Kernziel der Novellierung des Wissenschaftszeitver- tragsgesetzes war die Bekämpfung unangemessen kurzer Befristungslaufzeiten.1 Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber das Merkmal der Angemessenheit zwischen angestrebter Qualifikation und Befristungsdauer beson- ders betont und zur Wirksamkeitsvoraussetzung der Befristung in Qualifikations- und Post-Doc-Phase gemacht: „Die vereinbarte Befristungsdauer ist jeweils so zu bemessen, dass sie der angestrebten Qualifizierung angemessen ist.“ Wie diese „Angemessenheit“ genau zu bestimmen ist, bleibt allerdings unklar und stellt die Hochschulen, Universitätsklinika und außeruniversitä- ren Forschungseinrichtungen vor erhebliche Schwierig- keiten.2 So sind die Einrichtungen angesichts der beste- henden Rechtsunsicherheiten und der ansonsten dro- henden Unwirksamkeit vereinbarter Befristungsabreden weithin zu einer deutlich großzügigeren Befristungspra- xis übergegangen und haben vielfach auch die in den Gesetzesmaterialien angesprochenen Leitlinien zur Bestimmung der Angemessenheit mit pauschalen Min- destbefristungslaufzeiten von 24–36 Monaten erlassen. Welche Vorgaben das Gesetz zur Bestimmung der Ange- messenheit aber genau macht und wie sich diese gegen- über den Höchstbefristungsgrenzen, Verlängerungen der Befristung – etwa nach § 2 Abs. 5 WissZeitVG – oder Leitlinien verhalten, bleibt weiterhin unklar. Hier einen Beitrag zur Eingrenzung des Angemessenheitserforder- nisses zu leisten, ist Anliegen der nachstehenden Aus- führungen.
Die Angemessenheit wird dazu zunächst in Bezug auf die gesetzliche Intention (I.) und im Zusammenhang zur angestrebten Qualifizierung (II.) untersucht. Im An- schluss werden Gestaltungsspielräume und ‑grenzen konkretisierender Leitlinien (III.) besprochen. Schließ- lich werden Sonderfragen zur Verlängerung der Befris- tung (IV.) erörtert, bevor die Ergebnisse im Fazit (V.) zu- sammengefasst und um einen Leitlinienvorschlag im Anhang (VI.) ergänzt werden.
- 1 Erstes Gesetz zur Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes vom 11. März 2016 (BGBl. I Nr. 12).
- 2 Siehe hierzu schon Mandler/Meißner, OdW 2016, 40; zusam- menfassend zu den Reaktionen siehe Meißner, Entstehung und Entwicklung des Hochschulbefristungsrechts, 2016, S. 158 ff., 165 ff.
- 3 Nicht erfasst werden damit sowohl Drittmittelbefristungen gem. § 2 Abs. 2 WissZeitVG, Befristungen nach dem TzBfG, als auch
I. Gesetzliche Intention
Die Angemessenheit ist als Ergänzung der Befris- tungstatbestände in § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 Wiss- ZeitVG in Satz 3 zusammengefasst und als solche Teil der Prognoseentscheidung des Arbeitgebers im Zeit- punkt der Vertragsschlusses geworden.3 Gefordert wird nach der neuen Gesetzeslage neben der überwiegend wissenschaftlichen Beschäftigung iSv. § 1 WissZeitVG4 auch die Angemessenheit der individuellen Befristungs- dauer, die jeweils so zu bemessen ist, „dass sie der ange- strebten Qualifizierung angemessen ist.“ Das Gesetz beschreibt die Angemessenheit damit als normatives Tatbestandsmerkmal und eröffnet Raum für wertende Überlegungen im Sinne des Ziels der Novellierung, unangemessen kurze Befristungslaufzeiten zu verhin- dern.
Der Gesetzgeber beanstandete die Befristungspraxis der Hochschulen, Universitätsklinika und außeruniver- sitären Forschungseinrichtungen. Diese hatten nach An- sicht des Gesetzgebers in der Vergangenheit vermehrt und flächendeckend die fehlende gesetzliche Einschrän- kung der Befristungslaufzeiten dazu genutzt, um mit den Beschäftigten, insbesondere im wissenschaftlichen Mit- telbau, möglichst kurze Vertragslaufzeiten zu vereinba- ren, um sich so Planungs- und Haushaltssicherheit un- abhängig von eventuellen Kündigungsrisiken zu schaf- fen. Diese Praxis führte nach Ansicht des Gesetzgebers zu einer unsachgemäßen Beeinträchtigung der Belange der Beschäftigten, die sich aufgrund der kurzen Ver- tragslaufzeiten einer längerfristig gesicherten Beschäfti- gung und des daraus resultierenden Einkommens kaum sicherseinkonnten.AufgrundderweitgehendenBefris- tungsmöglichkeiten nach dem WissZeitVG konnten Be- schäftigte vielfach nicht erfolgreich gegen unangemessene Kurzbefristungen vorgehen. Einzig der Einwand des Rechtsmissbrauchs ermöglichte eine gewisse Eingrenzung.
der neue Befristungstatbestand für wissenschaftliche und künst- lerische Hilfstätigkeiten nach § 6 WissZeitVG. Zu Letzterer siehe Müller, Die neue studienbegleitende Beschäftigung nach Wissen- schaftszeitvertragsgesetz öAT 2016, 90.
4 Die ebenfalls erfasste künstlerische Qualifikation bleibt im Folgen- den außen vor. Vgl. zu dieser unlängst LAG München, Urteil vom 31.8.2016 – 8 Sa 118/16.
Tobias Mandler/Markus Meißner
Die Angemessenheit der Befristungsdauer nach § 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG
Ordnung der Wissenschaft 2017, ISSN 2197–9197
200 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 3 (2017), 199–210
Diese Ausgangslage hat der Gesetzgeber bei der No- vellierung des WissZeitVG zugrunde gelegt und hat – in Vollzug der Festlegungen des Koalitionsvertrages5 – ins- besondere die Vertragslaufzeiten einzelner Befristungen nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG durch die Ergänzung des Befristungstatbestandes um das Merkmal der Angemes- senheit ergänzt. Ziel war es, den „Fehlentwicklungen in der Befristungspraxis entgegenzuwirken, ohne die in der Wissenschaft erforderliche Flexibilität und Dynamik zu beeinträchtigen.“6
Was der Gesetzgeber dabei genau als unsachgemäße Kurzbefristung empfunden hat, wird zumindest in den Materialen nicht konkret offengelegt. Dies ist vor dem Hintergrund des gewählten flexiblen Lösungsansatzes und der Vielfalt praktischer Fälle letztlich auch stimmig. Aus der Praxis bis zur Novellierung ergeben sich aber Rückschlüsse auf die zukünftig als angemessen zu be- trachtenden Befristungen. Die bisherige – als unange- messen empfundene – Befristungspraxis war Ausgangs- punkt der gesetzgeberischen Überlegungen und ist da- mit Teil des Willensbildungs- und Gesetzgebungspro- zesses geworden.
Im Erhebungszeitraum vom 1. Februar 2009 bis zum 31. Januar 2010 betrug die mittlere Befristungsdauer 12,3 Monate an Universitäten und 14,3 Monate an außeruni- versitären Forschungseinrichtungen.7 Ferner wurden im
- 5 Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 18. Legislatur- periode, S. 27: „Befristete Beschäftigungsverhältnisse aufgrund von Qualifizierungsphasen, zeitlich befristeten Forschungs- projekten und anderen Sachgründen liegen in der Natur des Wissenschaftsbetriebs; ihr Anteil – insbesondere über sehr kurze Zeiträume – hat in den letzten Jahren ein Maß erreicht, das Handlungsbedarf entstehen lässt. An erster Stelle ist ein aktives Gegensteuern Aufgabe der Hochschulen und Forschungseinrich- tungen in ihrer Rolle als Arbeitgeber. Wir begrüßen entspre- chende Aktivitäten der Wissenschaftsorganisationen und werden deren Bemühungen durch eine Novellierung des Wissenschafts- zeitvertragsgesetzes flankieren. Wir wollen für den wissenschaftli- chen Nachwuchs planbare und verlässliche Karrierewege schaffen. Der Bund wird im Rahmen seiner Förderung und bei Vereinba- rungen zu neuen Instrumenten auf angemessene Laufzeiten der Anstellungsverträge achten“.
- 6 BT-Drs. 18/6489 S. 17.
- 7 Jongmanns, Evaluation des WissenschaftszeitvertragsgesetzesS. 71 ff.; Jongmanns, Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz und die Beschäftigungsbedingungen im wissenschaftlichen Mittelbau, Os- nabrück, 12.3.2015, abrufbar unter https://www.uni-osnabrueck. de/fileadmin/documents/public/4_forschung/4.3_nachwuchs- foerderung/zepros/Vorträge_und_Präsentationen__Nachwuchs- tage/11_Osnabrücker_Nachwuchstage_2015-03–12_Jongmanns. pdf, abgerufen am 12.5.2017. Teil dieser Erhebung waren dabei allerdings neben den Befristungen nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG auch die typischerweise für längere Zeiträume abgeschlossenen Drittmittelbefristungen nach § 2 Abs. 2 WissZeitVG.
- 8 Jongmanns, Evaluation des Wissensschaftszeitvertragsgesetzes S. 73.
- 9 An § 30 Abs. 3 TVöD – „(3) Ein befristeter Arbeitsvertrag ohne sachlichen Grund soll in der Regel zwölf Monate nicht unter-
Mittel an außeruniversitären Forschungseinrichtun- gen 50 % der Verträge und an Hochschulen sogar 53 % der Verträge kürzer als 1 Jahr befristet.8 Zu berück- sichtigen ist allerdings, dass sich die Befristungspraxis der einzelnen Wissenschaftseinrichtungen bisweilen stark unterscheidet.
