ÜBERSICHT
I. Alte Rechtslage – Neue Möglichkeiten 1. Freies Wahlrecht
2. Praktische Anwendungsfälle der Befristung gem. § 14 Abs. 2 TzBfG
II. Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht
3. BAG, Urteil vom 18. Mai 2016 – 7 AZR 533/14
4. BAG, Urteil vom 8. Juni 2016 – 7 AZR 259/14
5. BAG, Urteil vom 28. September 2016 – 7 AZR 549/14
6. BAG, Urteil vom 14. Juni 2017 – 7 AZR 597/15
7. Lex specialis statt Privilegierung auch für § 14 Abs. 2 TzBfG
III. Zulässigkeit einer sachgrundlosen Befristung gem.
§ 14 Abs. 2 TzBfG im Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 WissZeitVG
IV. Zulässigkeit einer sachgrundlosen Befristung gem. § 14 Abs. 2 TzBfG im Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 WissZeitVG
V. Zulässigkeit einer sachgrundlosen Befristung gem. § 14 Abs. 2 TzBfG im Anwendungsbereich des § 6 WissZeitVG
VI. Praktische Umsetzun
1. Im Zweifel Befristung nach dem WissZeitVG 2. „Altverträge“
3. Beteiligungsrechte des Personalrats
VII. Fazit
Das Verhältnis der Befristungsgründe des TzBfG gegenüber denen des WissZeitVG schien geklärt. So stand den Hochschulen, Universitätsklinika und außeruniversitären Forschungseinrichtungen nach herkömmlicher Meinung ein Wahlrecht zwischen den Befristungsgründen des WissZeitVG und des TzBfG zu. Dieses privilegierende Verständnis hat das Bun- desarbeitsgericht in seinen Entscheidungen vom 18.Mai 2016, 8. Juni 2016 und 28. September 2016 nunmehr zugunsten einer lex specialis-Betrachtung
- 1 Angesichts der beabsichtigten Novellierung des § 14 Abs. 2 TzBfG aber auch wieder einschränken könnte, siehe hierzu umfassend Löwisch/Schubert, Beschränkung befristeter Arbeitsverträge nach dem Koalitionsvertrag: Auswirkungen auf Hochschulen und Forschungseinrichtungen erscheint in OdW Heft 4/2018.
- 2 Löwisch in AR-Fachanwaltskommentar, 8. Aufl. 2016, Wiss- ZeitVG § 2 Rn. 9 ff; Preis, WissZeitVG, 1. Aufl. 2008, WissZeitVG § 1 Rn. 57, Rn. 73; Rambach in Arnold/Gräfl/Imping, Teilzeit- und Befristungsgesetz, 2. Aufl. 2007, WissZeitVG § 1 Rn. 42 f.;
Tobias Mandler und Laura Wegmann
Der Befristungsgrund gem. § 14 Abs. 2 TzBfG im Anwendungsbereich des WissZeitVG
weithin aufgegeben. Das WissZeitVG ist danach nicht mehr Privileg, sondern zwingende Vorgabe.
Die Reichweite dieser Rechtsprechungsänderung hat das BAG dabei gegenüber den Befristungsgründen des WissZeitVG und § 14 Abs. 1 TzBfG dem Grunde nach geklärt. Offen geblieben ist bisher allerdings die Frage, ob die Änderungen auch § 14 Abs. 2 TzBfG betreffen, der im Folgenden nachgegangen werden soll.
Die folgenden Ausführungen gliedern sich hierzu in eine zusammenfassende Darstellung der bisherigen (I.) und neuen Rechtslage (II.) in Bezug auf das Ver- hältnis der Befristungsgründe des WissZeitVG und des TzBfG zueinander. Die hieraus gewonnenen Er- kenntnisse werden sodann auf die sachgrundlose Be- fristung in § 14 Abs. 2 TzBfG übertragen und im Ein- zelnen den Befristungsgründen nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG (III.), § 2 Abs. 2 WissZeitVG (IV.) und § 6 WissZeitVG (V.) gegenübergestellt. Schließlich wird die praktische Umsetzung der gefundenen Er- gebnisse beleuchtet (VI.).
I. Alte Rechtslage – Neue Möglichkeiten
Nach nunmehr überholter Rechtslage wurde in den Befristungsgründen des WissZeitVG lediglich eine Pri- vilegierung der Hochschulen, Universitätsklinika und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, nicht aber eine zwingende Spezialisierung gesehen. Dies führte dazu, dass die sachgrundlose Befristung in § 14 Abs. 2 TzBfG auch in der Praxis Fuß fassen konnte und ihren Anwendungsbereich seit der Novellierung des Wiss- ZeitVG sogar noch erweitert haben dürfte.1
1. Freies Wahlrecht
Das voraussetzungslose Wahlrecht zwischen den Befris- tungsgründen des WissZeitVG und denen des TzBfG wurde bisher zwanglos aus § 1 Abs. 2 WissZeitVG abge- leitet.2 Dort heißt es bekanntlich nach wie vor:
Müller-Glöge in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 17. Aufl. 2017, WissZeitVG§ 1 Rn. 17; Joussen, WissZeitVG, 1. Aufl. 2012, WissZeitVG § 1 Rn. 12; Schmidt in Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 5. Aufl. 2017, WissZeitVG § 1 Rn. 32; Däubler in Kittner/Däubler/Zwanziger, 8. Aufl. 2011, WissZeitVG
§ 1 Rn. 22 f.; Reich, Kommentar zum Hochschulrahmengesetz mit Wissenschaftszeitvertragsgesetz, 11. Aufl. 2012, WissZeitVG § 1 Rn. 7; zur Entwicklung Meißner, Entstehung und Entwicklung des Hochschulbefristungsrechts, 2016 S. 97, 169, 172.
Ordnung der Wissenschaft 2018, ISSN 2197–9197
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„(2) Unberührt bleibt das Recht der Hochschulen, das in Absatz 1 Satz 1 bezeichnete Personal auch in unbefriste- ten oder nach Maßgabe des Teilzeit- und Befristungsge- setzes befristeten Arbeitsverhältnissen zu beschäftigen.“
Bestätigung fand diese Annahme dabei auch wieder- holt im geäußerten Willen des Gesetzgebers. So wird die Existenz des Wahlrechtes etwa in der Begründung zum Ersten Gesetz zur Änderung des Wissenschaftszeitver- tragsgesetzes vom 11. März 2016 (BGBl. I. S. 442) aus- drücklich vorausgesetzt:3
„Die befristete Beschäftigung des in § 1 Abs. 1 Satz 1 ge- nannten Personals kann entweder nach Maßgabe des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes erfolgen oder nach Maßgabe des Teilzeit- und Befristungsgesetzes, und zwar unabhängig davon, ob es sich um den erstmaligen Abschluss oder die Verlängerung eines Arbeitsvertrages handelt.“
Ausgehend von dem insofern verlautbarten Willen des Gesetzgebers, durfte die bis dato herrschende Meinung folglich begründet auf eine bloße Privilegierung der Uni- versitäten, Hochschulen und außeruniversitären For- schungseinrichtungen durch die Befristungstatbestände des WissZeitVG schließen. Für ein insoweit abweichendes Verständnis waren weder im Gesetz selbst, noch in der bis dahin ergangenen Rechtsprechung entsprechende Anhalts- punkte erkennbar oder enthalten.
2. Praktische Anwendungsfälle der Befristung gem.§ 14 Abs. 2 TzBfG
Infolge der Annahme einer Privilegierung haben sich die Universitäten, Hochschulen und außeruniversitären For- schungseinrichtungen in praxi verschiedentlich der Befris- tung in § 14 Abs. 2 TzBfG bedient, um hierdurch bestehen- den Unzulänglichkeiten des WissZeitVG zu begegnen.
§ 14 Abs. 2 TzBfG erlaubt zunächst eine relativ voraus- setzungslose und dann scheinbar rechtssichere Befristung, der insbesondere in Zweifelsfällen Vorrang vor anderen – voraussetzungsreicheren – Befristungsgründen eingeräumt
- 3 BT-Drs. 16/3438 S. 11.
- 4 Wobei die nur zweijährige Befristungsdauer und Begrenzung derAnzahl der Verlängerungen – anders in § 2 Abs. 1 Satz 7 Wiss-ZeitVG – in Kauf genommen werden.
- 5 Zu dieser im Überblick Müller, Die neue studienbegleitende Beschäf-tigung nach Wissenschaftszeitvertragsgesetz, öAT 2016, 90 ff.
- 6 Müller-Glöge in ErfK, 18. Aufl. 2018, WissZeitVG § 6 Rn. 7.
