beson­ders Hoch­qua­li­fi- zier­te (§ 19 AufenthG)

a) All­ge­mei­nes

Einem hoch qua­li­fi­zier­ten Aus­län­der kann in beson­de- ren Fäl­len eine unbe­fris­te­te Niederlassungserlaubnis

Schult­heiß· Auf­ent­halts­rech­te von dritt­staats­an­ge­hö­ri­gen Wis­sen­schaft­lern 1 5

erteilt wer­den, ohne dass zuvor eine befris­te­te Auf­ent- halts­er­laub­nis erteilt wur­de. § 19 Auf­enthG soll beson- ders hoch­qua­li­fi­zier­ten aus­län­di­schen Arbeits­kräf­ten eine ver­läss­li­che und dau­er­haf­te Auf­ent­halts­per­spek­ti­ve in Deutsch­land eröff­nen und den Wis­sen­schafts- und For­schungs­stand­ort Deutsch­land stär­ken und för­dern, auch um auf eine Redu­zie­rung des Fach­kräf­te­be­darfs in Deutsch­land hinzuwirken.33 Hoch­qua­li­fi­zier­te For­scher kön­nen eine Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 20 Auf­enthG erhal­ten. Beson­ders Hoch­qua­li­fi­zier­te im Sin­ne die­ser Vor­schrift zeich­nen sich dage­gen durch dar­über hin­aus- gehen­de Qua­li­fi­ka­tio­nen oder Berufs­er­fah­rung aus. Als Anreiz für die­se Per­so­nen in Deutsch­land tätig zu wer- den, erhal­ten sie sofort eine Niederlassungserlaubnis.34

b) Anwen­dungs­be­reich neben 20 AufenthG

Aus­län­dern, die als For­scher in den Anwen­dungs­be­reich der REST-Richt­li­nie fal­len, kann kei­ne Nie­der­las­sungs- erlaub­nis nach § 19 Auf­enthG erteilt wer­den (sie­he VII. 3.). Die Ertei­lung einer Nie­der­las­sungs­er­laub­nis nach § 19 Auf­enthG kommt ins­be­son­de­re an Lehr­stuhl­in­ha­ber oder Wis­sen­schaft­ler, die nicht zu For­schungs­zwe­cken ein­rei­sen möch­ten, in Betracht.

c) Vor­aus­set­zun­gen

Für die Ertei­lung einer Nie­der­las­sungs­er­laub­nis nach § 19 Auf­enthG ist erfor­der­lich, dass die Bun­des­agen­tur für Arbeit nach § 39 Auf­enthG zuge­stimmt hat oder durch Rechts­ver­ord­nung nach § 42 Auf­enthG oder zwi­schen- staat­li­che Ver­ein­ba­rung bestimmt ist, dass eine Zustim- mung nicht erfor­der­lich ist. Zudem muss die Annah­me gerecht­fer­tigt sein, dass die Inte­gra­ti­on in die Lebens­ver- hält­nis­se der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land und die Siche­rung des Lebens­un­ter­halts ohne staat­li­che Hil­fe gewähr­leis­tet sind (§ 19 Abs. 1 Auf­enthG). Dies setzt eine Pro­gno­se der Behör­de vor­aus, dass der Aus­län­der sich in den recht­li­chen und gesell­schaft­li­chen Ver­hält­nis­sen in Deutsch­land zukünf­tig ohne Pro­ble­me zurecht­fin­det. Bei der Pro­gno­se­ent­schei­dung sind vor­han­de­ne Deutsch­kennt­nis­se, Vor­auf­ent­hal­te im Inland, Aus­bil- dung und Berufs­er­fah­rung zu berücksichtigen.35 Die Nie­der­las­sungs­er­laub­nis darf nur erteilt wer­den, wenn

  1. 33  Brei­den­bach in Beck­OK-Aus­län­der­recht, Kluth/Heusch, 14. Edi­ti­on, Stand: 01.11.2016, § 19 Auf­enthG, Einleitung.
  2. 34  Suß­mann in Bergmann/Dienelt, Aus­län­der­recht, 11. Auf­la­ge 2016, § 19 Auf­enthG, Rn. 3.
  3. 35  Brei­den­bach in Beck­OK-Aus­län­der­recht, Kluth/Heusch, 14. Edi­ti- on, Stand: 01.11.2016, § 19 Auf­enthG, Rn. 6.
  4. 36  Suß­mann in Bergmann/Dienelt, Aus­län­der­recht, 11. Auf­la­ge 2016, § 19 Auf­enthG, Einleitung.
  5. 37  Vgl. Nr. 19.2.1 AufenthG-VwV.
  6. 38  Suß­mann in Bergmann/Dienelt, Aus­län­der­recht, 11. Auflage

ein kon­kre­tes Arbeits­platz­an­ge­bot vor­liegt und eine Berufs­aus­übungs­er­laub­nis, soweit die­se vor­ge­schrie­ben ist, erteilt wur­de oder ihre Ertei­lung zuge­sagt ist (§ 18 Abs. 5 Auf­enthG). Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 BeschV ist kei­ne Zustim­mung der Bun­des­agen­tur für Arbeit erforderlich.

