I. Vorschläge des Koalitionsvertrags1
1. Sachgrundlose Befristungen
Nach dem Koalitionsvertrag sollen Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten nur noch maximal 2,5 Prozent der Belegschaft sachgrundlos befristen dürfen. Bei Überschrei- tendieserQuotesolljedesweiteresachgrundlosbefristete Arbeitsverhältnis als unbefristet zustande gekommen gel- ten. Die Quote soll jeweils auf den Zeitpunkt der letzten Einstellung ohne Sachgrund zu beziehen sein.
Weiter soll die Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes nur noch für die Dau- er von 18 statt bislang von 24 Monaten zulässig sein. Bis zu dieser Gesamtdauer soll auch nur noch eine einmalige statt einer dreimaligen Verlängerung möglich sein.
2. Kettenbefristungen
Nach dem Koalitionsvertrag soll die Befristung eines Arbeitsverhältnisses dann nicht zulässig sein, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein unbefristetes oder ein oder mehrere befristete Arbeitsverhältnisse mit einer Gesamtdauer von fünf oder mehr Jahren bestanden haben. Eine Ausnahmeregelung soll für den Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Nr. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz wegen der Eigenart des Arbeitsverhältnisses (Künstler, Fußballer) zu treffen sein.
Auf die Höchstdauer von fünf Jahren sollen auch eine oder mehrere vorherigen Entleihung(en) des nunmehr be- fristet eingestellten Arbeitnehmers durch ein oder mehrere Verleihunternehmen angerechnet werden.
Ein erneutes befristetes Arbeitsverhältnis mit demsel- ben Arbeitgeber soll erst nach Ablauf einer Karenzzeit von drei Jahren möglich sein.
II. Relevanz der Vorschläge für Universitäten und Forschungseinrichtungen
1. Im persönlichen Geltungsbereich des Wissenschaftszeit- vertragsgesetzes und des Gesetzes über befristete Arbeits- verträge mit Ärzten in der Weiterbildung
- 1 Ein neuer Aufbruch für Europa Eine neue Dynamik für Deutsch- land Ein neuer Zusammenhalt für unser Land, Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom 7. Februar 2018. Die Vorschlä- ge sind im Abschnitt V 1 (Gute Arbeit) auf S. 52 enthalten.
- 2 Etwa: „Flexible Dienstleister der Wissenschaft“, FAZ
a. Spezialitätscharakter dieser Gesetze
Das WissZeitVG regelt die Befristung von Arbeitsver- hältnissen des wissenschaftlichen Personals eigenstän- dig. Wie sich aus § 1 Abs. 1 Satz 5 des Gesetzes ergibt, fin- den die anderen Vorschriften über befristete Arbeitsver- hältnisse nur insoweit Anwendung, wie sie den Regelungen des WissZeitVG nicht widersprechen.
An dieser Rechtslage will der Vorschlag des Koaliti- onsvertrags trotz gegenläufiger Forderungen2 ersichtlich nichts ändern. Zu Recht: Die Auswirkungen der 2016 er- folgten grundlegenden Reform des WissZeitVG sollen nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 8 im Jahr 2020 evaluiert werden. Diesen Fahrplan umzuwerfen besteht kein Anlass.
§ 2 Abs. 1 Sätze 4 bis 6 und Abs. 5 WissZeitVG sehen Verlängerungen der zulässigen Befristungsdauer aus in der Person des wissenschaftlichen Mitarbeiters liegen- den besonderen Gründen vor. Die Aufzählung dieser Gründe ist abschließend gemeint. Die Inanspruchnah- me der im Koalitionsvertrag ebenfalls vorgesehenen Brückenteilzeit würde deshalb nicht zu einer solchen Verlängerung führen.
Auch das ÄrzteBefrG enthält eine solche eigenstän- dige Regelung (§ 1 Abs. 5 des Gesetzes). Auch an dieser will der Vorschlag ersichtlich nichts ändern.
b. Ergänzende Geltung des Teilzeit- und Befristungsge- setzes (§ 1 Abs. 2 WissZeitVG)
Nach § 1 Abs. 2 WissZeitVG kann das von ihm erfasste wissenschaftliche Personal auch nach den Vorschriften des TzBfG befristet beschäftigt werden. Das gilt auch für die sachgrundlose Befristung des § 14 Abs. 2 TzBfG.
Im Verhältnis zu den Befristungstatbeständen des § 14 Abs. 1 TzBfG hat das BAG in einer Reihe neuerer Entscheidungen den Befristungstatbeständen des §2WissZeitVG teilweise Spezialcharakter zugemessen und Hochschulen und Forschungseinrichtungen des- halb die Berufung auf die ersteren versagt.3 Zu der schwierigen Frage, ob und inwieweit § 2 WissZeitVG
vom 27.3.2018.
3 BAG 18.5.2006, 7 AZR 533/14, NZW 2016, 1276; BAG 8.6.2016, 7
AZR 259/14, BeckRS 2016, 73446; BAG 28.9.2016, 7 AZR 549/14, NZA 2017, 249; siehe auch BAG 14.6.20017, 7 AZR 597/15, BeckRS 2017, 128880 zu § 1 ÄArbVtrG.
Manfred Löwisch und Andreas Schubert
Beschränkung befristeter Arbeitsverträge nach dem Koalitionsvertrag: Auswirkungen auf Hochschulen und Forschungseinrichtungen
Ordnung der Wissenschaft 2018, ISSN 2197–9197
264 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 4 (2018), 263–274
auch im Verhältnis zu § 14 Abs. 2 TzBfG solcher Spezi- alcharakter zukommt, hat das BAG bislang noch nicht Stellung genommen.4
Zahlenmäßig halten sich sachgrundlose Befristun- gen des wissenschaftlichen Personals jedenfalls schon wegen der in der Vorschrift enthaltenen Zuvor-Regelung in engen Grenzen. Sie dürften nicht einmal ein Prozent aller wissenschaftlich Beschäftigten betragen.
2. Außerhalb des Geltungsbereichs dieser Gesetze
a. Professoren, Juniorprofessoren
Professoren und Juniorprofessoren können auch als Arbeit- nehmer beschäftigt werden. Das WissZeitVG regelt die Befristung solcher Arbeitsverhältnisse nicht. Dementspre- chend gelten für diese an sich die Vorschriften des TzBfG und damit auch die geplanten Neuregelungen.
Dem TzBfG gehen insoweit allerdings landesrechtliche Regelungen vor: Nach § 23 TzBfG bleiben Befristungen nach anderen gesetzlichen Vorschriften unberührt. Da das Bun- desrecht keine Regelungen über die Befristung von Arbeits- verhältnissen von Professoren und Juniorprofessoren ent- hält und das Arbeitsrecht zur konkurrierenden Gesetzge- bung gehört, können deshalb insoweit landesgesetzliche Vorschriften Platz greifen.5 An dieser Rechtslage rührt auch der Vorschlag des Koalitionsvertrags nicht. Er will es er- sichtlich bei § 23 TzBfG belassen und verzichtet damit auf eine Korrektur der Rechtsprechung des BAG.
Dementsprechend können, soweit die Landeshoch- schulgesetze das vorsehen, Professoren im Falle der Erstbe- rufung nach wie vor zunächst zur Erprobung drei Jahre be- fristet angestellt werden.6 Auch steht der sechsjährigen Be- fristung der Arbeitsverhältnisse von Juniorprofessoren7 weiterhin nichts entgegen.
b. Leitendes wissenschaftliches Personal von For- schungseinrichtungen
Für das leitende wissenschaftliche Personal von For- schungseinrichtungen im Sinne von § 5 WissZeitVG gel- ten an sich sinngemäß die Vorschriften dieses Gesetzes.8 Die für § 14 TzBfG vorgeschlagenen Neuregelungen
- 4 Ausführlich und differenzierend hierzu Mandler/Wegmann, Der Befristungsgrund gem. § 14 Abs. 2 TzBfG im Anwendungsbe- reich des WissZeitVG, OdW 2018, 201ff.
