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I.

Moder­ne For­schung führt auf den meis­ten Gebie­ten erst auf dem Weg über Koope­ra­tio­nen und For­scher­ver­bün- de, sei­en die­se intra- oder inter­dis­zi­pli­när oder trans­la­te- ral zwi­schen Grund- und anwen­dungs­be­zo­ge­ner For- schung, zu wesent­li­chen Ergeb­nis­sen oder gar wis­sen- schaft­li­chen Durch­brü­chen. Die Zei­ten eines Theo­dor Momm­senRobert Bun­sen oder Gus­tav Kirch­hoff sind weit­hin vor­bei. Nament­lich in den ver­gan­ge­nen Jah­ren und vor­züg­lich im Zuge der letz­ten bei­den Pha­sen der Exzel­lenz­in­itia­ti­ve hat sich das deut­sche Wis­sen­schafts- sys­tem inso­fern wei­ter­ent­wi­ckelt, als eine ver­stärk­te Zusam­men­ar­beit von Uni­ver­si­tä­ten und außer­uni­ver­si- tären For­schungs­ein­rich­tun­gen der als „Ver­säu­lung“ bekann­ten Pro­ble­ma­tik ent­ge­gen wir­ken soll und dies auch tat­säch­lich tut.

Aber trotz der Bedeu­tung sol­cher For­schungs­ko­ope- ratio­nen, auch und nicht zuletzt in ihren finan­zi­el­len Aus­ma­ßen, fehlt für sie im gesetz­ten Recht eine wis­sen- schafts­ad­äqua­te Orga­ni­sa­ti­ons­form. Die von den Ge- setz­ge­bern bereit­ge­stell­ten Rechts­for­men sind ent­we­der teil­wei­se, wenn nicht gar völ­lig unge­eig­net oder blo­ße „black boxes“, die der Aus­fül­lung bedür­fen. In der Wis- sen­schafts­pra­xis sind daher die Admi­nis­tra­tio­nen auf­ge- rufen, ein maß­ge­schnei­der­tes Orga­ni­sa­ti­ons­sta­tut für den Ein­zel­fall müh­sam und zeit­auf­wän­dig zu schaf­fen und ggf. durch­zu­ver­han­deln oder die Koope­ra­ti­on (ins- beson­de­re bei trans­la­te­ra­ler For­schung aus­neh­mend ge- fähr­lich) ohne auto­no­me Rechts­re­geln zu las­sen; in je- dem Fall eine für die an der Koope­ra­ti­on betei­lig­ten Wis­sen­schafts­in­sti­tu­tio­nen nicht min­der miss­li­che Situ- ati­on als für die zur Koope­ra­ti­on ent­schlos­se­nen For- scher, die für admi­nis­tra­ti­ve Ver­zö­ge­run­gen mit Recht nur wenig Ver­ständ­nis aufbringen.

Vor die­sem Hin­ter­grund ist klar: Die Wis­sen­schaft benö­tigt eine gesetz­lich nie­der­leg­te und aus­ge­stal­te­te Rechts­form, die den spe­zi­fi­schen Anfor­de­run­gen wis- sen­schaft­li­cher Koope­ra­tio­nen in vol­lem Umfang und durch­ge­hend gerecht wird. Das ist bereits vor­ge­tra­gen wor­den (OdW 2017, 1) und wird in die­sem Heft im Bei- trag Eber­bach unter Auf­schluss einer Fül­le recht­stat­säch- lichen Mate­ri­als wei­ter ver­tieft. Daher ist die wis­sen- schafts­ad­äqua­te Rechts­form als rechts­po­li­ti­sches Pro­jekt vor­an­zu­brin­gen. Das erfor­dert Akti­vi­tä­ten in meh­re­ren Richtungen:

Zum ers­ten sind die ver­ant­wort­li­chen Admi­nis­tra­to- ren in den Wis­sen­schafts­in­sti­tu­tio­nen über dies Gesetz-

gebungs­pro­jekt in Kennt­nis zu set­zen, um sie anzu­re­gen, in dies Pro­jekt ihre Anfor­de­run­gen, Vor­stel­lun­gen und Erfah­run­gen ein­zu­brin­gen – die Kanz­ler der Uni­ver­si­tä- ten und Hoch­schu­len, die Kauf­män­ni­schen Vor­stän­de der außer­uni­ver­si­tä­ren For­schungs­ein­rich­tun­gen und die der Uni­ver­si­täts­kli­ni­ka. Die in der Alli­anz ver­bun­de- nen Spit­zen­stel­len der deut­schen Wis­sen­schaft sind be- reits infor­miert. Dar­über hin­aus wird gebo­ten sein, die zur Wis­sen­schaft hin geöff­ne­te Wirt­schaft in den rechts­po­li­ti- schen Dis­kurs mit einzubeziehen.

