Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz steht aktuell in der Kritik. Es befördere Kurzzeitverträge, Missbrauch und Perspektivlosigkeit.1 Deshalb soll im Sinne des Koaliti- onsvertrages für die 18. Legislaturperiode mit dem Ers- ten Gesetz zur Änderung des WissZeitVG nachgebessert werden.2 Der hierzu vorliegende Entwurf ist detailreich und enthält verschiedene Anpassungen, Ergänzungen und Ersetzungen. Diese wurden bereits von Blum/Veh- ling aus der Perspektive der Forschungseinrichtungen vorgestellt und bewertet.3 Dieser Beitrag soll daran anknüpfen und den Entwurf der Bundesregierung sowie die darauf erfolgte Stellungnahme des Bundesrates4 im Hinblick auf Hochschulen und Universitätsklinika beur- teilen. Die jeweiligen Möglichkeiten, Unklarheiten und Unzulänglichkeiten sollen ihre Darstellung dabei ebenso erfahren, wie vorzugswürdigere neue Lösungen.
Die Ausführungen gliedern sich dazu, im Anschluss an die Vorschläge zur Tarifsperre (I.), systematisch in sachgrundlose (II.) und drittmittelbezogene Befristun- gen (III.). Ihnen folgen eine Stellungnahme zur ange- dachten Veränderung des Verlängerungstatbestandes nach § 2 Abs. 5 WissZeitVG und der familienpolitischen Komponenten (IV.) sowie Auseinandersetzungen mit der Anrechnungsregelung in § 2 Abs. 3 WissZeitVG (V.) und der Übergangsregelung des Entwurfes (VI.). Den Anmerkungen folgt ein Fazit (VI.). Im Anhang befindet sich der Volltext des WissZeitVG nach den beabsichti- gen Änderungen der Bundesregierung (VIII.).
- 1 Siehe auch Jongmanns, Evaluation des Wissenschaftszeitvertrags- gesetzes S. 43 ff., abrufbar unter http://www.dzhw.eu/pdf/pub_fh/ fh-201104.pdf, abgerufen am 5.11.2015.
- 2 BR-Drs. 395/15 S. 1; der Koalitionsvertrag enthält hierzu fol- gendes (S. 27, abrufbar unter http://www.bundesregierung.de/ Content/DE/_Anlagen/2013/2013–12-17-koalitionsvertrag.pdf; jsessionid=E4E33C214A4483DC859CBC76FA702B9C.s1t1?__ blob=publicationFile&v=2, abgerufen am 5.11.2015): „Befristete Beschäftigungsverhältnisse aufgrund von Qualifizierungsphasen, zeitlich befristeten Forschungsprojekten und anderen Sachgrün- den liegen in der Natur des Wissenschaftsbetriebs; ihr Anteil– insbesondere über sehr kurze Zeiträume – hat in den letzten Jahren ein Maß erreicht, das Handlungsbedarf entstehen lässt. An erster Stelle ist ein aktives Gegensteuern Aufgabe der Hochschu- len und Forschungseinrichtungen in ihrer Rolle als Arbeitgeber. Wir begrüßen entsprechende Aktivitäten der Wissenschafts- organisationen und werden deren Bemühungen durch eine Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes flankieren.
I. Anwendungsbereich und Tarifsperre
Der Entwurf der Bundesregierung lässt den Anwen- dungsbereich des WissZeitVG nach § 1 unangetastet. Lediglich klarstellend soll ergänzend zu den §§ 2 und 3 der nunmehr neugestaltete Befristungstatbestand nach § 6 WissZeitVG‑E genannt werden.5 An der in § 1 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG enthaltenen Tarifsperre soll aus den hinlänglich bekannten Gründen festgehalten werden.6
Abweichendes sieht hier der Vorschlag des Bundes- rates vor. Dieser regt zunächst an, die Bezugnahme auf den neuen § 6 WissZeitVG‑E dahingehend zu ergänzen, dass das WissZeitVG für studentische Hilfskräfte „unab- hängig von der Art der Tätigkeit“ gilt.7 Das soll Unklar- heiten im Zusammenhang mit Abgrenzungsfragen bei bloß mittelbar wissenschaftsbezogenen Tätigkeiten beenden.8
Kompetenzrechtliche Schwierigkeiten ergeben sich daraus nicht. Auf die Nennung der studentischen Hilfs- kräfte wurde bei Einführung des WissZeitVG bewusst verzichtet, um länderrechtlichen Regelungen nicht vor- zugreifen.9 Seit der Föderalismusreform I obliegt es al- lein den Ländern Personalkategorien im Hochschulbe- reich zu formulieren. Vor dem Hintergrund der Nichtig- erklärung des 5. HRGÄndG aufgrund kompetenzrechtli- cher Probleme,10 verzichtet das WissZeitVG bisher auf eine Festlegung von Personalkategorien und damit auch
Wir wollen für den wissenschaftlichen Nachwuchs planbare und verlässliche Karrierewege schaffen. Der Bund wird im Rahmen seiner Förderung und bei Vereinbarungen zu neuen Instrumen- ten auf angemessene Laufzeiten der Anstellungsverträge achten“.
3 Blum/Vehling, „Alles wird gut?” – Anmerkungen zur geplanten Novellierung des WissZeitVG OdW 2015 S. 189–198.
4 BR-Drs. 395/15 (Beschluss).
5 BR-Drs. 395/15.
6 Siehe hierzu ausführlich Blum/Vehling, „Alles wird gut?” – An-
merkungen zur geplanten Novellierung des WissZeitVG OdW
2015 S. 195.
7 BR-Drs. 395/15 (Beschluss) S. 4 f.
8 BR-Drs. 395/15 (Beschluss) S. 5; vgl. zu den Abgrenzungsschwie-
rigkeiten Lehmann-Wandschneider, Das Sonderbefristungsrecht an Hochschulen und Forschungseinrichtungen nach dem Wiss- ZeitVG, 2009 S. 94 ff.
9 WT-Drs. 16/4043 S. 9.
10 BVerfG, Urteil vom 27.7.2004 – 2 BvF 2/02.
Tobias Mandler und Markus Meißner
Entwurfsdiskussion WissZeitVG
– Möglichkeiten, Einschränkungen, Verbesserungspotential
Ordnung der Wissenschaft 2016, ISSN 2197–9197
34 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2016), 33–50
auf die Kategorie der studentischen Hilfskräfte. Der Vor- schlag der Bundesregierung berücksichtigt dies insofern, als dass von studentischem Personal gesprochen wird.
Ungelöst bleibt die Diskussion um die sog. Lektoren- tätigkeit.11 Eine Positionierung des Gesetzes wäre in die- sem Punkt wünschenswert. Vorzugswürdig scheint die erklärte Anwendbarkeit auch auf Lektoren.12 Wissen- schaft und deren Vermittlung können auch bei Lektoren nicht getrennt werden, da sie jeweils Voraussetzung für- einander sind.13
Neben der Klarstellung in Bezug auf den Anwen- dungsbereich des WissZeitVG, sieht der Vorschlag des Bundesrates allerdings Radikales für die sog. Tarifsperre vor. Diese sei aufzuheben, da die Hochschulen und au- ßeruniversitären Forschungseinrichtungen nicht sach- gerecht mit den ihnen vom Gesetzgeber gegebenen Be- fristungsmöglichkeiten umgegangen seien.14 Die unan- gemessen kurzen Vertragslaufzeiten könnten über Tarif- verträge wirksam eingeschränkt werden. So könne zudem die Akzeptanz befristeter Verträge im Hoch- schulrecht gesteigert werden und eine befriedende Wir- kung eintreten.15
Dieser Vorstoß verwundert. Neben den von Blum/ Vehling bereits ausreichend dargelegten Vorteilen und Notwendigkeiten der bestehenden Tarifsperre,16 exis- tiert die verlangte Einwirkungsmöglichkeit bereits seit vielen Jahren ungenutzt. § 1 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG‑E erlaubt für Befristungen nach § 2 Abs. 1 und 2 Wiss- ZeitVG die Vereinbarung verbindlicher Verlängerun- gen.17 Hierdurch lässt sich die hervorgehobene Proble- matik unangemessen kurzer Vertragslaufzeiten bereits
- 11 Zur Diskussion Lehmann-Wandschneider, Das Sonderbefris- tungsrecht an Hochschulen und Forschungseinrichtungen nach dem WissZeitVG, 2009 S. 97 ff.
- 12 AR-Löwisch, § 2 WissZeitVG Rn. 2 f.; Rambach/Feldmann ZTR 2009 S. 288 f.
- 13 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 2014 – 1 BvR 3217/07; BVerfGE 136, 338 ff.
- 14 BR-Drs. 395/15 (Beschluss) S. 4.
- 15 BR-Drs. 395/15 (Beschluss) S. 4.
- 16 Blum/Vehling, „Alles wird gut?” – Anmerkungen zur geplantenNovellierung des WissZeitVG OdW 2015 S. 195.
- 17 Siehe dazu auch Mandler, Rechtsmissbrauch bei Drittmittelbefris-tungen gem. § 2 Abs. 2 WissZeitVG OdW 2015 S. 221.
- 18 Im Zuge dieser Überlegung ist hinzuzufügen, dass durch dietatbestandliche Bezugnahme auf „befristete Verträge“ in § 1
Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG auch Verträge nach § 6 WissZeitVG‑E erfasst sind. Insoweit bleibt das Gesetz konsequent und liefert
ein weiteres Argument für die Anwendung dieser Tariföffnung auf Drittmittelbefristungen.Eine strukturelle Schlechterstel-
lung zwischen der Befristung nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG und
§ 6 WissZeitVG‑E wäre bei der entgegensetzten Lesart nicht erklärlich. Vgl. dazu Hesse in Münchner Kommentar zum BGB, 6. Aufl., TzBfG § 23 Rn. 41. Siehe mwN.; Zimmermann, Befristete Arbeitsverhältnisse an Hochschulen und außeruniversitären For- schungseinrichtungen bei Drittmittel Finanzierung, 2001, S. 213 f.; Preis, WissZeitVG § 2 Rn. 61; Mandler, Rechtsmissbrauch bei
nach aktuellem Rechtsstand tariflich regeln. Einer Ab- schaffung der Tarifsperre bedarf es daher vor dem Hin- tergrund dieses Vorwurfes nicht. Im Gegenteil ist auf- grund der tariflichen Möglichkeiten die Notwendigkeit dieser Öffnung selbst kritisch zu hinterfragen.18
Mit Blick auf die vorgeschlagene Klarstellung im An- wendungsbereich des WissZeitVG sei darauf hingewie- sen, dass auch die Benennung der Universitätsklinika mit Forschungsaufgaben19 sowie der juristischen Perso- nen, die mit Forschungsaufgaben von Hochschulen oder Universitätskliniken landesrechtlich beliehen sind, sinn- voll erscheint. Insbesondere die Beleihung ist ein zu be- obachtendes Phänomen,20 das immer wieder Fragen hinsichtlich der Anwendbarkeit des WissZeitVG auf- wirft. Grundsätzlich ist hier von einer unmittelbaren Anwendbarkeit im Rahmen der jeweiligen Tatbestände auszugehen, wie letztlich schon aus §§ 3–5 WissZeitVG hervorgeht. Es wird daher vorgeschlagen den Anwen- dungsbereich wie folgt neu zu fassen:
„Für den Abschluss von Arbeitsverträgen für eine be- stimmte Zeit (befristete Arbeitsverträge) mit wissen- schaftlichem und künstlerischem Personal mit Ausnah- me der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer, an Einrichtungen des Bildungswesens, die nach Landes- recht staatliche Hochschulen, Universitätsklinika mit Forschungsaufgaben oder mit deren Aufgaben beliehe- ne juristische Personen sind, gelten die §§ 2, 3 und 6.“
Drittmittelbefristungen gem. § 2 Abs. 2 WissZeitVG OdW 2015
S. 226.
19 AR-Löwisch , § 2 WissZeitVG Rn. 6; Schmidt in Ascheid/Preis/
Schmidt, Kündigungsrecht, 4. Aufl. 2012 WissZeitVG § 2 Rn. 1; abweichend Lehmann-Wandschneider, Das Sonderbefristungs- recht an Hochschulen und Forschungseinrichtungen nach dem WissZeitVG, 2009 S. 40. Universitätskliniken betreiben – in untrennbarer Zusammenarbeit mit den medizinischen Fakultäten – Forschung. Der Umweg über die Anstellung bei den Universi- täten ist unnötig und findet keine tatsachenbasierte Rechtferti- gung. Das Gesetz über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung bildet hierzu keinen Widerspruch. Dieses ist nicht auf Universitätsklinika mit eigenen Forschungsaufgaben anzuwenden. Zum Anwendungsbereich siehe Hesse in Münchner Kommentar BGB, 6. Aufl. 2012 § 23 Rn. 5. Die Aufnahme in den Gesetzeswortlaut hat damit lediglich klarstellende Funktion.