- 5 BAG 11.9.2013, 7 AZR 843/11, NZA 2013, 1352.
- 6 So etwa § 50 Abs. 1 Satz 2 LHG Baden-Württemberg.
- 7 Vgl. etwa § 51 Abs. 8 LHG Baden-Württemberg.
- 8 Löwisch/Wertheimer, Hochschulrecht 3. Aufl. 2017, Rn 221.
- 9 So waren im Jahr 2017 insgesamt 4,3 Prozent der Beschäftigtenohne sachlichen Grund befristet. In Betrieben mit weniger als 75 Beschäftigten lag die Quote bei 2,7 Prozent, in Betrieben
mit mehr als 75 Beschäftigten gar bei 6,1 Prozent: Die Quote sachgrundlos befristeter Beschäftigter ist seit 2001 (damals 1,7 Prozent) bis 2017 um 2,6 Prozent gestiegen, Zahlen entnommen
haben deshalb für sie, nicht anders als für das wissen- schaftliche Personal der Hochschulen, Bedeutung nur insoweit als Befristungen außerhalb der Regeln des WissZeitVG vereinbart werden sollen.
c. Lektoren
Soweit Lektoren nicht zum wissenschaftlichen Personal im Sinne des WissZeitVG zu zählen sind, gelten für die Befristung der Arbeitsverhältnisse die Vorschriften des TzBfG und damit künftig auch die vorgeschlagenen Neuregelungen. Relevant werden kann dabei insbeson- dere die Beschränkung von Kettenbefristungen.
d. Nichtwissenschaftliches Personal
Auch für das nichtwissenschaftliche Personal gilt, gleich- gültig, ob es bei den Hochschulen oder bei Forschungsein- richtungen beschäftigt ist, das TzBfG. Dementsprechend wird in diesem Bereich von sachgrundlosen Befristungen durchaus Gebrauch gemacht. Man wird davon ausgehen können, dass hier wie allgemein9 etwa fünf Prozent der Beschäftigten sachgrundlos befristet sind.
Insoweit werden sich die Neuregelungen also auswir- ken. Auf der anderen Seite werden so Sachgrundbefristun- gen, insbesondere Drittmittelbefristungen zusätzlich Be- deutung erlangen.
III. Sachgrundlose Befristungen
1. Höchstquote
a. „ Arbeitgeber“ als Adressat
aa. Arbeitgeberbegriff
„Arbeitgeber“ ist nach der allgemeinen arbeitsrechtli- chen Terminologie, wie sie heute insbesondere in § 611a Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 BGB zum Ausdruck kommt, der Partner der Arbeitsverträge mit den Arbeit- nehmern.10 Auch das TzBfG geht, wen es wie in § 14 Abs.2 und § 8 Abs. 7 von „demselben Arbeitgeber“ spricht, von dieser Begriffsbestimmung aus.11 Dass der Koalitionsvertrag den Begriff anders verstehen will, ist nicht ersichtlich.
aus dem IAB-Kurzbericht 16/2018 von Hohendanner, S. 6, abruf- bar unter http://doku.iab.de/kurzber/2018/kb1618.pdf (abgerufen am 23.7.2018); siehe auch Hohendanner, Zur Einschränkung befristeter Arbeitsverträge im Koalitionsvertrag https://www. iab-forum.de/zur-einschraenkung-befristeter-arbeitsvertraege- im-koalitionsvertrag (Stand 15.2.2018; abgerufen am 29.6.2018).
10 Allgemein zum Arbeitgeberbegriff siehe AR-Kamanabrou, 8. Aufl. 2016, § 611 BGB Rn. 23ff.
11 Siehe für § 14 Abs. 2 BAG 10.11.2004, 7 AZR 101/04, AP § 14 TzBfG Nr. 14 und 26.6.2015, 7 AZR 452/13, EzA § 14 TzBfG Nr. 116, für § 8 Abs.7 TzBfG etwa Arnold/Gräfl/Vossen, TzBfG 4. Aufl. 2016, § 8 Rn 177f.
Löwisch/Schubert · Beschränkung befristeter Arbeitsverträge nach dem Koalitionsvertrag 2 6 5
Dementsprechend stellt der Vorschlag für die Be- rechnung der Höchstquote nicht auf die Größe der Be- triebsbelegschaft ab, wie das nach § 17 KSchG auf die Anzeigepflicht bei Massenentlassungen und in den vom BAG gezogenen Grenzen nach § 23 KSchG auf den Gel- tungsbereich des individuellen Kündigungsschutzes zu- trifft.12 Vielmehr soll maßgeblich sein, mit wie vielen Ar- beitnehmern eine natürliche oder juristische Person Ar- beitsverträgegeschlossenhat.13Obsiedieseineinem Betrieb oder in einer Dienststelle oder in mehreren be- schäftigt, spielt danach keine Rolle.
bb. Land als Arbeitgeber
Werden wie in den meisten Bundesländern die Arbeitsverträge der bei den Hochschulen Beschäftig- ten mit dem Bundesland abgeschlossen, zu dem die Hochschulen gehören, ist für die Höchstquote auf alle Arbeitnehmer des betreffenden Bundeslandes abzu- stellen. Besondere Quoten für einzelne Dienststellen und Betriebe und damit auch für die einzelnen Hoch- schulen gibt es nicht.
cc. Hochschule als Arbeitgeber
Sind, wie etwa in Nordrhein-Westfalen,14 Partner der Arbeitsverträge die Hochschulen selbst, bezieht sich die Höchstquote auf die jeweilige Hochschule. Eine Zusam- menrechnung der Beschäftigten mehrerer Hochschulen eines Landes findet nicht statt.
dd. Universitätsklinikum als Arbeitgeber
Soweit Universitätsklinika rechtlich selbständig sind und als solche die Arbeitsverträge mit ihren Beschäftigten abschließen, ist die Zahl dieser Beschäftigten maßge- bend. Ist das Universitätsklinikum Partner nur der Arbeitsverträge des Pflege- und Verwaltungspersonals, während Ärzte und Wissenschaftler Angestellte des betreffenden Bundeslandes sind, kommt es für die Quo- te nur auf die ersteren an.
ee. Forschungseinrichtung als Arbeitgeber
Auch für Forschungseinrichtungen ist maßgebend, wer Partner der Arbeitsverträge ist. Bei der Max-Planck- Gesellschaft und der Fraunhofer Gesellschaft sind das nicht deren Institute, sondern diese selbst.
- 12 Allgemein zu den Schwellenwerten siehe Wertheimer, in: Lö- wisch/Spinner/Wertheimer, KSchG, 10. Aufl. 2013, § 17 Rn. 23; zu § 23 KSchG siehe Löwisch, ebenda, § 23, Rn. 21.
- 13 Arnold/Romero, NZA 2018, 329, 330.
- 14 Zur Rechtslage in Nordrhein-Westfalen ausführlich Preis/Ulber,WissZeitVG, 2. Aufl. 2017, § 1 Rn 167.
- 15 BAG 18.1.1990, 2 AZR 355/89, BB 1990, 2192.
ff. Selbständige Serviceeinrichtung als Arbeitgeber
Sind bei Hochschulen, Universitätsklinika oder For- schungseinrichtungen bestimmte Dienstleistungen auf selbständige Serviceeinrichtungen ausgelagert, bezieht sich die Höchstquote auf diese.
