I. Einleitung
II. Allgemeine Voraussetzungen
III. Aufenthaltserlaubnis zur Forschung (§ 20 AufenthG) 1. Allgemeines
2. Verhältnis zu anderen Aufenthaltstiteln
3. Voraussetzungen
4. Umfang
5. Geltungsdauer
6. Verlängerung und Arbeitsplatzsuche
7. Mobilität in andere EU-Mitgliedstaaten
IV. Aufenthaltserlaubnis für mobile Forscher (§ 20b AufenthG)
V. Kurzfristige Mobilität von Forschern (§ 20a AufenthG)
VI. Blaue Karte EU (§19a AufenthG) 1. Allgemeines
2. Anwendungsbereich
3. Voraussetzungen
4. Geltungsdauer
5. Mobilität in andere EU-Mitgliedstaaten
VII. Aufenthaltserlaubnis zur Erwerbstätigkeit (§ 18 AufenthG) 1. Allgemeines
2. Voraussetzungen
3. Anwendungsbereich neben § 20 AufenthG
VIII. Aufenthaltserlaubnis zur selbständigen Tätigkeit (§ 21 AufenthG)
1. Allgemeines
2. Absolventen deutscher Hochschulen, Wissenschaftler und Forscher
IX. Aufenthaltserlaubnis zum Studium (§ 16 AufenthG) 1. Allgemeines
2. Voraussetzungen
3. Verhältnis zu anderen Aufenthaltstiteln
4. Geltungsdauer
5. Verlängerung und Zweckwechsel
6. Mobilität in andere EU-Mitgliedstaaten
1 Neben den im Beitrag erläuterten Aufenthaltstiteln haben Drittstaatsangehörige die Möglichkeit einen Aufenthaltstitel zur Ausübung eines Praktikums (§ 18 Abs. 3 AufenthG o. § 17b Auf- enthG) oder zur Arbeitsplatzsuche (§ 18c AufenthG) zu erhalten. Führungskräfte, Spezialisten oder Trainees können sich zudem
im Wege eines unternehmensinternen Transfers im Bundesgebiet aufhalten (§§ 19b‑d AufenthG). Letztere Regelungen fußen auf
der Umsetzung der Richtlinie 2014/66/EU des Europäischen Par- laments und des Rates vom 15. Mai 2014 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen im Rahmen eines unternehmensinternen Transfers (ICT-Richtlinie).
Nike Schultheiß
Aufenthaltsrechte von drittstaatsangehörigen Wissenschaftlern
7. Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwecken außerhalb der REST-Richtlinie
X. Kurzfristige Mobilität von Studenten (§ 16a AufenthG)
XI. Familiennachzug
XII. Niederlassungserlaubnis 1. Allgemeines
2. Niederlassungserlaubnis für besonders Hochqualifizierte (§ 19 AufenthG)
a) Allgemeines
b) Anwendungsbereich neben 20 AufenthG c) Voraussetzungen
d) Ermessen
XIII. Zusammenfassung und Bewertung
I. Einleitung
Der Beitrag befasst sich mit den verschiedenen Möglich- keiten für drittstaatsangehörige Wissenschaftler, sich zum Zweck der Erwerbstätigkeit oder des Studiums rechtmäßig in Deutschland aufzuhalten. Drittstaatsan- gehörige sind Personen, die nicht Staatsangehörige eines Mitgliedsstaats der Europäischen Union sind (vgl. Art. 1 Schengener Durchführungsübereinkommen).
Aufenthaltsmöglichkeiten für drittstaatsangehörige Wissenschaftler richten sich nach dem Aufenthaltsgesetz (AufenthG), das je nach Tätigkeit der Wissenschaftler verschiedene Aufenthaltstitel vorsieht.1
Ein besonderer Fokus des Beitrags liegt auf den Neu- erungen des AufenthG durch die Richtlinie 2016/801/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Bedingungen für die Einreise und den Auf- enthalt von Drittstaatsangehörigen zu Forschungs- oder Studienzwecken, zur Absolvierung eines Praktikums, zur Teilnahme an einem Freiwilligendienst, Schüleraustausch- programmen oder Bildungsvorhaben und zur Ausübung einer Aupair-Tätigkeit (sog. REST-Richtlinie2). Die REST- Richtlinie ersetzt die bisherige Studenten-Richtlinie3 und
Im Folgenden soll hierauf nicht eingegangen werden.
2 Die REST-Richtlinie ist am 22. Mai 2016 in Kraft getreten. Mit
dem am 01. August 2017 in Kraft getretenen Gesetz zur Umset- zung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union zur Arbeitsmigration wurde die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt.
3 Richtlinie 2004/114/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 über die Bedingungen für die Zulassung von Drittstaatsangehörigen zur Absolvierung eines Studiums oder zur Teilnahme an einem Schüleraustausch, einer unbezahlten Ausbildungsmaßnahme oder einem Freiwilligendienst.
Ordnung der Wissenschaft 2018, ISSN 2197–9197
4 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2018), 3–18
Forscher-Richtlinie.4 Sie verfolgt das Ziel, die bestehenden Rechtsvorschriften für diese Gruppen zu vereinfachen und in einem Rechtsakt zusammenzufassen.5
III. Aufenthaltserlaubnis zur Forschung (§ 20 AufenthG)
1. Allgemeines
§ 20 AufenthG sieht einen Aufenthaltstitel zur For- schung vor und wurde im Rahmen der Umsetzung der REST-Richtlinie neu gefasst. Er dient der Umsetzung von Artikel 8 der REST-Richtlinie, dessen Zweck es ist, die allgemeine Wettbewerbsfähigkeit der Union zu stär- ken sowie einen offenen Arbeitsmarkt für Forscher zu schaffen, in dem diese sich frei bewegen und wissen- schaftliche Erkenntnisse und Technologien ungehindert zirkulieren können.6 Die Regelung des § 20 AufenthG bietet Forschern einen erleichterten Zugang, da die Aus- länderbehörde bzw. Auslandsvertretung nach Vorlage einer wirksamen Aufnahmevereinbarung nur noch die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen prüft.7 Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 20 Auf- enthG kommt insbesondere an Forscher, Assistenten, wissenschaftliche Mitarbeiter, Gastwissenschaftler und Postdoktoranden, die ein Forschungsvorhaben durch- führen, in Betracht.
2. Verhältnis zu anderen Aufenthaltstiteln
Ausländer, die im Besitz einer Blauen Karte EU sind (sie- he dazu VI.), kann keine Aufenthaltserlaubnis für For- scher nach § 20 AufenthG erteilt werden (§ 20 Abs. 6 Nr. 8 AufenthG). Art. 2g der REST-Richtlinie sieht vor, dass Drittstaatsangehörige vom Anwendungsbereich der Richtlinie (und damit auch des § 20 AufenthG) ausge- schlossen sind, wenn sie als hochqualifizierte Arbeitneh- mer im Sinne der Hochqualifizierten-Richtlinie zugelas- sen werden. Daher haben Ausländer bei der Erstertei- lung ein Wahlrecht, ob sie eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für Forscher beantragen. Die Blaue Karte EU bietet Mobilitätsrechte innerhalb und außer- halb der Europäischen Union und hat den Vorteil, dass schneller eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden kann (siehe VI. 5. und XII. 1.). Die Aufenthaltserlaubnis nach § 20 AufenthG bietet dagegen die Vorteile der kurz- fristigen Mobilität sowie die Möglichkeit, im Anschluss an den Abschluss des Forschungsvorhabens einen Auf- enthaltstitel zu Zwecken der Arbeitssuche zu erhalten (siehe III. 6. und V.).8
Abs. 1 Rn. 3.
8 Vgl. S. 20 f. der Anwendungshinweise des Bundesministeriums
des Innern zu Gesetz und Verordnung zur Umsetzung aufenthalts- rechtlicher Richtlinien der Europäischen Union zur Arbeitsmigra- tion vom 14. Juli 2017, M3-12201/2#14.
II. Allgemeine Voraussetzungen
Um in das Bundesgebiet rechtmäßig einreisen und sich darin aufhalten zu dürfen, bedürfen Drittstaatsangehöri- ge grundsätzlich einer Erlaubnis, die in Form eines Auf- enthaltstitels erteilt wird (§ 4 AufenthG).
Für die Einreise und den Aufenthalt zur Erwerbstä- tigkeit ist für Drittstaatsangehörige grundsätzlich die Er- teilung eines nationalen Visums durch die zuständige Auslandsvertretung erforderlich, das grundsätzlich kei- ner Zustimmung der für den vorgesehenen Aufenthalts- ort zuständigen Ausländerbehörde bedarf, wenn der Ausländer sich zuvor noch nicht mit einem nationalen Visum in Deutschland aufgehalten hat (§§ 6 Abs. 3, 71 Abs. 2 AufenthG, 31 Abs. 1 Nr. 1 AufenthV). Bei Studen- ten, Forschern, die eine Aufnahmevereinbarung mit ei- ner vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge aner- kannten Forschungseinrichtung abgeschlossen haben, sowie in bestimmten Fällen bei Wissenschaftlern, ist ge- nerell keine Zustimmung der Ausländerbehörde erfor- derlich (§ 34 AufenthV). Staatsangehörige von Australi- en, Israel, Japan, Kanada, der Republik Korea, von Neu- seeland und der Vereinigten Staaten von Amerika kön- nen visumfrei in das Bundesgebiet einreisen und den erforderlichen Aufenthaltstitel nach der Einreise im In- land einholen (§ 41 AufenthV).
Nach der Einreise muss bei der örtlich zuständigen Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis beantragt werden. Die Aufenthaltserlaubnis ist ein befristeter Auf- enthaltstitel, der für unterschiedliche Aufenthaltszwecke erteilt wird (§ 7 AufenthG).
Bei der Erteilung und Verlängerung aller Aufent- haltstitel müssen stets die allgemeinen Voraussetzungen nach § 5 AufenthG vorliegen, sofern nicht ausnahmswei- se hiervon abgesehen werden kann. Hierzu gehören die Sicherung des Lebensunterhaltes, die Klärung der Iden- tität und Staatsangehörigkeit des Ausländers, das Nicht- bestehen eines Ausweisungsinteresses, die Erfüllung der Passpflicht und die Einreise mit dem erforderlichen Vi- sum. Unterlagen und Angaben müssen grundsätzlich in deutscher Sprache vorgelegt werden (§ 23 LVwVfG).
- 4 Richtlinie 2005/71/EG des Rates vom 12. Oktober 2005 über ein besonderes Zulassungsverfahren für Drittstaatsangehörige zum Zwecke der wissenschaftlichen Forschung.
- 5 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 2 der REST-Richtlinie.
- 6 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 8 der REST-Richtlinie.
