ÜBERSICHT
I. Notwendigkeit einer neuen Rechtsform? II. Öffentlich-rechtliche Anknüpfungen
III. Zivilrechtliche Anknüpfungen
1. Kooperationsverträge
2. Gesellschaftsverträge
3. Modell Partnerschaftsgesellschaftsgesetz?
IV. Fazit
I. Notwendigkeit einer neuen Rechtsform?
Forschungskooperationen haben derzeit hohe Konjunktur. Dafür gibt es endogene und exogene, jedenfalls aber hetero- gene Gründe. Dabei ist das „Urmodell“, die Kooperation als schlichter Mehrwert einer Kumulation von Forschungsin- teressen, nur noch eine unter verschiedenen Beweggrün- den. Hochschulpolitische Gründe sind mittlerweile ein wesentlicher Faktor geworden. Mehr oder weniger erzwun- gen ist die Kooperation zwischen Medizinischen Fakultäten und Universitätsklinika in den Bundesländern, in denen letztere nach 2006 zu eigenständigen Rechtsträgern (meist Anstalten des öffentlichen Rechts) ausgegliedert wurden (sog. „Kooperationsmodell“ bzw. „Trennungsmodell“).2 Dagegen verspricht die Einbeziehung außeruniversitärer ForschungseinrichtungenimRahmenderExzellenzinitia- tive der Universitäten als Faktoren eines „starken“ Standorts Wettbewerbsvorteile. In deren dritten Auflage werden zudem Exzellenzcluster in Gestalt von Forschungsverbünden dezidiert begünstigt. Kooperationsdruck entsteht aber im GegenzugauchfürdieaußeruniversitärenForschungsorgani-
- 1 Vortrag auf dem Symposium „Forschungskooperationen“ am 5./6. 10. 2017 in Berlin. Die Vortragsfassung wurde (bei einigen Ergänzungen) weitgehend beibehalten. Für wertvolle Hilfe bei der Materialsamm- lung danke ich Frau Anja Nestler, wiss. Mit., sehr herzlich.
- 2 Übersicht bei Sandberger, in: Geis (Hrsg.), Hochschulrecht in Bund und Ländern. Heidelberger Kommentar, Bd. 3, Hochschul- medizin und Universitätsklinika, Rdn. 262. Vgl. auch Wissen- schaftsrat, Allgemeine Empfehlungen zur Universitätsmedizin, 2007, Anlage, S. 47 f.
- 3 Vgl. dazu Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung, 2017, S. 17.
- 4 Übersicht bei: https://www.leibniz-gemeinschaft.de/forschung/leibniz-wissenschaftscampi/.
sationen durch die Entscheidungskriterien der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz für die Aufnahme in die gemeinsame Bund-Länder-Förderung nach Art. 91 b GG sowie verschiedene Empfehlungen des Wissenschaftsrats. So entstanden die Deut- schen Zentren für Gesundheitspflege (DZG)3, bei denen die Helmholtz-Gemeinschaft (HHG) eine gewisse Präponderanz ausübt, während die Leibniz-Gemeinschaft (WGL) vor allem auf die Errichtung sog. Wissenschaftscampi zusammen mit örtlichen oder benachbarten Partneruniversitäten setzt.4 Damit soll auch der viel kritisierten „Versäulung“ des Wissen- schaftssystems begegnet werden.
Freilich sind Forschungskooperationen keine neue Erscheinung: Schon § 2 Abs. 6 HRG verpflichtete die Hochschulen zur Kooperation untereinander sowie mit staatlichen bzw. staatlich geförderten Einrichtungen. Im Bereich der Forschung (die Lehre soll hier einmal ausge- blendet werden) betrifft dies in erster Linie die — bereits erwähnten — außeruniversitären Forschungsinstitute der großen Wissenschaftsorganisationen5, jedoch auch die sog. Ressortforschungseinrichtungen des Bundes und der Länder.6 Weit verbreitet ist natürlich eine Kooperati- on von Hochschulen mit privaten Einrichtungen, für die als Paradigma das privatrechtlich verfasste An-Institut stehen mag. Last but not least ist die Zusammenarbeit mit eigenen Forschungsabteilungen großer Industriefir- men zu nennen.7 Gerade Kooperationen zwischen Hochschulen und der Industrie spielen seit langer Zeit eine große Rolle, die durch die Implementation des Wettbewerbsprinzips und des Neuen Steuerungsmodells im Hochschulbereich8 durch den Zwang zur Drittmittel- generierung, aber auch die gesetzliche Verpflichtung
5 Vgl. Epping, in: Geis (Hrsg.), Hochschulrecht in Bund und Län- dern. Heidelberger Kommentar, Bd. 1, § 2 HRG, Rdn.48 mwN Meusel, Außeruniversitäre Forschung im Wissenschaftsrecht, 2. Aufl. 1999, § 2 Rdn. 13 ff.
6 Informativ Barlösius, Ressortforschungseinrichtungen – Forschung im staatlichen Auftrag, in: Simon/Knie/Hornbostel/Zimmermann (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftpolitik, 2. Aufl. 2016, S. 570 ff.
7 Namentlich im Elektro‑, Chemie- und Automobilkonzerne. Als Beipiel unter vielen sei das Center of Knowledge Interchance (CKI), genannt, das von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und der Siemens AG getragen wird.
8 Vgl. Geis/Bumke, Universitäten im Wettbewerb, VVDStRL 69 (2010), S. 364 ff., 407 ff.
Max-Emanuel Geis
Forschungskooperationen: Öffentliches oder Zivilrecht?
