A. Übersicht I. Einleitung
II. Blick in die Geschichte – Zulassungsfragen als Dauerthema für die Medizinischen Fakultäten
III. Gemeinsames Modell der Studierendenauswahl von MFT und bvmd
1. Ziele
2. Modell
3. Umsetzung IV. Fazit
I. Einleitung
Warten passt nicht mehr in unser Gesellschaftsmodell. Die Wartehallen auf den Bahnhöfen – wo es sie denn noch gibt – heißen DB-Lounge und als Kunde hat nur Zugang, wer ein Ticket 1. Klasse hat. In den Wartezim- mern niedergelassener Ärzte trifft sich Tag für Tag halb Deutschland – kein Land der Welt hat so viele Arztkon- takte wie wir –, aber keiner will mehr warten, weshalb Gesundheitsminister Spahn jetzt die Sprechzeiten per Gesetz ausweiten lassen will. Es bleibt abzuwarten, was daraus wird.
‚Wartezeit‘ gilt als sinnlos verbrachte Lebenszeit. ‚Warten auf Godot‘, das existenzialistische Theaterstück von Samuel Beckett, 1953 in Paris uraufgeführt — das den Zwang zu langem, sinnlosem und vergeblichem Warten als Lebensmetapher hat – wird auf unseren Bühnen kaum mehr gespielt.
Daher war es nur folgerichtig, dass auch die Warte- zeit als Teil der Zulassungsregeln für Medizin und Zahn- medizin in den Fokus der Rechtsprechung umso intensi- ver geriet, je länger sie dauerte. Das VG Gelsenkirchen war zu der Überzeugung gekommen, dass die immer länger dauernde Wartezeit auf einen Studienplatz nicht mehr verfassungskonform sei und hatte dies im April 2012 dem Bundesverfassungsgericht als Vorlagebe- schluss vorgelegt. Dieses wies den Vorlagebeschluss als unzulässig ab – mit einer wenig überzeugenden Begrün- dung, wie sie der ansonsten hohen Qualität seiner Urtei- le nicht entspricht.2 Die Wartezeit ging weiter, das VG
* Danksagung: Der Autor dankt Herrn Dr. Reinhard Lohölter für seine Mitarbeit bei der Erstellung des Manuskripts.
1 Der Artikel basiert auf dem Vortrag des Autors zum Thema ‚Das NC-Urteil aus Sicht der universitären Ausbildung‘, gehalten auf dem 13. Hochschulrechtstag am 15. Mai 2018 in Erlangen.
Gelsenkirchen legte 2014 erneut – und nochmals umfas- send begründet – einen Vorlagebeschluss vor,3 der vom Verfassungsgericht nun auch ernst genommen und be- reits 3 1⁄2 Jahre später entschieden wurden. Insgesamt dauerte es 5 Jahre und 8 Monate – also keine 14 Semester, bis es zum wegweisenden Urteil vom 19.12.20174 kam – auch eine schöne Wartezeit!5
II. Blick in die Geschichte – Zulassungsfragen als Dauerthema für die Medizinischen Fakultäten
Für die Medizinischen Fakultäten in Deutschland und ihre Dachorganisation, den Medizinischen Fakultäten- tag (MFT), sind Diskussionen über die Zugangsregelun- gen zum Studium ein Dauerthema. Der Numerus clau- sus – allerdings für ausländische Bewerber – stand bereits auf der Gründungsversammlung des MFT im Jahre 1913 auf der Tagesordnung. Über Abiturnoten als Zulassungsbeschränkung hat der MFT bereits 1928 und 1931 diskutiert, über ein Punktesystem bei der Zulassung in den Jahren 1948 und 1963, über Mehrfachbewerbun- gen wurde erstmals 1962 beraten, der Losentscheid bei Zulassungen zum Studium war erstmals 1962 und 1963 Thema. Ein zentrales Zulassungsbüro wurde bereits 1962 gefordert. Der Numerus clausus war Thema in den Jah- ren 1927 und 1931, nach dem 2. Weltkrieg ab 1948 wurde immer wieder darüber diskutiert, ob die Auswahlverfah- ren vernünftig und gerecht sind, ob sie im Hinblick auf die künftige ärztliche Tätigkeit die Richtigen auswählen.6
Auch den ärztlichen Standesorganisationen war das Auswahlverfahren immer ein wichtiges Anliegen. Se- wering – der spätere Präsident der Bundesärztekammer – hat den seinerzeitigen Diskussionsstand treffend zusammengefasst:
„Es gibt manche Stimmen und Vorschläge für ein Auswahlverfahren. Es wird von Beurteilung durch die Schule, von Eignungsprüfungen, von Charakter- und In- telligenz-Tests, von Interviews gesprochen. Aber alle sind sich letzten Endes darüber klar, wie viele Schwä- chen solche Methoden haben. Wer will bei einem jungen Abiturienten mit genügender Sicherheit schon über die
NVwZ 2013, 35.