Der Aus­län­der muss hoch qua­li­fi­ziert sein. Die Vor- schrift zielt auf Spit­zen­kräf­te der Wirt­schaft, Wis­sen- schaft und For­schung mit einer her­aus­ra­gen­den beruf­li- chen Qualifikation.36 Als Regel­bei­spie­le wer­den Wis­sen- schaft­ler mit beson­de­ren fach­li­chen Kennt­nis­sen und Lehr­per­so­nen oder wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­ter in her- aus­ge­ho­be­ner Funk­ti­on auf­ge­führt (§ 19 Abs. 2 Auf- enthG). Bis zur Ein­füh­rung der Blau­en Kar­te EU waren auch Spe­zia­lis­ten und lei­ten­de Ange­stell­te mit beson­de- rer Berufs­er­fah­rung und einem Min­dest­ge­halt erfasst (§ 18 Abs. 2 Nr. 3 Auf­enthG a.F.). Beson­de­re fach­li­che Kennt­nis­se lie­gen bei Wis­sen­schaft­lern vor, die über- durch­schnitt­li­che Fach­kennt­nis­se besit­zen und dem- nach über eine beson­de­re Qua­li­fi­ka­ti­on oder über Kennt­nis­se von her­aus­ra­gen­der Bedeu­tung in einem spe­zi­el­len Fach­ge­biet verfügen.37 Das beson­de­re Niveau kann anhand der Lauf­bahn oder von erfolg­rei­chen Pro- jek­ten, For­schungs­vor­ha­ben oder Ver­öf­fent­li­chun­gen fest­ge­stellt werden.38 Lehr­per­so­nen befin­den sich in ei- ner her­aus­ge­ho­be­nen Funk­ti­on, wenn sie z.B. als Lehr- stuhl­in­ha­ber oder Insti­tuts­di­rek­tor ein­ge­setzt sind. Wis- sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­ter müs­sen eigen­stän­dig und ver- ant­wort­lich wis­sen­schaft­li­che Pro­jekt- oder Arbeits- grup­pen bzw. Abtei­lun­gen leiten.39 Hoch­qua­li­fi­ziert iSv § 19 Abs. 1 S. 1 Auf­enthG ist über die­se Regel­bei­spie­le hi- naus, wer auf­grund sei­ner Aus- oder Vor­bil­dung her­aus- ragen­de Leis­tun­gen erbringt oder erwar­ten lässt.40

Die Vor­aus­set­zung „in beson­de­ren Fäl­len“ erfor­dert, dass es sich nicht um den Nor­mal­fall des Bedarfs an ei- ner qua­li­fi­zier­ten Arbeits­kraft han­deln darf, son­dern bei der zu beset­zen­den Stel­le beson­de­re Umstän­de vor­lie­gen müs­sen, die eine Zulas­sung rechtfertigen.41 Ob ein be- son­de­rer Fall vor­liegt, unter­liegt der vol­len rich­ter­li­chen Überprüfung.42 Das ohne­hin schwer ein­zu­gren­zen­de Tat­be­stands­merk­mal des „beson­de­ren Falls“ ist nicht zu eng auszulegen.43 Es ist gege­ben, wenn am Auf­ent­halt des Aus­län­ders ein beson­de­res wirt­schaft­li­ches oder ge-

2016, § 19 Auf­enthG, Rn. 9.
39 Vgl. Nr. 19.2.2 Auf­enthG-VwV.
40 Stie­ge­ler in Hof­mann, Aus­län­der­recht, 2. Auf­la­ge 2016, § 19

Auf­enthG, Rn. 7.
41 Suß­mann in Bergmann/Dienelt, Aus­län­der­recht, 11. Auflage

2016, § 19 Auf­enthG, Rn. 12.
42 Göbel-Zim­mer­man­n/Hu­ber in Huber, Auf­ent­halts­ge­setz, 2. Aufla-

ge 2016, § 19 Auf­enthG, Rn. 6.
43 VGH Baden-Würt­tem­berg, 27.06.2007, 13 S 1663/06, VBlBW

2008, 110.