- 7 Ansonsten ist eine Befristung freilich ausgeschlossen, vgl.Mandler/Meißner, Entwurfsdiskussion WissZeitVG – Möglich- keiten, Einschränkungen, Verbesserungspotential, OdW 2016, 37; Meißner, Entstehung und Entwicklung des Hochschulbefristungs- rechts, 2016, S. 173.
wird.4 Dies beruht insbesondere im Hochschulbereich auch darauf, dass die vorgenannten Einschränkungen im Zu- sammenspiel mit einer anschließenden WissZeitVG-Be- fristung letztlich ohne Folgen bleiben, denn nach § 2 Abs. 3 WissZeitVG wird die Fortsetzung bzw. Verlängerung der Befristung lediglich auf die Höchstbefristungsgrenze im Fall einer anschließenden Befristung gem. § 2 Abs. 1 Wiss- ZeitVG angerechnet. Befristungen nach § 2 Abs. 2 Wiss- ZeitVG kennen zudem ohnehin keine Höchstbefristungs- grenze und bleiben daher als alternative Anschlussbefris- tung stets mögliches Mittel. Die Befristung nach § 6 Wiss- ZeitVG5 ist demgegenüber von der Anrechnungsregel in§ 2 Abs. 3 Satz 3 WissZeitVG ausdrücklich ausgenom- men,6 weshalb über eine erstmalige Befristung7 nach § 14 Abs. 2 TzBfG faktisch eine insgesamt achtjährige Be- fristungsdauererreichtwerdenkann.8
Ausgehend von den vorgenannten systematischen Un- terschieden der parallelen Anwendbarkeit zwischen den Befristungssystemen des WissZeitVG und § 14 Abs. 2 TzBfG haben sich in der Praxis insbesondere die folgenden Anwendungsfelder ergeben:
So wird § 14 Abs. 2 TzBfG etwa eingesetzt, wenn die Höchstbefristungsdauer des WissZeitVG erschöpft ist und der Beschäftigte9 die Hochschule – bei Direktanstel- lung – oder das anstellende Bundesland – bei Landesbe- schäftigung – wechselte. Infolge des Arbeitgeberwechsels liegen die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 TzBfG vor und eine Befristung kann ungeachtet der bereits erschöpften Höchstbefristungsdauer für weitere zwei Jahre erfolgen. Anders als die Anrechnungsregel in §2Abs.3 Wiss- ZeitVG, knüpfen die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 TzBfG gerade nicht an die Art des deutschen Arbeitgebers, sondern nur an den jeweiligen Arbeitgeber10 an.
Ebenso wird die Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG eingesetzt, um bereits erreichte Höchstbefristungsgren- zen gegenüber dem arbeitgebenden Land durch eine Di- rektanstellung an der jeweiligen Anstalt oder deren Tochterunternehmen zu begründen und so wiederum die Befristungsdauer faktisch zu verlängern, ohne dass es dabei aber unbedingt zu einer sittenwidrigen Ketten- befristung kommen muss.11
8 Mandler/Meißner, Entwurfsdiskussion WissZeitVG – Möglich- keiten, Einschränkungen, Verbesserungspotential, OdW 2016, 38; Meißner, Entstehung und Entwicklung des Hochschulbefristungs- rechts, 2016, S. 174.
9 Sofern die männliche Form genannt wird, ist stets auch die weib- liche mit umfasst. Die Ausführungen beziehen sich entsprechend auch auf künstlerisches Personal.
10 BAG, Urteil vom 9. März 2011 – 7 AZR 657/09 = NZA 2011, 1147. 11 Vgl. BAG, Urteil vom 15. Mai 2013 – 7 AZR 525/11 = NZA
2013, 1214; BAG, Urteil vom 9. März 2011 – 7 AZR 657/09 = NZA 2011, 1147.
Mandler/Wegmann · § 14 Abs. 2 TzBfG im Anwendungsbereich des WissZeitVG 2 0 3
Überdies wurde die Befristung auch im Zusammen- hang mit Nicht-Wissenschaftlern unter Geltung des § 2 Abs. 2 WissZeitVG a.F.12 immer wieder eingesetzt, um an den Anforderungen eines Drittmittelprojektes vorbei befristen zu können. Denn die Feststellung eines Drittmittelprojektes im Einstellungszeitpunkt ist in der Praxis oft mit Schwierigkeiten verbunden, die unter an- derem aus einem erheblichem Koordinationsaufwand zwischen verschiedenen Abteilungen/Fakultäten und der Personalabteilung resultieren.13
Ferner wurde die Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG eingesetzt, wenn eine künftig überwiegend wissenschaft- lichen Tätigkeit nicht zweifellos war.14 So bereitet insbe- sondere die Zuordnung von Lektoren auch nach der nun mehr maßgeblichen Entscheidung des BAG vom 29. April 2015 Schwierigkeiten.15 Zudem zeigt die Viel- zahl der zu dieser Frage in der Vergangenheit ergange- nen Entscheidungen, dass die Annahme wissenschaftli- cher Tätigkeit nicht immer zweifellos bleibt.16
Ebenso wurde und wird die Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG eingesetzt, um Bachelorabsolventen, die in niedriger Entgeltgruppe ohne offensichtlichen Wissenschaftsbezug vergütet werden ohne dabei einen Masterabschluss anzustreben, rechtssicher zu befris- ten.17 Gerade im Zusammenhang mit der Novellierung des WissZeitVG und der Aussonderung des § 6 Wiss- ZeitVG für studienbegleitende Beschäftigungen, besteht
- 12 Die Möglichkeit einer auf § 14 Abs. 1 TzBfG gestützten Projekt- befristung war und ist vielen Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Universitätsklinik unbekannt, könnte aber ebenso in einem Spezialitätsverhältnis stehen. Dies soll hier jedoch nicht weiter vertieft werden. In gedanklicher Skiz- ze wird man jedoch im Besonderen die Gesetzgebungsgeschichte und die Abwesenheit relevanter Unterschiede für die Arbeitneh- mer hervorheben müssen, die letztlich gegen die Annahme eines speziellen Projektbefristungstatbestandes streiten.
- 13 Vgl. hierzu Mandler, Drittmittelverwaltung und ‑befristung im Verbund zwischen Land, Universität, Medizinischer Fakultät und Universitätsklinikum in Baden-Württemberg, OdW 2016, 217 ff.
- 14 So weist die Analyse von Jongmanns, Evaluation des Wissen- schaftszeitvertragsgesetzes S. 55 ff. (abrufbar unter http://www. dzhw.eu/pdf/pub_fh/fh-201104.pdf, abgerufen am 19. Mai 2018) aus dem Jahre 2011, neben einem TzBfG-Anteil von bis zu 29% ( S. 73), aus: „Der durch den geänderten personellen Geltungs- bereich ermöglichte Rückgriff auf § 2 Abs. 1 ist aus Sicht vieler Hochschulen durch eine Unsicherheit gekennzeichnet. Es stellt sich die Frage, inwieweit der ideelle Qualifizierungsanspruch, den man mit der Befristungsgrundlage verbindet, für Lehrpersonal, das die- sem Anspruch typischerweise nicht unterliegt, aufrecht zu erhalten ist. Die Hochschulen wählen unterschiedliche Vorgehensweisen, um eine Lösung für diese Frage zu erreichen: – Die einfachste Lösung ist es, die Beschäftigten (zunächst) auf der Grundlage von § 14 Abs. 2 TzBfG bis zu zwei Jahren sachgrundlos zu befristen…“.
- 15 BAG, Urteil vom 29. April 2015 – 7 AZR 519/13; vgl. Morgenroth, Die Wissenschaftlichkeit der Dienstleistung im WissZVG, Teil
1, DÖD 2016, 43 ff.; Morgenroth, Die Wissenschaftlichkeit der Dienstleistung im WissZVG, Teil 2, DÖD 2016, 61 ff.; Boemke,
für die korrekte Einordnung dieser Gruppe erhebliche Unsicherheit, die durch eine Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG zumindest einstweilen aufgeschoben wird.
Ebenso fand der Befristungsgrund nach § 14 Abs. 2 TzBfG für studentische Hilfskräfte Anwendung. Je nach Rechtsauffassung konnten verschiedene studienbeglei- tende Beschäftigungsinhalte sowohl dem wissenschafts- bezogenen als auch dem nicht wissenschaftsbezogenen Be- reichzugeordnetwerden.UmauchhiereventuelleZweifel an der wissenschaftlichen Dienstleistung zu umgehen, wurde je nach Praxis der Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG der Vorrang gegenüber einer auf § 2 Abs. 1 Wiss- ZeitVG gestützten Befristung eingeräumt.
Einige dieser Anwendungsfälle sind auch durch die Novellierung des WissZeitVG nicht entfallen, sondern haben sich letztlich sogar erweitert und zusätzlich an At- traktivität gewonnen.18 Dies beruht vor allem auf den bisher gerichtlich noch weitgehend ungeklärten Tatbe- standsmerkmalen der novellierten Fassung des Wiss- ZeitVG sowie auf der mit einer Befristung nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG verbundenen Familienkomponenten.
Mit der Novellierung ist in § 2 Abs. 1 Satz 3 Wiss- ZeitVG die Angemessenheit der Befristungsdauer19 Teil des–nachwievorsachgrundlosen20–Befristungstatbe- standes geworden. Da dieses Merkmal weder durch die Gesetzesmaterialien noch durch entsprechende Recht- sprechung brauchbar eingegrenzt. Da insoweit nur spe-
jurisPR-ArbR 45/2015 Anm. 3; Mandler/Meißner, Der persönli-
che Anwendungsbereich des WissZeitVG, OdW 2016,127 ff. 16 Vgl. insoweit auch zuletzt BAG, Urteil vom 24. Februar 2016 –
7 AZR 182/14; BAG, Urteil vom 20. Januar 2016 – 7 AZR 376/14; BAG, Urteil vom 29. April 2015 – 7 AZR 519/13; BAG, Urteil vom 20. April 2016; – 7 AZR 614/14; LAG Hamm (Westfalen), Urteil vom 2. Juli 2015 – 18 Sa 517/15 ; LAG Hamm (Westfalen), Urteil vom 2. Dezember 2015 – 5 Sa 943/15; LAG Hamm, Urteil vom 17. September 2014 – 5 Sa 341/14; LAG Mecklenburg-Vor- pommern, Urteil vom 3. Mai 2016 – 5 Sa 78/15; LAG Düsseldorf, Urteil vom 3. November 2016 – 13 Sa 436/16; LAG München, Urteil vom 31. August 2016 – 8 Sa 118/16; Rambach in Arnold/ Gräfl/Imping, Teilzeit- und Befristungsgesetz, 4. Aufl. 2016, Wiss- ZeitVG § 2 Rn. 4; umfassend Preis/Ulber, WissZeitVG, 2. Aufl. 2017, § 2 Rn. 8 ff. mzN.; Maschmann/Konertz, Das Hochschulbe- fristungsrecht in der Reform, NZA 2016, 258 f. zu Mischtätigkei- ten siehe Kroll, Die Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsge- setzes, ZTR 2016, 237 f.