– Positionsbestimmungen und Regelungszuständigkeiten –1
Ordnung der Wissenschaft 2018, ISSN 2197–9197
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zum Wissens- und Technologietransfer (vgl. § 2 Abs. 7 HRG) noch forciert worden sind. Auch ist nach langen Jahren der bereits genannten „Versäulung“, also der Aus- einanderbewegung der universitären und außeruniversi- tären Forschung, die (begünstigt durch die im Rahmen der Föderalismusreform 2006 verunglückte – mittler- weile „sanierte“9 — Fassung des Art. 91b GG) durch das Wissenschaftsfreiheitsgesetz vom 2.12.201210 noch ver- stärkt worden ist, ein Pendelumschlag hin zur forcierten Zusammenarbeit festzustellen. Allerdings bringt dies wiederum – etwa im Kontext der aktuellen Bedingungen der Exzellenzstrategie – „strategische Vernunftehen“ (man kann auch sagen: Beutegemeinschaften) mit sich, die im „Konvoi-Modell“ die Hürde der dann erforderli- chen drei Exzellenz-Cluster11 zu überwinden trachten (ob dabei immer ein intrinsisches Kooperationsinteresse dahintersteht, sei hier dahingestellt).
Eine kleine Typologie mag die Vielfalt unterschiedli- cher Kooperationen verdeutlichen:
- - staatliche Hochschulen + private Unternehmen der Industrie und des Gewerbes
- - staatliche Universitäten + Universitätskliniken als Anstalten des öffentlichen Rechts (sog. „Trennungs- modell“)12
- - staatliche Hochschulen + außeruniversitäre For- schungseinrichtungen in öffentlich-rechtlicher Rechtsform (Beispiel: FÖV Speyer, Freiherr-vom Stein-Institut Münster)
- - staatliche Hochschulen + außeruniversitäre For- schungseinrichtungen in öffentlich-rechtlicher Trä- gerschaft, aber privater Rechtsform (meist als GmbH, z.B. Forschungszentrum Jülich/JARA, oder als gGmbH, z.B. ILS Dortmund)
- - staatliche Hochschulen + außeruniversitäre For- schungseinrichtungen in privater Trägerschaft, die aber staatlich finanziert werden (MPG, HHG, WGL, Fraunhofer)
- - staatliche Hochschulen + Ressortforschungsein- richtungen (Beispiel: Robert-Koch-Institut, DWD, BAM, BBSR)
- 9 Neufassung des Art. 91b durch das 60. G. zur Änderung des GG v. 23.12.2014 (BGBl. I, 2438); dazu Seckelmann, „Föderalismusre- form III im Wissenschaftsbereich? –Zur Ermöglichung weiterer föderaler Kooperation“, NVwZ 2015, 248 (249).
- 10 BGBl.I, 2457; zul. geändert 31.8.2015 (BGBl. I, 1417, 1495)
- 11 Vgl. dazu § 4 Abs. 1 Satz 6 der Verwaltungsvereinbarung zwi-schen Bund und Ländern gemäß Artikel 91b Absatz 1 des Grund- gesetzes zur Förderung von Spitzenforschung an Universitäten –„Exzellenzstrategie“– v. 19.10.2016.
- 12 Im sog. „Bochumer Modell“ fungieren kirchliche oder kommu- nale Kliniken als Universitätsklinikum (Bochum, Mannheim, Oldenburg). Der bisher einzige Fall eines UK in rein privater Trägerschaft ist der des UK Gießen/Marburg.
Diese Typen können sich auch überlappen und ver- mischen, zudem sind alle Varianten unter Einbeziehung privater Hochschulen vorstellbar. Die jeweilige Konstel- lation hat freilich nicht unerhebliche Auswirkungen auf die rechtlichen Rahmenbedingungen: So unterliegen Kooperationen öffentlich-rechtlicher Partner fraglos auch den öffentlich-rechtlichen Bindungen, namentlich dem Haushaltsrecht und dem Personalrecht, den grund- rechtlichen Vorgaben und der Rechtsaufsicht. Auch bei Verwendung privater Rechtsformen entfallen nicht alle öffentlich-rechtlichen Pflichten („keine Flucht ins Pri- vatrecht“13). In abgeschwächter Form gilt dies auch für privatrechtliche Kooperationspartner, die überwiegend oder laufend aus staatlichen Mitteln finanziert werden (also alle Fälle der gemeinsamen Bund-Länder-Förde- rung nach Art. 91b GG), insb. hinsichtlich der Haus- haltsverantwortlichkeit, vergaberechtlicher Bindungen etc. Im Gegenzug unterliegen Ressortforschungseinrich- tungen grundsätzlich einer strikten Ministerialkontrolle, die rein rechtlich nicht eingeschränkt ist und nur durch eine freiwillige ministerielle Zurückhaltung inhaltlich Freiräume gestattet. Rein dogmatisch unterfallen die Ressortforschungsinstitute als Teil des Staates ja nicht dem Schutz der Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG; gleichwohl soll ihnen nach den Empfehlungen des Wissenschaftsrates ein gewisser faktischer Autonomie- bereich zustehen (die sog. „Vorlaufforschung“), um den Anschluss an den „state of the art“ halten zu können („Autonomiedilemma“)14, was freilich je nach Sichtwei- se und Tradition des zuständigen Ressorts sehr unter- schiedlich gehandhabt wird. Insofern kann ein koaliti- onsbedingter Neuzuschnitt eines Ressortwechsels für ein nachgeordnetes Ressortforschungsinstitut üble Fol- gen haben, wie es 2013 beim BBRS zu beobachten war. Bei Industriekooperationen tritt hingegen das Problem der Gleichzeitigkeit paralleler und gegenläufiger Interes- sen auf15, vor allem hinsichtlich der Publikations- (LOM, Impactfaktor!) und Verwertungsrechte, und der Einbin- dung der beteiligten hauptamtlichen Forscher (negative Publikationsfreiheit, Altschutzrechte).
