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Über­sicht
I. Ein­lei­tung
II. Bereit­stel­lungs­ver­bo­te auf­grund von Finanz­sank­tio­nen
III. Die Ein­stel­lung als „tech­ni­sche Unter­stüt­zung“ i.S.v. § 2 Abs. 16 AWG

  1. Der Trans­fer tech­ni­schen Wissens
  2. Die inlän­di­sche For­schungs­ein­rich­tung als Erbrin­ger der tech­ni­schen Unterstützung
  3. Der aus­län­di­sche Emp­fän­ger des tech­ni­schen Wis­sens (Aus­lands­be­zug)
    a) Defi­ni­ti­on des Aus­län­ders
    b) Pri­vi­le­gie­rung von in Mit­glied­staa­ten der EU bzw. den EU001-Län­dern ansäs­si­gen Personen
  4. Der Ver­wen­dungs­zu­sam­men­hang
    a) ABC-Waf­fen­/­Trä­ger­sys­te­me und mili­tä­ri­sche End­ver­wen­dung (§ 51 Abs. 1 und 2 AWV)
    b) Errich­tung oder Betrieb kern­tech­ni­scher Anla­gen (§ 52 Abs. 1 AWV)
    c) Posi­ti­ve Kennt­nis und Unter­rich­tungs­me­cha­nis­mus (§§ 51 Abs. 3, 52 Abs. 2 AWV)
  5. Aus­nah­men nach der Art des tech­ni­schen Wis­sens (§§ 51 Abs. 4, 52 Abs. 3 AWV)
    a) All­ge­mein zugäng­li­che Infor­ma­tio­nen
    b) Grund­la­gen­for­schung
    c) Nicht gelis­te­te Technologie
  6. Aus­nah­men in bestimm­ten Kon­stel­la­tio­nen (§ 53 AWV)
  7. Embar­gos
    IV. „Dee­med reex­ports“ im US-Recht
    V. Die Imple­men­tie­rung im Com­pli­ance-Sys­tem
    I.Einleitung
    Die Gewin­nung qua­li­fi­zier­ten Per­so­nals ist essen­ti­ell für den wis­sen­schaft­li­chen und wirt­schaft­li­chen Erfolg von For­schungs­ein­rich­tun­gen und Uni­ver­si­tä­ten in Deutsch­land. Die Anwer­bung von wis­sen­schaft­li­chem Per­so­nal erfolgt dabei häu­fig auch im Ausland.1
    Sol­len aus­län­di­sche Wis­sen­schaft­ler bzw. wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­ter eine Anstellung2 in Uni­ver­si­tä­ten oder For­schungs­ein­rich­tun­gen in Deutsch­land erhal­ten, sind unbe­scha­det der von Arti­kel 5 Satz 3 des Grund­ge­set­zes garan­tier­ten Wissenschaftsfreiheit3 außen­wirt­schafts­recht­li­che Beschrän­kun­gen in Form von Geneh­mi­gungs­pflich­ten oder Ver­bo­ten (vgl. § 4 Abs. 3 des Außen­wirt­schafts­ge­set­zes) zu beachten4.
    Besteht hin­sicht­lich der Ein­stel­lung einer Per­son ein außen­wirt­schafts­recht­li­ches Ver­bot, so darf die Ein­stel­lung nicht erfol­gen. Bei Bestehen einer außen­wirt­schafts­recht­li­chen Geneh­mi­gungs­pflicht muss die erfor­der­li­che Geneh­mi­gung vor der Ein­stel­lung des Bewer­bers durch die Geneh­mi­gungs­be­hör­de, das Bun­des­amt für Wirt­schaft und Aus­fuhr­kon­trol­le (BAFA), erteilt wor­den sein5.
    Die zu prü­fen­den Vor­aus­set­zun­gen der Geneh­mi­gungs­pflicht bzw. des Ver­bots einer Ein­stel­lung wer­den nach­fol­gend im Ein­zel­nen näher betrachtet.6
    Chris­ti­an Kachel Außen­wirt­schafts­recht­li­che Com­pli­ance bei der Ein­stel­lung aus­län­di­scher Wis­sen­schaft­ler
    1 Gemäß den Anga­ben der Bun­des­re­gie­rung waren im Jahr 2013 mehr als 38.000 wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter aus dem Aus­land an deut­schen Hoch­schu­len beschäf­tigt, vgl. https://www.make-it-in-germany.com/de/jobs/forschen/arbeiten-als-forscher/ [zuletzt abge­ru­fen: 20.6.2020].
    2 Beim Abschluss rei­ner Zugangs­ver­trä­ge an einem Insti­tut muss Ent­spre­chen­des gel­ten, soweit ein Trans­fer tech­ni­schen Wis­sens nicht von vorn­her­ein aus­ge­schlos­sen wer­den kann. Die Sank­ti­ons­lis­ten­prü­fung (sie­he unter II.) muss – unab­hän­gig von einem Tech­no­lo­gie­trans­fer – in jedem Fall erfol­gen.
    3 Vgl. Bun­des­amt für Wirt­schaft und Aus­fuhr­kon­trol­le (BAFA), Hand­buch Export­kon­trol­le und Aca­de­mia, Stand: Febru­ar 2019, Sei­ten 15 und 23.
    4 Gemäß § 1 Satz 1 des Außen­wirt­schafts­ge­set­zes (AWG) ist der Außen­wirt­schafts­ver­kehr grund­sätz­lich frei. Er unter­liegt jedoch den Ein­schrän­kun­gen, die das AWG ent­hält oder die durch Rechts­ver­ord­nung auf Grund des AWG vor­ge­schrie­ben wer­den, § 1 Satz 2 AWG.
    5 Vor­sätz­li­che Ver­stö­ße gegen ein ent­spre­chen­des Geneh­mi­gungs­er­for­der­nis kön­nen gem. § 18 Abs. 2 Nr. 6 bzw. Nr. 7 AWG straf­bar sein. Die Straf­an­dro­hung lau­tet im Höchst­maß auf Frei­heits­stra­fe bis zu fünf Jah­ren. Fahr­läs­si­ge Ver­stö­ße gegen die Geneh­mi­gungs­pflicht kön­nen als Ord­nungs­wid­rig­keit geahn­det wer­den (§ 19 Abs. 1 i.V.m. § 18 Abs. 2 Nr. 6 bzw. Nr. 7 AWG). Die Geld­bu­ße kann bis zu 500.000 Euro betra­gen, § 19 Abs. 6 AWG.
    6 Zu den für die Ein­rei­se und den recht­mä­ßi­gen Auf­ent­halt in Deutsch­land erfor­der­li­chen (§ 4 Auf­enthG) und für Wis­sen­schaft­ler in Betracht kom­men­den Auf­ent­halts­ti­teln sie­he Schult­heiß, Auf­ent­halts­rech­te von dritt­staats­an­ge­hö­ri­gen Wis­sen­schaft­lern, Ord­nung der Wis­sen­schaft (OdW) 2018, S. 3 ff.
    Ord­nung der Wis­sen­schaft 2020, ISSN 2197–9197
    2 3 4 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 4 ( 2 0 2 0 ) , 2 3 3 — 2 4 4
    7 So vor allem, soweit es sich nicht um die rei­nen sog. „Anti-
    Ter­ror-Ver­ord­nun­gen“ (z.B. Ver­ord­nung (EG) Nr. 881/2002 des
    Rates vom 27. Mai 2002 betref­fend Al-Qai­da und die Tali­ban
    bzw. in der aktu­el­len Fas­sung ISIL), son­dern um Län­der­em­bar­gos
    han­delt, die auch per­so­nen­be­zo­ge­ne Beschrän­kun­gen beinhal­ten,
    z.B. Art. 14 i.V.m. Anhang II der Ver­ord­nung (EU) Nr. 36/2012
    des Rates vom 18. Janu­ar 2012 über restrik­ti­ve Maß­nah­men ange­sichts
    der Lage in Syri­en in der aktu­el­len Fas­sung gemäß Durch­füh­rungs­ver­ord­nung
    (EU) 2020/716 des Rates vom 28.5.2020.
    8 Vogt/Arend in: Hocke/Sachs/Pelz, Außen­wirt­schafts­recht, 1. Aufl.
    2017, IV., Rn. 79.
    9 Vgl. BAFA, Merk­blatt Län­der­un­ab­hän­gi­ge Embar­go­maß­nah­men
    zur Ter­ro­ris­mus­be­kämp­fung, Stand: 28.08.2009, S. 4ff.
    10 Vgl. Vogt/Arend, a.a.O., IV., Rn. 107.
    11 Vogt/Arend, a.a.O., IV., Rn. 116.
    12 Vgl. Vogt/Arend, a.a.O., IV., Rn. 87.
    13 Vgl. Vogt/Arend, a.a.O., IV., Rn. 89.
    14 Vgl. Vogt/Arend, a.a.O., IV., Rn. 90.
    15 Die zu prü­fen­den Lis­ten erge­ben sich in aller Regel – neben ggf.
    zu prü­fen­den US-Lis­ten – aus Anhän­gen zu den Sank­ti­ons­ver­ord­nun­gen,
    z.B. Anhang I der Ver­ord­nung (EG) Nr. 881/2002
    des Rates vom 27. Mai 2002 über die Anwen­dung bestimm­ter
    spe­zi­fi­scher restrik­ti­ver Maß­nah­men gegen bestimm­te Per­so­nen
    und Orga­ni­sa­tio­nen, die mit den ISIL (Da‘esh)- und Al-Qai­da-
    Orga­ni­sa­tio­nen in Ver­bin­dung ste­hen, in der aktu­el­len Fas­sung
    der Durch­füh­rungs­ver­ord­nung (EU) 2020/706 der Kom­mis­si­on
    vom 26. Mai 2020.
    16 Gemäß § 19 Abs. 1 i.V.m. § 18 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) AWG kann bei
    der fahr­läs­si­gen Ein­stel­lung einer sank­tio­nier­ten Per­son (unter
    Ver­stoß gegen das Bereit­stel­lungs­ver­bot) eine Ord­nungs­wid­rig­keit
    vor­lie­gen, bei vor­sätz­li­cher Bege­hung eine Straf­tat gemäß
    § 18 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) AWG (Höchst­maß 5 Jah­re).
    II. Bereit­stel­lungs­ver­bo­te auf­grund von Finanz­sank­tio­nen
    Zunächst kann sich das Ver­bot der Ein­stel­lung eines
    Wis­sen­schaft­lers unab­hän­gig vom Inhalt der beab­sich­tig­ten
    Tätig­keit und unab­hän­gig von einem Aus­lands­be­zug
    des Ein­stel­lungs­sach­ver­halts dar­aus erge­ben, dass
    der Wis­sen­schaft­ler sog. Finanz­sank­tio­nen (häu­fig auch
    „per­so­nen­be­zo­ge­ne Embargos“7 oder „Ter­ror­lis­ten“
    genannt) unter­liegt.