Eine Zusammenrechnung mit den Arbeitnehmern der Hochschule, des Universitätsklinikums oder der For- schungseinrichtung unter dem Gesichtspunkt des gemeinsamen Betriebs mehrerer Unternehmen, wie sie für die den persönlichen Geltungsbereich des Allgemei- nen Kündigungsschutzes regelnden § 23 KSchG ange- nommen wird15, kommt nicht in Betracht, weil der Vor- schlag anders als § 23 KSchG nicht auf den Betrieb, son- dern auf den Arbeitgeber als Partner der Arbeitsverträge abstellt. Es liegt nicht anders als bei der Zuvor-Regelung des § 14 Abs. 2 TzBfG: Vorbeschäftigung bei „demselben Arbeitgeber“ liegt auch bei Beschäftigung in einem gemeinsamen Betrieb nur vor, wenn dieselbe Person Partner des früheren Arbeitsvertrags und Partner des neuen Arbeitsvertrags ist.16 Solange für sie wirtschaftli- che Gründe maßgeblich sind, liegt in einer solchen Gestaltung auch kein Rechtsmissbrauch.
gg. Hochschullehrer als Arbeitgeber
Nach einer Reihe von Landeshochschulgesetzen können Hochschullehrer unter bestimmten Voraussetzungen wissenschaftliche Mitarbeiter bei sich selbst anstellen. So bestimmt etwa § 41 Abs. 3 Satz 2 LHG Baden-Württem- berg, dass das Mitglied der Hochschule in begründeten Fällen mit den aus Drittmitteln bezahlten wissenschaftli- chen Mitarbeitern die Arbeitsverträge abschließen kann, sofern dies mit den Bedingungen des jeweiligen Geldge- bers vereinbar ist. Für diese Mitarbeiter gilt zwar in der Regel das WissZeitVG.17 Soweit das aber nicht der Fall ist, etwa weil der Mitarbeiter kein Qualifikationsziel ver- folgt oder weil der sich aus § 2 WissZeitVG ergebende Zwölfjahreszeitraum überschritten ist, gälte die Rege- lung ebenfalls. Die Höchstquote richtete sich dann nach der Zahl der bei dem betreffenden Hochschullehrer angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiter. Ob an dem jeweiligen Forschungsvorhaben auch noch bei der Hoch- schule oder beim Land angestellte Arbeitnehmer mit- wirken, spielt keine Rolle.
16 BAG 25.4.2001, 7 AZR 376/00, DB 2001, 2152 zum früheren § 1 BeschFG.
17 Krausnick, BeckOK Hochschulrecht Baden-Württemberg, von Coelln/Haug, 7. Edition, Stand: 1.11.2017, § 41 Rn. 18.
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b. 75 Beschäftigte als Voraussetzung
aa. Beschäftigtenbegriff
Der Vorschlag des Koalitionsvertrags zielt auf eine Modi- fikation der Vorschrift des § 14 Abs. 2 TzBfG über die sachgrundlose Befristung von „Arbeitsverträgen“. Dem- entsprechend meint er mit „Beschäftigten“ die Personen, die auf Grund eines Arbeitsvertrags als Arbeitnehmer bei dem betreffenden Arbeitgeber beschäftigt sind. Dass anders als etwa in § 8 Abs. 7 TzBfG, § 622 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit Abs. 6 BGB oder § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 BEEG nicht ausdrücklich von „beschäftigten Arbeitnehmern“ die Rede ist, kann keinen Unterschied machen.
Von vornherein nicht mit zu zählen sind mithin Be- amte und selbständig Tätige.
Nicht mitzuzählen sind aber auch Leiharbeitnehmer. Dies folgt zusätzlich aus dem Vorschlag über Kettenbe- fristungen: Wenn für diese ausdrücklich gesagt wird, dass Entleihungen mit gezählt werden sollen, heißt das im Gegenschluss, dass im Vorschlag über sachgrundlose Befristungen diese unberücksichtigt bleiben sollen.
Nicht mitzuzählen sind auch Auszubildende. Wegen der Besonderheiten des Berufsausbildungsverhältnisses sind auf diese die Vorschriften des § 14 TzBfG nicht an- zuwenden.18 Dem entspricht es, sie auch bei der Bestim- mung des Geltungsbereichs der Vorschrift über sach- grundlose Befristungen nicht mit zu zählen.
bb. Volleinrechnung von Teilzeitbeschäftigten
Anders als § 23 KSchG für den Geltungsbereich des KSchG sieht der Vorschlag für die Bestimmung des Gel- tungsbereichs des § 14 Abs. 2 TzBfG keine Einschrän- kung der Anrechnung von Teilzeitbeschäftigten vor. Es soll insoweit künftig nicht anders liegen als bei § 8 Abs. 7 TzBfG, der bei der für den Anspruch auf Ver- ringerung der Arbeitszeit maßgebenden Beschäftigten- größe Teilzeitbeschäftigte schon bisher voll berücksich- tigt.
c. Belegschaft als Bezugspunkt
Da der Vorschlag, wie unter a. aa. ausgeführt, auf den Arbeitgeber als Partner der Arbeitsverträge abhebt, muss es für die Höchstquote auch auf die Gesamtzahl der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer ankommen.
Dabei kann auch nicht zwischen unbefristet und be- fristet Beschäftigten unterschieden werden. Für die Grö- ße der Belegschaft eines Arbeitgebers kommt es nicht
18 KR– Lipke, 11. Aufl. 2016, § 14 TzBfG Rn 80; Arnold/Gräfl/Ram- bach aaO § 14 TzBfG Rn 6.
darauf an, welcher Art die bei ihm bestehenden Arbeits- verhältnisse sind. Dementsprechend sind auch die nach dem WissZeitVG oder dem ÄrzteBefrG befristeten Ar- beitsverhältnisse mit zu zählen.
Bei einem Unternehmen mit mehreren Betrieben oder Dienststellen ist nicht deren Belegschaft maßge- bend, sondern die Gesamtbelegschaft aller Betriebe und Dienststellen. Es liegt auch hier nicht anders als bei § 8 Abs. 7 TzBfG, wo ebenfalls die Gesamtbelegschaft maßgebend ist.19
d. 2,5 Prozent als Quote
aa. Letzte Einstellung ohne Sachgrund als Ausgangs- punkt der Berechnung
Nach dem Vorschlag soll die Quote „jeweils auf den Zeit- punkt der letzten Einstellung ohne Sachgrund zu bezie- hen sein“. Gemeint ist mit dieser nicht leicht verständli- chen Formulierung wohl, dass eine Neueinstellung ohne Sachgrund nur zulässig sein soll, wenn diese zusammen mit den schon bestehenden ohne Sachgrund befristeten Arbeitsverhältnissen die 2,5 Prozent als Quote nicht überschreitet.20 Dieses Verständnis führt zu flexiblen und zugleich dem Zweck des Vorhabens entsprechenden Ergebnissen: Die Beendigung bestehender sachgrundlos befristeter Arbeitsverhältnisse eröffnet dann die Mög- lichkeit neuer solcher Arbeitsverhältnisse, bis die Quote von 2,5 Prozent wieder erreicht ist.
Indem der Vorschlag auf die sachgrundlos befriste- ten „Einstellungen“ abstellt, bringt er zum Ausdruck, dass es allein auf den Abschluss entsprechender Arbeits- verträge ankommen soll, nicht aber auf die Frage, ob die vorgenommenen Befristungen wirksam sind oder nicht. Das ist folgerichtig. Die Unwirksamkeit von Befristun- gen kann nur im Wege der Befristungskontrollklage nach § 17 TzBfG geltend gemacht werden
bb. Auf- oder Abrundung
Die Quote von 2,5 Prozent führt vielfach zu unrunden Zahlen. So ergeben etwa 2,5 Prozent von 75 eine Zahl von 1,875. Das wirft die Frage von Auf- oder Abrundung auf: Sind im gebildeten Beispiel zwei oder nur ein sach- grundlos befristetes Arbeitsverhältnis zulässig?