Aufgrund der bisherigen mittleren Befristungs- dauer muss man davon ausgehen, dass zumindest Verträge über 3 bis 6 Monate ohne besondere Recht- fertigung im Einzelfall nicht angemessen sein können. 3 bis 6‑Monatsverträge liegen um mehr als die Hälfte unter der bisherigen mittleren Befristungsdauer, die den Gesetzgeber zur Novellierung des WissZeitVG veranlasst hat. Wären 3 bis 6‑Monatsverträge regelmä- ßig angemessen, so liefe die Novellierung der Befris- tungstatbestände letztlich leer.9
Abstrakt kann die Angemessenheit der Befristung auch durch den Vorschlag des Bundesrats im Gesetzge- bungsprozess eingegrenzt werden:10 „Die vereinbarte Be- fristungsdauer soll bei einer ersten nach den Sätzen 1 und 2 befristeten Beschäftigung 24 Monate nicht unterschrei- ten, sofern keine sachlichen Gründe eine kürzere Dauer rechtfertigen.“ Dieser Vorschlag wurde nicht übernom- men, sondern aufgrund seiner Inflexibilität und be- schränkten Anwendung auf die Erstbefristung nicht wei- terverfolgt.11 Die Dimension, bei der von keiner regel-
10
11
schreiten; die Vertragsdauer muss mindestens sechs Monate betragen…“ – anknüpfend Rambach in Arnold/Gräfl/Imping, Teilzeit- und Befristungsgesetz, 4. Aufl. 2016, WissZeitVG § 2 Rn. 6; vgl. auch Preis/Ulber, WissZeitVG, 2. Aufl. 2017,
§ 2 Rn. 36 f.
BR-Drs. 395/15 (Beschluss) S. 5, vgl. auch die Begründung: „Die Festlegung von konkreten Mindestbefristungszeiten soll in stär- kerem Maße als es der Gesetzentwurf der Bundesregierung vor- sieht unsachgemäße Kurzbefristungen verhindern und damit den betroffenen Nachwuchswissenschaftlerinnen und ‑wissenschaft- lern eine gerade in der Phase der Qualifikation erforderliche höhere Beschäftigungssicherheit garantieren. Im Ausnahmefall bleiben auch kürzere Befristungen möglich, die auch im Interesse der Beschäftigten im Einzelfall erforderlich sein können.“; siehe dazu Mandler/Meißner, Entwurfsdiskussion WissZeitVG, OdW 2016, 41.
BT-Drs. 18/6489 S. 24: „Die vorgeschlagene Festlegung einer festen Mindestvertragslaufzeit von 24 Monaten für die erstmalige Befristung erscheint nicht geeignet, das mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung verfolgte Ziel, unsachgemäße Kurzbefris- tungen zu begrenzen, zu verwirklichen. Sie ist in der Festlegung eines fixen Zeitraums unflexibel und verzichtet durch Beschrän- kung auf die jeweils erste Befristung darauf, dem Ziel der Begren- zung unsachgemäßer Kurzbefristungen auch für Folgeverträge Geltung zu verschaffen. Vor dem Hintergrund, dass Organisation und Ausgestaltung der Qualifizierungsprozesse ureigene Aufga- ben der Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen sind, würde eine bundesgesetzliche Festlegung einer bestimmten Min- destvertragslaufzeit der Vielfalt der in der Praxis existierenden Ausgestaltungen von Qualifizierungswegen und ‑möglichkeiten nicht gerecht werden.“; siehe zur möglichen Anpassung Mandler/ Meißner, Entwurfsdiskussion WissZeitVG, OdW 2016, 41.
Mandler/Meißner· Angemessenheit der Befristungsdauer 2 0 1
mäßig unangemessen kurzen Befristung mehr ausge- gangen wird, lässt sich hieraus aber bedingt ableiten. Die 24 Monate finden sich mittlerweile auch in zahlreichen verabschiedeten Leitlinien und werden als grundsätzlich angemessen empfunden.12 Insofern ist bei den Personal- abteilungen bereits ein – für diese im Übrigen auch ent- lastendes – Umdenken zu erkennen.
Auf der anderen Seite können auch Befristungen von mehr als 24 Monaten nicht automatisch, sondern nur re- gelmäßig, als angemessen angesehen werden.13 In star- ren zeitlichen Grenzen hat der Gesetzgeber außerhalb möglicher Leitlinien nicht gedacht, sondern eine in bei- de Extreme grundsätzlich offene Regelung befürwortet.
II. Angestrebte Qualifizierung
Das Angemessenheitserfordernis wird getragen vom Ziel der Verhinderung unsachgemäßer Kurzbefristun- gen in Abhängigkeit zur „angestrebten Qualifizierung“ unter Wahrung der erforderlichen Flexibilität und Dyna- mik im Wissenschaftsbereich. Entscheidend für die Beurteilung der Angemessenheit ist damit zunächst die Eingrenzung der Qualifizierung.
1. Qualifizierung
Der Hinweis auf die angestrebte Qualifizierung in § 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG ist zunächst lediglich klarstel- lend zu verstehen. Ihm kommt keine eigenständige Bedeutung zu.14 Er greift die (überwiegend) wissen- schaftliche oder künstlerische Tätigkeit im Sinne des Anwendungsbereiches nach § 1 WissZeitVG15 auf, die
- 12 Rambach in Arnold/Gräfl/Imping, Teilzeit- und Befristungsge- setz, 4. Aufl. 2016, WissZeitVG § 2 Rn. 6.
- 13 Vgl. insofern grundsätzlich Rambach in Arnold/Gräfl/Imping, Teilzeit- und Befristungsgesetz, 4. Aufl. 2016, WissZeitVG
§ 2 Rn. 6 bei Erstbefristungen. - 14 A.A. Hauck-Scholz, Erneuter Systemwechsel bei Befristungen im Wissenschaftsbereich, RdA 2016, 262 f.
- 15 Vgl. zum persönlichen Anwendungsbereich etwa BAG, Urteil vom 29.4.2015 – 7 AZR 519/13; dazu Mandler/Meißner, Der persönliche Anwendungsbereich des WissZeitVG, OdW 2016, 127 ff.; Boemke, Zugehörigkeit der Lehrkräfte für besondere Auf- gaben zum wissenschaftlichen Personal, jurisPR-ArbR 45/2015 Anm. 3. Bei Drittmittelbefristungen vgl. BAG, Urteil vom 8.8.2016 – 7 AZR 259/14; vgl. auch Mandler, Rechtsmissbrauch bei Drittmittelbefristungen gem. § 2 Abs. 2 WissZeitVG, 217ff.; neue Unsicherheit besteht hier bei Bachelorabsolventen, die mangels Immatrikulation nicht mehr in den Anwendungsbereich des § 6 WissZeitVG fallen und vor allem mit unterstützenden Tätigkeiten beschäftigt werden. Letztlich muss auch hier im Ein- zelfall ermittelt werden, ob wissenschaftliche Dienstleistungen bei Vertragsschluss prognostiziert werden konnten. Eine pauschale Lösung verbietet sich. Wissenschaftliche Dienstleistungen kann und darf jeder für sich in Anspruch nehmen, der es will und kann – und zwar unabhängig von der Bezeichnung des Verhältnisses oder dem akademischem Abschluss, Art. 5 Abs. 3 GG.
für die Befristung nach dem WissZeitVG seit je her kon- stitutiv ist.16 Es ist allerdings auch weiterhin nicht not- wendig, dass innerhalb der Qualifikations- oder Post- Doc-Phase zwingend formale Qualifikationsziele, wie etwa eine Promotion, ein Ph.D. oder eine Habilitation, tatsächlich angestrebt werden.17 Tauglich sind nach wie vor auch sonstige wissenschaftliche Qualifikationsziele, wie etwa die Erlernung bestimmter wissenschaftlicher Methoden oder Kompetenzen18 oder die Forschung zu einem bestimmten wissenschaftlichen Thema als Teil einer Forschungsgruppe oder allein. Das Hervorbringen eigener Forschungsergebnisse wird dabei grundsätzlich nicht vorausgesetzt.19
Leitend ist hier stets der Gedanke eines kontinuierli- chen Zustroms neuer Wissenschaftler zur Sicherung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit der Hochschulen und Forschungseinrichtungen, der gerade nicht auf die Erreichung bestimmter formaler Qualifikationsziele be- schränkt ist oder an diesen endet.20 Aus diesem Grund kann etwa auch die Vertiefung oder Erlernung wissen- schaftlichen Arbeitens durch das Zuarbeiten in For- schungsgruppen eine wissenschaftliche Qualifizierung begründen.21 Auch wissenschaftsfremde Tätigkeiten sind dabei nicht zwingend schädlich, solange im Zeit- punkt des Vertragsschlusses eine überwiegende wissen- schaftliche Tätigkeit prognostiziert werden kann.
2. Qualifizierungsziel
Das Gesetz benennt lediglich die Qualifizierung und hebt damit an sich nicht auf das jeweilige Qualifikati- onsziel ab. Dies ist letztlich auch konsequent, denn – wie
16 Vgl. etwa BT-Drs. 18/6489 S. 8: „Unsachgemäße Kurzbefristun- gen sollen im WissZeitVG künftig unterbunden werden. Die Befristungstatbestände werden um Aussagen ergänzt, dass bei der sachgrundlosen Qualifizierungsbefristung die Befristungsdauer so zu bemessen ist, dass sie der angestrebten Qualifizierung angemessen ist, und sich bei der Befristung wegen Drittmittelfi- nanzierung an der Dauer der Mittelbewilligung orientieren soll (vergleiche Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe a – § 2 Absatz 1 Satz
3 – und Buchstabe b Doppelbuchstabe aa)“; Mandler/Meißner, Entwurfsdiskussion WissZeitVG, OdW 2016, 35, 39; Rambach
in Arnold/Gräfl/Imping, Teilzeit- und Befristungsgesetz, 4. Aufl. 2016, WissZeitVG § 2 Rn. 4; umfassend Preis/Ulber, WissZeitVG, 2. Aufl. 2017, § 2 Rn. 8 ff. mzN.; Maschmann/Konertz, Das Hochschulbefristungsrecht in der Reform, NZA 2016, 258 f. zu Mischtätigkeiten siehe Kroll, Die Novellierung des Wissenschafts- zeitvertragsgesetzes, ZTR 2016, 237 f.