    Finanz­sank­tio­nen haben das Ziel, bestimm­te Per­so­nen,
    Orga­ni­sa­tio­nen oder Ein­rich­tun­gen von (bestimm­ten)
    ver­mö­gens­wer­ten Vor­tei­len abzu­schnei­den, um so
    ein gewünsch­tes außen­po­li­ti­sches Ziel zu erreichen8, z.B.
    die Terrorismusbekämpfung9. Die im Zusam­men­hang
    mit Ein­stel­lun­gen vor allem rele­van­ten „klas­si­schen“ Finanz­sank­tio­nen
    sind das sog. Ein­frier- und
    Bereit­stel­lungs­ver­bot.
    Das Ein­frier­ge­bot besagt, dass sämt­li­che Gel­der und
    wirt­schaft­li­che Res­sour­cen, die im Besitz oder im Eigen­tum
    der in der jewei­li­gen Sank­ti­ons­ver­ord­nung gelis­te­ten
    natür­li­chen oder juris­ti­schen Per­son, Orga­ni­sa­ti­on
    oder Ein­rich­tung ste­hen oder von die­ser gehal­ten oder
    kon­trol­liert wer­den, ein­ge­fro­ren wer­den, was grund­sätz­lich
    die Ent­zie­hung jeder Zugriffs- und Verwendungsmöglichkeit10
    über die­se Gel­der und wirt­schaft­li­che Res­sour­cen
    bedeu­tet. Die­se gesetz­li­che Anord­nung ist vor
    allem für den Ban­ken­sek­tor von Bedeu­tung, in der Regel
    jedoch bei Per­so­nal­ein­stel­lun­gen nicht unmit­tel­bar rele­vant,
    da der poten­ti­el­le Arbeit­ge­ber grund­sätz­lich noch
    nicht über vom Bewer­ber gehal­te­ne Res­sour­cen oder
    Gel­der ver­fügt.
    Nach dem Bereit­stel­lungs­ver­bot ist es unter­sagt, Gel­der
    oder wirt­schaft­li­che Res­sour­cen unmit­tel­bar oder
    mit­tel­bar den oder zuguns­ten von sank­tio­nier­ten Per­so­nen
    zur Ver­fü­gung zu stellen.11
    Der Begriff „Gel­der“ bezieht sich auf finan­zi­el­le Ver­mö­gens­wer­te
    und wirt­schaft­li­che Vor­tei­le jeder Art12
    wäh­rend unter dem Begriff der „wirt­schaft­li­chen Res­sour­cen“
    Ver­mö­gens­wer­te jeder Art ver­stan­den wer­den,
    die nicht schon Gel­der sind, aber für den Erwerb von
    Gel­dern, Waren oder Dienst­leis­tun­gen ver­wen­det wer­den
    können13.
    Im Rah­men eines Arbeits­ver­hält­nis­ses soll die Arbeits­leis­tung
    regel­mä­ßig gegen eine Ver­gü­tung erfol­gen
    (vgl. § 611a Abs. 2 BGB), so dass schon des­halb vor Abschluss
    des Arbeits­ver­trags eine Prü­fung etwa­iger Bereit­stel­lungs­ver­bo­te
    unab­ding­bar ist. Jedoch besteht
    auch unab­hän­gig von der Ver­ein­ba­rung einer Ver­gü­tung
    das Risi­ko der Bereit­stel­lung wirt­schaft­li­cher Res­sour­cen,
    bei­spiels­wei­se geis­ti­ger Eigen­tums­po­si­tio­nen (z.B.
    Paten­te oder Geschäfts­ge­heim­nis­se) oder Tech­no­lo­gien,
    14 so dass auch bei Feh­len einer ent­spre­chen­den Ver­gü­tungs­ver­ein­ba­rung
    (z.B. bei unbe­zahl­ten Prak­ti­ka) die
    Prü­fung erfor­der­lich ist, ob hin­sicht­lich der ein­zu­stel­len­den
    Per­son ein Bereit­stel­lungs­ver­bot besteht.
    In der Pra­xis erfolgt die Prü­fung, ob eine Per­son Finanz­sank­tio­nen
    unter­liegt, grund­sätz­lich IT-gestützt
    über Soft­ware­pro­gram­me, die nach Ein­ga­be des Namens
    der Per­son auto­ma­ti­siert sämt­li­che rele­van­te Listen15 dar­auf­hin
    über­prü­fen, ob die ein­zu­stel­len­de Per­son in die­sen
    Lis­ten nament­lich genannt ist. Even­tu­el­le Tref­fer
    wer­den anschlie­ßend (z.B. anhand des Geburts­da­tums
    oder Geburts­or­tes) dar­auf­hin über­prüft, ob es sich bei
    der in der Lis­te ent­hal­te­nen Per­son tat­säch­lich um den
    ein­zu­stel­len­den Wis­sen­schaft­ler oder um eine blo­ße Namens­ähn­lich­keit
    han­delt. Das Ergeb­nis der Prü­fung ist
    zu doku­men­tie­ren. Ist der ein­zu­stel­len­de Wis­sen­schaft­ler
    mit der in einer Sank­ti­ons­lis­te der EU genann­ten Per­son
    iden­tisch, darf die Ein­stel­lung nicht erfolgen.16
    Kachel · Außen­wirt­schafts­recht­li­che Com­pli­ance 2 3 5
    17 Als Aus­druck des völ­ker­recht­li­chen Prin­zips der Per­so­nal­ho­heit
    ist der Anwen­dungs­be­reich der §§ 49 ff. AWV auf deut­sche
    Staats­an­ge­hö­ri­ge und juris­ti­sche Per­so­nen und Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten
    mit Sitz oder Ort der Lei­tung in Deutsch­land beschränkt,
    vgl. Pietsch in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, AWR-Kommentar,
  8. Lie­fe­rung 12/2019, § 49 AWV Kapi­tel 5, Rn. 8. Die tech­ni­sche
    Unter­stüt­zung in Dritt­län­dern (vgl. §§ 49, 50, 52a, 52b AWV) ist
    nicht Inhalt die­ses Bei­trags, wäre jedoch z.B. bei Ein­stel­lun­gen
    durch Toch­ter­ge­sell­schaf­ten deut­scher Unter­neh­men im Aus­land
    zu prü­fen.
    18 Rei­ne Repa­ra­tur­vor­gän­ge oder Mon­ta­gen stel­len kei­ne tech­ni­sche
    Unter­stüt­zung dar, soweit es sich nicht um eine Lehr­tä­tig­keit oder
    um die Erleich­te­rung der Hand­ha­bung eines Guts (Teil­un­ter­wei­sung)
    han­delt, vgl. Mro­zek in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch,
    a.a.O., § 2 AWG, Rn. 27; vgl. Gram­lich in Hohmann/John, Kom­men­tar
    zum Aus­fuhr­recht, 2002, Teil 4 § 45 AWV, Rn. 12; a.A.:
    Pelz in: Hocke/Sachs/Pelz, a.a.O., II. AWV, Vor 49ff., Rn. 4.
    19 Unter dem Ter­mi­nus „Tech­no­lo­gie“ ver­steht man spe­zi­fi­sches
    tech­ni­sches Wis­sen, das für die Ent­wick­lung, Her­stel­lung oder
    Ver­wen­dung eines Pro­dukts nötig ist, vgl. Begriffs­be­stim­mun­gen
    der Anla­ge 1 Anla­ge AL zur Außen­wirt­schafts­ver­ord­nung
    (Aus­fuhr­lis­te) bzw. die Begriffs­be­stim­mun­gen der Dele­gier­ten
    Ver­ord­nung (EU) 2019/2199 der Kom­mis­si­on vom 17. Okto­ber
    2019.
    20 Pelz in: Hocke/Sachs/Pelz, a.a.O., II. Vor 49ff. AWV, Rn. 6.; im
    US-Recht wird in der­ar­ti­gen Kon­stel­la­ti­on häu­fig ein Tech­no­lo­gie­trans­fer
    i.S. eines „dee­med (re-)exports“ vor­lie­gen, sie­he
    hier­zu unten Kap. IV. und vgl. Pfeil/Mertgen, Com­pli­ance im
    Außen­wirt­schafts­recht, 2016, Kap. D. Rn. 124.
    21 Die Rege­lun­gen der §§ 46 bis 48 AWV (Han­dels- und Ver­mitt­lungs­ge­schäf­te)
    dürf­ten im Zusam­men­hang mit der Ein­stel­lung
    von Per­so­nal in For­schungs­ein­rich­tun­gen und Uni­ver­si­tä­ten
    kaum rele­vant wer­den.
    22 Vgl. Mro­zek in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, a.a.O., § 2 AWG,
    Rn. 27.
    23 So wohl auch Pelz in: Hocke/Sachs/Pelz, a.a.O., II. § 51 AWV, Rn.
    6.
    24 Vgl. die Defi­ni­ti­on von „Tech­no­lo­gie“ (ins­bes. Satz 2) in den
    Begriffs­be­stim­mun­gen der Anla­ge 1 Anla­ge AL zur Außen­wirt­schafts­ver­ord­nung
    (Aus­fuhr­lis­te) bzw. in den Begriffs­be­stim­mun­gen
    in der Dele­gier­ten Ver­ord­nung (EU) 2019/2199 der
    Kom­mis­si­on vom 17. Okto­ber 2019.
    25 A.A. Ehr­lich, Tech­no­lo­gie­trans­fer als Aus­fuhr und tech­ni­sche
    Unter­stüt­zung – Inhalt und Gren­zen, in: Ehlers/Wolffgang, Recht
    der Export­kon­trol­le. Bestands­auf­nah­me und Per­spek­ti­ven, S. 491,
    (494).
    III. Die Ein­stel­lung als „tech­ni­sche
    Unter­stüt­zung“ i.S.v. § 2 Abs. 16 AWG
    Die außen­wirt­schafts­recht­li­che Prü­fung im Zusam­men­hang
    mit der Ein­stel­lung aus­län­di­scher Wis­sen­schaft­ler
    im Inland17 erfor­dert regel­mä­ßig eine detail­lier­te Ana­ly­se,
    wel­che Auf­ga­ben im Rah­men der Beschäf­ti­gung
    durch den Wis­sen­schaft­ler aus­ge­führt und wel­che (tech­ni­schen)
    Kennt­nis­se oder Fähig­kei­ten dem Wis­sen­schaft­ler
    dabei ver­mit­telt wer­den sol­len. Impli­ziert die
    vor­ge­se­he­ne Tätig­keit einen Trans­fer tech­ni­schen Wissens18
    zuguns­ten eines aus­län­di­schen Wis­sen­schaft­lers,
    liegt in der Regel eine sog. „tech­ni­sche Unter­stüt­zung“
    vor, die nach den §§ 51, 52 AWV geneh­mi­gungs­pflich­tig
    sein kann.