- 7 Fehrenbacher, HTK-AuslR, Stand: 20.04.2012, § 20 AufenthG, zu
Schultheiß· Aufenthaltsrechte von drittstaatsangehörigen Wissenschaftlern 5
Ausländer, die einen Antrag auf Zuerkennung inter- nationalen Schutzes (Flüchtlingseigenschaft oder subsi- diärer Schutzstatus) gestellt haben oder denen internati- onaler Schutz gewährt wurde, sind ebenfalls vom An- wendungsbereich ausgeschlossen (§ 20 Abs. 6 Nr. 1 Auf- enthG). Einem Ausländer, der in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als international Schutzberech- tigter anerkannt wurde, kann allerdings eine Aufent- haltserlaubnis zum Zweck der Forschung erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind und er sich mindestens zwei Jahre nach Erteilung der Schutzberechtigung in diesem Mitgliedstaat aufgehalten hat (§ 20 Abs. 8 AufenthG). Auch Ausländer, die von ei- ner Forschungseinrichtung in einem anderen Mitglied- staat der Europäischen Union an eine deutsche For- schungseinrichtung als Arbeitnehmer entsandt werden oder im Besitz einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt — EU sind, können keine Aufenthaltserlaubnis nach § 20 AufenthG erhalten (§ 20 Abs. 6 Nr. 5 und 6 AufenthG).
Zudem sind Ausländer, deren Forschungstätigkeit Bestandteil eines Promotionsstudiums ist, vom Anwen- dungsbereich ausgeschlossen (§ 20 Abs. 6 Nr. 4 Auf- enthG). Doktoranden, die Forschungstätigkeiten im Zu- sammenhang mit ihrer Dissertation durchführen, gelten als Studenten und fallen in den Anwendungsbereich des § 16 AufenthG (siehe IX.). Doktoranden können aber in den Anwendungsbereich des § 20 AufenthG fallen, wenn sie auch die Rechtsstellung eines Forschers besitzen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Dissertation im Rah- men einer Forschungstätigkeit, für die eine Aufnahmever- einbarung wirksam abgeschlossen wurde, erstellt wird.
3. Voraussetzungen
Nach § 20 Abs. 1 AufenthG wird einem Ausländer eine Auf- enthaltserlaubnis nach der REST-Richtlinie zum Zweck der Forschung erteilt, wenn er eine wirksame Aufnahmeverein- barung oder einen entsprechenden Vertrag zur Durchfüh- rung eines Forschungsvorhabens mit einer Forschungsein- richtung abgeschlossen hat. Inhalt und Voraussetzungen der Aufnahmevereinbarung sind in § 38f Aufenthaltsver- ordnung (AufenthV) festgelegt. Wurde die Vereinbarung oder der Vertrag mit einer anerkannten Forschungseinrich- tung abgeschlossen, ist die Aufenthaltserlaubnis innerhalb von 60 Tagen nach Antragstellung zu erteilen (§ 20 Abs. 1 S. 2 AufenthG).
9 Vgl. S. 21 der Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zu Gesetz und Verordnung zur Umsetzung aufenthalts- rechtlicher Richtlinien der Europäischen Union zur Arbeitsmigra- tion vom 14. Juli 2017, M3-12201/2#14.
10 Begründung zu Artikel 1 Nr. 5c des Verordnungsentwurfs zu §
Forscher sind nach Artikel 3 Nr. 2 der REST-Richtli- nie Drittstaatsangehörige, die über einen Doktorgrad oder einen geeigneten Hochschulabschluss, der diesem Drittstaatsangehörigen den Zugang zu Doktoratspro- grammen ermöglicht, verfügen und von einer For- schungseinrichtung ausgewählt und in das Hoheitsge- biet eines Mitgliedstaats zugelassen werden, um eine Forschungstätigkeit, für die normalerweise ein solcher Abschluss erforderlich ist, auszuüben. Forschung ist jede systematisch betriebene schöpferische und rechtlich zu- lässige Tätigkeit, die den Zweck verfolgt, den Wissens- stand zu erweitern, einschließlich der Erkenntnisse über den Menschen, die Kultur und die Gesellschaft, oder sol- ches Wissen einzusetzen, um neue Anwendungsmög- lichkeiten zu finden (§ 38a Abs. 1 S. 2 AufenthV). For- schung umfasst hierbei Grundlagenforschung, ange- wandte Forschung sowie experimentelle Entwicklung.9
Die Einrichtung muss entweder vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) anerkannt sein oder Forschung betreiben. Die Voraussetzungen für die Aner- kennung sind in § 38a AufenthV geregelt. Staatliche oder staatlich anerkannte Hochschulen oder andere For- schungseinrichtungen, deren Tätigkeit überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziert wird, gelten seit der Ge- setzesänderung als anerkannte Forschungseinrichtun- gen (§ 38a Abs. 4a AufenthV). Da diese bereits andere Anerkennungsverfahren durchlaufen haben, müssen sie nicht als Forschungseinrichtungen nach §§ 38 a ff. Auf- enthV anerkannt werden.10 Eine Liste der anerkannten Forschungseinrichtungen kann auf der Homepage des BAMF abgerufen werden.11
Die Forschungseinrichtung muss sich schriftlich zur Übernahme der Kosten verpflichtet haben, die öffentli- chen Stellen bis zu sechs Monate nach der Beendigung der Aufnahmevereinbarung für den Lebensunterhalt des Ausländers während eines unerlaubten Aufenthalts in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder seine Abschiebung entstehen. Hiervon soll abgesehen werden, wenn die Tätigkeit der Forschungseinrichtung überwie- gend aus öffentlichen Mitteln finanziert wird bzw. kann abgesehen werden, wenn an dem Forschungsvorhaben ein besonderes öffentliches Interesse besteht (§ 20 Abs. 2 AufenthG). Bei öffentlichen Hochschulen wird von der Verpflichtung demnach in der Regel abgesehen.
38a AufenthV, BR-Drs. 359/17 S. 42.
11 http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/
Infothek/Forschung/ListenAnerkennungsverfahren/001-liste-der- anerkennungen_xls.html?nn=1367088 (27.11.2017).
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Die Aufenthaltserlaubnis darf nicht erteilt werden, wenn die aufnehmende Forschungseinrichtung haupt- sächlich zu dem Zweck gegründet wurde, die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern zu erleichtern. Dar- über hinaus kann die Ausländerbehörde die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis bei der Erfüllung verschiede- ner Insolvenztatbestände im Ermessenswege versagen (§ 20c Abs. 1 und 2 AufenthG).
4. Umfang
Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt zur Aufnahme der Forschungstätigkeit bei der Forschungseinrichtung und zur Aufnahme von Tätigkeiten in der Lehre. Änderun- gen des Forschungsvorhabens während des Aufenthalts führen nicht zum Wegfall dieser Berechtigung (§ 20 Abs. 5 AufenthG). Der Aufenthaltstitel berechtigt zur Aufnahme der Erwerbstätigkeit für die in der Aufnah- mevereinbarung bezeichnete Forschungstätigkeit sowie zur unbeschränkten Lehrtätigkeit. Er ist nicht an die Durchführung eines spezifischen Forschungsvorhabens gebunden. Eine Änderung der Zielrichtung oder des Forschungsansatzes führt nicht zum Verlust der Aufent- haltserlaubnis, sofern die zugrunde liegende Tätigkeit dem in der Forscherrichtlinie definierten Begriff der Forschung weiterhin entspricht.12
5. Geltungsdauer
Die Aufenthaltserlaubnis wird für mindestens ein Jahr erteilt. Nimmt der Ausländer an einem Unions- oder multilateralen Programm mit Mobilitätsmaßnahmen teil, so wird die Aufenthaltserlaubnis für mindestens zwei Jahre erteilt. Wenn das Forschungsvorhaben in einem kürzeren Zeitraum durchgeführt wird, wird die Aufenthaltserlaubnis abweichend hiervon auf die Dauer des Forschungsvorhabens befristet, im Falle der Teilnah- me an einem Unions- oder multilateralen Programm auf mindestens ein Jahr (§ 20 Abs. 4 AufenthG).
Die Aufenthaltserlaubnis kann widerrufen werden, wenn die Forschungseinrichtung, mit der der Ausländer eine Aufnahmevereinbarung abgeschlossen hat, ihre Aner- kennung verliert, wenn er an einer Handlung beteiligt war, die zum Verlust der Anerkennung geführt hat, der Auslän- der keine Forschung mehr betreibt oder betreiben darf oder wenn er nicht mehr die Erteilungsvoraussetzungen des § 20 AufenthG erfüllt (§ 52 Abs. 4 AufenthG).
6. Verlängerung und Arbeitsplatzsuche
Nach Abschluss der Forschungstätigkeit wird die Auf- enthaltserlaubnis zwingend um bis zu neun Monate zur
- 12 BT-Drs. 16/2088 S. 10 f.
- 13 Das Vereinigte Königreich, Irland und Dänemark sind jedoch
Suche einer der Qualifikation des Forschers entsprechen- den Erwerbstätigkeit verlängert, sofern der Abschluss von der aufnehmenden Einrichtung bestätigt wurde und diese Erwerbstätigkeit nach den Bestimmungen der §§ 18, 19, 19a, 20 und 21 AufenthG von einem Ausländer aufge- nommen werden darf. Während dieses Zeitraums berechtigt die Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit (§ 20 Abs. 7 AufenthG).
Im Übrigen richtet sich die Verlängerung nach den allgemeinen Vorschriften. Nach § 8 AufenthG finden auf die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis dieselben Vorschriften Anwendung wie auf die Erteilung. Die Auf- enthaltserlaubnis wird daher verlängert, wenn die Vor- aussetzungen weiter vorliegen. Dies entspricht der Vor- gabe von Art. 18 Abs. 1 S. 2 der REST-Richtlinie, nach der der Aufenthaltstitel verlängert wird, wenn keine Entzie- hungs- oder Versagungsgründe nach Art. 21 der Richtli- nie vorliegen.
7. Mobilität in andere EU-Mitgliedstaaten
Der Aufenthaltstitel berechtigt dazu, für einen gewissen Zeitraum in einer Einrichtung in einem anderen EU- Mitgliedstaat13 zu forschen (sog. Mobilität, Art. 28 REST-Richtlinie). Die Modalitäten sind in den jeweili- gen Gesetzen der anderen EU-Mitgliedstaaten geregelt.
IV. Kurzfristige Mobilität von Forschern (§ 20a AufenthG)
Artikel 28 und 31 der REST-Richtlinie enthalten Rege- lungen über die (kurzfristige) Mobilität von Forschern und Studenten. Verfügen diese über einen gültigen Auf- enthaltstitel eines Mitgliedstaates, können sie sich ohne die Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels in einem zweiten Mitgliedstaat für einen bestimmten Zeitraum zum Zweck der Forschung oder des Studiums aufhalten. Die Mitgliedstaaten haben die Möglichkeit, ein Mittei- lungsverfahren für die kurzfristige Mobilität einzufüh- ren, wovon hat der deutsche Gesetzgeber Gebrauch gemacht hat (§§ 16a, 20a AufenthG).
Besitzen Ausländer bereits einen Aufenthaltstitel ei- nes anderen EU-Mitgliedstaates zu Zwecken der For- schung, der im Anwendungsbereich der REST-Richtli- nie erteilt wurde, und möchten einen Teil ihres For- schungsvorhabens für die Dauer von bis zu 180 Tagen in- nerhalb eines Zeitraums von 360 Tagen in Deutschland durchführen, benötigen sie keine nationale Aufenthalts- erlaubnis. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die auf- nehmende Forschungseinrichtung dem BAMF unter
nicht zur Anwendung der Richtlinie verpflichtet, vgl. Erwägungs- gründe 65 und 66 der REST-Richtlinie.
