ÜBERSICHT
I. Einleitung
publik geprägt. Danach obliegt die Finanzierung von Wissenschaft und Hochschulen grundsätzlich den Län- dern. Als Teil der sogenannten Kulturhoheit stellt dieses Politikfeld einen der wesentlichen politischen Gestal- tungsspielräume auf Landesebene dar. Nach dem strik- ten Trennungsgrundsatz des Art. 104a Abs. 1 GG können und dürfen Bund und Länder nur diejenigen Aufgaben- felder finanzieren, für deren Wahrnehmung sie auch zu- ständig sind. Doch dieser grundsätzliche Ausschluss des Bundes aus der Hochschul- und Wissenschaftsfinanzie- rung kontrastiert mit den extrem hohen Mittelbedarfen auf diesem Politikfeld. Eines von vielen Beispielen dafür bilden die großen Höchstleistungsrechner, die sich selbst die leistungsstarken Bundesländer wie Nordrhein-West- falen, Bayern oder Baden-Württemberg nicht aus eige- ner Kraft leisten können.1 Noch wesentlich gravierender ist die Situation in denjenigen (zahlreichen) Bundeslän- dern, die schon durch die regulären staatlichen Aufga- ben an ihre Leistungsgrenze kommen oder gar überfor- dert sind. Dies zeigt sich exemplarisch daran, dass in einigen Ländern über den Abbau von Studienplätzen nachgedacht wurde, während – auf ganz Deutschland bezogen – mit einem Anstieg von Studienanfängerzah- len das Gegenteil indiziert war.2
Deshalb erlaubt das Grundgesetz als Ausnahme zu Art. 104a Abs. 1 GG Bund und Ländern in Art. 91b, „auf Grund von Vereinbarungen in Fällen überregionaler Be- deutung […] bei der Förderung von Wissenschaft, For- schung und Lehre“ zusammenzuwirken. Um diese Ge- meinschaftsaufgabe operativ umzusetzen, haben Bund und Länder die „Gemeinsame Wissenschaftskonferenz“ (GWK) ins Leben gerufen. Der größte Teil der Bundes- mittel,3 die in das Wissenschaftssystem fließen, werden nach Ergänzung durch die Mittelanteile der Länder über die GWK als politisches Zuwendungskonsortium an verschiedene Förderorganisationen und ‑strukturen
II. Rechtliche Grundlagen
1. Entstehungsgeschichte von Art. 91b GG a) Ursprungsfassung des 1969
b) Föderalismusreform von 2006
c) Reform von Art. 91b GG von 2014
2. Auslegungsfragen des Art. 91b GG
a) Überregionale Bedeutung
b) Vereinbarungen
c) Im Schwerpunkt Hochschulen betreffend d) Kostentragung
3. Vereinbarungen und Beschlüsse
III. Aufgabe und Bedeutung
1. Generelle Aufgabenstellung
2. Fördertätigkeit im Einzelnen
a) Große Forschungsorganisationen b) Wissenschaftspakte
c) Sonstige Förderungen
IV. Organisation und Arbeitsweise
1. Zusammensetzung
2. Wichtige Parameter für die Arbeitsweise a) „Interne Fronten“
b) „Externe Fronten“
3. Innere Strukturen
a) Leitung
b) Struktur der Willensbildung
c) Gremien- und Organisationsstruktur
V. Fazit
I. Einleitung
Die Finanzierung des deutschen Wissenschaftssystems ist wesentlich durch das föderale System der Bundesre-
- 1 Allein die jüngste Erweiterung des Münchner Großrechners „Su- perMUC“ kostete 49 Mio. €, vgl. http://www.focus.de/regional/ muenchen/computer-hoechstleistungsrechner-supermuc-verdop- pelt-leistungskraft_id_4783350.html (7.1.2016).
- 2 Als die einschlägige KMK-Prognose (Statistische Veröffentlichun- gen der Kultusministerkonferenz Nr. 176 vom Oktober 2005, S.
28 ff., online: http://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichun- gen_beschluesse/2005/2005_10_01-Studienanfaenger-Absolven- ten-2020.pdf) vor rund zehn Jahren einen Anstieg an Studien- anfängern prognostizierte, konnten die neuen Bundesländer und
3
die Stadtstaaten nur durch eine Finanzierungsgarantie im Rah- men des Hochschulpaktes von einem Abbau ihrer Studienplätze abgehalten werden, vgl. Art. 1 § 3 Abs. 3 – 5 der Verwaltungsver- einbarung über den Hochschulpakt 2020 vom 20.8.2007, BAnz v. 12.9.2007, S. 7480.
Andere Bundesmittel stellen solche von Projektförderungen (gem. Art. 74 Abs. 1 Nr. 13, 87 Abs. 3, 104a Abs. 1 GG) insbeson- dere des BMBF sowie Ressortforschungsmittel dar, vgl. auch BT-Drs. 16/813, S. 16; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/ Henneke, GG, Art. 91b Rn. 6.
Volker M. Haug
Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK): Das zentrale Steuerungsorgan der nationalen Wissenschaftsförderung
Ordnung der Wissenschaft 2016, ISBN/ISSN 3–45678-222–7
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ausgeschüttet. Damit stellt diese Organisation die zent- rale Institution der nationalen Wissenschaftsförderung dar.
II. Rechtliche Grundlagen
1. Entstehungsgeschichte des Art. 91b GG
DiezentraleRechtsgrundlagefürdieTätigkeitderGWK ist Art. 91b GG. Bevor diese Gemeinschaftsaufgabe im Jahr 1969 grundgesetzlich verankert wurde,4 war die Mitwirkung und ‑finanzierung des Bundes in Wissen- schaftsbelangen verfassungsrechtlich fragwürdig. Im- merhin konnte der Bund auf eine – freilich nicht genutz- te – materielle Gesetzgebungskompetenz verweisen (Art. 74 Abs. 1 Nr. 13 GG). Wie viele Verfassungsergän- zungen hatte aber auch Art. 91b GG eine Vorgeschichte. So hatten Bund und Länder – jeweils gestützt auf ver- schiedene Verwaltungsabkommen – schon seit 1957 im Rahmen des (allerdings nur mit Beratungskompetenzen ausgestatteten) Wissenschaftsrats eine gemeinsame För- dertätigkeit von DFG und MPG betrieben. Bereits 1949 hatten sich die Länder im Königsteiner Staatsabkom- men auf eine gemeinsame Förderung der überregiona- len Forschung verständigt und damit deren gesamtstaat- liche Bedeutung anerkannt.5
a) Ursprungsfassung von 1969
In seiner ersten Fassung von 1969, die bis 2006 Geltung hatte, erlaubte Art. 91b GG Bund und Ländern, dass sie „auf Grund von Vereinbarungen […] bei der Förderung von Einrichtungen und Vorhaben der wissenschaftli- chen Forschung von überregionaler Bedeutung zusam- menwirken“ können. Die operative Umsetzung der Gemeinschaftsaufgabe oblag der „Bund-Länder-Kom- mission für Bildungsplanung und Forschungsförde- rung“ (BLK), die als Vorgängereinrichtung der GWK vergleichbar strukturiert war.6 Die Aufteilung der För- derkosten war dem konsensualen politischen Ermessen von Bund und Ländern überlassen (Art. 91b S. 2 GG 1969), womit nun die Bundesmitfinanzierung jeglichen verfassungsrechtlichen Zweifeln enthoben war. Sie umfasste sowohl mit dem Begriff der „Vorhaben“ die
- 4 21. Gesetz zur Änderung des GG (Finanzreformgesetz ) v. 12.5.1969, BGBl. I S. 359.