13 So etwa BGH NVwZ 2010, 531, 533 ff.; Maurer/Waldhoff, Allge- meines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 3 Rdn. 26 ff.
14 Vgl. Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Rolle und künftigen Entwicklung der Bundeseinrichtungen mit FuE-Aufgaben, 2007; Empfehlungen zur Profilierung der Einrichtungen mit Ressort- forschungsaufgaben des Bundes (Drs. 10295–10), 2010.
15 Eine ausgewogene Lösung versuchen u.a. die „Berliner Ver- tragsbausteine“ von 2002/2003 oder der aktuelle Musterkoope- rationsvertrag des BMWi (vgl. Fn. 23). ). Als Standardwerk in
der Literatur für FuR-Verträge hat sich Rosenberger/Wündisch (Hrsg.), Verträge über Forschung und Entwicklung , 3. Aufl. 2017, etabliert. Aus Managementsicht Hanebuth et. al. (Hrsg.), For- schungskooperationen zwischen Wissenschaft und Praxis, 2015.
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Gerade aus letzterem wird allerdings auch deutlich, dass das Funktionieren einer Kooperation eines sicheren rechtlichen Fundaments bedarf, das die gegenseitigen Rechte und Pflichten hinreichend genau definiert, das eine gemeinsame Willensbildung und dafür erforderli- che Organe und deren Kreation vorsieht, das Leistungs- störungen und Haftung16 im Blick hat u.v.a. So wird schon die Frage, ob und wenn ja welche Pflichten in ei- nem synallagmatischen Verhältnis zueinander stehen, nicht so einfach zu fixieren sein.
So vielfältig die Kooperationsmodelle indes sind, so uneinheitlich ist auch ihr rechtliches Gewand. Es reicht von „einfachen“, zweiseitigen Kooperationsabkommen bis hin zu komplizierten Schachtelkonstruktionen mit Mantelverträgen und Spezialabreden, von einfachen Vereinsmodellen bis zu (allerdings eher seltenen) hoch ausdifferenzierten Gesellschaftsverträgen.17 Es überwie- gen gleichwohl die ad hoc oder anhand von einfachen Musterverträgen zusammengebastelten Typen. Die da- bei verfolgten Kooperationsmodelle werden jedoch den Anforderungen, die das legendäre Urteil des Bundesver- fassungsgerichts zum Niedersächsischen Vorschaltge- setz aufgestellt hatte18 (und seitdem immer wieder be- kräftigt wurden) kaum gerecht; namentlich die maßgeb- liche Beteiligung der Hochschullehrer an Fragen, die un- mittelbar die Forschung betreffen, wird in der Vertragsgestaltung (Festlegung von Forschungszielen als Vertragszweck und –inhalte in welchem Verfahren und durch wen?) selten berücksichtigt. Da in vielen der auf- gelisteten Kooperationsformen die öffentlich-rechtli- chen Partner dominieren, ist zunächst zu klären, ob sich eher öffentlich-rechtliche oder eher privatrechtliche Rechtsformen anbieten; Eberbach/Hommelhoff/Lappe haben dies in dieser Zeitschrift bereits vor einem Jahr thematisiert19 und einen Mindestkatalog von Kriterien aufgestellt, den die Governance einer Kooperation heut- zutage erfüllen sollte: Dazu zählt der Primat der wissen- schaftlichen Leitung (vor einer kaufmännischen) in For- schungsfragen, weiter eine Aufteilung der Leitung auf Organe der Kooperationspartner (etwa einer Trägerver- sammlung) und der beteiligten Wissenschaftler/Wissen- schaftlerinnen („Forscherversammlung“) sowie die Existenz eines Wissenschaftlichen Beirats. Insgesamt
- 16 Hier tun sich noch weite Forschungsfelder auf, zumal in diesem Bereich so gut wie keine Judikatur vorliegt; Rosenberger/Wündisch (Fn. 14), widmen etwa der Gewährleistung gerade eine Seite.
- 17 Vgl. den DFG-Musterkooperationsvertrag (Nr. 41.026) einerseits, die mehrhundertseitige Konsortialverträge im Fall des privaten UK Gießen-Marburg andererseits, vgl. dazu ausf. Wissen- schaftsrat, Stellungnahme zur Entwicklung der universitätsme- dizinischen Standorte Gießen und Marburg nach Fusion und Privatisierung der Universitätsklinika, 2010, S. 13.
muss die Vertragsstruktur die Rechte und Vorgaben, die aus Art. 5 Abs. 3 GG folgen, wahren und – entsprechend der Judikatur Bundesverfassungsgerichts zur Organ- struktur – eine „strukturelle Gefährdung“ der Wissen- schaftsfreiheit verhindern.20
II. Öffentlich-rechtliche Rechtsformen
Der Einsatz öffentlich-rechtlicher Rechtsformen sind dabei deutlich limitiert. Zunächst ist zu unterscheiden, ob sich die Kooperation auf eine Vereinbarung zwischen den Rechtsubjekten besteht, oder ob eine neue juristi- sche Person als eigener Rechtsträger geschaffen werden soll. Handelt es sich im ersteren Fall um öffentlich-recht- liche Vertragspartner, wäre theoretisch ein (koordinati- onsrechtlicher) öffentlich-rechtlicher Vertrag denkbar.21 Dieser bietet allerdings gegenüber einem zivilrechtli- chen Vertrag konkret keinerlei Vorteile, zumal bezüglich der inhaltlichen Abwicklung § 62 Abs. 2 VwVfG ohnehin weitgehend auf das BGB verweist.