Schultheiß· Aufenthaltsrechte von drittstaatsangehörigen Wissenschaftlern 7
Vorlage verschiedener Nachweise mitgeteilt hat, dass der Ausländer beabsichtigt, einen Teil seiner Forschungstä- tigkeit im Bundesgebiet durchzuführen (§ 20a Abs. 1 AufenthG). Das BAMF prüft lediglich die Vollständig- keit der Unterlagen und leitet sie an die örtlich zuständi- ge Ausländerbehörde weiter. Innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der vollständigen Mitteilung muss die Aus- länderbehörde entscheiden, ob Ablehnungsgründe, wie z.B. die Erfüllung verschiedener Insolvenztatbestände oder gefälschte Unterlagen vorliegen oder ob die aufneh- mende Forschungseinrichtung hauptsächlich zu dem Zweck gegründet wurde, die Einreise zum Zweck der Forschung zu erleichtern. Nach Ablauf der Frist kann eine Ablehnung nur erfolgen, wenn ein Ausweisungsin- teresse besteht (§ 20c Abs. 3 S. 2 und 3 AufenthG).
Das BAMF stellt dem Ausländer eine Bescheinigung über die Berechtigung zur Einreise und zum Aufenthalt zum Zweck der Forschung im Rahmen der kurzfristigen Mobilität aus.
Teilt der Ausländer parallel zur Antragstellung in dem anderen Mitgliedstaat mit, dass er beabsichtigt, ei- nen Teil seiner Forschungstätigkeit in Deutschland durchzuführen und legt die entsprechenden Unterlagen vor, kann er nach Ablauf der 30-Tages-Frist und Ertei- lung des Aufenthaltstitels des anderen EU-Mitgliedstaats jederzeit einreisen und sich im Bundesgebiet zum Zweck der Forschung aufhalten (§ 20a Abs. 2 S. 1 AufenthG). Erfolgt die Mitteilung zu einem späteren Zeitpunkt, kann der Ausländer nach Zugang der Mitteilung jeder- zeit einreisen und sich im Bundesgebiet zum Zweck der Forschung aufhalten, sofern der Aufenthaltstitel des an- deren EU-Mitgliedstaats gültig ist (§ 20a Abs. 2 S. 2 Auf- enthG). Werden die Einreise und der Aufenthalt nach § 20c Absatz 3 AufenthG abgelehnt, muss der Ausländer die Forschungsstätigkeit unverzüglich einstellen (§ 20a Abs. 5 S. 1 AufenthG).
V. Aufenthaltserlaubnis für mobile Forscher (§ 20b AufenthG)
Besitzen Ausländer bereits einen Aufenthaltstitel eines anderen EU-Mitgliedstaates zu Zwecken der Forschung, der im Anwendungsbereich der REST-Richtlinie erteilt wurde, und möchten einen Teil ihres Forschungsvorha- bens für die Dauer von mehr als 180 Tagen und höchs- tens einem Jahr in Deutschland durchführen, kommt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 20b Auf- enthG in Betracht. Neben dem gültigen Aufenthaltstitel
14 Richtlinie 2009/50/EG des Rates vom 25. Mai 2009 über die Be- dingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsan- gehörigen zur Ausübung einer hochqualifizierten Beschäftigung;
ist hierfür die Vorlage der Aufnahmevereinbarung oder des Vertrages, die oder der mit der aufnehmenden For- schungseinrichtung im Bundesgebiet geschlossen wur- de, sowie eine Kopie des anerkannten und gültigen Pas- ses oder Passersatzes erforderlich. Die Aufenthaltser- laubnis berechtigt zur Aufnahme der Forschungstätigkeit bei der Forschungseinrichtung und zur Aufnahme von Tätigkeiten in der Lehre (§§ 20b Abs. 3, 20 Abs. 5 Auf- enthG). Liegen die Voraussetzungen vor, besteht auf die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis ein Rechtsanspruch.
§ 20b Abs. 2 AufenthG sieht eine Erlaubnisfiktion vor. Wenn der Antrag auf Erteilung der Aufenthaltser- laubnis mindestens 30 Tage vor Beginn des Aufenthalts im Bundesgebiet gestellt wird und der Aufenthaltstitel des anderen Mitgliedstaats weiterhin gültig ist, gelten der Aufenthalt und die Beschäftigung im Bundesgebiet ab der Einreise für bis zu 180 Tage innerhalb eines Zeit- raums von 360 Tagen als erlaubt.
Im Übrigen gelten die gleichen Ablehnungs- und Wi- derrufsgründe wie bei der Aufenthaltserlaubnis für For- scher nach § 20 AufenthG (siehe III. 3. und III. 5.). Schließlich wird nach Abschluss der Forschungstätigkeit die Aufenthaltserlaubnis ebenfalls zwingend um bis zu neun Monate zur Suche einer der Qualifikation des For- schers entsprechenden Erwerbstätigkeit verlängert (§§ 20b Abs. 5, 20 Abs. 7 AufenthG).
VI. Blaue Karte EU (§ 19a AufenthG)
1. Allgemeines
In Umsetzung der Hochqualifizierten-Richtlinie14 wur- de am 01.08.2012 mit § 19a AufenthG die Blaue Karte EU als neuer Aufenthaltstitel eingeführt. Die Blaue Karte EU dient dem Zweck, einem Fachkräftemangel entgegenzu- wirken und hochqualifizierten Drittstaatsangehörigen den Aufenthalt in der Europäischen Union zu ermögli- chen. Die Blaue Karte EU ist ein befristeter Aufenthalts- titel zur Ausübung einer Beschäftigung für qualifizierte Fachkräfte mit Weiterwanderungsmöglichkeit in einen weiteren EU-Mitgliedstaat.
Die Blaue Karte EU richtet sich an Hochqualifizierte und nicht speziell an Wissenschaftler. Da Ausländer, die sowohl die Voraussetzungen des § 20 AufenthG als auch des § 19a AufenthG erfüllen, bei der Ersterteilung ein Wahlrecht haben, ob sie eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für Forscher beantragen (III. 2.), werden im Folgenden die Voraussetzungen dargestellt. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 19a Auf-
näher hierzu Kuczynski/Solka, Die Hochqualifiziertenrichtlinie, ZAR 2009, 219.
8 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2018), 3–18
enthG kommt insbesondere an Wissenschaftler in Be- tracht, die die im Folgenden aufgeführten Mindestgehäl- ter erfüllen.
2. Anwendungsbereich
Arbeitsvertrags weniger als vier Jahre, wird die Blaue Karte EU für die Dauer des Arbeitsvertrags zuzüglich dreier Monate ausgestellt oder verlängert (§ 19a Abs. 3 AufenthG).
5. Mobilität
Grundsätzlich erlöschen Aufenthaltstitel, wenn der Aus- länder aus dem Bundesgebiet ausgereist und nicht inner- halb von sechs Monaten oder einer von der Ausländer- behörde bestimmten längeren Frist wieder eingereist ist (§ 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG). Inhaber einer Blauen Karte EU und ihre Familienangehörigen können sich aber bis zu zwölf aufeinander folgende Monate im Nicht-EU- Ausland aufhalten, ohne dass ihre Aufenthaltserlaubnis erlischt (§ 51 Abs. 10 AufenthG).
Wer seit mindestens 18 Monaten eine Blaue Karte EU eines anderen Mitgliedstaates der EU besitzt, kann vi- sumfrei in einen anderen Mitgliedstaat einreisen und in- nerhalb eines Monats eine Blaue Karte EU für diesen Mitgliedstaat beantragen (§ 39 S. 1 Nr. 7 AufenthV).17
VII. Aufenthaltserlaubnis zur Erwerbstätigkeit (§ 18 AufenthG)
1.Allgemeines
Die Zulassung ausländischer Beschäftigter orientiert sich an den Erfordernissen des Wirtschaftsstandortes Deutschland unter Berücksichtigung der Situation am Arbeitsmarkt und der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit (§ 18 Abs. 1 AufenthG). Die Erteilung einer Aufenthalts- erlaubnis nach § 18 Abs. 4 AufenthG zum Zwecke der Beschäftigung kommt insbesondere an wissenschaftli- che Mitarbeiter, Gastwissenschaftler und Gastprofesso- ren in Betracht.
2. Voraussetzungen
Einem Ausländer kann ein Aufenthaltstitel zur Aus- übung einer Beschäftigung erteilt werden, wenn die Bundesagentur für Arbeit nach § 39 AufenthG zuge- stimmt hat oder durch Rechtsverordnung nach § 42 Auf- enthG oder zwischenstaatliche Vereinbarung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustim- mung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist (§ 18 Abs. 2 AufenthG). Ein Aufenthaltstitel zur Ausübung einer Beschäftigung, die eine qualifizierte Berufsausbil- dung voraussetzt, darf nur für eine Beschäftigung in einer Berufsgruppe erteilt werden, die durch Rechtsver- ordnung nach § 42 AufenthG zugelassen worden ist (§ 18 Abs. 4 AufenthG). Zudem muss ein konkretes Arbeits-
BAnz AT 23.12.2016 B4.
16 www.anabin.kmk.org (27.11.2017).
17 Vgl. Art. 18 und 19 der Hochqualifizierten-Richtlinie.
§ 19a Abs. 5 AufenthG führt verschiedene Personengrup- pen auf, die vom Anwendungsbereich der Blauen Karte EU ausgeschlossen sind.
3. Voraussetzungen
Einem Ausländer wird zum Zweck einer seiner Qualifi- kation angemessenen Beschäftigung eine Blaue Karte EU erteilt, wenn er einen deutschen, einen anerkannten ausländischen oder einen einem deutschen Hochschul- abschluss vergleichbaren ausländischen Hochschulab- schluss besitzt und die Bundesagentur für Arbeit nach § 39 AufenthG zugestimmt hat oder durch Rechtsver- ordnung nach § 42 AufenthG oder zwischenstaatliche Vereinbarung bestimmt ist, dass die Blaue Karte EU ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erteilt werden kann.
Zudem muss er einen Arbeitsvertrag oder ein ver- bindliches Arbeitsplatzangebot mit einem bestimmten Mindestgehalt vorlegen (§§ 19a, 18 Abs. 5 AufenthG). Die Mindestgehälter sind in § 2 Beschäftigungsverordnung (BeschV) geregelt, orientieren sich an der Beitragsbe- messungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung und ändern sich jährlich. 2017 beträgt das jährliche Min- destbruttogehalt 50.800 Euro. Wird diese Mindestge- haltsgrenze erfüllt, bedarf die Erteilung der Blauen Kar- te EU nicht der Zustimmung durch die Bundesagentur für Arbeit (§ 2 Abs. 1 Nr. 2a BeschV). Für Mangelberufe (Naturwissenschaftler, Mathematiker, Ingenieure, Ärzte und IT-Fachkräfte) wird eine Gehaltsgrenze von 39.624 Euro brutto zu Grunde gelegt.15 Verfügt der Ausländer über einen inländischen Hochschulabschluss bedarf die Erteilung der Blauen Karte EU auch in Mangelberufen mitdergeringerenGehaltsgrenzenichtderZustimmung der Bundesagentur für Arbeit (§ 2 Abs. 1 Nr. 2b BeschV). Informationen zur Bewertung ausländischer Hochschul- abschlüsse sowie zu ihrer Vergleichbarkeit mit deut- schen Hochschulabschlüssen sind über die Datenbank ANABIN zugänglich.16 Erfüllt ein Ausländer die Vorausset- zungen der §§ 19a und 5 AufenthG hat er einen Rechtsan- spruch auf die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis.