- 5 Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Erg.-Lfg. 18, Art. 91b Rn. 3 m.w.N., 4.
- 6 Näher dazu Schlegel, in: Flämig/Kimminich u.a. (Hrsg.), Hand- buch des Wissenschaftsrechts, S. 1689 ff. Zur GWK-Struktur s.u. IV. 3.
- 7 Speiser, Das „Kooperationsverbot“, DÖV 2014, S. 555 (557).
- 8 Vgl. Maunz (Fn. 5), Art. 91b Rn. 32.
- 9 Maunz (Fn. 5), Art. 91b Rn. 23, 30.
Projektförderung als auch mit dem Begriff der „Einrich- tungen“ die institutionelle Förderung,7 war allerdings – wie die vorausgegangene Förderpraxis – auf die For- schung beschränkt. Hierzu zählen alle auf die Gewin- nung neuer Erkenntnisse gerichtete Tätigkeiten, die nach wissenschaftlich-rationalen Gesetzmäßigkeiten erfolgen.8 Die institutionelle Förderung durfte sich dabei nicht pauschal auf Universitäten oder Hochschulen beziehen, zu deren Aufgaben u.a. auch die Lehre zählt, sondern nur auf klar abgrenzbare Forschungsbereiche an Hochschulen oder auf reine (außeruniversitäre) For- schungseinrichtungen bzw. ‑organisationen (wie z.B. die MPG).9 In den Folgejahrzehnten wurde der damit ver- bundeneAusschlussdesBundesvoneinerMitfinanzie- rung der Lehre zunehmend als problematisch empfun- den. Dazu trug zum einen der Öffnungsbeschluss von 1977 bei, der die Universitäten zu den heutigen Massen- einrichtungen machte.10 Zum anderen drängten in den 80er und 90er Jahren geburtenstarke Jahrgänge an die Hochschulen, was vor allem die kleineren und schwa- chen Länder an ihre Leistungsgrenze brachte. Deshalb ging der Bund ab 1989 zu einer verfassungsrechtlich grenzwertigen Konstruktion über: Indem er den Län- dern versprach, sich zu ihren Gunsten stärker in der For- schungsförderung zu engagieren, ließ er sich zusichern, dass diese die freiwerdenden Mittel in einen qualitativen und quantitativen Ausbau der Lehre investieren wür- den.11 Durch diese Hochschulsonderprogramme wur- den insgesamt zusätzlich 5,8 Mrd. € (davon 3,3 Mrd. € Bundesmittel) für die Lehre zur Verfügung gestellt.12 Zugleich machte dieses „Umgehungsgeschäft“ den Bedarf nach einer Mitfinanzierung des Bundes in der Lehre deutlich.
b) Föderalismusreform von 2006
Dies führte zu einer Neufassung des Art. 91b GG im Rahmen der Föderalismusreform I im Jahr 2006. Da hierbei die bis dahin ebenfalls in Art. 91b GG enthalte- nen Mitwirkungsrechte des Bundes in der Bildungspla- nung beseitigt wurden und der Schulbereich zur aus- schließlichen Länderdomäne umgestaltet wurde, ist der neue Art. 91b GG von unitaristischen Stimmen mit dem
10 Beschluss der Ministerpräsidenten der Länder vom 15.7.1977,
der im Beschluss der Regierungschefs von Bund und Ländern zur Sicherung der Ausbildungschancen vom 4.11.1977 auch die Zustimmung des Bundeskanzlers fand; näher dazu Schiedermair, in: Flämig/Kimminich u.a. (Hrsg.), Handbuch des Wissenschafts- rechts, S. 37 (58 f.).
11 Http://www.tagesspiegel.de/wissen/bund-laender-kommission- die-heimlichen-herrscher/1132308.html (7.1.2016); vgl. auch Schiedermair (Fn. 10), S. 37 (60 ff.).
12 Http://www.blk-bonn.de/blk-rueckblick.htm (7.1.2016).
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ideologisch aufgeladenen Kampfbegriff des „Kooperati- onsverbotes“ belegt worden.13 Leider ist dieser Begriff auch auf das Zusammenwirken von Bund und Ländern im Wissenschaftsbereich angewendet worden, obwohl auf diesem Feld das Gegenteil erfolgt ist: Die gemeinsa- me Förderpolitik durfte sich nach Art. 91b Abs. 1 GG 200614 nicht nur auf „Einrichtungen und Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung außerhalb von Hochschu- len“ beziehen, sondern auch auf „Vorhaben der Wissen- schaft und Forschung an Hochschulen“.15 Da der Wis- senschaftsbegriff auch die Lehre umfasst, war mit dieser GG-Änderung das Tor aufgestoßen für eine reguläre (freilich projektbezogene) Mitfinanzierungskompetenz des Bundes in der Hochschullehre.16 Diese Kooperati- onserweiterung nutzten Bund und Länder dann auch umgehend für den milliardenschweren Hochschulpakt 2020,17 der ohne diese Reform nicht möglich gewesen wäre. Mit dieser Reform ging außerdem die aus dem Wegfall der Bildungsplanung folgende Abschaffung der BLK einher. Für die Wissenschaftsförderung wurde an ihrer Stelle die GWK gegründet.
c) Reform des Art. 91b GG von 2014
Dessen ungeachtet wurde im politischen Raum die Ein- schränkung auf „Vorhaben“ (also Projektfinanzierun- gen) im Hochschulbereich als kritikwürdig angesehen. Sowohl die die chronische Unterfinanzierung der Hoch- schulen beklagende Hochschulvertreter, als auch unita- ristisch ausgerichtete Bundespolitiker und Vertreter von insbesondere finanzschwächeren Ländern verstärkten den Ruf nach der Ermöglichung einer institutionellen Bund-Länder-Finanzierung von Hochschulen.18 Dies führte zu einer abermaligen Reform des Art. 91b GG im Jahr 2014,19 die nun eine – mit Ausnahme des Erforder- nisses der überregionalen Bedeutung – voraussetzungs-
- 13 Vgl. Seckelmann, „Föderalismusreform III“ im Wissenschafts- bereich? Zur aktuellen Neuordnung der föderalen Kooperation, NVwZ 2015, S. 248; krit. zum Begriff des „Kooperationsverbotes“ Henneke (Fn. 3), Art. 91b Rn. 24 f., 36; auch Kloepfer, Verfas- sungsrecht I, § 22 Rn. 149, betont die nach Art. 91b GG 2006 bestehenden starken Einwirkungsmöglichkeiten des Bundes auf Kernkompetenzen der Länder.
- 14 Art. 1 Nr. 13 des Gesetzes zur Änderung des GG v. 28.8.2006, BGBl. I S. 2034 (2036).