17 Aus diesem Grund ist die Bezeichnung als Promotionsphase letztlich ungenau.
18 BT-Drs. 18/6489 S. 10; Müller-Glöge in Erfurter Kommentar, 17. Aufl. 2017, WissZeitVG § 2 Rn. 2b.
19 LAG Düsseldorf, Urteil vom 3.11.2016 – 13 Sa 436/16.
20 BT-Drs. 18/6489 S. 7; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 24.4.1996
– 1 BvR 712/86 = BVerfGE 94, 268.
21 Vgl. eingehend Maschmann/Konertz, Das Hochschulbefristungs-
recht in der Reform, NZA 2016, 259 ff.
202 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 3 (2017), 199–210
gesehen – ist der Bestand eines formalen Qualifikati- onsziels, wie etwa einer Promotion, gerade nicht Vorausset- zung für die sachgrundlose Befristung. Auch wenn ein for- males Qualifikationsziel nicht verfolgt werden muss, bietet sich zumindest gedanklich die Bildung eines gedachten Qualifikationsziels sowie dessen Dokumentation22 an. Denn die Angemessenheit eines Zeitraums lässt sich letzt- lich nur sicher bestimmen, wenn bekannt ist, gegenüber welchem Zweck der gewählte Zeitraum angemessen sein soll. Die fachliche Eignung des Beschäftigten muss dabei grundsätzlich unberücksichtigt bleiben.23 Das Gesetz spricht nur von der „jeweils angestrebten Qualifizierung“ und beschreibt die Qualifizierung damit abstrakt.
Würde man hingegen auf die fachliche Eignung des Be- schäftigten abstellen, wäre das Angemessenheitskriterium in der Tat nicht justiziabel. Wie sollte etwa die Befristungs- dauer eines Doktoranden angemessen bestimmt werden können, wenn dessen Fähigkeiten der Hochschule noch unbekannt sind? Weder Noten, noch Vorbildung, noch Zeugnisse wären hier taugliche Anhaltspunkte. Gerade die Promotion zeichnet sich durch eine meist kaum abzuschät- zende Entwicklung des Themas aus. Durch wissenschaftli- che Methodik soll letztlich Neuland erst erschlossen wer- den. Die Dauer der Promotion steht deshalb letztlich erst nach Abschluss des Vorhabens sicher fest und ist zuvor nur einer Prognose unter typisierender Betrachtung zugäng- lich. Promotionsvereinbarungen mögen hier zwar Anhalts- punkte für die konkrete Dauer der Vorhaben geben,24 diese sind aber für die Beurteilung der Befristungsdauer letztlich ungeeignet. Selbst wenn diese einmal Bearbeitungszeiten beinhalten sollten,25 muss die Beschäftigung noch lange nicht für die Promotion allein oder umfassend erfolgen. Man denke hier etwa an den Medizinstudenten, der für ein Jahr im Labor Forschungsdaten erarbeitet, die er dann im Verlauf seines weiteren Studiums außerhalb einer Beschäf-
- 22 So auch Rambach in Arnold/Gräfl/Imping, Teilzeit- und Befris- tungsgesetz, 4. Aufl. 2016, WissZeitVG § 2 Rn.20. Die Dokumen- tation sollte indes nicht im Vertrag selbst erfolgen. Hierdurch ent- stünden ggf. prozessuale Unzulänglichkeiten, wenn neben dem dokumentierten Ziel auch andere verfolgt wurden. Aus diesem Grund ist auch eine Inbezugnahme evtl. Betreuungsvereinbarun- gen idR. ungeeignet die Ziele abschließend zu bestimmen.
- 23 Abweichend Preis/Ulber, WissZeitVG, 2. Aufl. 2017, § 2 Rn. 31.
- 24 Vgl. Maschmann/Konertz, Das Hochschulbefristungsrecht in derReform, NZA 2016, 263.
- 25 Zu den Mindestinhalten in Baden-Württemberg siehe Löwisch/Würtenberger, Betreuungsvereinbarungen im Promotionsverfah-ren, OdW 2014, 103 ff.
- 26 Ähnlich Maschmann/Konertz, Das Hochschulbefristungsrecht inder Reform, NZA 2016, 263.
- 27 So schon Mandler/Meißner, Entwurfsdiskussion WissZeitVG,OdW 2016, 40; vgl. auch Brötzmann, Die Änderung des Wissen- schaftszeitvertragsgesetzes 2016, öAT 2016, 48; Rambach in Ar- nold/Gräfl/Imping, Teilzeit- und Befristungsgesetz, 4. Aufl. 2016, WissZeitVG § 2 Rn. 5; Anton, Das Erste Gesetz zur Änderung des
tigung in seiner Promotion verarbeitet; oder den Juristen, der einen Teil der Promotionsarbeit planvoll während des Referendariats erstellt.
Daneben bietet auch das Thema der Promotion und dessen Schwierigkeitsgrad im Verhältnis zum Doktoran- den keine sinnvolle Bewertungsgrundlage. So bearbeitet etwa ein exzellenter Doktorand das Thema eventuell deutlich umfassender und damit länger, als dies ein mit- telmäßiger getan hätte, weshalb selbiger möglicherweise sogar weniger Zeit für dasselbe Thema benötigt hätte. Gleiches gilt für Befristungen, die einer Vielzahl von Qualifizierungen dienen und so die prognostische Ab- wägung letztlich zu einer Gesamtbetrachtung zwingen. So ist es etwa üblich, Doktoranden sowohl zur Förde- rung der Promotion, als auch zur Bewältigung anderer Forschungsprojekte oder Lehraufgaben zu beschäftigen.
Diese Problematik wird letztlich nur zu vermeiden sein, wenn man mit der Gesetzesbegründung die per- sönlichen Fähigkeiten und Eigenheiten des Beschäftig- ten und das Thema selbst ausblendet und einen abstrak- teren Ansatz bezogen auf die Art der Qualifizierung wählt. Maßgebend muss eine typisierende Betrachtung sein,26 die gepaart mit einem weiten Einschätzungsspiel- raum der Hochschule, Universitätsklinik oder außeruni- versitären Forschungseinrichtung,27 dann ein abstrakte- res Verständnis der Angemessenheit in den Grenzen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens erlaubt.28
Dass dies dem Willen des Gesetzgebers entspricht, wird daran sichtbar, dass er den Einrichtungen über Leitlinien letztlich die Möglichkeit zur Gestaltung auf abstrakter Ebe- ne zugestanden hat, da er sich selbst außer Stande sieht die wissenschaftliche Vielfalt zu reglementieren. Der Gesetzge- ber geht deshalb davon aus, dass bei formalen Qualifikati- onszielen die „übliche Dauer“ angemessen ist,29 was auf den insoweit anzunehmenden weiten Einschätzungsspielraum
Wissenschaftszeitvertragsgesetzes und seine Auswirkungen auf
die Personalpraxis der Universitätsklinika, ZTR 2016, 434.
28 Die Darlegungs- und Beweislast folgt dann – in Bezug auf die
Angemessenheit der Befristungsdauer – dem bekannten System für die Prüfung des Vorliegens eines Sachgrundes analog, vgl. zu diesem etwa Meinel in Meinel/Heyn/Herms, 5. Aufl. 2015, TzBfG § 14 Rn. 36; Bayreuther in BeckOK ArbR, 43. Ed. 1.3.2017, TzBfG § 14 Rn. 21 ff.; vgl. hierzu auch Preis/Ulber, WissZeitVG, 2. Aufl. 2017, § 2 Rn. 36, Rambach in Arnold/Gräfl/Imping, Teilzeit- und Befristungsgesetz, 4. Aufl. 2016, WissZeitVG § 2 Rn. 6.
29 BT-Drs. 18/6489 S. 10: „Welche Vertragsdauer im Einzelfall an- gemessen ist, entzieht sich einer gesetzlichen Festlegung. Soweit in der Qualifizierungsphase ein formales Qualifizierungsziel (beispielsweise Promotion oder Habilitation) verfolgt wird, kann zwar allgemein gesagt werden, dass eine Orientierung der Ver- tragslaufzeit an der üblichen Dauer solcher Qualifizierungsvor- haben angemessen ist. Die übliche Dauer kann dabei – abhängig von der jeweiligen Fachkultur – allerdings höchst unterschiedlich sein“.