4. Geltungsdauer
Die Blaue Karte EU wird bei erstmaliger Erteilung auf höchstens vier Jahre befristet. Beträgt die Dauer des
15 Bundesministeriums des Innern, Bekanntmachung zu § 2 Absatz 4 der Beschäftigungsverordnung über die Mindestgehälter für die Blaue Karte EU vom 09. Dezember 2016 im Bundesanzeiger,
Schultheiß· Aufenthaltsrechte von drittstaatsangehörigen Wissenschaftlern 9
platzangebot vorliegen und eine Berufsausübungser- laubnis, soweit diese vorgeschrieben ist, erteilt oder ihre Erteilung zugesagt worden sein (§ 18 Abs. 5 AufenthG). Eine qualifizierte Berufsausbildung liegt vor, wenn die Ausbildungsdauer mindestens zwei Jahre beträgt (§ 6 Abs. 1 S. 2 BeschV).
Die Erteilung dieses Aufenthaltstitels kommt insbeson- dere an Ausländer in Betracht, die sich zu reinen Lehrtätig- keiten in Deutschland aufhalten möchten. Zwar berechtigt die Aufenthaltserlaubnis für Forscher nach § 20 Abs. 5 Auf- enthGzurAufnahmederForschungstätigkeitundzurAuf- nahme von Tätigkeiten in der Lehre. § 20 Abs. 1 AufenthG setzt aber eine wirksame Aufnahmevereinbarung oder ei- nen entsprechenden Vertrag zur Durchführung eines For- schungsvorhabens voraus. Hierfür ist nicht ausreichend, dass lediglich Lehrtätigkeiten ausgeübt werden sollen.18
In zahlreichen Fällen wird vom Zustimmungserfor- dernis der Arbeitsverwaltung nach § 39 AufenthG abge- sehen. In diesen Fällen entscheidet die Ausländerbehör- de bei Vorliegen der allgemeinen und besonderen Ertei- lungsvoraussetzungen im Ermessen über die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis. Für bestimmte Beschäftigun- gen in den Gebieten Wissenschaft, Forschung, Entwick- lung und Lehre ist keine Zustimmung der Bundesagen- tur für Arbeit erforderlich. Dies soll gewährleisten, dass Deutschland als Technologie- und Wissensstandort sei- ne globale Spitzenposition behält.19
Nach § 5 BeschV bedarf die Erteilung eines Aufent- haltstitels an folgende Personengruppen keiner Zustim- mung durch die Bundesagentur für Arbeit: wissenschaft- liches Personal von Hochschulen und von Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen, das nicht bereits in den Anwendungsbereich der §§ 20 und 20b des Aufenthalts- gesetzes fällt (Nr. 1). Hierzu zählen beispielsweise Tuto- ren und wissenschaftliche Hilfskräfte mit Hochschulab- schluss. Bei wissenschaftlichen Hilfskräften ohne Hoch- schulabschluss und studentischen Hilfs- und Aushilfs- kräften ist die Zustimmungsfreiheit nur dann gegeben, wenn sie überwiegend wissenschaftliche Hilfstätigkeiten verrichten. Laboranten und Interviewer sind keine wis- senschaftlichen Hilfskräfte und unterliegen der Zustim- mungspflicht. Ausländische Ärzte, die als wissenschaftli- che Mitarbeiter in Universitätskliniken beschäftigt sind und gleichzeitig auch in der Krankenversorgung einge-
- 18 Hailbronner, Ausländerrecht, 101. Aktualisierung Mai 2017, § 20 AufenthG, Rn. 41.
- 19 Werner in Offer/Mävers, BeschV, 1. Auflage 2016, § 5 Rn. 3.
- 20 Fachliche Weisung 201606018 der Bundesagentur für Arbeitvom 20.06.2016, abrufbar unter https://www3.arbeitsagentur. de/web/wcm/idc/groups/public/documents/webdatei/mdaw/ mtc2/~edisp/egov-content443255.pdf ?_ba.sid=EGOV-CON- TENT443258; Werner in Offer/Mävers, BeschV, 1. Auflage 2016, § 5 S. 50 f.; Fehrenbacher, HTK-AuslR, Stand: 18.08.2017, § 5
setzt werden, sind nur dann zustimmungsfrei, wenn die wissenschaftliche Tätigkeit überwiegt, d. h. die Tätigkeit in der Krankenversorgung weniger als 50 % beträgt. Zu- stimmungsfrei sind zudem Gastwissenschaftler an einer Hochschule oder an einer öffentlich-rechtlichen oder überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanzierten oder als öffentliches Unternehmen in privater Rechtsform ge- führten Forschungseinrichtung, die nicht bereits in den Anwendungsbereich der §§ 20 und 20b des Aufenthalts- gesetzes fallen (Nr. 2). Dasselbe gilt für Ingenieure und Techniker als technische Mitarbeiter in deren For- schungsteam (Nr. 3).
Weiterhin bedarf die Erteilung eines Aufenthaltstitels an Lehrkräfte öffentlicher Schulen oder staatlich genehmig- ter privater Ersatzschulen oder anerkannter privater Ergän- zungsschulen oder an Lehrkräfte zur Sprachvermittlung an Hochschulen keiner Zustimmung. Lehrkräfte sind Lehr- personen, die eine pädagogische Hochschulausbildung ab- solviert haben sowie Fremdsprachenassistenten, die eine befristete Beschäftigung als sogenannte Lehrassistenten für fremdsprachlichen Unterricht an deutschen Schulen aus- üben.20 Ebenso kann für eine Vortragstätigkeit von beson- derem wissenschaftlichen Wert eine Aufenthaltserlaubnis ohne Zustimmung der Arbeitsverwaltung erteilt werden. Die Tätigkeit darf drei Monate innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten nicht übersteigen (§ 22 Nr. 1 BeschV).
Für Beschäftigungen, die eine qualifizierte Berufsausbil- dung voraussetzen, kann in begründeten Einzelfällen auch ohne Zuordnung zu einer in der Beschäftigungsverord- nung geregelten Kategorien eine Aufenthaltserlaubnis er- teilt werden, wenn an der Beschäftigung ein öffentliches, insbesondere ein regionales, wirtschaftliches oder arbeits- marktpolitisches Interesse besteht (§ 8 Abs. 4 S. 2 Auf- enthG). Im Übrigen ist eine Zustimmung der Bundesagen- tur für Arbeit nach § 39 AufenthG erforderlich.
3. Anwendungsbereich neben § 20 AufenthG
Es stellt sich die Frage, ob Ausländern, die als Forscher in den Anwendungsbereich der REST-Richtlinie fallen, auch eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18 AufenthG erteilt werden kann. Das Bundesministerium des Inne- ren und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sind der Ansicht, dass dies nach der neuen Rechtslage ausgeschlossen ist.21 Dies ergebe sich aus Art. 2 und 4
BeschV, zu Nr. 1 bis 5.
21 Begründung zu Artikel 2 Nr. 1a des Verordnungsentwurfs zu § 5
BeschV, BR-Drs. 359/17, S. 36; S. 20 Ziffer 2.0.2 der Anwendungs- hinweise des Bundesministeriums des Innern zu Gesetz und Verordnung zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union zur Arbeitsmigration vom 14. Juli 2017, M3- 12201/2#14; von Diest, Neue Regelungen zur regulären Migration – das Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der EU zur Arbeitsmigration im Überblick, ZAR 2017, 251 (254).
10 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2018), 3–18
sowie Erwägungsgrund 29 der REST-Richtlinie. Arti- kel 2 der REST-Richtlinie definiert den Personenkreis, auf den die Richtlinie Anwendung findet. Nach Artikel 4 Abs. 2 der REST-Richtlinie hindert die Richtlinie die Mitgliedstaaten nicht daran, in Bezug auf die Artikel 10 Abs. 2a und Artikel 18, 22, 23, 24, 25, 26, 34 und 35 güns- tigere Bestimmungen für Drittstaatsangehörige, auf die diese Richtlinie Anwendung findet, beizubehalten oder einzuführen. Nach Erwägungsgrund 29 der REST-Richt- linie „berührt diese Richtlinie nicht das Recht der Mit- gliedstaaten, Drittstaatsangehörigen, die nicht unter die- se Richtlinie fallen, andere als durch diese Richtlinie geregelte Aufenthaltstitel zu Studien- oder Forschungs- zwecken oder zur Teilnahme an einem Praktikum aus- zustellen“. Das bedeute im Umkehrschluss, dass Perso- nen, die unter die Definition des Forschers fallen, nur noch ein Aufenthaltstitel zum Zweck der Forschung erteilt werden kann.
Zwingend erscheint das nicht. Ein Vorrang des Auf- enthaltstitels des § 20 AufenthG vor § 18 AufenthG lässt sich dem nationalen Aufenthaltsgesetz nicht entnehmen. Auch die Fassung des § 21 Abs. 2a AufenthG legt nahe, dass § 20 AufenthG die Anwendung von § 18 AufenthG nicht ausschließt. § 21 Abs. 2a AufenthG sieht die Ertei- lung einer Aufenthaltserlaubnis zur Selbständigkeit an Forscher oder Wissenschaftler vor, die eine Aufenthalts- erlaubnis nach § 18 oder § 20 AufenthG besitzen. Die Formulierung belegt, dass sowohl Forscher als auch Wis- senschaftler eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18 Auf- enthG besitzen können.
Auch Erwägungsgrund 29 rechtfertigt diesen Um- kehrschluss nicht. Der Erwägungsgrund trifft lediglich eine Aussage darüber, dass den nationalen Mitgliedstaa- ten die Möglichkeit verbleibt, Ausländern, die nicht un- ter die Richtlinie fallen, nationale Aufenthaltstitel zu Forschungszwecken zu erteilen. Eine Aussage, ob Aus- länder, die gerade in den Anwendungsbereich fallen, auch andere Aufenthaltstitel erhalten können, wird gera- de nicht getroffen.22
Die Neufassung des Artikels 4 der REST-Richtlinie sowie ein Vergleich mit der Hochqualifizierten-Richtli- nie sprechen jedoch für die Auffassung der Bundesmi- nisterien. Nach Artikel 4 Abs. 3 der vorherigen Forscher- Richtlinie 2005/71/EG hinderte die Richtlinie die Mit- gliedstaaten nicht daran, günstigere Bestimmungen für die Personen, auf die sie Anwendung findet, beizubehal- ten oder einzuführen. Die REST-Richtlinie erlaubt güns- tigere Bestimmungen hingegen nur noch für bestimmte Vorschriften (z.B. Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels,
22 Im Ergebnis so auch Hailbronner, Ausländerrecht, 101. Aktuali- sierung Mai 2017, § 20 AufenthG, Rn. 10j.
Lehrtätigkeit, Arbeitssuche). Die Aussage, dass nur für bestimmte Bestimmungen der Richtlinie günstigere na- tionale Regelungen getroffen werden dürfen, bedeutet im Umkehrschluss, dass von den übrigen Bestimmun- gen nicht abgewichen werden darf. Nach Artikel 3 Abs. 4 der Hochqualifizierten-Richtlinie bleibt das Recht der Mitgliedstaaten unberührt, für jeden Beschäftigungs- zweck andere Aufenthaltstitel als eine Blaue Karte EU auszustellen. Eine vergleichbare Regelung findet sich in der REST-Richtlinie nicht.