- 15 Lediglich im Bereich des Hochschulbaus wurde mit der Abschaffung der Gemeinschaftsaufgabe des Hochschulbaus
(Art. 91a Abs. 1 Nr. 1 GG a.F.) eine Reduzierung der gemeinsa- men Förderung auf die Forschungsbauten (Art. 91b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 GG 2006) vorgenommen. - 16 BVerfGE 35, S. 79 (112); Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Erg.-Lfg. 74, Art. 5 Abs. 3 Rn. 9; Henneke (Fn. 3), Art. 91b Rn. 16; Wendt, in: v. Münch/Kunig, Art. 5 Rn. 100; davon geht auch die Bundesregie- rung in der Begründung des Gesetzentwurfs für die Reform des Art. 91b GG 2014 aus, BT-Drs. 18/2710, S. 7.
lose Gemeinschaftsfinanzierung „von Wissenschaft, For- schung und Lehre“ ermöglicht. Dies schließt nun auch eine zeitlich und thematisch unbegrenzte Bundesförde- rung von Hochschulen mit ein.20 Auch wenn in Art. 91b Abs. 1 S. 2 GG 2014 solche Vereinbarungen, „die im Schwerpunkt Hochschulen betreffen“, nur mit Zustim- mung aller Länder möglich sind,21 stellt Art. 91b GG in seiner heute geltenden Fassung eine nahezu schranken- lose Blankettermächtigung zur Politik des goldenen Zügels durch den Bund dar.22 Indem die Länder diesen Einschnitt in ihre Hoheitsdomäne der Hochschulfinan- zierung und damit auch der Hochschulpolitik zugelas- sen haben, sind die Kulturhoheit und die föderale Ord- nung nicht unwesentlich geschwächt worden. Gleich- wohl findet die jüngste Reform des Art. 91b GG im Schrifttum weit überwiegend Zustimmung.23
2. Auslegungsfragen von Art. 91b GG
Auch wenn mit dem Wechsel vom Enumerativprinzip zum „einheitlichen Ansatz“24 des neuen Art. 91b GG einige Auslegungsprobleme entfallen sind (v.a. die Begriffsabgrenzungen von „Vorhaben“ und „Einrichtun- gen“), bleiben einige Fragen erhalten und kommen neue hinzu.
a) Überregionale Bedeutung
Das einzige verbliebende materielle Tatbestandsmerk- mal, das die Gemeinschaftsaufgabe der Wissenschafts- förderung einhegt, ist das der überregionalen Bedeu- tung. Die Anforderungen an dieses Merkmal sind jedoch traditionell überschaubar: Die h.M. versteht darunter eine über ein einziges Bundesland hinausgehende Bedeutung, weshalb bereits eine Relevanz für zwei Bun- desländer ausreichen soll.25 Bei der Einschätzung dieser Bedeutung wird Bund und Ländern zudem ein weiter
17 Näher dazu unten, III.2.b).
18 Siehe z. B. http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/bildungs-
foederalismus-das-kooperationsverbot-kippelt-a-814584.html
(7.1.2016); vgl. auch Seckelmann (Fn. 13), S. 248 (249).
19 Gesetz zur Änderung des GG (Art. 91b) v. 23.12.2014, BGBl. I S.
2438.
20 Wolff, Der neue Artikel 91b GG, DÖV 2015, S. 771 (773).
21 Durch dieses Einstimmigkeitserfordernis auf Länderseite kommt
nach den Worten der Bundesregierung die „Wahrung der födera-
len Kompetenzordnung … zum Ausdruck“, BT-Drs. 18/2710, S. 7. 22 Zur grundsätzlichen Kritik an den Gemeinschaftsaufgaben bzw.
Mischfinanzierungen vgl. Henneke (Fn. 3), Vorb. v. Art. 91a Rn. 5; Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Erg.-Lfg. 75, Art. 20 IV Rn. 151, spricht insoweit vom „trojanische[n] Pferd des Bundesstaates“.
23 Vgl. Seckelmann (Fn. 13), S. 348 (251); Wolff (Fn. 20), S. 771 (780), sieht darin zumindest „einen ersten guten Kompromiss“.
24 Wolff (Fn. 20), S. 771 (772).
25 Wolff (Fn. 20), S. 771 (777); Volkmann, in: v. Mangoldt/Klein/
Starck, GG, Art. 91b Rn. 9.
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politischer Beurteilungsspielraum zugesprochen.26 Die- se Auslegung ist letztlich wenig überzeugend, nicht zuletzt deshalb, weil ihr eine gehörige Portion Willkür- lichkeit angesichts der unterschiedlichen Ländergröße innewohnt. So wäre eine Fördermaßnahme, die für Schleswig-Holstein und Hamburg relevant wäre, bereits von überregionaler Bedeutung, während dies für eine nur im Land Nordrhein-Westfalen oder Baden-Württemberg relevante Maßnahme zu verneinen wäre – obwohl Fläche, Bevölkerungszahl und wirtschaftliche Potenz dieser beiden Bundesländer jeweils erheblich über dem genannten Nord- verbund liegen. Daher erscheint eine teleologische Betrach- tung des Tatbestandsmerkmals sinnvoller: Grundsätzlich ist die Wissenschaftsförderung und ‑politik gem. Art. 30 GG Ländersache; hierzu stellt die Gemeinschaftsaufgabe des Art. 91b GG eine Ausnahme dar, indem hier dem Bund eine Mitfinanzierungs- und Mitverwaltungskompetenz eingeräumt wird.27 Das Tatbestandsmerkmal der überregi- onalen Bedeutung stellt für diese Ausnahme die materielle Rechtfertigung dar, weshalb dieser Begriff stärker im Sinne eines gesamtstaatlichen Bedürfnisses zu verstehen ist, wie das auch in der Gesetzesbegründung zur jüngsten Reform des Art. 91b GG ausgeführt wird. Danach muss der Förder- gegenstand nicht nur „Ausstrahlungskraft über das einzel- neLandhinaus“haben,sondernaußerdem–kumulativ– „bedeutend […] im nationalen oder internationalen Kon- text“ sein.28 Deshalb benennt die Gesetzesbegründung aus guten Gründen den Hochschulpakt 2020, den Qualitäts- pakt Lehre und das Professorinnenprogramm – mit denen alle oder sehr viele Hochschulen in der ganzen Republik erreicht werden – als Beispiele für die überregionale Bedeu- tung.29 Die gemeinsame Wissenschaftsförderung ist also insbesondere dann geboten, wenn es um die Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wissenschafts- und Forschungslandschaft geht.30 Dies wird man bei vielen Projekten, die nur zwei oder wenige Länder betreffen, kaum behaupten können – zumal es dann diesen Ländern jederzeit unbenommen bleibt, im Rahmen ihrer Kompetenzen durch Verwaltungsabkom- men oder Staatsverträge zusammenzuwirken. Soweit es um die Konkretisierung der überregionalen Bedeutung geht, steht Bund und Ländern außerdem ein nur begrenzter Beurteilungsspielraum zu, weil es sich dabei um einen unbestimmten Verfassungsbegriff handelt, der
- 26 Maunz (Fn. 5), Art. 91b Rn. 33.
- 27 Kloepfer (Fn. 13), § 22 Rn. 140.
- 28 BT-Drs. 18/2710, S. 7; Henneke (Fn. 3), Art. 91b Rn. 8.
- 29 BT-Drs. 18/2710, S. 7; so erreicht der Hochschulpakt 2020 allestaatlichen Hochschulen; außerdem profitieren vom QualitätspaktLehre 186 und vom Professorinnenprogramm 115 Hochschulen.
- 30 Vgl. BT-Drs. 18/2710, S. 1.
