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Die Dis­kus­si­on im Anschluss an das Refe­rat von Mös­lein dreh­te sich um

I. die recht­li­che Ein­fü­gung einer Wis­sen­schafts­ko­ope­ra­ti­on in bestehen­de Regel­wer­ke und damit ver­bun­de­ne rechts­tech­ni­sche Vor- und Nachteile;

II. die not­wen­di­ge Aner­ken­nung durch die Behör­den für ein rei- bungs­lo­ses Gründungsverfahren;

III. die Ziel­ge­nau­ig­keit des Rege­lungs­re­gimes für Koope­ra­tio­nen unter For­schern und Institutionen,

IV. einer ggf optio­na­len Rechts­sub­jek­ti­vi­tät der Koope­ra­ti­ons- form de lege ferenda;

V. die Gestal­tungs­va­ri­an­ten eines pri­va­ten bzw. staat­li­chen Mus­ters und (dis­po­si­ti­ven) Geset­zes­rechts, die jewei­li­gen Vor- und Nach­tei­le sowie die not­wen­di­ge Unab­hän­gig­keit und Ver- läss­lich­keit der Erstel­ler eines etwa­igen Musters;

VI. schließ­lich um die Fra­ge, ob Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten oder Ka- pital­ge­sell­schaf­ten eine bes­se­re Basis für eine wis­sen­schaft­li­che Koope­ra­ti­ons­form dar­stel­len würden.

Con­tra-Punk­te hän­ge von der kon­kre­ten Aus­ge­stal­tung des bestehen­den Rechts­rah­mens ab, ins­be­son­de­re ob es sich dabei um zwin­gen­des oder dis­po­si­ti­ves Recht han- deln würde.

II.

Dass es eine gesetz­li­che Vor­ga­be geben könn­te, wur­de durch einen wei­te­ren Teil­neh­mer posi­tiv bewer­tet, soweit die­se den erfor­der­li­chen Gestal­tungs­spiel­raum auf­wei­se. Die prak­ti­sche Erfah­rung zei­ge, dass pri­mär sol­che Koope­ra­ti­ons­for­men zustan­de kämen, von denen die For­scher wüss­ten, dass sie zugleich geeig­net und rechts­si­cher sei­en, bei denen aber vor allem klar sei, dass etwa­ige Mus­ter und Anträ­ge von den zustän­di­gen Behör- den schnell geneh­migt wür­den. Inso­fern müss­te man auch für eine neue Rechts­form dar­auf ver­trau­en kön­nen, dass sich die Behör­den die­ser nicht ver­wei­gern oder sonst blo­ckie­rend agieren.

III.

Ange­spro­chen wur­de sodann die Ziel­ge­nau­ig­keit des Rege­lungs­re­gimes. Die Fra­ge, für wen wel­che Koope­ra­ti- ons­form geschaf­fen wer­den soll­te, müs­se genau beant- wortet wer­den. Zu unter­schei­den sei­en Koope­ra­tio­nen unter natür­li­chen Per­so­nen und sol­che unter Insti­tu­tio- nen. Die bis­he­ri­ge Dis­kus­si­on habe sich vor allem mit letz­te­rer Kon­stel­la­ti­on befasst, doch sol­le auch die Koope­ra­ti­on unter For­schern selbst mit­be­dacht und auf- gegrif­fen werden.

IV.

Für das Zögern des Refe­ren­ten auf die Fra­ge nach einer optio­na­len Rechts­sub­jek­ti­vi­tät brach­te ein wei­te­rer Teil- neh­mer Ver­ständ­nis auf, sei eine sol­che Mög­lich­keit doch bis­her unbe­kannt. Der Teil­neh­mer ver­wies jedoch zugleich auf die Dis­kus­sio­nen des 71. DJT in Essen 2017.

I.