20 Vgl. z.B. § 4 Abs. 5 UKG BW: „Das Wissenschaftsministerium kann Dritte mit der Wahrnehmung der hoheitlichen Aufgaben und Befugnisse einer Universitätsklinik nach den Absätzen 1 und 3 beleihen. Die Beleihung erfolgt durch Verwaltungsakt auf der Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung zwischen dem Universitätsklinikum, der Universität und dem Dritten.“; Löwisch/Domisch, Zur Anwendbarkeit des Arbeitnehmerüber- lassungsgesetzes auf Personalgestellungen durch juristische Perso- nen des öffentlichen Rechts BB 2012, 1408 ff.
Mandler/Meißner · Entwurfsdiskussion WissZeitVG 3 5
II. Sachgrundlose Befristungen
Der Entwurf sieht vor, dass es nunmehr nicht zwei, son- dern letztlich drei Möglichkeiten zur sachgrundlosen Befristung geben soll. Neben die bereits existierenden Befristungsmöglichkeiten nach § 2 Abs. 1 und Abs. 2 WissZeitVG, soll mit dem neuen § 6 für wissenschaftli- che und künstlerische Hilfskräfte ein eigener Befris- tungsgrund geschaffen werden. Im Folgenden wird des- halb – einer akademischen Laufbahn folgend – nach die- sen Fällen unterschieden.
1. Wissenschaftliche und künstlerische Hilfskräfte
§ 6 WissZeitVG‑E sieht die Möglichkeit zur sachgrund- losen Befristung für insgesamt 4 Jahre von eingeschrie- benen Studierenden vor, die wissenschaftliche oder künstlerische Hilfstätigkeiten erbringen.21 Auch das Masterstudium nach abgeschlossenem Bachelorstudium soll hiervon erfasst werden und Verlängerungen inner- halb des vierjährigen Befristungszeitraumes möglich bleiben. Ausweislich der Entwurfsbegründung, darf eine Anstellung zudem – über den Wortlaut hinaus – den Umfang einer hälftigen oder gar vollständigen regelmä- ßigen Anstellung nicht erreichen.22 Das jeweilige Studi- um müsse im Vordergrund stehen.23
Begleitet wird die Neuerung von § 2 Abs. 3 Satz 3 WissZeitVG‑E, der eine Anrechnung von befristeten Be- schäftigungen nach § 6 WissZeitVG‑E und anderen stu- dienbegleitenden Beschäftigungen, deren Befristung auf anderen Rechtsvorschriften beruht, ausschließt.
Die Regelung ist aus dogmatischer Perspektive an sich zu begrüßen, begegnet aber insbesondere in Bezug auf ihre praktische Umsetzbarkeit und sozialen Auswir- kungen für Studenten24 tiefgreifenden Bedenken. Im Einzelnen lassen sich fünf Problemkreise erkennen, für deren interessengerechtere Lösung im Anschluss an de- ren Analyse geworben werden soll.
a) Befristungsdauer
Die Befristungsdauer von 4 Jahren beruht, wie auch die Regelung überhaupt, auf dem ehemaligen § 57e HRG.
- 21 BR-Drs. 395/15 S. 11.
- 22 BR-Drs. 395/15 S. 13.
- 23 BR-Drs. 395/15 S. 13. Dieser gesetzlichen Beschränkung bedarf esan sich nicht. Der konstitutiv erforderliche Studentenstatus wirdbei einer idR. 85 Stunden übersteigenden Tätigkeit aberkannt.
- 24 Sofern die männliche Form genannt wird, ist stets auch dieweibliche mit umfasst. Zum Begriff der Studierenden siehe http:// www.zaar.uni-muenchen.de/studium/studenteninfo/student_ prof/student/index.html, abgerufen am 22.10.2015.
- 25 BR-Drs. 395/15 S. 11; kritisch etwa Löwisch in Forschung & Lehre 2002/4 S. 186: „Die Begrenzung auf vier Jahre kann sich so sehr einschneidend für Studierende auswirken, die auf Nebenverdiens-
Schon damals wurde diese Regelung mit Recht kriti- siert.25 Diese Kritik gilt heute genauso wie damals. Die Befristungsdauer genügt der Studiendauer vieler Studi- engänge nicht mehr und kann aus diesem Grund den Entzug zumindest eines Teils der wirtschaftlichen Lebensgrundlage bedeuten. Dies hat auch der Bundesrat erkannt. Dieser fordert eine Befristungshöchstdauer von nunmehr 6 Jahren.26 Allerdings greift auch diese Forde- rung zu kurz.
Heute wie damals ist es üblich, dass ein nicht uner- heblicher Teil der Studenten sich über eine Anstellung als studentische Hilfskraft zumindest ein Zubrot erwirt- schaftet. Mietpreise und Lebenshaltungskosten sind ins- besondere in den Studentenstädten gestiegen.27 Diese generieren vielfach – trotz elterlicher und staatlicher Un- terstützung – einen mitunter deutlich weitergehenden fi- nanziellen Bedarf, der durch eine Beschäftigung im uni- versitären oder außeruniversitären Bereich gedeckt wer- den muss.
Die Anstellung an einer Hochschule stellt dabei für viele Studenten die sinnvollste Alternative dar. Hier wer- den der Einstieg in das wissenschaftliche Arbeiten und die Möglichkeit zur Erwirtschaftung von Einkommen gleichzeitig realisiert. Insbesondere die vielfach beste- hende Chance zum wissenschaftlichen Diskurs zumin- dest mittelbar beitragen zu können, bedeutet vielfach eine nicht zu unterschätzende Motivation, später auch selbst wissenschaftlich tätig zu werden. Daneben erleich- tert die Arbeit an einem Institut, Lehrstuhl oder in einer Forschungseinrichtung auch eine spätere eigene Disser- tation. Die frühzeitige Möglichkeit zur Zusammenarbeit zwischen studentischen und wissenschaftlichen Hilfs- kräften, Doktoranden, Post-Docs, Gastwissenschaftlern, Habilitanden und Professoren verleiht Selbstvertrauen und Sicherheit im Umgang mit eigenen wissenschaftli- chen Ambitionen und Arbeiten. Gerade durch die Tätig- keit als studentische Hilfskraft wird daher oft erst eine spätere wissenschaftliche Karriere in Gang gesetzt, die ohne diesen leichten Zugang nie entstanden wäre.
Diese Möglichkeit beschneidet der Entwurf ohne vernünftigen Grund, indem die Befristungsdauer er-
te angewiesen sind. Auch vernachlässigt die Regelung die Tatsa- che, daß viele Studierende ihr Studium heute als Teilzeitstudium neben einem Beschäftigungsverhältnis konzipieren. Die Mög- lichkeit, ein Beschäftigungsverhältnis als studentische Hilfskraft zu wählen und so gleichzeitig aus der Beschäftigung Nutzen für das Studium zu ziehen, wird nach vier Jahren abgeschnitten. In § 57e Satz 1 sollte daher die Dauer von vier Jahren ersetzt werden durch eine „Dauer von sechs Jahren“.
26 BR-Drs. 395/15 (Beschluss) S. 7.
27 Siehe unlängst http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/wohn-
kosten-anteil-in-freiburg-im-breisgau-am-hoechsten-a-1060702. html, abgerufen am 2.11.2015.
36 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2016), 33–50
kennbar hinter den Regelstudienzeiten und den tatsäch- lichen Studienzeiten zurückbleibt. So liegt die Regelstu- dienzeit für Humanmedizin an der Albert-Ludwigs- Universität Freiburg bei 13 Fachsemestern, ohne dass da- bei die regelmäßig während des Studiums ausgesetzte Promotionszeit berücksichtigt wäre.28
Auch in anderen Studiengängen liegt die Regelstudi- enzeitregelmäßigüber4Jahren.Sowerdenetwafürdas Studium der Rechtswissenschaften 9 Fachsemester,29 das Mathematikstudium im gymnasialen Lehramt 10 Fach- semester,30 Biologie mit Bachelor und Master 10 Fachse- mester,31 Germanistik mit Bachelor und Master 10 Fach- semester32 usw. als Regelstudienzeit angegeben. Zieht man nun ins Kalkül, dass nach den Angaben des Statisti- schen Bundesamtes lediglich 39,3 % der Studenten ihr Studium in der Regelstudienzeit abschließen,33 wird schnell sichtbar, dass mit der 4‑Jahresregelung den Stu- denten vielfach zumindest ein Teil ihrer wirtschaftlichen Lebensgrundlage – gerade gegen Ende des Studiums und vor Beginn einer Dissertation oder sonstigen wissen- schaftlichen Qualifizierung – genommen würde.
Teilweise kann hier zwar Abhilfe durch § 14 Abs. 2 TzBfG geschaffen werden, der eine zumindest 2‑jährige Aufstockung des 4‑Jahreszeitraumes ermöglicht. Die Neuregelung in § 2 Abs. 3 Satz 3 WissZeitVG‑E bedeutet insoweit auch keine Anrechnung dieser Befristungen auf die Höchstbefristungszeiten und wird damit konkludent vorausgesetzt.34 Allerdings beschneidet eine solche Be- fristung die Verlängerungsmöglichkeiten und ist ausge- schlossen, wenn zuvor eine Befristung nach § 6 Wiss- ZeitVG‑E bestand. Allein aufgrund der Wahl des Erst- Befristungsgrundes würde so die Befristungsdauer zwi- schen 4 und 6 Jahren schwanken. Ebenso schwankt die Befristungsdauer über § 14 Abs. 2 TzBfG bei einem Hochschul- bzw. Arbeitgeberwechsel. Studenten könn- ten somit auf der Grundlage der Neuregelung gezwun- gen sein, zum Erhalt ihrer Lebensgrundlage aus dem universitären Betrieb auszuscheiden oder an eine andere Hochschule zu wechseln, bei der eine Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG noch möglich ist. Damit würde gerade diejenige Pflicht vereitelt, die das Grundgesetz dem Ge- setzgeber insoweit aufgibt: Die Förderung des wissen- schaftlichen Nachwuchses.35
- 28 https://www.studium.uni-freiburg.de/studium/studienfaecher/ fachinfo/index.html?id_stud=109, abgerufen am 22.10.2015.
- 29 http://www.studium.uni-freiburg.de/studium/studienfaecher/ fachinfo/index.html?id_stud=136, abgerufen am 22.10.2015.
- 30 http://www.studium.uni-freiburg.de/studium/studienfaecher/ fachinfo/index.html?id_stud=108, abgerufen am 22.10.2015.
- 31 http://www.studium.uni-freiburg.de/studium/studienfaecher/ fachinfo/index.html?id_stud=362; http://www.studium.uni- freiburg.de/studium/studienfaecher/fachinfo/index.html?id_ stud=302, abgerufen am 22.10.2015.
Vor diesem Hintergrund bleibt unklar, warum der Entwurf hier derart engherzig verfährt. Die Vorwürfe, die dem WissZeitVG gemacht werden, beruhen nicht auf Verträgen mit studentischen Hilfskräften. Diese Be- schäftigtengruppe ist am wenigsten durch die Befris- tungsmöglichkeiten betroffen. Vielfach ändert sich die Lebenssituation der Studenten semesterweise. Auslands- aufenthalte, Erasmus, Studien- und Wohnortwechsel treten häufig auf, sodass eine semester- oder jahresweise Befristung sogar im Interesse der Studenten liegen kann. Daneben sei bemerkt, dass trotz der formalen Kurzbe- fristungen regelmäßig auch bei den Studenten keine Un- sicherheit in Bezug auf die Verlängerung ihrer Verträge besteht. Aufgrund der oft überlasteten Personaladminis- trationen müssen Anträge auf Weiterbeschäftigung be- reits Monate vor dem eigentlichen Befristungsende aus- gefüllt und eingereicht werden. Auf diesem Weg erhält der Student idR. frühzeitig Kenntnis über seinen weite- ren Status.
Zudem setzt die Befristungsregelung falsche Anreize. Studenten, die vertieft studieren oder aus persönlichen Gründen36 das Studium nicht schneller absolvieren kön- nen, werden benachteiligt. So werden insbesondere die Studenten mit Lernbehinderungen, chronischen Er- krankungen oder sonstigen Einschränkungen über die Befristungsdauer mittelbar benachteiligt.
b) Zweitstudium und Studienwechsel
Neben dem Problem der Befristungsdauer, bedeutet die Neuregelung auch eine Benachteiligung von Personen, die nach einem Studienabbruch ein weiteres aufnehmen. Selbiges gilt für Personen, die parallel ein Zweitstudium aufgenommen haben, dessen Studienzeiten die des Erst- studiums übersteigen. Nach wortlautgetreuer Anwen- dung des Entwurfs ergäbe sich für diese Personen eine absolute Befristungsgrenze von 4 Jahren an allen deut- schen Hochschulen, Universitätsklinika und außeruni- versitären Forschungseinrichtungen; und dies unabhän- gig von Studienart und ‑umfang.