- 31 Hierzu näher Wolff (Fn. 20), S. 771 (776 f.).
der verfassungsgerichtlichen Überprüfung zugänglich ist. Allerdings ist zuzugestehen, dass der Begriff der „Bedeutung“ genuin politische Bewertungen voraus- setzt, weshalb insoweit ein vom Bundesverfassungsge- richt zu respektierender Einschätzungsspielraum besteht.31
b) Vereinbarungen
Der Begriff der Vereinbarungen stellt einen Sammelter- minus für alle Formen zwischenstaatlich wechselseitig eingegangener Verpflichtungen dar. Er umfasst damit sowohl Staatsverträge, die der parlamentarischen Ratifi- kation bedürfen, als auch Verwaltungsabkommen, die nur zwischen den Exekutiven der beteiligten Staaten abgeschlossen werden. In jedem Fall wird man einen von den Betroffenen gefundenen und in einer gemeinsa- men Urkunde dokumentierten Konsens verlangen müs- sen, weshalb bloße Briefwechsel oder einseitige Beschei- de nicht ausreichen.32 In der Praxis sind bislang – soweit ersichtlich – zur Umsetzung von Art. 91b GG ausnahms- los Verwaltungsabkommen gewählt worden. Diese kön- nen mangels parlamentarischer Einbindung keine Bin- dungswirkung für die jeweiligen gesetzgebenden Kör- perschaften entfalten33 und haben nicht einmal eine unmittelbare Außenwirkung gegenüber den Förde- rungsempfängern.34 In Ermangelung eines gesetzlichen Charakters erfüllen Verwaltungsabkommen außerdem nicht die Anforderungen des Gesetzesvorbehalts, wenn man diesen hier für anwendbar halten will. Legt man dafür die insoweit maßgebliche Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts35 zugrunde, finden sich nicht zuletzt wegen der Grundrechtsrelevanz von Lehre und Forschung gem. Art. 5 Abs. 3 GG starke Argumente für die Bejahung des Gesetzesvorbehalts.36 Auf der ande- ren Seite erlaubt das GG selbst den Abschluss von unter- gesetzlichen Verwaltungsabkommen in einem grund- rechtssensiblen Bereich, weshalb die Inanspruchnahme dieser Erlaubnis schwerlich als grundgesetzwidrig anzu- sehen ist.37
c) Im Schwerpunkt Hochschulen betreffend
Neu ist das Tatbestandsmerkmal von „im Schwerpunkt Hochschulen betreffenden“ Vereinbarungen, für die – soweit keine Forschungsbauten und Großgeräte betrof-
32 Henneke (Fn. 3), Art. 91b Rn. 3; Volkmann (Fn. 25), Art. 91b Rn. 7. 33 Maunz (Fn. 5), Art. 91b Rn. 9; Mager, in: v. Münch/Kunig, GG,
Art. 91b Rn. 9 gelangt daher konsquent zur einer Rückholbarkeit
von Vereinbarungsinhalten seitens der beteiligten Staaten. 34 Mager (Fn. 33), Art. 91b Rn. 12.
35 BVerfGE 83, S. 130 (142, 152); BVerfGE 95, S. 267 (307 f.). 36 Vgl. Mager (Fn. 33), Art. 91b Rn. 12.
37 Volkmann (Fn. 25), Art. 91b Rn. 7.
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fen sind – die Zustimmung aller Länder erforderlich sind. Geringe Probleme bereitet dabei der Hochschulbe- griff, der nach ganz h.M. einen weiten Oberbegriff darstellt. Er erfasst daher alle Hochschularten (Uni- versitäten, Pädagogische Hochschulen, Fachhoch- schulen, Kunsthochschulen, Duale Hochschulen) in öffentlicher wie privater Trägerschaft.38 Schwieriger ist die Auslegung des Begriffs der Schwerpunktbetrof- fenheit. Klar ist lediglich, dass der Verfassungsgeber nicht jede auch noch so geringe Hochschulbetroffenheit dem Einstimmigkeitserfordernis unterstellen, sondern dafür eine qualitative Hürde errichten wollte. Die Bun- desregierung stellt in der Gesetzesbegründung einen unmittelbaren Zusammenhang mit der föderalen Kom- petenzordnung her;39 folglich soll mit diesem Zustim- mungsvorbehalt ein bundesseitiges Übergreifen in den ureigenen Zuständigkeitsbereich der Länder gegen den Willen eines Landes ausgeschlossen werden. Deshalb kann weder auf den Grad der Direktheit einer Förderung (so der Bundesrat in seiner Stellungnahme)40 noch auf die Anzahl der betroffenen Hochschulen oder Länder abgestellt werden.41 Maßgeblich kann vielmehr nur eine qualitative Auslegung sein, die sich an dem Ausnahme- charakter zur normalen Kompetenzordnung orientiert. Da die institutionelle Finanzierung der Hochschulen trotz des neuen Art. 91b GG immer noch zu den Grund- aufgaben der Länder zählt, kommt es für den Begriff der Schwerpunktbetroffenheit darauf an, ob mit der betref- fenden Fördermaßnahme substanziell von dieser Regel- kompetenz abgewichen wird. Dies wird dann zu bejahen sein, wenn die Hochschulförderung entweder zeitlich unbegrenzt angelegt ist oder bezüglich des finanziellen Volumens einen die Grundfinanzierung der betroffenen Hochschule(n) mitprägenden Charakter bekommt.
d) Kostentragung
In seiner Ursprungsfassung sprach Art. 91b GG noch von einer „Aufteilung der Kosten“. Da mit dem Begriff „Teilung“ sprachlich verbunden ist, dass sowohl der Bund als auch die Länder einen zu definierenden „Teil“ tragen müssen, war eine Alleinfinanzierung durch den Bund damals ausgeschlossen.42 Seit 2006 wird jedoch der Begriff der „Kostentragung“ verwendet, wodurch der sprachliche Zwang einer Teilung entfallen ist. Daran ändert auch die Formulierung des Zusammenwirkens von Bund und Ländern nichts, weil der Begriff der
- 38 Henneke (Fn. 3), Art. 91b Rn. 14; Wolff (Fn. 20), S. 771 (778).
- 39 BT-Drs. 18/2710, S. 7, bekräftigt in der Gegenäußerung auf S. 10.
- 40 BT-Drs. 18/2710, S. 8, Ziffer 2.
- 41 Wolff (Fn. 20), S. 771 (779).
- 42 Maunz (Fn. 5), Art. 91b Rn. 40.
Zusammenwirkung neben der Finanzierung weitere Ele- mente enthalten kann, etwa die konzeptionelle Grundla- ge und politische Zielsetzung, aber auch die administra- tive Begleitung einer Förderung. Folglich ist seit 2006 auch eine Alleinfinanzierung des Bundes (bzw. theore- tisch auch der Länderseite) im Rahmen einer Bund-Län- der-Vereinbarung gem. Art. 91b GG möglich.43
3. Vereinbarungen und Beschlüsse
Die Gemeinschaftsaufgabe des Art. 91b GG ist als verfas- sungsrechtliche Basis eine notwendige, aber nicht hin- reichende Rechtsgrundlage für die GWK. Denn die Errichtung und Existenz der GWK ergibt sich nicht aus Art. 91b GG, sondern erst aus dem auf dessen Grundlage zwischen Bund und Ländern vereinbarten GWK- Abkommen (GWKA). Darin sind neben der Errichtung der GWK auch ihre Aufgaben und ihre Verfasstheit gere- gelt. Ergänzend tritt die von der GWK gem. Art. 4 Abs. 7 GWKA beschlossene Geschäftsordnung hinzu (GWK- GO). Die inhaltliche Arbeit der GWK beruht im Wesent- lichen auf von ihr herbeigeführten Bund-Länder-Ver- einbarungen (v.a. die zahlreichen Ausführungsvereinba- rungen) sowie Beschlüssen der Regierungschefs von Bund und Ländern oder der GWK selbst.