Zum zwei­ten müs­sen die für die Wis­sen­schaft ver­ant­wort- lichen­Par­la­men­ta­rie­r­im­Bund­und­auf­der­Ebe­ne­der­Län­der für das Pro­jekt einer wis­sen­schafts­ad­äqua­ten Rechts­form ge- wonnenwerden.DasgiltingleicherWeisefürdiezuständigen Ministerialverwaltungen.

Und zum drit­ten schließ­lich sind die Rechts- und Orga- nisa­ti­ons­wis­sen­schaf­ten für die wis­sen­schafts­ad­äqua­te Rechts­form unter zwei Aspek­ten zu inter­es­sie­ren: auf der einen Sei­te mit dem Ziel, die­se Form in das regu­la­to­ri­sche Umfeld des Pri­vat-und des öffent­li­chen Rechts ein­zu­bet­ten, aber mög­lichst auch in das der Orga­ni­sa­ti­ons­wis­sen­schaf- ten. Auf der ande­ren Sei­te soll­ten Rechts- und Orga­ni­sa­ti- ons­wis­sen­schaft­ler dafür gewon­nen wer­den, dem (oder den) Gesetzgeber(n) Vor­schlä­ge für die nähe­re Aus­ge­s­tal- tung der neu­en Rechts­form zu unter­brei­ten. Hier­zu möge es in einer spä­te­ren Ent­wick­lungs­pha­se zu frucht­ba­rem Zu- sam­men­wir­ken zwi­schen Minis­te­ri­al­bü­ro­kra­tie und Wis- sen­schaft kommen.

Die­se auf den rechts­po­li­ti­schen Pro­zess hin aus­ge­rich­te- ten Akti­vi­tä­ten auf den Weg zu brin­gen, war das Ziel des nach­fol­gend doku­men­tier­ten Ber­li­ner Sym­po­si­ons „Plä­do- yer für eine wis­sen­schafts­ad­äqua­te Rechts­form“. An ihm nah­men vor allem Admi­nis­tra­ti­ons-Reprä­sen­tan­ten aus Uni­ver­si­tä­ten, Uni­ver­si­täts­kli­ni­ka und außer­uni­ver­si­tä­ren For­schungs­ein­rich­tun­gen teil; sie dis­ku­tier­ten mit den aus Wis­sen­schaft und Pra­xis stam­men­den Refe­ren­ten über de- ren Erkennt­nis­se und Ideen. Ziel die­ses Aus­tau­sches war es auch zu über­prü­fen, ob die o.g. Prä­sen­ta­ti­on (OdW 2017, 1) wirk­lich alle für eine wis­sen­schafts­ad­äqua­te Rechts­form re- levan­ten Gesichts­punk­te von Gewicht in den Blick genom- men hat­te. Aus der Wis­sen­schafts­po­li­tik nahm der Ob- mann der CDU im Bun­des­tags­aus­schuss für Bil­dung und For­schung am Sym­po­si­on teil, wäh­rend die ande­ren Par­tei- en vor der Kon­sti­tu­ie­rung des neu­en Bun­des­ta­ges noch kei- ne Per­so­nen benen­nen konn­ten. Eben­so­we­nig war die Mi- nis­te­ri­al­ver­wal­tung für Wis­sen­schaft und For­schung ver- tre­ten. Wel­che Unter­neh­men und Ver­bän­de der Wirtschaft

Peter Hom­mel­hoff

Für eine wis­sen­schafts­ad­äqua­te Koope­ra­ti­ons­form – eine Heranführung

Ord­nung der Wis­sen­schaft 2018, ISSN 2197–9197

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zur Arbeit am Pro­jekt „Wis­sen­schafts­ad­äqua­te Rechts­form“ ein­ge­la­den wer­den sol­len, bedarf noch der Klärung.