    Tech­ni­sche Unter­stüt­zung ist nach der Legal­de­fi­ni­ti­on
    in § 2 Abs. 16 Satz 1 AWG jede tech­ni­sche Hil­fe in Ver­bin­dung
    mit der Repa­ra­tur, der Ent­wick­lung, der Her­stel­lung,
    der Mon­ta­ge, der Erpro­bung, der War­tung oder
    jeder ande­ren tech­ni­schen Dienst­leis­tung. Sie kann in
    Form von Unter­wei­sung, Aus­bil­dung, Wei­ter­ga­be von
    prak­ti­schen Kennt­nis­sen oder Fähig­kei­ten oder in Form
    von Bera­tungs­leis­tun­gen erfol­gen
    (§ 2 Abs. 16 Satz 2 AWG).
    Von der Aus­fuhr (§ 2 Abs. 3 AWG) von Tech­no­lo­gie
    unter­schei­det sich die tech­ni­sche Unter­stüt­zung grund­sätz­lich
    dadurch, dass im Fall der Aus­fuhr die Tech­no­lo­gie
    „ver­kör­pert“ ist (z.B. in Form von tech­ni­schen Unter­la­gen,
    einer E‑Mail oder einer elek­tro­ni­schen Bereit­stel­lung),
    wäh­rend eine tech­ni­sche Unter­stüt­zung bei der
    „unver­kör­per­ten“ Wei­ter­ga­be von Tech­no­lo­gie (z.B.
    münd­lich) vor­liegt. Soweit jedoch die Tech­no­lo­gie das
    Gebiet der Bun­des­re­pu­blik nicht ver­lässt, son­dern an einen
    aus­län­di­schen Wis­sen­schaft­ler im Inland wei­ter­ge­ge­ben
    wird, besteht eine Aus­nah­me von die­sem Grund­satz:
    Die Über­ga­be von ver­kör­per­ter Technologie19 an
    Aus­län­der im Inland stellt kei­ne Aus­fuhr, son­dern tech­ni­sche
    Unter­stüt­zung dar.20
    Die Vor­aus­set­zun­gen der Geneh­mi­gungs­pflicht der
    tech­ni­schen Unter­stüt­zung im Rah­men einer Per­so­nal­ein­stel­lung
    im Inland sind in § 51 AWV und (nur rele­vant
    bei Tätig­kei­ten im Nukle­ar­be­reich) § 52 AWV
    normiert.21
  9. Der Trans­fer tech­ni­schen Wis­sens
    Im Rah­men der Ein­stel­lung von wis­sen­schaft­li­chem Per­so­nal
    ist also zunächst zu prü­fen, ob der ein­zu­stel­len­den
    Per­son im Rah­men der Tätig­keit tech­ni­sche Kennt­nis­se
    oder Fähig­kei­ten wei­ter­ge­ge­ben werden.22 Dies dürf­te
    z.B. bei einer Mit­ar­beit als Wis­sen­schaft­ler an einem
    natur­wis­sen­schaft­lich-tech­nisch aus­ge­rich­te­ten Insti­tut
    regel­mä­ßig der Fall sein. Dabei muss jedoch nach Sinn
    und Zweck der Vor­schrift das in der tech­ni­schen Unter­stüt­zung
    ent­hal­te­ne tech­ni­sche Wis­sen ein Min­dest­maß
    an Detail­grad erreichen.23 Da es sich bei der tech­ni­schen
    Unter­stüt­zung um einen Fall des Tech­no­lo­gie­trans­fers
    handelt24, ist es grund­sätz­lich erfor­der­lich, dass das ver­mit­tel­te
    tech­ni­sche Wis­sen für die Ent­wick­lung, Her­stel­lung
    oder Ver­wen­dung eines Pro­dukts min­des­tens
    „nötig“ ist.25
    2 3 6 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 4 ( 2 0 2 0 ) , 2 3 3 — 2 4 4
    26 In Betracht kom­men ins­be­son­de­re die Aus­fuhr­lis­te und Anhang
    I der Dual Use-VO in der jeweils aktu­ell gül­ti­gen Fas­sung, die
    Güter­lis­ten aus den Embar­go-Ver­ord­nun­gen (soweit ein Bewer­ber
    in einem Staat, der einem Embar­go unter­liegt, ansäs­sig ist)
    und (ohne Aus­wir­kung auf die Geneh­mi­gungs­pflicht nach der
    AWV) die US-Güter­lis­ten, soweit ein US-Bezug (z.B. wenn das
    ein­stel­len­de Unter­neh­men eine US-Per­son ist oder die wei­ter­zu­ge­ben­de
    Tech­no­lo­gie einen US-Ursprung bzw. Bestand­tei­le mit
    US-Ursprung besitzt) besteht.
    27 Im Rah­men von § 52 AWV ist somit aus­nahms­wei­se nicht nur
    die Ansäs­sig­keit, son­dern alter­na­tiv die deut­sche Staats­an­ge­hö­rig­keit
    rele­vant.
    28 Vgl. Pelz in: Hocke/Sachs/Pelz, a.a.O., II. § 51 AWV, Rn. 15 und
    § 52 AWV Rn. 9; vgl. Gram­lich in Hohmann/John, a.a.O., Teil 4
    § 45 AWV, Rn. 13.
    29 Im Rah­men von § 52 AWV (rele­vant bei einem Bezug zu kern­tech­ni­schen
    Anla­gen) kommt es auf die Aus­län­der­ei­gen­schaft
    des Emp­fän­gers dage­gen nicht an, son­dern statt­des­sen auf den
    Ort der beab­sich­tig­ten Ver­wen­dung des tech­ni­schen Wis­sens
    (§ 52 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Num­mer 2 AWV).
    30 Vgl. hier­zu oben, Kap. III. 2.
    Erfolgt die tech­ni­sche Unter­stüt­zung (wie im Regel­fall)
    münd­lich, ist eine Lis­tung des tech­ni­schen Wis­sens
    in Teil I Abschnitt A Num­mer 0022 der Aus­fuhr­lis­te
    oder in Num­mern der Gat­tung E des Anhang I der Dual
    Use-VO Vor­aus­set­zung einer Geneh­mi­gungs­pflicht
    (§ 51 Abs. 4 Nr. 2 AWV und – mit Beschrän­kung auf
    Tech­no­lo­gie der Kate­go­rie 0 – § 52 Abs. 3 Nr. 2 AWV).
    Aus die­sem Grund soll­te in Uni­ver­si­tä­ten und For­schungs­ein­rich­tun­gen
    stan­dard­mä­ßig auch eine Güter­lis­ten­prü­fung,
    ins­be­son­de­re hin­sicht­lich Gat­tung E der
    relevanten26 Güter­lis­ten, im außen­wirt­schafts­recht­li­chen
    Ein­stel­lungs­pro­zess imple­men­tiert sein.
    Soweit eine Ein­stel­lung im Bereich der (nicht-tech­ni­schen)
    Ver­wal­tung erfolgt, wird in aller Regel schon kein
    wei­ter­zu­ge­ben­des tech­ni­sches Wis­sen vor­lie­gen, so dass
    hier grund­sätz­lich kei­ne detail­lier­te wei­te­re Prü­fung erfor­der­lich
    ist.
  10. Die inlän­di­sche For­schungs­ein­rich­tung als Erbrin­ger
    der tech­ni­schen Unter­stüt­zung
    Die Geneh­mi­gungs­pflicht der Ein­stel­lung eines Wis­sen­schaft­lers
    im Inland setzt vor­aus, dass die tech­ni­sche
    Unter­stüt­zung „durch einen Inlän­der“
    (§ 51 Abs. 1 Satz 1 AWV) bzw. „durch einen Deut­schen
    oder einen Inlän­der“ (§ 52 Abs. 1 Satz 1 AWV)27 erfolgt.
    Meist wird es sich bei der den Wis­sen­schaft­ler ein­stel­len­den
    inlän­di­schen Uni­ver­si­tät oder For­schungs­ein­rich­tung
    um eine juris­ti­sche Per­son oder Per­so­nen­ge­sell­schaft
    mit Sitz oder Ort der Lei­tung im Inland han­deln.
    In die­sem Fall ist die inlän­di­sche Uni­ver­si­tät bzw.
    For­schungs­ein­rich­tung als „Inlän­der“ i.S.d. Außen­wirt­schafts­ge­set­zes
    zu qua­li­fi­zie­ren (§ 2 Abs. 15 Nr. 2 AWG).
    Bei Ein­stel­lun­gen durch eine Zweig­nie­der­las­sung einer
    aus­län­di­schen juris­ti­schen Per­son oder Per­so­nen­ge­sell­schaft
    kommt es dar­auf an, ob die Zweig­nie­der­las­sung
    ihre Lei­tung im Inland hat und für sie eine geson­der­te
    Buch­füh­rung exis­tiert (§ 2 Abs. 15 Nr. 3 AWG),
    wäh­rend bei einer Per­so­nal­ein­stel­lung in der Betriebs­stät­te
    einer aus­län­di­schen juris­ti­schen Per­son oder Per­so­nen­ge­sell­schaft
    im Inland ent­schei­dend ist, ob die Betriebs­stät­te
    ihre Ver­wal­tung im Inland hat
    (§ 2 Abs. 15 Nr. 4 AWG).
    Der Erbrin­ger der tech­ni­schen Unter­stüt­zung ist anhand
    der zivil­recht­li­chen Ver­ein­ba­run­gen fest­zu­stel­len.
    Soll die tech­ni­sche Unter­stüt­zung auf­grund des Arbeits­ver­tra­ges
    mit einer For­schungs­ein­rich­tung bzw. Uni­ver­si­tät
    erfol­gen, die nach den soeben dar­ge­stell­ten Grund­sät­zen
    als „Inlän­der“ anzu­se­hen ist, so ist die Geneh­mi­gungs­be­dürf­tig­keit
    für die jewei­li­ge Ein­rich­tung unab­hän­gig
    davon zu beur­tei­len, ob der das tech­ni­sche
    Wis­sen tat­säch­lich wei­ter­ge­ben­de Mit­ar­bei­ter sei­ner­seits
    Inlän­der bzw. Deut­scher ist.28
  11. Der aus­län­di­sche Emp­fän­ger des tech­ni­schen Wis­sens
    (Aus­lands­be­zug)
    Im Rah­men des § 51 Abs. 1 AWV kommt ein Geneh­mi­gungs­er­for­der­nis
    nur in Betracht, wenn die tech­ni­sche
    Unter­stüt­zung durch den Inlän­der „gegen­über Aus­län­dern
    erbracht wird, die nicht in einem Land ansäs­sig
    sind, das in Anhang IIa Teil 2 der Ver­ord­nung (EG) Nr.
    428/2009 genannt ist oder Mit­glied der Euro­päi­schen
    Uni­on ist“ (§ 51 Abs. 1 Nr. 2 AWV)29. § 51 Abs. 2 AWV
    erfor­dert die Ansäs­sig­keit „in einem Land im Sin­ne des
    Arti­kels 4 Absatz 2 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 428/2009“
    (d.h. in einem Waf­fen­em­bar­go­land).