Die Anzahl der Erst-Studienabbrecher bzw. ‑wechs- ler ist bekanntermaßen hoch. Der Studienabbruch bzw. ‑wechsel in Kombination mit einer Beschäftigung als studentische Hilfskraft kann sich deshalb gerade auch
32 http://www.studium.uni-freiburg.de/studium/studienfaecher/ fachinfo/index.html?id_stud=396; http://www.studium.uni- freiburg.de/studium/studienfaecher/fachinfo/index.html?id_ stud=372, abgerufen am 22.10.2015.
33 Pressemitteilung vom 3. Februar 2014 – 037/14.
34 BR-Drs. 395/15 S. 12.
35 BVerfGE 35, 79, 114 f.; BVerfGE 94, 268, 285; BR-Drs. 395/15 S. 3. 36 Vgl. BR-Drs. 395/15 (Beschluss) S. 7, Teilzeitstudium aus familiä-
ren Gründen.
Mandler/Meißner · Entwurfsdiskussion WissZeitVG 3 7
für künftige Beschäftigungen überaus nachteilig auswir- ken. Es kann jedoch nicht im Sinne des Gesetzes sein, die oft ohnehin schwierige Lebensentscheidung bei der Stu- dienwahl nachträglich weiter zu sanktionieren.
Selbiges gilt für Personen, die in der Lage sind meh- rere Fächer zu studieren und daher entsprechend lang unter den Anwendungsbereich des § 6 WissZeitVG‑E fallen. Eine Befristung nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG wäre bei wortlautgetreuer Anwendung solange ausgeschlos- sen, wie das Zweitstudium noch zu einem weiteren be- rufsqualifizierenden Abschluss führt. Auch diese Wir- kung ist nicht gerechtfertigt und bedarf der Korrektur.
c) Bachelor- und Masterstudium
Vergleichbare Schwierigkeiten bestehen bei Bachelor/ Masterstudiengängen. Die in § 6 WissZeitVG‑E gefun- dene Regelung soll der Klarstellung dienen.37 Auch Mas- terstudenten dürfen danach als studentische Hilfskräfte beschäftigt werden.38
Problematisch an dieser Regelung ist indessen das subjektiv auslösende Moment. Ob eine Befristung nach § 6 WissZeitVG‑E oder § 2 Abs. 1 WissZeitVG‑E mög- lich ist, entscheidet allein der Student bzw. Bachelorab- solvent. Trifft dieser die Entscheidung gegen ein an- schließendes Masterstudium, so braucht er im Beschäfti- gungsfall seine Höchstbefristungsgrenzen nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG auf. Nimmt er das Masterstudium nach ei- ner Hochschulbeschäftigung wieder auf, so muss er er- neut auf seine verbleibenden Zeiten nach § 6 Wiss- ZeitVG zurückgreifen. Sind diese bereits verbraucht oder nicht mehr ausreichend vorhanden, so kann eine weitere Beschäftigung nicht einmal auf der Grundlage des § 14 Abs. 2 TzBfG erfolgen. Auf dieser Grundlage zeigt sich die Schwäche der Abhängigkeit vom subjekti- ven Moment. Der Bachelorabsolvent wird seine Ent- scheidung, ob er ein Masterstudium beginnt schlechtes- tenfalls von den jeweils verbleibenden Höchstbefris- tungszeiten abhängig machen müssen. Sind bspw. Zeiten nach § 6 WissZeitVG‑E im Gegensatz zu solchen nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG vorhanden, so kann allein auf der Grundlage der dann evtl. nur vorgeschobenen Entschei- dung für ein Masterstudium wiederum ein Befristungs- grund erzeugt werden. Umgekehrt wird der Bachelorab- solvent aber bei bereits aufgebrauchten Zeiten nach § 6 WissZeitVG‑E ggf. davon abgehalten, sich in einen Mas-
- 37 BR-Drs. 395/15 S. 11 f.
- 38 BR-Drs. 395/15 S. 11.
- 39 BVerfGE 35, 79, 114 f.; BVerfGE 94, 268, 285; BR-Drs. 395/15 S. 3.
- 40 Promotionsstudenten sind zwar immatrikulierte Studenten. IhrStudium führt allerdings nicht zu einem ersten oder einem weite- ren berufsqualifizierenden Abschluss iSv. § 6 WissZeitVG‑E.
terstudiengang einzuschreiben. In diesem Fall kann sei- ne Anstellung nicht mehr befristet erfolgen und wird enden müssen. Dem stünde wiederum die verfassungsrechtlich verbürgte Nachwuchsförderungspflicht entgegen.39
d) Promotion während des Studiums
Ähnliche Problemlagen ergeben sich für Promotionsstu- denten bzw. bei Promotionen während des Studiums. Hier zwingt der Entwurf zur Unterscheidung zwischen dem Promotionsstudium während des (Haupt-)Studi- ums – dann wohl § 6 WissZeitVG‑E – und dem Promo- tionsstudium nach dem Hochschulabschluss – dann wie bisher § 2 Abs. 1 WissZeitVG‑E.40
Der erste Fall, der wohl mehrheitlich nur im Bereich der Humanmedizin auftritt und damit besonders für die Universitätsklinika und medizinischen Fakultäten der Hochschulen von Interesse ist, wirft Fragen auf. Unklar ist, ob die Voraussetzungen des § 6 WissZeitVG‑E noch gegeben sind, wenn das Promotionsstudium neben dem Hauptstudium erfolgt bzw. eine Immatrikulation als Promotionsstudent nicht erfolgt. Vielfach wird sich der Promotionsstudent im Hinblick auf die Regelstudienzeit beurlauben lassen oder einfach ohne als solcher immat- rikuliert zu sein während seines regulären Studiums pro- movieren41 und ein bis drei Semester seiner Doktorar- beit widmen. Während dieser Zeit bleibt er weiterhin eingeschrieben; erfüllt insoweit also die Voraussetzun- gen des § 6 WissZeitVG‑E. Sein (Haupt-)Studium ist nach wie vor auf einen berufsqualifizierenden Abschluss gerichtet, obwohl die Promotion an sich nicht berufs- qualifizierend wäre. Hierdurch entsteht die eigenartige Situation, dass Promotionszeiten während des Studiums als Zeiten nach § 6 WissZeitVG‑E gewertet würden und so eine Anrechnung auf die Höchstbefristungszeit des § 2 Abs. 1 WissZeitVG nicht stattfindet. § 2 Abs. 3 Wiss- ZeitVG‑E sieht keine Anrechnung für die Zeiten nach § 6 WissZeitVG‑E vor. Damit würde der immatrikulier- te Promotionsstudent nicht nur weniger Zeit, als die in § 2 Abs. 1 WissZeitVG veranschlagten 6 Promotionsjah- re haben, er würde auch die Verlängerungsmöglichkeit bei zügiger Promotion nach § 2 Abs. 1 Satz 2 HS 2 Wiss- ZeitVG‑E einbüßen. Diese bezieht sich eindeutig nur auf Befristungen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG und er- fasst damit § 6‑Befristungen nicht. Dies bedeutet eine gravierende Schlechterstellung insbesondere der medizi-
41 BR-Drs. 395/15 S. 12: „Befristete Beschäftigungen als wissen- schaftliche Hilfskraft außerhalb eines Studiums, die zur Förde- rung der eigenen Qualifizierung der wissenschaftlichen Hilfskraft erfolgen, unterfallen auch künftig dem § 2 Absatz 1“.
38 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2016), 33–50
nischen Fakultäten, der Universitätsklinika und auch der Beschäftigten, die diese Zeiten trotz zügiger Promotion für die Post-Doc-Phase nicht mehr nutzen können. Für diese strukturelle Schlechterstellung – vor allem von Doktoranden der Humanmedizin – gibt es keine sachli- che Rechtfertigung.
Diese Problematik besteht unter anderem Vorzei- chen auch gegenwärtig. Es ist unklar, ob Promotionszei- ten, die während des Studiums absolviert wurden, nach § 2 Abs. 3 WissZeitVG anzurechnen sind.42 Hier schafft die Neuregelung zwar Klarheit, indem eine Anrechnung nur im Rahmen der Zeiten nach § 6 WissZeitVG‑E er- folgen kann, diese wohl ungewollte Klar(Schlechter-) stellung ist jedoch aus den vorgenannten Gründen abzulehnen.
e) Familienpolitische Komponente
Die Neuregelung entkoppelt die studentische Hilfskraft von den sog. familienpolitischen Komponenten, die nach § 2 WissZeitVG gelten. Insbesondere die in § 2 Abs. 5 WissZeitVG gegenwärtig noch zu berücksichti- genden Zeiten sind nicht verwertbar. Auch nach der Entwurfsfassung finden Nichtanrechnungen nur statt, „sofern sie zu einer Verlängerung führen können”. Nur in Fällen des § 2 Abs. 1 WissZeitVG und nicht des § 6 WissZeitVG‑E kann eine Verlängerung nach Abs. 5 erzeugt werden.
Für diese Schlechterstellung bedarf es eines rechtfer- tigenden Grundes. Dieser mag darin gesehen werden, dass Hilfskräfte nicht für ihre eigene wissenschaftliche oder künstlerische Qualifikation tätig werden.43 Gleich- wohl erlaubt die angedachte starre Regelung hier keine Spielräume. Es ist zwar aus Gründen der Planungssi- cherheit vernünftig, die Hilfskräfte nicht in die Position einer einseitigen Verlängerungsoption nach § 2 Abs. 5 WissZeitVG zu setzen, allerdings steht der Nichtanrech- nung dieser Zeiten auf die Zeiten nach § 6 WissZeitVG- E eine solche Erwägung nicht entgegen. In diesem Fall liegt eine willkürlich erscheinende Schlechterstellung der Hilfskräfte vor. Insbesondere Elternzeiten oder Zei- ten, in denen Angehörige betreut werden und Zeiten nach der Nr. 6‑E44 sind hier von Relevanz.
f) Verbesserungspotential
Vor dem Hintergrund der genannten Mängel ist nach einer interessengerechteren Lösung zu suchen. Diese
- 42 Preis, WissZeitVG § 2 Rn. 26 f., 28.
- 43 BR-Drs. 395/15 S. 12.
- 44 Siehe unten unter IV. 2.
- 45 Ebenso denkbar wäre eine Kopplung der Befristungsdauer andie jeweilige Regelstudienzeit. Diese Regelung hätte den Vorteil einer individuellen Anpassung an die jeweiligen Studiengänge
muss sich zur Vermeidung von analogen Schlüssen und teleologischen Reduktionen insbesondere im Gesetzes- text niederschlagen. Hierzu wird folgender Vorschlag unterbreitet:
„§ 6 Wissenschaftliche und künstlerische Hilfstätigkeiten 1Studierende, die an einer deutschen Hochschule immatrikuliert sind, einen ersten oder fortführenden be-
rufsqualifizierenden Abschluss anstreben und wissen- schaftliche oder künstlerische Hilfstätigkeiten erbrin- gen, können für die Dauer von 8 Jahren jeweils befristet beschäftigt werden. 2Promoviert der Beschäftigte wäh- rend einer befristeten Beschäftigung nach dieser Vor- schrift, so kann insoweit eine Befristung für die Dauer von weiteren 6 Jahren erfolgen. 3Zeiten nach Satz 2 gel- ten als Zeiten im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 HS 2. Die Verlängerungstatbestände nach § 2 Abs. 1 Satz 5, 6 und Abs. 5 Satz 2 finden entsprechende Anwen- dung. 4Innerhalb der zulässigen Befristungsdauer sind Verlängerungen eines befristeten Arbeitsvertrages möglich. 5Beschäftigungen nach Satz 1, die aufgrund an- derer Rechtsvorschriften befristet wurden, sind auf die Zeiten nach Satz 1 und 2 anzurechnen.“
Der Vorschlag räumt die genannten Problemlagen aus. So wird durch Befristungsdauer von 8 Jahren er- reicht, dass Studenten ihr gesamtes Studium über be- schäftigt werden können.45 Die Dauer von 8 Jahren er- gibt sich aus der Erkenntnis, dass im Bereich der Hu- manmedizin Studiendauern von 13–16 Fachsemestern nach den Erhebungen des Statistischen Bundesamtes46 üblich sind. Da nach Satz 5 eine Anrechnung von Be- schäftigungszeiten erfolgt, die auf anderen Befristungs- tatbeständen beruht, erledigt sich die Problematik um den willkürlichen Einsatz von § 14 Abs. 2 TzBfG. Selbiges gilt für Umgehungstatbestände nach § 14 Abs. 1 TzBfG.