17 Auf dieses Problem bereits hinweisend Mandler/Meißner, Die Angemessenheit der Befristung nach § 2 Abs. 1 Satz 3 Wiss- ZeitVG, OdW 2017, 37.
18 Zur insoweit beschränkenden Novellierung des § 14 Abs. 2 TzBfG.
19 Siehe zu diesem ausführlich Mandler/Meißner, Die An- gemessenheit der Befristung nach § 2 Abs. 1 Satz 3 Wiss- ZeitVG, OdW 2017, 199 ff.
20 BT-Drs. 18/6489, S. 8, 10; Preis/Ulber, WissZeitVG, 2. Aufl. 2017, § 2 Rn. 8 f.; Mandler/Meißner, OdW 2017, 199, 203; Masch- mann/Konertz, Das Hochschulbefristungsrecht in der Reform, NZA 2016, 257, 258.
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zifische Leitlinien im Zusammenspiel mit einem weiten Ermessensspielraum der Hochschule rechtssicher Abhil- fe schaffen können, ist allein aus Praktikabilitätsgründen eine Erstbefristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG vorzugswür- dig. Die Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG erlaubt es vor allem auch kürzere Befristungszeiträume ohne Rücksicht auf ihre Angemessenheit in Bezug auf die jeweilige wis- senschaftliche Qualifikation des Arbeitnehmers festzule- gen und so das Risiko einer Fehleinstellung auch jenseits der Probezeit wirksam zu begrenzen.
Daneben kennt die Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG keine Verlängerungstatbestände (Familienkomponen- te)21 und insbesondere auch nicht die Verlängerungsop- tion22 des § 2 Abs. 5 WissZeitVG.
Soll die Einstellung projektbezogen erfolgen und be- steht kein Drittmittelprojekt bzw. entspricht der Bewilli- gungszeitraum desselben nicht dem Beschäftigungsbe- darf, so bietet die Befristung aufgrund des § 2 Abs. 1 WissZeitVG den Nachteil eines Verlängerungsanspruchs nach § 2 Abs. 5 WissZeitVG, der insbesondere bei Mut- terschutz, Elternzeit und neuerdings auch bei langwäh- render Krankheit23 eingreift. 24 Diese Ansprüche kennt die Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG nicht, sodass das Beschäftigungsverhältnis kongruent zur – oft nur zwei- jährigen – Projektlaufzeit befristet werden kann, ohne dass dabei weitere finanzielle Belastung durch eine ein- seitige Verlängerung des bestehenden Arbeitsverhältnis- ses droht.25 Auch wenn sich an die Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG eine auf § 2 Abs. 1 WissZeitVG ge-
- 21 Letztlich ist die Bezeichnung Familienkomponenten mittlerwei- le verwässert. Verlängerungen der Höchstbefristungszeit sind nunmehr auch beim Vorliegen einer Behinderung oder schwer- wiegenden Erkrankung möglich. Zudem ist der Verlängerungsan- spruch bspw. auch bei Personalratstätigkeit und neuerdings auch bei andauernder Erkrankung gegeben. Zutreffender sollte man daher künftig neutral von „Verlängerungstatbeständen“ sprechen.
- 22 Zum Begriff Mandler, Die Verlängerung von Arbeitsverhältnissen gem. § 2 Abs. 5 WissZeitVG, OdW 2014, 221; zur Verlänge-
rung im Zusammenhang mit dem Angemessenheitskriterium Mandler/Meißner, Die Angemessenheit der Befristung nach§ 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG, OdW 2017, 206. - 23 Vgl. Mandler/Meißner, Entwurfsdiskussion WissZeitVG – Möglichkeiten, Einschränkungen, Verbesserungspotential,OdW 2016, 42 f., 45.
- 24 Siehe zum Verlängerungsanspruch Mandler, Die Verlänge-rung von Arbeitsverhältnissen gem. § 2 Abs. 5 WissZeitVG,OdW 2014, 221 ff.
- 25 Zu den Nachteilen einer – aufgesparten – VerlängerungMandler/Meißner, Die Angemessenheit der Befristung nach§ 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG, OdW 2017, 206 ff.
- 26 BAG, Urteil vom 18. Mai 2016 – 7 AZR 533/14 = NZA 2016, 1276.
- 27 BAG, Urteil vom 8. Juni 2016 – 7 AZR 259/14 = BeckRS 2016, 73446.
- 28 BAG, Urteil vom 28. September 2016 – 7 AZR 549/14 = NZA 2017, 249.
- 29 Im Einzelnen siehe Müller, Aktuelle Rechtsprechung zur Befris-tung von Arbeitsverhältnissen im Wissenschaftsbereich, insbe- sondere zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG), öAT
stützte Befristung anschließt, setzt dies die Verlänge- rungstatbestände nicht ex tunc in Kraft. Diese können al- lein akzessorisch im Rahmen eines nach § 2 Abs. 1 Wiss- ZeitVG befristeten Arbeitsverhältnis wirken.
II. Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts
Entgegen bisheriger Anschauung und Praxis hat der 7. Senat des BAG den Hochschulen, Universitätskli- nika und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in seinen Entscheidungen vom 18. Mai 2016,26 8. Juni 201627 und 28. September 201628 den Rückgriff auf die Befristungsgründe in § 14 Abs. 1 TzBfG weitflächig abge- schnitten. Im Folgenden wird deren Inhalt kursorisch im Hinblick auf vorliegende Fragestellung zusammenge- fasst.29 Dabei ist auch die Entscheidung des 7. Senats vom 14.Juni 201730 zu beachten. In dieser wird den Befristungsgründen des ÄArbVtrG gegenüber der Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG zwingender Vorrang eingeräumt, weshalb der Entscheidung gerade für die hiesige Betrachtung Signalwirkung zukommt.
1. BAG, Urteil vom 18. Mai 2016 – 7 AZR 533/14
Im Urteil vom 18. Mai 201631 nahm das BAG von der bis dahin allgemeinen Meinung Abstand und untersagte dem Arbeitgeber den Rückgriff auf die Befristungsgrün- de des § 14 Abs. 1 TzBfG. Im entschiedenen Fall war eine approbierte promovierte Tierärztin als „wissenschaftliche Assistentin“32 eingestellt und sechsmal hintereinander
2017, 89 ff.; umfassend auch Preis/Deutzmann, AP WissZeitVG
§ 1 Nr. 7.
30 BAG, Urteil vom 14. Juni 2017 – 7 AZR 597/15 = BeckRS
2017,128880.
31 BAG, Urteil vom 18. Mai 2016 – 7 AZR 533/14 = NZA 2016, 1276. 32 BAG, Urteil vom 18. Mai 2016 – 7 AZR 533/14 = NZA 2016,
1276: „§ 1 Frau Dr. S wird für die Zeit vom 1. Oktober 2009 bis einschließlich 30. September 2013 als vollbeschäftigte Arbeitneh- merin befristet an der Universität Leipzig unter Beibehaltung ihres Status als wissenschaftliche Assistentin weiterbeschäftigt,
§ 114 Abs. 20 Sächsisches Hochschulgesetz (SächsHSG) vom 10. Dezember 2008 in der ab 11. Juli 2009 gültigen Fassung in Ver- bindung mit § 46 Sächsisches Hochschulgesetz (SächsHG) vom 11. Juni 1999 in der ab 31. Januar 2006 geltenden Fassung. Die erneute Befristung des Arbeitsverhältnisses richtet sich dementsprechend nach § 47 Abs. 3 SächsHG in der o. g. Fassung in Verbindung mit § 114 Abs. 20 SächsHSG in der o. g. Fassung“; die Parteien und auch das BAG haben indes übersehen, dass mit der „Weiterbeschäfti- gung“ möglicherweise gar keine Neubefristung vorlag, sondern lediglich eine Verlängerung des bereits bestehenden Arbeits- vertrags. Insoweit wäre zu prüfen gewesen, ob die vorgehende Vertragskette einen das Zitiergebot wahrenden Hinweis enthielt. Zur Abgrenzung zwischen Neubefristung und Verlängerung im WissZeitVG vgl. Mandler, Die Verlängerung von Arbeitsverhält- nissen gem. § 2 Abs. 5 WissZeitVG, OdW 2014, 223, insbesonde- re auch in Abgrenzung zur Verlängerung bei § 14 Abs. 2 TzBfG.
Mandler/Wegmann · § 14 Abs. 2 TzBfG im Anwendungsbereich des WissZeitVG 2 0 5
befristet worden. Im letzten – und für die Klage entschei- denden – Arbeitsvertrag fehlte indes ein Hinweis auf das WissZeitVG, sodass sich die arbeitgebende Hochschule zur Begründung der Wirksamkeit der Befristung nicht auf das WissZeitVG berufen und lediglich auf Befristungsgründe nach § 14 Abs. 1 TzBfG verweisen konnte. Angeführt wurde zunächst § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG, da die wissenschaft- liche Weiterqualifizierung der Klägerin (Habilitation) sich als Eigenart der Arbeitsleistung darstelle. Daneben wurde § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG angeführt, da die Habilitation als noch nicht erreichtes Qualifikationsziel einen in der Per- son der Klägerin liegenden Grund bedeute. Letztlich könne die Befristung zudem auch auf § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG gestützt werden, denn nach Ansicht der Hochschule sei das insoweit einschlägige sächsische Hochschulgesetz nicht hinreichend im WissZeitVG berücksichtigt, weshalb ein solcher Rückgriff erlaubt sein müsse.