    Erst hier­durch erhält der Inlands­sach­ver­halt (Einstellung/
    Tätig­keit im Inland) einen Aus­lands­be­zug und damit
    einen Bezug zum Außen­wirt­schafts­ver­kehr, der den
    Anwen­dungs­be­reich der Beschrän­kun­gen nach
    § 1 Abs. 1 Satz 2 AWG eröff­net. Für die tech­ni­sche Unter­stüt­zung
    gegen­über einem Inlän­der i.S.v. § 2 Abs. 15 AWG
    kann eine Geneh­mi­gungs­pflicht nach § 51 AWV nicht
    bestehen.
    a) Defi­ni­ti­on des Aus­län­ders
    Nach der Legal­de­fi­ni­ti­on in § 2 Abs. 5 AWG sind als Aus­län­der
    alle Per­so­nen und Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten anzu­se­hen,
    die kei­ne Inlän­der sind. Inlän­der sind, soweit es
    sich nicht um juris­ti­sche Per­so­nen oder Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten
    handelt,30, defi­niert als „natür­li­che Per­so­nen
    Kachel · Außen­wirt­schafts­recht­li­che Com­pli­ance 2 3 7
    31 Vgl. schon zur alten Rechts­la­ge Gram­lich in: Hohmann/John,
    a.a.O., Teil 4 § 45 AWV, Rn. 16; vgl. Pietsch in: Wolffgang/Rogmann/
    Pietsch, a.a.O., § 49 AWV Kapi­tel 5, Rn. 14, ent­schei­dend
    soll danach die „wirt­schaft­lich-räum­li­che Bezie­hung zum inlän­di­schen
    Hoheits­ge­biet“ sein.
    32 Vgl. Sachs in: Hocke/Sachs/Pelz, a.a.O., I. § 2 AWG, Rn. 62; vgl.
    Mro­zek in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, a.a.O., § 2 AWG, Rn.
    26a.; vgl. Just in Hohmann/John, a.a.O., Teil 3 § 4 AWG, Rn. 9.
    33 Vgl. Mro­zek in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, a.a.O., § 2 AWG,
    Rn. 26a mit Hin­weis auf die Mög­lich­keit der Berück­sich­ti­gung
    wei­te­re Umstän­de und Ver­weis auf den Rund­erlass Außen­wirt­schaft
    Nr. 7/83 des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Wirt­schaft und Tech­no­lo­gie,
    noch hin­sicht­lich des Wohn­sit­zes im „Wirt­schafts­ge­biet“,
    das heu­te als „Inland“ zu ver­ste­hen ist, vgl. Pietsch in: Wolffgang/
    Rogmann/Pietsch, a.a.O., § 49 AWV Kapi­tel 5, Rn. 14.
    34 Mro­zek in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, a.a.O., § 2 AWG,
    Rn. 26a.
    35 Just in Hohmann/John, a.a.O., Teil 3 § 4 AWG, Rn. 11; Mro­zek in:
    Wolffgang/Rogmann/Pietsch, a.a.O., § 2 AWG, Rn. 26a.
    36 Just in Hohmann/John, a.a.O., Teil 3 § 4 AWG, Rn. 12; Mro­zek in:
    Wolffgang/Rogmann/Pietsch, a.a.O., § 2 AWG, Rn. 26b.
    37 Dies gilt nicht für die Sank­ti­ons­lis­ten­prü­fung und nicht auto­ma­tisch
    für das US-(Re-)Exportkontrollrecht.
    38 Vgl. BAFA, HADDEX – Hand­buch der deut­schen Export­kon­trol­le,
    Stand: März 2020, Teil 8, 2. Kapi­tel, 2.4., Rn. 669; zur (hier
    nicht ent­schei­den­den) Legal­de­fi­ni­ti­on des „Uni­ons­an­säs­si­gen“
    sie­he § 2 Abs. 18 AWG.
    mit Wohn­sitz oder gewöhn­li­chem Auf­ent­halt im Inland“
    (§ 2 Abs. 15 Nr. 1 AWG).
    Bei der Fest­stel­lung, ob es sich beim ein­zu­stel­len­den
    Wis­sen­schaft­ler um einen Aus­län­der im genann­ten Sin­ne
    han­delt, kommt es also nicht auf die Staatsangehörigkeit31,
    son­dern auf den Ort der „Ansäs­sig­keit“, d.h. den
    Wohn­sitz oder gewöhn­li­chen Auf­ent­halt, an. Ver­fügt
    eine Per­son über meh­re­re Wohn­sit­ze, so rich­tet sich die
    Inlän­der­ei­gen­schaft danach, an wel­chem Ort sich der
    haupt­säch­li­che Schwer­punkt der Lebens­füh­rung befin­det,
    zu des­sen Bestim­mung nach all­ge­mei­ner Auf­fas­sung
    auf Vor­schrif­ten der §§ 8, 9 AO zurück­ge­grif­fen wer­den
    kann.32
    Nach § 8 AO hat eine Per­son einen Wohn­sitz dort,
    wo sie eine Woh­nung unter Umstän­den inne­hat, die dar­auf
    schlie­ßen las­sen, dass sie die Woh­nung bei­be­hal­ten
    und benut­zen wird. Dabei muss die Woh­nung mit einer
    gewis­sen Regel­mä­ßig­keit und Gewohn­heit benutzt wer­den,
    die natür­li­che Per­son sich im Inland auf­hal­ten und
    im Mel­de­re­gis­ter regis­triert sein und ent­we­der ein Gewer­be
    im Wirt­schafts­ge­biet betrei­ben oder mit einem
    inlän­di­schen Arbeit­ge­ber einen unbe­fris­te­ten oder län­ger
    als ein Jahr lau­fen­den Arbeits­ver­trag abge­schlos­sen
    haben.33
    Den gewöhn­li­chen Auf­ent­halt hat jemand dort, wo er
    sich unter Umstän­den auf­hält, die erken­nen las­sen, dass
    er an die­sem Ort oder in die­sem Gebiet nicht nur vor­über­ge­hend
    ver­weilt (§ 9 Satz 1 AO). Als gewöhn­li­cher
    Auf­ent­halt im Gel­tungs­be­reich die­ses Geset­zes ist stets
    und von Beginn an ein zeit­lich zusam­men­hän­gen­der
    Auf­ent­halt von mehr als sechs Mona­ten Dau­er anzu­se­hen;
    kurz­fris­ti­ge Unter­bre­chun­gen blei­ben unbe­rück­sich­tigt
    (§ 9 Satz 2 AO). Ein Auf­ent­halt aus­schließ­lich zu
    Besuchs‑, Erholungs‑, Kur- oder ähn­li­chen pri­va­ten
    Zwe­cken von höchs­tens einem Jahr Dau­er führt nicht
    per se zu einem gewöhn­li­chen Auf­ent­halt (vgl.
    § 9 Satz 3 AO).
    Bei Erfül­lung der Vor­aus­set­zun­gen des gemein­sa­men
    Tat­be­stands, der sich aus § 9 Satz 2 und 3 AO ergibt, liegt
    eine unwi­der­leg­ba­re Ver­mu­tung für einen gewöhn­li­chen
    Auf­ent­halt (im Inland) vor.34 Im Übri­gen sind deut­li­che
    Hin­wei­se für einen gewöhn­li­chen Auf­ent­halt – wie bei
    der Bestim­mung des Wohn­sit­zes – das Betrei­ben eines
    Gewer­bes, ein län­ger­fris­ti­ger Arbeits­ver­trag mit einem
    Inlän­der und ins­be­son­de­re eine unbe­schränk­te
    Einkommensteuerpflicht.35
    Fal­len Wohn­sitz und gewöhn­li­cher Auf­ent­halt aus­ein­an­der,
    ist regel­mä­ßig der Wohn­sitz ent­schei­dend, da
    die­ser nach außen weni­ger flüch­tig erscheint und die Zuge­hö­rig­keit
    zu einem Gebiet deut­li­cher dokumentiert.36
    Die Bewer­bung einer Per­son aus dem Inland her­aus
    (ersicht­lich z.B. aus der Absen­der­adres­se in den Bewer­bungs­un­ter­la­gen)
    kann des­halb – unab­hän­gig von der
    Staats­an­ge­hö­rig­keit der Per­son – ein ers­tes Indiz für die
    Ansäs­sig­keit im Inland, mit­hin die Inlän­der­ei­gen­schaft
    der Per­son dar­stel­len, die ggf. eine außen­wirt­schafts­recht­li­che
    Prü­fung weitestgehend37 ent­behr­lich macht.
    Umge­kehrt kann die Dritt­lands­staats­an­ge­hö­rig­keit des
    Bewer­bers auf eine mög­li­che Ansäs­sig­keit in die­sem
    Dritt­land hin­wei­sen, wenn die Bewer­bung tat­säch­lich
    auch von die­sem Land aus erfolgt.
    Zu berück­sich­tig­ten ist bei der Fest­stel­lung der Ansäs­sig­keit
    jedoch die Ein­schrän­kung in § 51 Abs. 5 AWV,
    wonach als Aus­län­der im Sin­ne von § 51 Abs. 1 und
    2 AWV auch sol­che natür­li­chen Per­so­nen anzu­se­hen
    sind, deren Wohn­sitz oder gewöhn­li­cher Auf­ent­halt im
    Inland auf höchs­tens fünf Jah­re befris­tet ist. Das blo­ße
    Vor­lie­gen eines Wohn­sit­zes oder gewöhn­li­chen Auf­ent­halts
    im Inland ist in die­sen Fäl­len nicht aus­rei­chend zur
    Begrün­dung der Inlän­der­ei­gen­schaft.
    Der Begriff des „Inlands“ deckt in die­sem Zusam­men­hang
    aus­schließ­lich das deut­sche Hoheits­ge­biet –
    und nicht auch die übri­gen EU-Mit­glied­staa­ten oder die
    sog. „EU001-Län­der“ – ab38, so dass in Mit­glied­staa­ten
    2 3 8 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 4 ( 2 0 2 0 ) , 2 3 3 — 2 4 4
    39 Ent­spre­chend der Legal­de­fi­ni­ti­on des „Aus­län­ders“ in § 2 Abs. 5
    AWG.
    40 So wohl auch Pelz in: Hocke/Sachs/Pelz, a.a.O., II. § 51 AWV,
    Rn. 10 und 12; sie­he auch unten unter b).
    41 Vgl. Pfeil/Mertgen, a.a.O., Kap. D. Rn. 130.
    42 Vgl. BAFA, Hand­buch Export­kon­trol­le und Aca­de­mia, Sei­te 34.
    43 Sie­he Anhang IIa Teil 2 der Dual Use-VO in der Fas­sung der
    Dele­gier­ten Ver­ord­nung (EU) 2019/2199 der Kom­mis­si­on vom
  12. Okto­ber 2019. Der­zeit erfasst sind Aus­tra­li­en, Japan, Kana­da,
    Neu­see­land, Nor­we­gen, die Schweiz ein­schließ­lich Liech­ten­stein
    und die Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka. Mit Ablauf
    des 31.12.2020 wird in die­se Län­der­grup­pe vor­aus­sicht­lich das
    Ver­ei­nig­te König­reich auf­ge­nom­men.