Dieses Ergebnis erzielt im Übrigen auch der Vor- schlag des Bundesrates, wenn er 6 Jahre fordert, die Be- fristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG jedoch nicht ausschließt. Der Vorzug des hiesigen Vorschlages liegt demgegen- über in der Vermeidung administrativen Aufwandes so- wie von Rechtsunsicherheiten und Willkür in Bezug auf § 14 TzBfG.
Die Möglichkeit zur erneuten Nutzung der Befris- tungszeiträume bei einem Studienabbruch oder ‑wech- sel wird daran sichtbar, dass die Beschäftigung „jeweils
und bedürfte nur noch eines ergänzenden einmaligen 2‑jährigen Zeitzuschlages. Allerdings birgt diese Lösung die Gefahr, dass bundesweit unterschiedliche Befristungszeiten entstehen und die Hochschulen die Regelstudienzeiten nicht unbeeinflusst von der Befristungsdauer festlegen.
46 Pressemitteilung vom 3. Februar 2014 – 037/14.
Mandler/Meißner · Entwurfsdiskussion WissZeitVG 3 9
befristet” erfolgt. Damit wird auch die Schwierigkeit des Zweitstudiums umgangen. Hier kann ebenso wie bei ei- nem Studienabbruch- oder ‑wechsel die gesamte Befris- tungszeit erneut genutzt werden, denn es handelt sich nicht um einen fortführenden berufsqualifizierenden Abschluss, wie etwa beim Bachelor/Master-Modell. Die- ses ist in der Befristungshöchstdauer von 8 Jahren aus- reichend umfasst, sodass eine mittelbare Einflussnahme auf die Studienentscheidung ausgeschlossen ist.
Durch Satz 2 wird klargestellt, dass eine Promotion während des Studiums zwar im Befristungsgrund auf § 6 WissZeitVG‑E beruht, die hier zurückgelegten Zeiten aber denen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG entspre- chen. Eine Schlechterstellung der Promotion also nicht erfolgen kann. Satz 3 erklärt weiter die Verlängerungsre- gelung aus § 2 Abs. 1 Satz 2 HS 2 WissZeitVG‑E für anwendbar.
Satz 4 stellt klar, dass die familienpolitischen Kompo- nenten für Hilfskräfte entsprechend gelten. Nicht um- fasst ist damit die Möglichkeit zur einseitigen Verlänge- rung des Arbeitsvertrages, was über die mangelnde eige- ne wissenschaftliche Qualifizierung gerechtfertigt wer- den kann. Im Übrigen sind aber die bekannten Verlängerungstatbestände analog zur Anwendung zu bringen. Dies erlaubt die vollständige Nutzung der auch bisher nutzbaren Verlängerungszeiten durch die Hoch- schulen, Universitätsklinika oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen.
Satz 5 stellt die Möglichkeit zur Verlängerung sicher. Satz 6 löst die TzBfG-Problematik47 über eine Anrech- nungsregelung. Dadurch werden Fragen einer vormali- gen Beschäftigung etwa beim Land obsolet und der Ver- waltungsaufwand damit rechtssicher gesenkt.
e) Zwischenfazit
Die geplante Novellierung bedeutet für die studenti- schen Hilfskräfte erhebliche Schlechterstellungen. Diese gefährden den staatlichen Schutzauftrag im Hinblick auf seine wissenschaftsbezogene Nachwuchsförderungs- pflicht sowie die wirtschaftliche Lebensgrundlage einer Vielzahl von wissenschaftsinteressierten Studenten. Eine Anpassung der Regelung im Sinne des Beschlusses des Bundesrates, die allein eine Heraufsetzung der Befris- tungsdauer vorsieht, ist ungenügend. Es bedarf neben einer Heraufsetzung auf 8 Jahre weiterer Ergänzungen in Bezug auf Zweitstudium, Bachelor- und Masterstudien-
- 47 Siehe oben unter II. 1. a).
- 48 BR-Drs. 395/15 S. 7.
- 49 BT-Drs. 16/3438 S. 11: „Zwar sind die von den entsprechen-den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wahrgenommenen wissenschaftlichen Dienstleistungen oftmals Daueraufgaben der Hochschule. Die Befristungsmöglichkeit wird aber bei diesen
gänge, Promotionsstudium und familienpolitische Kom- ponenten.
2. Promotionsphase
Neuerungen sind auch hinsichtlich der Befristung in der sog. Promotionsphase nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG vor- gesehen. Hierbei weichen der Entwurf der Bundesregie- rung und der Vorschlag des Bundesrates jedoch deutlich voneinander ab. Diese werden daher getrennt bespro- chen und letztlich in Bezug auf mögliche Kombinatio- nen und Verbesserungen analysiert.
a) Entwurf der Bundesregierung
Hinsichtlich der Befristung in der Promotionsphase nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG‑E enthält der Entwurf nunmehr die Klarstellung, dass eine Befristung nur „zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstle- rischen Qualifizierung” erfolgen darf. Diese sprachliche Ergänzung schafft – entgegen der unbefangenen Lektüre des Gesetzes – keine neuen tatbestandlichen Anforde- rungen.48 Das Kriterium der Förderung eigener wissen- schaftlicher oder künstlerischer Qualifizierung bestand seitjeher;wenngleichdiesesnichtimWortlautwieder- gegeben wurde, sondern aus den Gesetzesmaterialien49 und dem Telos der Befristung abgeleitet werden musste.50
Die Aufnahme dieses bisher ungeschriebenen Tatbe- standsmerkmals ist aus methodischer Perspektive zu be- grüßen. Dennoch darf nicht verkannt werden, dass der Begriff der wissenschaftlichen oder künstlerischen Qua- lifizierung letztlich nicht aussagekräftig ist. Die eigene Qualifizierung wird auch durch Tätigkeiten gefördert, die mit ihr nur mittelbar in Beziehung stehen. Wechsel- wirkungen sind insbesondere in der Krankenversorgung sichtbar. Die Krankenversorgung ist untrennbarer Be- standteil wissenschaftlicher Forschung.51 Auf der Grundlage dieser Argumentation lässt sich fast jede Tä- tigkeit der Förderung der eigenen wissenschaftlichen Qualifizierung zuordnen. Die beabsichtigte Präventiv- wirkung wird daher wohl nicht eintreten, da der Be- schäftigte aufgrund seiner Abhängigkeit zum/zur Doktorvater/-mutter typischerweise keine Einwände während der Promotionsphase erheben wird.
Weiter geht der Novellierungsvorschlag in § 2 Satz 3 WissZeitVG‑E. Dieser fordert ein angemessenes Ver- hältnis zwischen der vereinbarten Befristungsdauer und der angestrebten Qualifizierung.52 Jenes Verhältnis soll
Mitarbeitergruppen ausnahmslos im Interesse der Nachwuchs-
und Qualifikationsförderung eröffnet“.
50 BR-Drs. 395/15 S. 7; Vgl. dazu Preis, WissZeitVG § 2 Rn. 12
51 BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 2014 – 1 BvR 3217/07 = BVerfGE
136, 338 ff.
52 BR-Drs. 395/15 S. 8.
40 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2016), 33–50
sich daran orientieren, was im Hinblick auf die wissen- schaftliche oder künstlerische Qualifizierung „sinnvoll” ist.53 Dies lässt freilich einen beträchtlichen Raum für Unsicherheiten. Diese sollen über die von den Wissen- schaftseinrichtungen selbst entwickelten internen Richt- linien ausgeräumt werden.54 Exemplarisch werden ne- ben diesen auch die Codes of Conduct, der Orientie- rungsrahmen zur Förderung des wissenschaftlichen Per- sonals nach der Promotion und akademischer Karrierewege neben der Professur (2014),55 die Leitlini- en für die Ausgestaltung befristeter Beschäftigungsver- hältnisse mit wissenschaftlichem und künstlerischem Personal (2012)56 usw. genannt.57
Die genannten Leitlinien sind aber selbst wenig kon- kret und geben vielmehr nur das wieder, was ohnehin im Entwurf steht. Daneben bietet gerade die Möglichkeit zum Erlass hochschuleigener Richtlinien wiederum die Gefahr einer sich weiter ausdifferenzierenden uneinheit- lichen Befristungshandhabung. Zusätzlich trägt diese Lösung den Anreiz zum Erlass günstiger einrichtungsei- gener Leitlinien mit möglichst großem Befristungsrah- men in sich. Das aktuelle Problem wird sich daher auf dem vorgeschlagenen Weg kaum beseitigen lassen, son- dern lediglich verlagern. Dies verdeutlichen auch die Rechtsfolgen.
Indem Satz 3 die jeweilige Befristungsdauer von der Angemessenheit im Einzelfall abhängig macht, wird die- se auch Teil der notwendigen Prognoseentscheidung bei Vertragsschluss.58 Ein Verstoß muss damit letztlich die Unwirksamkeit der jeweiligen Befristung bedeuten. Al-
- 53 BR-Drs. 395/15 S. 8.
- 54 BR-Drs. 395/15 S. 8.
- 55 http://www.hrk.de/positionen/gesamtliste-beschluesse/position/convention/orientierungsrahmen-zur-foerderung-des-wissen- schaftlichen-nachwuchses-nach-der-promotion-und-akademi/, abgerufen am 31.10.2015 : „Befristungsregeln: Durch geeignete Maßnahmen sind auch bei befristeten Arbeitsverträgen angemes- sene Beschäftigungsverhältnisse zu ermöglichen, indem sich die Befristungen von projektbezogenen Verträgen an der Laufzeit der Projekte orientieren. Wenn es sich um befristete Aufgaben han- delt, fällt es in die Verantwortung der jeweiligen Dienstvorgesetz- ten, dieses den Betroffenen klar zu kommunizieren und ihnen Gespräche über die weitere Karriereentwicklung anzubieten.”
- 56 http://www.hrk.de/positionen/gesamtliste-beschluesse/position/ convention/leitlinien-fuer-die-ausgestaltung-befristeter-bescha- eftigungsverhaeltnisse-mit-wissenschaftlichem-un/, abgerufen am 31.10.2015: „ 1. Planbarkeit … Die konkrete Befristungmuss möglichst zielbezogen erfolgen, d.h. in jeder Phase ist das Qualifikationsziel zu der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses in Beziehung zu setzen. Um dieses angemessen zu erreichen, müssen die Vorgesetzten den Qualifizierungsfortschritt bewusst begleiten und kontinuierlich evaluieren. Die Vorgesetzten haben eine realistische Betreuung aus Personalentwicklungsperspekti- ve — d. h. auch die Bestimmung von Zielen und Zeitschritten in
lerdings ist den Hochschulen, Universitätsklinika und außeruniversitären Forschungseinrichtungen auf der Grundlage der Wissenschaftsfreiheit ein beträchtlicher Einschätzungsspielraum einzuräumen.59 Unabhängig davon, ob eigene Leitlinien existieren oder nicht, wird man nicht bei jeder Inkongruenz zwischen Qualifizie- rung und Vertragslaufzeit auf einen Rechtsverstoß schließen können.60 So schließt die Begründung bereits auf eine Angemessenheit, wenn Personal für die Zeiten ihrer drittmittelfinanzierten Projekte befristet wird.61 Die Projekte haben mit der Förderung der eigenen Qua- lifizierung letztlich nicht zwingend zu tun und sind viel- fach auf Jahreszeiträume unabhängig von der Dauer des Gesamtprojektes angelegt.62 Auch ist es nicht unüblich, dass gerade Doktoranden über Projekte drittfinanziert werden, mit denen sie gar nichts zu tun haben. Dies hängt von der jeweiligen Widmung ab. Daneben wird der Beschäftigte im Einzelfall überhaupt nicht wissen, ob er drittfinanziert ist oder über den Haushalt finanziert wird. Eine Verpflichtung zur Benennung der Finanzie- rungsgrundlage besteht nicht. Aus dieser Unsicherheit heraus werden sich erwogene Rechtsstreitigkeiten schnell zerschlagen. Die Mittelbewilligung kann zudem letztlich willkürlich zwischen Drittmittelgeber und Hochschule, Universitätsklinika oder außeruniversitä- ren Forschungseinrichtung festgelegt werden. Dadurch kann letztlich für jedweden Zeitraum ein Grund für kur- ze Befristungszeiten geschaffen werden, der gerichtlich kaum angreifbar wäre.63 Die Neuregelung ist aus diesen Gründen nicht geeignet, die als Missstände empfunde-
der Befristungszeit — zu gewährleisten. Dazu zählt im Sinne einer wohlverstandenen, verantwortungsbewussten Personalentwick- lung, dem wissenschaftlichen Nachwuchs Karrierewege innerhalb und außerhalb der Wissenschaft aufzuzeigen und für diese Wege zu qualifizieren. Dies kann aber auch das Abraten vom Weiterver- folgen einer wissenschaftlichen Karriere beinhalten”.