III. Aufgabe und Bedeutung
1. Generelle Aufgabenstellung
Die Aufgabe der GWK besteht im Kern darin, die Gemeinschaftsaufgabe des Art. 91b GG mit Leben zu erfüllen und umzusetzen. Sie hat damit die Funktion eines Organs des kooperativen Föderalismus,44 weil die häufig divergierenden Interessen der verschiedenen Länder und des Bundes zu einem Ausgleich gebracht werden müssen. Damit leistet sie einen unverzichtbaren Beitrag für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wissenschafts- und Forschungslandschaft und „zur Innovationsfähigkeit Deutschlands in einer globalisierten Welt“.45 Etwas profaner formuliert es Art. 2 GWKA, der die enge Koordination von Bund und Län-dern „auf dem Gebiet der nationalen, europäischen und internationalen Wissenschafts- und Forschungspo- litik“ (Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 GWKA) und deren Zusammen- wirken bei der Förderung von Wissenschaft, Forschung und Lehre in Fällen überregionaler Bedeutung (Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 GWKA) betont. Im Ergebnis geht es damit
43 Volkmann (Fn. 25), Art. 91b Rn. 20; Mager (Fn. 33), Art. 91b
Rn. 31; die Möglichkeit der alleinigen Bundesförderung war auch das erklärte gesetzgeberische Ziel, BT-Drs. 16/813, S. 16.
44 Speiser (Fn. 7), S. 555 (556); Wolff (Fn. 20), S. 771 (772). 45 BT-Drs. 18/2710, S. 1.
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auch um die Erfüllung des gesamtstaatlichen Interesses an einer bestmöglichen Wissenschaftsförderung. Im Einzelnen erfolgt die Erfüllung dieser Aufgabe durch vielfältige Fördermaßnahmen.
2. Fördertätigkeit im Einzelnen
a) Große Forschungsorganisationen
Dies beginnt bei der Hauptfinanzierung der großen Wis- senschaftsorganisationen (vgl. Anlage zum GWKA, § 1 Abs . 1 Nr. 1 – 5). Dies sind die Deutsche Forschungsgemein- schaft (DFG), die Max-Planck-Gesellschaft (MPG), die Leibniz-Gemeinschaft (WGL),46 die Fraunhofer-Gesell- schaft (FhG) und die Helmholtz-Gemeinschaft (HGF). Die Finanzierungsanteile von Bund und Ländern sind dabei unterschiedlich. Im Jahr 2015 betrug allein der Bundesanteil an der Förderung der großen Wissenschaftsorganisationen 5.182 Mio. €:
Die Tätigkeit der DFG ist im Wesentlichen auf die Förderung von Forschungsprojekten an Hochschulen, hauptsächlich Universitäten, bezogen (bis hin zu zehn- jährigen Sonderforschungsbereichen). Gemeinsam mit
dem Wissenschaftsrat ist sie aber auch in den ersten bei-den Programmphasen mit der Durchführung des wissen- schaftsgeleiteten Auswahlverfahrens im Rahmen der Exzel- lenzinitiative betraut worden, was sich sehr bewährt hat. Während die DFG also andere in deren Forschungstätigkeit unterstützt, betreiben die übrigen großen Wissenschaftsor- ganisationen eigene Forschung in ihren zahlreichen Institu- ten und Forschungszentren. Die MPG,49 die WGL50 und die FhG51 unterhalten in allen Bundesländern und teilweise sogar im Ausland52 jeweils zwischen über 80 und fast 100 Institute auf allen relevanten Wissenschaftsfeldern der Technik, der Naturwissenschaften, der Sozial- und der Rechtswissenschaften sowie der Medizin (vgl. Anlagen zur AV-MPG, zur AV-WGL und zur AV-FhG). Ebenso institu- tionell geprägt ist die Helmholtz-Gemeinschaft, die insge- samt 18 Helmholtz-Zentren zu ihren Mitgliedern zählt.53 In dieser unterschiedlichen Fördertätigkeit von DFG einer- seits (projektbezogen) und den anderen großen Wissen- schaftsorganisationen andererseits (institutionenbezogen) liegt zugleich eine das deutsche Wissenschaftssystem stark prägende Zerklüftung: Während die DFG-Mittel haupt- sächlich in die Forschung an den Universitäten fließen, stel-
Wissenschaftsorganisation | Bundesanteil in % | Bundesanteil in € (2015)47 | Länderanteil | Rechtsgrundlage |
DFG 58 % MPG 50 %
WGL 50%
FhG 90 % HGF 90 %
1.137 Mio. 786 Mio.
439 Mio.
540 Mio. 2.280 Mio.
42 % Alle Länder
25 % Das betroffene Sitzland 25% Alle Länder (gemeinsam)
Bei wiss. Infrastruktureinrichtungen: 12,5 % Das betroffene Sitzland
37,5 % Alle Länder (gemeinsam) Sonst umgekehrt
6,6 % Alle Sitzländer gemeinsam 3,3 % Alle Länder (gemeinsam)
10 %
§§ 3 Abs. 1, 4 AV-DFG §§ 3 Abs. 1, 4 AV-DFG
§§ 3 Abs. 1, 5 AV-WGL
§§ 3 Abs. 1, 4 AV-FhG
Art. 6 Abs. 1 Nr. 4 RV-Fo48
- 46 Das Akronym WGL steht für die vollständige Bezeichnung „Wis- senschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e. V.“.
- 47 Bundeshaushalt 2015, Einzelplan 30 (www.bundeshaushalt-info.de/ fildeadmin/de.bundeshaushalt/content_de/dokumente/2015/soll/ epl30.pdf), Kap. 3003 (DFG, MPG, WGL) und 3004 (FhG, HGF).
- 48 Rahmenvereinbarung Forschungsförderung v. 28.11.1975, zuletzt geändert durch Vereinbarung v. 25.10.2001 (online: http://www.kmk. org/fileadmin/pdf/foederalismus/Dok21.pdf ); allerdings erfolgt die Förderung bei der HGF – im Gegensatz zu MPG, WGL und FhG – nicht zugunsten des Gesamtverbundes, sondern jeweils gesondert für jedes einzelne Forschungszentrum; daher gibt es auch nur Ein- zelvereinbarungen zwischen dem Bund und dem jeweiligen Sitzland anstelle einer (Gesamt-)Ausführungsvereinbarung zur HGF.
- 49 Bekannte Beispiele in Baden-Württemberg sind das MPI für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg und das MPI für medizinische Forschung in Heidelberg.
50 Bekannte Beispiele in Baden-Württemberg sind das GESIS– Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften in Mannheim, das Ma- thematische Forschungsinstitut Oberwolfach oder das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Mannheim.
51 Bekannte Beispiele in Baden-Württemberg sind das FhI für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) in Stuttgart, das FhI für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg und das FhI für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe.
52 Wie etwa das Kunsthistorische Institut der MPG in Florenz, vgl. GWK, Grundlagen der GWK 2015 (online: http://www.gwk- bonn.de/fileadmin/Papers/GWK-Info-08–2015.pdf), S. 38.
53 Liste der nach Art. 3 GWKA und § 1 Abs. 1 Nr. 2 der Anlage zum GWKA geförderten Mitgliedseinrichtungen der Hermann von Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren e.V., in: GWK (Fn. 52), S. 67 f.