Forscher genießen zwar viele Vorteile gegenüber Ar- beitnehmern mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18 AufenthG wie Privilegien beim Familiennachzug, Mobi- litätsrechte und die Möglichkeit, im Anschluss an den Abschluss des Forschungsvorhabens einen Aufenthalts- titel zu Zwecken der Arbeitssuche zu erhalten. Dritt- staatsangehörige mit einem Aufenthaltstitel nach § 18 AufenthG, die einen Abschluss einer Hochschule in Deutschland besitzen, können aber bereits nach einer zweijährigen Wartezeit eine Niederlassungserlaubnis er- halten (siehe XII. 1.). Diese Möglichkeit bleibt Forschern verwehrt. Hier hätte es der Gesetzgeber in der Hand, durch eine Änderung des § 18b AufenthG auch Forschern mit ei- nem deutschen Hochschulabschluss den schnelleren Zu- gang zur Niederlassungserlaubnis zu gewähren. Da die REST-Richtlinie günstigere Bestimmungen bezüglich der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels zulässt, stünde sie ei- ner solchen Gesetzesänderung nicht entgegen.
VIII. Aufenthaltserlaubnis zur selbständigen Tätig- keit (§ 21 AufenthG)
1. Allgemeines
§ 21 AufenthG regelt die Zuwanderung von Ausländern, um im Bundesgebiet eine selbstständige Arbeit auszu- üben. § 21 AufenthG ist nicht anwendbar, wenn einem Ausländer bereits von Gesetzes wegen das Ausüben einer Erwerbstätigkeit und damit auch eine selbstständi- ge Tätigkeit erlaubt ist, z.B. bei anerkannten Schutzbe- rechtigten (§§ 25 Abs. 1 S. 4, 25 Abs. 2 S. 2 AufenthG). Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis steht im Ermessen der Ausländerbehörde. Eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit kann auch erteilt werden, wenn völkerrechtliche Vergünstigungen auf der Grundlage der Gegenseitigkeit bestehen (§ 21 Abs. 2 Auf- enthG). § 21 Abs. 1 AufenthG gilt sowohl für Ausländer, die im Ausland bereits ein Unternehmen betreiben und nach Deutschland übersiedeln wollen, als auch für Exis- tenzgründer im Inland.23 Die Aufenthaltserlaubnis wird für
23 Breidenbach in BeckOK-Ausländerrecht, 14. Edition Stand 01.11.2016, § 21 AufenthG, Rn. 3.
Schultheiß· Aufenthaltsrechte von drittstaatsangehörigen Wissenschaftlern 1 1
längstens drei Jahre befristet (§ 21 Abs. 3 AufenthG). Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 21 Abs. 1 Auf- enthG kommt an selbständige Wissenschaftler in Betracht.
Eine gesetzliche Definition der selbständigen Tätigkeit existiert nicht, so dass sich der Anwendungsbereich des § 21 AufenthG aus der Abgrenzung zur nichtselbständigen Be- schäftigung ergibt. Nach §§ 2 Abs. 2 AufenthG, 7 Abs. 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbeson- dere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsge- bers. Eine selbständige Tätigkeit ist geprägt durch eine un- abhängige Stellung gegenüber den Auftraggebern, eine selbständige Organisation sowie durch Eigenverantwort- lichkeit hinsichtlich der Tätigkeit und deren Ergebnissen.24
Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 21 Abs. 1 AufenthG setzt voraus, dass ein wirtschaftliches Interesse oder ein regionales Bedürfnis besteht (Nr. 1), die Tätigkeit positive Auswirkungen auf die Wirtschaft erwarten lässt (Nr. 2) und die Finanzierung der Umsetzung durch Eigen- kapital oder durch eine Kreditzusage gesichert ist (Nr. 3). Die Beurteilung der Voraussetzungen richtet sich insbeson- dere nach der Tragfähigkeit der zu Grunde liegenden Ge- schäftsidee,denunternehmerischenErfahrungendesAus- länders, der Höhe des Kapitaleinsatzes, den Auswirkungen auf die Beschäftigungs- und Ausbildungssituation und dem Beitrag für Innovation und Forschung. Bei der Prüfung muss die Ausländerbehörde die für den Ort der geplanten Tätigkeit fachkundigen Körperschaften, die zuständigen Gewerbebehörden, die öffentlich-rechtlichen Berufsvertre- tungen und die für die Berufszulassung zuständigen Behör- den beteiligen (§ 21 Abs. 1 S. 2 und 3 AufenthG). Freiberuf- lern kann abweichend von diesen Voraussetzungen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden (§ 21 Abs. 5 AufenthG).
Ausländern, die älter als 45 Jahre sind, soll die Aufenthalts- erlaubnis nur erteilt werden, wenn sie über eine angemessene Altersversorgung verfügen (§ 21 Abs. 3 AufenthG).
2. Absolventen deutscher Hochschulen, Wissenschaftler und Forscher
Ausländer, die ihr Studium an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung im Bundesgebiet erfolgreich abgeschlossen haben oder als Forscher oder Wissen- schaftler eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18 oder § 20 AufenthG besitzen, können unter erleichterten Voraus-
- 24 Breidenbach in Kluth/Hund/Maaßen, Zuwanderungsrecht, 2. Auflage 2017, § 21 AufenthG, Rn. 318.
- 25 Fehrenbacher, HTK-AuslR, Stand: 09.12.2014, § 21 AufenthG, zu 2a.
- 26 Hailbronner, Ausländerrecht, 80. Aktualisierung Februar 2013, §21 AufenthG, Rn. 17h.
- 27 Huber, Aufenthaltsgesetz, 2. Auflage 2016, § 21 Rn. 10; Nr. 20.6.2
setzungen eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit erhalten. Die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 AufenthG müssen nicht erfüllt sein, die beabsichtigte selbständige Tätigkeit muss lediglich einen Zusammenhang mit den in der Hochschulausbildung erworbenen Kenntnissen oder der Tätigkeit als Forscher oder Wissenschaftler erkennen lassen (§ 21 Abs. 2a Auf- enthG). Die Vorschrift verfolgt das Ziel, den Übergang zur selbständigen Erwerbstätigkeit zu erleichtern, damit hier ausgebildete Hochqualifizierte in Deutschland ver- bleiben und nicht ins Ausland abwandern.25 § 21 Abs. 2a AufenthG setzt einen Wechsel des Aufenthaltstitels von § 18 AufenthG bzw. § 20 AufenthG zu § 21 AufenthG vor- aus. Dies ergibt sich aus einem Umkehrschluss aus § 21 Abs. 6 AufenthG, der die Fälle regelt, in denen einem Aus- länder, dem eine Aufenthaltserlaubnis zu einem anderen Zweck erteilt wird, unter Beibehaltung dieses Aufenthalts- zwecks die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit erlaubt werden kann.26
Es stellt sich die Frage, welche Aufenthaltserlaubnis einem selbständigen Forscher erteilt werden kann. Die Aufenthaltserlaubnis nach § 20 AufenthG berechtigt zur Aufnahme der Forschungstätigkeit bei der in der Auf- nahmevereinbarung bezeichneten Forschungseinrich- tung und zur Aufnahme von Tätigkeiten in der Lehre. Es besteht Einigkeit dahingehend, dass die Tätigkeiten in der Lehre selbständig ausgeübt werden können.27 Frag- lich ist aber, ob die Forschungstätigkeit sowohl unselb- ständig als auch selbständig ausgeübt werden kann. Teil- weise wird vorgebracht, dass die Aufnahmevereinbarung einen Arbeitsvertrag beinhalte.28
Weder der REST-Richtlinie noch § 38 f AufenthV, der Inhalt und Voraussetzungen der Aufnahmevereinba- rung oder des entsprechenden Vertrages regelt, ist zu entnehmen, dass die Forschungstätigkeit nur aufgrund eines Arbeitsverhältnisses ausgeübt werden kann.29 Viel- mehr spricht § 38 f Abs. 1 Nr. 3 AufenthG, der sich an Art. 10 Abs. 3a der REST-Richtlinie orientiert, nur von den Angaben zum wesentlichen Inhalt des Rechtsverhältnis- ses, das zwischen der Forschungseinrichtung und dem Ausländer begründet werden soll, wenn ihm eine Auf- enthaltserlaubnis nach § 20 AufenthG erteilt wird. Die Verwendung des Begriffs des Rechtsverhältnisses zeigt, dass vielmehr nicht zwingend ein abhängiges Beschäfti- gungsverhältnis vorliegen muss. Nummer 20.1.1.4 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum AufenthG re-
der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum AufenthG (Auf-
enthG-VwV).
28 Sußmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage
2016, § 21 AufenthG, Rn. 10.
29 Vgl. insofern zur alten Rechtslage auch Hofmann, Ausländerrecht,
2. Auflage 2016, § 21 AufenthG, Rn 11.
12 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2018), 3–18
gelt, dass die Aufnahmevereinbarung Angaben zum we- sentlichen Inhalt des Rechtsverhältnisses zwischen der Forschungseinrichtung und dem drittstaatsangehörigen Forscher und, insbesondere in den Fällen, in denen der Forschungstätigkeit ein Beschäftigungsverhältnis zu- grunde liegt, zum Umfang seiner Tätigkeit sowie zu Ge- halt, Urlaub, Arbeitszeit und Versicherung, enthalten muss. Die Formulierung bedeutet, dass daher auch an- dere Rechtsverhältnisse außerhalb eines Beschäftigungs- verhältnisses denkbar sind. Daher kann auch einem For- scher, der als Selbständiger Forschung betreibt, eine Auf- enthaltserlaubnis nach § 20 AufenthG erteilt werden, so- fern er dessen Voraussetzungen erfüllt. Denkbar wäre beispielsweise eine Forschungstätigkeit für mehrere For- schungseinrichtungen. Im Übrigen kann eine selbstän- dige Erwerbstätigkeit neben der Forschungstätigkeit au- ßerhalb der Lehre unter erleichterten Voraussetzungen nach § 21 Absatz 6 AufenthG erlaubt werden.
IX. Aufenthaltserlaubnis zum Studium (§ 16 Auf- enthG)
1. Allgemeines
Mit der Neufassung des § 16 AufenthG wird Art. 11 der REST-Richtlinie umgesetzt. Art. 11 der REST-Richtlinie verfolgt das Ziel, die Bedingungen für Einreise, Aufent- halt und Mobilität der Studenten innerhalb der EU zu verbessern.30
Ausländer haben seit dem 01.08.2017 einen Rechtsan- spruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Vollzeitstudiums an einer staatlichen Hoch- schule, an einer staatlich anerkannten Hochschule oder an einer vergleichbaren Ausbildungseinrichtung, wenn sie von der Ausbildungseinrichtung zugelassen worden sind (§ 16 Abs. 1 AufenthG).
2. Voraussetzungen
Der Ausländer muss von der Ausbildungseinrichtung zugelassen worden sein. Der Aufenthaltszweck des Stu- diums umfasst auch studienvorbereitende Maßnahmen und das Absolvieren eines Pflichtpraktikums. Zu den studienvorbereitenden Maßnahmen zählen der Besuch eines studienvorbereitenden Sprachkurses, wenn der Ausländer zu einem Vollzeitstudium zugelassen worden ist und die Zulassung an den Besuch eines studienvorbe- reitenden Sprachkurses gebunden ist sowie der Besuch eines Studienkollegs oder einer vergleichbaren Einrich- tung, wenn die Annahme zu einem Studienkolleg oder
- 30 Vgl. Erwägungsgründe Nr. 14 f. der REST-Richtlinie.
