Die 19 an deutschen Universitäten und Hochschulen
bestehenden Konfuzius-Institute sind in die Diskussion
geraten. Auslöser ist eine von der chinesischen Seite im
Januar 2018 angestoßene Reform, nach der die Konfuzius-
Institute einen Fokus auf den Aufbau einer sozialistischen
Kultur und eine Diplomatie chinesischer Prägung
legen sollen. Die Diskussion hat dazu geführt, dass einige
deutsche Universitäten, wie Düsseldorf, Bonn und
Hamburg die Kooperation aufgegeben oder eingeschränkt
haben, während andere, wie Freiburg, Heidelberg
und die FU Berlin nach wie vor keine Probleme
sehen.1
Die Angelegenheit hat auch Bundestag und Bundesregierung
beschäftigt. Abgeordnete der FDP haben am
- November 2019 an die Bundesregierung eine Kleine
Anfrage zu den „Aktivitäten chinesischer Konfuzius-Institute
an deutschen Hochschulen“ gestellt.2 Die Bundesregierung
hat auf die Anfrage am 29. November 2019
ausführlich geantwortet.3 Schon zuvor hatten am 5. Juli
2019 Abgeordnete der Grünen allgemein die „Wissenschaftsfreiheit
als Grundlage der akademischen Zusammenarbeit
mit China“ zum Gegenstand einer Kleinen
Anfrage gemacht4, auf welche die Bundesregierung am - Juli 2019 geantwortet hat.5
Die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage
der FDP beginnt mit einer Vorbemerkung, in der
es heißt:
„Seit 2004 wurden auf Initiative der chinesischen Regierung
weltweit ca. 500 Konfuzius-Institute eröffnet. Die
Konfuzius-Institute werden vom sogenannten „Hanban“,
einer nachgeordneten Behörde des chinesischen Erziehungsministeriums,
gesteuert. „Hanban“ ist die chinesische
Abkürzung für das „Staatliche Führungsgruppenbüro
für die internationale Verbreitung der chinesischen
Sprache“. Das „Hanban“ ist dem Zentralen Propaganda-
Department der Kommunistischen Partei Chinas
unterstellt.
Im Januar 2018 hat die sogenannte „Kleine Führungsgruppe
zur Vertiefung umfassender Reformen“, ein zentrales
Führungsgremium der Kommunistischen Partei
Chinas unter Vorsitz von Staats- und Parteichef Xi Jinping,
eine Reform der Konfuzius-Institute angestoßen.
Künftig sollen die Konfuzius-Institute einen Fokus auf
den „Aufbau einer sozialistischen Kultur“ und Unterstützung
einer „Diplomatie chinesischer Prägung“ legen.
Dies soll durch eine stärkere ideologische Vorbereitung
des ins Ausland entsandten chinesischen Lehrpersonals
erfolgen.
Aktuell gibt es 19 Konfuzius-Institute in Deutschland;
die ersten Konfuzius-Institute in Deutschland wurden
2006 an der Freien Universität Berlin und an der
Universität Erlangen-Nürnberg gegründet. In der Regel
werden Konfuzius-Institute unter Beteiligung des „Hanban“
zwischen einer chinesischen und einer deutschen
Universität gegründet, beide Universitäten stellen je einen
Ko-Vorsitzenden.
Aufgrund der Kulturhoheit der Länder ist die Bundesregierung
an der Gründung und Ausgestaltung von
Konfuzius-Instituten nicht beteiligt. Die vertraglichen
Grundlagen der Zusammenarbeit wurden bisher in keinem
Fall öffentlich gemacht. Die Bundesregierung, insbesondere
das Auswärtige Amt (AA) und das Bundesministerium
für Bildung und Forschung (BMBF), stehen
für beratende Gespräche mit Ländern und Hochschulen
zur Verfügung.“
Manfred Löwisch
Die Bundesregierung zu den Konfuzius-Instituten
1 Feldwisch-Drentrup, Hinnerk, Konfuzius als Propaganda-Instrument.
Kritik an den von China bezahlten Instituten: Die ersten
deutschen Unis überdenken die Zusammenarbeit, Tagesspiegel
vom 23.12.2019, S. 24, aufrufbar im Internet: http://www.