Der Gesetzgeber könnte diese Frage entscheiden. Etwa könnte er nach dem Vorbild des § 5 Abs. 2 BUrlG bestimmen, dass Bruchteile von mindestens der Hälfte der vollen Zahl auf die volle Zahl aufzurunden sind. Im gebildeten Beispiel wären dann zwei sachgrundlos be- fristete Arbeitsverhältnisse zulässig.
19 Arnold/Gräfl/Vossen, § 8 TzBfG Rn 178. 20 Arnold/Romero, NZA 2018, 329, 330.
Löwisch/Schubert · Beschränkung befristeter Arbeitsverträge nach dem Koalitionsvertrag 2 6 7
Trifft der Gesetzgeber eine solche Entscheidung nicht, bliebe nur die Abrundung, weil die Aufrundung zur Über- schreitung der Quote führte.
cc. Kriterien interner Verteilung
Dass der Vorschlag die Höchstquote, wie unter a. dargelegt, auf den Arbeitgeber bezieht, wirft bei Arbeitgebern, die Arbeitnehmer in unterschiedlichen Betrieben oder Dienst- stellen beschäftigen, die Frage auf wie die begrenzte Zahl zulässiger sachgrundloser Befristungen intern verteilt wer- den soll. So ist dort, wo Arbeitgeber der Beschäftigten der Hochschulen das Land ist, zu entscheiden, ob diese eine der Zahl ihrer Beschäftigten entsprechende Quote zugeteilt erhalten, ob diese zu Lasten anderer Dienststellen des Lan- deserhöhtoderobsiezuderenGunstenvermindertwird. Auch muss eine entsprechende Entscheidung unter den verschiedenen Hochschulen getroffen werden.
Der Vorschlag enthält keine Regelung dieser Frage. Man muss deshalb davon ausgehen, dass es grundsätz- lich Sache des Arbeitgebers ist, zu entscheiden, für wel- che Einrichtungen er die begrenzte Zahl zulässiger sach- grundloser Befristungen einsetzt. Grenzen ziehen ihm insoweit nur die Diskriminierungsverbote des AGG: Nur Schwerbehinderte sachgrundlos zu befristen, ließe sich mit dem Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung nicht vereinbaren.
Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verpflichtet den Staat im Inte- resse der Pflege der Wissenschaft, seinen Hochschulen und Forschungseinrichtungen im notwendigen Umfang personelle, organisatorische und finanzieller Mittel zur Verfügung zu stellen.21 Dazu zählt auch die Verpflich- tung, den Hochschulen und Forschungseinrichtungen Zugang zu den Mitteln zu gewähren, über die er ver- fügt.22 Dieser Verpflichtung entspricht es, den Hoch- schulen und Forschungseinrichtungen den Zugang zu sachgrundlosen Befristungen nicht ohne besonderen Grund vorzuenthalten. Dementsprechend darf ein Land als Arbeitgeber seine Hochschulen und Forschungsein- richtungen jedenfalls nicht generell von der Zuteilung zulässiger sachgrundloser Befristungen ausschließen.
2. Höchstdauer und Verlängerungen
a. 18 Monate als Höchstdauer
Nach dem Vorschlag sollen sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnisse künftig nicht mehr zwei Jahre, son- dern nur 18 Monate dauern dürfen.
- 21 BVerfG 29.5.1973, 1 BvR 424/712 und 1 BvR 325/72, BVerfGE 35, 79, 95f; Scholz, Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 81. EL September 2017, Art. 5, Rn. 116.
- 22 Löwisch, Forschung und Vergaberecht, OdW 2016, 143, 154.
Für die Berechnung dieser Zeit gilt § 188 Abs. 2 BGB: Soll, wie in der Regel, ein Arbeitsverhältnis von einem bestimmten Tag an laufen, wird dieser nach § 187 Abs. 2 BGB bei der Berechnung mit gerechnet. So ist die Befristung eines am 1.April 2018 beginnenden Ar- beitsverhältnisses bis zum 30.9.2019 zulässig. Beginnt das Arbeitsverhältnis erst im Laufe eines Tages, zählt dieser Tag nach § 187 Abs. 2 BGB bei der Berechnung nicht mit. Im Beispielsfall ist dann eine Befristung bis zum 1. 10. 2019 zulässig.
b. Einmalige Verlängerung
Nach dem Vorschlag soll die Verlängerung eines auf kür- zere Zeit als 18 Monate abgeschlossenen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags künftig nur noch einmal zulässig sein.
Bei einer solchen Verlängerung ist, wie bisher bei den zulässigen drei Verlängerungen, zu beachten, dass eine Verlängerung nur vor Ablauf des Vertrages zulässig ist, während eine „Verlängerung“ nach Ablauf als Neuab- schluss gewertet werden muss mit der Folge, dass die sachgrundlose Befristung an der in §14Abs.2Satz2TzBfG getroffenen Zuvor-Regelung scheitert.23
Zu beachten ist nach wie vor auch § 30 Abs. 2 TV‑L, nachdem der sachgrundlos befristete Arbeitsvertrag in der Regel zwölf Monate nicht unterschreiten und die Vertragsdauer mindestens sechs Monate betragen soll.
c. Tarifdispositivität (§ 14 Abs. 2 Sätze 3 und 4 TzBfG)
Dauer der Befristung und Zahl der Verlängerungen ste- hen nach § 14 Abs. 2 Sätze 3 und 4 einer abweichenden tariflichen Regelung offen, die dann auch von nicht tarif- gebundenen Arbeitgebern übernommen werden kann. Diese Regelungen stellt der Vorschlag des Koalitionsver- trags nicht in Frage, so dass wohl auch in Zukunft von solcher Tarifdispositivität ausgegangen werden kann. Sie im Interesse von Hochschulen und Forschungseinrich- tungen durch eine weitere Sonderregelung in § 40 TV‑L künftig zu nutzen, liegt nahe.
3. Weitergeltung bisheriger Vorschriften
a. Arbeitgeber mit bis zu 75 Beschäftigten (§ 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG)
Der Vorschlag äußert sich nicht zu der Frage, was künf- tig für Arbeitgeber mit bis zu 75 Beschäftigten gelten soll.
23 Ständige Rechtsprechung, etwa BAG 9.9.2015, 7 AZR 190/14, Rn. 21; BAG 18.3.2015, 7 AZR 272/13, Rn. 45; BAG 16.1.2008, 7 AZR 603/06, Rn. 7 = BAGE 125, S. 248; BAG 12.8.2009, 7 AZR 270/08, Rn. 19.
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Man kann annehmen, dass die Koalitionsparteien, ohne das näher zu reflektieren, von einer Weitergeltung des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG in der durch den Vorschlag modifi- zierten Form (Beschränkung auf 18 Monate, nur einmalige Verlängerung) ausgegangen sind.
Immerhin lassen sich in Bezug auf diese Arbeitgeber auch Gründe für eine weitergehende Zulassung sachgrund- los befristeter Arbeitsverträge ins Feld führen: Einmal führt die ebenfalls vorgeschlagene, unter IV. erörterte Regelung der Kettenbefristungen dazu, dass sachgrundlose Befris- tungen ohnehin ausgeschlossen sind, wenn mit demselben Arbeitgeber zuvor schon Arbeitsverhältnisse mit einer Ge- samtdauer von fünf Jahren oder mehr bestanden haben. Das könnte man als ausreichend ansehen. Zum anderen lie- ße sich für Arbeitgeber mit bis zu zehn Arbeitnehmern so ein Gleichklang mit § 23 KSchG herstellen, der solche Kleinarbeitgeber vom Kündigungsschutz ausnimmt.
b. Vorbeschäftigungshindernis (§14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG)
In seiner geltenden Fassung bestimmt § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG, dass eine sachgrundlose Befristung nicht zulässig ist, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestan- den hat.