- 31 Christ in BeckOK-Ausländerrecht, Kluth/Heusch, 14. Edition,Stand: 01.05.2017, § 16 AufenthG, Rn. 4.
einer vergleichbaren Einrichtung nachgewiesen ist (§ 16 Abs. 1 AufenthG).
Der Begriff des Studiums umfasst alle mit der jewei- ligen Fachrichtung üblicherweise verbundenen Ausbil- dungsphasen wie Praktika, Postgraduiertenstudien und die Promotion.31
Wenn Sprachkenntnisse weder bei der Zulassungs- entscheidung geprüft worden sind noch durch die studi- envorbereitende Maßnahme erworben werden sollen, muss ein Nachweis hinreichender Kenntnisse der Aus- bildungssprache (Niveau A 2 des Gemeinsamen Europä- ischen Referenzrahmens für Sprachen) erbracht werden (§§ 16 Abs. 1, 2 Abs. 10 AufenthG). Die Aufenthaltser- laubnis berechtigt zur Ausübung studentischer Nebentä- tigkeiten sowie einer Beschäftigung, die insgesamt 120 Tage oder 240 halbe Tage im Jahr nicht überschreiten darf. Während des Aufenthalts zu studienvorbereitenden Maßnahmen im ersten Jahr des Aufenthalts dürfen diese Tätigkeiten nur in der Ferienzeit ausgeübt werden (§ 16 Abs. 3 AufenthG).
Bei der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Studi- ums gelten die gleichen Ablehnungs- und Widerrufs- gründe wie bei der Aufenthaltserlaubnis für Forscher nach § 20 AufenthG (siehe III. 3. und III. 5.). Bevor die Aufenthaltserlaubnis allerdings aus Gründen, die in der Verantwortung der Ausbildungseinrichtung liegen und die der Ausländer nicht zu vertreten hat, zurückgenom- men, widerrufen oder gemäß § 7 Abs. 2 S. 2 AufenthG nachträglich befristet wird, ist dem Ausländer die Mög- lichkeit zu gewähren, die Zulassung bei einer anderen Ausbildungseinrichtung zu beantragen (§ 16 Abs. 8 AufenthG).
3. Verhältnis zu anderen Aufenthaltstiteln
Ausländern, die im Besitz einer Blauen Karte EU oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt- EU sind, kann keine Aufenthaltserlaubnis nach § 16 AufenthG erteilt werden (§§ 16 Abs. 11, 20 Abs. 6 Nr. 6 und 8 AufenthG). Auch Ausländer, die einen Antrag auf Zuerkennung internationalen Schutzes (Flüchtlingseigenschaft oder subsidiärer Schutzstatus) gestellt haben oder denen internationaler Schutz gewährt wurde, sind vom Anwen- dungsbereich ausgeschlossen (§§ 16 Abs. 11, 20 Abs. 6 Nr. 1 AufenthG). Besitzen Ausländer allerdings aufgrund der Zuerkennung internationalen Schutzes in Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG, können sie mit dieser Aufenthaltserlaubnis ein Studium in Deutschland aufnehmen. Einem Ausländer, der in
Schultheiß· Aufenthaltsrechte von drittstaatsangehörigen Wissenschaftlern 1 3
einem Mitgliedstaat der Europäischen Union internatio- nalen Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU genießt, kann eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Studi- ums erteilt werden, wenn er in einem anderen EU-Mit- gliedstaat ein Studium begonnen hat und einen Teil die- ses Studiums in Deutschland, z.B. im Rahmen eines Aus- tauschprogrammes, durchführen möchte (§ 16 Abs. 9 AufenthG).
4. Geltungsdauer
Die Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis beträgt bei der Ersterteilung und bei der Verlängerung mindestens ein Jahr und soll zwei Jahre nicht überschreiten. Wenn der Ausländer an einem Unions- oder multilateralen Programm mit Mobilitätsmaßnahmen teilnimmt oder wenn für ihn eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehr Hochschuleinrichtungen gilt, beträgt die Gel- tungsdauer mindestens zwei Jahre. Dauert das Studium weniger als zwei Jahre, so wird die Aufenthaltserlaubnis nur für die Dauer des Studiums erteilt (§ 16 Abs. 2 Auf- enthG).
5. Verlängerung und Zweckwechsel
Die Aufenthaltserlaubnis wird verlängert, wenn der Auf- enthaltszweck noch nicht erreicht ist und in einem ange- messenen Zeitraum noch erreicht werden kann (§ 16 Abs. 2 S. 4 AufenthG).
Nach erfolgreichem Abschluss des Studiums wird die Aufenthaltserlaubnis bis zu 18 Monate zur Suche einer diesem Abschluss angemessenen Erwerbstätigkeit ver- längert, sofern diese Erwerbstätigkeit nach den Bestim- mungen der §§ 18, 19, 19a, 20 und 21 AufenthG von ei- nem Ausländer aufgenommen werden darf. Die Aufent- haltserlaubnis berechtigt während dieses Zeitraums zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit (§ 16 Abs. 5 AufenthG). Wird das Studium erfolgreich abgeschlossen, darf die Aufenthaltserlaubnis zudem zu einem anderen Aufent- haltszweck, z.B. zur Ausübung einer Beschäftigung, er- teilt oder verlängert werden (§ 16 Abs. 4 S. 1 AufenthG). Wird das Studium ohne Abschluss beendet, kann die Aufenthaltserlaubnis seit der Gesetzesänderung zum Zwecke einer Berufsausbildung in einem Mangelberuf verlängert werden (§§ 16 Abs. 4 S. 2, 39 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AufenthG). Die Bundesagentur für Arbeit hat festge- stellt, dass für bestimmte Berufe die Besetzung offener Stellen mit ausländischen Bewerbern arbeitsmarkt- und integrationspolitisch verantwortbar ist, die in der sog. Positivliste veröffentlicht sind.32 Bei einem Studie- nabbruch ist ein Zweckwechsel zudem möglich, wenn
32 https://www3.arbeitsagentur.de/web/content/DE/Buergerinnen- UndBuerger/ArbeitundBeruf/ArbeitsJobsuche/ArbeitinDeutsch-
ein gesetzlicher Anspruch auf Erteilung einer Aufent- haltserlaubnis zu einem anderen Aufenthaltszweck be- steht. Während des Studiums kann in der Regel nur dann eine Aufenthaltserlaubnis zu einem anderen Zweck erteilt werden, wenn hierauf ein gesetzlicher Anspruch (z.B. zum Ehegattennachzug) besteht (§ 16 Abs. 4 AufenthG).
6. Mobilität in andere EU-Mitgliedstaaten
Auf Grundlage dieses Aufenthaltstitels besteht die Mög- lichkeit, für einen gewissen Zeitraum einen Teil des Stu- diums in einem anderen EU-Mitgliedstaat zu absolvie- ren (sog. Mobilität, Art. 31 REST-Richtlinie). Die Moda- litäten sind in den jeweiligen Gesetzen der anderen EU-Mitgliedstaaten geregelt.
7. Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwecken außerhalb der REST-Richtlinie
Nach § 16 Abs. 6 und 7 AufenthG können für weitere Aufenthaltszwecke Aufenthaltserlaubnisse erteilt wer- den, die nicht in den Anwendungsbereich der REST- Richtlinie fallen. Auf ihre Erteilung besteht kein Rechts- anspruch, sondern die Ausländerbehörde entscheidet nach Ermessen. Es kann eine Aufenthaltserlaubnis für die bedingte Zulassung der Hochschule, für ein Teilzeit- studium, einen studienvorbereitenden Sprachkurs oder ein studienvorbereitendes Praktikum ohne Hochschul- zulassung (§ 16 Abs. 6 AufenthG) sowie eine Studienbe- werbung erteilt werden. Der Aufenthalt als Studienbe- werber darf höchstens neun Monate betragen. Die Auf- enthaltserlaubnis berechtigt in diesem Fall nicht zur Ausübung einer Beschäftigung und studentischer Nebentätigkeiten (§ 16 Abs. 7 AufenthG). Mit einem Aufenthaltstitel zur Studienbewerbung ist ein Zweck- wechsel nur im Falle eines gesetzlichen Anspruchs und nicht zu Zwecken der Berufsausbildung möglich, da § 16 Abs. 7 S. 4 AufenthG nur auf § 16 Abs. 4 S. 3 AufenthG verweist.
X. Kurzfristige Mobilität von Studenten (§ 16a AufenthG)
Besitzen Ausländer bereits einen Aufenthaltstitel eines anderen EU-Mitgliedstaates zu Zwecken des Studiums, der im Anwendungsbereich der REST-Richtlinie erteilt wurde, und möchten einen Teil ihres Studiums für die Dauer von bis zu 360 Tagen in Deutschland durchfüh- ren, benötigen sie keine nationale Aufenthaltserlaubnis. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die aufnehmende
land/Arbeitsmarktzulassung/Detail/index.htm?dfContentId=L60 19022DSTBAI779131 (27.11.2017).
14 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2018), 3–18
Forschungseinrichtung im Bundesgebiet dem BAMF unter Vorlage verschiedener Nachweise mitgeteilt hat, dass der Ausländer beabsichtigt, einen Teil seines Studiums im Bun- desgebiet durchzuführen. Es müssen u.a. der Aufenthaltsti- tel, die Zulassung der aufnehmenden Einrichtung, eine Passkopie und Nachweise zur Sicherung des Lebensunter- haltes vorgelegt werden (§ 16a Abs. 1 AufenthG). Der Ablauf des Mitteilungsverfahrens sowie die Ablehnungsgründe entsprechen denen der kurzfristigen Mobilität der Forscher (siehe V.). Unabhängig davon, ob der Ausländer seine Ein- reiseabsicht zum Zeitpunkt der Beantragung der Aufent- haltserlaubnis in einem anderen EU-Mitgliedstaat oder erst später bekannt gibt, darf er – im Gegensatz zum Forscher – erst in das Bundesgebiet einreisen, wenn die 30-Tages-Frist zur Ablehnung abgelaufen ist (§ 16a Abs. 2 S. 1 und 2 Auf- enthG). Dieser Unterschied zwischen Forschern und Stu- denten beruht auf Art. 28 Abs. 4 und 31 Abs. 4 der REST- Richtlinie. Sachliche Gründe weshalb hier differenziert wird, sind jedoch nicht ersichtlich.
Der Ausländer ist zur Ausübung einer Beschäftigung, die insgesamt ein Drittel der Aufenthaltsdauer nicht über- schreiten darf, sowie zur Ausübung studentischer Nebentä- tigkeiten berechtigt (§ 16a Abs. 2 S. 3 AufenthG).