57 BR-Drs. 395/15 S. 8 mwN.
58 Vgl. Mandler, Rechtsmissbrauch bei Drittmittelbefristungen gem.
§ 2 Abs. 2 WissZeitVG OdW 2015 S. 219.
59 Vgl. BAG, Urteil vom 18.7.2012 – 7 AZR 443/09 – juris Rn. 47;
Mandler, Rechtsmissbrauch bei Drittmittelbefristungen gem. § 2
Abs. 2 WissZeitVG OdW 2015 S. 218, 221 f.
60 Vgl. dazu BAG, Urteil vom 29.7.2009 – 7 AZR 907/07; LAG Sach-
sen, Urteil vom 6.3.2014 – 6 Sa 676/13 – juris Rn. 27; LAG Köln, Urteil vom 9.9.2009 – 3 Sa 746/09; Preis, WissZeitVG § 2 Rn. 58; Mandler, Rechtsmissbrauch bei Drittmittelbefristungen gem. § 2 Abs. 2 WissZeitVG OdW 2015 S. 223 f.
61 BR-Drs. 395/15 S. 8.
62 Mandler, Rechtsmissbrauch bei Drittmittelbefristungen gem. § 2
Abs. 2 WissZeitVG OdW 2015 S. 223 f.
63 Vgl. AR-Löwisch, § 2 WissZeitVG Rn. 12; siehe dazu umfassender
auch Stiller, Das Drittmittel finanzierte Arbeitsverhältnis, Diss. 2000, S. 118; Mandler, Rechtsmissbrauch bei Drittmittelbefristun- gen gem. § 2 Abs. 2 WissZeitVG OdW 2015 S. 221.
Mandler/Meißner · Entwurfsdiskussion WissZeitVG 4 1
nen Gegebenheiten zu ändern. Allein über den Gedan- ken des Rechtsmissbrauchs wäre an der Angemessenheit vorbei eine Sanktionierung im Einzelfall denkbar.64
b) Vorschlag des Bundesrates
Ausgereifter ist der Vorschlag des Bundesrates. Dieser fordert eine Neufassung des Satz 3:65
„Die vereinbarte Befristungsdauer soll bei einer ersten nach den Sätzen 1 und 2 befristeten Beschäftigung 24 Monate nicht unterschreiten, sofern keine sachlichen Gründe eine kürzere Dauer rechtfertigen.“
Jener Vorschlag ist gegenüber dem der Bundesregie- rung vorzugswürdiger. Er sieht eine andere Verteilung der Beweislast vor. Der jeweilige Arbeitgeber muss sich bei Befristungen über 24 Monaten keine Gedanken über deren Angemessenheit machen. Diese ist gesetzt. Nur im Falle der Unterschreitung hat er besondere sachliche Gründe darzulegen. Damit wird sowohl der Verwal- tungsaufwand begrenzt als auch Rechtssicherheit herge- stellt, die die Lösung der Bundesregierung nicht errei- chen wird.
c) Verbesserungspotential
Die vorhandenen Bestimmungen bedeuten für die Hochschulen, Universitätsklinika und außeruniversitä- ren Forschungseinrichtungen größtmögliche Flexibilität und Rechtssicherheit, wie sie die Wissenschaftsfreiheit garantiert und fordert. Eine Notwendigkeit zur Anpas- sung besteht gegenwärtig nicht.
Erkennt man allerdings im Lichte der Einschätzungs- prärogative des Gesetzgebers auf einen stattfindenden Missbrauch im Bereich der Kurzzeitverträge, so ist letzt- lich dem Vorschlag des Bundesrates aus Gründen der Rechtssicherheit der Vorzug zu geben.
Die vorgeschlagenen 24 Mindestmonate mit der Möglichkeit zur Abweichung sind vertretbar. Die Rege- lung scheint allerdings ergänzungswürdig hinsichtlich der Unterschreitung des 24-Monatszeitraumes. Hier kann, wie auch nach dem Entwurf der Bundesregierung, nur die Angemessenheit zwischen Vertragslaufzeit und eigener wissenschaftlicher oder künstlerischer Qualifi- zierung maßgeblich sein. Die Angemessenheit als nor- matives Tatbestandsmerkmal ist jedoch kaum verallge-
- 64 Mandler, Rechtsmissbrauch bei Drittmittelbefristungen gem. § 2 Abs. 2 WissZeitVG OdW 2015 S. 224 f.
- 65 BR-Drs. 395/15 (Beschluss) S. 5.
- 66 Siehe dazu Blum/Vehling, „Alles wird gut?” – Anmerkungen zurgeplanten Novellierung des WissZeitVG OdW 2015 S. 197.
- 67 BR-Drs. 395/15 S. 9.
meinerbar und bedeutet deshalb ein erhöhtes Maß an Rechtsunsicherheit. Daher sollte der Vorschlag des Bundes- rates um klarstellende Regelbeispiele ergänzt werden:
„Ein besonderer sachlicher Grund im Sinne des Satzes 3 liegt insbesondere vor,
a) soweit die Beschäftigung überwiegend im Rah- men eines Projektes oder Drittmittelprojektes nach § 2 Abs. 2 erfolgt und dieses vor Ablauf von 24 Monaten ab Beschäftigungsbeginn voraussichtlich endet,
b) soweit die fachliche Expertise des Beschäftigten nur für einen bestimmten Projektabschnitt benötigt wird,66
c) die Beschäftigung auf Wunsch des Beschäftigten kürzer erfolgt, wobei dies schriftlich im Arbeitsvertrag zu vermerken ist,
d) die eigene wissenschaftliche oder künstlerische Qualifizierung, Promotion oder Habilitation des Beschäf- tigten vor Ablauf der 24 Monate voraussichtlich abge- schlossen sein wird, wobei dies schriftlich im Arbeitsver- trag zu vermerken ist.”
Die Formulierung „insbesondere” zeigt an, dass die Auflistung nicht abschließend ist. Lit. a) trägt dem Um- stand Rechnung, dass Projekte auch kürzer als 24 Mona- te laufen. Um hier einen Wechsel in die Drittmittelbe- fristung nach § 2 Abs. 2 WissZeitVG zu vermeiden, muss dieser Grund genannt werden. Dies gilt sowohl für Dritt- mittelprojekte nach § 2 Abs. 2 WissZeitVG als auch für sonstige Projekte, bei denen eine überwiegende Drittfi- nanzierung nicht gegeben ist.
Lit. b) fasst den Fall, den auch die Begründung der Bundesregierung enthält.67 Für bestimmte Projekte wer- den nicht über den gesamten Projektzeitraum hinweg Personen mit bestimmten Qualifikationen benötigt.68
Lit. c) behandelt diejenigen Fälle, in denen Beschäf- tigte bspw. in Vorbereitung auf einen Auslandsaufenthalt oder Kinderbetreuung selbst eine kürzere Beschäfti- gungsdauer präferieren. Dies erleichtert eine spätere Auseinandersetzung hinsichtlich der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und ist der Sachgrundbe- fristung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG nachemp- funden.69 Die Pflicht zur Aufnahme des Wunsches in den Vertragstext dient der Dokumentation und Rechts- sicherheit für beide Seiten.
68 BR-Drs. 395/15 S. 9; vgl. auch Blum/Vehling, „Alles wird gut?” – Anmerkungen zur geplanten Novellierung des WissZeitVG OdW 2015 S. 197.
69 BAG, Urteil vom 6.11.1996 – 7 AZR 909/95; BAG, Urteil vom 26.4.1985 – 7 AZR 316/84.
42 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2016), 33–50
Lit. d) nimmt Bezug auf den Befristungsgrund. An- gestrebt werden die Promotion, Habilitation oder die ei- gene wissenschaftliche bzw. künstlerische Qualifizie- rung. Kann dieses Ziel bspw. aufgrund bereits geleisteter Forschungsarbeit unterhalb des Zweijahreszeitraumes erreicht werden, so besteht kein Bedarf für eine längere Vertragsdauer. Auch dies ist zur Dokumentation und Rechtssicherheit im Vertrag zu vermerken.
d) Zwischenfazit
Der Entwurf der Bundesregierung sowie der Vorschlag des Bundesrates sind im Hinblick auf die Vertragslauf- zeiten an sich überflüssig. Auf der Grundlage bestehen- der Regelungen wird die Wissenschaftsfreiheit am ehes- ten gewährleistet. Sollte man sich allerdings zu einer Neuregelung bekennen wollen, so ist der Vorschlag des Bundesrates aus Gründen der Rechtssicherheit vorzugs- würdiger. Die vorgeschlagenen Regelungen bieten die Möglichkeit zu einem ausgewogenen Ausgleich zwi- schen den betroffenen Interessen. Zur Absicherung die- ser Interessenlagen bedarf der Vorschlag allerdings klar- stellender Konkretisierungen, um seine Praxistauglich- keit und deutschlandweit einheitliche Handhabung sicherzustellen.
3. Post-Doc Phase
Auch in der Post-Doc Phase gilt § 2 Abs. 1 Satz 3 Wiss- ZeitVG‑E. Die für die Promotionsphase bestehenden Schwierigkeiten gelten auch hier. Die Angemessenheit ist auch hier keine interessengerechte und missbrauchs- verhindernde Lösung. Der Vorschlag des Bundesrates unter den genannten Modifikationen muss hier entspre- chend gelten.70
III. Drittmittelbefristung
Modifikationen sind auch für die Drittmittelbefristun- gen vorgesehen. Diese lassen sich nach dem persönli- chen Anwendungsbereiches des Befristungstatbestandes in § 2 Abs. 2 WissZeitVG trennen.
1. Wissenschaftliches Personal
Eine Drittmittelbefristung soll für wissenschaftliches Personal unter den altbekannten Voraussetzungen mög- lich bleiben. Allerdings erhält Satz 1 einen angefügten
- 70 Siehe oben unter II. b), c).
- 71 BR-Drs. 395/15 S. 9.
- 72 BR-Drs. 395/15 S. 9: „Bei mehrjährigen Projekten, für die diekonkrete Mittelbereitstellung aus haushaltsrechtlichen Gründen, z.B. jährlich erfolgt, ist maßgeblicher Orientierungspunkt viel- mehr der bewilligte Projektzeitraum … Bei Vertragsabschlüssen, die während eines schon laufenden Projektes … erfolgen, bildet
Halbsatz, der hinsichtlich der vereinbarten Befristungs- dauer auf die Dauer der Mittelbewilligung verweist. Die Bindungswirkung kommt dabei der Angemessenheit gleich, für die die Mittelbewilligung als legitimes Ange- messenheitskriterium erklärt wurde.71 Die Kopplung der Vertragslaufzeit an die Mittelbewilligung ist als Sollbe- stimmung ausgestaltet und lässt somit Raum für Abwei- chungen.
Diese letztlich nachvollziehbare Umgestaltung der Drittmittelbefristung birgt allerdings unter Beachtung der gegenwärtigen Begründung einen ganz wesentlichen Fehler. Nach der Begründung soll die Bindung nicht an die Mittelbewilligung, sondern vornehmlich an die Pro- jektlaufzeit erfolgen.72 Die Projektlaufzeit und Mittelbe- willigung sind aber keinesfalls identisch. Vielfach wer- den Mittelbewilligungen jährlich vergeben bzw. ange- passt, wohingegen die eigentliche Projektlaufzeit mehre- re Jahre, gar Jahrzehnte, umfassen kann. Insoweit muss eine Klarstellung erfolgen, denn würde tatsächlich die Befristung anhand der Mittelbewilligungen zugelassen, so ergäbe sich hieraus die Möglichkeit zur unzulässigen Transformation des Finanzierungsrisikos auf den jeweils Beschäftigten.73
Klargestellt werden sollte daher, dass allein eine Bin- dung an die Projektlaufzeit zulässig ist. Darüber hinaus bietet sich hinsichtlich der Möglichkeit der auflösenden Bedingung eine Klarstellung im Gesetz an:
„Die Befristung kann zusätzlich unter den auflösenden Bedingungen insbesondere der Nichtverlängerung des Projektes im Sinne des Satzes 1 durch den Drittmittelge- ber sowie auf den Wegfall des Forschungsbedarfes auf- grund des wissenschaftlichen Fortschritts erfolgen.“
Durch die Formulierung „insbesondere” wird klarge- stellt, dass die Auflistung nur der Rechtssicherheit in Be- zug auf bestimmte Gründe dient. Die Anknüpfung an das Projekt an sich und nicht an dessen Mittelbewilli- gung oder Finanzierung bleibt die Bedingung im zuläs- sigen Rahmen. Es handelt sich insoweit um einen exter- nen Grund außerhalb des Finanzierungsrisikos. Dane- ben kann die Bedingung auch an einen Wegfall des For- schungsbedarfesgeknüpftwerden.Auchhierhandeltes sich um einen externen Grund.
die verbleibende Projekt- oder Bewilligungsdauer den maßgebli-
chen Orientierungspunkt.“
73 Mandler, Rechtsmissbrauch bei Drittmittelbefristungen gem. § 2
Abs. 2 WissZeitVG OdW 2015 S. 226; Stiller, Das Drittmittel fi- nanzierte Arbeitsverhältnis, Diss. 2000, S. 276; Preis, WissZeitVG § 2 Rn. 56; in diesem Sinne auch WR-Drs. 4009–14 S. 77.