3 Urt. v. 18.3.2014, Az. 6z K 4229/13.
4 Urt. v. 19.12.2017, Az.: 1 BvL 3/14, 1 BvL 4/14 Rn. (1 – 253).
5 s. dazu auch J. Heidmann, A. Schwibbe, M. Kadmon, W. Hampe:
Warten aufs Medizinstudium – Sieben lange Jahre, Deutsches Ärzteblatt 2016, A1636-1638.
2 J. Müller, Warten auf Godot – Das BVerfG und die Wartezeit,
Ordnung der Wissenschaft 2018, ISSN 2197–9197
Josef Pfeilschifter
Das NC-Urteil des BVerfG vom 19.12.2017 aus Sicht der universitären Ausbildung*1
282 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 4 (2018), 281–284
Eignung zum Arzt entscheiden können, ohne die hohe, kaum tragbare Verantwortung der häufigen Fehlent- scheidungen auf sich zu nehmen?“7
Seither sind 60 Jahre ins Land gegangen – und man hat nicht den Eindruck, dass wir in allen Aspekten des Zulassungswesens grundlegend an Sicherheit, an wis- senschaftlicher Evidenz gewonnen haben.
III. Gemeinsames Modell der Studierendenauswahl von MFT und bvmd
Eine neue Qualität hat diese Diskussion in den letzten Jahren gewonnen: Der MFT hat in enger Kooperation mit der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd) ein neues, verfassungskonformes Modell der Studierendenauswahl entwickelt. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe hatte in einem sehr konst- ruktiven Prozess das neue Konzept erarbeitet. Das Ergebnis ist ein gutes Beispiel dafür, was erreicht werden kann, wenn die Vertretungen der Fakultäten und der Studierenden gemeinsam einen Vorschlag ausarbeiten und in die politische Debatte geben. Dieses gemeinsam erarbeitete Modell wird nachfolgend vorgestellt.8
Die Fakultäten und die Studierenden halten das der- zeitige Zulassungssystem für reformbedürftig. Bei den über die Wartezeit zugelassenen Studierenden ist die Ab- brecherquote, meist in den ersten Semestern, deutlich höher als bei den anderen Quoten. Ein Problem ist auch die Abiturbestenquote. Selbst eine 1,0 reicht nicht mehr, um sicher einen Studienplatz zu erhalten. Durch den deutlichen Anstieg bei den sehr guten Abiturnoten ist es kaum mehr möglich, die Bewerber im obersten Noten- bereich zu differenzieren. Es ist politischer Wille, die im Auswahlverfahren der Hochschulen bereits berücksich- tigten Kriterien (Studierfähigkeitstests, Assessment Cen- ter, Interviews, freiwilliges Engagement und berufsprak- tische Erfahrungen) auch auf breiterer Basis stärker ein- zubeziehen.9 Daher hatten bvmd und MFT bereits im Mai 2017 einen Vorschlag für ein reformiertes Zulas- sungsverfahren vorgelegt, der bereits viele Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts erfüllt. Nachfolgend wird der aktualisierte Vorschlag, der das Urteil des BVerfG vom 19.1.2017 aufnimmt, vorgestellt.
1. Ziele
Folgende Ziele werden formuliert:
1. Wartezeitquote und Abiturbestenquote entfallen künftig.
2. Die Abiturnote bleibt wesentliches Auswahlkriteri- um, wird aber durch weitere, eignungsrelevante Aus- wahlkriterien für alle Bewerber an allen Hochschulen ergänzt.
3. Das Auswahlverfahren soll deutschlandweit ein- heitlich, strukturiert, standardisiert und validiert sein.
4. Entsprechend der Profilbildung der Universitäten muss ein AdH-Verfahren mit zusätzlichen, von den Standorten aus einem gesetzlichen Katalog selbst zu wählenden Auswahlkriterien möglich sein. Auch sie müssen strukturiert, standardisiert und validiert sein.
5. Die Ortspräferenzen der Bewerber sollen als nach- rangiges Kriterium nach Ermittlung der Studieneignung für die Zuteilung zu einem Studienort berücksichtigt werden.