Mandler/Meißner· Angemessenheit der Befristungsdauer 2 0 3
der Wissenschaftseinrichtungen hinweist. Die Novellie- rung des WissZeitVG sollte zudem die „erforderliche Fle- xibilität und Dynamik“ in der Wissenschaft nicht beein- trächtigen.30 Gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die einen Rückgriff auf das TzBfG für entsprechend durch das WissZeitVG erfasste Sachverhalte ausschließt,31 würde ohne den genannten abstrakten Ansatz ansonsten eine für die Wissenschaftseinrichtungen kaum zu rechtferti- gende Schlechterstellung auf dem Boden dann hinzu- nehmender Rechtsunsicherheiten gegenüber dem Pri- vatsektor anzunehmen sein – insbesondere wegen Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG.32
Methodisch ist daher im Lichte des Ziels der Novel- lierung, die unsachgemäße Kurzbefristungen unterbin- den soll, auf eine teleologische Reduktion des Angemes- senheitserfordernisses zu schließen, soweit die Befris- tung zu lang erfolgt ist.33 Zwar lässt sich sagen, dass wei- terhin das unbefristete Arbeitsverhältnis im allgemeinen Arbeitsrecht den Regelfall darstellt und deshalb auch eine zu lange Befristung prinzipiell unangemessen sein kann, dies gilt jedoch aus bekannten Gründen gerade nicht im Wissenschaftsbereich. Ausreichende Grenzen setzt hier bereits der Höchstbefristungsrahmen, dem im Übrigen ebenfalls nur eine typisierende Betrachtung zu Grunde liegt. Auch ein Rechtsmissbrauch ist hier – wenngleich theoretisch vorstellbar – letztlich ausgeschlossen.34
Sind daher keine Leitlinien erlassen, kann der Ar- beitgeber im Rahmen seiner Prognoseentscheidung dann auf die gewöhnliche Dauer entsprechender Quali- fikationsvorhaben zurückgreifen und eventuelle Abwei- chungen in der Befristungsdauer schließlich mit von ihm zu beweisenden sachlichen Gründen rechtfertigen. In Bezug auf das jeweilige Qualifikationsvorhaben ist da- bei anhand der aus diesen resultierenden Qualifikatio- nen zu unterscheiden.
- 30 BT-Drs. 18/6489 S. 17.
- 31 BAG, Urt. v. 28.9.2016 – 7 AZR 549/14 = NZA 2017, 249ff.; BAG, Urt. v. 8.6.2016 – 7 AZR 259/14; BAG, Urteil vom 18.5.2016 – 7 AZR 533/14 = NZA 2016, 1276: „Die Befristung von Arbeitsverträgen mit wissenschaftlichem Personal an Hoch- schulen im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG kann auf Sachgründe nach § 14 Abs. 1 TzBfG nicht gestützt werden, wenn die Befristung ausschließlich mit der wissenschaftlichen Qualifi- zierung des Arbeitnehmers begründet wird. Insoweit verdrängt
§ 2 Abs. 1 WissZeitVG als Sonderregelung § 14 Abs. 1 TzBfG.“; diese Rechtsprechung ist vor dem Hintergrund des § 1 Abs. 2 WissZeitVG indes nicht zweifellos, letztlich aber konsequent. Sie- he hierzu AP WissZeitVG § 1 Nr. 7 (m. Anm. Deutzmann/Preis). - 32 Etwa die Befristung über § 14 Abs. 2 TzBfG, der das Erfordernis der Angemessenheit nicht kennt, ist daher für die Erstbefristung
a) Formale Qualifikationsziele
Unter einem formalen Qualifikationsvorhaben ist ein bestimmter formalisierter Abschluss zu verstehen. Gemeint ist damit neben der in der Gesetzesbegründung erwähnten Promotion oder Habilitation35 auch der Ph.D., die Schwerpunktbezeichnung, der Facharzt oder sonstige Spezialisierungen, wie sie etwa im zahnärztli- chen Bereich zu finden sind. Hier ist bei der Bestim- mung der Angemessenheit zunächst von der typischen Dauer zur Erlangung des jeweiligen Ziels auszugehen und anschließend – ggf. gestützt auf sachliche Gründe – zu verlängern oder zu verkürzen. Bei der Bestimmung der üblichen Dauer ist wiederum auf einen weiten Ein- schätzungsspielraum der Wissenschaftseinrichtungen zu erkennen. Im Zweifel wird der Beweis aber durch ent- sprechende Analysen und Statistiken zu führen sein.
Bezugspunkt für die Bestimmung der Angemessen- heit ist hier zuvorderst die jeweilige „Fachkultur“.36 Es kommt damit beispielsweise nicht auf die Promotion an sich, sondern auf die typische Promotionsdauer im je- weiligen Bereich an.37 Dass hierbei durchaus große fach- spezifische Zeitunterschiede bestehen können, ist be- kannt und vom Gesetzgeber auch vorausgesetzt worden. Aus diesem Grund gilt es zu beachten, dass die Vorgabe weithin pauschaler Befristungszeiträume für eine Viel- zahl ansonsten grundverschiedener Fächer, ein Indiz für eine fehlerhafte Prognose sein kann.
Bei der Bestimmung der Angemessenheit sind aller- dings auch sachliche Gründe anzuerkennen, die ein Ab- weichen von typischen Zeiträumen erlauben. Nur so kann der gesetzlichen Intension einer flexiblen und dy- namischen Befristungspraxis ausreichend Rechnung ge- tragen werden. Auch insoweit ist daher der Begriff der Angemessenheit wertend zu verstehen. Prinzipiell geeig- net für ein solches Abweichen ist danach bspw. das vor- zeitige Ende eines Projektes, wenn Beschäftigung über-
im wissenschaftlichen Bereich – vor dem Hintergrund neuerer Rechtsprechung des BAG (Fn. 31) – zumindest zu hinterfragen. Weiterhin für das Wahlrecht AP WissZeitVG § 1 Nr. 7 (m. Anm. Deutzmann/Preis) unter IV.
33 Im Ergebnis auch Löwisch in Dornbusch/Fischermeier/Löwisch, AR-Kommentar, 8. Aufl. 2016, WissZeitVG § 2 Rn. 3.
34 Vgl. BAG, Urteil vom 9.12.2015 – 7 AZR 117/14.
35 BT-Drs. 18/6489 S. 10.
36 BT-Drs. 18/6489 S. 10.
37 Es wäre daher etwa denkbar zwischen experimentellen und
klinischen Doktorarbeiten in der Medizin zu unterscheiden. Erfolgt die Promotion während des Studiums im Rahmen einer Anstellung, die gem. § 6 WissZeitVG befristet ist, können diese Zeiten gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 HS 2 WissZeitVG berücksichtigt werden, vgl. Preis/Ulber, WissZeitVG, 2. Aufl. 2017, § 6 Rn. 31.
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wiegend im Rahmen eines Projektes oder Drittmittel- projektes nach § 2 Abs. 2 WissZeitVG erfolgt und dieses vor Ablauf der regelmäßigen oder besonderen Befris- tungsdauer endet.38 Des Weiteren kann der zu doku- mentierende Wunsch des Beschäftigten eine kürzere Be- fristung rechtfertigen. Das Ziel unsachgemäßer Kurzbe- fristungen durch die Wissenschaftseinrichtungen wird dann nicht gefährdet. Dies gilt insbesondere mit Blick auf mögliche Sperrfristen bei ansonsten notwendiger vorzeitiger Aufhebung des Arbeitsverhältnisses. Selbiges gilt, wenn mit der Promotion etc. bereits begonnen und damit ein Teil der üblichen Dauer bereits aufgewandt wurde. Ein Beispiel mag hier etwa ein erfolgter Hoch- schulwechsel während der Promotion sein. Längere Be- fristungen bleiben aber freilich auch hier möglich. Wei- ter kann eine Kürzung der angemessenen Dauer auch er- folgen, soweit durch eine Befristung die jeweiligen Höchstbefristungsgrenzen des WissZeitVG überschrit- ten würden. Die Höchstbefristungsgrenzen sind eine vom Gesetzgeber gesetzte fiktive Grenze, die im Rahmen einer typisierenden Betrachtung als angemessener zeitli- cher Rahmen für die wissenschaftliche Qualifizierung gesetzt wurde. Es darf aus diesem Grund nicht zulasten der Angemessenheit gewertet werden, wenn die Wissen- schaftseinrichtungen die gesetzlich gesetzten (angemes- senen) Höchstbefristungsgrenzen maximal ausschöpfen. Das Angemessenheitserfordernis ist insoweit vor dem Hintergrund des Höchstgrenzensystems des Wiss- ZeitVG sowie der ratio erneut teleologisch zu reduzie- ren, wenn eine ansonsten angemessene Befristungsdau- er die Höchstbefristungsgrenzen überschreiten würde. Es kann nicht dem Sinn der Angemessenheitsvorgabe entsprechen, wenn eine Beschäftigung unterbleibt, weil die Befristung über die Höchstbefristungsgrenzen hin- aus notwendig wäre. Beginnt also ein Beschäftigter mit seiner Promotion erst nach 4 Beschäftigungsjahren und ist die übliche Promotionsdauer – nach der Fachkultur – 2,5 Jahre, so kann wirksam nur für die verbleibenden 2 Jahre befristet werden.
Gerade hier wird erkennbar, dass sich das Angemes- senheitserfordernis im Zusammenhang mit der ange- strebten Qualifikation nur schwerlich in das System ei- ner sachgrundlosen Befristung einfügt.
b) Funktionale Qualifikationsvorhaben
Schwieriger gestaltet sich die Bestimmung der Angemes- senheit, wenn kein formales Qualifikationsziel verfolgt
- 38 BT-Drs. 18/6489 S. 10; siehe auch Meißner, Entstehung und Entwicklung des Hochschulbefristungsrechts, 2016, S. 156.