16 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2018), 3–18

sell­schaft­li­ches Inter­es­se besteht.44 Beson­de­re Umstän­de kön­nen z.B. dar­in bestehen, dass die Stel­le trotz mehr­fa- cher Aus­schrei­bung nicht ander­wei­tig besetzt wer­den konnte.45

d) Ermes­sen

Lie­gen die Tat­be­stands­vor­aus­set­zun­gen vor, steht die Ertei­lung der Nie­der­las­sungs­er­laub­nis im Ermes­sen der Aus­län­der­be­hör­de. Bei der Ermes­sens­aus­übung hat die- se einer­seits den Aus­nah­me­cha­rak­ter der Vor­schrift und ande­rer­seits das gestie­ge­ne öffent­li­che Inter­es­se an aus- län­di­schen Hoch­qua­li­fi­zier­ten zu beachten.46

XIII. Zusam­men­fas­sung und Bewertung

Für dritt­staats­an­ge­hö­ri­ge Wis­sen­schaft­ler bestehen ver- schie­de­ne Ein­rei­se- und Auf­ent­halts­rech­te in Deutsch- land. Die­se rich­ten sich nach dem Sta­tus des Wis­sen- schaft­lers bzw. sei­ner ange­streb­ten Tätig­keit. Danach ergibt sich fol­gen­des Bild:

(Promotions-)Studenten haben einen Anspruch auf die Ertei­lung einer Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 16 Abs. 1 Auf­enthG und genie­ßen Mobi­li­täts­rech­te inner­halb der Euro­päi­schen Uni­on. Nach erfolg­rei­chem Abschluss des Stu­di­ums wird die Auf­ent­halts­er­laub­nis zur Arbeits- platz­su­che ver­län­gert und berech­tigt wäh­rend die­ses Zeit­raums zur Aus­übung einer Erwerbstätigkeit.

Aus­län­der, die ein For­schungs­vor­ha­ben durch­füh- ren, haben einen Anspruch auf die Ertei­lung einer Auf- ent­halts­er­laub­nis nach § 20 Abs. 1 Auf­enthG. Die­se Auf- ent­halts­er­laub­nis bie­tet eini­ge Vor­tei­le gegen­über ande- ren Auf­ent­halts­ti­teln: sie berech­tigt den Aus­län­der dazu, einen Teil sei­nes For­schungs­vor­ha­bens ohne Ertei­lung eines wei­te­ren Auf­ent­halts­ti­tels in einem ande­ren Mit- glied­staat durch­zu­füh­ren. Die Auf­ent­halts­er­laub­nis wird nach Abschluss der For­schungs­tä­tig­keit zur Arbeits- platz­su­che ver­län­gert und berech­tigt wäh­rend die­ses Zeit­raums zur Aus­übung einer Erwerbs­tä­tig­keit. Zudem bie­tet sie Erleich­te­run­gen beim Fami­li­en­nach­zug. Auch muss die For­schungs­ver­ein­ba­rung nicht mehr mit einer aner­kann­ten Ein­rich­tung abge­schlos­sen wer­den, son- dern es ist aus­rei­chend, wenn die Ein­rich­tung For­schung betreibt.

Hoch­qua­li­fi­zier­te Dritt­staats­an­ge­hö­ri­ge kön­nen zum Zwe­cke der Beschäf­ti­gung eine Blaue Kar­te EU erhal­ten. Die­se bie­tet einen schnel­le­ren Zugang zu einer Nie­der- las­sungs­er­laub­nis, Mobi­li­täts­rech­te inner­halb und au- ßer­halb der Euro­päi­schen Uni­on und Erleichterungen

  1. 44  Stie­ge­ler in Hof­mann, Aus­län­der­recht, 2. Auf­la­ge 2016, § 19 Auf­enthG, Rn. 6.
  2. 45  VGH Baden-Würt­tem­berg, 27.06.2007, 13 S 1663/06, VBlBW

beim Fami­li­en­nach­zug. Alter­na­tiv kann eine Auf­ent- halts­er­laub­nis nach § 18 Auf­enthG erteilt wer­den. Absol- ven­ten deut­scher Hoch­schu­len, die seit zwei Jah­ren eine Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 18 Auf­enthG besit­zen, ha- ben eben­falls einen schnel­le­ren Zugang zu einer Nie­der- las­sungs­er­laub­nis. Beson­ders hoch­qua­li­fi­zier­te Aus­län- der kön­nen dage­gen sofort eine Nie­der­las­sungs­er­laub­nis nach § 19 Auf­enthG erhalten.