    44 Vgl. hier­zu Pietsch in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, a.a.O., § 49
    AWV Kapi­tel 5, Rn. 25.
    45 Ggf. sind jedoch die Anfor­de­run­gen des Kriegs­waf­fen­kon­troll­ge­set­zes
    und (bei bestehen­dem US-Bezug) das US-(Re-)Exportkontrollrecht
    zu beach­ten.
    46 Die Rege­lun­gen des Kriegs­waf­fen­rechts, ins­be­son­de­re die Vor­schrif­ten
    der §§ 17, 18, 18a KrWaff­Kon­trG mit ihren sog. För­der­tat­be­stän­den,
    sind im Rüs­tungs­be­reich zusätz­lich und vor­ran­gig
    zu beach­ten, vgl. Pietsch in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, a.a.O.,
    § 49 AWV Kapi­tel 5, Rn. 9.
    der EU bzw. in den EU001-Län­dern ansäs­si­ge Per­so­nen
    danach als „Aus­län­der“ i.S.v. § 51 Abs. 5 AWV zu qua­li­fi­zie­ren
    sein können39. Sie sind jedoch regel­mä­ßig auf­grund
    der übri­gen Tat­be­stands­merk­ma­le des § 51 Abs. 1
    Nr. 2 AWV („…nicht in einem Land ansäs­sig sind, das in
    Anhang IIa Teil 2 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 428/2009 genannt
    ist oder Mit­glied der Euro­päi­schen Uni­on ist“)
    von der Geneh­mi­gungs­pflicht der tech­ni­schen Unter­stüt­zung
    ausgenommen.40 Die Fra­ge der Ansäs­sig­keit in
    einem Mit­glied­staat der EU bzw. in einem EU001-Land
    ist nicht nach dem Maß­stab des § 51 Abs. 5 AWV, son­dern
    nach den oben dar­ge­stell­ten all­ge­mei­nen Grund­sät­zen
    zur Bestim­mung der Ansäs­sig­keit vor­zu­neh­men,
    d.h. ein gewöhn­li­cher Auf­ent­halt von min­des­tens 5 Jah­ren
    im Inland ist inso­weit nicht zwin­gend erfor­der­lich.
    Ent­spre­chen­des gilt für die Fest­stel­lung der Ansäs­sig­keit
    in einem Waf­fen­em­bar­go­land nach § 51 Abs. 2 AWV.
    Für die Prü­fung im Unter­neh­men bedeu­tet dies, dass
    der Lebens­lauf der ein­zu­stel­len­den Per­son im Rah­men
    einer Ein­zel­fall­prü­fung dar­auf­hin über­prüft wer­den
    muss, ob ein Lebens­mit­tel­punkt in Deutsch­land bereits
    vor­liegt oder noch nicht. Jeden­falls dann, wenn der gewöhn­li­che
    Auf­ent­halt oder Wohn­sitz in Deutsch­land
    unun­ter­bro­chen seit mehr als 5 Jah­ren besteht, kann von
    dem Vor­lie­gen der Inlän­der­ei­gen­schaft aus­ge­gan­gen
    werden.41
    Erfolgt eine Bewer­bung aus dem Aus­land, ist in aller
    Regel davon aus­zu­ge­hen, dass noch kein gewöhn­li­cher
    Auf­ent­halt oder Wohn­sitz des Bewer­bers im Inland vor­liegt.
    Die­se Ver­mu­tung kann aller­dings anhand eines lücken­lo­sen
    Lebens­laufs ent­kräf­tet wer­den (z.B. bei nur
    sehr kur­zem, zwi­schen­zeit­li­chen Auf­ent­halt im Aus­land
    wäh­rend einer bereits seit eini­gen Jah­ren bestehen­den
    Beschäf­ti­gung in Deutsch­land).
    Ein erteil­tes Visum ent­bin­det nicht von den außen­wirt­schafts­recht­li­chen
    Genehmigungspflichten.42
    b) Pri­vi­le­gie­rung von in Mit­glied­staa­ten der EU bzw.
    den EU001-Län­dern ansäs­si­gen Per­so­nen
    Außen­wirt­schafts­recht­lich pri­vi­le­giert wer­den im Rah­men
    der tech­ni­schen Unter­stüt­zung Aus­län­der, die in
    einem Mit­glieds­staat der Euro­päi­schen Uni­on oder in
    einem der EU001-Län­der43 ansäs­sig sind. Die­se wer­den
    eben­so wie Inlän­der nicht der Geneh­mi­gungs­pflicht
    nach § 51 AWV unter­wor­fen (§ 51 Abs. 1 Nr. 2 AWV).
    Nach Sinn und Zweck der Rege­lung muss es dabei
    aus­rei­chen, wenn sich die­se „Ansäs­sig­keit“ eines Bewer­bers
    erst aus der Addi­ti­on der unmit­tel­bar auf­ein­an­der
    fol­gen­den Auf­ent­hal­te in meh­re­ren ver­schie­de­nen EUMit­glied­staa­ten
    ergibt (z.B. gewöhn­li­cher Auf­ent­halt 4
    Mona­te in Ita­li­en, anschlie­ßend 4 Mona­te in Spa­ni­en
    und sodann 5 Mona­te in Deutsch­land), da bei die­sen
    Län­dern von einem ver­gleich­ba­ren Kon­troll­stan­dard sowohl
    bezüg­lich der außen­wirt­schafts­recht­li­chen Rege­lun­gen
    wie auch der Bewer­tung von Sach­ver­hal­ten aus­zu­ge­hen
    ist, sog. like-min­ded countries44.
    Bei der Ein­stel­lung einer in einem Mit­glied­staat der
    EU bzw. einem EU001-Land ansäs­si­gen Per­son im Inland
    bleibt sodann von den Rege­lun­gen der §§ 49 ff.
    AWV neben der Norm des § 51 AWV nur die Vor­schrift
    des § 52 AWV zu prü­fen, die jedoch nur bei einem Bezug
    zu Kern­tech­no­lo­gie rele­vant wer­den kann und eine Ver­wen­dung
    der Tech­no­lo­gie in einem in § 9 Abs. 1 Satz 1
    Nr. 2 AWV aus­drück­lich genann­ten Land erfor­dert.
    Im Übri­gen ist über die Sank­ti­ons­lis­ten­prü­fung hin­aus
    (sie­he oben) kei­ne wei­te­re Prüfung45 erforderlich.
  13. Der Ver­wen­dungs­zu­sam­men­hang
    Wei­te­re Vor­aus­set­zung einer Geneh­mi­gungs­pflicht der
    Per­so­nal­ein­stel­lung als tech­ni­sche Unter­stüt­zung im
    Inland ist das Vor­lie­gen eines bestimm­ten kri­ti­schen
    Verwendungszusammenhangs46 der tech­ni­schen Unter­stüt­zung.
    a) ABC-Waf­fen­/­Trä­ger­sys­te­me und mili­tä­ri­sche End­ver­wen­dung
    (§ 51 Abs. 1 und 2 AWV)
    Ein (bei Vor­lie­gen der übri­gen Vor­aus­set­zun­gen) die
    Geneh­mi­gungs­pflicht aus­lö­sen­der Ver­wen­dungs­zu­sam­men­hang
    ist im Rah­men des § 51 AWV zunächst der
    Zusam­men­hang der tech­ni­schen Unter­stüt­zung mit der
    Ent­wick­lung, der Her­stel­lung, der Hand­ha­bung, dem
    Betrieb, der War­tung, der Lage­rung, der Ortung, der
    Kachel · Außen­wirt­schafts­recht­li­che Com­pli­ance 2 3 9
    47 Vgl. Pfeil/Mertgen, a.a.O., Kap. D. Rn. 131 f., anders als dort
    ange­ge­ben, kommt es jedoch gera­de nicht auf die Staats­an­ge­hö­rig­keit
    des Bewer­bers, son­dern auf sei­ne Ansäs­sig­keit an, also
    den Wohn­sitz oder gewöhn­li­chen Auf­ent­halt, vgl. die Def. von
    „Aus­län­der“ in § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 15 Nr. 1 AWG.
    48 Vgl. Pfeil/Mertgen, a.a.O., Kap. D. Rn. 134.
    Iden­ti­fi­zie­rung oder der Ver­brei­tung von che­mi­schen
    oder bio­lo­gi­schen Waf­fen, von Kern­waf­fen oder sons­ti­gen
    Kern­spreng­kör­pern bzw. ein Zusam­men­hang mit
    der Ent­wick­lung, der Her­stel­lung, der War­tung oder der
    Lage­rung von Flug­kör­pern, die für die Aus­brin­gung der­ar­ti­ger
    Waf­fen geeig­net sind (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 1 lit. a
    und b AWV).
    Die­se Fall­grup­pe der Ver­wen­dung des tech­ni­schen
    Wis­sens für ABC-Waf­fen oder Kern­spreng­kö­per bzw.
    ent­spre­chen­de Trä­ger­tech­no­lo­gie ist bei allen in einem
    Dritt­land i.S.v. § 2 Abs. 8 AWG ansäs­si­gen Per­so­nen zu
    prü­fen. Hier wird man zunächst gene­rell die Geeig­ne­t­heit
    der Tech­no­lo­gie für eine ent­spre­chen­de Ver­wen­dung
    zu ana­ly­sie­ren haben und sodann die fall­spe­zi­fi­schen
    Umstän­de wür­di­gen, die für eine der­ar­ti­ge Ver­wen­dung
    durch den ein­zu­stel­len­den Wis­sen­schaft­ler
    spre­chen.
    Eben­so kann ein Zusam­men­hang mit einer mili­tä­ri­schen
    End­ver­wen­dung i.S.d. Art. 4 Abs. 2 Dual Use-VO
    in einem Waf­fen­em­bar­go­land zu einer Geneh­mi­gungs­pflicht
    füh­ren, § 51 Abs. 2 AWV. Eine mili­tä­ri­sche End­ver­wen­dung
    ist gege­ben, wenn Güter zum Ein­bau in mili­tä­ri­sche
    Güter bestimmt sind oder der Ver­wen­dung
    von Herstellungs‑, Test- oder Ana­ly­se­aus­rüs­tung sowie
    Bestand­tei­len hier­für für die Ent­wick­lung, Her­stel­lung
    oder War­tung von Rüs­tungs­gü­tern oder der Ver­wen­dung
    von unfer­ti­gen Erzeug­nis­sen in einer Anla­ge für
    die Her­stel­lung von Rüs­tungs­gü­tern die­nen
    (Art. 4 Abs. 2 Dual Use-VO).
    Ein sol­cher Fall liegt im Rah­men von Ein­stel­lun­gen
    bei­spiels­wei­se vor, wenn bekannt ist, dass die ein­zu­stel­len­de
    Per­son nach Been­di­gung ihrer Tätig­keit an ein
    staat­li­ches Rüs­tungs­un­ter­neh­men oder eine mili­tä­risch
    aus­ge­rich­te­te Uni­ver­si­tät in einem Waf­fen­em­bar­go­land
    zurück­kehrt, um dort sei­ne in Deutsch­land erlang­ten
    Kennt­nis­se ein­zu­set­zen.