Die nach­fol­gend abge­druck­ten Bei­trä­ge sind dar­auf aus­ge­rich­tet, das rechts­po­li­ti­sche Desi­de­rat einer eigen- stän­di­gen Rechts­form für wis­sen­schaft­li­che Koope­ra­tio- nen noch stär­ker zu fun­da­men­tie­ren: einer­seits aus dem Blick­win­kel der Wis­sen­schafts­ad­mi­nis­tra­tio­nen und der in ihnen ange­sam­mel­ten Erfah­run­gen, um den Wunsch nach einer neu­en wis­sen­schafts­ad­äqua­ten Rechts­form in sei­ner Dring­lich­keit seri­ös zu bele­gen, und ande­rer­seits unter Betei­li­gung zunächst allein der Rechts­wis­sen­schaf- ten in dem Bestre­ben, das Pro­jekt mit Blick auf die be- rühr­ten Rechts­be­rei­che in sei­nen grund­le­gen­den Aspek- ten erheb­lich zu ver­tie­fen und abzusichern.

II.

Aus dem Erfah­rungs­schatz von Wis­sen­schafts­ad­mi­nist- ratio­nen und For­schungs­ein­rich­tun­gen hat vor allem Wolf­ram Eber­bach mit sei­nem Bei­trag „Eine Rechts­form für Wis­sen­schafts­ko­ope­ra­tio­nen – Aus­gangs­punk­te und Grund­la­gen“ (unten S. 51 ff.) geschöpft. In ihm wer­den zum einen die Koope­ra­tio­nen anhand von Bei­spie­len aus der Wis­sen­schafts­pra­xis vor­ge­führt, nach denen sie als kurz‑, mit­tel- oder lang­fris­ti­ge erschei­nen, zugleich aber die finan­zi­el­len Dimen­sio­nen, inner­halb derer sol­che Koope­ra­tio­nen wir­ken. Zum ande­ren leuch­tet die­ser Bei­trag die Her­aus­for­de­run­gen aus, die schon mit der Aus­wahl der für die kon­kre­te Koope­ra­ti­on best­ge­eig­ne- ten Rechts­form auf dem Boden des gel­ten­den Rechts ver­bun­den sind, erst recht aber mit der Auf­ga­be, die viel- fäl­ti­gen Fra­gen, die eine sol­che Koope­ra­ti­on im Wis­sen- schafts­be­reich auf­wirft, im Ein­zel­nen gestal­tend zu regeln. Ein­be­zo­gen in die­sen Pra­xis­be­richt sind eben­falls die Hilfs­mit­tel, wel­che Minis­te­ri­al­bü­ro­kra­tien in Form von Leit­fä­den oder Ver­trags­mus­tern bereit­stel­len; aber auch sie erleich­tern die recht­li­che Fun­da­men­tie­rung von Wis­sen­schafts­ko­ope­ra­tio­nen nicht wirk­lich – von der ver­blie­be­nen Rechts­un­si­cher­heit ganz zu schwei­gen. Den Preis, der für all ́ die­se Unvoll­kom­men­hei­ten zu ent­rich­ten ist, lis­tet Eber­bach (S. 62) bedrü­ckend ein- drucks­voll auf. In tritt­fes­te­res Gelän­de füh­ren dann aber sei­ne vier Grund­fra­gen, anhand derer das Regel­werk für eine Wis­sen­schafts­ko­ope­ra­ti­on kon­zi­piert und gestal­tet wer­den soll­te. Dies Regel­werk stellt er unter die zutref- fen­de Leit­ma­xi­me: Das Recht darf die Wis­sen­schaft nicht behin­dern, es soll sie fördern.