Zum Zwe­cke einer selb­stän­di­gen Tätig­keit kön­nen Dritt­staa­t­an­ge­hö­ri­ge eine Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 21 Auf­enthG erhal­ten. Absol­ven­ten deut­scher Hoch­schu- len, Wis­sen­schaft­ler und For­scher kön­nen unter erleich- ter­ten Vor­aus­set­zun­gen eine Auf­ent­halts­er­laub­nis zur Aus­übung einer selb­stän­di­gen Tätig­keit erhalten.

Ins­ge­samt unter­lie­gen die Ein­rei­se- und Auf­ent­halts- mög­lich­kei­ten für dritt­staats­an­ge­hö­ri­ge Wis­sen­schaft­ler rela­tiv gerin­gen Beschrän­kun­gen. Die Zugangs­we­ge für Dritt­staats­an­ge­hö­ri­ge zum deut­schen Hoch­schul­sys­tem sind grund­sätz­lich sehr libe­ral. Aka­de­mi­ker genie­ßen deut­li­che Erleich­te­run­gen und Vor­tei­le gegen­über ande- ren Dritt­staats­an­ge­hö­ri­gen, die zur Erwerbs­mi­gra­ti­on ein­rei­sen möchten.

In den letz­ten Jah­ren gab es deut­li­che Ver­bes­se- run­gen der recht­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen für den Auf­ent­halt von aka­de­mi­schen Dritt­staats­an­ge­hö­ri­gen zur Erwerbs­tä­tig­keit in Deutsch­land. In Umset­zung der Hoch­qua­li­fi­zier­ten-Richt­li­nie wur­de die Blaue Kar­te EU als neu­er Auf­ent­halts­ti­tel ein­ge­führt. Eben- so bewirk­te die REST-Richt­li­nie eini­ge Neue­run­gen und Erleich­te­run­gen für Stu­den­ten und For­scher. Staat­li­che oder staat­lich aner­kann­te Hoch­schu­len so- wie über­wie­gend aus öffent­li­chen Mit­teln finan­zier­te For­schungs­ein­rich­tun­gen gel­ten kraft Geset­zes als an- erkann­te For­schungs­ein­rich­tun­gen. Es besteht nun ein Anspruch auf die Ertei­lung eines Auf­ent­halts­ti­tels zum Zweck des Voll­zeit­stu­di­ums, wenn alle Vor­aus- set­zun­gen erfüllt wer­den. For­scher und Stu­den­ten ha- ben einen Anspruch auf Ver­län­ge­rung ihrer Auf­ent- halts­er­laub­nis zum Zwe­cke der Arbeits­platz­su­che und genie­ßen wei­ter­ge­hen­de inner­eu­ro­päi­sche Mobilitätsrechte.

Die Umset­zung der REST-Richt­li­nie dient also dem Ziel, hoch­qua­li­fi­zier­ten Dritt­staats­an­ge­hö­ri­gen die Zuwan­de­rung zur Aus­übung einer Beschäf­ti­gung oder eines Stu­di­ums zu erleich­tern und kann daher zu einer Stei­ge­rung der Attrak­ti­vi­tät des Wirt­schafts- stand­or­tes Deutsch­land für hoch­qua­li­fi­zier­te Dritt- staats­an­ge­hö­ri­ge beitragen.

2008, 110.
46 Göbel-Zim­mer­man­n/Hu­ber in Huber, Auf­ent­halts­ge­setz, 2. Aufla-

ge 2016, § 19 Rn. 7.

Schult­heiß· Auf­ent­halts­rech­te von dritt­staats­an­ge­hö­ri­gen Wis­sen­schaft­lern 1 7

Neben Erleich­te­run­gen hat die Viel­zahl an Geset­zes- ände­run­gen aller­dings auch zur Unüber­sicht­lich­keit der Rege­lun­gen geführt. Es gibt eine Viel­zahl an Zulas­sungs- tat­be­stän­den, die zum Teil für die­sel­ben Per­so­nen­grup- pen gel­ten. Es stellt sich die Fra­ge, ob die Vor­schrif­ten für Hoch­qua­li­fi­zier­te zu einer zen­tra­len Rege­lung ge- bün­delt wer­den könn­ten, deren Vor­aus­set­zun­gen klar gefasst werden.