    Uni­ver­si­tä­ten und For­schungs­ein­rich­tun­gen, die die
    For­schung und Ent­wick­lung von Maschi­nen betrei­ben,
    die für die Her­stel­lung von Rüs­tungs­gü­tern ein­ge­setzt
    wer­den, dür­fen somit einen Bewer­ber, der in einem
    Land ansäs­sig sind, gegen das ein Waf­fen­em­bar­go ver­hängt
    wur­de, in einem ent­spre­chen­den Bereich ohne
    Geneh­mi­gung des BAFA nur beschäf­ti­gen, wenn sein
    Auf­ent­halt ent­we­der unbe­fris­tet oder auf einen Zeit­raum
    von mehr als fünf Jah­ren befris­tet ist.47 Andern­falls
    ist ein Antrag auf Geneh­mi­gung der tech­ni­schen
    Unter­stüt­zung erfor­der­lich.
    Die Ein­stel­lung von wis­sen­schaft­lich-tech­ni­schem
    Per­so­nal aus einem Waf­fen­em­bar­go­land an einer For­schungs­ein­rich­tung,
    die jeden­falls auch einen Rüs­tungs­be­zug
    auf­weist, wird somit grund­sätz­lich einer Geneh­mi­gungs­pflicht
    des BAFA unter­lie­gen. Soll trotz Rüs­tungs­be­zugs
    des Insti­tuts aus­nahms­wei­se hin­sicht­lich
    der im Rah­men der Tätig­keit erlang­ten Kennt­nis­se und
    Fähig­kei­ten eine mili­tä­ri­sche End­ver­wen­dung ver­neint
    wer­den (weil etwa das der ein­zu­stel­len­den Per­son wei­ter­zu­ge­be­ne
    tech­ni­sche Wis­sen nur einen Teil­be­reich
    der Tätig­kei­ten der For­schungs­ein­rich­tung abdeckt, der
    selbst kei­nen Rüs­tungs­be­zug auf­weist, und sich ein sol­cher
    erst auf­grund wei­te­rer Pro­jekt­ab­schnit­te ergibt, an
    denen die Per­son nicht mit­wirkt und die ihr nicht bekannt
    sind) ist dies sehr sorg­fäl­tig zu begrün­den und
    ent­spre­chend im Com­pli­ance-Sys­tem zu
    doku­men­tie­ren.
    In Zwei­fels­fäl­len soll­te ein Antrag auf Geneh­mi­gung
    beim BAFA gestellt wer­den. Bis zur Ertei­lung der Geneh­mi­gung
    durch das BAFA oder der Ent­schei­dung des
    BAFA, dass kei­ne Geneh­mi­gung erfor­der­lich ist, darf
    eine Ein­stel­lung nicht erfol­gen (§ 51 Abs. 3 Satz 3 AWV,
    § 52 Abs. 2 Satz 3 AWV).
    b) Errich­tung oder Betrieb kern­tech­ni­scher Anla­gen
    (§ 52 Abs. 1 AWV)
    Soweit ein Zusam­men­hang der tech­ni­schen Unter­stüt­zung
    mit der Errich­tung oder dem Betrieb von Anla­gen
    für kern­tech­ni­sche Zwe­cke im Sin­ne der Kate­go­rie 0 des
    Anhangs I der Ver­ord­nung (EG) Nr. 428/2009 in einem
    der in § 9 Absatz 1 Satz 1 Num­mer 2 der AWV genann­ten
    Län­der (der­zeit: Alge­ri­en, Irak, Iran, Isra­el, Jor­da­ni­en,
    Liby­en, Demo­kra­ti­sche Volks­re­pu­blik Korea, Paki­stan
    und Syri­en) besteht, kann die­se Ver­wen­dung gemäß § 52
    AWV eben­falls eine Geneh­mi­gungs­pflicht aus­lö­sen.
    Ent­schei­dend ist im Rah­men die­ser Vor­schrift nicht, ob
    die ein­zu­stel­len­de Per­son in einem die­ser Län­der ansäs­sig
    ist, son­dern ob die betrof­fe­ne Anla­ge sich in einem
    die­ser Län­der befin­det oder errich­tet wer­den soll.48
    c) Posi­ti­ve Kennt­nis und Unter­rich­tungs­me­cha­nis­mus
    (§§ 51 Abs. 3, 52 Abs. 2 AWV)
    Ent­spre­chen­de Ver­wen­dungs­zu­sam­men­hän­ge kön­nen
    grund­sätz­lich zu einer außen­wirt­schafts­recht­li­chen
    Beschrän­kung füh­ren, wenn das ein­stel­len­de Unter­neh­men,
    d.h. der inlän­di­sche Arbeit­ge­ber, vom
    2 4 0 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 4 ( 2 0 2 0 ) , 2 3 3 — 2 4 4
    49 Vgl. § 51 Abs. 1 Satz 1 AWV (zur Ver­wen­dung im Zusam­men­hang
    mit ABC-Waf­fen­/­Trä­ger­sys­te­men), § 51 Abs. 2 AWV (zur
    mili­tä­ri­schen Ver­wen­dung in einem Waf­fen­em­bar­go­land) und
    § 52 Abs. 1 AWV (zur Ver­wen­dung im Zusam­men­hang mit der
    Errich­tung oder dem Betrieb kern­tech­ni­scher Anla­gen).
    50 Das Wis­sen ein­zel­ner Mit­ar­bei­ter wird der For­schungs­ein­rich­tung
    bzw. Uni­ver­si­tät ana­log § 166 BGB zuge­rech­net, vgl. Pelz in:
    Hocke/Sachs/Pelz, a.a.O., II. § 49 AWV, Rn. 26; lesens­wert all­ge­mein
    zur Zurech­nung Lieb­scher, Zurech­nung als Rechts­pro­blem,
    ZIP 39/2019, S. 1837 ff.
    51 Mor­wei­ser, Sub­jek­ti­ve Ele­men­te im Außen­wirt­schafts­recht, in:
    Ehlers/Wolffgang, Recht der Export­kon­trol­le. Bestands­auf­nah­me
    und Per­spek­ti­ven, S. 231, (235).
    52 Pietsch in: Wolffgang/Rogmann/Pietsch, a.a.O., § 49 AWV Kapi­tel
    5, Rn. 21.
    53 Vgl. BAFA, HADDEX – Hand­buch der deut­schen Export­kon­trol­le,
    Teil 8, 2. Kapi­tel, 2.2, Rn. 656.
    54 Die Defi­ni­ti­on von „all­ge­mein zugäng­lich“ ent­hal­ten die Begriffs­be­stim­mun­gen
    der Dele­gier­ten Ver­ord­nung (EU) 2019/2199 der
    Kom­mis­si­on vom 17. Okto­ber 2019 zur Ände­rung der Ver­ord­nung
    (EG) Nr. 428/2009 des Rates bzw. die Begriffs­be­stim­mun­gen
    in Teil I der Anla­ge 1 Anla­ge AL zur Außen­wirt­schafts­ver­ord­nung.
    55 Vgl. BAFA, HADDEX – Hand­buch der deut­schen Export­kon­trol­le,
    Teil 8, 2. Kapi­tel, 2.2, Rn. 659; vgl. Zirkel/Kachel Tech­no­lo­gie­kon­trol­le
    und ACADEMIA, AW-Prax Juli 2019, S. 282, (285f.).
    56 Die Defi­ni­ti­on von „Wis­sen­schaft­li­che Grund­la­gen­for­schung“
    ent­hal­ten die Begriffs­be­stim­mun­gen der Dele­gier­ten Ver­ord­nung
    (EU) 2019/2199 der Kom­mis­si­on vom 17. Okto­ber 2019 zur
    Ände­rung der Ver­ord­nung (EG) Nr. 428/2009 des Rates bzw.
    die Begriffs­be­stim­mun­gen in Teil I der Anla­ge 1 Anla­ge AL zur
    Außen­wirt­schafts­ver­ord­nung.
    Bun­des­amt für Wirt­schaft und Aus­fuhr­kon­trol­le (BAFA)
    über den Ver­wen­dungs­zu­sam­men­hang unter­rich­tet
    wor­den ist.49
    Ist eine Unter­rich­tung indes­sen nicht erfolgt, kommt
    es dar­auf an, ob dem Arbeit­ge­ber, d.h. der Uni­ver­si­tät
    oder For­schungs­ein­rich­tung, bekannt ist50, dass die gegen­über
    dem Wis­sen­schaft­ler im Inland zu erbrin­gen­de
    tech­ni­sche Unter­stüt­zung für eine der oben genann­ten
    Ver­wen­dun­gen bestimmt ist. Ist dies der Fall, hat der Arbeit­ge­ber
    das BAFA zu unter­rich­ten, das über das Bestehen
    einer Geneh­mi­gungs­pflicht ent­schei­det (vgl.
    § 51 Abs. 3 Sät­ze 1 und 2 und § 52 Abs. 2 Sät­ze 1 und 2
    AWV). Vor­aus­set­zung die­ser Unter­rich­tungs­pflicht ist
    posi­ti­ve Kennt­nis des Arbeit­ge­bers vom kri­ti­schen Ver­wen­dungs­zweck,
    fahr­läs­si­ge Unkennt­nis genügt nicht.51
    Eine Nach­for­schungs­pflicht besteht nicht52, aller­dings
    dür­fen offen­sicht­li­che Anhalts­punk­te für einen kri­ti­schen
    Ver­wen­dungs­zu­sam­men­hang nicht bewusst igno­riert
    werden.53
    Ein Unter­neh­men ist also aus außen­wirt­schafts­recht­li­cher
    Sicht nicht zu Hin­ter­grund­re­cher­chen hin­sicht­lich
    eines Bewer­bers ver­pflich­tet, solan­ge sich nicht (z.B. aus
    dem Lebens­lauf) ernst­haf­te Indi­zi­en dafür erge­ben, dass
    das im Rah­men der Tätig­keit zu erwer­ben­de Wis­sen
    spä­ter für eine kri­ti­sche End­ver­wen­dung ein­ge­setzt wer­den
    soll.