Zur Not­wen­dig­keit, der Wis­sen­schaft für ihre Ko- ope­ra­tio­nen eine adäqua­te Rechts­form zur Ver­fü­gung zu stel­len, äußert sich Ange­la Kalous unter dem beson­de­ren Aspekt des in einer sol­chen Zusam­men­ar­beit ein­ge­setz- ten Per­so­nals in ihrem Bei­trag „Ver­netz­tes Arbei­ten und

Per­so­nal­zu­ord­nung“ und macht damit die Erfah­run­gen frucht­bar, wel­che die Autorin in der Minis­te­ri­al­bü­ro­kra- tie gesam­melt hat und als Kanz­le­rin einer gro­ßen Uni- ver­si­tät. Im Rah­men der viel­fäl­ti­gen Koope­ra­tio­nen be- steht nach ihrer Beob­ach­tung das Bedürf­nis, ja nicht sel- ten die Not­wen­dig­keit, dass For­sche­rin­nen und For­scher ein­rich­tungs­über­grei­fend zusam­men­ar­bei­ten. Kei­nes der dafür prak­ti­zier­ten Model­le kön­ne als opti­mal qua­li- fiziert wer­den. Nach ihrer Erfah­rung sei­en es rechts­prak- tisch vor allem die Uni­ver­si­tä­ten, deren Inter­es­sen dabei unter die Räder gerie­ten. Des­halb sei wahr­haft die Zeit gekom­men, nach einer neu­en Koope­ra­ti­ons­form Aus- schau zu hal­ten, in der die Part­ner auf Augen­hö­he inter- agie­ren könnten.

Wis­sen­schafts­ko­ope­ra­tio­nen enden nicht an den Lan­des­gren­zen der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land, son- dern über­schrei­ten in einer Viel­zahl von Fäl­len die Bin- nen­gren­zen inner­halb der Euro­päi­schen Uni­on, aber auch deren Außen­gren­zen. Ver­bün­de zwi­schen Wis­sen- schafts­ein­rich­tun­gen in Deutsch­land, den Nie­der­lan­den, Frank­reich und den USA oder in ver­gleich­ba­ren Kons- tel­la­tio­nen fin­den sich in gro­ßer Zahl. Für das Pro­jekt ei- ner wis­sen­schafts­ad­äqua­ten Koope­ra­ti­ons­form im deut- schen Recht ist es des­halb ange­zeigt, die inter­na­tio­na­le Per­spek­ti­ve nicht aus den Augen zu ver­lie­ren, damit die Arbei­ten von Anbe­ginn gegen­über grenz­über­schrei­ten- den Koope­ra­tio­nen unge­ach­tet des Umstands geöff­net blei­ben, dass der (oder die) deutsche(n) Gesetz­ge­ber nicht beru­fen sind, die Anlie­gen aus­län­di­scher Koope­ra- tions­part­ner mit zu regeln. Trotz­dem muss, wer an ei- nem sol­chen Gesetz­ge­bungs­pro­jekt in Deutsch­land mit- arbei­tet, gewis­se Vor­stel­lun­gen von der recht­li­chen Fun- damen­tie­rung grenz­über­schrei­ten­der Koope­ra­tio­nen haben. Ers­te hier­für not­wen­di­ge Infor­ma­tio­nen lie­fert der Bei­trag „Zwi­schen Völ­ker­recht und Fras­ca­ti“, mit dem Chris­ti­an Har­ringa bei­spiel­haft über Koope­ra­tio- nen des Deut­schen Elek­tro­nen-Syn­ch­ro­tons (DESY) (unten S. 69 ff.) berich­tet; in die­sem Zusam­men­hang zu- gleich über die Cha­rak­te­ris­ti­ka, die das Euro­pean Stra­te- gy Forum on Rese­arch Infra­struc­tures (ESFRI) der Be- wer­tung von Koope­ra­ti­ons­for­men zugrun­de legt. Zu den rele­van­ten Erfolgs­fak­to­ren für die Rechts­kon­struk­ti­on inter­na­tio­na­ler For­schungs­ko­ope­ra­tio­nen zählt der Au- tor u.a. die Berück­sich­ti­gung steu­er- und abga­ben­recht- licher Rege­lun­gen neben den gesell­schafts­recht­li­chen so- wie die für eine ange­mes­se­ne Repu­ta­ti­ons­zu­rech­nung bei den Koope­ra­ti­ons­part­nern. Denn bei der Repu­ta­ti­on gehe es nicht pri­mär um wis­sen­schaft­li­che Eitel­keit, son- dern um Wahr­nehm­bar­keit, poli­ti­sche Wert­schät­zung und die öffent­li­che För­de­rung in der Zukunft – sämt­lich Gegen- stand hand­fes­ter Inter­es­sen auch in der Wissenschaft.