Das BAG hat diese „Zuvor-Regelung“ dahin interpre- tiert, dass Vorbeschäftigungsverhältnisse den Abschluss eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags dann nicht hindern, wenn zwischen der Beendigung des frü- heren Arbeitsverhältnisses und dem neuen Arbeitsver- hältnis ein Zeitraum von mehr als drei Jahren liegt.24
Diese Rechtsprechung hat das BVerfG für verfas- sungswidrig erklärt. Sie übergehe den klaren Willen des Gesetzgebers und ersetze diesen durch ein eigenes Rege- lungsmodell. Das sei mit dem Rechtsstaatsprinzip un- vereinbar.25 Bei diesem Verdikt ist das BVerfG aber nicht stehen geblieben. Weil das Vorbeschäftigungsverbot in die Arbeitsvertragsfreiheit der Beschäftigten und die Vertrags- und Dipositionsfreiheit des Arbeitgebers ein- greife, müssten die Fachgerichte durch verfassungskon- forme Auslegung den Anwendungsbereich der Vor- schrift einschränken, was insbesondere in Betracht kom- me, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lange zurück liegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer ge- wesen ist.26
Den Gesetzgeber sollte die aus der Entscheidung des BVerfG resultierende Rechtsunsicherheit zu einer aus-
- 24 BAG 6.4.2011, 7 AZR 716/09, NZA 2011, 905; BAG 21.9.2011, 7 AZR 375/10, AP Nr. 86 zu § 14 TzBfG.
- 25 BVerfG 6.6.2019, 1 BvL 7/14 und 1 BvL 13 75/14, Rn 76ff.
- 26 BVerfG aaO, Rn 63.
- 27 So auch Arnold/Romero, NZA 2018, 329, 331; Neumann, GWR2018, 66f; Löwisch, Anm. zu BVerfG aaO, SAE 2018, 4.
drücklichen Regelung veranlassen.27 Praktisch könnte eine entsprechende Anwendung der im Rahmen der Re- gelung von Kettenbefristungen ohnehin vorgesehenen Karenzzeit von drei Jahren angeordnet werden.
c. Sachgrundlose Befristungen (§ 14 Abs. 2 a und Abs. 3 TzBfG)
§ 14 Abs. 2a TzBfG lässt bislang in den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens, zu denen im Zusammenhang der Vorschrift auch selbständige Hoch- schulen und Forschungseinrichtungen gezählt werden müssen,28 die sachgrundlose Befristung eines Arbeits- vertrags für die Dauer von vier Jahren zu. Nach § 14 Abs. 3 TzBfG ist bislang bis zur Dauer von fünf Jahren die sachgrundlose Befristung des Arbeitsvertrags mit einem 52jährigen Arbeitnehmer zulässig, der unmittelbar zuvor vier Monate beschäftigungslos war.
Man kann wohl davon ausgehen, dass diese Son- derfälle von der Neuregelung unberührt bleiben sol- len. Unter dem Blickwinkel der Erleichterung von Un- ternehmensgründungen machte keinen Sinn, die Möglichkeit sachgrundlos befristeter Arbeitsverhält- nisse auf eine Quote von 2,5 Prozent der Belegschaft zu beschränken. Ebenso sinnwidrig wäre es, die be- fristete Einstellung älterer, zuvor beschäftigungsloser Arbeitnehmer auf diese Quote zu beschränken.
Folgerichtig können sachgrundlose Befristungen nach diesen Vorschriften dann auch bei der Berech- nung der Höchstquote für sachgrundlose Befristun- gen nach § 14 Abs. 2 TzBfG nicht mit zählen. Sonst er- wiese sich die Quotenregelung als praktisches Hin- dernis für deren Gebrauch.
4. Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als Rechts- folge des Verstoßes
a. Außerhalb des persönlichen Geltungsbereichs des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes
Wird die Höchstdauer von 18 Monaten überschritten oder gegen das Verbot mehrmaliger Verlängerungen verstoßen, ist die Rechtsfolge eindeutig: Nach § 16 Satz 1 TzBfG gilt der befristete Vertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Ist keine andere Kündigungsfrist ver- einbart, kann er frühestens zum vereinbarten Ende und auch dann unter Wahrung der Schranken des KSchG gekündigt werden.
28 Vgl. BAG 9.9.2015, 7 AZR 190/14, EzA § 14 TzBfG Nr. 118, nach dem eine Einschränkung der durch § 14 Abs. 2 Satz1 TzBfG eröff- neten Befristungsmöglichkeiten für öffentliche Arbeitgeber weder nach dem Gesetzeszweck noch unionsrechtlich geboten ist. Diese Erwägung gilt in gleicher Weise für § 14 Abs. 2a TzBfG.
Löwisch/Schubert · Beschränkung befristeter Arbeitsverträge nach dem Koalitionsvertrag 2 6 9
Besteht der Verstoß im Überschreiten der Quote von 2,5 Prozent, soll nach dem Vorschlag jedes weitere sach- grundlos befristete Arbeitsverhältnis ebenfalls als unbe- fristet zustande gekommen gelten. Wie unter III. 1. d. aa. ausgeführt, wird man das so verstehen müssen, dass die- se Rechtsfolge nur solange eintritt wie die Quote über- schritten ist. Wird die Quote wieder eingehalten, weil sich die Zahl sachgrundlos befristeter Arbeitsverhältnis- se im Zeitverlauf durch Umwandlung sachgrundlos be- fristeter in unbefristete Arbeitsverhältnisse oder durch Ausscheiden solcher Arbeitnehmer verringert hat, sind neue sachgrundlose Befristungen wieder zulässig. Glei- ches gilt, wenn die Quote infolge der Neueinstellung un- befristeter Arbeitnehmer wieder eingehalten ist.
Zu beachten ist, dass die Rechtsfolge des § 16 Satz 1 TzBfG nicht eintritt, wenn für die Befristung ein Sach- grund vorhanden ist. Ob dieser im Arbeitsvertrag aus- drücklich genannt ist oder nicht, spielt außerhalb des Geltungsbereichs des WissZeitVG von vornherein keine Rolle.29
b. Im persönlichen Geltungsbereich des Wissenschafts- zeitvertragsgesetzes
Nach dem Wortlaut des Vorschlags tritt die Rechtsfolge des unbefristeten Arbeitsverhältnisses auch ein, wenn mit dem betreffenden Arbeitnehmer ein nach Maßgabe des WissZeitVG befristetes Arbeitsverhältnis abge- schlossen werden konnte. Ob im Gesetzgebungsverfah- ren statt dessen die Überführung in ein nach dem Wiss- ZeitVG befristetes Arbeitsverhältnis vorgesehen oder ermöglicht wird, ist offen. Eine entsprechende Bestim- mung läge im Interesse der Hochschulen und For- schungseinrichtungen.
Geschieht das nicht, ist die Frage, ob eine solche Überführung vorsorglich im sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag vereinbart werden kann. Maßgebend für die Entscheidung dieser Frage ist das Zitiergebot von § 2 Abs. 4 Sätze 1 und 2 WissZeitVG. Danach ist im Ar- beitsvertrag anzugeben, ob die Befristung auf dem Wiss- ZeitVG beruht und kann ohne diese Angabe die Befris- tung nicht auf das WissZeitVG gestützt werden.