  14. Aus­nah­men nach der Art des tech­ni­schen Wis­sens
    (§§ 51 Abs. 4, 52 Abs. 3 AWV)
    Die Beschrän­kun­gen der tech­ni­schen Unter­stüt­zung
    nach §§ 51 und 52 AWV gel­ten nicht für die Wei­ter­ga­be
    von Infor­ma­tio­nen, die im Sin­ne der All­ge­mei­nen Tech­no­lo­gie-
    Anmer­kung (ATA) bzw. im Sin­ne der Nukle­ar­tech­no­lo­gie-
    Anmer­kung (NTA) zu Teil I der Aus­fuhr­lis­te
    oder zu Anhang I der Ver­ord­nung (EG) Nr. 428/2009
    „all­ge­mein zugäng­lich“ oder Teil der „Grund­la­gen­for­schung“
    sind (§ 51 Abs. 4 Nr. 1 AWV, § 52 Abs. 3 Nr. 1 AWV).
    a) All­ge­mein zugäng­li­che Infor­ma­tio­nen
    „All­ge­mein zugäng­lich“ in die­sem Sin­ne ist eine Tech­no­lo­gie
    dann, wenn sie ohne Beschrän­kung ihrer wei­te­ren
    Ver­brei­tung erhält­lich ist (Copy­right-Beschrän­kun­gen
    heben die all­ge­mei­ne Zugäng­lich­keit nicht auf)54. Für
    die Inan­spruch­nah­me die­ser Aus­nah­me müs­sen die
    Infor­ma­tio­nen im Zeit­punkt der rele­van­ten Hand­lung,
    d.h. der Wei­ter­ga­be an den ein­zu­stel­len­den Wis­sen­schaft­ler,
    all­ge­mein zugäng­lich sein (die Mög­lich­keit des
    all­ge­mei­nen Zugangs reicht inso­weit aus), was ins­be­son­de­re
    der Fall ist, wenn die Infor­ma­tio­nen in einer all­ge­mein
    zugäng­li­chen Fach­bi­blio­thek oder ent­spre­chend
    zum Down­load online im Rah­men der übli­chen Vor­schrif­ten
    publi­ziert wor­den sind.55
    Typi­scher­wei­se fal­len in Ein­rich­tun­gen der Wis­sen­schaft
    und For­schung rei­ne Recher­che­tä­tig­kei­ten eben­so
    hier­un­ter wie Tätig­kei­ten, die kei­nen über die in ver­öf­fent­lich­ter
    Lite­ra­tur ver­füg­ba­ren Inhal­te hin­aus­ge­hen­den
    Wis­sens­trans­fer an die ein­zu­stel­len­de Per­son
    erfor­dern.
    b) Grund­la­gen­for­schung
    Unter „wis­sen­schaft­li­cher Grund­la­gen­for­schung“ im
    Sin­ne des Außen­wirt­schafts­rechts ver­steht man expe­ri­men­tel­le
    oder theo­re­ti­sche Arbei­ten haupt­säch­lich zur
    Erlan­gung von neu­en Erkennt­nis­sen über grund­le­gen­de
    Prin­zi­pi­en von Phä­no­me­nen oder Tat­sa­chen, die nicht
    in ers­ter Linie auf ein spe­zi­fi­sches prak­ti­sches Ziel oder
    einen spe­zi­fi­schen prak­ti­schen Zweck gerich­tet sind.56
    Da die­ses Ver­ständ­nis von Grund­la­gen­for­schung
    nicht immer dem metho­do­lo­gisch-tech­ni­schen Ver­ständ­nis
    von Grund­la­gen­for­schung ent­spricht, lässt sich
    zur Ver­ein­fa­chung das sog. „Tech­no­lo­gy Rea­di­ness Level“
    (TRL) her­an­zie­hen, das den Ent­wick­lungs­grad eines
    tech­ni­schen Pro­dukts beschreibt und eine Ska­la von
    TRL 1 bis TRL 9 umfasst, wobei die TRL 1 bis TRL 3
    grund­sätz­lich die Sta­di­en der Grund­la­gen­for­schung umKa­chel
    · Außen­wirt­schafts­recht­li­che Com­pli­ance 2 4 1
    57 Vgl. Zirkel/Kachel, a.a.O., S. 284f.
    58 Vgl. Zirkel/Kachel, a.a.O., S. 284 f.
    59 Vgl. Pelz in: Hocke/Sachs/Pelz, a.a.O., II. Vor § 51 AWV, Rn. 22.
    60 Z.B. bei Bereit­stel­lung von tech­ni­scher Hil­fe im Zusam­men­hang
    mit in der Embar­go-Ver­ord­nung beson­ders gelis­te­ten Gütern
    und Tech­no­lo­gien oder im Zusam­men­hang mit der Bereit­stel­lung,
    Her­stel­lung, Instand­hal­tung und Ver­wen­dung die­ser Güter
    mit­tel­bar oder unmit­tel­bar für ira­ni­sche Per­so­nen, Orga­ni­sa­tio­nen
    oder Ein­rich­tun­gen oder zur Ver­wen­dung in Iran, vgl. Art.
    3a Abs. 1 lit. b der VO (EU) Nr. 267/2012 des Rates vom 23. März
    2012 (Iran).
    61 In der EU-Ter­mi­no­lo­gie wer­den Sank­tio­nen und Embar­gos zum
    Teil auch als „restrik­ti­ve Maß­nah­men“ bezeich­net, vgl. Sachs
    in: Hocke/Sachs/Pelz, a.a.O., IV., Rn. 1 mit Ver­weis auf Art.
    215 Abs. 2 AEUV.
    62 Vgl. Art. 1 lit. r der VO (EU) Nr. 267/2012 des Rates vom
    23.3.2012 (Iran); Art. 1 lit. p der VO (EU) Nr. 36/2012 des Rates
    vom 18. Janu­ar 2012 (Syri­en).
    63 Vgl. Pfeil/Mertgen, a.a.O., Kap. E. Rn. 39.
    64 Vgl. Pfeil/Mertgen, a.a.O., Kap. E. Rn. 9ff.
    65 Vgl. z.B. Art. 4 Abs. 1 lit. a‑d VO (EU) 833/2014 (Russ­land) des
    Rates vom 31. Juli 2014 („…zur Ver­wen­dung in Russ­land…“).
    66 Vgl. z.B. Art. 1 lit. o ii) i.V.m. Art. 2a Abs. 1 lit. b i.V.m. Anhang I
    der Ver­ord­nung (EU) Nr. 267/2012 des Rates
    vom 23. März 2012 (Iran).
    fas­sen (TRL 3 = Nach­weis der Funk­ti­ons­tüch­tig­keit einer
    Technologie).57
    Im Rah­men der Ein­stel­lung erfolgt inso­weit eine Prognoseentscheidung58
    hin­sicht­lich der Ein­stu­fung der
    durch die ein­zu­stel­len­de Per­son aus­zu­füh­ren­den Tätig­kei­ten
    bzw. zur Ver­fü­gung zu stel­len­den Infor­ma­tio­nen
    (tech­ni­sches Wis­sen) als Grund­la­gen­for­schung.
    Ändern sich spä­ter die Tätig­keits­in­hal­te der­art, dass
    eine Mit­ar­beit auf dem Gebiet der ange­wand­ten For­schung
    in Betracht kommt, bedarf es einer aktua­li­sier­ten
    Prü­fung der außen­wirt­schafts­recht­li­chen Zuläs­sig­keit.
    Eine Aktua­li­sie­rung der außen­wirt­schafts­recht­li­chen
    Prü­fung soll­te stan­dard­mä­ßig bei Ver­trags­ver­län­ge­run­gen
    statt­fin­den, da in die­sem Rah­men nicht sel­ten auch
    die Zustän­dig­keits­be­rei­che und Tätig­keits­in­hal­te modi­fi­ziert
    oder erwei­tert wer­den.
    c) Nicht gelis­te­te Tech­no­lo­gie
    Bei Ein­stel­lun­gen im Inland ent­fällt eine Geneh­mi­gungs­pflicht
    als tech­ni­sche Unter­stüt­zung auch dann,
    wenn die tech­ni­sche Unter­stüt­zung kei­ne Tech­no­lo­gie
    betrifft, die in Teil I Abschnitt A Num­mer 0022 der Aus­fuhr­lis­te,
    Num­mern der Gat­tung E des Anhangs I der
    Ver­ord­nung (EG) Nr. 428/2009 oder Teil I Abschnitt B
    Num­mern der Gat­tung E der Aus­fuhr­lis­te genannt ist
    (§ 51 Abs. 4 Nr. 2 AWV) bzw. kei­ne Tech­no­lo­gie betrifft,
    die in Num­mern der Gat­tung E in der Kate­go­rie 0 des
    Anhangs I der Ver­ord­nung (EG) Nr. 428/2009 genannt
    ist (§ 52 Abs. 3 Nr. 2 AWV).
    Da auch die im Inland erfol­gen­de Über­ga­be ver­kör­per­ter
    Tech­no­lo­gie als tech­ni­sche Unter­stüt­zung zu qua­li­fi­zie­ren
    ist, kann auch die­se gemäß § 51 Abs. 4 Nr. 2
    AWV bzw. § 52 Abs. 3 Nr. 2 AWV befreit sein59, wenn es
    sich nicht um ent­spre­chend gelis­te­te Tech­no­lo­gie
    han­delt.
  15. Aus­nah­men in bestimm­ten Kon­stel­la­tio­nen
    (§ 53 AWV)
    Bestimm­te Kon­stel­la­tio­nen unter­lie­gen per se nicht den
    Geneh­mi­gungs­pflich­ten der §§ 49 ff. AWV (unab­hän­gig
    von den oben genann­ten Aus­nah­men). Die­se sind in
    § 53 AWV genannt.
    Im Rah­men von Per­so­nal­ein­stel­lun­gen kommt eine
    Befrei­ung vor allem in Betracht, wenn die Ein­stel­lung
    durch Behör­den und Dienst­stel­len der Bun­des­re­pu­blik
    Deutsch­land im Rah­men ihrer dienst­li­chen Auf­ga­ben
    erfolgt (vgl. § 53 Nr. 1 AWV). Die dienst­lich erfol­gen­de
    tech­ni­sche Unter­stüt­zung die­ser Ein­rich­tun­gen (nicht
    aller­dings etwa­iger Beauf­trag­ter) gegen­über ihren Mit­ar­bei­tern
    ist somit genehmigungsfrei.
  16. Embar­gos
    Zusätz­li­che außen­wirt­schafts­recht­li­che Beschrän­kun­gen
    oder Ver­schär­fun­gen vor­han­de­ner Beschrän­kun­gen
    kön­nen sich, soweit ein Bezug zu einem Embar­go­land
    besteht60, aus Embar­go-Vor­schrif­ten61 erge­ben, die
    grund­sätz­lich auch die tech­ni­sche Unter­stüt­zung umfas­sen
    kön­nen und für die die EU-Embar­go­ver­ord­nun­gen
    meist den Ter­mi­nus „tech­ni­sche Hilfe“62 ver­wen­den.
    Inhalt­li­che Unter­schie­de zur „tech­ni­schen Unter­stüt­zung“
    infol­ge der abwei­chen­den Ter­mi­no­lo­gie bestehen
    jedoch nicht.63
    Ange­sichts des wei­ten Geltungsbereichs64 der EUEm­bar­go­ver­ord­nun­gen
    müs­sen grund­sätz­lich sämt­li­che
    inlän­di­sche Ein­rich­tun­gen der Wis­sen­schaft und For­schung
    die in den EU-Embar­gos genann­ten restrik­ti­ven
    Maß­nah­men beach­ten.