Dass die Libe­ra­li­sie­rung des Auf­ent­halts­rechts für For­scher, Wis­sen­schaft­ler und Hoch­qua­li­fi­zier­te ange- zeigt war, ergibt sich auch aus den bis­he­ri­gen Zulas- sungs­zah­len: Zum Stich­tag 31.07.2017 hiel­ten sich nur 1.063 Dritt­staats­an­ge­hö­ri­ge mit einer Auf­ent­halts­er­laub- nis nach § 20 Abs. 1 Auf­enthG und 2.668 Aus­län­der mit einer Nie­der­las­sungs­er­laub­nis nach § 19 Auf­enthG in Deutsch­land auf. Hin­ge­gen waren 81.492 Dritt­staats­an- gehö­ri­ge im Besitz einer Auf­ent­halts­er­laub­nis nach 18 Abs. 4 Auf­enthG, 36.970 im Besitz einer Blau­en Kar­te EU (§ 19a Abs. 1 Auf­enthG) und 3.630 im Besitz einer Auf­ent­halts­er­laub­nis für eine selb­stän­di­ge Tätig­keit (§ 21 Abs. 1, 2 und 2a).47 Die­se Zah­len spie­geln die jüngs­ten Geset­zes­än­de­run­gen noch nicht wieder.

Der Haupt­grund für die gerin­ge Anzahl an Aus­län- dern mit einer Nie­der­las­sungs­er­laub­nis nach § 19 Auf- enthG dürf­ten deren hohe Vor­aus­set­zun­gen sein.48 Die wei­ter­hin grund­sätz­lich gefor­der­te Kos­ten­über­nah- meer­klä­rung der For­schungs­ein­rich­tung mag noch im- mer ein Hin­der­nis für die Ertei­lung von Auf­ent­haltser- laub­nis nach § 20 Auf­enthG dar­stel­len. Es ist zu erwar- ten, dass auf­grund der nun­mehr vor­ge­se­he­nen Erleich- terun­gen und Vor­tei­le in § 20 Auf­enthG mehr Dritt­staa­ten­an­ge­hö­ri­ge von die­sem Titel Gebrauch ma- chen. Aller­dings dürf­ten sich vie­le Wis­sen­schaft­ler, die neben den Vor­aus­set­zun­gen des § 20 Auf­enthG auch die Vor­aus­set­zun­gen der Blau­en Kar­te EU erfül­len, auf- grund der län­ge­ren Gel­tungs­dau­er und des schnel­le­ren Zugangs zu einer unbe­fris­te­ten Nie­der­las­sungs­er­laub­nis auch wei­ter­hin häu­fig für die Blaue Kar­te EU entscheiden.49

Inso­fern ist die Reform zwar zu begrü­ßen, geht je- doch mög­li­cher­wei­se in eini­gen Punk­ten nicht weit ge- nug. Die Zugangs­zah­len zum Stich­tag 31.10.2017 wei­sen nur gerin­ge Ände­run­gen zu den Zugangs­zah­len vor den Geset­zes­än­de­run­gen auf: Zum Stich­tag 31.10.2017 hiel­ten sich wei­ter­hin nur 1.399 Dritt­staats­an­ge­hö­ri­ge mit einer Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 20 Abs. 1 Auf­enthG und

  1. 47  Quel­le: Aus­län­der­zen­tral­re­gis­ter (27.11.2017).
  2. 48  Vgl. Suß­mann in Bergmann/Dienelt, Aus­län­der­recht, 11. Auflage2016, § 19 Auf­enthG, Rn. 4; Brei­den­bach in Beck­OK-Aus­län- der­recht, Kluth/Heusch, 14. Edi­ti­on, Stand: 01.11.2016, § 19 Auf­enthG, Einleitung.
  3. 49  Vgl. auch Jah­res­be­richt des Bei­rats für For­schungs­mi­gra­ti­on 2015,