Hom­mel­hoff · Wis­sen­schafts­ad­äqua­te Koope­ra­ti­ons­form 4 9

III.

Ihren Aus­gang müs­sen alle rechts­po­li­ti­schen Über­le­gun- gen zu einer neu­en wis­sen­schafts­ad­äqua­ten Rechts­form bei der Fra­ge derer grund­le­gen­den Aus­rich­tung neh­men: Soll- te die­se Rechts­form als eine sol­che des Pri­vat­rechts kon­zi­piert wer­den oder als öffent­lich­recht­li­che Orga­ni­sa­ti­on? Und falls als pri­vat­recht­li­che, also als Gesell­schaft, wäre sie als Per­so­nen- oder als Kapi­tal­ge­sell­schaft zu struk­tu­rie­ren? Der drit­te Aus- rich­tungs­ent­scheid für ein sol­ches Gesetz­ge­bungs­pro­jekt muss sich mit der Fra­ge befas­sen, in wel­chem Aus­maß der Gesetz­ge- ber für Wis­sen­schafts­ko­ope­ra­tio­nen in Geset­zes­form Hil­fe- stel­lung leis­ten und in wel­chem Umfang er auf eige­ne Regeln der an der Koope­ra­ti­on Betei­lig­ten set­zen sollte.

„Öffent­li­ches oder Zivil­recht“ ist Gegen­stand des Bei­trags, den Max-Ema­nu­el Geis (S. 77 ff.) zum Kurs bei­steu­ert, den For- schungs­ko­ope­ra­tio­nen für ihre Nor­mie­rung ein­schla­gen soll- ten.ErrätnacheingehenderAnalysederangebotenenVorla- gen­von­der­gän­gi­gen­Pra­xis­bi­la­te­ra­ler­Ko­ope­ra­ti­ons­ver­trä­ge wegen derer inhä­ren­ten Risi­ken im Rechts­ver­kehr ab und plä- diert im Ergeb­nis dafür, die Figur der gemein­nüt­zi­gen GmbH wis­sen­schafts­ad­äquat in Rich­tung auf den Typus einer wis­sen- schaft­li­chen GmbH fort­zu­ent­wi­ckeln. Nach Ein­schät­zung des Autors wäre eine sol­che Rechts­form in der Lage, die eigen­tüm- liche­Mi­schung­aus­öf­fent­lich­recht­li­chen­Bin­dun­gen­und­Frei- hei­ten wis­sen­schafts­ad­äquat abzu­bil­den. Dage­gen hält Geis die Fort­schrei­bung der Part­ner­schafts­ge­sell­schaft mit beschränk- ter Berufs­haf­tung für eben­so­we­nig ziel­füh­rend wie die Krea­ti- on öffent­lich­recht­li­cher Model­le; von die­sen rät er sogar drin- gend ab.

Mit den Struk­tur­va­ri­an­ten „per­so­nen- oder kapi­t­al­ge- sell­schafts­recht­lich“ befasst sich eben­falls Ste­fan Gei­bel (S. 87 ff.) in sei­nem Bei­trag „Rechts­form und Zurech­nung zwi- schen Trans­pa­renz und Abschir­mung“; in ihm zeigt der Autor auf, wie sich das per­so­nen­ge­sell­schafts­recht­li­che Trans­pa­renz­prin­zip und das Abschir­mungs­prin­zip des Ka- pital­ge­sell­schafts­rechts jeweils im Steuer‑, Beihilfe‑, Wett- bewerbs‑, Arbeit­neh­mer­über­las­sungs- und IP-Recht für die Wis­sen­schafts­ko­ope­ra­tio­nen aus­wir­ken (kön­nen). Sein Vor­schlag für eine wis­sen­schafts­ad­äqua­te Rechts­form läuft auf eine „durch­leuch­te­te Platt­form-GmbH“ hin­aus, die sich in Tätig­keit und Zweck (ähn­lich einer blo­ßen Innen­ge­sell- schaft) auf ein forum inter­num ihrer Koope­ra­ti­ons­part­ner beschrän­ken wür­de und durch die hin­durch die sämt­li­chen Ergeb­nis­se der For­schungs­an­wen­dung zu den Koope­ra­ti- ons­part­nern gelei­tet wer­den könnten.