Mandler/Meißner · Entwurfsdiskussion WissZeitVG 4 3
Der Vorteil liegt auf der Hand. Die Hochschulen, Universitätsklinika und außeruniversitären Forschungs- einrichtungen können in der Gewissheit der Zulässigkeit der Bedingung längerfristige Verträge auf die gesamte Projektlaufzeit schließen ohne sich dem Vorwurf des Rechtsmissbrauches auszusetzen,74 dem Beschäftigten ein erhöhtes Maß an Planungssicherheit geben und gleichzeitig ihren Verwaltungsaufwand deutlich sen- ken.75 Eine bspw. jährliche Verlängerung der Verträge ist dann nicht mehr notwendig. Ressourcen könnten so in erheblichem Umfang eingespart werden.
2. Nicht-Wissenschaftliches Personal
Erhebliche Änderungen sieht der Entwurf für das im Rahmen von Drittmittelprojekten beschäftigte nicht- wissenschaftliche Personal vor. Befristungen dieses Per- sonals werden insgesamt aus dem Anwendungsbereich des WissZeitVG herausgelöst. Sog. akzessorisches Pro- jektpersonal ist damit nicht mehr nach dem WissZeitVG befristbar. Begründet wird dieser Schritt damit, dass die Rechtfertigung für das Sonderbefristungsrecht nicht in gleicher Weise wie für das wissenschaftliche Personal gilt.76 Ein stetiger Zufluss neuer Ideen und die Notwen- digkeit einer ständigen Fluktuation sei hier nicht erfor- derlich.77 Auch eine Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, die vom BVerfG besonders als Rechtferti- gungsgrund für die Befristungszeiten des WissZeitVG bestätigt wurde,78 ist im Bereich des nicht-wissenschaft- lichen Personals nicht notwendig.
Diese Grundentscheidung ist für die Hochschulen, Universitätsklinika und außeruniversitären Forschungs- einrichtungen sicher die schmerzhafteste. Insbesondere im Rahmen langjähriger Großprojekte steigt der Bedarf an akzessorischem Wissenschafts- und Verwaltungsper- sonal. Endet das Projekt, so kann je nach Größe der Ein- richtung ein nicht zu unterschätzender Leerlauf des an- gestellten Personales entstehen und damit eine uner- wünschte Mittelbindung eintreten.79 Gerade den kleine- ren nach Landesrecht anerkannten Hochschulen
- 74 Mandler, Rechtsmissbrauch bei Drittmittelbefristungen gem. § 2 Abs. 2 WissZeitVG OdW 2015 S. 226.
- 75 Mandler, Rechtsmissbrauch bei Drittmittelbefristungen gem. § 2 Abs. 2 WissZeitVG OdW 2015 S. 226.
- 76 BR-Drs. 395/15 S. 9.
- 77 BR-Drs. 395/15 S. 9.
- 78 BVerfG, Beschluss vom 24.4.1996 – 1 BvR 712/86.
- 79 AR-Löwisch , § 2 WissZeitVG Rn. 8.
- 80 Http://www.deutschlandfunk.de/baden-wuerttemberg-neue-perspektiven-fuer-den.680.de.html?dram:article_id=335385, abgerufen am 31.10.2015, baden-württembergischen Wissen- schaftsministerin Theresia Bauer: „Es wird der gesamte nicht- wissenschaftliche Dienst aus diesem Wissenschafts-Zeitvertrags- gesetz herausgenommen. Das wieder bedeutet: Nach zwei Jahren folgt eine Dauerstelle. Wenn aber keine Dauerstelle vorhanden
könnten hierdurch nicht unbeachtliche Risiken aufge- bürdet werden. Betriebsbedingte Kündigungen mit den bekannten Untiefen wären zu befürchten.
Allerdings lässt der Entwurf eine teilweise übersehe- ne80 bedeutsame Lücke. Ausdrücklich darf das nicht- wissenschaftliche Personal nach dem Teilzeit- und Be- fristungsgesetz befristet werden.81 In § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG ist der Befristungsgrund der Projektbefris- tung normiert. Nach der Rechtsprechung muss bei der Projektbefristung bereits im Zeitpunkt des Vertrags- schlusses zu erwarten sein, dass die im Rahmen des Pro- jekts durchgeführten Aufgaben nicht dauerhaft anfallen. Für eine solche Prognose müssen ausreichend konkrete Anhaltspunkte vorliegen.82 Zur Drittmittelbefristung besteht der Unterschied, dass § 2 Abs. 2 WissZeitVG eine gesetzliche Vermutung formuliert, die nur im Extremfall durch den Vorwurf des Rechtsmissbrauches widerlegt werden kann.83 Sie führt damit zu einem Mehr an Rechtssicherheit.
Dass es praktische Schwierigkeiten bei der Projektbe- fristung geben wird, ist offenkundig. An die Hochschul- verwaltungen werden höhere Anforderungen gestellt, denen sie in der Vergangenheit nicht immer gerecht wurden.84 Ein Ausschluss des TzBfG wäre indes unzuläs- sig, da hierin eine strukturelle Schlechterstellung der Einrichtungen gegenüber privaten Arbeitgebern entstünde.
Aus diesem Grund wird aus der historischen Pers- pektive hier dafür geworben die Regelung in ihrer jetzi- gen Fassung beizubehalten. Wie schon vor der Einfüh- rung der Drittmittelbefristung im WissZeitVG, ist allei- nige Folge der Gesetzesnovelle eine höhere Rechtsunsi- cherheit, mit der allen Beteiligten wenig geholfen sein dürfte. Die besonderen Rechtfertigungsgründe für spe- zifisches Befristungsrecht für wissenschaftliches Perso- nal bestehen zwar nicht; auf die staatliche Pflicht zur Förderung der Wissenschaft sei aber hingewiesen. Diese gilt nicht nur gegenüber den im Entwurf genannten Gründen, sondern gewährleistet auch eine Sicherstel-
ist, bedeutet das schlicht und ergreifend: Die Leute sind nach zwei Jahren draußen — oder auf einer Dauerstelle. Die gibt es aber ganz selten.“
81 BR-Drs. 395/15 S. 3, 9.
82 BAG, Urteil vom 13.2.2013 – 7 AZR 284/11.
83 Mandler, Rechtsmissbrauch bei Drittmittelbefristungen gem. § 2
Abs. 2 WissZeitVG OdW 2015 S. 218 ff.; LAG Hessen, Urteil vom
6.8.2015 – 2 Sa 1210/14.
84 Bezüglich der Drittmittelbefristung bei wissenschaftlichem Perso-
nal: Lieb, Zur Befristung von Beschäftigungsverhältnissen im Be- reich der Rundfunkfreiheit, Dieterich/ Gamillscheg/Wiedemann, Festschrift für Marie Luise Hilger und Hermann Stumpf, 1983, S. 425, Preis, Protokoll Öffentliche Anhörung zum WissZeitVG am 29.11.2006, S. 13.
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lung der Wissenschaftsförderung durch – denklogisch – notwendiges akzessorisches Personal.85 Zwar dürfte die Grenze eines nicht zu rechtfertigenden Eingriffs noch nicht erreicht sein; es bleibt jedoch der Eindruck, dass sich die Geschichte86 wiederholen wird und wie schon zuvor die Drittmittelbefristung für wissenschaftliches und auch für nicht-wissenschaftliches Personal zur Her- stellung von Rechtssicherheit letztlich wieder Eingang in das WissZeitVG findet.87
IV. Verlängerungstatbestände
Begleitend zu diesen Änderungen, enthält der Entwurf auch Anpassungen und Erweiterungen in Bezug auf die sog. familienpolitischen Komponenten. Diesen sind ihre verlängernden Rechtswirkungen für die Höchstbefris- tungszeiten gemeinsam. Danach kann zwischen abstrak- ten und konkreten Verlängerungstatbeständen unter- schieden werden.
1. Abstrakte Verlängerungstatbestände
Die abstrakten Verlängerungstatbestände zeichnen sich dadurch aus, dass bei ihrer tatbestandlichen Erfüllung abstrakt und damit ohne Prüfung der konkret aufge- wandten Zeiten eine Erhöhung der Höchstbefristungs- grenzen eintritt.
Für diese sieht der Entwurf eine Anpassung und eine Erweiterung vor. Zum einen wird klargestellt, dass die pauschale Verlängerung für die Kindesbetreuung von 2 Jahren auch dann erfolgt, sofern hinsichtlich des Kindes die Voraussetzungen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BEEG vorlie- gen; zum anderen wird ein neuer zweijähriger Verlänge- rungstatbestand für die Fälle einer Behinderung nach § 2 Abs. 1 SGB IX oder einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung88 eingeführt.
Die Klarstellung gegenüber der Kinderbetreuung ist begrüßenswert.89 Allerdings sollte der Verweis auf § 15 Abs. 1 BEEG insgesamt erfolgen, um die Geltung des Zu- stimmungserfordernisses nach Satz 2 einheitlich auf den Verlängerungstatbestand im WissZeitVG zu übertragen.90
- 85 Es besteht die Verpflichtung die Hochschulen durch die Bereit- stellung von personellen, finanziellen und organisatorischen Mitteln zu ermöglichen und zu fördern, vgl. BR-Drs. 395/15 S. 3 unter Berufung auf BVerfGE 35, 79, 114 f.; BVerfGE 94, 268, 285.
- 86 BR-Drs. 395/15 S. 9; siehe auch AR-Löwisch, § 2 WissZeitVG Rn. 8.
- 87 Eine Drittmittelregelung für wissenschaftliches Personal war ur- sprünglich Auslöser für die Entwicklung von Sonderbefristungs- recht für den Wissenschaftsbereich und wurde 1985 in das HRG eingeführt. Nachdem die Regelung zwischenzeitlich aufgehobenwurde, stieg der Druck der Wissenschaftseinrichtungen auf den Gesetzgeber derart an, dass im WissZeitVG wieder eine Drittmit- telregelung aufgenommen wurde.
- 88 Unklar bleibt hier welche Art und welcher Grad der Erkrankung
Der neueingefügte Verlängerungstatbestand nach § 2 Abs. 1 Satz 6 WissZeitVG‑E ist ebenfalls dem Grunde nach sinnvoll. Die jeweilige Höchstbefristungszeit er- höht sich beim Vorliegen einer Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 SGB IX oder einer schwerwiegenden chro- nischen Erkrankung pauschal um zwei Jahre. Damit soll den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention entsprochen sowie die Vereinbarkeit von Behinderung und Wissenschaft ermöglicht werden.91
Allerdings lässt die Formulierung wie auch die der Sätze 4 und 5 Fragen im Hinblick auf die zeitliche Gel- tung aufkommen. Vielfach scheuen die Hochschulen, Universitätsklinika und außeruniversitären Forschungs- einrichtungen eine Inanspruchnahme dieser Verlänge- rungstatbestände, sofern die abstrakten Verlängerungs- zeiten tatsächlich noch nicht erfüllt sind; das betreute Kind etwa erst ein Jahr alt ist oder die Behinderung erst seit 3 Monaten feststeht.
Diese Rechtsunsicherheit behebt der Entwurf bisher noch nicht. Da aber die Gewährung der abstrakten Ver- längerungszeit ohne eine Einzelfallprüfung erfolgt, sollte sich das Gesetz klar dazu bekennen, dass eine Verlänge- rung unabhängig davon genutzt werden kann, ob der je- weilige Tatbestand tatsächlich schon in entsprechender Länge vorliegt.92 Andernfalls muss befürchtet werden, dass wie bisher verfahren wird, d.h. Kurzbefristungen er- folgen, die den jeweils bereits absolvierten Zeiten nach- folgen. Die Klarstellung hierzu kann in der Gesetzesbe- gründung oder im Gesetzestext erfolgen:
„Die Verlängerungen nach den Sätzen 4–6 erfolgen mit Eintritt des Tatbestandes.“
2. Konkrete Verlängerungstatbestände
Neben den abstrakt zu gewährenden Verlängerungen, sieht der Entwurf auch hinsichtlich der konkreten Verlänge- rungstatbestände des § 2 Abs. 5 WissZeitVG Änderungen vor. So wird ein neuer Verlängerungstatbestand eingeführt und daneben der Anrechnungsmodus insgesamt von der bisher notwendigen Verlängerungserklärung entkoppelt.
genügt. Was schwerwiegend chronisch ist, wird nicht näher umschrieben und damit der Rechtsprechung überlassen. Genügt bspw. schon eine chronische Sehnenscheidenentzündung, die etwa für einen Juristen schwerwiegend ist, einen Biologen aber anderseits nicht hindern würde?