Unseres Erachtens genügt die Angabe, die Befristung werde für den Fall auf das WissZeitVG gestützt, dass sich die in erster Linie beabsichtigte sachgrundlose Befris- tung als unwirksam erweist, dem Zitiergebot. Das Zitier- gebot soll dem Arbeitnehmer Klarheit darüber verschaf- fen, dass er mit dem Ablauf der nach dem WissZeitVG zulässigen Befristungen mit dem Ende seines Arbeits-
29 BAG 23.6.2004, 7 AZR 636/03, EzA § 14 TzBfG Nr. 10; Arnold/ Gräfl/Gräfl aaO § 14 Rn 377.
verhältnisses bei der Hochschule oder Forschungsein- richtung rechnen muss. Diesem Zweck ist auch genügt, wenn die Angabe unter die Bedingung gestellt wird, dass die in erster Linie beabsichtigte sachgrundlose Befris- tung sich als unwirksam erweist. § 2 Abs. 2 WissZeitVG bestimmt ausdrücklich, dass wissenschaftliches Personal auch in nach Maßgabe des TzBfG befristeten Arbeitsver- hältnissen beschäftigt werden kann. Dem entspricht es, dass befristete Arbeitsverhältnisse mit diesen Mitarbei- tern von vorherein auch auf solche Befristungstatbestän- de gestützt werden können.30 Das muss dann auch um- gekehrt gelten.
c. Geltung der Dreiwochenklagfrist (§ 17 TzBfG)
Nach § 17 TzBfG muss die Rechtsunwirksamkeit einer Befristung innerhalb von drei Wochen gerichtlich gel- tend gemacht werden. Das gilt auch hier. Der Vorschlag des Koalitionsvertrags will die Frage der Zulässigkeit sachgrundloser Befristungen im Rahmen des TzBfG neu regeln. Zu diesem zählt auch § 17 TzBfG.
5. Sachgrundbefristungen als Alternativen
a. Vertretungsbefristung (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG)
§ 14 Abs. 2 TzBfG dient heute vielfach zur Bewältigung von zeitlich begrenzter Vertretungssituationen, wie sich durch Krankheit oder Beurlaubung ergeben können. Auch die Vertretung in der Elternzeit wird so einfach geregelt. Dem zieht die Höchstdauer von 18 Monaten eine neue Grenze.
Über 18 Monate hinausreichende Vertretungsfälle müssen deshalb im Wege der Sachgrundbefristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG und im Fall der Elternzeit nach § 21 BEEG gelöst werden. Das erfordert eine Prog- nose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Weg- fall des Vertretungsbedarfs, wobei die Anforderungen an die Prognose mit zunehmender Zahl der Befristungen steigen.31
a. Erprobungsbefristung (§14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG)
Sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnisse werden bis- lang auch als Probearbeitsverhältnisse genutzt. Auch das ist in Zukunft nur noch bis zur neuen Höchstdauer von 18 Monaten möglich.
§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG, der die Erprobung des Arbeitnehmers als Sachgrund für die Befristung wertet, eröffnet keinen weiteren Spielraum. Denn die Recht- sprechung zieht solchen Sachgrundbefristungen zeitlich
30 Arnold/Gräfl/Rambach aaO § 2 WissZeitVG Rn 38. 31 BAG 29.4.2015, 7 AZR 310/13.
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engere Grenzen: Im Regelfall sind dies sechs Monate,32 bei wissenschaftlich tätigem Personal 12 Monate.33
b. Haushaltsbefristung (§ 14 Abs.1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG)
Über 18 Monate hinausreichende Befristungen ermög- licht § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG. Nach dieser Vor- schrift stellt es einen Sachgrund dar, wenn der Arbeit- nehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haus- haltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und wenn er entsprechend beschäftigt wird. Vor- aussetzung ist, dass die Mittel haushaltsrechtlich mit nachvollziehbarer Zwecksetzung für bestimmte zeitlich begrenzte Aufgaben vorgesehen sind und die Beschäfti- gung nach Maßgabe dieser Zwecksetzung erfolgt. Dafür lässt die Rechtsprechung ausreichen, wenn im Umfang nicht in Anspruch genommener Planstellen befristete Arbeitsverhältnisse für Aushilfskräfte vorgesehen sind.34
Allerdings greift die Vorschrift nur für haushalts- rechtliche Regelungen des Bundes, der Länder und an- derer demokratisch legitimierte Gebietskörperschaften, nicht aber für andere Selbstverwaltungskörperschaften des öffentlichen Rechts.35 Ist, wie etwa in Nordrhein- Westfalen, die Hochschule selbst Arbeitgeber ihrer Be- schäftigten, scheidet diese Möglichkeit deshalb aus.
c. Drittmittelbefristung
In § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG nicht ausdrücklich geregelt, aber gleichwohl als Sachgrund anerkannt ist die Finan- zierung von Arbeitsverhältnissen aus Mitteln Dritter, die für eine befristete Beschäftigung zur Verfügung gestellt werden. Voraussetzung ist, dass die Mittel für einen bestimmten Zeitraum zur Finanzierung eines Arbeits- platzes im Rahmen eines von dem Dritten geförderten Projekts zur Verfügung gestellt werden und konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Drittmittel mit dem Ende des Bewilligungszeitraumes wegfallen.36
Praktisch sind solche Drittmittelbefristungen heute schon vielfach im Bereich der Forschungsförderung durch die DFG und andere öffentliche Fördereinrichtun- gen. Sie ist aber nicht auf solchen Einrichtungen be- schränkt, sondern kann auch durch Private, insbesonde- re privatrechtliche Stiftungen erfolgen.
Eine zeitliche Grenze zieht solchen Drittmittelbefris- tungen die Sonderreglung Nr. 8 von § 40 TV‑L. Danach sind kalendermäßig befristete Arbeitsverträge mit sach- lichem Grund nur zulässig, wenn die Dauer des einzel- nen Vertrags sieben Jahre nicht übersteigt.
- 32 BAG 2.6.2010, 7 AZR 85/09, NZA 2010, 1293.
- 33 BAG 15.3.1978, 5 AZR 831/76, AP Nr. 45 zu § 620 BGB Befriste-ter Arbeitsvertrag.
- 34 BAG 14.2.2007, 7 AZR 193/06; Arnold/Gräfl/Gräfl aaO§ 14 Rn 230.
IV. Kettenbefristung
1. Vorbeschäftigung
a. Anknüpfung an denselben Arbeitgeber
Wie der Vorschlag zur Beschränkung sachgrundloser Befristungen knüpft der Vorschlag zur Beschränkung von Kettenbefristungen nicht an Betrieb oder Unterneh- men, sondern an den Arbeitgeber als den Partner des Arbeitsvertrags mit dem Arbeitnehmer an.
Daraus folgt einerseits, dass es nicht darauf an- kommt, in welcher Dienststelle oder welchem Betrieb des Arbeitgebers der Arbeitnehmer seine Arbeitsleis- tung erbringt. Ist, wie in den meisten Bundesländern, Arbeitgeber das Land, sind Vorbeschäftigungen bei ver- schiedenen Hochschulen und Forschungseinrichtungen des Landes zusammen zu zählen. Auch Vorbeschäfti- gungen bei ganz anderen Dienststellen, etwa bei Schulen oder in der Justiz, rechnen mit.