2.633 Aus­län­der mit einer Nie­der­las­sungs­er­laub­nis nach § 19 Auf­enthG in Deutsch­land auf. Hin­ge­gen waren 85.769 Dritt­staats­an­ge­hö­ri­ge im Besitz einer Auf­ent- halts­er­laub­nis nach 18 Abs. 4 Auf­enthG, 39.299 im Besitz einer Blau­en Kar­te EU (§ 19a Abs. 1 Auf­enthG) und 3.722 im Besitz einer Auf­ent­halts­er­laub­nis für eine selb­stän­di- ge Tätig­keit (§ 21 Abs. 1, 2 und 2a).50 Um zukunfts­fä­hig zu blei­ben, ist es für die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land uner­läss­lich, für mög­lichst vie­le Wis­sen­schaft­ler, For- scher und Hoch­qua­li­fi­zier­te attrak­tiv zu sein. Das gilt umso mehr ange­sichts der rasant fort­schrei­ten­den Tech- nolo­gi­sie­rung und Digi­ta­li­sie­rung der gesam­ten Wirt- schaft. Um die­ser Her­aus­for­de­rung zu begeg­nen, wird Deutsch­land wei­ter­hin stark auf den Zuzug aus­län­di- scher Wis­sen­schaft­ler, For­scher und Hoch­qua­li­fi­zier­ter ange­wie­sen sein. Dar­über hin­aus ist es im Hin­blick auf einen attrak­ti­ven For­schungs- und Tech­no­lo­gie­stand­ort uner­läss­lich, sich inten­siv am inter­kul­tu­rel­len For- schungs- und Wis­sen­schafts­aus­tausch zu betei­li­gen. Des­halb soll­ten die Hür­den für den Auf­ent­halt bzw. die Nie­der­las­sung von Wis­sen­schaft­lern, For­schern und Hoch­qua­li­fi­zier­ten mög­lichst gering sein und die ge- nann­ten Hür­den bzw. Ein­schrän­kun­gen wei­ter redu­ziert werden.

Ange­setzt wer­den könn­te dabei bei den Mög­lich­kei- ten, eine unbe­fris­te­te Nie­der­erlas­sungs­er­laub­nis zu er- hal­ten. Die­se könn­ten erwei­tert wer­den, um die Attrak- tivi­tät Deutsch­lands für hoch­qua­li­fi­zier­te Dritt­staats­an- gehö­ri­ge zu erhö­hen. Auch dritt­staats­an­ge­hö­ri­gen For- schern mit einem deut­schen Hoch­schul­ab­schluss soll­te der schnel­le­re Zugang zur Nie­der­las­sungs­er­laub­nis ge- währt wer­den (ent­spre­chend Aus­län­dern mit einer Auf- ent­halts­ti­tel nach den §§ 18, 18a, 19a oder § 21 Auf­enthG). Schließ­lich könn­ten die hohen Vor­aus­set­zun­gen des § 19 Auf­enthG abge­senkt und die Vor­schrift z.B. wie­der auf Spe- zia­lis­ten und lei­ten­de Ange­stell­te ange­wandt werden.

Das Auf­ent­halts­recht für Wis­sen­schaft­ler, For­scher und Hoch­qua­li­fi­zier­te ist daher zwar nach der Geset­zes- novel­le ins­ge­samt als posi­tiv zu bewer­ten. Die gerin­gen Zah­len aus der Pra­xis wei­sen jedoch dar­auf hin, dass die Anfor­de­run­gen in ver­ein­zel­ten Punk­ten in der Ver­gan- gen­heit zu hoch waren oder die mit den Auf­ent­halt­s­ti- teln ver­bun­de­nen Ein­schrän­kun­gen die­se teil­wei­se unat- trak­tiv mach­ten. Eini­ge der bis­he­ri­gen Hin­der­nis­se be- ste­hen auch nach der Novel­le fort. Es bleibt abzu­war­ten, wie sich die Zah­len ins­ge­samt ent­wi­ckeln wer­den. Es ist

S. 10, abruf­bar unter http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/ DE/Downloads/Infothek/Forschung/BeiratForschungsmigration/ jb8-beirat-forschungsmigration.pdf ?__blob=publicationFile (27.11.2017).

50 Quel­le: Aus­län­der­zen­tral­re­gis­ter (27.11.2017).

18 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2018), 3–18

jedoch denk­bar, dass wei­te­re Anpas­sun­gen erfor­der­lich wer­den. Auch hin­sicht­lich der Über­sicht­lich­keit der ge- setz­li­chen Rege­lun­gen besteht noch Opti­mie­rungs­po- ten­ti­al, ins­be­son­de­re da sich immer wie­der deut­li­che Über­schnei­dun­gen zwi­schen den ein­zel­nen Auf­ent­halts- titeln offenbaren.

Nike Schult­heiß ist Refe­ren­tin im Aus­län­der­recht am Minis­te­ri­um für Inne­res, Digi­ta­li­sie­rung und Migra­ti­on Baden-Würt­tem­berg. Der Bei­trag gibt aus­schließ­lich ihre per­sön­li­che Auf­fas­sung wider.