89 Vgl. in diesem Sinne bspw. LAG Köln, Urteil vom 27. April 2012 – 4 Sa 1320/11.
90 BR-Drs. 395/15 S. 8: „Damit wird einerseits der Kindbegriff im WissZeitVG vereinheitlicht und andererseits ein Gleichklang zu den Regelungen der Elternzeit im BEEG hergestellt“.
91 BR-Drs. 395/15 S. 9.
92 In diesem Sinne schon bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs AR-
Löwisch, § 2 WissZeitVG Rn. 5.
Mandler/Meißner · Entwurfsdiskussion WissZeitVG 4 5
a) Krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit als Verlänge- rungstatbestand
In Nr. 6 werden nunmehr Zeiten einer krankheitsbe- dingten Arbeitsunfähigkeit, in denen ein gesetzlicher oder tarifvertraglicher Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht besteht, für einseitig verlängerungswürdig erklärt. Übersehen wird dabei, dass auch die Krankheit während der Karenzzeit nach § 3 Abs. 3 EFZG den Tatbestand erfüllt. Dies führt zu unnötigem Rechenaufwand, der so sicher auch nicht beabsichtigt war. Dem Tatbestand ist daher anzufügen:
„und das Beschäftigungsverhältnis seit mindestens vier Wochen ununterbrochen andauert.“
Daneben ist dieser Verlängerungstatbestand in Be- zug auf die einseitige Verlängerungsoption insgesamt fragwürdig. Es ist an sich das Risiko des Arbeitnehmers, wenn dieser arbeitsunfähig erkrankt. Ein zwingender Zusammenhang zwischen Wissenschaft, Qualifizierung und Familie besteht im Gegensatz zu den übrigen Tatbe- ständen nicht. Krankheit ist dem allgemeinen Lebensri- siko zuzurechnen, die nicht durch eine einseitige Verlän- gerungserklärung auf die Arbeitgeber übertragen wer- den darf. Es scheint daher vorzugswürdig die Langzei- terkrankung zur Sicherung des Beschäftigtenstatus zwar in Bezug auf die Verlängerungszeiten anzuerkennen, die einseitige Verlängerungsoption93 nach § 2 Abs. 5 Satz 1 WissZeitVG aber nicht zu gewähren. Insoweit wäre an das Ende des fünften Absatzes Folgendes zu stellen:
„Zeiten im Sinne des Satzes 3 sind auch Zeiten einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit, in denen kein gesetzlicher oder tarifvertraglicher Anspruch auf Ent- geltfortzahlung besteht und das Beschäftigungsverhält- nis seit mindestens vier Wochen ununterbrochen andauert.“
b) Automatischer Nichtanrechnungsmechanismus
Die vorgeschlagene Änderung des Verlängerungsme- chanismus ist bereits in den vorherigen Vorschlägen zur
- 93 Mandler, Die Verlängerung von Arbeitsverhältnissen gem. § 2 Abs. 5 WissZeitVG OdW 2014 S. 221.
- 94 Vgl. BT-Drs 17/12531 S. 5; Mandler, Die Verlängerung von Ar- beitsverhältnissen gem. § 2 Abs. 5 WissZeitVG OdW 2014 S. 222.
- 95 BR-Drs. 395/15 S. 5, 10 f.
- 96 Letztlich nimmt diese Entscheidung dem Beschäftigten aber auchdie Möglichkeit selbst darüber zu entscheiden, wann nur noch eine unbefristete Beschäftigung möglich wäre. Vgl. Mandler, Die Verlängerung von Arbeitsverhältnissen gem. § 2 Abs. 5 Wiss- ZeitVG OdW 2014 S. 222.
- 97 Mandler, Die Verlängerung von Arbeitsverhältnissen gem. § 2 Abs. 5 WissZeitVG OdW 2014 S. 221 ff.; anders noch auf der
Novellierung des WissZeitVG enthalten.94 Eine Nicht- Anrechnung auf die Höchstbefristungszeiten soll danach auch ohne vorherige Verlängerungserklärung gem. § 2 Abs. 5 Satz 1 WissZeitVG möglich sein.95 Gelöst wird damit die bekannte Problematik, wonach Zeiten, für die keine Verlängerung gegenüber dem alten Arbeitgeber erklärt wurde, gegenüber den Höchstbefristungsgrenzen „verloren gehen“.96
Die beabsichtigte Änderung ist notwendig und zu begrüßen. Sie beachtet die Trennung zwischen Verlänge- rungsoption und Anrechnung auf die Höchstbefris- tungsgrenzen in zulässiger Weise. Die Verlängerungstat- bestände erfreuen sich unter den Beschäftigten großer Beliebtheit.97 Zudem nehmen die Beschäftigungsver- hältnisse, welche die Höchstbefristungsgrenzen regulär erreichen, stetig zu. Gerade der Wechsel einer Hoch- schule sollte im Lichte eines notwendigen intellektuellen und personellen Austausches zwischen den Einrichtun- gen begünstigt werden.
Hinsichtlich der Anrechnungsregelungen sollte das Gesetz indes noch weiter konkretisiert werden. So findet sich nach wie vor die zweifelhafte Sollbestimmung in § 2 Abs. 5 Satz 2 WissZeitVG‑E. Es ist unsinnig, dem Arbeit- geber eine Entscheidung über die anrechenbaren Zeit- räume zuzumuten. Dieser wird aus der bestehenden Rechtsunsicherheit heraus stets nur auf den Zweijahres- zeitraum erkennen. Vorzuschlagen ist eine verbindliche Regelung oder die Angabe von Kriterien, die eine über- schießende Verlängerung erlauben.98
Daneben bedarf Abs. 5 Nr. 1 einer Klarstellung in Be- zug auf die anrechenbaren Zeiträume. Angerechnet wer- den dürfen nur solche Zeiten, die tatsächlich ausgefallen sind. Daher muss der jeweilige Beschäftigungsumfang vor und während der Betreuung einbezogen werden. Schwierigkeiten ergeben sich hierbei allerdings dann, wenn die Betreuung mit schwankendem Beschäfti- gungsumfang über einen Zeitraum von mehr als 2 Jah- ren erfolgt. Hier ist zunächst bei der Verlängerungser- klärung nach § 2 Abs. 5 Satz 1 WissZeitVG, spätestens aber bei der Berechnung der Verlängerungszeiten im Nachhinein unklar in welchem Umfang angerechnet werden darf. Zur Entlastung der Einrichtungen wird da-
Grundlage der Evaluierung 2011 BR-Drs. 395/15 (Beschluss)
S. 3. Insbesondere an Universitätsklinika, die typischerweise Höchstbefristungsgrenzen überhaupt erreichen, kommt dem Ver- längerungstatbestand zunehmende Bedeutung zu. Hochschulen bedürfen der Verlängerungstatbestände in der Regel nicht, da die Beschäftigten hier zuvor ausscheiden.
98 Dies legt der Entwurf selbst nahe, indem er zwingend von
einer Verlängerungsdauer von 2 Jahren bei einem dreijährigem Auslandsaufenthalt ausgeht, BR-Drs. 395/15 S. 11: „So kann bei- spielsweise eine Beurlaubung nach Satz 1 Nummer 2 für 3 Jahre erfolgen; nach Satz 2 ist eine hierdurch ausgelöste Verlängerung aber auf zwei Jahre begrenzt“.
46 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2016), 33–50
her vorgeschlagen diesen Tatbestand, sofern er die Kin- derbetreuung betrifft aus dem Abs. 5 herauszunehmen und in § 2 Abs. 1 Satz 4 WissZeitVG zu integrieren. Da- mit sollte dort ein Aufschlag von 1 Jahr zu insgesamt 3 Jahren je Kind gegeben werden. Dies spart Rechenauf- wand und kommt der durch Teilzeit geprägten Praxis nahe. Vielfach begeben sich gerade Mütter in Teilzeit au- ßerhalb der Elternzeit, um ihre Kinder zu betreuen. Die- se Zeiten liegen – unter Beachtung einer gewöhnlichen Betreuungssituation in Teilzeit – im Minimum bei ei- nem Zeitraum von 3 Jahren je Kind. Dies gilt auch au- ßerhalb der nunmehr über das Elterngeld-Plus erreich- baren Betreuungszeiten, die bereits nach Nr. 3 Berück- sichtigung finden.
V. Anrechnung von Beschäftigungszeiten
Der Bundesrat deutet in seinem Beschluss bereits auf die europarechtsbezogene Unzulässigkeit der 25 %-Rege- lung in § 2 Abs. 3 WissZeitVG bezogen auf die Teilzeit- richtlinie hin.99 Dem kann auch vor dem Hintergrund der Befristungsrichtlinie nur beigepflichtet werden. Letztlich erlaubt die Regelung eine zweifelhafte schran- ken- und grundlose Befristungsmöglichkeit.100 Auf- grund der Schaffung eines eigenen Befristungsgrundes in § 6 WissZeitVG für studentische Hilfskräfte wird vor- geschlagen die Regelung gänzlich zu streichen. Die Höchstbefristungsgrenzen eröffnen bezogen auf die eigene wissenschaftliche oder künstlerische Qualifizie- rung einen angemessenen zeitlichen Umfang. Vielfach hindert gerade auch ein zu hoher Beschäftigungsumfang die eigene Qualifizierung. So werden bspw. Doktoran- den kein Interesse daran haben neben einer Vollzeitan- stellung ihre eigene Promotion zu betreiben. Vielmehr genügt ihnen eine Anstellung in Teilzeit, die den Lebens- unterhalt zumindest partiell abdeckt, sodass die eigene Promotion zügig vorangetrieben werden kann. Gleich- sam sind diese Zeiten letztlich der Qualifizierung in Vollzeit gewidmet und als solche auch anzurechnen. Die Anrechnungsregelung ist demgemäß entsprechend ein- zukürzen.
Daneben schlägt der Bundesrat vor, die Drittmittel- befristungszeiten nur auf die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2
99 BR-Drs. 395/15 (Beschluss) S. 3 f.
100 BR-Drs. 395/15 (Beschluss) S. 4; Vgl. dazu bspw. Preis Wiss-
ZeitVG § 2 Rn. 103 ff. a.A. AR-Löwisch, § 2 WissZeitVG Rn. 3. 101 BR-Drs. 395/15 (Beschluss) S. 6.
WissZeitVG insgesamt zur Verfügung stehende Befris- tungsdauer anzurechnen und so letztlich potentielle Promotionszeiten vor zwischenzeitlichen Drittmittelbe- fristungszeiten zu schützen.101 Diese Überlegung ist nachvollziehbar, letztlich aber nicht in das Gesetz zu in- tegrieren. Traditionell benötigt gerade die Habilitation mehr Zeit, sodass eine solche Anrechnungsregelung letztlich Habilitanden als künftig dauerhafte Wissen- schaftler hindern kann. Die berechtigt befürchtete Kon- stellation einer langjährigen Drittmittelbefristung ohne gleichzeitige Promotion, dürfte eher selten sein und muss hier zurückstehen.102 Die Einrichtungen nutzen zuerst die Rechtssicherheit der sachgrundlosen Befristung.
VI. Übergangsregelung
Hinsichtlich der Anwendung des neuen Rechtes, sieht der Entwurf in Art. 2 das Inkrafttreten am Tage nach der Verkündung vor. Diese an sich nicht zu beanstandende Regelung kann jedoch zugunsten der Beschäftigten sowiederHochschulen,Universitätsklinikaundaußeruni- versitären Forschungseinrichtungen verändert werden.
So ist nicht ersichtlich, warum § 2 Abs. 5 Satz 2 und 3 WissZeitVG‑E nicht rückwirkend Geltung erlangen sol- len. Die Beschäftigten können so alte ansonsten verlore- ne Höchstbefristungszeiten zurückerhalten und die Ein- richtungen diese einseitig nutzen. Andernfalls wird es Jahre dauern, bis die Regelungen tatsächlich Relevanz entfalten; solange die Grund-Höchstbefristungszeiten noch nicht ausgeschöpft sind, besteht keine Notwendig- keit zur Verlängerung. Sofern keine Ausweitung der Rückwirkung auf § 2 Abs. 5 Satz 1 WissZeitVG‑E erfolgt, wirft dieser Schritt keine Schwierigkeiten in Bezug auf die verfassungsrechtliche Notwendigkeit einer Rechtfer- tigung dieser echten Rückwirkung auf. Die Hochschu- len, Universitätsklinika und außeruniversitären For- schungseinrichtungen können einseitig über die Nut- zung dieser Zeiten entscheiden. Es würde sich daher um eine für alle Seiten günstige Regelung handeln.