XI. Familiennachzug (§§ 27 ff. AufenthG)
Familienangehörigen von Ausländern kann eine Aufent- haltserlaubnis zur Herstellung und Wahrung der famili- ären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet erteilt wer- den. Für den Familiennachzug gelten die allgemeinen Vorschriften der §§ 27 ff. und 5, 2 AufenthG. Hiernach wird grundsätzlich vorausgesetzt, dass der Lebensunter- halt der Familie gesichert wird und ausreichender Wohn- raum zur Verfügung steht. Insbesondere Ehegatten und minderjährige ledige Kinder von Ausländern mit einer Aufenthaltserlaubnis für Forscher (§ 20 AufenthG), mobile Forscher (§ 20b AufenthG), einer Blauen Karte EU (§ 19a AufenthG) oder einer Niederlassungserlaub- nis haben bei Erfüllung der Voraussetzungen einen sofortigen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufent- haltserlaubnis aus familiären Gründen (§§ 30 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 a, c und g, 32 Abs. 1 AufenthG). Im Übrigen ist ein Ehegattennachzug grundsätzlich nur zulässig, wenn der Drittstaatsangehörige seit zwei Jahren im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist und eine Verfestigung des Auf- enthaltsrechtes nicht ausgeschlossen ist (§ 30 Abs. 1 S. 1 Nr. 3d AufenthG). Auf den Nachweis von einfachen Sprachkenntnissen der Ehegatten wird in vielen Fällen verzichtet (§ 30 Abs. 1 S. 3 Nr. 5, 7 und 8 AufenthG).
Ehegatten und minderjährige ledige Kinder von mo- bilen Forschern mit einer Aufenthaltserlaubnis aus ei- nem anderen EU-Mitgliedstaat (§ 20a AufenthG) dürfen
sich ohne eigenen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufhal- ten, wenn nachgewiesen wird, dass sich der Ehegatte bzw. das Kind in dem anderen EU-Mitgliedstaat rechtmäßig als Angehöriger des Ausländers aufgehalten hat. Außerdem müssen entsprechende Nachweise wie der Aufenthaltstitel des Ausländers, eine Passkopie und Nachweise zur Siche- rung des Lebensunterhaltes vorgelegt werden und es dürfen keine Ablehnungsgründe nach § 20c AufenthG gegeben sein(§§30Abs.5,32Abs.5,20aAbs.1S.1Nr.1,3und4 AufenthG).
Zu mobilen Studenten (§ 16a AufenthG), die keine nati- onale Aufenthaltserlaubnis besitzen, ist kein Familiennach- zug vorgesehen.
XII. Niederlassungserlaubnis (§ 9 AufenthG)
1. Allgemeines
Grundsätzlich ist Ausländern ein unbefristeter Aufent- haltstitel in Form einer Niederlassungserlaubnis zu ertei- len, wenn sie seit fünf Jahren eine Aufenthaltserlaubnis besitzen und die übrigen Voraussetzungen (z.B. Siche- rung des Lebensunterhaltes, ausreichende Sprachkennt- nisse, bestimmte Beiträge zur gesetzlichen Rentenversi- cherung) erfüllt sind (§ 9 AufenthG). Hochschulabsol- venten, die ihren Abschluss an einer Hochschule in Deutschland erworben haben und eine ihrem Abschluss angemessene Erwerbstätigkeit ausüben und seit zwei Jahren eine Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18, 18a, 19a oder § 21 AufenthG besitzen, haben unter bestimmten erleichterten Voraussetzungen einen Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis (§ 18b Auf- enthG). Ebenso haben Inhaber einer Blauen Karte EU, die mindestens 21 Monate eine hochqualifizierte Beschäf- tigung ausgeübt haben, unter erleichterten Vorausset- zungen einen Anspruch auf Erteilung einer Niederlas- sungserlaubnis (§ 19a Abs. 6 AufenthG). Ausländer, die im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis für Selbständige sind, kann nach drei Jahren abweichend von § 9 Abs. 2 AufenthG eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn der Ausländer die geplante Tätigkeit erfolgreich verwirklicht hat und der Lebensunterhalt des Auslän- ders und seiner mit ihm in familiärer Gemeinschaft lebenden Angehörigen, denen er Unterhalt zu leisten hat, durch ausreichende Einkünfte gesichert ist, 21 Abs. 4 AufenthG.
2. Niederlassungserlaubnis für besonders Hochqualifi- zierte (§ 19 AufenthG)
a) Allgemeines
Einem hoch qualifizierten Ausländer kann in besonde- ren Fällen eine unbefristete Niederlassungserlaubnis
Schultheiß· Aufenthaltsrechte von drittstaatsangehörigen Wissenschaftlern 1 5
erteilt werden, ohne dass zuvor eine befristete Aufent- haltserlaubnis erteilt wurde. § 19 AufenthG soll beson- ders hochqualifizierten ausländischen Arbeitskräften eine verlässliche und dauerhafte Aufenthaltsperspektive in Deutschland eröffnen und den Wissenschafts- und Forschungsstandort Deutschland stärken und fördern, auch um auf eine Reduzierung des Fachkräftebedarfs in Deutschland hinzuwirken.33 Hochqualifizierte Forscher können eine Aufenthaltserlaubnis nach § 20 AufenthG erhalten. Besonders Hochqualifizierte im Sinne dieser Vorschrift zeichnen sich dagegen durch darüber hinaus- gehende Qualifikationen oder Berufserfahrung aus. Als Anreiz für diese Personen in Deutschland tätig zu wer- den, erhalten sie sofort eine Niederlassungserlaubnis.34
b) Anwendungsbereich neben 20 AufenthG
Ausländern, die als Forscher in den Anwendungsbereich der REST-Richtlinie fallen, kann keine Niederlassungs- erlaubnis nach § 19 AufenthG erteilt werden (siehe VII. 3.). Die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 19 AufenthG kommt insbesondere an Lehrstuhlinhaber oder Wissenschaftler, die nicht zu Forschungszwecken einreisen möchten, in Betracht.
c) Voraussetzungen
Für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 19 AufenthG ist erforderlich, dass die Bundesagentur für Arbeit nach § 39 AufenthG zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung nach § 42 AufenthG oder zwischen- staatliche Vereinbarung bestimmt ist, dass eine Zustim- mung nicht erforderlich ist. Zudem muss die Annahme gerechtfertigt sein, dass die Integration in die Lebensver- hältnisse der Bundesrepublik Deutschland und die Sicherung des Lebensunterhalts ohne staatliche Hilfe gewährleistet sind (§ 19 Abs. 1 AufenthG). Dies setzt eine Prognose der Behörde voraus, dass der Ausländer sich in den rechtlichen und gesellschaftlichen Verhältnissen in Deutschland zukünftig ohne Probleme zurechtfindet. Bei der Prognoseentscheidung sind vorhandene Deutschkenntnisse, Voraufenthalte im Inland, Ausbil- dung und Berufserfahrung zu berücksichtigen.35 Die Niederlassungserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 33 Breidenbach in BeckOK-Ausländerrecht, Kluth/Heusch, 14. Edition, Stand: 01.11.2016, § 19 AufenthG, Einleitung.
- 34 Sußmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage 2016, § 19 AufenthG, Rn. 3.
- 35 Breidenbach in BeckOK-Ausländerrecht, Kluth/Heusch, 14. Editi- on, Stand: 01.11.2016, § 19 AufenthG, Rn. 6.
- 36 Sußmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage 2016, § 19 AufenthG, Einleitung.
- 37 Vgl. Nr. 19.2.1 AufenthG-VwV.
- 38 Sußmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage
ein konkretes Arbeitsplatzangebot vorliegt und eine Berufsausübungserlaubnis, soweit diese vorgeschrieben ist, erteilt wurde oder ihre Erteilung zugesagt ist (§ 18 Abs. 5 AufenthG). Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 BeschV ist keine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erforderlich.
Der Ausländer muss hoch qualifiziert sein. Die Vor- schrift zielt auf Spitzenkräfte der Wirtschaft, Wissen- schaft und Forschung mit einer herausragenden berufli- chen Qualifikation.36 Als Regelbeispiele werden Wissen- schaftler mit besonderen fachlichen Kenntnissen und Lehrpersonen oder wissenschaftliche Mitarbeiter in her- ausgehobener Funktion aufgeführt (§ 19 Abs. 2 Auf- enthG). Bis zur Einführung der Blauen Karte EU waren auch Spezialisten und leitende Angestellte mit besonde- rer Berufserfahrung und einem Mindestgehalt erfasst (§ 18 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG a.F.). Besondere fachliche Kenntnisse liegen bei Wissenschaftlern vor, die über- durchschnittliche Fachkenntnisse besitzen und dem- nach über eine besondere Qualifikation oder über Kenntnisse von herausragender Bedeutung in einem speziellen Fachgebiet verfügen.37 Das besondere Niveau kann anhand der Laufbahn oder von erfolgreichen Pro- jekten, Forschungsvorhaben oder Veröffentlichungen festgestellt werden.38 Lehrpersonen befinden sich in ei- ner herausgehobenen Funktion, wenn sie z.B. als Lehr- stuhlinhaber oder Institutsdirektor eingesetzt sind. Wis- senschaftliche Mitarbeiter müssen eigenständig und ver- antwortlich wissenschaftliche Projekt- oder Arbeits- gruppen bzw. Abteilungen leiten.39 Hochqualifiziert iSv § 19 Abs. 1 S. 1 AufenthG ist über diese Regelbeispiele hi- naus, wer aufgrund seiner Aus- oder Vorbildung heraus- ragende Leistungen erbringt oder erwarten lässt.40
Die Voraussetzung „in besonderen Fällen“ erfordert, dass es sich nicht um den Normalfall des Bedarfs an ei- ner qualifizierten Arbeitskraft handeln darf, sondern bei der zu besetzenden Stelle besondere Umstände vorliegen müssen, die eine Zulassung rechtfertigen.41 Ob ein be- sonderer Fall vorliegt, unterliegt der vollen richterlichen Überprüfung.42 Das ohnehin schwer einzugrenzende Tatbestandsmerkmal des „besonderen Falls“ ist nicht zu eng auszulegen.43 Es ist gegeben, wenn am Aufenthalt des Ausländers ein besonderes wirtschaftliches oder ge-
2016, § 19 AufenthG, Rn. 9.
39 Vgl. Nr. 19.2.2 AufenthG-VwV.
40 Stiegeler in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Auflage 2016, § 19
AufenthG, Rn. 7.
41 Sußmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage
2016, § 19 AufenthG, Rn. 12.
42 Göbel-Zimmermann/Huber in Huber, Aufenthaltsgesetz, 2. Aufla-
ge 2016, § 19 AufenthG, Rn. 6.
43 VGH Baden-Württemberg, 27.06.2007, 13 S 1663/06, VBlBW
2008, 110.
16 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2018), 3–18
sellschaftliches Interesse besteht.44 Besondere Umstände können z.B. darin bestehen, dass die Stelle trotz mehrfa- cher Ausschreibung nicht anderweitig besetzt werden konnte.45
d) Ermessen
Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen vor, steht die Erteilung der Niederlassungserlaubnis im Ermessen der Ausländerbehörde. Bei der Ermessensausübung hat die- se einerseits den Ausnahmecharakter der Vorschrift und andererseits das gestiegene öffentliche Interesse an aus- ländischen Hochqualifizierten zu beachten.46
XIII. Zusammenfassung und Bewertung
Für drittstaatsangehörige Wissenschaftler bestehen ver- schiedene Einreise- und Aufenthaltsrechte in Deutsch- land. Diese richten sich nach dem Status des Wissen- schaftlers bzw. seiner angestrebten Tätigkeit. Danach ergibt sich folgendes Bild:
(Promotions-)Studenten haben einen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 1 AufenthG und genießen Mobilitätsrechte innerhalb der Europäischen Union. Nach erfolgreichem Abschluss des Studiums wird die Aufenthaltserlaubnis zur Arbeits- platzsuche verlängert und berechtigt während dieses Zeitraums zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit.