Haug · Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) 9 1
len die Institute und Zentren der anderen Organisationen die außeruniversitäre Forschung dar. Diese international nicht übliche Trennung wird im Vergleich zu besonders forschungsstarken Universitäten im Ausland – wie etwa die ETH Zürich in der Schweiz, die Universitäten Oxford und Cambridge in Großbritannien oder die bekannten us-ame- rikanischen Universitäten Stanford, Yale oder MIT – häufig als struktureller Wettbewerbsnachteil der deutschen Uni- versitäten beklagt.54
b) Wissenschaftspakte
Ein weiterer zentraler Block der Fördertätigkeit der GWK umfasst die Wissenschaftspakte. Hierzu zählen die Exzel- lenzinitiative zur Förderung besonders forschungsstarker Universitäten, der Hochschulpakt 2020 zur Förderung des Studienplatzausbaus und der Qualitätspakt zur Förderung der Studienbedingungen und Lehrqualität. Allein im Jahr 2015 umfasst der Bundesanteil an diesen Wissenschaftspak- ten 2.718 Mio. €.55 Ebenfalls zu den Wissenschaftspakten gehört der Pakt für Forschung und Innovation, der verläss- liche Steigerungsraten der Förderung der großen Wissen- schaftsorganisationen vorsieht (und deshalb finanziell bereits in den dort genannten Zahlen enthalten ist). Der finanziell umfangreichste Pakt ist der Hochschulpakt 2020, der bis 2020 rund 1.568.844 zusätzliche Studienanfänger- plätze in Deutschland56 ermöglicht haben wird und über alle drei Förderphasen (2007 – 2023) auf ein Programmvo- lumen von 38,8 Mrd. € kommt.57 Dies stellt trotz des langen Förderzeitraums eine äußerst stattliche Summe dar.
c) Sonstige Förderungen
Weitere Fördermaßnahmen betreffen besondere Wis- senschaftsakademien (Leopoldina, acatech, in Baden- Württemberg die Heidelberger Akademie der Wissenschaf-
- 54 Die einzige Durchbrechung dieser Versäulung stellt die Zusammen- führung der Universität Karlsruhe mit dem Helmholtz-Forschungs- zentrum Karlsruhe zum „Karlsruher Institut für Technologie“ (KIT) im Jahr 2009 dar. Ob damit allerdings wirklich die Fesseln für eine hohe internationale Strahlkraft des KIT gesprengt sind, bleibt noch abzuwarten.
- 55 Im Einzelnen: 2.120 Mio. Hochschulpakt 2020, 200 Mio. Qualitäts- pakt Lehre, 398 Mio. Exzellenzinitiative; Zahlen nach www.bmbf.de/ de/bildung-und-forschung-in-zahlen-1810.html (3.1.2016).
- 56 Die Phase I (2007 – 2010) umfasste mit 185.024 mehr als doppelt so viel wie die ursprünglich erwarteten 91.370 zusätzlichen Stu- dienanfänger, vgl. GWK, Heft 27: Hochschulpakt 2020, Bericht zur Umsetzung in den Jahren 2007 bis 2010 und Jahresbericht 2010 (online: http://www.gwk-bonn.de/fileadmin/Papers/GWK-Heft- 27-Hochschulpakt-Umsetzung-2010.pdf), Tab. 2; Phase II (2011– 2015) umfasst nach Art. 1 § 1 Abs. 1 der Verwaltungsvereinbarung Hochschulpakt II v. 13.6.2013 (online: https://www.bmbf.de/files/ verwaltungsvereinbarung_hochschulpakt_zweite_programmpha- se_2013.pdf) 623.787 zusätzliche Studienanfänger und Phase III (2016 – 2020) will darüber hinaus 760.033 zu-sätzliche Studienan- fänger finanzieren, vgl. Art. 1 § 1 Abs. 1 der Verwaltungsvereinbarung
ten), die Förderung der anwandten Forschung und Ent- wicklung an Fachhochschulen, den Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“, das Professorinnen- programm und die Programme „Qualitätsoffensive Lehrer- bildung“, die Chancengleichheit und die Nationale Kohorte im Rahmen der Gesundheitsforschung.58 Von besonderer Bedeutung ist schließlich das Programm zur Förderung von Forschungsbauten, an dem sich der Bund zu 50 % mit jährlich 213 Mio. € für Forschungsbauten und 85 Mio. € für Großgeräte beteiligt; die andere Hälfte wird vom jeweiligen Sitzland getragen (§ 9 Abs. 1 AV-FuG). Auch hier liegt die Letztentscheidung nach Begutachtung durch den Wissen- schaftsrat (§ 3 Abs. 4 S. 2 AV-FuG) bei der GWK (§ 1 Abs. 1 Nr. 11 Anlage zum GWKA).
IV. Organisation und Arbeitsweise
1. Zusammensetzung
Wie bei einem politischen Koordinationsorgan einer Gemeinschaftsaufgabe zu erwarten ist, sind unter den Mitgliedern der GWK beide staatliche Ebenen – Bund und Länder – jeweils grundsätzlich auf Ministerebene vertreten (Art. 1 GWKA). Abweichend von der Minister- vorgabe in Art. 1 GWKA ist das BMF nicht durch den Minister, sondern durch einen beamteten Staatssekretär vertreten.Bemerkenswert ist allerdings, dass dies nicht nur für die für Wissenschaft und Forschung zuständigen Fachressorts gilt, sondern auch für die Finanzressorts. Damit gehören der GWK für den Bund eine Ministerin und für das BMF ein Staatssekretär59 sowie für jedes Land regelmäßig zwei Minister an.60 Die enge Einbin- dung der Finanzseite erklärt sich dadurch, dass die GWK keineswegs nur solches Geld verteilt, das schon bewilligt ist. Sie ist vielmehr auch das Forum, auf dem finanzielle
Hochschulpakt III v. 11.12.2014 (online: https://www.bmbf.de/files/ Verwaltungsvereinbarung_Hochschulpakt_III_vom_11.12.2014. pdf); näher zu den Zahlen und Hintergründen Heinbach/Kühnle, Überschwemmt der doppelte Abiturjahrgang die Hochschulen? Auswirkungen der verkürzten gymnasialen Schulzeit auf den Hoch- schulbereich – Ein Vergleich zwischen Baden-Württemberg und Bayern, Beiträge zur Hochschulforschung, 4/2012, S. 54 ff.
57 Laut GWK, Heft 43: Hochschulpakt 2020 Bericht zur Umsetzung im Jahr 2013 (online: http://www.gwk-bonn.de/fileadmin/Papers/ GWK-Heft-43-Hochschulpakt-Umsetzung-2013.pdf ), Tabelle 13 S. 1, entfallen auf den Bund 20,2 Mrd. € und auf die Länder 18,6 Mrd. €.
58 GWK (Fn. 52), S. 4; vgl. auch § 1 Abs. 1 der Anlage zum GWKA; hierzu zählen z.B. das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidel- berg und das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig.
59 Vgl. http://www.gwk-bonn.de/die-gwk/mitglieder/ (7.1.2016). 60 Art. 1 GWKA nimmt aber keine präzise Zahlenvorgabe pro Lan-
desregierung vor, weshalb zwei Länder mit drei Mitgliedern in der GWK vertreten sind: Neben Wissenschafts- und Finanzressort sind für Berlin und Bayern auch die Wirtschaftsressorts (wohl wegen der wirtschaftsnahen Forschung, etwa in der FhG und MPG) dabei, vgl. http://www.gwk-bonn.de/die-gwk/mitglieder/ (7.1.2016).