- 39 BAG, Urteil vom 27.1.1988 – 7 AZR 53/87 = BAGE 57, 256 ff.; vgl. Rambach in Arnold/Gräfl/Imping, Teilzeit- und Befristungs-
wird. Hier verlangt die Gesetzesbegründung eine funkti- onale, sinnvolle Befristungsdauer. Bei diesen Vorhaben handelt es sich letztlich mehrheitlich um Einzelfälle, die von einer Vielzahl von Faktoren abhängig sein können. Hierzu rechnen etwa die Erprobungsphasen, die Fin- dung eines Promotions- oder Habilitationsthemas, die Posthabilitationsphase zur Erlangung einer Professur oder die Vertiefung oder Erlernung bestimmter wissen- schaftlicher Methoden und Kompetenzen. Auch bei die- sen Qualifikationen ist aber eine abstrakte Sichtweise zu wählen. „Funktional“ und „sinnvoll“ sind deshalb auch Zeiträume die typischerweise genügen, um das jeweilige Vorhaben abzuschließen oder nachhaltig zu fördern.39 Auch insoweit wird allerdings von einem weiten Ent- scheidungsspielraum der Wissenschaftseinrichtungen und der Möglichkeit der Kürzung mit sachlichen Grün- den auszugehen sein.
c) Teilzeitverträge
Zunächst unklar ist zudem, ob die in typisierender Betrach- tung ermittelten angemessenen Zeiträume in Bezug auf die jeweiligen Qualifikationsziele zusätzlich anzupassen sind, wenn nur eine Beschäftigung in Teilzeit erfolgen soll. Die Entscheidung fällt hier deshalb schwer, weil bestimmte Qualifikationsziele teils im Rahmen eines Anstellungsver- hältnisses, teils aber auch außerhalb dieser verfolgt werden. So ist es etwa üblich „Vollzeit“ zu promovieren, obschon nureineAnstellungfür50%desregelmäßigenBeschäfti- gungsumfangs besteht. Dies kann unterschiedliche Gründe haben. Denn neben Budgetgrenzen ist etwa im Zusam- menhang mit dem Erhalt eines Stipendiums eine umfas- sende Beschäftigung vielfach nicht gewünscht, bzw. würde eine Kürzung nach sich ziehen. Die Teilzeitanstellung bedeutet damit nicht zwingend, dass Qualifikationsziele nicht im typischen zeitlichen Rahmen erreicht werden könnten.
Aus diesem Grund muss auch der jeweilige Beschäf- tigungsumfang bei der Bestimmung der Angemessen- heit grundsätzlich außer Betracht bleiben. Sofern aller- dings bereits bei Abschluss des Vertrags prognostiziert werden kann, dass das jeweilige Qualifizierungsziel al- lein wegen der Teilzeitbeschäftigung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht zu erreichen ist, kann die Teil- zeitbeschäftigung entsprechend berücksichtigt werden. Einen Anwendungsfall wird man hier bspw. bei Facharz- tausbildungen sehen können, denn diese setzt letztlich für die Erreichung des Qualifikationsziels notwendige
gesetz, 4. Aufl. 2016, WissZeitVG § 2 Rn. 5; siehe auch Löwisch in Dornbusch/Fischermeier/Löwisch, AR-Kommentar, 8. Aufl. 2016, WissZeitVG § 2 Rn. 3 „plausibles Verhältnis“.
Mandler/Meißner· Angemessenheit der Befristungsdauer 2 0 5
Beschäftigungszeiten nach den Weiterbildungsordnun- gen voraus.
III. Leitlinien
1. Gestaltung durch Leitlinien
Die vorstehenden Schwierigkeiten erkennend, hat der Gesetzgeber den Wissenschaftseinrichtungen die Gestal- tung im Rahmen von sog. Leitlinien zugebilligt und damit den besprochenen weiten Einschätzungsspiel- raum der Wissenschaftseinrichtungen grundsätzlich anerkannt.40
Exemplarisch benennt die Begründung dabei den von Mitgliederversammlung der Hochschulrektoren- konferenz 2014 beschlossenen Orientierungsrahmen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses nach der Promotion und akademischer Karrierewege neben der Professur sowie die 2015 hierzu beschlossenen Kern- thesen zum „Orientierungsrahmen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und akademischer Karrierewege neben der Professur“ und die von ihr 2012 beschlossenen Leitlinien für die Ausgestaltung befriste- ter Beschäftigungsverhältnisse mit wissenschaftlichem und künstlerischem Personal.41
Für die außeruniversitären Forschungseinrichtungen wird beispielhaft auf die Leitlinien für die Arbeitsbedin- gungen und die Karriereförderung promovierender und promovierter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den Instituten der Leibniz-Gemeinschaft (2013), die Leitlinie Befristungspolitik der Fraunhofer-Gesellschaft (2014), die Leitlinien zur Durchführung von Promoti- onsvorhaben in der Helmholtz-Gemeinschaft (2015) so- wie die Leitlinien für die Ausbildung von Doktorandin- nen und Doktoranden in der Max-Planck-Gesellschaft (2015) verwiesen.42
Die Reichweite dieser Leitlinien soll dabei wohl auf die jeweilige Wissenschaftseinrichtung beschränkt sein, denn der Gesetzgeber geht davon aus, dass entsprechen- de Leitlinien „jeweils“ von den Hochschulen, Universi- tätsklinika oder außeruniversitären Forschungseinrich- tungen zu erlassen sind. Es ist daher auch schlüssig, wenn sich die Einrichtungen nur auf eigene Leitlinien berufen können. Freilich steht es den Wissenschaftsein- richtungen offen, sich die Inhalte entsprechend fremder Leitlinien durch Bezugnahme oder Praxis zu eigen zu machen. Beachtet werden muss dabei aber, dass eine all-
40 Siehe Mandler/Meißner, Entwurfsdiskussion WissZeitVG, OdW 2016, 40; vgl. auch Brötzmann, Die Änderung des Wissenschafts- zeitvertragsgesetzes 2016, öAT 2016, 48; Rambach in Arnold/ Gräfl/Imping, Teilzeit- und Befristungsgesetz, 4. Aufl. 2016,
zu unreflektierte Übernahme fremder Richtlinien Indiz mangelnder Plausibilität sein kann.
Allerdings zeichnet sich ab, dass die Wissenschafts- einrichtungen über kurz oder lang jeweils über eigene Richtlinien verfügen werden, die dann die bei ihnen auf- tretenden Sachverhalte spezifisch – und wie vom Gesetz- geber intendiert – regeln.
Dieser Grundüberlegung folgend, haben eine Viel- zahl von Hochschulen und Forschungseinrichtungen bereits entsprechende Leitlinien erlassen. Diese gleichen sich vielfach und sehen mehrheitlich pauschale Festle- gungen von mindestens 12 Monaten, 24–36 Monate oder 36 Monaten vor. Jene Festlegungen sind dabei für sich bereits ein Zeichen dafür, dass die Befristungspraxis vor der Novellierung des WissZeitVG nicht zwingend war. Die Wissenschaftseinrichtungen können anscheinend auch mit derartigen Vertragslaufzeiten leben und so hat sich der Erfolg der Neuerungen in Bezug auf die Ver- tragslaufzeiten verschiedentlich bereits eingestellt. Gleichwohl verschenken derartig pauschale Modelle auch Gestaltungsmöglichkeiten und laufen aufgrund ih- rer unreflektierten Betrachtungsweise Gefahr im Einzel- fall als zu unspezifisch verworfen zu werden. Zudem bie- ten etwa Festlegungen, die Befristungen von „24 bis 36 Monaten“ vorsehen, einige Auslegungsrisiken: Kann auch ein Promotionsvorhaben, dass üblicherweise 3 Jah- re dauert für 2 Jahre befristet werden oder ist zwingend auf 36 Monate zu befristen? Nach welchen Maßstäben beurteilt sich die Nutzung dieser gegebenen Spielräume? Wann kann von diesen Vorgaben abgewichen werden? Vorzugswürdiger erscheinen daher Leitlinienmodelle, die zwar mit einer regelmäßigen Befristungsdauer ope- rieren, diese aber um einrichtungsbezogene Spezifika er- gänzen und einen Katalog für eventuell notwendige Ab- weichungen zu den getroffenen Festlegungen enthalten.43
2. Grenzen der Leitliniengestaltung
Weithin unklar sind die Grenzen der Leitliniengestal- tung. Offensichtlich geht der Gesetzgeber, der hierzu keine besonderen Schranken außerhalb eines verant- wortungsvollen Umgangs anzeigt, von einem großen Gestaltungsspielraum der Wissenschaftseinrichtungen aus: Ziel ist die flexible Regelung der Vielfalt wissen- schaftlicher Beschäftigungssituationen. Gleichwohl muss berücksichtigt werden, dass die Leitlinien ein vom
WissZeitVG § 2 Rn. 6.
41 BT-Drs. 18/6489 S. 11.
42 BT-Drs. 18/6489 S. 11.
43 Ein Beispiel für ein solches Modell findet sich unter V.
206 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 3 (2017), 199–210
Arbeitgeber gestaltbares Medium sind und dass aus die- sem Grund potentiell die Gefahr einer strukturellen Übervorteilung des Arbeitgebers durch eine allzu groß- zügige Befristungspraxis besteht.44 Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass den Leitlinien letztlich jeglicher Nutzen abgesprochen wird. Die Leitlinien werden Teil der prüffähigen Prognoseentscheidung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Verlangt wird bei dieser Prüfung aber lediglich, dass innerhalb der vereinbarten Befristungs- dauer das angestrebte Qualifikationsziel mit hinreichen- der Wahrscheinlichkeit45 – mithin voraussichtlich – erreicht werden kann. Ausgehend von verantwortungs- bewussten Wissenschaftseinrichtungen ist daher zwar eine gerichtliche Plausibilitätskontrolle der Leitlinienin- halte unerlässlich,46 diese muss aber stets im Lichte der gesetzlich zugestanden Einschätzungsspielräume und vor dem Hintergrund der Aufrechterhaltung flexibler Befristungsmöglichkeiten innerhalb der Wissenschaft erfolgen. Eine gerichtliche Überprüfung muss daher den besprochenen weiten Einschätzungsspielraum der Wis- senschaftseinrichtung auch im Rahmen der jeweiligen Leitlinienüberprüfung berücksichtigen, weshalb die Festlegungen grundsätzlich nur bei offensichtlich miss- bräuchlichen oder fehlgehenden Festlegungen zu bean- standen sind.