Auf der anderen Seite scheidet damit eine Zusam- menrechnung der Arbeitsverhältnisse bei verschiedenen Arbeitgebern aus. Sind Partner der Arbeitsverträge Hochschulen oder Forschungseinrichtungen selbst, kön- nen auch nur die dort erreichten Vorbeschäftigungszei- ten berücksichtigt werden. Eine Anrechnungsvorschrift wie § 2 Abs. 3 Satz 1 WissZeitVG ist nicht vorgesehen. Grundsätzlich kann mit einem Arbeitnehmer in diesen Fällen also nach einer fünfjährigen befristeten Beschäfti- gung bei einer Hochschule oder Forschungseinrichtung ein weiteres befristetes Arbeitsverhältnis bei einer ande- ren Hochschule oder Forschungseinrichtung abge- schlossen werden. Eine Grenze ziehen insoweit nur die Grundsätze über den institutionellen Rechtsmissbrauch: Leistet der Arbeitnehmer nach Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags bei der anderen Hochschule seine Diens- te nach wie vor bei der bisherigen, ohne dass dafür eine besonderer Grund, etwa die Notwendigkeit, ein Projekt abzuschließen, besteht, kann das rechtsmissbräuchlich sein.
b. Anrechnung von Arbeitsverhältnissen
Der Vorschlag beschränkt sich auf die Anrechnung von Arbeitsverhältnissen, macht unter diesen aber keinen Unterschied. Angerechnet werden unbefristete wie befristete Arbeitsverhältnisse. Ob letztere mit oder ohne Sachgrund befristet waren, spielt keine Rolle. Erfasst werden auch Arbeitsverhältnisse, die nach dem Wiss-
35 BAG 9.3.2011, 7 AZR 728/09; BAG 10.7.2013, 7 AZR 833/11; Arnold/Gräf/Gräfl aaO § 14 Rn 240.
36 Zuletzt BAG 16.1.2018, 7 AZR 21/16, NZA 2018, 633; Arnold/ Gräfl/Gräfl aaO § 14 Rn 251ff.
Löwisch/Schubert · Beschränkung befristeter Arbeitsverträge nach dem Koalitionsvertrag 2 7 1
ZeitVG oder dem ÄrzteBefrG befristet waren. Auch auf den Gegenstand der Beschäftigungen in dem oder den vorangegangenen Arbeitsverhältnissen kommt es nicht an. Ein Arbeitnehmer, der nach einer Tätigkeit als wis- senschaftlicher Angestellter in eine Tätigkeit in der Ver- waltung wechseln will, stößt auch auf das Befristungs- verbot. Selbiges gilt auch für Arbeitnehmer, die die Regelaltersgrenze überschritten haben und im Anschluss hieran befristet weiterbeschäftigt werden sollen.37
Auf der anderen Seite werden auch nur Arbeitsver- hältnisse angerechnet. Die Anrechnung von Beamten- verhältnissen scheidet damit aus. Wer etwa als Akademi- scher Rat, wissenschaftlicher Assistent oder auch Junior- professor im Beamtenverhältnis gestanden hat, kann an- schließend befristet als Arbeitnehmer eingestellt werden.
Auch die Anrechnung von Zeiten eines Berufsausbil- dungsverhältnisses ist nicht vorgesehen. Auch wer eine dreijährige Berufsausbildung bei einer Hochschule oder Forschungseinrichtung absolviert hat, kann damit unter den allgemeinen Voraussetzungen weitere fünf Jahre bei dieser befristet beschäftigt werden, ehe das Verbot weite- rer befristeter Beschäftigung greift.
c. Anrechnung von Leiharbeitsverhältnissen
Der Vorschlag sieht die Anrechnung von Entleihungen durch ein oder mehrere „Verleihunternehmen“ vor. Erfasst werden damit nur Unternehmen, deren Geschäftszweck auf die Arbeitnehmerüberlassung gerichtet ist.
Auf Entleihungen unter juristischen Personen des öf- fentlichen Rechts im Sinne von § 1 Abs. 3 Nr. c AÜG er- streckt sich die Vorschrift von vornherein nicht. Stellt eine Hochschule einer anderen Hochschule Personal hat das keinen Einfluss auf die Möglichkeit der letzteren, dieses Personal später befristet einzustellen. Vielmehr bewendet es insoweit bei der Grenze des institutionellen Rechtsmissbrauchs im Sinne des unter b. Gesagten.
d. Dauer
Nach dem Vorschlag soll eine Vorbeschäftigungszeit von „fünf oder mehr Jahren“ gelten. Gemeint ist damit ersichtlich eine Höchstdauer von fünf Jahren oder mehr. Für deren Berechnung gelten auch hier die §§ 187, 188 BGB.38
- 37 Zur allgemeinen Zulässigkeit der befristeten Weiterbeschäftigung nach Erreichen der Regelaltersgrenze siehe EuGH 28.2.2018 – C‑46/17 (Hubertus John/Freie Hansestadt Bremen).
- 38 Dazu oben unter II 2 a.
Zusammengerechnet werden alle Arbeitsverhältnis- se, die zuvor mit demselben Arbeitgeber bestanden ha- ben. Ob diese unbefristet oder befristet waren, soll eben- so wenig eine Rolle spielen wie die Art des Beschäftigungsverhältnisses.
e. Karenzzeit
Der Vorschlag sieht eine Karenzzeit von drei Jahren vor: Nach Ablauf dieser Zeit soll auch wieder der Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags mit demselben Arbeit- geber zulässig sein.
Der Begriff der „Karenzzeit“ ist im hier in Rede ste- henden Zusammenhang als Zeit zu verstehen, die frei von Vorbeschäftigungsverhältnissen sein muss. Dement- sprechend führen auch neue unbefristete Arbeitsverhält- nisse aus dieser Zeit dazu, dass erst wieder nach weiteren drei Jahren ein befristetes Arbeitsverhältnis wirksam ab- geschlossen werden kann. Ob das unbefristete Arbeits- verhältnis als solches abgeschlossen worden ist oder aus einem in dieser Zeit unzulässiger Weise befristet abge- schlossenen Arbeitsverhältnis entstanden ist, spielt keine Rolle.
Dem Sinn des Vorschlags entspricht es, auch Entlei- hungen durch denselben Arbeitgeber mit der Folge als karenzzeitschädlich anzusehen, dass der Arbeitgeber ei- nen in der Karenzzeit entliehenen Arbeitnehmer erst nach drei Jahren befristet anstellen kann. Nicht ausge- schlossen ist aber eine weitere Beschäftigung als Leihar- beitnehmer, soweit diese sich im Rahmen der – möglich- weise tarifvertraglich modifizierten – Vorgaben des AÜG hält.39
In der Formulierung des Vorschlags bezieht sich die Karenzzeit auf den Zeitraum nach Ablauf der Höchst- dauer von fünf Jahren. Offen bleibt damit, ob auf diese Höchstdauer alle jemals zuvor mit demselben Arbeitge- ber bestehenden Arbeitsverhältnisse und Leiharbeitsver- hältnisse zusammengerechnet werden sollen oder ob die Berechnung auch der Höchstdauer nach einer Karenz- zeit von drei Jahren neu beginnen soll. Für eine Regelung im letzteren Sinne spricht, dass das BAG die Zuvor-Re- gelung des § 14 Abs. 2 TzBfG dahin verstanden hat, dass ein früheres Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitge- ber einer Befristung nach dieser Vorschrift nicht entge- gensteht,wenndieBeendigungdesfrüherenArbeitsver- hältnisses mehr als drei Jahre zurückliegt.40 Der diese
39 Hierzu Löwisch, Kettenbefristungen: Unausgegorenes im Koaliti- onsvertrag, DB-Rechtsboard vom 13. 3. 2018.
40 BAG 6.4.2011, 7 AZR 716/09, NZA 2011, 905 und BAG 28. 9. 2011, 7 AZR 375/10, AP § 14 TzBfG Nr.86.
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Entscheidungen tragende Grund, dass ein zeitlich unbe- schränktes Anschlussverbot zu einem die Berufsfreiheit des Arbeitnehmers unverhältnismäßig einschränkenden Einstellungshindernis führt, gilt auch hier.41
2. Ausnahmen
a. Befristungen wegen der Eigenart des Arbeitsverhält- nisses (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG)
Der Vorschlag sieht eine Ausnahme für Befristungen wegen der Eigenart des Arbeitsverhältnisses vor. Wenn er dabei auch nur Künstler und Fußballer ausdrücklich nennt, ist er doch wohl dahin zu verstehen, dass er alle unter § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG fallende Arbeitsver- hältnisse erfassen will. Das zeigt schon das Beispiel der Mitarbeiter von Parlamentsfraktionen, die sonst weithin nicht mehr befristet eingestellt werden könnten.