92 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2016), 85–94
Zukunftsbedarfe – wie zur Zeit bezüglich einer dritten Förderperiode der Exzellenzinitiative – ermittelt, disku- tiert und auf ihre politische Durchsetz-barkeit geprüft werden. Vor allem für Letzteres werden die Finanzmi- nister benötigt. Die Alternative, dass der BMBF und jeder Landes-Wissenschaftsminister dies separat mit sei- nem Finanzministerium abklärt, dürfte kaum dazu geeignet sein, innerhalb einer zumutbaren Zeitspanne eine gemeinsame Position des Bundes und aller Länder zu erarbeiten. Durch die Zusammenführung sowohl der Wissenschafts- als auch Finanzminister von Bund und Ländern in der GWK wurde ein Verhandlungs- und Entscheidungsformat geschaffen, das umsetzbare Ver- ständigungen hervorbringt, auf die dann die Regie- rungschefs von Bund und Ländern aufbauen können. Dies wäre bei einem auf die Wissenschaftsressorts beschränkten Gremium so nicht der Fall. Ein weiteres, weniger gewichtiges Argument für die Beteiligung der Finanzseite sind zudem die von der Gemeinschaftsauf- gabe ausdrücklich mit umfassten Forschungsbauten ein- schließlich Großgeräte (Art. 91b Abs. 1 S. 2 GG), da die Zuständigkeit für Liegenschaften und Baumaßnahmen sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene klassi- scherweise bei den Finanzressorts liegt.
2. Wichtige Parameter für die Arbeitsweise
a) „Interne Fronten“
Die Arbeit der GWK ist durch verschiedene Fronten geprägt. Dies gilt zunächst für die doppelte interne Frontbildung zwischen Bund und Länder einerseits und zwischen Wissenschafts- und Finanzressorts anderer- seits. Denn die Einbindung aller vier Eckpunkte der nationalen Wissenschaftsförderung beseitigt ja nicht die funktionsbedingten Interessenunterschiede. So ist das Interesse des Bundes primär darauf gerichtet, die als gesamtstaatlich oder national besonders bedeutsam empfundenen inhaltlichen Förderanliegen (z.B. die sog. „internationalen Leuchttürme“) durchzusetzen und einen seinem finanziellen Engagement entsprechenden inhaltlichen Einfluss auf die Förderpolitik auszuüben. Die Länder demgegenüber sind regelmäßig bemüht, möglichst umfangreiche Bundesmittel einzuwerben, ohne ihre originäre Gestaltungshoheit und ‑kompetenz im Wissenschafts- und Hochschulsektor zu stark einzu- büßen. Neben dieses föderale Spannungsverhältnis tritt das fachliche zwischen Wissenschafts- und Finanzseite: Die Wissenschaftspolitik arbeitet angesichts großer Her- ausforderungen in Forschung und Lehre, die in den täg- lichen Arbeitsbeziehungen mit den Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu erfahren sind, sowie ange- sichts der kaum zu überschätzenden Bedeutung von For-
schung, Innovation und hochwertiger Ausbildung für die globale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands ständig daran, die dafür erforderlichen finanziellen Ressourcen zu beschaffen und zu erhöhen. Demgegenüber muss die Finanzseite die zahlreichen – ebenfalls legitimen – Finanzbedarfe der anderen Politikbereiche sowie das haushaltspolitische Gesamtgleichgewicht zwischen Ein- nahmen und Ausgaben im Blick behalten, was naturge- mäß zu einer Limitierung der für die Wissenschaft zur Verfügung stehenden Ressourcen führen muss.
b) „Externe Fronten“
Eine weitere, anders gelagerte (externe) Front in der Tätigkeit der GWK ist schließlich die Gegenüberstellung von Politik und Wissenschaft. Die GWK agiert zwar als politischesGremiumnachpolitischenGesetzmäßigkei- ten, aber auf dem Feld der Wissenschaft und gegenüber wissenschaftlichen Institutionen. Sie stellt damit ein Organ an der Grenze zwischen politik- und wissen- schaftsgeleitetem Verfahren mit jeweils völlig unter- schiedlichen Maßstäben, Abläufen und Entscheidungs- mechanismen dar. Während in politischen Prozessen häufig standort- und parteipolitische Gesichtspunkte eine Rolle spielen, stehen für die Wissenschaft die fachli- che Qualität und die inhaltlichen Perspektiven meist im Vordergrund. Diese Grenze ist auch deshalb so sensibel, weil Wissenschaft ein genuin gegen Eingriffe des – hier von der Politik repräsentierten – Staates geschützter Freiheitsbereich der Verfassung ist (Art. 5 Abs. 3 GG). Umso mehr die Politik unmittelbaren Einfluss auf Inhal- te, Fragestellungen und Methoden wissenschaftlicher Tätigkeiten (sowohl in der Forschung als auch in der Lehre) nimmt, desto stärker ist die Wissenschaftsfreiheit tangiert. Die Kunst der Tätigkeit der GWK besteht folg- lich darin, die erheblichen finanziellen Ressourcen mit möglichst geringer Eingriffstiefe in die Wissenschafts- freiheit zuzuwenden, ohne aber auf jeden politischen Einfluss zu verzichten. Denn so legitim die Eigengesetz- lichkeiten und der Freiheitsanspruch der Wissenschaft sind, so berechtigt ist auch das Anliegen der Politik, durch einen Einsatz öffentlicher Mittel – für die zunächst die Politik den Steuerzahlern gegenüber verantwortlich ist – bestimmte politische Anliegen umzusetzen, wie z.B. die Erhöhung von Studienanfängerzahlen oder die besondere Förderung von MINT-Fächern. Die Wahrung dieser Grenze erfolgt dadurch, dass sich die GWK auf strukturelle und forschungspolitische Grundentschei- dungen beschränkt. So strebt sie – beispielsweise – bezüglich der DFG an, „fachliche Schwerpunkte […] zu entwickeln und die hierzu notwendige Zusammenfas- sung von Personal und Sachmitteln zu bewirken“ und „die Zusammenarbeit in der Forschung zwischen den
Haug · Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) 9 3
Hochschulen sowie zwischen Hochschulen, anderen Forschungseinrichtungen und Einrichtungen der über- regionalen und internationalen Forschungsplanung und Forschungsförderung zu verstärken“ (§ 2 Abs. 2 S. 2 AV- DFG). Bei den institutionell geprägten Forschungsorga- nisationen entscheidet die GWK mit der Aufnahme einer bestimmten Einrichtung in die Förderung über die Unterstützung des von dieser Einrichtung betreuten Forschungsgebietes (z.B. § 2 Abs. 1 AV-MPG). Zugleich machen alle Ausführungsvereinbarungen das politische Interesse an einer regionalen Ausgewogenheit der För- derung deutlich (z.B. § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 AV-MPG, § 2 AV-WGL, § 2 Abs. 2 AV-FhG). Die konkrete Umset- zung genereller Anliegen ist dagegen dann regelmäßig den Förderempfängern (v.a. Hochschulen und For- schungsorganisationen) überlassen. So ist es beispiels- weise nicht mehr vom Auftrag der GWK gedeckt, bestimmte Forschungsfragen an einzelne Forschungsin- stitute zu formulieren oder der DFG bei einzelnen För- derprojekten Maßgaben zu machen. Damit gelingt es der GWK, den Spagat zwischen den so unterschiedlichen Welten der Politik und der Wissenschaft unter Wahrung der Interessen beider Seiten zu bewältigen.