Zunächst ging es um die Fra­ge, ob eine zu schaf­fen­de Rechts­form für Wis­sen­schafts­ko­ope­ra­tio­nen in bes­te- hen­de Rechts­for­men ein­ge­fügt wer­den könn­te und wie eine sol­che Ein­fü­gung gene­rell zu bewer­ten sei. Der Refe­rent merk­te hier­bei an, dass ein Ein­fü­gen zur Vor- aus­set­zung habe, dass ein dafür geeig­ne­ter Rechts­rah- men vor­han­den sei. Sei dies der Fall, han­de­le es sich vor allem um ein Aus­ge­stal­tungs­pro­blem. Um die Fra­ge zu kon­kre­ti­sie­ren nann­te der Refe­rent die Mög­lich­keit, die zu schaf­fen­de Rechts­form als Unter­form der GmbH zu kon­zi­pie­ren. Vor­teil eines sol­chen Vor­ge­hens sei, dass man auf Bestehen­des und Bekann­tes, Gewohn­tes und Bewähr­tes auf­bau­en und davon pro­fi­tie­ren könn­te. Umge­kehrt sei­en aber auch die Nach­tei­le zu beden­ken. Denn es wür­de gera­de nichts Neu­es geschaf­fen, eine denk­ba­re Inno­va­ti­on schon im Keim erstickt und etwai- ge Nach­tei­le wür­den gleich­sam über­nom­men wer­den. Die kon­kre­te Bewer­tung und Abwä­gung der Pro und-

Pius O. Dolzer

Bericht­erstat­tung zur Dis­kus­si­on im Anschluss an den Vor­trag von Prof. Dr. Flo­ri­an Mös­lein, LL.M. (Lon­don): Pri­vat­recht­li­che Regel­set­zungs­fra­gen der wis­sen­schaft­li­chen Koope­ra­ti­ons­form: Ange­bot des Gesetz­ge­bers oder selbst­ge­stal­te­tes Recht?

Ord­nung der Wis­sen­schaft 2018, ISSN 2197–9197

114 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 2 (2018),113–114

Hier sei mit der optio­na­len, aber mit Rechts­sub­jek­ti­vi­tät ver­bun­de­nen Regis­trie­rung der GbR eine ganz ähn­li­che Kon­struk­ti­on ange­spro­chen worden.

V.

Der Teil­neh­mer fuhr wie folgt fort: Fas­zi­nie­ren wür­de ihn zudem die durch den Refe­ren­ten geschla­ge­ne Brü­cke in der Abgren­zung von der pri­va­ten Regel­set­zung über das dis­po­si­ti­ve zum zwin­gen­den Geset­zes­recht. Wie aber kön­ne ein staat­lich bereit­ge­stell­ter Mus­ter­ver­trag von dis­po­si­ti­vem Recht abge­grenzt wer­den, wor­in lägen die Unter­schie­de? Mit Blick auf Mus­ter­ver­trä­ge sei zudem anzu­mer­ken: Ange­sichts der bestehen­den Fül­le des Mate­ri­als sei viel Zeit dar­auf zu ver­wen­den, die Rege- lun­gen zu fin­den und ggf anzu­pas­sen, um sie für alle Betei­lig­ten akzep­ta­bel und inter­es­sen­ge­recht zu ges­tal- ten. Aktu­ell sei­en vie­ler­lei Rege­lun­gen von ein­sei­ti­gen Inter­es­sen geprägt. Die Ber­li­ner Bau­stei­ne etwa sei­en deut­lich durch wirt­schaft­li­che Erwä­gun­gen moti­viert. Vor allem für von einem pri­va­ten Regel­ge­ber kon­zi­pier- te Mus­ter sei zu über­den­ken, wer die Inter­es­sen der Betei­lig­ten und deren ange­mes­se­ne Berück­sich­ti­gung über­prü­fen und akkre­di­tie­ren soll­te. Der Teil­neh­mer äußer­te an die­sem Punkt sei­ne Zwei­fel. Es sei nach sei- ner Auf­fas­sung min­des­tens auf ein staat­li­ches Mus­ter, bes­ser auf (dis­po­si­ti­ves) Recht zurückzugreifen.

Dar­in stimm­te der Refe­rent ein. Auch er sehe für pri- vate Mus­ter Schwie­rig­kei­ten. Funk­tio­nie­ren kön­ne dies nur, wenn kei­ner­lei Zwei­fel an der Neu­tra­li­tät der Mus- ter­er­stel­ler bestün­den. Deren Unab­hän­gig­keit und Glaub­wür­dig­keit müs­se sicher­ge­stellt sein. Inso­fern spre­che viel für eine gesetz­ge­be­ri­sche Lösung. Eine ge- naue Abgren­zung staat­li­cher Mus­ter von dis­po­si­ti­vem Recht sei gleich­wohl schwie­rig und von der spe­zi­fi­schen Aus­ge­stal­tung abhän­gig. Jeden­falls kön­ne die­se nur gra- duel­ler Natur sein. Bei staat­li­chen Mus­ter könn­te man zudem in eine Span­nungs­la­ge zur lex lata gera­ten. So sei- en bei­spiels­wei­se im Recht der Kapi­tal­an­la­ge gesetz­li­che Mus­ter bekannt, die mit dem gel­ten­den Recht nicht ex- akt deckungs­gleich sei­en. Des­halb sei­en auch staat­li­che Mus­ter nur second best und eine Geset­zes­re­ge­lung zu präferieren.