Allein auf diesem Weg kann dann der vom Gesetzge- ber gewählten Leitlinienlösung im Rahmen der Ange- messenheitsbetrachtung Rechnung getragen werden. In- soweit muss auch darauf verwiesen werden, dass anders als bei der Prüfung der Prognoseentscheidung im Rah- men einer Sachgrundbefristung, hier eine gesetzliche Sonderlage besteht. Es handelt sich um eine sachgrund- lose Befristung, die lediglich in Nuancen der bekannten Sachgrundbefristung entspricht und damit nicht am identischen Maßstab einer Sachgrundbefristung zu mes- sen ist. Eine solche Gleichschaltung stünde der gesetzli- chen Intention entgegen. Aus diesem substantiellen Un- terschied müssen sich daher vor dem Hintergrund wis- senschaftsbezogener Freiheiten die genannten Unter- schiede ableiten und rechtfertigen.
Insbesondere muss es deshalb den Wissenschaftsein- richtungen möglich sein, auch regelmäßige Befristungs- dauern festzulegen, die gerade für Qualifikationsvorha- ben ohne formales Qualifikationsziel einen festen Rah- men setzen.47 Andernfalls steht zu befürchten, dass die Einrichtungen entsprechende Befristungen – aus Angst
- 44 Hierzu schon Mandler/Meißner, Entwurfsdiskussion WissZeitVG, OdW 2016, 40.
- 45 Vgl. BAG vom 12.9.1996 – 7 AZR 790/95 – AP Nr. 182 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag = EzA BGB § 620 Nr. 142.
- 46 Strenger Preis/Ulber, WissZeitVG, 2. Aufl. 2017, § 2 Rn. 33.
unbefristete Arbeitsverhältnisse zu begründen – nicht mehr eingehen. Dies wird ihnen aber auch im Rahmen der Novelle weiter zugesichert und ist im Lichte der ga- rantierten Wissenschaftsfreiheit, die auch den Einrich- tungen selbst zu Teil wird, letztlich auch zu fordern.
Die festgelegten Inhalte sind zudem – wie auch bei sonstigen Prognoseentscheidungen – nur auf entspre- chenden Angriff des Arbeitnehmers hin zu prüfen. Im Übrigen wird die Wissenschaftseinrichtung durch einen entsprechenden Verweis auf die jeweiligen Richtlinien- inhalte die Angemessenheit ausreichend darlegen und beweisen können.48
Schließlich wird deshalb vorgeschlagen Leitlinien zu erlassen und dann so aufzubauen, dass eine feste regel- mäßige Befristungsdauer gesetzt wird, die zunächst sämtliche Fälle fasst, dann aber durch speziell geregelte häufige besondere Qualifikationsziele/-vorhaben modi- fiziert wird, so dies erforderlich ist. Die regelmäßige Be- fristungsdauer sollte zudem mit Abweichungsgründen versehen werden, die wiederum Ausdruck der wissen- schaftsnotwendigen Flexibilität und Teil der Einschät- zungsspielräume der Wissenschaftseinrichtungen im Rahmen der Prognoseentscheidung sind. Dies erlaubt dann ein ausreichendes Maß an Differenzierung und be- deutet letztlich die Chance zur reflektierten Befristung im Sinne einer verantwortungsvollen Befristungspraxis.
IV. Verlängerungen der Befristung
Sonderfragen ergeben sich im Zusammenhang mit Verlängerungen der befristeten Arbeitsverhältnisse. Hierbei ist zwischen der einseitigen Verlängerung gem. § 2 Abs. 5 WissZeitVG und der beiderseitigen Vertragsverlängerung bzw. „Weiterbeschäftigung“ zu unterscheiden.
1. Verlängerung gem. § 2 Abs. 5 WissZeitVG
Die Novelle hat auch neue Gestaltungsmöglichkeiten in Bezug auf die Verlängerung nach § 2 Abs. 5 WissZeitVG ergeben.49 Danach hat der Beschäftigte, der während eines nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG befristen Arbeitsver- hältnisses bestimmte Unterbrechungszeiten iSd. Nrn. 1–6 erfüllt, die einseitige Option sein Arbeitsverhältnis um diese (ggf. auch auf 2 Jahre beschränkte) Zeiträume zu verlängern (Verlängerungsoption). Infolge der Aus- übung dieser gesetzlich vorgesehenen Option verlängert
47 Siehe unter VI.
48 Vgl. auch Preis/Ulber, WissZeitVG, 2. Aufl. 2017, § 2 Rn. 33. 49 Zum Ganzen siehe Mandler, Die Verlängerung von Arbeitsver-
hältnissen gem. § 2 Abs. 5 WissZeitVG, OdW 2014, 221.
Mandler/Meißner· Angemessenheit der Befristungsdauer 2 0 7
sich dann das befristete Arbeitsverhältnis durch das formlos erklärbare einseitige Einverständnis. Eine Betei- ligung des Personalrates ist nicht erforderlich.50
Dies kann bisweilen zu beträchtlichen Verlänge- rungszeiträumen führen. Unterbrechungszeiten von mehreren Jahren sind gerade mit Blick auf Mutterschutz und Elternzeit (Nr. 3) keine Seltenheit. Gleichwohl ist der Arbeitnehmer nicht verpflichtet die Zeiten gänzlich oder auf einmal zu nehmen, sondern kann die Verlänge- rungsoption auch teilweise und gestückelt ausüben.51 Es gilt sich zu vergegenwärtigen, dass das Einverständnis in die Verlängerung nicht nur das Befristungsende ver- schiebt, sondern gleichzeitig auch die arbeitsvertragli- chen Pflichten der Arbeitnehmer mit dem Ziel der Kom- pensation der Unterbrechungszeiträume verlängert. Be- reits aus Art. 12 Abs. 1 GG muss deshalb Vorsicht gegen- über eventuellen Vorabbindungen oder gestuften Systemen ausgeübt werden.
Nimmt nun ein Beschäftigter durch sein Einver- ständnis die Verlängerungsoption für bestehende Unter- brechungszeiten ganz oder teilweise in Anspruch, so ver- längert sich das Arbeitsverhältnis im entsprechenden Umfang. Dies bedeutet für die Hochschulen, Universi- tätsklinika und außeruniversitären Forschungseinrich- tungen zunächst einen teilweise kaum beherrschbaren Rechenaufwand. Dieser ergibt sich zumeist daraus, dass sich die Unterbrechungszeiten bei einer teilweisen Er- werbstätigkeit entsprechend vermindern und so gerade beim unbegrenzten Verlängerungstatbestand für Mut- terschutz und Elternzeiten (Nr. 3) bei veränderlichem Beschäftigungsumfang kaum noch händisch sicher zu errechnen sind.52 Mit den nunmehr vorhandenen Pro- grammen zur Berechnung der Verlängerungszeiten,53 hat sich die Problematik jedoch zumindest auf der Be- rechnungsebene deutlich vereinfacht und erlaubt nun ei-
- 50 VG Mainz, Beschluss vom 6.12.2016 – 5 K 664/16.MZ, so schon Mandler, Die Verlängerung von Arbeitsverhältnissen gem. § 2 Abs. 5 WissZeitVG, OdW 2014, 221.
- 51 Einer Vorabbindung, die durch die Erklärung über das „Ob“
der Verlängerung denkbar wäre – in diese Richtung Preis/Ulber, WissZeitVG, 2. Aufl. 2017, § 2 Rn. 178 –, bedarf es nicht. Die Ver- längerung kann auch zunächst nur für einen Unterbrechungstag erklärt werden, um so den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über die Unterbrechungszeiten hinaus zu gewährleisten. Ein Verzicht für kommende Zeiten liegt darin nicht. Die Zeiten sind ohne weiteres teilbar und sollen nach dem Ziel des Gesetzes auch erhalten bleiben, vgl. etwa den in der Praxis häufig anzutreffen- den Wechsel des Beschäftigungsumfangs während Teilzeit in Elternzeit. Das Einverständnis verlängert zudem die beidersei- tigen Haupt- und Nebenpflichten. Ein gewisses Mindestmaß
an Bestimmtheit ist daher für beide Seiten insb. im Lichte des Art. 12 Abs. 1 GG zu fordern. Die Parteien müssen sich insb. über Neben- und Fürsorgepflichten im Klaren sein. Mithin kann die Verlängerung auch aufschiebend bedingt für künftige Zeiten
nen sicheren Umgang mit den Unterbrechungszeiten für eine Vielzahl von Sachverhalten. Dies ist insbesondere mit Blick auf den aus der Ausübung der Option folgen- den Anspruch und dem Risiko einer eventuellen Über- schreitung der Höchstbefristungszeiten bedeutsam. Durch ein fehlerhaftes Vorgehen können unbefristete Arbeitsverhältnisse entstehen. Zudem sollte auch der Wissenschaftseinrichtung daran gelegen sein, die Unter- brechungszeiten schnellstmöglich abzubauen. Aufge- sparte Verlängerungszeiten, die auch durch eine Neube- fristung idR. nicht verloren gehen,54 können ansonsten innerhalb eines Arbeitsverhältnisses auch Jahre später noch eingesetzt werden. Hieraus kann für die Wissen- schaftseinrichtungen ein beträchtliches Risiko erwach- sen, dass eventuelle Planungen aufgrund des oft großen Umfangs der Zeiten nachhaltig gefährden kann.