102 Vgl. auch AR-Löwisch, § 2 WissZeitVG Rn. 1.
Mandler/Meißner · Entwurfsdiskussion WissZeitVG 4 7
VII. Fazit
Der Entwurf der Bundesregierung sowie die Erwiderung des Bundesrates enthalten jeweils sinnvolle und umzu- setzende Änderungen des WissZeitVG. Zu befürworten ist, dass an den beiden wesentlichen Aspekten der Befris- tungsmöglichkeiten keine grundlegenden Änderungen vorgesehen sind. Sowohl die sachgrundlose Befristung als auch die Drittmittelregelung haben sich bewährt.
Hinsichtlich der vorgeschlagenen Änderungen be- steht allerdings noch Änderungs- bzw. Ergänzungsbe- darf. Auch die Kombination beider Vorschläge vermag in Teilen nicht zu überzeugen. Insbesondere praktisch relevante Einzelfragen und mittelbare Einwirkungen von anderen Rechtsvorschriften werden nur unzureichend berücksichtigt.
Tobias Mandler und Markus Meißner sind wissen- schaftliche Mitarbeiter der Forschungsstelle für Hoch- schulrecht und Hochschularbeitsrecht der Albert-Lud- wigs-Universität Freiburg.
VIII. Anhang
Die Neuerungen des Entwurfes103 sind durch Unterstrei- chung hervorgehoben. Soweit Regelungen getilgt wur- den, sind diese nicht gesondert vermerkt:
§ 1 Befristung von Arbeitsverträgen
(1) Für den Abschluss von Arbeitsverträgen für eine bestimmte Zeit (befristete Arbeitsverträge) mit wissen- schaftlichem und künstlerischem Personal mit Ausnah- me der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer an Einrichtungen des Bildungswesens, die nach Landes- recht staatliche Hochschulen sind, gelten die §§ 2, 3 und 6. Von diesen Vorschriften kann durch Vereinbarung nicht abgewichen werden. Durch Tarifvertrag kann für bestimmte Fachrichtungen und Forschungsbereiche von den in § 2 Abs. 1 vorgesehenen Fristen abgewichen und die Anzahl der zulässigen Verlängerungen befristeter Arbeitsverträge festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebunde- ne Vertragsparteien die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren. Die arbeitsrechtlichen Vor- schriften und Grundsätze über befristete Arbeitsverträge und deren Kündigung sind anzuwenden, soweit sie den
103 BR-Drs. 395/15: „§ 2 Abs 1 S 3 WissZeitVG verlangt keinen Nachweis des mit der „Betreuung“ verbundenen Zeitaufwands. Auch Elternzeit oder Teilzeitarbeit müssen nicht vorliegen. Es genügt, dass das Kind im gemeinsamen Haushalt lebt und dem befristet beschäftigten Elternteil das Sorgerecht zusteht.“
Vorschriften der §§ 2 bis 6 nicht widersprechen.
(2) Unberührt bleibt das Recht der Hochschulen, das in Absatz 1 Satz 1 bezeichnete Personal auch in unbefris- teten oder nach Maßgabe des Teilzeit- und Befristungs- gesetzes befristeten Arbeitsverhältnissen zu
beschäftigen.
§ 2 Befristungsdauer; Befristung wegen Drittmittelfi- nanzierung
(1) 1Die Befristung von Arbeitsverträgen des in § 1 Absatz 1 Satz 1 genannten Personals, das nicht promoviert ist, ist bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig, wenn die befristete Beschäftigung zur Förderung der eigenen wis- senschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung erfolgt. 2Nach abgeschlossener Promotion ist eine Befris- tung bis zu einer Dauer von sechs Jahren, im Bereich der Medizin bis zu einer Dauer von neun Jahren zulässig, wenn die befristete Beschäftigung zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifi- zierung erfolgt;HS2 die zulässige Befristungsdauer verlän- gert sich in dem Umfang, in dem Zeiten einer befristeten Beschäftigung nach Satz 1 und Promotionszeiten ohne Beschäftigung nach Satz 1 zusammen weniger als sechs Jahre betragen haben. 3Die vereinbarte Befristungsdauer ist jeweils so zu bemessen, dass sie der angestrebten Qualifizierung angemessen ist. 4Die nach den Sätzen 1 und 2 insgesamt zulässige Befristungsdauer verlängert sich bei Betreuung eines oder mehrerer Kinder unter 18 Jahren um zwei Jahre je Kind. 5Satz 4 gilt auch, wenn hinsichtlich des Kindes die Voraussetzungen des § 15 Absatz 1 Satz 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitge- setzes vorliegen. 6Die nach den Sätzen 1 und 2 zulässige Befristungsdauer verlängert sich bei Vorliegen einer Behinderung nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder einer schwerwiegenden chroni- schen Erkrankung um zwei Jahre. 7Innerhalb der jeweils zulässigen Befristungsdauer sind auch Verlängerungen eines befristeten Arbeitsvertrages möglich.
(2) Die Befristung von Arbeitsverträgen des in § 1 Abs. 1 Satz 1 genannten Personals ist auch zulässig, wenn die Beschäftigung überwiegend aus Mitteln Dritter fi- nanziert wird, die Finanzierung für eine bestimmte Auf- gabe und Zeitdauer bewilligt ist und die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter überwiegend der Zweckbestim- mung dieser Mittel entsprechend beschäftigt wird; die vereinbarte Befristungsdauer soll der Dauer der Mittel- bewilligung entsprechen.
48 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2016), 33–50
(3) Auf die in Absatz 1 geregelte zulässige Befristungs- dauer sind alle befristeten Arbeitsverhältnisse mit mehr als einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit, die mit einer deutschen Hochschule oder einer Forschungsein- richtung im Sinne des § 5 abgeschlossen wurden, sowie entsprechende Beamtenverhältnisse auf Zeit und Privat- dienstverträge nach § 3 anzurechnen. Angerechnet wer- den auch befristete Arbeitsverhältnisse, die nach ande- ren Rechtsvorschriften abgeschlossen wurden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Arbeitsverhältnisse nach § 6 so- wie vergleichbare studienbegleitende Beschäftigungen, die auf anderen Rechtsvorschriften beruhen.
(4) Im Arbeitsvertrag ist anzugeben, ob die Befris- tung auf den Vorschriften dieses Gesetzes beruht. Fehlt diese Angabe, kann die Befristung nicht auf Vorschriften dieses Gesetzes gestützt werden. Die Dauer der Befris- tung muss bei Arbeitsverträgen nach Absatz 1 kalender- mäßig bestimmt oder bestimmbar sein.
(5) Die jeweilige Dauer eines befristeten Arbeitsver- trages nach Absatz 1 verlängert sich im Einverständnis mit der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter um
1. Zeiten einer Beurlaubung oder einer Ermäßigung der Arbeitszeit um mindestens ein Fünftel der regelmä- ßigen Arbeitszeit, die für die Betreuung oder Pflege eines oder mehrerer Kinder unter 18 Jahren, auch wenn hin- sichtlich des Kindes die Voraussetzungen des § 15 Absatz 1 Satz 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes vorliegen, oder pflegebedürftiger sonstiger Angehöriger gewährt worden sind,
2. Zeiten einer Beurlaubung für eine wissenschaftli- che oder künstlerische Tätigkeit oder eine außerhalb des Hochschulbereichs oder im Ausland durchgeführte wis- senschaftliche, künstlerische oder berufliche Aus‑, Fort- oder Weiterbildung,
3. Zeiten einer Inanspruchnahme von Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz und Zeiten eines Beschäftigungsverbots nach den §§ 3, 4, 6 und 8 des Mutterschutzgesetzes in dem Umfang, in dem eine Erwerbstätigkeit nicht erfolgt ist,
4. Zeiten des Grundwehr- und Zivildienstes,
5. Zeiten einer Freistellung im Umfang von mindes- tens einem Fünftel der regelmäßigen Arbeitszeit zur Wahrnehmung von Aufgaben in einer Personal- oder Schwerbehindertenvertretung, von Aufgaben eines oder einer Frauen- oder Gleichstellungsbeauftragten oder zur Ausübung eines mit dem Arbeitsverhältnis zu vereinba- renden Mandats und
6. Zeiten einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähig- keit, in denen ein gesetzlicher oder tarifvertraglicher Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht besteht.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1, 2 und 5 soll die Verlängerung die Dauer von jeweils zwei Jahren nicht überschreiten. Zeiten nach Satz 1 Nummer 1 bis 6 werden in dem Umfang, in dem sie zu einer Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages führen können, nicht auf die nach Absatz 1 zulässige Befristungsdauer angerechnet.
§ 3 Privatdienstvertrag
Für einen befristeten Arbeitsvertrag, den ein Mitglied einer Hochschule, das Aufgaben seiner Hochschule selb- ständig wahrnimmt, zur Unterstützung bei der Erfül- lung dieser Aufgaben mit überwiegend aus Mitteln Drit- ter vergütetem Personal im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 abschließt, gelten die Vorschriften der §§ 1, 2 und 6 ent- sprechend.
§ 4 Wissenschaftliches Personal an staatlich anerkann- ten Hochschulen
Für den Abschluss befristeter Arbeitsverträge mit wis- senschaftlichem und künstlerischem Personal an nach Landesrecht staatlich anerkannten Hochschulen gelten die Vorschriften der §§ 1 bis 3 und 6 entsprechend.
§ 5 Wissenschaftliches Personal an Forschungseinrich- tungen
Für den Abschluss befristeter Arbeitsverträge mit wis- senschaftlichem Personal an staatlichen Forschungsein- richtungen sowie an überwiegend staatlich, an instituti- onell überwiegend staatlich oder auf der Grundlage von Artikel 91b des Grundgesetzes finanzierten Forschungs- einrichtungen gelten die Vorschriften der §§ 1 bis 3 und 6 entsprechend.
§ 6 Wissenschaftliche und künstlerische Hilfstätigkeiten
Befristete Arbeitsverträge zur Erbringung wissenschaft- licher oder künstlerischer Hilfstätigkeiten mit Studie- renden, die an einer deutschen Hochschule für ein Stu- dium, das zu einem ersten oder einem weiteren berufs- qualifizierenden Abschluss führt, eingeschrieben sind, sind bis zur Dauer von insgesamt vier Jahren zulässig. Innerhalb der zulässigen Befristungsdauer sind auch Verlängerungen eines befristeten Arbeitsvertrages mög- lich.
§ 7 Rechtsgrundlage für bereits abgeschlossene Verträ- ge; Übergangsregelung
(1) Für die seit dem 23. Februar 2002 bis zum 17. April 2007 an staatlichen und staatlich anerkannten Hoch- schulen sowie an Forschungseinrichtungen im Sinne des § 5 abgeschlossenen Arbeitsverträge gelten die §§ 57a bis 57f des Hochschulrahmengesetzes in der ab 31. Dezem-
Mandler/Meißner · Entwurfsdiskussion WissZeitVG 4 9
ber 2004 geltenden Fassung fort. Für vor dem 23. Febru- ar 2002 an staatlichen und staatlich anerkannten Hoch- schulen sowie an Forschungseinrichtungen im Sinne des § 5 abgeschlossene Arbeitsverträge gelten die §§ 57a bis 57e des Hochschulrahmengesetzes in der vor dem 23. Februar 2002 geltenden Fassung fort. Satz 2 gilt entspre- chend für Arbeitsverträge, die zwischen dem 27. Juli 2004 und dem 31. Dezember 2004 abgeschlossen wurden.
(2) Der Abschluss befristeter Arbeitsverträge nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 mit Personen, die bereits vor dem 23. Februar 2002 in einem befristeten Arbeitsverhältnis zu einer Hochschule, einem Hochschulmitglied im Sin- ne von § 3 oder einer Forschungseinrichtung im Sinne von § 5 standen, ist auch nach Ablauf der in § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 geregelten jeweils zulässigen Befristungs-
dauer mit einer Laufzeit bis zum 29. Februar 2008 zuläs- sig. Satz 1 gilt entsprechend für Personen, die vor dem 23. Februar 2002 in einem Dienstverhältnis als wissen- schaftlicher oder künstlerischer Assistent standen. § 2 Abs. 5 gilt entsprechend.
§ 8 Evaluation
Die Auswirkungen dieses Gesetzes werden im Jahr 2020 evaluiert.
Artikel 2
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
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