hohrueti.ch/userfiles/file/Medienberichte/Tagesspiegel%20Berlin.
pdf, (Stand: 27.2.2020); siehe auch Sturm, Peter, Steuergeld für
Propaganda-Institute?, F.A.Z. vom 30.11. 2019,aufrufbar im
Internet: https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/sollteweiterhin-
steuergeld-in-die-chinesischen-konfuzius-institute-fliessen-
16510491.html, (Stand: 27.2.2020); Klovert, Heike, Konfuzius-
Institute an deutschen Unis. Kultur aus Peking – unter Aufsicht
der Partei, SPIEGEL Panorama vom 30.11.2019, aufrufbar im
Internet: https://www.spiegel.de/lebenundlernen/uni/konfuziusinstitute-
an-deutschen-unis-kultur-aus-peking-a-1298843.html,
(Stand:27.2.2020); sowie Rüskamp, Wulf, Konfuzius-Institute
in der Kritik, Badische Zeitung vom 16.12.2019, aufrufbar im
Internet: https://www.badische-zeitung.de/konfuzius-institute-inder-
kritik–180568630.html, (Stand: 27.2.2020).
2 Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Jens Brandenburg (Rhein-
Neckar), Katja Suding, Mario Brandenburg (Südpfalz), weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP, BT-Drucksache
19/15009.
3 Antwort der Bundesregierung, BT-Drucksache 19/15560.
4 Kleine Anfrage der Abgeordneten Gehring, Bause, Trittin, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, BTDrucksache
19/11403.
5 Antwort der Bundesregierung, BT-Drucksache 19/11839.
Ordnung der Wissenschaft 2020, ISSN 2197–9197
1 3 2 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 2 ( 2 0 2 0 ) , 1 3 1 – 1 3 4
6 Für Letzteres wird auf den Verfassungsschutzbericht 2018 Bezug
genommen, der auf S. 300 allgemein auf umfassende Versuche
verweist, die Einflusssphäre in den Bereichen Politik, Wirtschaft,
Wissenschaft und Gesellschaft auszudehnen.
Die Ausgestaltung der Zusammenarbeit zwischen
den deutschen Hochschulen und den ihnen angegliederten
Konfuzius-Instituten stellt sich nach der Antwort der
Bundesregierung wie folgt dar:
„Nach Kenntnis der Bundesregierung werden Konfuzius-
Institute auf der Grundlage einer Vereinbarung mit einer
deutschen Hochschule gegründet. Die Kulturorganisation
„Hanban“ stellt Finanzmittel, Lehrkräfte und Lehrmaterial
für Sprach- und Kulturkurse zur Verfügung und vermittelt
häufig eine chinesische Partneruniversität. Der
deutsche Partner stellt im Gegenzug die erforderliche Infrastruktur
(v.a. Lehrräume etc.) zur Verfügung. Geleitet
werden die Konfuzius-Institute in der Regel von einer
chinesisch-deutschen Doppelspitze. Konfuzius-Institute
in Deutschland sind in der Regel eingetragene Vereine
und gelten somit als deutsche Körperschaften.“
Zu den akademischen und nicht-akademischen Zielen
der Konfuzius-Institute und der Einflussnahme der
chinesischen Regierung, der Kommunistischen Partei
Chinas, der chinesischen Botschaft in Berlin sowie der
regionalen (General-)Konsulate schreibt die
Bundesregierung:
„Nach dem Reformplan der vom Generalsekretär der
Kommunistischen Partei China, Xi Jinping, geleiteten
„Führungsgruppe zur Vertiefung umfassender Reformen“
sollen Konfuzius-Institute eine bedeutende Kraft
im Austausch von Kultur und Bildung zwischen China
und anderen Ländern werden und als wichtiger Akteur
in der Soft-Power-Politik Chinas der „Diplomatie chinesischer
Prägung“ dienen. Der Fokus der Arbeit der Konfuzius-
Institute soll auf dem „Aufbau der sozialistischen Kultur“
liegen.“
„Der Bundesregierung ist bekannt, dass der chinesische
Staat bzw. die Kommunistische Partei Chinas Einfluss
auf Veranstaltungen, Lehrinhalte und ‑materialien
an Konfuzius-Instituten in Deutschland nimmt. Dies erschließt
sich bereits aus der engen organisatorischen
und finanziellen Anbindung der Institute an staatliche
chinesische Institutionen, namentlich an die der Zentralen
Propagandaabteilung der Kommunistischen Partei
Chinas unterstellte Kulturorganisation „Hanban“.“
Ergänzend weist die Bundesregierung zu diesem
Punkt auf ihre Antwort zu Frage 16 der Kleinen Anfrage
der Grünen hin. Dort heißt es:
„Das Programm der Konfuzius-Institute wird von der offiziellen
außenpolitischen Kulturorganisation Hanban
(„Institut für chinesische Sprachausbildung“) gesteuert.