Wird nun für einen bestimmten Zeitraum die Ver- längerung erklärt, so stellt sich die Frage, wie sich die da- mit ausgelöste gesetzliche Verlängerung gegenüber der Angemessenheit der Befristung verhält. Es ist zunächst klar, dass die Verlängerung und der damit einhergehen- de Zeitraum selbst nicht § 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG un- terliegen können. Die Verlängerung ist gerade nicht Teil der vereinbarten Befristung im Zeitpunkt des Vertrags- schlusses und muss aus diesem Grund bei der Bemes- sung der Angemessenheit auch außer Betracht bleiben. Ebenso eindeutig lässt sich sagen, dass der Verlänge- rungszeitraum selbst gerade nicht angemessen sein muss, denn erst die einseitige Entscheidung des Beschäf- tigten verlängert das Arbeitsverhältnis. Dieser muss da- her nicht etwa darauf achten, dass sich sein eigenes Be- schäftigungsverhältnis nur angemessen verlängert. Dies ist auch der Grund dafür, warum die Hochschulen, au- ßeruniversitären Forschungseinrichtungen und insbe- sondere die Universitätsklinika aktiv auf die Nutzung
erklärt werden. Einer vorab bindenden Erklärung über das „Ob“ bedarf es daher nicht. Anderes folgt auch nicht aus BAG, Urteil vom 28.5.2014 – 7 AZR 456/12. Hier wurde das Einverständnis ausdrücklich erklärt, vgl. LAG Hamburg, Urteil vom 22. März 2012 – 1 Sa 65/11. Daneben reicht insbesondere bei einer Teil- zeitbeschäftigung die Erklärung über das Ob der Verlängerung dann nicht aus, wenn ohne konkretes Einverständnis das Befris- tungsende überschritten würde. Siehe hierzu Mandler, Die Ver- längerung von Arbeitsverhältnissen gem. § 2 Abs. 5 WissZeitVG, OdW 2014, 228; Rambach in Arnold/Gräfl/Imping, Teilzeit- und Befristungsgesetz, 4. Aufl. 2016, WissZeitVG § 2 Rn. 31.
52 Zu Rechenbeispielen siehe Mandler, Die Verlängerung von Ar- beitsverhältnissen gem. § 2 Abs. 5 WissZeitVG, OdW 2014, 228 ff.
53 R. Fitch Software, Bad Krozingen.
54 Siehe zur Verlängerung einer Befristung nach WissZeitVG: BAG,
Urteil vom 9.12.2015 – 7 AZR 117/14; vgl. Mandler, Die Verlän- gerung von Arbeitsverhältnissen gem. § 2 Abs. 5 WissZeitVG, OdW 2014, 223; Preis/Ulber, WissZeitVG, 2. Aufl. 2017, § 2
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dieser Zeiten hinwirken sollten. Die Frage der Angemes- senheit stellt sich dann nicht, wodurch risikolos weitere Befristungsabschnitte geschaffen werden können.
Unklar ist letztlich aber, ob die durch Einverständnis ausgelöste gesetzliche Verlängerung des Arbeitsverhält- nisses Einfluss auf die Angemessenheit der bereits er- folgten oder sich anschließenden Befristung hat; schließ- lich verlängert sich durch die Verlängerung die effektive Befristungsdauer kraft Gesetzes, die dann an der Ange- messenheit zu messen ist.
Die Beantwortung dieser Frage gestaltet sich für die Verlängerung einer zuvor unangemessenen Befristung überaus schwierig, wenn sich diese nur im Zusammen- hang mit den genommenen Verlängerungszeiten als an- gemessen darstellt.
Die Verlängerung führt zunächst nur dazu, dass die- jenigen Zeiten, für die eine Unterbrechung eingetreten ist, nicht verloren gehen. Obschon sich daher die zeitli- che Ausdehnung des Arbeitsverhältnisses nach der Ver- längerung als angemessen darstellen mag, so bleibt maß- geblicher Zeitpunkt der Vertragsschluss. Dieser kenn- zeichnet den maßgeblichen Betrachtungszeitpunkt für die Angemessenheitsprognose. Zudem muss gesehen werden, dass die Verlängerung maximal im Umfang der Unterbrechung abzüglich eventueller Teilzeitbeschäfti- gungen erfolgen muss. Eine qualifikationsbezogene Be- schäftigung ist daher mit der Verlängerung prinzipiell nicht verbunden. Es wird lediglich eine zeitliche, nicht aber auch eine auf das Qualifikationsvorhaben bezogene materielle Verlängerung des Arbeitsverhältnisses er- reicht. Gegenstand der Neuregelung ist aber gerade die sachgemäße Befristungsdauer in Bezug auf die jeweilige Qualifizierung.
Andererseits lässt sich anführen, dass eine unange- messene Befristungsdauer zur Unwirksamkeit der Be- fristung führt und somit den Wegfall einer Bedingung für die Verlängerung – „befristeten Arbeitsvertrages“ – selbst bedeutet. Daneben muss die Unterbrechung nicht zwingend mit einem wissenschaftlichen Stillstand ein- hergehen. So sieht etwa § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Wiss- ZeitVG gerade auch Verlängerungen um Zeiten für eine Beurlaubung für wissenschaftliche Tätigkeit oder eine außerhalb des Hochschulbereichs oder im Ausland durchgeführte wissenschaftliche oder berufliche Aus‑, Fort- oder Weiterbildung vor.
Gleichwohl ist im Ergebnis eine Heilung grundsätzlich zuverneinen.DieVerlängerunggreiftletztlichnuraufden eigentlichen Befristungsgrund zu und erlaubt die einseitige zeitliche Dehnung der vereinbarten Zeiten durch den Be-
55 Vgl. BAG, Urteil vom 9.12.2015 – 7 AZR 117/14.
schäftigten. Adressat des Angemessenheitserfordernisses ist aber stets die Wissenschaftseinrichtung, die ihre Progno- se im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ggf. darlegen und an- gemessen befristen muss. Zufälligkeiten, die durch eine Verlängerung iSd. § 2 Abs. 5 WissZeitVG entstehen, müssen daher hinsichtlich der Befristungsdauer außer Betracht bleiben. Allerdings dürfte es treuwidrig sein, wenn sich Be- schäftigte auf die Unangemessenheit ihrer Befristungsdau- er berufen und innerhalb der Verlängerungszeiten das an- gestrebte Qualifikationsziel gleichwohl erreicht haben. In diesem Fall hat sich die vormals zu kurze Prognose dann als zutreffend herausgestellt, da von einem Erreichen des Ziels auch ohne Unterbrechung auszugehen sein dürfte. Dies wird aber vom Einzelfall abhängig sein.
Anders gestaltet sich aber die Rechtslage, wenn einer Verlängerung nach § 2 Abs. 5 WissZeitVG eine weitere Be- fristung bezogen auf dasselbe Qualifikationsziel folgt. Hier kann die Wissenschaftseinrichtung im Rahmen ihrer Prog- noseentscheidung die durch die Verlängerung erreichten Fortschritte letztlich einbeziehen und entsprechend ein- rechnen. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass damit al- lein ein mittelbarer Zusammenhang und kein Anrech- nungsautomatismus besteht. Im Einzelfall kann deshalb eine Korrektur der abstrakten Anrechnung geboten sein.
2. Verlängerungen innerhalb der Befristungsdauer
Offen lässt das Gesetz zunächst auch, ob die beiderseitige Verlängerung eines Arbeitsverhältnisses dem Angemessen- heitserfordernis unterliegen muss. § 2 Abs. 1 Satz 7 Wiss- ZeitVG ist Satz 3 systematisch nachgeordnet und formuliert auch nach der Novelle, dass „innerhalb der jeweils zulässi- gen Befristungsdauer Verlängerungen eines befristeten Arbeitsvertrages möglich“ sind. Mit Befristungsdauer ist dabei in Satz 7 aber freilich nicht die Befristungsdauer nach Satz 3 gemeint. Ausgehend vom identischen § 2 Abs. 1 Satz 4 WissZeitVG a.F. meint der Begriff der Befristungsdauer hier die jeweilige Höchstbefristungsdauer.55
Gleichwohl bleibt angesichts der systematischen Stel- lung des Satzes 7 die Frage, ob die Angemessenheit etwa nur für Erstverträge und nicht auch für deren Verlänge- rung („Weiterbeschäftigung“) gelten soll. Dies ist zu ver- neinen. Wie aus der Ablehnung der im Entwurf des Bun- desrates vorgesehenen 24-Monatsgrenze hervorgeht, ist die Anwendung des Angemessenheitserfordernisses auch auf Verlängerungen anzunehmen.56 Dies ist zudem mit Blick auf die bisherige Praxis stimmig. Ein Ände- rungswille ist hier überdies den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen, weshalb schließlich auch die Ver- längerung des befristeten Arbeitsvertrages – ebenso wie
56 BT-Drs. 18/6489 S. 24.
Mandler/Meißner· Angemessenheit der Befristungsdauer 2 0 9
die grundsätzlich mögliche Neubefristung57 – angemes- sen sein muss.58
Offen bleibt freilich, ob die Verlängerung eines unange- messen kurz befristeten Arbeitsvertrages heilende Wir- kung hat. Auch dies ist mit Blick auf den Prüfungszeit- punkt abzulehnen – wird sich aber im Lichte des zeitli- chen Prüfungshorizonts der dann nur die letzte Befristung erfasst59 kaum auswirken. Wird allerdings dasselbe Qualifikationsziel weiterverfolgt, sind zumin- dest offensichtliche Fehler – etwa bei der Leihlinienan- wendung –einzurechnen.
V. Fazit
Die Angemessenheit der Befristung nach § 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG ist ein schwer greifbares Tatbestands- merkmal. Es hat sich gezeigt, dass die vom Gesetzgeber angestrebte Lösung zur Unterbindung unsachgemäßer Kurzbefristungen bei gleichzeitiger Anerkennung und Aufrechterhaltung flexibler Befristungsmöglichkeiten der Wissenschaftseinrichtungen nur unter Mühen zu den vorhandenen Denkmustern passt. Inwieweit hier ein stimmiges System etabliert werden kann, wird dabei maßgeblich auch von den Gerichten abhängen. Insbe- sondere an der Anerkennung und Reichweite der not- wendigen Einschätzungsspielräume und abstrakten Qualifikationsbetrachtungen wird dabei entschieden werden, ob das Gesetz in seiner gegenwärtigen Form Bestand haben kann. Andernfalls wird über kurz oder lang eine erneute gesetzliche Nachbesserung unumgäng- lich sein.