Das BAG erachtete keinen der angeführten Befris- tungsgründe für tauglich. Vielmehr lehnte es bereits die Anwendbarkeit der Befristungsgründe des §14Abs.1 TzBfG insgesamt ab und erkannte insoweit in § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG eine gegenüber §14Abs.1 Satz 2 TzBfG speziellere Regelung, soweit die Befristung aus- schließlich mit der wissenschaftlichen Qualifizierung des Arbeitnehmers begründet wird. Hervorzuheben sei in- sofern, dass insbesondere die Regelung in §1Abs.2 WissZeitVG der Annahme dieses Spezialitätsverhältnis- ses nicht entgegenstehen könne. § 1 Abs. 2 WissZeitVG werde vielmehr erst dann relevant, wenn das Wiss- ZeitVG keine vorrangige und abschließende Regelung enthalte. Die Bestimmung sei daher insofern restriktiv auszulegen.
Unerwähnt lässt die Entscheidung jedoch die unter- schiedliche Befristungsnatur im Rahmen des notwendi- gen Spezialitätsvergleichs. So wurde die Sperrwirkung aus der – nach wie vor – sachgrundlosen Befristung gem. § 2 Abs. 1 WissZeitVG abgeleitet und auf dieser Grund- lage eine Sachgrundbefristung gem. § 14 Abs. 1 TzBfG abgelehnt. Das BAG hat damit einen lex specialis-Ver- gleich über die Grenzen der Rechtsnatur der Befristungen hinaus gesucht. Dies ist methodisch bemerkenswert und insbesondere bei der Frage der Übertragung dieser Rechtsprechung auf die Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG zu berücksichtigen.
- 33 BAG, Urteil vom 8. Juni 2016 – 7 AZR 259/14 = BeckRS 2016, 73446.
- 34 Anders als in der Entscheidung vom 8. Juni 2016 war das Zitier- gebot in diesem Fall gewahrt.
- 35 Zur Bedeutung von Daueraufgaben bei Drittmittelbefristungen siehe BT-Drs. 16/3438 S. 14; Rambach in Arnold/Gräfl/Imping,
2. BAG, Urteil vom 8. Juni 2016 – 7 AZR 259/14
Diese Rechtsprechung wurde einen Monat später im Urteil vom 8. Juni 201633 bestätigt. Darin hatte eine ange- stellte Diplom-Biochemikerin die Wirksamkeit ihrer zum 31. Oktober 2011 auslaufenden Drittmittelbefristung gem. § 2 Abs. 2 WissZeitVG in Frage gestellt.34 Nach Auffassung der Arbeitnehmerin war der erforderliche Zusammenhang zwischen Projekt und Vertragslaufzeit zum einen nicht gegeben und zum anderen sei sie wie- derholt mit Daueraufgaben35 betraut worden. Die Vor- aussetzungen für eine Befristung nach § 2 Abs. 2 Wiss- ZeitVG wurden daher auf dieser Grundlage bestritten, weshalb die Hochschule hilfsweise auf die Wirksamkeit der Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG ver- wies.
Letztere Argumentationslinie lehnte das BAG ab und verwies die Entscheidung im Übrigen aufgrund unzurei- chender Würdigung durch das Landesarbeitsgericht an selbiges zurück. Im Rahmen der zurückverweisenden Entscheidung hielt das Gericht ausdrücklich an den Grundsätzen des Urteils vom 18. Mai 2016 fest und ver- neinte daher auch in diesem Fall einen Rückgriff auf die allgemeinen Befristungsregeln des § 14 Abs. 1 TzBfG. Auch bei § 2 Abs. 2 WissZeitVG handele es sich gegen- über § 14 Abs. 1 TzBfG um ein lex specialis. Dem stünde auch nicht entgegen, dass § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG vor der Einführung des Drittmitteltatbestands als taugli- che Projekt-Befristungsgrundlage anerkannt gewesen sei. Mit der Einführung des § 2 Abs. 2 WissZeitVG habe die Befristung für drittmittelfinanzierte Projekte viel- mehr eine eigene Grundlage erhalten, die insoweit ab- schließend zu verstehen sei.36 Ein zusätzlicher Projekt- befristungstatbestand sei daher in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG insofern nicht mehr vorgesehen.
Bemerkenswert ist auch in dieser Entscheidung, dass die Befristungsnatur gänzlich unerwähnt bleibt. Das BAG vergleicht nunmehr aber, anders als im Urteil vom 8. Juni 2016, nicht mehr eine sachgrundlose mit einer Sachgrundbefristung, sondern stellt die Sachgrundbe- fristung des § 2 Abs. 2 WissZeitVG unreflektiert neben die Sachgrundbefristung des § 14 Abs. 1 TzBfG. Das lex specialis-Verhältnis wird damit innerhalb derselben Be- fristungsart anerkannt.
Teilzeit- und Befristungsgesetz, 4. Aufl. 2016, WissZeitVG
§ 2 Rn. 50; Mandler, Rechtsmissbrauch bei Drittmittelbefristun- gen gem. § 2 Abs. 2 WissZeitVG, OdW 2015, 220.
36 Zur Entwicklung siehe umfassend Meißner, Entstehung und Entwicklung des Hochschulbefristungsrechts, 2016 S. 101, 126, 129, 141, 167.
206 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 3 (2018), 201–212
3. BAG, Urteil vom 28. September 2016 – 7 AZR 549/14
Diese Rechtsprechung setzte das BAG im Urteil vom 28. September 201637 fort. Der Kläger, eine beson- dere Lehrkraft am historischen Institut, die aufgrund aufeinanderfolgend befristeter Arbeitsverträge nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG beschäftigt wurde, begehrte Fest- stellung der Unwirksamkeit der letzten Befristungsabre- de. Substantiiert wurde die Klage mit dem Argument, dass der Kläger als besondere Lehrkraft nicht dem wis- senschaftlichen Personal zugehörig sei und folglich die Voraussetzungen des hilfsweise von der Hochschule angeführten § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG („Tabellenab- senkungsbetrag Lehrer“) nicht vorlägen.
Auch hier wies das BAG die Entscheidung letztlich an das LAG aufgrund ungenügender Aufklärung zurück, bekräftigte in diesem Zusammenhang aber auch das in den Entscheidungen vom 18. Mai und 8. Juni 2016 for- mulierte lex specialis-Verhältnis. Anders als in den vor- angegangenen Fällen sah das BAG in den Befristungs- tatbeständen des WissZeitVG keine die Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG ausschließende Spezi- alregelung. Dem WissZeitVG sei insofern keine abschlie- ßende Regelung zu entnehmen.
Bemerkenswert ist an dieser Entscheidung vor allem der Umstand, dass das BAG einen Rekurs auf die Befris- tungsgründe des TzBfG nicht deshalb ausschließt, weil der Arbeitsvertrag einen Hinweis auf das WissZeitVG enthält. Trotz eines solchen Verweises könne die Befris- tung vielmehr dennoch auf die Sachgründe des § 14 Abs. 1 TzBfG gestützt werden, da die Wirksamkeit der Befristung nicht von der schriftlichen Angabe des letztendlichen Befristungsgrundes abhänge. Entscheidend sei insofern vielmehr, ob die jeweiligen Befristungsvor- aussetzungen gegeben seien.
Überdies differenziert das BAG auch in dieser Ent- scheidung nicht zwischen den einzelnen Befristungsar- ten, sondern fragt allein, ob dem WissZeitVG ein spezi- ellerer Befristungsgrund mit Blick auf haushaltsrechtli- che Umstände gegeben sei.
4. BAG, Urteil vom 14. Juni 2017 – 7 AZR 597/15
Eine erste Entscheidung, die der gegenständlichen Fra- gestellung nahe kommt, hat das BAG am 14. Juni 201738 verkündet. Darin wird das Verhältnis zwischen § 14 Abs. 2 TzBfG und dem Befristungsgrund des § 1 ÄArbVtrG hinterfragt. Ein Rückgriff des Arbeitgebers
- 37 BAG, Urteil vom 28. September 2016 – 7 AZR 549/14 = NZA 2017, 249.
- 38 BAG, Urteil vom 14. Juni 2017 – 7 AZR 597/15 = BeckRS 2017, 128880.
auf die Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG ist danach auf der Grundlage eines lex specialis-Verhältnisses ebenfalls ausgeschlossen:
Mit ihrer Klage machte die als Fachärztin für innere Medizin an einem privaten Krankenhaus tätige Klägerin die Unwirksamkeit ihrer auf § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG beru- henden Befristung geltend. Die auf die Erlangung der Schwerpunktbezeichnung Gastroenterologie gestützte Befristung könne nicht auf § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG gestützt werden, da ein zeitlich und inhaltlich strukturierter Wei- terbildungsplan nicht vorhanden gewesen sei. Auch die im Arbeitsvertrag in Bezug gesetzte Weiterbildungsord- nung sei insofern nicht ausreichend.
Das BAG wies die Revision zurück und bestätigte, dass zum maßgebenden Zeitpunkt des Vertragsschlusses von Seiten der Beklagten keine konkreten Überlegungen in Bezug auf den Umfang des Weiterbildungsbedarfs und die anzuwendende Weiterbildungsordnung ange- stellt wurden und darüber hinaus der Weiterbildungsbe- darf der Klägerin nicht hinreichend prognostiziert wor- den sei.
Für den hiesigen Fall entscheidend, prüfte das BAG zudem auch die Möglichkeit einer Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG. Gem. § 1 Abs. 5 ÄArbVtrG sei ein sol- cher Rückgriff aber nur insofern zulässig, wie § 1 Abs. 1 bis Abs. 4 ÄArbVtrG keine vorrangigen Regelungen ent- halte – man bemerke insofern die Parallelität zum WissZeitVG.