Beabsichtigt man dagegen – etwa aus Gründen der Rechtsklarheit im Rechtsverkehr – die Schaffung eines neuen Rechtsträgers, kommen im Prinzip nur die For- men des Zweckverbands oder des Kooperationsunter- nehmens (regelmäßig als Anstalt des öffentlichen Rechts) in Frage. Diese können allerdings nicht ohne weiteres gegründet werden, da sie als Hoheitsträger einer gesetz- lichen Grundlage bedürfen. Bislang existieren entspre- chende Vorschriften nur im Kommunalrecht22; eine Analogie ist nicht möglich. Auch eine grundsätzlich denkbare Stiftung des öffentlichen Rechts bedarf einer (landes-) gesetzlichen Grundlage.
Auch inhaltlich ist von öffentlich-rechtlichen For- men abzuraten. So sind die Mitglieder eines Zweckver- bands zwar nicht auf juristische Personen des öffentli- chen Rechts beschränkt, so dass an der Kooperation auch private Dritte teilnehmen könnten. Zweckverbände unterliegen aber allen öffentlichen Bindungen wie dem Haushaltsrecht, dem Vergaberecht und der Staatsauf- sicht (die gesetzlich immerhin ganz oder teilweise auf Rechtsaufsicht beschränkt werden könnte). Größtes Hindernis ist allerdings, dass die Verbandsmitglieder eine unbegrenzte Umlagepflicht trifft (Gewährleistungst
18 BVerfGE 35, 79 (132 f.).
19 Eberbach/Hommelhoff/Lappe, Eine Kooperationsform für die
Wissenschaft, OdW 2017 (Heft 1), S. 1 ff.; Kurzfassung in: For-
schung und Lehre, 2017, 126 f.
20 BVerfGE 136, 338 sub II (Rdn. 62).
21 Dazu Reimer, Mehrseitige Verwaltungsverträge, Verwaltungsar-
chiv 94 (2003), 543 ff.
22 Vgl. Geis, Kommunalrecht, 4. Aufl. 2016, § 12 Rdn. 70, § 21 Rdn.
26 ff.
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rägerhaftung).23Außerdem sind Zweckverbände wegen der föderalen Verwaltungshoheit immer auf ein be- stimmtes Landesverwaltungsrecht bezogen, was länder- übergreifende Kooperationen deutlich erschwert. Sie müssten sich auf ein Sitzland und das entsprechende Landesrecht24 festlegen, die dann – föderalistisch gebotene – Einbindung anderer Trägerländer führt zu komplizierten und vielleicht sogar inkompatiblen Governancestrukturen. Sind dann z.B. andere Länder oder ihnen nachgeordnete juristische Personen Verbandsmitglieder, unterfielen sie der Staatsaufsicht des Sitzlandes, was zu föderalistischen Un- wuchten führen kann, was wiederum einen Verstoß gegen den aus der Bundestreue abgeleiteten Grundsatz länder- freundlichen Verhaltens verstieße.25 Das wohl größte Man- ko wäre allerdings, dass eine direkte Einbindung von Wis- senschaftlern und Wissenschaftlerinnen als den maßgebli- chen Repräsentanten der Forschung in Entscheidungsorga- ne eines Zweckverbands nicht möglich ist, da diese gesetzlich limitiert sind; hier ließe sich lediglich ein bera- tendes Gremium („Beirat“) konstruieren, was mit dem ob- jektiven Schutz der Wissenschaftsfreiheit gemäß den An- forderungen des Bundesverfassungsgerichts kaum verein- bar wäre.26
Auch bei einer Anstalts- oder Stiftungslösung tau- chen diese Probleme vice versa auf. Damit sind öffentli- che Rechtsformen für eine Kooperation eher untaug- lich,27 zumal – wie erwähnt – die gesetzlichen Grundla- gen hierfür noch geschaffen werden müssten und wegen der föderalen Verwaltungshoheit für jedes Bundesland gesondert.
III. Zivilrechtliche Rechtsformen
Damit verlagert sich das Augenmerk auf zivilrechtliche Konstruktionen. Auch hier ist zu unterscheiden, ob die Art der beabsichtigten Zusammenarbeit in einem Kooperationsvertrag abgebildet werden kann, oder ob die Kreation eines neuen Rechtsträgers vorzuziehen ist.
1. Kooperationsverträge
Auf den ersten Blick scheint ein klassischer Austausch- vertrag die einfachste Lösung zu sein. Dabei wird es sich
- 23 Geis (Fn. 20), § 21 Rdn. 34.
- 24 Ähnliche Beipiele sind der Akkreditierungsrat und die Stiftungfür Hochschulzulassung, jeweils als öffentlich-rechtliche Stiftungnach dem Landesrecht Nordrhein-Westfalen.