Tobias Mandler ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsstelle für Hochschulrecht und Hochschul- arbeitsrecht der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Markus Meißner ist Rechtsanwalt im Bereich des Arbeitsrechts bei CMS Hasche Sigle Partnerschaft von Rechtsanwälten und Steuerberatern mbB in Stuttgart.
Leitlinien zur Laufzeit von Arbeitsverträgen im wissen- schaftlichen Dienst60
Präambel
Zum verantwortungsvollen Umgang mit den Befris- tungsregelungen des novellierten Wissenschaftszeitver-
- 57 Zur Abgrenzung BAG, Urteil vom 9.12.2015 – 7 AZR 117/14.
- 58 Rambach in Arnold/Gräfl/Imping, Teilzeit- und Befristungsgesetz, 4.Aufl. 2016, WissZeitVG § 2 Rn. 19 f.
- 59 BAG, Urteil vom 9.12.2015 – 7 AZR 117/14.
- 60 Leitlinien sind von der jeweiligen Wissenschaftseinrichtung – je nachInhalt der Landespersonalvertretungsgesetze auch unter Beteiligung der Arbeitnehmervertretungen – zu erlassen. Im Zusammenhang mit den
tragsgesetzes erlässt die … folgende Leitlinie. Ziel dieser Leitlinie ist es die jeweils zulässigen Befristungszeiträu- me bei Befristungen nach dem WissZeitVG transparent und planbar festzulegen und so die Vereinbarung ange- messener Befristungsdauern sicherzustellen.
1. Allgemeine Regelungen
(1) Gem. § 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG ist die vereinbarte Befristungsdauer für die sog. Promotionsphase (§ 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG) und auch für die nachfolgende Post-Doc-Phase (§ 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG) jeweils so zu bemessen, dass sie gegenüber der angestrebten Quali- fizierung angemessen ist.
(2) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung der Angemessenheit in diesem Sinne ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
(3) Soweit diese Leitlinie keine Sonderregeln (besondere Befristungsdauer) vorsieht, soll die Befristungsdauer bei Befristungen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 WissZeitVG … Monate61 nicht unterschreiten (regelmäßige Befristungs- dauer). Die besondere und regelmäßige Befristungsdau- er darf unterschritten werden, soweit sachliche Gründe eine kürzere Dauer rechtfertigen. Bestehen Zweifel über das Vorliegen sachlicher Gründe, so ist mit der regelmä- ßigen bzw. besonderen Befristungsdauer zu befristen. (4) Ein sachlicher Grund im Sinne des Absatzes 3 Satz 2 liegt insbesondere vor,
a) soweit die Beschäftigung überwiegend im Rahmen ei- nes Projektes oder Drittmittelprojektes nach § 2 Abs. 2 Wiss- ZeitVG erfolgt und dieses vor Ablauf der regelmäßigen oder besonderen Befristungsdauer voraussichtlich endet,
b) soweit die Beschäftigung auf den Wunsch des Be- schäftigten kürzer erfolgen soll und dieser Wunsch auf sachliche Gründe zurückzuführen ist;
c) soweit die eigene wissenschaftliche Qualifizierung, die Promotion, der Ph.D. oder die Habilitation des Beschäf- tigten vor Ablauf der regelmäßigen oder besonderen Befris- tungsdauer voraussichtlich abgeschlossen sein wird,
d) soweit die Beschäftigung zur Überbrückung für eine Anschlusstätigkeit erfolgt,
e) wenn die Beschäftigung für ein auslaufendes Dritt- mittelprojekt erfolgt, um die Antragsstellung für ein An- schlussprojekt zu ermöglichen,
f) soweit durch eine Befristung die jeweiligen Höchst- befristungsgrenzen des WissZeitVG überschritten würden;
Universitätsklinika gilt in Baden-Württemberg die Besonderheit, dass die Leitlinien für wissenschaftliches Personal, das Aufgaben am Univer- sitätsklinikum erfüllt, im Einvernehmen mit der Universitätsklinik von der Medizinischen Fakultät und nicht der Universität zu erlassen sind, vgl. hierzu eingehend Mandler, Drittmittelverwaltung und ‑befristung im Verbund zwischen Land, Universität, Medizinischer Fakultät und Universitätsklinikum in Baden-Württemberg, OdW 2016, 221.
VI. Anhang
210 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 3 (2017), 199–210
(5) Eine gegenüber der regelmäßigen Befristungsdauer kür- zere Befristung grundsätzlich soll nicht in aufeinander fol- genden Verträgen vereinbart werden, sofern nicht eine besondere Befristungsdauer Anwendung findet oder ein neuer sachlicher Grund hinzugetreten ist.
(6) Verlängerungszeiten nach § 2 Abs. 5 WissZeitVG kön- nen auf nachfolgende regelmäßige oder besondere Befris- tungsdauer angerechnet werden, soweit die angestrebte Qualifikation während der Unterbrechungszeiten iSd. § 2 Abs. 5 Satz 1 WissZeitVG fortgeschritten ist.
(7) Die Festlegungen gelten auch im Falle einer Teilzeitbe- schäftigung, soweit das Erreichen des Qualifikationsziels nicht von der Dauer einer vergüteten hauptberuflichen Anstellung abhängt. Soweit das Erreichen des Qualifikati- onsziels von der Dauer einer vergütetenhauptberuflichen Anstellung abhängt, erhöht sich der Befristungszeitraum. (8) Eine Befristung kann über die besondere oder regelmä- ßige Befristungsdauer hinaus erfolgen.
(9) § 1 Abs. 2 WissZeitVG bleibt unberührt.
2. Regelungen für die besondere Befristungsdauer
(1) Für die unter III. und IV. genannten Qualifikationsziele gelten die dort genannten besonderen Befristungsdauern. (2) Die jeweils angegebene Befristungsdauer schließt eine längere Befristung nicht aus.
(3) Sind keine gesonderten Angaben für die Verlängerung enthalten, soll die angegebene besondere Befristungsdauer auch für die jeweiligen Verlängerungen des Vertrages Anwendung finden.
(4) Werden mehrere Qualifikationsziele parallel verfolgt, so ist grundsätzlich auf die das Beschäftigungsverhältnis prägende Qualifizierung abzustellen.
- 61 Nach dem Dafürhalten der Autoren bietet sich hier eine regelmäßige Befristungsdauer von 24 Monaten an, vgl. auch Rambach in Arnold/Gräfl/ Imping, Teilzeit- und Befristungsgesetz, 4. Aufl. 2016, WissZeitVG § 2 Rn. 6. Zwingend ist dieser zeitliche Umfang freilich nicht und von den Besonder- heiten der jeweiligen Wissenschaftseinrichtung abhängig. Die Praxis zeigt jedoch, dass dieser Zeitraum weithin als Mittelwert vereinbart wird.
- 62 Die gewählten Qualifikationsziele sind lediglich exemplarisch, der Detaillierungsgrad können insbesondere je nach fachlicher und wissenschaftlicher Ausrichtung der Hochschule, des Universitäts- klinika oder der außeruniversitären Forschungseinrichtung höchst unterschiedlich ausgestaltet werden. Ein Aufgreifen eines jeden Qualifikationsziels ist durch die Bestimmung der regelmäßigen Befristungsdauer gerade nicht notwendig. Werden Qualifikationszie- le nicht im besonderen Teil aufgenommen, so folgt hieraus, dass die Wissenschaftseinrichtung durch regelmäßige Befristungsdauer für ausreichend befunden hat und insoweit ebenfalls von ihrem weiten Einschätzungsspielraum Gebrauch gemacht hat.
Qualifikationsziel62
Heranführung an das wis- senschaftliche Arbeiten
Evaluation und Auswahl eines Promotions- oder Ph.D.-Themas
Promotion im Bereich …
Spezialisierung in … im Rahmen der Programme von Fachgesellschaften
Evaluation und Auswahl eines Habilitationsthemas
Habilitation
Posthabilitationsphase zur Erlangung einer Professur
Besondere Befristungs- dauer63
… Monate/Jahr(e)
… Monate/Jahr(e)
… Monate/Jahr(e)
… Monate/Jahr(e)
… Monate/Jahr(e)
… Monate/Jahr(e)
… Monate/Jahr(e)
Die Erlangung von Kenntnissen, Fertigkei- ten, Erfahrungen oder Kompetenzen in besonde- ren wissenschaftlichen Ver- fahren oder Fachgebieten | … Monate/Jahr(e) |
Promotion (sofern nicht anderweitig bestimmt) | Erstbefristung: … Mona- te/Jahr(e) Verlängerung(en), sofern noch kein Abschluss: … Monate/Jahr(e) |
Ph.D. (sofern nicht an- derweitig bestimmt) | Erstbefristung: … Mona- te/Jahr(e) Verlängerung, sofern noch kein Abschluss:64 … Monate/Jahr(e) |
Bewerbungsphase im Anschluss an die Habi- litation bei Vertiefung der wissenschaftlichen Qualifikation in einem bestimmten Bereich | … Monate/Jahr(e) |
63 Der Vorschlag konkreter Zeiten unterbleibt. Ausgangspunkt für die Festlegung sollte die jeweilige Erfahrung der Wissen- schaftseinrichtung sein, die dann insbesondere auch spezifische Besonderheiten einschließt.
64 Eine solche Festlegung ist nicht zwingend geboten. Vielfach wird nach dem Überschreiten der Erstbefristungszeiträume im Einzelfall eine genauere Aussage über die notwendigen Zeiten getroffen werden können.ff. mwN.