Das Hanban ist direkt der Zentralen Propagandaabteilung
der KPCh unterstellt (d. h. dem Büro für Auslandspropaganda).
Im Staatsapparat ist das Hanban dem Bildungsministerium
zugeordnet. Im Leitungsrat von Hanban
sind zwölf Staatsministerien und staatliche Behörden
vertreten, darunter das State Council Information
Office (SCIO) und das Außenministerium.“
In diesem Zusammenhang hebt die Bundesregierung
in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der FDP hervor,
dass sie unzulässige Einflussnahmeaktivitäten ausländischer
Staaten sehr ernst nimmt und die ihr zu Gebote
stehenden Mittel ausschöpft. Das betreffe auch entsprechende
Vorgehensweisen des chinesischen Staates. Sie
stehe dazu in engem Kontakt und Austausch mit der Allianz
der deutschen Wissenschaftsorganisationen. Auch
das Bundesamt für Verfassungsschutz befasse sich im
Rahmen seiner Zuständigkeit mit einschlägigen Einflussnahmeaktivitäten
Chinas.6
Erkenntnisse darüber, dass bestimmte Themengebiete
der chinesischen Geschichte und Kultur (beispielsweise
Tibet-Frage oder die gewaltsame Niederschlagung
von Protesten am Tian’anmen-Platz 1989) in der Lehre
und den Angeboten der Konfuzius-Institute ausgeblendet
werden, liegen der Bundesregierung nicht vor. Auch
Fälle, in denen deutsche Hochschulen der Bundesregierung
gegenüber Bedenken geäußert haben, dass Lehre
und sonstiges Angebot der Konfuzius-Institute die Wissenschaftsfreiheit
nach Art. 5 Absatz 3 GG erfüllen, sind
der Bundesregierung nicht bekannt.
Die Bundesregierung hat auch keine Kenntnis von
Fällen, in denen Mitarbeiter von Konfuzius-Instituten
Löwisch · Bundesregierung zu Konfuziusinstituten 1 3 3
versucht haben, direkten oder indirekten Einfluss auf
Forschung und Lehre an deutschen Hochschulen oder
auf chinesische oder deutsche Studierende an deutschen
Hochschulen zu nehmen.
Zieht man aus den Antworten die Summe, zeigt sich,
dass die Bundesregierung sich eines Urteils über die ja
auch in die Kompetenz der Bundesländer fallenden Konfuzius-
Institute enthält. Nicht zu übersehen ist aber die
Mahnung an Universitäten und Hochschulen, die Zusammenarbeit
mit den Konfuzius-Instituten unter dem
Blickwinkel der Freiheit von Forschung und Lehre
(Art. 5 Absatz 3 GG) kritisch zu begleiten.
Manfred Löwisch ist Professor an der Albert-Ludwigs-
Universität Freiburg und Leiter der Forschungsstelle