    Im Rah­men der Ein­stel­lung von Per­so­nal stellt sich
    die Fra­ge nach den Embarg­obe­schrän­kun­gen vor allem
    dann, wenn eine Per­son aus einem Embar­go­land ein­ge­stellt
    wer­den soll. Inso­weit kann es (im Rah­men der Ein­stel­lung)
    vor allem auf die Ver­wen­dung der tech­ni­schen
    Unter­stüt­zung im Embargoland65 oder auf den Auf­ent­halts­ort
    oder Wohn­sitz des Emp­fän­gers im Embargoland66
    ankom­men.
    Anders als Beschrän­kun­gen auf­grund rei­ner Finanz­sank­tio­nen
    erfor­dern die­se desti­na­ti­ons­be­zo­ge­nen Embar­go-
    Vor­schrif­ten im Rah­men der Ein­stel­lung eine genaue
    Prü­fung der im Rah­men der geplan­ten Beschäf­ti­gung
    wei­ter­zu­ge­ben­den Tech­no­lo­gie, denn die Weiter2
    4 2 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 4 ( 2 0 2 0 ) , 2 3 3 — 2 4 4
    67 Vgl. z.B. Art. 3 Abs. 1 lit. a i.V.m. Anhang IA der VO (EU) Nr.
    36/2012 des Rates vom 18. Janu­ar 2012 (Syri­en).
    68 Vgl. z.B. Art. 2a Abs. 2 lit. a i.V.m. Anhang IV der VO (EU)
    833/2014 (Russ­land) des Rates vom 31. Juli 2014; Art. 4b i.V.m.
    Anhang III der VO (EU) Nr. 267/2012 des Rates vom 23. März
    2012 (Iran).
    69 Art. 4 Abs. 1 lit. a VO (EU) 833/2014 (Russ­land) des Rates vom
  17. Juli 2014; vgl. Ehr­lich, a.a.O., S. 491, (495).
    70 Vgl. § 734.14 (2) der „Export Admi­nis­tra­ti­on Regu­la­ti­ons“
    (EAR); bei Mili­tär­gü­tern vgl. 22 CFR § 120.19 (a)(2) ITAR.
    71 In die­sem Fall kann jedoch ein sog. „in-coun­try trans­fer“ vor­lie­gen,
    vgl. § 734.16 EAR.
    72 D.h. ins­be­son­de­re „any indi­vi­du­al who is a citi­zen of the United
    Sta­tes“ (772.1 EAR), im US-Embarg­obe­reich teil­wei­se abwei­chend
    defi­niert, vgl. hier­zu Weigl/Burnett in: Hocke/Sachs/Pelz,
    a.a.O., V., Rn. 207.
    73 Vgl. Kachel, „Decon­trol Notes“ in der Export­kon­trol­le von
    Dual-Use-Tech­no­lo­gie in Ein­rich­tun­gen der Wis­sen­schaft und
    For­schung, US-Export­be­stim­mun­gen, Heft 5, Mai 2019, S. 74,
    (76ff.).
    74 Vgl. Pfeil/Mertgen, a.a.O., Kap. D. Rn. 149ff.
    75 Vgl. z.B. 734.5 (a) EAR.
    76 Vgl. Def. in 772.1 EAR.
    77 Zum Span­nungs­ver­hält­nis zwi­schen aus­län­di­schen Boy­kotts und
    § 7 AWV vgl. Hoff­mann, Das Ver­bot der Abga­be einer Boy­kott-
    Erklä­rung nach § 7 Außen­wirt­schafts­ver­ord­nung, Betei­li­gung
    deut­scher Wirt­schafts­be­tei­lig­ter an „frem­den“ Sank­tio­nen, EuZW
    2019, S. 315 ff.; zur Ver­ord­nung (EG) Nr. 2271/96 des Rates vom
  18. Novem­ber 1996 zum Schutz vor den Aus­wir­kun­gen der extra­ter­ri­to­ria­len
    Anwen­dung von einem Dritt­land erlas­se­ner Rechts­ak­te
    sowie von dar­auf beru­hen­den oder sich dar­aus erge­ben­den
    Maß­nah­men in der Fas­sung der Dele­gier­ten Ver­ord­nung (EU)
    2018/1100 der Kom­mis­si­on vom 6. Juni 2018 („Blo­cking-VO“)
    vgl. Pfeil/Mertgen, a.a.O., Kap. E. Rn. 129 ff.
    78 Vgl. hier­zu Weigl/Burnett in: Hocke/Sachs/Pelz, a.a.O., V., Rn. 166
    ff.
    79 All­ge­mein zur Com­pli­ance im Per­so­nal­we­sen vgl. Haag/Jantz,
    Com­pli­ance im Per­so­nal­we­sen, CB 2019, S. 147 ff.
    80 Vgl. §§ 17, 18, 19 AWG.
    81 Vgl. § 130 OWiG.
    82 Vgl. § 30 OWiG.
    gabe von bestimm­ter Tech­no­lo­gie (also auch in Form
    der tech­ni­schen Unter­stüt­zung) an eine in einem von
    Embar­go-Maß­nah­men betrof­fe­nen Land ansäs­si­ge Per­son
    kann auf­grund einer Lis­tung der Tech­no­lo­gie in der
    Güter­lis­te eines anwend­ba­ren Embar­gos beschränkt
    sein.67
    Dabei ist es ins­be­son­de­re mög­lich, dass die nach der
    Dual Use-Ver­ord­nung oder der Außen­wirt­schafts­ver­ord­nung
    bestehen­de Geneh­mi­gungs­pflicht der tech­ni­schen
    Unter­stüt­zung bei Bezug zu einem bestimm­ten
    Embar­go­land oder zu einer bestimm­ten, in der jewei­li­gen
    Embar­go-Ver­ord­nung gelis­te­ten Per­son, zu einem
    Ver­bot erstarkt.68 So kann die tech­ni­sche Unter­stüt­zung
    einem Ver­bot unter­stellt wer­den, wie es etwa bei tech­ni­scher
    Hil­fe bezo­gen auf Güter der gemein­sa­men Mili­tär­gü­ter­lis­te
    nach dem Russ­land-Embar­go der Fall ist.69
    IV. „Dee­med reex­ports“ im US-Recht
    In Fäl­len der tech­ni­schen Unter­stüt­zung gegen­über dem
    im Inland ein­zu­stel­len­den Wis­sen­schaft­ler kann aus
    Sicht des US-(Re-)Exportkontrollrechts ein sog.
    „dee­med reexport“70, d.h. eine (fik­ti­ve) Aus­fuhr von
    Tech­no­lo­gie oder Source Code aus dem Inland in ein
    „for­eign coun­try“ (d.h. in ein ande­res Land als die USA)
    vor­lie­gen.
    Vor­aus­set­zung hier­für ist grund­sätz­lich, dass im
    Rah­men der Tätig­keit die Ein­sicht in Tech­no­lo­gie oder
    Source Code mit US-Ursprung oder US-Bestand­tei­len
    ermög­licht wird und dass die Wei­ter­ga­be nicht nur zwi­schen
    zwei Inlän­dern im Inland71 und nicht nur an eine
    „US person“72 erfolgt.
    Dann fin­det neben den deutschen/europäischen Regu­la­ri­en
    zusätz­lich das gesam­te US-(Re-)Exportkontrollrecht
    mit sei­nen ggf. wei­ter­ge­hen­den Beschrän­kun­gen
    (ein­schließ­lich etwa­iger Befreiungen)73
    Anwendung.74
    Wesent­li­cher Prüf­ge­gen­stand im inter­nen Com­pli­ance-
    Sys­tem ist also zunächst die Fra­ge, ob ein rele­van­ter
    US-Zusam­men­hang der Tätig­keit besteht.
    Soll die Ein­stel­lung einer „US per­son“ erfol­gen, ist dar­über
    hin­aus zu berück­sich­ti­gen, dass für die etwa­ige
    Wei­ter­ga­be von Tech­no­lo­gie durch die­se Per­son im Rah­men
    ihrer Tätig­keit teil­wei­se stren­ge­re Regeln zu beach­ten
    sind75 als dies bei einer (aus US-Sicht) „for­eign per­son“
    76 der Fall ist.
    Bei einem Embar­go­land-Bezug (z.B. vor­ge­se­he­ne
    Zusam­men­ar­beit mit einer ira­ni­schen Per­son) ist zu beach­ten,
    dass zusätzlich77 die Regu­la­ri­en der für das Sank­ti­ons­recht
    zustän­di­gen Behör­de Office of for­eign assets
    con­trol (OFAC) zu berück­sich­ti­gen sein
    kön­nen (Geneh­mi­gungs­vor­be­hal­te oder Verbote)78.
    V. Die Imple­men­tie­rung im Com­pli­ance-Sys­tem
    Eine Prü­fung der außen­wirt­schafts­recht­li­chen Beschrän­kun­gen
    soll­te im inter­nen Com­pli­ance-Sys­te­m79 der
    For­schungs­ein­rich­tung bzw. Uni­ver­si­tät im Rah­men des
    Ein­stel­lungs­pro­zes­ses stan­dard­mä­ßig imple­men­tiert
    sein, um die mög­li­chen straf- bzw. ord­nungs­wid­rig­keits­recht­li­chen
    Fol­gen eines Verstoßes80 (sowohl für den
    Han­deln­den als auch für wei­te­re Ver­ant­wort­li­che, ins­be­son­de­re
    den Ausfuhrverantwortlichen81, aber auch für
    die gesam­te For­schungs­ein­rich­tung bzw. Universität82)
    Kachel · Außen­wirt­schafts­recht­li­che Com­pli­ance 2 4 3
    sowie einen sich hier­aus erge­ben­den Repu­ta­ti­ons­ver­lust
    und ggf. sogar den Ver­lust der „Zuver­läs­sig­keit“ als
    Exporteur83 zu ver­mei­den. Aus Prak­ti­ka­bi­li­täts­er­wä­gun­gen
    soll­te aller­dings die Prü­fung erst dann erfol­gen,
    wenn die Ent­schei­dung über die
    Ein­stel­lung des Bewer­bers getrof­fen ist.84
    Chris­ti­an Kachel ist Syn­di­kus­rechts­an­walt in der
    Rechts­ab­tei­lung der Fraun­ho­fer-Gesell­schaft e.V. mit
    dem Schwer­punkt Außen­wirt­schafts­recht und Export­kon­trol­le.
    83 Vgl. § 8 Abs. 2 AWG.
    84 Die Erstat­tung etwa ange­fal­le­ner Rei­se­kos­ten kann eine Bereit­stel­lung
    von „Gel­dern“ bzw. „wirt­schaft­li­chen Res­sour­cen“
    dar­stel­len, so dass jeden­falls vor Erstat­tung die­ser Kos­ten die
    Sank­ti­ons­lis­ten­prü­fung (s.o., II.) erfolgt sein muss.
    2 4 4 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 4 ( 2 0 2 0 ) , 2 3 3 — 2 4 4