3. Innere Strukturen
a) Leitung
Die Leitung der GWK obliegt jeweils für zwei Jahre einem der beiden Vertreter der Bundesministerien (in der Regel übernimmt dies die Bundesforschungsminis- terin) und einem der Landesminister (auch hier regel- mäßig einer der Wissenschaftsminister), wobei die bei- den jeweils ein Jahr den Vorsitz und ein Jahr den stell- vertretenden Vorsitz innerhaben (Art. 4 Abs. 1 GWKA). In diesem Jahr liegen der Vorsitz bei Bundesforschungs- ministerin Wanka und die Stellvertretung bei der bremi- schen Wissenschaftssenatorin Quante-Brandt.
b) Struktur der Willensbildung
Die insgesamt 32 Stimmen in der GWK verteilen sich auf 16 Bundesstimmen, die von den beiden Bundesvertre- tern nur einheitlich abgegeben werden können (Art. 4 Abs. 3 GWKA), und auf jeweils eine Stimme pro Bun- desland. Für eine wirksame Beschlussfassung sind im Normalfall 29 Stimmen erforderlich, also die Stimmen des Bundes und von mindestens 13 Ländern (Art. 4 Abs. 4 GWKA). Bis zu drei Länder können folglich über- stimmt werden. Davon abweichend gilt bei Vereinba- rungen, die im Schwerpunkt Hochschulen betreffen, ein Einstimmigkeitsgebot (Art. 4 Abs. 5 GWKA). Dieses
61 Ebenso Seckelmann (Fn. 13), S. 248 (251).
Einstimmigkeitsgebot ist Fluch und Segen zugleich: Während es der föderalen Kompetenzordnung einen gewissen Schutz gegen zu starke Unitarisierungsbestre- bungen bietet, schafft es zugleich eine Veto-Position für jedes einzelne Bundesland.61 Insbesondere kleine Bun- desländer, die bei wichtigen Fördermaßnahmen mangels eigener Substanz außen vor bleiben müssten, können so auch sachwidrige Partikularförderungen durchsetzen. Verbindlichkeit erlangen die GWK-Beschlüsse nicht schon durch ihre Beschlussfassung, sondern erst durch deren Bestätigung durch die Regierungschefs von Bund und Ländern (Art. 4 Abs. 6 S. 1 GWKA). Um sicherzu- stellen, dass die Regierungschefs nur mit echten Kon- fliktfällen befasst werden, fingiert Art. 4 Abs. 6 S. 2, 3 GWKA deren Zustimmung, wenn der GWK-Beschluss einstimmig erfolgt ist oder – bei nicht einstimmigen Beschlüssen – keiner der beteiligten Akteure binnen vier Wochen die Entscheidung der Regierungschefs bean- tragt.
c) Gremien- und Organisationsstruktur
Das zentrale Entscheidungsorgan der GWK ist die Kon- ferenz der Regierungsvertreter auf Ministerebene gem. Art. 1 GWKA. Die Mitglieder haben dabei die Möglich- keit, Stellvertreter zu benennen (Art. 4 Abs. 2 GWKA), was in aller Regel der Staatssekretärs- bzw. Amtschef- ebene übertragen ist.62 Neben den stimmberechtigten Mitgliedern können mit beratender Funktion auch je ein Vertreter des Wissenschaftsrates und der KMK an den GWK-Sitzungen teilnehmen (§ 2 Abs. 1 GWKGO). Zur Unterstützung der politisch besetzten GWK ist ihr auf Arbeitsebene ein Ausschuss zur Seite gestellt, der regel- mäßig auf Abteilungsleiterebene beschickt wird (vgl. Art. 6 Abs. 1 GWKA, wonach auch eine Entsendung von Amtschefs möglich wäre). Für die Leitung und die erfor- derlichen Mehrheiten bei Beschlussfassungen des Aus- schusses gelten dieselben Vorgaben wie für die GWK selbst (Art. 6 Abs. 2, 3 GWKA). Der Ausschuss bereitet die Beratungen und Beschlüsse der GWK vor (Art. 5 Abs. 2 GWKA) und kann in deren Auftrag auch Angele- genheiten abschließend entscheiden (Art. 5 Abs. 3 GWKA); erfolgt dies einstimmig, gilt der Beschluss als einer der GWK selbst (Art. 6 Abs. 4 GWKA). Die fachli- che Zuarbeit für die GWK und den Ausschuss erfolgt im Wesentlichen auf drei Wegen:
• Zum einen bereiten die betroffenen Fachrefera- te der einbezogenen Ministerien ihre Gremienmitglie- der auf die Sitzungen vor und speisen so ihren Sachver- stand in die Beratungen ein.
62 Dies entspricht der Soll-Vorgabe in § 1 Abs. 2 GWKGO.
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• Außerdem arbeiten Angehörige der betroffe- nen Fachreferate der einbezogenen Ministerien in Fach- ausschüssen oder Arbeitskreisen der GWK, die vom Ausschuss eingesetzt werden können, zusammen (vgl. § 10 Abs. 4 GWKGO).
• Schließlich verfügt die GWK mit dem sogenann- ten „Büro“ über eine eigene administrative Substruktur, die beim Bundespräsidialamt angesiedelt ist und an deren Spitze ein Generalsekretär steht (§ 11 Abs. 1 GWKGO). Das Büro untersteht den fachlichen Weisungen des GWK-Vorsitzes (Art. 7 Abs. 3 GWKA) und wird vom Bund finanziell getragen, soweit es sich nicht um Perso- nalkosten für entsandte Landesbedienstete handelt (Art. 7 Abs. 4 GWKA).
V. Fazit
Angesichts des nicht zu bestreitenden hohen gesamt- staatlichen Interesses an einer in der Spitze und in der Breite leistungsfähigen Wissenschaftslandschaft in Deutschland kann die Notwendigkeit einer auf Wissen- schaftsförderung bezogenen Gemeinschaftsaufgabe im Grundgesetz nicht ernsthaft bestritten werden. Ob sie so weit reichen muss, wie das seit der jüngsten Reform des Art. 91b GG der Fall ist, steht auf einem anderen Blatt. Ist
jedoch die Gemeinschaftsaufgabe dem Grunde nach alternativlos, bedarf es einer politisch-administrativen Umsetzungsstruktur dafür, an der Bund und Länder beteiligt sind. Genau dies ist die Kernaufgabe der GWK, die seit dem 1.1.2008 diese in verschiedener Hinsicht spannungsreiche Herausforderung nicht nur zur weitge- henden Zufriedenheit der politischen Entscheidungsträ- ger und Körperschaften bewältigt, sondern offenkundig auch zur Zufriedenheit der von ihren Förderentschei- dungen betroffenen Organisationen, Einrichtungen und Verbünden. Dass dies bislang so gut gelungen ist, hängt mit Sicherheit auch damit zusammen, dass die im Rah- men dieser Gemeinschaftsaufgabe eingesetzten Ressour- cen namentlich von Seiten des Bundes in der zurücklie- genden Dekade von ungewöhnlichen Steigerungen geprägt waren. So hat sich der Etat des BMBF von 2006 (7,6 Mrd. €) bis 2016 (16,4 Mrd. €) mehr als verdoppelt.63
Volker M. Haug ist als Ministerialrat im Hochschul- dienst und Honorarprofessor tätig. Er leitet die Abtei- lung für Rechtswissenschaft im Institut für Volkswirt- schaftslehre und Recht der Universität Stuttgart. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen im Partizipations‑, Hoch- schul- und Verfassungsrecht.64
63 Vgl. https://www.bmbf.de/pub/hh_eckdaten_06.pdf; https:// www.bmbf.de/de/der-haushalt-des-bundesministeriums-fuer- bildung-und-forschung-202.html. Dabei entfällt mit 4,3 Mrd. € lediglich ein gutes Viertel auf den Bildungsbereich, vgl. http://
www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2015/09/2015–09-
10-haushalt-bmbf.html (alle 7.1.2016).
64 Der Autor dankt Ministerialrat Dr. Helmut Messer für eine kriti-
sche Durchsicht und wertvolle Anregungen.