6. Die Umsetzung muss rechtssicher, mit vertretba- ren Ressourcen und entsprechendem zeitlichen Auf- wand realisierbar sein.
7. Die Überlegungen zur Studierendenauswahl im Masterplan Medizinstudium 2020 sollen aufgegriffen werden.
8. Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil vom 19.12.2017 sollen zeitnah umgesetzt werden.
2. Modell
Darauf aufbauend wird folgendes Modell vorgeschlagen:
Vorabquote
Die jetzige Vorabquote (Härtefälle, Nicht-EU-Auslän- der, Sanitätsoffiziersanwärter usw.) bleibt erhalten. Sofern zusätzlich eine sogenannte Landarztquote einge- führt wird, wäre diese als Vorabquote abzubilden.
Auswahlquote
Aus drei bisher separaten Quoten (Abiturbeste, AdH und Wartezeit) wird künftig eine einzige Quote mit beliebig vielen Ortspräferenzen.
Zunächst erfolgt für alle Bewerber eine zentrale deutschlandweite Auswahlstufe über die Stiftung für Hochschulzulassung unter Zugrundelegung folgender Kriterien:
1. Abiturnote (max. 40 Punkte): Das Notenspektrum des Abiturs wird nach Ausgleich der Unterschiede zwi-
konformes Modell der Studierendenauswahl in der Medizin.
Gemeinsames Modell. Berlin 2018.
9 Masterplan Medizinstudium 2020, https://www.bmbf.de/
files/2017–03-31_Masterplan%20Beschlusstext.pdf (Abrufdatum 27.6.2018).
6 7 8
J. Nachtigal, Der Deutsche Medizinische Fakultätentag 1913 bis 1972. Med. Diss., Erlangen 1973.
H.-J. Sewering, Reform des Medizinstudiums, Deutsches Ärzte- blatt 1959, 959.
Medizinischer Fakultätentag (MFT) und Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd), Verfassungs-
Pfeilschrifter · Das NC-Urteil aus Sicht der universitären Ausbildung 2 8 3
schen den verschiedenen Bundesländern über eine Punkteskala von 40 Punkten abgebildet.
2. Medizinspezifischer Studierfähigkeitstest (max. 40 Punkte): Der Test soll durch die Abiturnote nur unzurei- chend abgebildete Fähigkeiten prüfen. Dies kann durch Weiterentwicklung der etablierten Tests TMS (Test für Medizinische Studiengänge) und HAM-Nat (Hambur- ger Naturwissenschaftstest) erfolgen. Auf der Skala von 40 Punkten erlaubt dies eine Differenzierung vor allem im Bereich der sehr guten Testleistungen.
3. Berufspraktische Erfahrung in einem medizinnah- en Bereich oder ein staatlich anerkannter Freiwilligen- dienst (max. 10 Punkte): Maximal 10 Punkte werden für eine Tätigkeit von 12 Monaten vergeben. Längere Zeiten sollten nicht zusätzlich berücksichtigt werden, um Kon- kurrenz mit Ausbildungsberufen zu vermeiden. Die an- zuerkennende Tätigkeit muss eignungsrelevant für das Medizinstudium sein und einheitlich geregelt werden.
4. Situational Judgement Test (SJT) (max. 10 Punkte): In einem validierten schriftlichen bzw. computergestütz- ten Verfahren soll das soziale Urteilsvermögen anhand konkreter Situationen aus dem Studien- und Berufskon- text getestet werden. Der Test sollte deutschlandweit ein- heitlich, strukturiert und transparent sein, er könnte zu- sammen mit dem Studierfähigkeitstest durchgeführt werden.
Es wird eine Punktesumme gebildet, sie ist die Grundlage für eine bundesweite Rangliste. 50% der ins- gesamt zu vergebenden Studienplätze werden auf Basis der Rangliste vergeben:
„Hierbei wird beginnend mit dem Bewerber mit der höchsten Punktsumme jeder Bewerber dem Studienort zugeteilt, an dem noch nicht 50% der lokal verfügbaren Plätze vergeben sind und den er mit höchster Präferenz gewählt hat.