Vor dem Hin­ter­grund eines kon­zi­sen Über­blicks über die Rege­lungs­in­stru­men­te im Pri­vat­recht und ihre viel­fäl­ti- gen Aus­for­mun­gen prä­sen­tiert Flo­ri­an Mös­lein (S. 99 ff.) in sei­nem Bei­trag „Pri­vat­recht­li­che Regel­set­zungs­fra­gen der wis­sen­schaft­li­chen Koope­ra­ti­ons­form: Ange­bot des Ge- setz­ge­bers oder selbst­ge­stal­te­tes Recht?“ drei Eigenheiten,

die Wis­sen­schafts­ko­ope­ra­tio­nen aus­ma­chen und die daher sowohl für die Art und Wei­se der Regel­set­zung als auch für die Aus­wahl der Rege­lungs­in­stru­men­te bedeut­sam sind: die Hete­ro­ge­ni­tät der Koope­ra­ti­ons­for­men, ihre wis­sen- schafts­spe­zi­fi­sche Unge­wiss­heit und ihre Zweck­rich­tung. Hier­aus destil­liert Mös­lein zur Rege­lungs­stra­te­gie für eine wis­sen­schafts­ad­äqua­te Rechts­form Leit­li­ni­en und Leit­i­de- en: zur Typi­zi­tät die­ser Form, zu ihrer Fle­xi­bi­li­tät sowie zu ihrer Trans­pa­renz mit Blick auf unter­schied­li­che Koope­ra- tions­zie­le und die Schwie­rig­kei­ten ihrer kon­trol­lie­ren­den Überprüfung.

IV.

Im Zen­trum einer nor­mier­ten Rechts­form für Wis­sen- schafts­ko­ope­ra­tio­nen steht deren Orga­ni­sa­ti­ons­ver­fas- sung; mit ihr befasst sich Chris­toph Kum­pan (S. 115 ff.) in sei­nem Bei­trag „Die Gover­nan­ce einer For­schungs- kooperationsgesellschaft–Struktur, Kom­pe­ten­zen und Ver­fah­ren“ näher. Aus­ge­rich­tet auf die Prin­zi­pi­en For- schungs­ad­äquanz, Fle­xi­bi­li­tät, sach­ge­rech­te Ver­wal­tung gro­ßer Geld­be­trä­ge und lang­fris­tig-sta­bi­le Zusam­men- arbeit führt der Autor eine Fül­le von Gesichts­punk­ten zur Lei­tung wis­sen­schaft­li­cher Koope­ra­tio­nen, zu ihrer wis­sen­schaft­li­chen und finan­zi­ell-wirt­schaft­li­chen Beglei­tung und Über­wa­chung, zu den Grund­la­ge­nent- schei­den in der Koope­ra­ti­ons­form sowie zur Betei­li­gung jener For­scher an, die nicht an der Lei­tung der Koope­ra- tion betei­ligt sind. Dem Gesetz­ge­ber wer­den mit den Gesichts­punk­ten eine Viel­zahl von Anre­gun­gen zur Nor­mie­rung unter­brei­tet, aber auch zur Abstand­nah­me von ihr.

V.

Der Wunsch nach einer wis­sen­schafts­ad­äqua­ten Koope­ra- tions­form wur­de von Anbe­ginn beglei­tet von dem Ver­lan- gen nach Erleich­te­run­gen im Steu­er­recht, vor­züg­lich im Bereich der Mehr­wert­steu­er. Den Gedan­ken einer „enab- ling legis­la­ti­on“ treibt Chris­ti­an Har­ringa ganz nach­drück- lich mit sei­ner For­de­rung nach einem holis­ti­schen Nor­mie- rungs­an­satz vor­an, der neben dem Gesell­schafts­recht auch die Berei­che Steu­ern und Abga­ben abschlie­ßend und son- der­recht­lich umfasst (S. 73 f.). Dazu zeigt Ste­fan Gei­bel die Schwie­rig­kei­ten auf, denen eine Fort­schrei­bung des Steu­er- rechts gezielt für Wis­sen­schafts­ko­ope­ra­tio­nen begeg­nen wird (S. 92); nicht weni­ger her­aus­for­dernd, so sein Befund, das durch und durch euro­päi­sche Bei­hil­fen- und Wett­be- werbs­recht (S. 90 ff.) sowie die Arbeit­neh­mer­über­las­sung nach deut­schem Recht (S. 93).