Ein solcher ergebe sich in Bezug auf §14Abs.2 TzBfG aus §1Abs.3 Satz 5 und Satz 6 ÄArbVtrG. § 14 Abs. 2 TzBfG enthalte insoweit eine auf zwei Jahre beschränkte und vom Befristungsanlass losgelöste Be- fristungsmöglichkeit und sei darüber hinaus im Falle ei- ner Weiterbildung nicht von der gesetzgeberischen Inten- tion des ÄArbVtrG erfasst.39 Ausweislich der Gesetzes- begründung sollte den Ärzten eine zusammenhängende und am Weiterbildungsziel orientierte Weiterbildung er- möglicht werden. Diesem Ziel sei § 14 Abs. 2 TzBfG je- doch aufgrund seines Befristungsrahmens abträglich, wobei, gestützt auf die Gesetzgebungsmaterialien, auch auf Intention zur Verhinderung missbräuchlicher Ket- tenbefristungen verwiesen wurde.40
Die vorstehende Entscheidung ist für die Untersuchung der hiesigen Frage trotz der offensichtlichen Unterschiede zwischendenBefristungstatbeständendesÄArbVtrGund WissZeitVG – insbesondere der Mindestbefristungsdauer – von Relevanz, denn das ÄArbVtrG ist bereits durch die
39 ErfK/Müller-Glöge, 18. Aufl. 2018, TzBfG § 23 Rn. 2; MüKo/Hes- se, 7. Aufl. 2016, TzBfG § 23 Rn. 9; Koch in Schaub, AR-HB,
17. Aufl. 2017, § 38 Rn. 8.
40 BT-Drs. 13/8668 S. 6.
Mandler/Wegmann · § 14 Abs. 2 TzBfG im Anwendungsbereich des WissZeitVG 2 0 7
Regelung in § 1 Abs. 5 und Abs. 6 ÄArbVtrG zum Wiss- ZeitVG abzugrenzen. 41 Aus diesem systematischen Zu- sammenspiel und der durch das BAG in der gegenständ- lichen Entscheidung selbst vorgenommenen Bezugnah- me auf die Exklusivitätsthese ist folglich nicht von der Hand zu weisen, dass das BAG eine Übertragung der Rechtsprechungsgrundsätze auch für das Verhältnis der Befristung gem. § 14 Abs. 2 TzBfG zu den Befristungstat- beständen des WissZeitVG nahelegt und insoweit scheinbar systematische Unterschiede außer Acht lässt. Die Entscheidung mag daher als Vorbote einer entspre- chenden Entscheidung auch für das WissZeitVG gelesen werden.
5. Lex specialis statt Privilegierung auch für § 14 Abs. 2 TzBfG
Das BAG hat die Privilegierung der Hochschulen, Uni- versitätsklinika und außeruniversitären Forschungsein- richtungen zugunsten eines Spezialitätsverständnisses verneint. Die Regelungen des WissZeitVG bzw. des ÄArbVtrG entfalten daher gegenüber den Befristungs- gründen des § 14 TzBfG nunmehr zwingende Sperrwir- kung, die unmittelbar aus dem jeweiligen Befristungs- grund des WissZeitVG folgt. Insoweit gilt nun der Grundsatz lex specialis derogat legi generali.
Obschon dieses Verständnis mit Blick auf § 1 Abs. 2 WissZeitVG und den ausdrücklich und wiederholt er- klärten Willen des Gesetzgebers methodisch äußerst zweifelhaft erscheint, ist für die hiesige Betrachtung den- noch davon auszugehen, dass die geäußerten Grundsät- ze zu beachten sind, da eine Änderung der neuen Recht- sprechungslinie in naher Zukunft nicht zu erwarten ist und die – hier aussichtsreiche – Befragung des Bundes- verfassungsgerichts unter dem Gesichtspunkt des aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Vorrangs des Ge- setzes ebenfalls nicht absehbar ist.
Ausgehend von den bisherigen Entscheidungen für den Vorrang des § 2 Abs. 1 und Abs. 2 WissZeitVG ge- genüber § 14 Abs. 1 TzBfG ist daher zu fragen, ob Grün- de bestehen, die eine abweichende Handhabung für § 14 Abs. 2 TzBfG nahelegen.42
- 41 „(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten nicht, wenn der Arbeitsvertrag unter den Anwendungsbereich des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes fällt.“ Insbesondere Universitätsklinika sind aus diesem Grund gehalten das WissZeitVG zu nutzen, vgl. auch Mandler/Meißner, Entwurfsdiskussion WissZeitVG – Möglichkeiten, Einschränkun- gen, Verbesserungspotential, OdW 2016, 33.
- 42 Wohl insgesamt verneinend Salzmann/Günther, Das Wissen- schaftszeitvertragsgesetz, AuA 2017, 86 ff. unter 3.
- 43 So wird in den Entscheidungen BAG, Urteil vom 18. Mai 2016 – 7 AZR 533/14 = NZA 2016, 1276; BAG, Urteil vom 28. Septem-
ber 2016 – 7 AZR 549/14 = NZA 2017, 249, § 14 Abs. 1 TzBfG
§ 2 Abs. 1 WissZeitVG gegenübergestellt. - 44 Vgl. insoweit BAG, Urteil vom 14. Juni 2017 – 7 AZR 597/15 =
Relevanz kommt dabei insbesondere dem vom BAG ausgeblendeten Vergleich des Befristungstyps zu. Ohne dies gesondert zu erwähnen, vergleicht das BAG die sachgrundlose Befristung gem. § 2 Abs. 1 WissZeitVG mit der Sachgrundbefristung nach § 14 Abs. 1 TzBfG43 und überspringt damit die natürlichen Artgrenzen. Demgegenüber wird auch die Sachgrundbefristung nach § 14 Abs. 1 TzBfG dem Sachgrund in § 2 Abs. 2 Wiss- ZeitVG insoweit unterschiedslos gegenübergestellt. Hie- raus folgt, dass aus der sachgrundlosen Natur der Befris- tung nach § 14 Abs. 2 TzBfG kein Rückschluss auf eine eventuelle Lücke der vorbesprochenen Rechtsprechung gesehen werden kann. Vielmehr bestärkt die insoweit bestehende Artgleichheit zur sachgrundlosen Befristung in § 2 Abs. 1 WissZeitVG und § 6 WissZeitVG die An- nahme eines gleichfalls bestehenden Spezialitätsvor- rangs der Befristungsgründe des WissZeitVG.
Daneben spricht insbesondere die durch eine Befris- tung nach § 14 Abs. 2 TzBfG mögliche Umgehung der Schutzmechanismen des WissZeitVG zugunsten der in der Wissenschaft tätigen Arbeitnehmer für die Annah- me eines Spezialitätsverhältnisses.44 Auf Grundlage der Novelle des WissZeitVG von 2016 ist die sachgrundlose Befristung gem. § 2 Abs. 1 WissZeitVG durch das Ange- messenheitskriterium ergänzt worden.45 Hierdurch sollte erreicht werden, dass die Hochschulen, außeruniversitä- ren Forschungseinrichtungen oder Universitätskliniken keine unzumutbar kurzen Befristungszeiträume mit ih- ren Arbeitnehmern vereinbaren.46 Würde nun aber zu- gelassen, dass die Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG ne- ben der Befristung nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG, die das Angemessenheitskriterium enthält, bestehen kann, so wäre das Angemessenheitskriterium als solches unter- laufen, wenn eine Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG für einen nach dem WissZeitVG unangemessen kurzen Zeitraum – beispielsweise 6 Monate47 – vereinbart wür- de. Es wäre den Hochschulen damit möglich zumindest für einen Zeitraum von 2 Jahren mit Arbeitnehmern, die sich bisher noch nicht in einem Beschäftigungsverhält- nis zur jeweiligen Hochschule, und sei es auch als stu- dentische Hilfskraft, befunden haben am Angemessen-
BeckRS 2017, 128880.
45 BT-Drs. 18/6489 S. 10 f.; vgl. Maschmann/Konertz, Das
Hochschulbefristungsrecht in der Reform: Die Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes, NZA 2016, 257, 263; Mandler/Meißner, Die Angemessenheit der Befristung nach § 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG.
46 BT-Drs. 18/6489 S. 1 ff.
47 Rambach in Arnold/Gräfl/Imping, Teilzeit- und Befristungs-
gesetz, 4. Aufl. 2016, WissZeitVG § 2 Rn. 6; vgl. auch Preis/ Ulber, WissZeitVG, 2. Aufl. 2017, WissZeitVG § 2 Rn. 36 f.; Mandler/Meißner, Die Angemessenheit der Befristung nach § 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG, OdW 2017, 200.
208 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 3 (2018), 201–212
heitskriterium vorbei Kurzzeitverträge zu schließen. Der insoweit klaren Intention der Novelle muss daher auch vor dem Hintergrund der neuen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Rechnung getragen werden. In- tendiert war die Bekämpfung unangemessen kurzer Be- fristungslaufzeiten, weshalb die vereinbarte Befristungs- dauer jeweils so zu bemessen sei, dass sie „der angestreb- ten Qualifizierung angemessen ist“,48 wobei hierdurch „Fehlentwicklungen in der Befristungspraxis“ entgegenge- wirkt werden sollte, „ohne die in der Wissenschaft erfor- derliche Flexibilität und Dynamik zu beeinträchtigen“.49
Selbiges Argument lässt sich indes nicht unbedingt mit Blick auf die Verlängerungstatbestände – insbeson- dere § 2 Abs. 5 WissZeitVG – entwickeln. Der Drittmit- telbefristung sind diese Tatbestände fremd, sodass es sich hierbei letztlich nach dem Gesetz um keine garan- tierte Eigenheit einer WissZeitVG-Befristung handelt. Zudem ist insoweit zu erkennen, dass die Verlänge- rungstatbestände letztlich nur Erweiterungen des ei- gentlichen Befristungstatbestandes darstellen und sich aus diesem akzessorisch ableiten. Sie sind daher dem Grunde nach nicht geeignet, Unterschiede in Bezug auf den eigentlichen Befristungsgrund offen zu legen.