Die übrigen 50% der Plätze eines jeden Standorts werden im Rahmen eines standortspezifischen Aus- wahlverfahrens vergeben. Jeder Bewerber kann hierbei an Verfahren an mehreren Orten teilnehmen. Bei auf- wändigen Auswahlverfahren können die Fakultäten die Anzahl der Teilnehmer einschränken und nur solche Teilnehmer berücksichtigen, die die Fakultät mit einer vorgegebenen Ortspräferenz genannt haben. Die Vor- auswahl erfolgt dann entsprechend der bundesweiten Rangliste.“10
Die Fakultäten können ggf. weitere eignungsrelevan- te Kriterien aus einem gesetzlich festgelegten Katalog wie strukturierte Interviewverfahren zur Ermittlung kommunikativer und sozialer Kompetenzen oder der
10 S. Fußnote 8.
Motivation in ihr Auswahlverfahren aufnehmen. Diese müssen zielorientiert, transparent, strukturiert und dis- kriminierungsfrei gestaltet werden. Die fakultären Aus- wahlkriterien können allein oder in Kombination mit zentral erhobenen Kriterien für die Auswahlentschei- dung eingesetzt werden.
Die Fakultäten können auch auf ein aufwändiges standortspezifisches Verfahren verzichten und ihre wei- teren Studienplätze gemäß der Rangliste aus dem zentra- len Verfahren besetzen oder dabei die bereits zentral er- fassten Kriterien anders gewichten. Eine Vorauswahl nach Ortspräferenz darf dann nicht erfolgen.
Die erste Auswahlstufe mit den oben genannten Kri- terien sollte bei Einführung einer Landarztquote – die von MFT und bvmd im Übrigen abgelehnt wird – auch für die Bewerber innerhalb dieser Quote gelten – ebenso für die Quote der Nicht-EU-Ausländer. Hierfür müsste ein geeignetes Verfahren gefunden werden. Die Anwen- dung für weitere Gruppen der Vorabquote wäre zu prüfen.
3. Umsetzung
MFT und bvmd fordern eine zügige Umsetzung die- ses Vorschlags durch Bund und Länder, um innerhalb der vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Frist bis zum 31.12.2019 ein validiertes, praktikables und verfas- sungskonformes Zulassungsverfahren zu etablieren.
In einem Verbundantrag auf die vom Bundesministe- rium für Bildung und Forschung ausgeschriebene Be- gleitförderung der Forschung zur Studierendenauswahl im Rahmen des Masterplans Medizinstudium 202011 ha- ben 18 medizinische Fakultäten zusammen mit weiteren Kooperationspartnern Projekte beantragt, die auf dem hier vorgestellten Vorschlag zur Studierendenauswahl aufbauen:
„Dabei sollen
- die in Deutschland bereits bestehenden und
erprobten Studierfähigkeitstests zusammenge
führt und weiterentwickelt werden,
- ein Situational Judgement Test entwickelt und
validiert werden,
- die Fakultäten beim Einsatz strukturierter
Interviews zur Messung psychosozialer und kommunikativer Kompetenzen im AdH unter stützt werden,
- andere Auswahlkriterien wie z.B. Berufserfah rung validiert werden,
- eine zentrale Servicestelle im Auftrag der Hoch schulen zur Unterstützung bei der Entwicklung
11 https://www.bmbf.de/foerderungen/bekanntmachung-1424.html (Abrufdatum: 29.6.2018).
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von AdH-Verfahren und der Durchführung
bundesweiter Auswahltests aufgebaut werden. MFT, bvmd und der Forschungsverbund stehen be- reit für eine konstruktive Zusammenarbeit bei der Neu-
gestaltung des Hochschulauswahlrechts“.12
Der MFT hat das MFT/bvmd-Modell im Hinblick
darauf prüfen lassen, ob es den Vorgaben des Urteils vom 19. Dezember 2017 gerecht wird.13
Die Prüfung kommt zu dem Ergebnis, dass das Mo- dell die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts erfüllt. Vorteile sind die
- - erwünschte Relativierung der Abiturnote,
- - erwünschte Einbeziehung von soft skills,
- - Gewährleistung fakultärer Freiräume,
- - Beschränkung der Ortspräferenz in der Vorauswahl auf und
- - hohe Transparenz durch Beschränkung auf 5Kriterien.Im Vergleich zu der von Sewering Ende der 50er Jah- re konstatierten Situation haben wir heute eine viel grö- ßere Evidenz in etlichen Bereichen, etwa beim Abitur oder beim TMS. Wir haben – weltweit betrachtet – eine Vielzahl von Daten und Publikationen zur Rolle des In- terviews beim Studienzugang, allerdings mit mäßiger Überzeugungskraft. Wir haben wenig überzeugende Er- gebnisse zu Auswahlverfahren, die auf soziale oder kom- munikative Kompetenzen ausgerichtet sind.14 Insofern ist es wichtig, dass der Verbundantrag jetzt gefördert wird – hoffentlich mit langem Atem. Es wird nämlich dauern, bis wirklich belastbare – und justiziable – Daten etwa zur späteren beruflichen Orientierung von Absol- venten vorliegen.Jetzt hat das Warten wohl bald ein Ende. Das Bun- desverfassungsgericht hat am 17.12.2017 festgestellt, dass eine Wartezeitquote verfassungsrechtlich nicht geboten sei.15 Eine richtige und überfällige Entscheidung. Die Wartezeit aller Beteiligten hätte durchaus verkürzt wer- den können. Die neuen Konzepte für die Studienplatz- vergabe kommen denn auch ohne Wartezeit aus.Je nachdem, wie die Länder den neuen Staatsvertrag entwerfen, könnte sich allerdings für einen Teil der Alt- bewerber das Warten durchaus als ‚Warten auf Godot‘ herausstellen, nämlich dann, wenn es keine umfängliche12 S. Fußnote 8.