- 25 Vgl. zu dieser Problematik Kahl, Die Staatsaufsicht, 2000, S. 524ff., 553.
- 26 BVerfGE 35, 79 (132 f.); st.Rpr., zuletzt BVerfGE 141, 143 =NVwZ 2016, 675 – Akkreditierung.
- 27 Ebenso Eberbach/Hommelhoff/Lappe, OdW 2017, 1 (3 f.)
- 28 Z.B. der Muster-Kooperationsvertrag der DFG (Nr. 41.026).
- 29 So regelt zwar der Muster-Kooperationsvertrag der DFG (Nr.
regelmäßig um einen untypischen gemischten Vertrag han- deln(ohnedieeinzelnenPflichtenjetztindieVertragstypen des BGB einordnen zu wollen). In der Realität existieren viele solche Verträge, die meist durchaus knapp, im Sinne wohlklingender Absichtserklärungen, aber nur beschränkt ausdifferenzierender Vertragskonvolute formuliert sind.28 So liegen auch den sog. „Leibniz-Wissenschaftscampi“ letztlich zwei- oder mehrseitige Kooperationsverträge zugrunde, da eine eigene Rechtspersönlichkeit nicht beab- sichtigt ist. Zwar ist diese Konstruktion nicht als solche pro- blematisch, sie kann aber doch deutliche Probleme nach sich ziehen. Zum einen werden Gewährleistungs- und Haf- tungsfragen entweder durchweg ausgeblendet oder nur rudimentär geregelt29; insoweit wäre dann – durchaus kom- pliziert – zu entscheiden, welche zivilrechtlichen Normen im Falle eines Falles zur Anwendung kommen – die Frage des Synallagmas wurde bereits erwähnt. Zum zweiten bietet das klassische Zivilrecht typischerweise „bipolare“ Verträge an, die dann zwischen Hochschule und außeruniversitärer Einrichtung geschlossen werden. Die Einbindung der ein- zelnen Wissenschaftler in das Vertragsverhältnis kann dabei durchaus Probleme aufwerfen, kann dieser doch infolge seines Grundrechts auf (negative) Forschungsfrei- heit (Art. 5 Abs. 3 GG) nicht einfach zu einer konkreten Kooperation verpflichtet werden, weder im Hauptamt noch als Nebenamt. Im Gegenzug kann er auch nicht dienst- rechtlich gezwungen werden, „Altschutzrechte“ (d.h. ihm zustehende Patente, die vor der Änderung des § 42 ArbErfG entstanden sind), einzubringen, sei es mit, sei es ohne Ver- gütung. Auch stellt sich die Frage, ob es dogmatisch sachge- recht ist, den Forscher, der ein Forschungsprojekt in der Sache eigenverantwortlich trägt, gleichwohl als Erfüllungs- gehilfen des Vertragspartners Hochschule i.S. § 278 BGB zu qualifizieren. Einen (seinerzeit) innovativen Versuch, die Forscher in den Vertragskomplex „auf Augenhöhe“ einzu- beziehen,unddabeidie„negativeForschungsfreiheit“kon- sensual zu entschärfen, waren die 2002/2003 für den Bereich von Industriekooperationen entwickelten „Berli- ner Vertragsbausteine“, die im Kern einen trilateralen Ver- trag zwischen Hochschule, Forscher und Kooperations- partner vorsehen.30 Diese regeln zwar die Primär- und Sekundärpflichten relativ ausführlich, enthalten aber
41.026) einen gegenseitigen Haftungsverzicht, nicht jedoch das Problem der Außenhaftung, Regressforderungen an den Partner sind auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit begrenzt (§ 8 ).
30 Die Erfahrungen hieraus sind eingeflossen in: Bundesminis- terium für Wirtschaft und Energie, Mustervereinbarungen
für Forschungs- und Entwicklungskooperationen, 3. Aufl. 2017: download unter: http://www.bmwi.de/Redaktion/DE/ Downloads/M‑O/mustervereinbarung-f-und-e-kooperationen. pdf?__blob=publicationFile&v=12, zul. abgerufen am 2.1.2018.