Gegen eine Übertragung der neueren Rechtspre- chung auf das Verhältnis zwischen § 14 Abs. 2 TzBfG und den Befristungsgründen des WissZeitVG wird ein- gewandt, dass § 14 Abs. 2 TzBfG weder einen Sachgrund noch eine besondere Art der Tätigkeit erfordert und es für die Rechtfertigung der Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG zudem irrelevant sei, ob die Tätigkeit evtl. von ei- nem Befristungsgrund des § 14 Abs. 1 TzBfG erfasst wür- de.50 Diese Ansicht verkennt indes die vorstehend be- schriebenen Gesichtspunkte, die insbesondere eine Un- terscheidung nach der Art des Befristungsgrundes ent- kräften. Daneben kann aus dem Vergleich zu § 14 Abs. 1 TzBfG keine einer Übertragung entgegenstehende Er- kenntnis gewonnen werden. Das BAG hat auf der Grundlage eines Spezialitätsverhältnisses geurteilt, wel- ches auf die Befristungsgründe des WissZeitVG und nicht auf die des TzBfG aufbaut. Zwischen § 14 Abs. 1 und Abs. 2 TzBfG besteht gerade kein Exklusivitätsver- hältnis, sondern Alternativität. Aus dem Verhältnis der Befristungsgründe des TzBfG zueinander kann folglich schwerlich ein Rückschluss auf die Spezialität der Befris- tungsgründe des WissZeitVG gegenüber diese geschlos- sen werden.
48 Hierzu Entwurfsdiskussion WissZeitVG – Möglichkeiten, Einschränkungen, Verbesserungspotential, OdW 2016, 40; zusammenfassend zu den Reaktionen siehe Meißner, Entstehung und Entwicklung des Hochschulbefristungs- rechts, 2016, S. 158 ff., 165 ff.
Auch der Zweck des § 14 Abs. 2 TzBfG vermag hie- ran nichts zu ändern. Ausweislich der Gesetzesbe- gründung erschöpft sich dieser darin, dass Arbeitge- ber durch den erleichterten Abschluss befristeter Ar- beitsverhältnisse flexibler auf wechselnde Marktbe- dingungen reagieren können sollen.51 Wenngleich wechselnde Marktbedingungen auch die Beschäfti- gung von Wissenschaftlern betreffen kann, können sich diese Zwecke zweifellos auch in den Befristungs- gründen des WissZeitVG verwirklichen, die zwar dem Grunde nach den kontinuierlichen Durchlauf junger Wissenschaftler sicherstellen sollen, dabei den Hochschulen, Universitätsklinika und außeruniversitä- ren Forschungseinrichtungen aber zweifellos auch ein flexibles Instrumentarium zur Reaktion auf wechselnde Marktbedingungen an die Hand geben. Dies wird insbe- sondere bei Universitätsklinika sichtbar, die im Bereich der Krankenversorgung mit privaten Krankenhäusern konkurrieren und aus den weiteren Befristungstatbe- ständen des WissZeitVG vor allem Vorteile aus Arbeit- geberperspektive ziehen. Darüber hinaus dienen die vor- genannten Rechtsprechungsgrundsätze nicht dazu, den Arbeitgeber eine rechtssichere Befristungsgrundlage zu nehmen, sondern sind Ausdruck der angenommenen Normkonkurrenz.
Stichhaltiger könnten auch Überlegungen zur Risi- koverteilung sein: Bei der Annahme eines Spezialitäts- verhältnisses zwischen §14Abs.2 TzBfG und Wiss- ZeitVG ist der Arbeitgeber bei zweifelhafter wissen- schaftlicher Dienstleistung gezwungen, eine bindende Entscheidung bei der Einstellung zu treffen. Wird dann nach WissZeitVG befristet, lag aber tatsächlich kein überwiegender Wissenschaftsbezug vor, so führt das Zitiergebot in § 2 Abs. 4 Satz 1 WissZeitVG zwin- gend zur Unwirksamkeit der Befristung, obschon eine Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG eventuell möglich ge- wesen wäre. Diesen Umstand wird man jedoch hinneh- men müssen. Der Bestand des Befristungsgrundes und damit die zutreffende Analyse der Art der im Zeitpunkt des Vertragsschlusses prognostizierten Tätigkeit, obliegt allein dem Arbeitgeber und kann schließlich nicht dafür benutzt werden, um einer Umgehungslösung den Weg zu ebnen, die den Arbeitnehmer letztlich schlechter stellt. Aus dem Wissenschaftsprivileg folgt insoweit im Rahmen der Spezialitätsbetrachtung auch eine Verpflichtung der privilegierten Arbeitgeber.
49 BT-Drs. 18/6489 S. 17.
50 So Preis/Deutzmann, AP WissZeitVG § 1 Nr. 7 unter IV; vgl. auch
Preis/Ulber, WissZeitVG, 2. Aufl. 2017, WissZeitVG § 1 Rn. 166 ff. 51 BT-Drs. 14/4374 S. 14.
Mandler/Wegmann · § 14 Abs. 2 TzBfG im Anwendungsbereich des WissZeitVG 2 0 9
Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass im Grundsatz keine tauglichen Argumente existieren, die un- ter Anwendung des – unrichtigen aber für die Praxis zu ak- zeptierenden – Spezialitätsverständnisses gegen eine An- wendung dieser Grundsätze auch auf das Verhältnis zwi- schen § 14 Abs. 2 TzBfG und den Befristungsgründen des WissZeitVG sprechen würde. Prinzipiell ist daher auch in- soweit auf einen lex specialis-Vorrang zu erkennen.
Aus dem bloßen Vorrangverhältnis kann indes nicht allgemein auf einen Ausschluss der Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG gegenüber jedem der Befristungsgründe geschlossen werden. Der Grundsatz lex specialis derogat legi generali kann jeweils nur insoweit gelten, wie die Normen des vorrangigen Rechtssatzes zumindest ein zusätzliches Tatbestandsmerkmal enthalten oder eine abweichende Rechtsfolge vorsehen.52 Andernfalls besteht kein aufzulö- sender Konflikt und die Bestimmungen können alternativ nebeneinander stehen.53
Entscheidendes Kriterium kann dabei zunächst nicht die „wissenschaftliche Dienstleistung“ gem. § 1 Wiss- ZeitVG sein. Insoweit hat § 1 Abs. 2 WissZeitVG – auch nach Ansicht des BAG54 – noch Verweisfunktion, sodass hier letztlich eine Rückausnahme zum Spezialitäts- grundsatz besteht. Maßgeblich sind damit vielmehr die einzelnen Voraussetzungen der Befristungstatbestände des WissZeitVG, die im Einzelnen zu prüfen und auf ihre Spezialität gegenüber der Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG zu untersuchen sind.
III. Zulässigkeit einer sachgrundlosen Befristung gem. § 14 Abs. 2 TzBfG im Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 WissZeitVG
Ausgehend von der Annahme eines potentiellen lex spe- cialis-Vorrangs der Befristungsgründe des WissZeitVG gegenüber denen des § 14 Abs. 2 TzBfG, ist zu prüfen, ob die – hier gemeinsam behandelten – Befristungstatbe- stände des § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG (Qualifikations- phase55) und § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG zumindest ein zusätzliches Tatbestandsmerkmal aufweisen.
Ein solches könnte aus der Verlängerungsoption gem. § 2 Abs. 5 WissZeitVG abgeleitet werden, da inso- weit offenkundig ein Unterschied zur sachgrundlosen
- 52 Reimer, Juristische Methodenlehre, 1. Aufl. 2016, C.
Rn. 199 ff.; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. 1991, S. 266 ff. - 53 Reimer, Juristische Methodenlehre, 1. Aufl. 2016, C. Rn. 201; La- renz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. 1991, S. 268.
- 54 Vgl. BAG, Urteil vom 18. Mai 2016 – 7 AZR 533/14 = NZA 2016,1276.
- 55 Die Bezeichnung als Promotionsphase ist nicht unbedingt zu-treffend. Eine Promotion muss während der Beschäftigung nicht zwingend angestrebt werden, vgl. im Einzelnen Mandler/Meiß-
Befristung des § 14 Abs. 2 TzBfG besteht. Indes handelt es sich bei dieser Option lediglich um ein abgeleitetes, subjektives Recht. Der Verlängerungsanspruch als sol- cher ist nicht Teil des Tatbestandes der Befristungen nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG, sondern folgt erst aus deren Bestand. Er ist daher keine taugliche Rechtfertigungs- grundlage für die Annahme des Spezialitätsvorrangs.
Selbiges gilt insoweit auch für die Verlängerungstatbe- ständederHöchstbefristungsgrenzen,§2Abs. 1 Satz 4, Abs. 5 WissZeitVG. Hierbei handelt es sich wiederum nur um aus der Befristung folgende Möglichkeiten, die hier zu- dem allein dem Arbeitgeber einen weiteren Befri-stungs- korridor einräumen.