- 13 G. Werner, Erfüllt der Vorschlag des MFT/bvmd die verfassungs-rechtlichen Vorgaben des BVerfG? Aus: Verfassungskonforme Zulassung zum Medizinstudium; MFT/bvmd-Forum, Berlin 26.2.2018.
- 14 A. Schwibbe, J. Lackamp, M. Knorr, J. Hissbach, M. Kadmon, W. Hampe, Medizinstudierendenauswahl in Deutschland – Messung kognitiver Fähigkeiten und psychosozialer Kompetenzen, Bun- desgesundheitsblatt 2018, 178.
Übergangsregelung geben sollte. Auch die Bundesregie- rung – zieht man den Koalitionsvertrag vom 12. März 2018 zu Rate16 – will sich engagieren:
„Der Bund wird die Länder bei der Novellierung der Hochschulzulassung zum Medizinstudium begleiten, die im Zuge des Bundesverfassungsgerichtsurteils not- wendig geworden ist.“
Und weiter hinten im Vertrag wird hinzugefügt: „Den Masterplan Medizinstudium 2020 wollen wir ins- besondere im Hinblick auf die Neuregelung des Studien- zugangs (…) zügig umsetzen. Dazu gehören auch mehr Medizinstudienplätze.“17
IV. Fazit
Was ist aus Sicht der Fakultäten besonders wichtig, was muss das neue Verfahren gewährleisten?
1. Es darf nicht – nach einer Phase der hochschul- rechtlichen Deregulierung und Gewährung von Gestal- tungsräumen für die Universitäten — zu einem Rollback mit restriktiven Vorgaben von staatlicher Seite kommen. Das neue Verfahren muss weiterhin erhebliche Gestal- tungsspielräume für die Fakultäten ermöglichen. Profil- bildung und Vielfalt müssen erhalten werden.
2. Die Neuregelung muss so ausgestaltet werden, dass sie rechtssicher ist und eine hohe Akzeptanz findet; wie auch immer sie ausfällt, sie wird weiterhin ein attrak- tives juristisches Betätigungsfeld bieten.
3. Die Neuregelung der Zulassungswege wird die Diskussion über den rechten Weg ins Medizinstudium und in den Arztberuf nicht beenden. Neue Regeln wer- den neue Auswirkungen und Diskussionen nach sich ziehen. Solange das Medizinstudium seine hohe Attrak- tivität behält – und es spricht nichts dafür, dass sich dies in absehbarer Zeit ändern wird –, werden wesentlich mehr Bewerber um die nach wie vor begrenzten Plätze konkurrieren und die Kritik an neuen Auswahlverfahren wird uns weiterhin begleiten.
Josef Pfeilschifter ist Dekan des Fachbereichs Medizin der Goethe-Universität, 1. Vizepräsident des Deut- schen Hochschulverbands; er war bis Ende Juni 2018 langjähriges Mitglied im Präsidium des Medizinischen Fakultätentages.
15 Urt. v. 19.12.2017, Az.: 1 BvL 3/14, 1 BvL 4/14 Rn. 216.
16 Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD. 19. Legislatur-
periode: Ein neuer Aufbruch für Europa. Eine neue Dynamik
für Deutschland. Ein neuer Zusammenhalt für unser Land. Berlin, den 18.3.2018; https://www.bundesregierung.de/Content/ DE/_Anlagen/2018/03/2018–03-14-koalitionsvertrag.pdf ?__ blob=publicationFile&v=2, Zeilen 1426 — 1429 (Aufrufdatum 27.6.2018).
17 S. Anm. 15, Zeilen 4655 – 4658.