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weder Bestimmungen zu Leistungsstörungen und Haf- tung, die in einem tri- oder auch multilateralen Ver- tragsverhältnis höchst diffizil zu bestimmen sind.31 Bis heute klafft hier ein nur unzureichend behandeltes dog- matisches Loch.32
Ein verstecktes, aber höchst kniffliges Problem könn- te sich zudem aus der praktischen Durchführung der Forschungskooperation ergeben. Forschungseinrichtun- gen neigen nicht zu vertiefter juristischer Analyse. So ist es denkbar, dass juristisch zwar ein bi- oder trilateraler Kooperationsvertrag vorliegt, im Rechtsverkehr nach außen aber der Anschein einer handlungsfähigen Ein- heit vermittelt wird – etwa durch die Verwendung einer „Quasi-Firma“ oder eines für die Kooperation geschaffe- nen Logos, durch Bestimmungen über gemeinsame Or- gane, etwa einer Forscherversammlung beider Koopera- tionspartner, oder durch ein gemeinsames, von nicht nä- her bestimmbaren Gremien entwickeltes Forschungs- konzept (sog. Identitätsausstattung). So wäre es beispielsweise keinesfalls abwegig, hinter einem „Wis- senschaftscampus“ eine selbstständige, rechtsfähige Ein- heit zu vermuten. Mit anderen Worten: Für den Rechts- verkehr entsteht der Rechtsschein der Existenz einer Trägerperson. In diesem Fall kann das grundsätzlich als Internum gedachte zwei- oder mehrseitige Kooperati- onsverhältnis in eine (unerkannte) Außen-GbR (Gesell- schaft bürgerlichen Rechts nach §§ 705 ff. BGB)„um- schlagen“33 – mit gravierenden Folgen für die Kooperati- onspartner: Diese haften dann unbeschränkt auch für Verbindlichkeiten des Kooperationspartners (akzessori- sche Gesellschafterhaftung) nach § 128 HGB analog. Gleichzeitig führt sie dies in ein rechtliches Dilemma: Nach den Vorschriften des Haushaltsrechts (exempla- risch § 65 Abs. 1 Zf. 2, 3 i.V.m. § 105 Abs. 1 BHO, LHO NRW) dürfen sich juristische Personen des öffentlichen Rechts aber nur dann an zivilrechtlichen Gesellschaften beteiligen, wenn der (auch konkludente) Gesellschafts- vertrag eine Haftungsbeschränkung auf das gemeinsame Vermögen vorsieht; auch müssen sie sich angemessene Einwirkungsrechte auf die Gesellschaft, etwa durch Ent- sendung von Repräsentanten in Geschäftsführungen oder Aufsichtsräten, vorbehalten.34 Beide Erfordernisse würden in einer Außen-GbR unterlaufen.
Damit scheiden rein vertragliche Lösungen jedenfalls dann aus, wenn die Forschungskooperation als Einheit
- 31 Vgl. dazu grdl. Zwanzger, Der mehrseitige Vertrag. Grundstruk- turen, Vertragsschluss, Leistungsstörungen, 2013, insb. S. 255 ff., u. passim.
- 32 Ansätze bislang (nur) bei Reimer (Fn. 21), 543 ff., und Zwanzger (Fn. 31), passim.
- 33 Vgl. dazu die Grundsatzentscheidung BGH, U.v. 29.11.2001, II ZR 331/00 = BGHZ 146, 341ff.; aus der Lit. ausführlich Schäfer,
nach außen, namentlich im Rechtsverkehr, auftreten soll oder zumindest diesen Eindruck erwecken könnte (insb. durch eine institutionalisierte Beteiligung der Forscher, die sich aus allen Kooperationspartner rekrutieren).
2. Gesellschaftsformen
Da mithin reine Kooperationsverträge mit erheblichen Unwägbarkeiten behaftet sind, sind Gesellschaftsformen in den Blick zu nehmen. Dabei scheiden Personengesell- schaften wie die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) nach dem Vorstehenden grundsätzlich aus, da sie keine Haftungsbeschränkung ermöglichen. Auch die Rechts- formen der oHG und der KG kommen abgesehen von der Haftungsfrage schon deswegen nicht in Betracht, weil Forschungskooperationen nicht dem Handel die- nen und daher keine Handelsgesellschaften sind. Etwas anders ist es indes bei der GmbH & Co. KG, da diese Konstruktion immerhin eine Haftungsbeschränkung im haushaltsrechtlichen Sinne ermöglicht. Denkbar wäre dabei sogar die Errichtung einer sog. Einheitsgesell- schaft, bei der die Kooperationspartner zunächst eine GmbH gründen, und ihre jeweiligen GmbH-Anteile als Kommanditeinlage einbringen; die GmbH kann dann als reine Haftungsgesellschaft ohne eigenes Geschäftsge- baren auftreten, während die Hochschule und des Koope- rationspartner als Kommanditisten das Handlungsmoment behalten. Dies kann auch steuerliche Vorteile haben, da die KG nicht der Körperschaftssteuerpflicht unterworfen ist (allerdings der Gewerbesteuerpflicht). Insofern kommt es darauf an, ob die Forschungskooperation auch auf eine Gewinnerzielung ausgerichtet ist (insb. bei Transferkoope- rationen mit Industriepartnern). Freilich dürfte das Auftre- ten einer GmbH&Co KG in der akademischen Welt bislang als mindestens merkwürdig angesehen werden und nur von bedingter Vertrauenswürdigkeit sein. Insbesondere für eine Hochschule dürfte die Rolle einer Kommanditistin ungewohnt sein, zumal sie durch dann zur kaufmänni- schen Buchführung und zur Erstellung von Abschlüssen verpflichtet ist. Auch die sachgerechte Bestimmung der Kompetenzen der GmbH-Geschäftsführer ist kompliziert. Gleichwohl könnte es sich lohnen, diesen Weg weiter zu verfolgen.
Letztlich dürfte es allerdings bei Forschungskooperatio- nen doch auf eine Kapitalgesellschaft hinauslaufen; dabei scheidet die Form der Aktiengesellschaft schon deswegen
in Münchener Kommentar zum BGB, Bd. 5, 7. Aufl. 2017, § 705,
Rdn. 303ff.
34 Zur parallelen Rechtslage im Kommunalbereich v. Mutius, Kom-
munalrecht, 1995, Rdn. 505; Gern, Deutsches Kommunalrecht,
3, Aufl. 2003, Rdn. 758; Geis, Kommunalrecht, 4. Aufl. 2016, § 12 Rdn. 71.
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aus, weil aufgrund der Formenstrenge neben der Hauptver- sammlungderKooperationspartnerkeinzusätzlichesbe- schließendes Organ der Wissenschaftler möglich wäre.