Unter § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG fallen insbeson- dere Arbeitsverhältnisse, deren Befristung ihren Grund im Schutz der vom Arbeitgeber verfolgten verfassungs- rechtlich relevanten Tendenz besteht. Zu denken ist im Hinblick auf Art. 5 Abs. 3 GG insoweit an wissenschaftli- che Dienstleistungen und Lehrtätigkeiten außerhalb des Anwendungsbereichs des WissZeitVG. So wird die Be- schäftigung eines Wissenschaftlers an einem länger dau- ernden, aber zeitlich begrenzten Forschungsprojekt auch jenseits der Höchstgrenze von fünf Jahren zulässig sein. Erfolgt die Befristung des Arbeitsvertrags eines Lektors wegen des Erfordernisses aktualitätsbezogenen Spezial- wissens, dient das der Verwirklichung der Lehrfreiheit der Hochschule, so dass die Befristung auch wegen der Eigenart des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt ist.42
Die in der Wissenschaftsfreiheit von Art. 5 Abs. 3 GG gründende, die Befristung rechtfertigende Eigenart wird man auch den Arbeitsverhältnissen des Leitungsperso- nals von Forschungseinrichtungen zusprechen müssen. Diese können nicht gehindert sein, auch nach Ablauf der – die Fünfjahresfrist übersteigenden ‑sich aus § 5 in Ver- bindung mit § 2 WissZeitVG ergebende Höchstfristen Leitungspersonal befristet einzustellen, um ihre Innova- tionsfähigkeit langfristig zu sichern.
c. Notwendigkeit weiterer Ausnahmen
Es liegt auf der Hand, dass die isoliert an § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG anknüpfende Ausnahmeregelung auch bei weiter Auslegung den Bedürfnissen von Wissenschaft und Forschung nicht gerecht wird. Dies gilt vor allem für das wissenschaftliche und künstlerische Personal. Des-
41 Näher hierzu oben unter III 3 b.
42 Allgemein hierzu Gräfl/Arnold/Gräfl, TzBfG 4. Aufl. 2016,
sen Befristung nach dem WissZeitVG „verbraucht“ regelmäßig den Fünfjahreszeitraum, so dass danach eine befristete Anstellung nach den allgemeinen Regeln des TzBfG nicht mehr möglich wäre.
Praktisch würde dies dazu führen, dass wissenschaft- liche Mitarbeiter einer Hochschule oder Forschungsein- richtung nach einer fünfjährigen Tätigkeit dort keine be- fristete Beschäftigung außerhalb des Geltungsbereichs des WissZeitVG übernehmen könnten. Weder eine An- schlussbeschäftigung nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 TzBfG noch eine Vertretungsbeschäftigung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG noch eine Probebeschäfti- gung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, noch auch eine auf Wunsch des Arbeitnehmers erfolgende Überbrückungs- beschäftigung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG wären zulässig. Auch Ärzten in der Weiterbildung, etwa einer solchen zum Facharzt, wäre nach fünf Jahren eine solche befristeten Beschäftigung verschlossen.
Vermeiden lassen sich diese Unzuträglichkeiten auf verschiedenen Wegen. Zu denken ist zuerst an eine Her- ausnahme von Beschäftigungen nach dem WissZeitVG und nach dem ÄrzteBefrG aus der anrechenbaren Vor- beschäftigungszeit von fünf Jahren. Dies würde den Be- dürfnissen der Angehörigen des wissenschaftlichen Per- sonals und der Ärzte in der Weiterbildung weitgehend genügen.
Nicht Rechnung getragen wäre damit indes betriebli- chen Bedürfnissen der Hochschulen und Forschungs- einrichtungen hinsichtlich des nichtwissenschaftlichen Personals und des Verwaltungspersonals und den Inter- essen dieses Personals selbst. Insoweit könnte eine Er- weiterung der vorgesehenen Ausnahmevorschrift auf weitere Nummern des Sachgrundkatalogs des § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG, insbesondere dessen Erstre- ckung auf die Nrn. 1, 2, 5 und 6 ins Auge gefasst werden; auch Nr. 8 (Befristung aufgrund gerichtlichen Ver- gleichs) müsste einbezogen werden.
Vorzuziehen wäre allerdings eine generelle Rege- lung, welche auch nach Ablauf der Vorbeschäftigungs- zeit den Abschluss befristeter Arbeitsverhältnisse aus besonderen Sachgründen zulässt. Das knüpfte auch an die bisherige Rechtsprechung des BAG an, die das Überschreiten der von ihm gezogenen zahlenmäßigen Begrenzung aneinander gereihter befristeter Arbeits- verhältnisse bei Vorliegen besonderer Sachgründe zu- lässt.43 Die Befugnis zu einer entsprechenden Rege- lung könnte auch den Tarifvertragsparteien einge- räumt werden.
§ 14 Rn 194.
43 Dazu im Einzelnen Löwisch, DB-Rechtsboard vom 13.3.2018
Löwisch/Schubert · Beschränkung befristeter Arbeitsverträge nach dem Koalitionsvertrag 2 7 3
3. Rechtsfolgen
a. bei Einhaltung der Vorbeschäftigungsgrenze
Wird die Vorbeschäftigungsgrenze eingehalten, ist der Abschluss befristeter Arbeitsverträge nach den allgemei- nen dafür geltenden Regeln zulässig. Sachgrundbefris- tungen müssen die Voraussetzungen des § 14 Abs. TzBfG erfüllen und die sich aus Nr. 8 der Sonderregelung zu § 30 TV‑L ergebende Höchstfrist von sieben Jahren ein- halten. Beim Abschluss von Folgeverträgen ist darauf zu achten, dass der erste befristete Vertrag in die Höchst- dauer von fünf Jahren einzurechnen ist.
Sachgrundlose Befristungen scheitern regelmäßig an der Zuvor-Regelung des § 14 Abs. 2 TzBfG. In Betracht kommen aber Befristungen nach § 14 Abs. 3 TzBfG.
b. bei Überschreiten der Vorbeschäftigungsgrenze
Wird die Vorbeschäftigungszeitgrenze nicht eingehalten, führt das nach § 16 TzBfG zur Entstehung eines Arbeits-
verhältnisses auf unbestimmte Zeit, das, wenn nichts anderes vereinbart ist, auch erst zum vereinbarten Ende gekündigt werden kann.
Auch die Unwirksamkeit dieser Befristung muss nach § 17 Satz 1 TzBfG innerhalb der Drei-Wochen-Frist klageweise geltend gemacht werden. Geschieht das nicht, endet das Arbeitsverhältnis trotz Unwirksamkeit der Be- fristung zum vereinbarten Zeitpunkt.
Manfred Löwisch ist Professor an der Albert-Ludwigs- Universität Freiburg und Leiter der Forschungsstelle für Hochschulrecht und Hochschularbeitsrecht.
Andreas Schubert ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Forschungsstelle für Hochschularbeitsrecht der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.
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