Ein wei­te­rer Teil­neh­mer bemerk­te eben­falls den Wi- der­streit des an einer Stel­le anbie­ten­den, an ande­rer Stel- le ver­wer­fen­den Gesetz­ge­bers. Die­se Pro­ble­ma­tik knüp- fe auch an die Fra­ge der Ein­fü­gung in bestehen­de Rege- lungs­sys­te­me an, ins­be­son­de­re, wenn man das Unions-

recht in den Blick neh­me. Für die den­noch im Raum ste­hen­de Mög­lich­keit eines Mus­ters und der dar­in vor- kom­men­den unbe­stimm­ten Rechts­be­grif­fe könn­te aber an Aus­le­gungs­re­ge­lun­gen gedacht wer­den. Dabei stel­le sich gleich­wohl die Fra­ge, wo die­se zu situ­ie­ren sei­en und ob sie sich tat­säch­lich als nutz­bar erwei­sen würden.

Der Refe­rent ord­ne­te Aus­le­gungs­re­ge­lun­gen als ei- nen Unter­fall des dis­po­si­ti­ven Rechts ein. Die­se könn­ten sei­ner Ansicht nach an Stel­len in Betracht kom­men, an denen die Ver­trags­par­tei­en kei­ne ein­deu­ti­gen, aus­le- gungs­be­dürf­ti­gen Rege­lun­gen geschaf­fen hät­ten. In wel- chem Umfang der­ar­ti­ge Aus­le­gungs­re­ge­lun­gen auch für Wis­sen­schafts­ko­ope­ra­tio­nen in Betracht zu zie­hen sei­en, käme dar­auf an, ob die Rege­lun­gen zwi­schen Exper­ten ent­wor­fen oder einen lai­en­haf­ten Cha­rak­ter zei­gen wür- den. Wäh­rend im ers­ten Fall weit­ge­hend auf sol­che Re- gelun­gen ver­zich­tet wer­den kön­ne, böten sie sich im letz­te­ren Fal­le an.

VI.

Abschlie­ßend dis­ku­tier­te man, ob unter Rück­griff auf Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten oder auf Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten mög­lichst alle denk­ba­ren Koope­ra­tio­nen abge­deckt wer- den könn­ten. Der Refe­rent arbei­te­te her­aus, dass hier­zu kei­ne ein­deu­ti­ge Ant­wort mög­lich sei. Mit Blick auf das Span­nungs­feld zwi­schen Gewinn­erzie­lung und Gemein- wohl­ver­fol­gung kön­ne ange­sichts der gGmbH der Rück- griff auf Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten nicht schon per se abge- lehnt wer­den. Glei­ches gel­te mit Blick auf die Ges­tal- tungs­frei­heit. Auch hier wäre ein pau­scha­ler Vor­rang der Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten durch die Gestal­tungs­frei­heit der GmbH zu rela­ti­vie­ren. Zudem sei die Haf­tungs­fra­ge ein kla­rer Plus­punkt der Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten. All­ge- mein wür­den vie­le Unter­neh­men die bei­den Aspek­te pro­fit und pur­po­se immer enger mit­ein­an­der ver­knüp- fen. Die­se Ten­denz kön­ne an zahl­rei­chen Bei­spie­len exem­pla­risch fest­ge­macht wer­den. Inso­weit sei ein gro- ßer Bedarf an Misch­for­men vor­han­den, so dass die tra- ditio­nel­le Trenn­li­nie zwi­schen gewinn- und gemein- wohl­ori­en­tier­ten Gesell­schaf­ten auch all­ge­mein zuneh- mend zu Schwie­rig­kei­ten füh­ren würde.

Pius O. Dol­zer ist wis­sen­schaft­li­che Hilfs­kraft am Insti­tut für deut­sches und euro­päi­sches Gesell­schafts- und Wirt­schafts­recht der Ruprecht-Karls-Uni­ver­si­tät Hei­del­berg und pro­mo­viert im Bereich des Gesell- schaftsrechts.