Als Königsweg bietet sich daher – wenig überra- schend – die GmbH an. Sie bietet den Vorteil weitgehen- der inhaltlicher Gestaltungsfreiheit, insb. hins. der Kon- struktion der Organe. So ist eine Beteiligung der For- scher in einem kollektiven Organ neben Geschäftsführer und Gesellschafterversammlung (Trägerversammlung) im Rahmen des Gesellschaftsvertrags konstruktiv denk- bar.35 Auch kann die (wissenschaftliche) Geschäftsfüh- rung durch einen Wissenschaftler erfolgen. Die Ergän- zung durch einen kaufmännischen Geschäftsführer wird in diesem Fall allerdings dringend empfohlen, nicht nur wegen der Vermarktung möglicher Forschungsergebnis- se, sondern auch wegen des Umfangs der zu erwarten- den Verwaltungsaufgaben; ein beamteter Wissenschaft- ler könnte im Hauptamt insoweit überfordert sein, alter- nativ aber auch an nebentätigkeitsrechtliche Grenzen stoßen.36
Ein zusätzlicher Vorteil ist, dass Forschungskoopera- tionen zugleich nach § 51 Abs. 2 Nr. 1 AO die Vorausset- zungen einer gemeinnützigen GmbH („gGmbH“)37 er- füllt, was zum Entfall der Körperschafts‑, Gewerbe- und gegebenenfalls auch der Umsatzsteuer führt38 und zur Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen für Spenden berechtigt.39 Freilich setzt die GmbH im Interesse des Gläubigerschutzes eine (ohnehin geringe) Mindesteinla- ge von 25.000 € voraus, die allerdings in Ansehung der Kooperationspartner kein zentrales Problem sein dürfte.
Eine Haftungsbeschränkung auf ein Vermögen ohne Mindestkapital (wie etwa bei der britischen limited) hat im deutschen Recht keine Tradition und wäre insoweit auch ein gewisser Systembruch. Allerdings hat die Nie- derlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV, zuvor Art. 43, 48 EGV) nach der Rechtsprechung des EuGH zur Folge, dass kapitallose „limiteds“ mit Sitz in GB (insbesondere auch Briefkastenfirmen) im EU-Ausland als rechts- und parteifähig handeln können und Zweigniederlassungen gründen zu können, ohne den dort geltenden Mindest- kapital‑, Publizitäts- und Offenlegungspflichten unter- worfen zu sein.40 Der deutsche Gesetzgeber hat darauf mit der Schaffung der „Unternehmergesellschaft haf-
- 35 Das dürfte auch ein maßgeblicher Vorteil gegenüber einem Ide- alverein, der eine konstitutive Beteiligung von Wissenschaftlern nur als Vereinsmitglieder zuließe.
- 36 Insbesondere im Hinblick auf die sog. „modifizierte Fünftelver- mutung“; dazu Geis, Hochschulrecht im Freistaat Bayern, 2. Aufl. 2017, 3. Kap., Teil III, Rdn. 443.
- 37 § 4 S. 2 GmbH; durch das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts vom 21.3.2013 (BGBl. I, 556) eingeführt.
tungsbeschränkt“ – UG reagiert (§ 5a GmbHG), die ein anfängliches Minimalkapital mit einer Haftungsbe- schränkung verbindet, allerdings Entnahmen untersagt, solange ein Mindestkapital von 25.000 € nicht erreicht ist. Tatsächlich wird die Rechtsform der UG gelegentlich für Spin-off-Ausgründungen von Hochschulen verwen- det. Für „echte“ Forschungskooperationen eignen sich ltd. und UG aber nur sehr bedingt: Bei der ltd. entsteht ein nicht unerheblicher Gründungsaufwand, sowie eine Buchführungspflicht sowohl im Sitzland als auch im Aufnahmeland, die personell zu gewährleisten ist. Doch auch die UG passt schon vom Erscheinungsbild nicht so recht auf Kooperationen mit staatlichen Partnern: Wäre es nicht merkwürdig, wenn eine Hochschule mit einem regelmäßig mehrstelligen Millionenhaushalt ihrer Ko- operationspflicht „vollblütig“ mit einer einstelligen Min- desteinlage nachkommt und so ihr „großes“ Engage- ment dokumentiert?
3. Modell Partnerschaftsgesellschaftsgesetz?
Der bereits zitierte Aufsatz von Eberbach/Hommelhoff/ Lappe in dieser Zeitschrift plädiert indes für eine andere Lösung: Zwar erkennen auch sie das zwingende Erfor- dernis der Haftungsbeschränkung an. Gleichwohl sollte die Forschungskooperation eher personengesellschafts- rechtliche Züge aufweisen, um die Zurechnung indivi- dueller Forschungsleistungen an die jeweiligen Träger zu ermöglichen, statt sie bei einer für die Außenwirkung eher kryptischen GmbH anzusiedeln (dies ist vor allem für die Reputation der Einrichtungen, die Zurechnung der Drittmittelquote, die Berechnung leistungsorientier- ter Mittelzuteilung etc. von Bedeutung). Auch sei die Einbindung der kooperierenden Forscher in die Aufbau- und Ablauforganisation bei einem personengesellschaft- lichen Modell besser möglich.