Ausländer, die ein Forschungsvorhaben durchfüh- ren, haben einen Anspruch auf die Erteilung einer Auf- enthaltserlaubnis nach § 20 Abs. 1 AufenthG. Diese Auf- enthaltserlaubnis bietet einige Vorteile gegenüber ande- ren Aufenthaltstiteln: sie berechtigt den Ausländer dazu, einen Teil seines Forschungsvorhabens ohne Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels in einem anderen Mit- gliedstaat durchzuführen. Die Aufenthaltserlaubnis wird nach Abschluss der Forschungstätigkeit zur Arbeits- platzsuche verlängert und berechtigt während dieses Zeitraums zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit. Zudem bietet sie Erleichterungen beim Familiennachzug. Auch muss die Forschungsvereinbarung nicht mehr mit einer anerkannten Einrichtung abgeschlossen werden, son- dern es ist ausreichend, wenn die Einrichtung Forschung betreibt.
Hochqualifizierte Drittstaatsangehörige können zum Zwecke der Beschäftigung eine Blaue Karte EU erhalten. Diese bietet einen schnelleren Zugang zu einer Nieder- lassungserlaubnis, Mobilitätsrechte innerhalb und au- ßerhalb der Europäischen Union und Erleichterungen
- 44 Stiegeler in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Auflage 2016, § 19 AufenthG, Rn. 6.
- 45 VGH Baden-Württemberg, 27.06.2007, 13 S 1663/06, VBlBW
beim Familiennachzug. Alternativ kann eine Aufent- haltserlaubnis nach § 18 AufenthG erteilt werden. Absol- venten deutscher Hochschulen, die seit zwei Jahren eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18 AufenthG besitzen, ha- ben ebenfalls einen schnelleren Zugang zu einer Nieder- lassungserlaubnis. Besonders hochqualifizierte Auslän- der können dagegen sofort eine Niederlassungserlaubnis nach § 19 AufenthG erhalten.
Zum Zwecke einer selbständigen Tätigkeit können Drittstaatangehörige eine Aufenthaltserlaubnis nach § 21 AufenthG erhalten. Absolventen deutscher Hochschu- len, Wissenschaftler und Forscher können unter erleich- terten Voraussetzungen eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit erhalten.
Insgesamt unterliegen die Einreise- und Aufenthalts- möglichkeiten für drittstaatsangehörige Wissenschaftler relativ geringen Beschränkungen. Die Zugangswege für Drittstaatsangehörige zum deutschen Hochschulsystem sind grundsätzlich sehr liberal. Akademiker genießen deutliche Erleichterungen und Vorteile gegenüber ande- ren Drittstaatsangehörigen, die zur Erwerbsmigration einreisen möchten.
In den letzten Jahren gab es deutliche Verbesse- rungen der rechtlichen Rahmenbedingungen für den Aufenthalt von akademischen Drittstaatsangehörigen zur Erwerbstätigkeit in Deutschland. In Umsetzung der Hochqualifizierten-Richtlinie wurde die Blaue Karte EU als neuer Aufenthaltstitel eingeführt. Eben- so bewirkte die REST-Richtlinie einige Neuerungen und Erleichterungen für Studenten und Forscher. Staatliche oder staatlich anerkannte Hochschulen so- wie überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanzierte Forschungseinrichtungen gelten kraft Gesetzes als an- erkannte Forschungseinrichtungen. Es besteht nun ein Anspruch auf die Erteilung eines Aufenthaltstitels zum Zweck des Vollzeitstudiums, wenn alle Voraus- setzungen erfüllt werden. Forscher und Studenten ha- ben einen Anspruch auf Verlängerung ihrer Aufent- haltserlaubnis zum Zwecke der Arbeitsplatzsuche und genießen weitergehende innereuropäische Mobilitätsrechte.
Die Umsetzung der REST-Richtlinie dient also dem Ziel, hochqualifizierten Drittstaatsangehörigen die Zuwanderung zur Ausübung einer Beschäftigung oder eines Studiums zu erleichtern und kann daher zu einer Steigerung der Attraktivität des Wirtschafts- standortes Deutschland für hochqualifizierte Dritt- staatsangehörige beitragen.
2008, 110.
46 Göbel-Zimmermann/Huber in Huber, Aufenthaltsgesetz, 2. Aufla-
ge 2016, § 19 Rn. 7.
Schultheiß· Aufenthaltsrechte von drittstaatsangehörigen Wissenschaftlern 1 7
Neben Erleichterungen hat die Vielzahl an Gesetzes- änderungen allerdings auch zur Unübersichtlichkeit der Regelungen geführt. Es gibt eine Vielzahl an Zulassungs- tatbeständen, die zum Teil für dieselben Personengrup- pen gelten. Es stellt sich die Frage, ob die Vorschriften für Hochqualifizierte zu einer zentralen Regelung ge- bündelt werden könnten, deren Voraussetzungen klar gefasst werden.
Dass die Liberalisierung des Aufenthaltsrechts für Forscher, Wissenschaftler und Hochqualifizierte ange- zeigt war, ergibt sich auch aus den bisherigen Zulas- sungszahlen: Zum Stichtag 31.07.2017 hielten sich nur 1.063 Drittstaatsangehörige mit einer Aufenthaltserlaub- nis nach § 20 Abs. 1 AufenthG und 2.668 Ausländer mit einer Niederlassungserlaubnis nach § 19 AufenthG in Deutschland auf. Hingegen waren 81.492 Drittstaatsan- gehörige im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach 18 Abs. 4 AufenthG, 36.970 im Besitz einer Blauen Karte EU (§ 19a Abs. 1 AufenthG) und 3.630 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis für eine selbständige Tätigkeit (§ 21 Abs. 1, 2 und 2a).47 Diese Zahlen spiegeln die jüngsten Gesetzesänderungen noch nicht wieder.
Der Hauptgrund für die geringe Anzahl an Auslän- dern mit einer Niederlassungserlaubnis nach § 19 Auf- enthG dürften deren hohe Voraussetzungen sein.48 Die weiterhin grundsätzlich geforderte Kostenübernah- meerklärung der Forschungseinrichtung mag noch im- mer ein Hindernis für die Erteilung von Aufenthaltser- laubnis nach § 20 AufenthG darstellen. Es ist zu erwar- ten, dass aufgrund der nunmehr vorgesehenen Erleich- terungen und Vorteile in § 20 AufenthG mehr Drittstaatenangehörige von diesem Titel Gebrauch ma- chen. Allerdings dürften sich viele Wissenschaftler, die neben den Voraussetzungen des § 20 AufenthG auch die Voraussetzungen der Blauen Karte EU erfüllen, auf- grund der längeren Geltungsdauer und des schnelleren Zugangs zu einer unbefristeten Niederlassungserlaubnis auch weiterhin häufig für die Blaue Karte EU entscheiden.49
Insofern ist die Reform zwar zu begrüßen, geht je- doch möglicherweise in einigen Punkten nicht weit ge- nug. Die Zugangszahlen zum Stichtag 31.10.2017 weisen nur geringe Änderungen zu den Zugangszahlen vor den Gesetzesänderungen auf: Zum Stichtag 31.10.2017 hielten sich weiterhin nur 1.399 Drittstaatsangehörige mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 20 Abs. 1 AufenthG und
- 47 Quelle: Ausländerzentralregister (27.11.2017).
- 48 Vgl. Sußmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage2016, § 19 AufenthG, Rn. 4; Breidenbach in BeckOK-Auslän- derrecht, Kluth/Heusch, 14. Edition, Stand: 01.11.2016, § 19 AufenthG, Einleitung.
- 49 Vgl. auch Jahresbericht des Beirats für Forschungsmigration 2015,
2.633 Ausländer mit einer Niederlassungserlaubnis nach § 19 AufenthG in Deutschland auf. Hingegen waren 85.769 Drittstaatsangehörige im Besitz einer Aufent- haltserlaubnis nach 18 Abs. 4 AufenthG, 39.299 im Besitz einer Blauen Karte EU (§ 19a Abs. 1 AufenthG) und 3.722 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis für eine selbständi- ge Tätigkeit (§ 21 Abs. 1, 2 und 2a).50 Um zukunftsfähig zu bleiben, ist es für die Bundesrepublik Deutschland unerlässlich, für möglichst viele Wissenschaftler, For- scher und Hochqualifizierte attraktiv zu sein. Das gilt umso mehr angesichts der rasant fortschreitenden Tech- nologisierung und Digitalisierung der gesamten Wirt- schaft. Um dieser Herausforderung zu begegnen, wird Deutschland weiterhin stark auf den Zuzug ausländi- scher Wissenschaftler, Forscher und Hochqualifizierter angewiesen sein. Darüber hinaus ist es im Hinblick auf einen attraktiven Forschungs- und Technologiestandort unerlässlich, sich intensiv am interkulturellen For- schungs- und Wissenschaftsaustausch zu beteiligen. Deshalb sollten die Hürden für den Aufenthalt bzw. die Niederlassung von Wissenschaftlern, Forschern und Hochqualifizierten möglichst gering sein und die ge- nannten Hürden bzw. Einschränkungen weiter reduziert werden.
Angesetzt werden könnte dabei bei den Möglichkei- ten, eine unbefristete Niedererlassungserlaubnis zu er- halten. Diese könnten erweitert werden, um die Attrak- tivität Deutschlands für hochqualifizierte Drittstaatsan- gehörige zu erhöhen. Auch drittstaatsangehörigen For- schern mit einem deutschen Hochschulabschluss sollte der schnellere Zugang zur Niederlassungserlaubnis ge- währt werden (entsprechend Ausländern mit einer Auf- enthaltstitel nach den §§ 18, 18a, 19a oder § 21 AufenthG). Schließlich könnten die hohen Voraussetzungen des § 19 AufenthG abgesenkt und die Vorschrift z.B. wieder auf Spe- zialisten und leitende Angestellte angewandt werden.
Das Aufenthaltsrecht für Wissenschaftler, Forscher und Hochqualifizierte ist daher zwar nach der Gesetzes- novelle insgesamt als positiv zu bewerten. Die geringen Zahlen aus der Praxis weisen jedoch darauf hin, dass die Anforderungen in vereinzelten Punkten in der Vergan- genheit zu hoch waren oder die mit den Aufenthaltsti- teln verbundenen Einschränkungen diese teilweise unat- traktiv machten. Einige der bisherigen Hindernisse be- stehen auch nach der Novelle fort. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Zahlen insgesamt entwickeln werden. Es ist
S. 10, abrufbar unter http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/ DE/Downloads/Infothek/Forschung/BeiratForschungsmigration/ jb8-beirat-forschungsmigration.pdf ?__blob=publicationFile (27.11.2017).
50 Quelle: Ausländerzentralregister (27.11.2017).
18 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2018), 3–18
jedoch denkbar, dass weitere Anpassungen erforderlich werden. Auch hinsichtlich der Übersichtlichkeit der ge- setzlichen Regelungen besteht noch Optimierungspo- tential, insbesondere da sich immer wieder deutliche Überschneidungen zwischen den einzelnen Aufenthalts- titeln offenbaren.
Nike Schultheiß ist Referentin im Ausländerrecht am Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration Baden-Württemberg. Der Beitrag gibt ausschließlich ihre persönliche Auffassung wider.