Auch aus der jeweiligen Höchstbefristungsgrenze selbst wird man keinen zwingenden Vorrang des Wiss- ZeitVG gegenüber einer Befristung nach §14Abs.2 TzBfG ableiten können. Zwar ist der Bestand vorhande- ner Befristungszeiten als negatives Tatbestandsmerkmal gegenüber der Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG zusätz- lich enthalten, jedoch dürfte auch die maximal zweijäh- rige Befristung nach letzterem Befristungstatbestand als Höchstbefristungsgrenze verstanden werden, sodass hier letztlich nur ein nomineller aber nicht konstruktiver Unterschied existiert. Dies lässt sich auch damit recht- fertigen, dass der Höchstbefristungsrahmen des Wiss- ZeitVG den des § 14 Abs. 2 TzBfG deutlich übersteigt, und insofern bestehende Restriktionen auf- und nicht abgebaut werden.
Unklarer wird der Fall freilich im Zusammenhang mit der revolvierenden Dreijahresregel56 bei der Befris- tung nach § 14 Abs. 2 TzBfG, die im Einzelfall auch eine Befristung über die Höchstbefristungsgrenzen des Wiss- ZeitVG hinaus ermöglichen würde. Indes würde die Ab- leitung des Spezialitätsverhältnisses aus diesem Um- stand letztlich einem Zirkelschluss unterliegen, denn dies würde bereits die Annahme eines Vorrangverhältnisses voraussetzen, das gerade erst festgestellt werden soll.
Ein zusätzliches Tatbestandsmerkmal findet sich vielmehr im nunmehr eingefügten Angemessenheitskri- terium in § 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG. Im Zuge der No- velle wurde der Tatbestand der sachgrundlosen Befris- tung in § 2 Abs. 1 WissZeitVG ergänzt und fordert nach der geltenden Fassung eine gewisse Beziehung zwischen
ner, Die Angemessenheit der Befristung nach § 2 Abs. 1 Satz 3
WissZeitVG, OdW 2017, 201.
56 Gegenwärtig anhängig beim BVerfG unter dem Aktenzeichen
1 BVL 7/14; siehe hierzu im Zusammenhang mit der geplanten Novellierung des § 14 Abs. 2 TzBfG Löwisch/Schubert, Beschrän- kung befristeter Arbeitsverträge nach dem Koalitionsvertrag: Auswirkungen auf Hochschulen und Forschungseinrichtungen erscheint in OdW Heft 4/2018.
210 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 3 (2018), 201–212
Qualifikation und Befristungsdauer im Sinne eines – wenn auch schwer greifbaren57 – echten Tatbestands- merkmals. Dieser Zusammenhang ist dem TzBfG frei- lich gänzlich fremd und unterstreicht insoweit die In- tention der Gesetzesnovelle, die vor allem auf die Ver- meidung unangemessener Kurzbefristungen im wissenschaftli-chen Mittelbau gerichtet war.58 Vor al- lem vor diesem Hintergrund erscheint es daher stim- mig, die Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG kraft einer lex specialis-Betrachtung auszuschließen, denn an- dernfalls wäre über § 14 Abs. 2 TzBfG die Umgehung des Angemessenheitskriteriums zumindest im Fall der Erstbefristung ermöglicht.59 Dies war nicht inten- diert und die Anerkennung der Vorrangwirkung des WissZeitVG erweist sich insoweit als brauchbares Mittel, um eventuellem Missbrauch vorzubeugen.
Allerdings ist diese Vorrangwirkung nicht für die Zeit vor der Novellierung anzuerkennen. Vor dieser waren die Tatbestände letztlich ohne relevanten mate- riellen Unterschied und ein Vorrang könnte sich al- lenfalls auf die vorstehend beschriebenen, aber letzt- lich nicht zielführenden, Merkmale berufen. Folglich kann die Unwirksamkeit der Befristung eines nach § 14 Abs. 2 TzBfG befristeten Altvertrages nicht auf der Grundlage des nunmehr in der Rechtsprechung erkannten lex specialis-Verhältnisses argumentiert werden.
IV. Zulässigkeit einer sachgrundlosen Befristung gem. § 14 Abs. 2 TzBfG im Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 WissZeitVG
Im Vergleich zwischen der sachgrundlosen Befristung nach§14Abs.2TzBfGunddersachgrundgestützten Drittmittelbefristung nach § 2 Abs. 2 WissZeitVG bestehen freilich unterschiedliche Tatbestandsmerk- male, die auf einen Vorrang des WissZeitVG hindeu- ten könnten. Dieser Schluss wäre jedoch unzutref- fend, denn er würde die Universität, Universitätskli- nik oder außeruniversitären Forschungseinrichtung letztlich zur Drittmittelbefristung nach § 2 Abs. 2
- 57 Mandler/Meißner, Die Angemessenheit der Befristung nach § 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG, OdW 2017, 199.
- 58 BT-Drs. 18/6489 S. 1 ff.
- 59 Vgl. insofern mit ähnlicher Argumentation BAG, Urteil vom 14.Juni 2017 – 7 AZR 597/15 = BeckRS 2017, 128880.
- 60 Krit. zu den einst vorgeschlagenen vier Jahren mit Vorschlag für 8 Jahre siehe Mandler/Meißner, Entwurfsdiskussion WissZeitVG– Möglichkeiten, Einschränkungen, Verbesserungspotential,OdW 2016, 38.
- 61 Preis/Ulber, WissZeitVG, 2. Aufl. 2017, WissZeitVG § 6Rn. 29, 35; Mandler/Meißner, Entwurfsdiskussion WissZeitVG
WissZeitVG zwingen, sobald ein Drittmittelprojekt vorliegt.
Einen solchen Zwang kennt jedoch weder das Wiss- ZeitVG noch die Abgrenzung zwischen den Befristungs- tatbeständen nach § 14 Abs. 1 und Abs. 2 TzBfG. Zudem erübrigt sich diese Abgrenzung bereits dadurch, dass § 2 Abs. 1 WissZeitVG Vorrangwirkung zukommt und das BAG – konsequent – die Möglichkeit zur nicht-wis- senschaftsbezogenen Befristung nach einem der Befris- tungstatbestände des § 14 Abs. 1 TzBfG anerkannt hat. Aus § 2 Abs. 2 WissZeitVG folgt insofern keine neue Er- kenntnis in Bezug auf das gegenständliche Verhältnis zwischen § 14 Abs. 2 TzBfG und den Befristungstatbe- ständen des WissZeitVG.
V. Zulässigkeit einer sachgrundlosen Befristung gem. § 14 Abs. 2 TzBfG im Anwendungsbereich des § 6 WissZeitVG
Ein Vorrangverhältnis lässt sich ebenso nicht aus § 6 WissZeitVG gegenüber § 14 Abs. 2 TzBfG entnehmen. Mangels Angemessenheitskriterium verbliebe auch hier allein die 6‑jährige60 Höchstbefristungsdauer zur Begründung des Spezialitätsvorrangs, die aber nicht entscheidend sein kann.
Überdies spielen die Verlängerungstatbestände hier von vornherein keine Rolle.61 Wie vorstehend bereits er- läutert, kann aus diesen indes aber ohnehin kein taugli- cher Schluss im Zusammenhang auf das Verhältnis der Befristungstatbestände gezogen werden. Infolge der feh- lenden Anrechnung gem. § 2 Abs. 3 Satz 3 WissZeitVG62 ist es den Hochschulen, Universitätsklinika und auße- runiversitären Forschungseinrichtungen damit möglich, durch die Kombination einer Erstbefristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG und anschließender § 6 WissZeitVG- Befristung eine insgesamt maximal 8‑jährige Befris- tungsdauer zu erzielen. Dies entspricht den im Zusam- menhang mit der Novellierung geforderten Zeiträumen und ist insoweit nicht zu beanstanden.63 Es darf daher auch weiterhin allein auf ein bloß privilegierendes Ver- ständnis geschlossen werden.
– Möglichkeiten, Einschränkungen, Verbesserungspotential,
OdW 2016, 35 ff.
62 Zur beachtlichen Frage der Europarechtskonformität des
§ 2 Abs. 3 WissZeitVG siehe umfassend Stumpf, Befristete Arbeitsverhältnisse im Wissenschaftsbetrieb NZA 2015, 326 ff.; zur Anrechnung von Beschäftigungszeiten bei reiner Verwal- tungstätigkeit siehe unlängst BAG, Urteil vom 27.September 2017 – 7 AZR 629/15 = ZTR 2018, 152 ff.
63 Mandler/Meißner, Entwurfsdiskussion WissZeitVG – Möglichkei- ten, Einschränkungen, Verbesserungspotential, OdW 2016, 35 ff.
Mandler/Wegmann · § 14 Abs. 2 TzBfG im Anwendungsbereich des WissZeitVG 2 1 1
VI. Praktische Umsetzung
Ausgehend von den vorstehenden Befunden zeigt sich, dass letztlich nur im Verhältnis der Befristungs- gründe des § 2 Abs. 1 WissZeitVG gegenüber der Befristung aus § 14 Abs. 2 TzBfG Anpassungsbedarf besteht. Aus diesem Grund sollten die Hochschulen, Universitätsklinika und außeruniversitären For- schungseinrichtungen fortan verstärkt darauf achten, dass gerade im wissenschaftlichen Mittelbau der Rah- men des WissZeitVG nicht ohne eine reflektierte Prü- fung der jeweiligen Umstände verlassen wird. Hier- durch entsteht jedoch gerade in Zweifelsfällen über den wissenschaftlichen Charakter der geschuldeten Tätigkeit eine vermeintliche Zwickmühle, die durch das Risiko einer falschen Zuordnung entsteht. Selbi- ges Risiko scheint sich auch für die Vergangenheit zu realisieren, denn die Rechtsprechungsänderung bezieht sich ausschließlich auf die Regelungen des WissZeitVG vor der Novelle.