Seit 2013 gibt es im Zivilrecht eine weitere gesetzliche Regelung, die eine personenrechtliche Vereinigung mit einer Haftung auf das Gesellschaftsvermögen erlaubt: das Modell der haftungsbeschränkten Partnerschaftsge- sellschaft, das insbesondere im Bereich von Rechtsan- walts-GbRs vorkommt. Nach der Intention des Gesetz- gebers sollen personenrechtliche Vereinigungen mög- lich sein, bei denen eine Haftung jeden Gesellschafters wegen deren unterschiedlicher Spezialisierung rechtlich
38 § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG; § 2 Abs. 6 GewStG; § 4 Nr. 22 UStG (z.B. Tagungsbeiträge).
39 § 10b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG, § 50 EStDV; dazu BMF-Schreiben vom 6.2.2017 – Az. IV C 4‑S 2223/07/0012, 21016/1033014.
40 EuGH, Urt. v. 9. 3. 1999, Rs. C‑212/97, Slg. 1999, I‑1459 – Cen-
tros; EuGH, Urt. v. 5. 11. 2002, Rs. C‑208/00, Slg. 2002, I‑9919
– Überseering; EuGH, Urt. v. 30. 9. 2003, Rs. C‑167/01, Slg. 2003, I‑10155 – Inpire Art.
Geis · Forschungskooperationen: Öffentliches oder Zivilrecht? 8 3
unangemessen sei, weil die Partner die jeweils anderen Geschäftsbereich nicht überblicken und überwachen könnten.41 Allerdings ist auch in diesen Fällen der Gläu- bigerschutz gewahrt, da die Partnerschaftsgesellschaft nur in Berufsfeldern gegründet werden darf, in denen ohnehin eine Berufshaftpflichtversicherung vorgeschrie- ben ist (Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer). Um diese Rechtsform de lege ferenda auf Forschungskooperatio- nen übertragen zu können, müsste eine gesetzliche Pflicht der Forscher eingeführt werden, eine Berufshaft- pflicht versichern. Dies erscheint allerdings eher unrea- listisch: Zwar sind bestimmte Forschungsdisziplinen durchaus „gefahrgeneigt“ (Naturwissenschaften, Tech- nikwissenschaften), andere aber deutlich weniger (Geis- teswissenschaften, Sozialwissenschaften). In den letzteren Fällen wäre eine obligatorische Berufshaft- pflichtversicherung als Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) wohl kaum gerechtfertigt. Die Partnerschaftsge- sellschaft ist daher nur sehr bedingt als Modell tauglich. Zwar entfällt gegenüber der Standard-GmbH die Gewer- besteuerpflicht (bei der gGmbH allerdings auch); außer- dem besteht keine Beitragspflicht bei der IHK und keine handelsrechtliche Buchführungspflicht.42 Doch wird dies durch die öffentlich-rechtliche Rechenschaftspflicht und die damit verbundene Buchführungspflicht weitge- hend sublimiert. Der Wegfall der Gewerbesteuer wird im Übrigen auch durch die Rechtsform der gGmbH erreicht. Schließlich ist auch die Integration von Organen, die die Forschungsautonomie repräsentieren, bei einer Rechtsform à la Partnerschaftsgesellschaft kaum vorstellbar.
Eine Verbindung von personengesellschaftsrechtli- chen Elementen mit einer Haftungsbeschränkung nach dem Beispiel des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes lässt sich daher auf Forschungskooperationen nicht wirklich übertragen. Namentlich das Erfordernis einer Berufshaft-
pflichtversicherung stellt hier ein (Verhältnismäßigkeits-) Problemdar,ganzabgesehendavon,dassdieSuchenachei- nem willigen Versicherer wegen der sehr überschaubaren Klientel schwierig sein dürfte, und selbst dann die Kosten für die Prämien einer Berufshaftpflichtversicherung man- gels einer ausreichend großen Versichertenrisikogruppe mutmaßlich gigantisch wären.
IV. Fazit
Die rechtliche Regelung von Forschungskooperationen ist mit den Mitteln des geltenden Rechts nur schwer abzubilden. Die gängige Praxis von bilateralen Koopera- tionsverträgen birgt erhebliche Risiken im Rechtsver- kehr. Von (ohnehin nur de lege ferenda realisierbaren) öffentlich-rechtlichen Modellen ist ebenfalls dringend abzuraten. Aber auch das Partnerschaftsgesellschaftsge- setz erscheint als Modell nicht wirklich tauglich. Ziel- führender scheint es zu sein, die Figur der gemeinnützi- gen GmbH wissenschaftsadäquat fortzuentwickeln, und dabei den Typus einer wissenschaftlichen GmbH zu ent- wickeln, die die eigentümliche Melange aus öffentlich- rechtlichen Bindungen und Freiheiten wissenschaftsad- äquat abzubilden vermag.
Max-Emanuel Geis ist Direktor der Forschungsstelle für Wissenschafts- und Hochschulrecht, Inhaber des Lehrstuhls für Deutsches und Bayerisches Staats- und Verwaltungsrecht, Institut für Deutsches, Europäisches und Internationales Öffentliches Recht an der Fried- rich-Alexander-Universität Erlangen Nürnberg.
- 41 BT-Drs.17/10487, S. 1. Dazu auch Römermann, Die PartG mbB – eine attraktive Rechtsform für Freiberufler, NJW 2013, 2305; Grunewald, Die Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Be- rufshaftung, GWR 2013, 393; Hennsler/Trottmann, Berufsrechtli- che Besonderheiten bei der interprofessionellen Partnerschaftsge- sellschaft mit beschränkter Berufshaftung, NZG 2017, 314.
- 42 Grunewald, GWR 2013, 393.
84 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 2 (2018), 77–84