Wis­sen­schafts­ko­ope­ra­tio­nen sind in ers­ter Linie auf Erkennt­nis­ge­winn aus­ge­rich­tet, auf Finanz­ge­winn allen- falls nach­ge­ord­net. Daher kommt dem geis­ti­gen Eigen-

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tum in For­schungs­ver­bün­den, mit dem sich Bern­hard Ulri­ci (S. 129 ff.) ein­ge­hend befasst, beson­de­re Bedeu- tung zu. Für die geis­ti­gen Leis­tun­gen kon­sta­tiert er einen erheb­li­chen Koor­di­nie­rungs­be­darf auf drei Ebe­nen, die über eine eige­ne Rechts­form für die Koope­ra­ti­on deut­li- cher sicht­bar zwi­schen Ver­bund- und Beschäf­ti­gungs- ebe­ne getrennt wer­den könn­ten. Nach inten­si­ven Erwä- gun­gen gelangt der Autor zum Ergeb­nis, auf der Ver­bun- debe­ne der Koope­ra­ti­ons­part­ner brauch­ten deren Inter- essen nicht gesetz­lich koor­di­niert zu wer­den. Dage­gen erfor­dert es der Inter­es­sen­aus­gleich auf der Beschäf­ti- gungs­ebe­ne nach der Ein­schät­zung Ulri­cis, das Arbeit- neh­mer­fin­dungs­ge­setz zu überarbeiten.

VI.

Ziel des nach­fol­gend doku­men­tier­ten Sym­po­si­ons ist ganz vor­ran­gig, den Deut­schen Bun­des­tag in des­sen ans­te- hen­der Legis­la­tur­pe­ri­ode für eine rechts­po­li­ti­sche Initia­ti­ve zu gewin­nen. Auf sie kon­zen­triert sich die zum Abschluss refe­rier­te Podi­ums­dis­kus­si­on mit dem Bun­des­tags­ab­ge­ord- neten Dr. Ste­fan Kauf­mann. In die­ser Dis­kus­si­on kamen unter ande­rem die Not­wen­dig­keit einer eigenständigen

Rechts­form für Wis­sen­schafts­ko­ope­ra­tio­nen zur Spra­che, die Sicht­bar­keit wis­sen­schaft­li­cher Erfol­ge und ihre Zuord- nung, die Risi­ko- und Haf­tungs­be­schrän­kung der Koope- rati­ons­part­ner sowie die (ver­fehl­te) Linie der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on, Wis­sen­schafts­po­li­tik als Teil der Wirt­schafts- poli­tik zu begreifen.

Im Ver­lau­fe der Dis­kus­si­on sag­te Dr. Kauf­mann – wie zuvor auch der für den Bereich Wis­sen­schaft zustän­di­ge Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te Tank­red Schip­an­ski – die Auf- nah­me eines Prüf­auf­trags („must have oder nice to have“) in das CDU/CSU Posi­ti­ons­pa­pier für die ans­te- hen­den Koali­ti­ons­ver­hand­lun­gen zu. Die­ser Auf­trag fin- det sich nun auch im Koali­ti­ons­ver­trag (S. 131): „Wir prü- fen, ob zur Erleich­te­rung von For­schungs­ko­ope­ra­tio­nen eine neue Rechts­form für die­se Art der Zusam­men­ar­beit ein­ge­führt wer­den sollte.“

Peter Hom­mel­hoff war Direk­tor des Insti­tuts für deut- sches und euro­päi­sches Wirt­schafts- und Gesell- schafts­recht der Uni­ver­si­tät Hei­del­berg und ihr Rek­tor, in der Hoch­schul­rek­to­ren­kon­fe­renz war er Spre­cher der Universitäten.