Die mit diesen Problemfeldern verbundenen Risi- ken können jedoch aufgehoben oder zumindest ge- mindert werden:
1. Im Zweifel Befristung nach dem WissZeitVG
Bestehen Unklarheiten darüber, ob wissenschaftliche Dienstleistungen im Einzelnen überwiegend geschul- det werden oder nicht, ist die Wahl eines Befristungs- tatbestandes des § 2 Abs. 1 WissZeitVG gegenüber dem des § 14 Abs. 2 TzBfG im Zweifel zu empfehlen. Dies bietet sich auch in anderen Zweifelsfällen gegen- über den Sachgründen des § 14 Abs. 1 TzBfG an.
Stellt sich in diesen Fällen sodann im Nachhinein heraus, dass tatsächlich keine überwiegend wissen- schaftliche Tätigkeit geschuldet war – also kein lex specialis-Verhältnis bestand –, so verbleibt dem Ar- beitgeber noch der Rückgriff auf den Befristungstat- bestand des § 14 Abs. 2 TzBfG. Anders als in den vom BAG entschiedenen Fällen, wird die Befristung in die- sem Fall weder durch wissenschaftsbezogene Eigen- heiten des WissZeitVG begründet, noch kann in die- sem Fall der lex specialis-Einwand überhaupt zur Be- gründung der Unwirksamkeit der Befristung herange- zogen werden, da der Anwen-dungsbereich des Gesetzes gerade nicht eröffnet wurde. Infolgedessen
- 64 Salzmann/Günther, Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz, AuA 2017, 86, 87.
- 65 Vgl. auch Salzmann/Günther, Das Wissenschaftszeitvertragsge- setz, AuA 2017, 86 ff. unter 3.
- 66 Vgl. BAG, Urteil vom 28. September 2016 – 7 AZR 549/14 = NZA 2017, 249 nach dem es der Angabe des genauen TzBfG- Befristungsgrundes gerade nicht bedarf.
kann insbesondere auch das Angemessenheitskriteri- um nicht zur Begründung des Vorrangs herangezogen werden, e contrario § 1 Abs. 2 WissZeitVG.
Diesem Vorgehen wird man – in der vorbeschriebe- nen Konstellation – auch den Einwand treuwidrigen Verhaltens nicht entgegenhalten können. Die Unter- scheidung zwischen wissenschaftlicher und nicht-wis- senschaftlicher Tätigkeit kann bisweilen überaus schwie- rig sein, weshalb in der Wahl der Befristungstatbestände des WissZeitVG letztlich kein vorwerfbarer Treuebruch liegen kann.
Einen solchen wird man allerdings annehmen müs- sen, wenn die Befristung alternativ auf das TzBfG oder das WissZeitVG gestützt wird. Bereits die ambivalente Wahl des Befristungstatbestandes ist insofern perplex und würde die Zwecke des in § 2 Abs. 4 Satz 1 Wiss- ZeitVG normierten Zitiergebots umgehen.64 Selbiges muss für die Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG gelten, die hilfsweise auf § 2 Abs. 1 WissZeitVG gestützt wird.65 Zwar wäre insofern das Zitiergebot formal gewahrt, je- doch muss die Unwirksamkeit dieser Konstruktion aus dem systemimmanenten Verhältnis dieser Befristungen zueinander folgen. Insbesondere würde durch derartige Konstruktionen dem Arbeitnehmer die Klarheit darüber genommen, nach welchen Bestimmungen er die Wirk- samkeit seiner Befristung bestimmen muss. Möglich ist indes die Befristung unter Nennung des WissZeitVG, der, wiederum hilfsweise, die Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG nachgestellt wird. Dieser Fall bildet letztlich nur deklaratorisch die Gesetzeslage ab und kann sich daher nicht dem Vorwurf der Perplexität gegenübersehen.66
2. „Altverträge“
Auch im Zusammenhang mit der Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze auf Altverträge, besteht argumentativer Spielraum. So ist anerkannt, dass nicht vorhersehbare Rechtsprechungsänderungen aufgrund des in Art. 2Abs.1 GG bzw. Art. 3Abs.1 GG iVm. Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Vertrauensschutzes keine Anwendung auf Sachverhalte finden können, die vor den Änderungen liegen.67 Die Änderung ständiger höchst- richterlicher Rechtsprechung ist nur dann unbeachtlich, wenn sie hinreichend begründet ist und sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung hält.68 Soweit hinge- gen durch gefestigte Rechtsprechung ein Vertrauenstat-
67 Grzeszick in Maunz/Dürig, 80. EL Juni 2017, VII. Rn. 105; BVerfG, Beschluss vom 18. Oktober 2012 – 1 BvR 2366/11 = NJW 2013, 523 ff.
68 Grzeszick in Maunz/Dürig, 80. EL Juni 2017, VII. Rn. 105; BVerfG, Beschluss vom 18. Oktober 2012 – 1 BvR 2366/11 = NJW 2013, 523 ff.
212 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 3 (2018), 201–212
bestand begründet wurde, kann diesem erforderlichen- falls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung getragen werden.69
Die Anwendung dieser Grundsätze auf bereits vor der Rechtsprechungsänderung abgeschlossene „Altver- träge“ dürften sachgerecht sein. Die neue Rechtspre- chung des BAG ist zwar begründet, hält sich aber zumin- dest bis zur Entscheidung vom 18. Mai 201670 nicht im Rahmen des Vorhersehbaren. Weder aus vorangegange- ner Rechtsprechung, noch aus Literatur oder Gesetz er- gab sich das jetzige Verständnis. Es ist den Hochschulen, Universitätsklinika und außeruniversitären For- schungseinrichtungen daher nicht anzulasten, wenn sie vor diesem Datum Verträge mit Wissenschaftlern ge- schlossen und auf der Grundlage des § 14 Abs. 2 TzBfG befristet haben sollten. Die Berücksichtigung ihrer Inte- ressen und der aus der bis dahin bestehenden Gesetzes- und Rechtsprechungslage gebieten daher richtigerweise Zurückhaltung bei der Anwendung dieser Rechtspre- chungsänderung auf Befristungen nach §14Abs.2 TzBfG vor dem 18. Mai 2016.
In diesem Zusammenhang ist allerdings anzumer- ken, dass das BAG auch im Fall vom 18. Mai 2016 inso- fern keine Milde walten ließ, obschon diese auch inso- fern geboten gewesen wäre. Soweit möglich, ist den Hochschulen, Universitätsklinika und außeruniversitä- ren Forschungseinrichtungen daher zu raten die mo- mentan noch nicht höchstrichterlich geklärte Rechtslage in Bezug auf § 14 Abs. 2 TzBfG zu nutzen und auf ent- sprechende Neubefristungen nach § 2 Abs. 1 Wiss- ZeitVG hinzuwirken.
3. Beteiligungsrechte des Personalrats
Schließlich sind auch die Beteiligungsrechte des Perso- nalrates zu berücksichtigen, die sich nach den jeweiligen Landespersonalvertretungsgesetzen bestimmen. Nach diesen ist bei der Einstellung eines wissenschaftlich täti- gen Arbeitnehmers in der Regel nicht mitzubestimmen.
- 69 BVerfG, Beschluss vom 18. Oktober 2012 – 1 BvR 2366/11 = NJW 2013, 523 ff.
- 70 Angesichts der Beschränkung des Spezialitätsvorrangs für die novellierte Fassung des WissZeitVG erstreckt sich der relevante Zeitraum daher – gegenüber Befristungen nach § 14 Abs. 2 TzBfG – vom 16. März bis zum 18. Mai 2016. In Bezug auf die übrigen Befristungstatbestände des WissZeitVG kann diese Ausnahme jedoch breitere Anwendung
Wird nun aber die Befristung eines Wissenschaftlers auf den Befristungsgrund des § 14 Abs. 2 TzBfG gestützt, so zeigt der Arbeitgeber letztlich an, dass er für das Arbeitsverhältnis selbst keine überwiegend wissenschaftliche Tätigkeit prognostiziert, sodass letztlich ein Mitbestimmungsrecht der Personalver- tretung anzuerkennen wäre. Indes richtet sich die Entstehung eines Mitbestimmungs-rechts nach den Landespersonalvertretungsgesetzen nicht nach der Wahl des Befristungstatbestandes, sondern nach der tatsächlichen Art der Tätigkeit. Daher kann der Arbeitgeber auch dann eine Beteiligung auf das für Wissenschaftler geltende Maß zurückführen, wenn tatsächlich wissenschaftliche Tätigkeit vorliegt. Dies kann sich auch nach der Bezeichnung der Stelle gemäß den Landeshochschulgesetzen richten.
VII. Fazit
Ein den Befristungsgrund nach § 14 Abs. 2 TzBfG aus- schließender Spezialitätsvorrang ist gegenüber den Befristungsgründen des § 2 Abs. 1 WissZeitVG für Verträge anzuerkennen, sofern die Verträge nach der Novellierung des WissZeitVG abgeschlossen wurden. Im Übrigen bleibt die Alternativität der Befristungs- gründe jedoch bestehen und der Befristungsgrund des § 14 Abs. 2 TzBfG kann insbesondere im Zusam- menspiel mit § 6 WissZeitVG eingesetzt werden.
Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse sollte den Hochschulen, Universitätsklinika und außeruniversitä- ren Forschungseinrichtungen daher an einer zügigen Auseinandersetzung mit dieser Thematik und Aufarbei- tung der eigenen Praxis und Risiken gelegen sein.
Tobias Mandler ist Rechtsanwalt bei Jones Day in Mün- chen. Laura Wegmann ist wissenschaftliche Mitarbei- terin an der Forschungsstelle für Hochschularbeits- recht der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Prof. Dr. Dr. h.c. Manfred Löwisch.