ÜBERSICHT
I. Einbeziehung des wissenschaftlichen Personals in die Perso- nalvertretungsgesetze
1. Allgemeines zum Personalvertretungsrecht
2. Personalvertretungsrecht im Hochschulbereich 3. Die Regelungen der Länder im Überblick
4. Bundeswehrhochschulen
II. Personalvertretungsrecht und Wissenschaftsfreiheit
1. Grundrechtlicher Schutz der Wissenschaftsfreiheit
a) Schutzbereich der Wissenschaftsfreiheit der Hochschullehrer
b) Schutzbereich der Wissenschaftsfreiheit der Hochschulen
2. Beeinträchtigung der Wissenschaftsfreiheit durch das Personalvertretungsrecht
a) Personalvertretungsrecht als verfassungsimmanente Schranke?
b) Beteiligungsrechte der Personalvertretungen
aa) Personelle Beteiligungsrechte
bb) Soziale Beteiligunsrechte
cc) Wirtschaftliche und Organisatorische Beteiligungsrechte III. Hochschullehrer in den einzelnen Personalvertretungs- gesetzen
1. Die aktuelle Rechtslage
a) Personelle Beteiligungsrechte
b) Soziale Beteiligungsrechte
c) Wirtschaftliche und organisatorische Beteiligungsrechte
d) Der Wirtschaftsausschuss als Besonderheit im Personalver- tretungsrecht
2. Sonderfälle a) Bremen
b) Hamburg c) BPersVG
IV. Fazit und Ausblick
Seit den achtziger Jahren ist die Stellung der Hochschul- lehrer in den Landespersonalvertretungsgesetzen nicht mehr tiefergehend diskutiert und aufgearbeitet worden.1 Mit der Einführung von Wirtschaftsausschüssen u. a. im
* Wir danken Herrn Fritz Pieper für die Unterstützung bei der Erstellung dieses Aufsatzes.
1 Vgl. beispielhaft die beiden Tagungsbände: Personalvertretungs- recht an Wissenschaftlichen Hochschulen unter Berücksichtigung der neuen Landespersonalvertretungsgesetze, Fortbildungspro- gramm für die Wissenschaft Materialien Nr.27, Essen (1986) sowie Personalvertretungsrecht an wissenschaftlichen Hochschulen,
Rahmen der Novellierung des Landespersonalvertre- tungsgesetzes in Baden-Württemberg,2 ist es an der Zeit, die Stellung dieser Gruppe im Personalvertretungsrecht der Hochschulen erneut zu beleuchten, einen Überblick über die einzelnen Regelungen zu geben und verfas- sungsrechtlich bedenkliche Missstände aufzuzeigen.
Dieser Beitrag führt zunächst in die allgemeinen rechtlichen Strukturen der Personalvertretung im Hoch- schulbereich ein und gibt eine Übersicht über die einzel- nen Regelungen im Hinblick auf die Stellung der Hochschullehrer.
Im zweiten Teil wird die Problematik zwischen Per- sonalvertretungsrecht und Wissenschaftsfreiheit darge- stellt und die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit ein- zelner Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte gestellt.
Im dritten Teil werden die Regelungen der einzelnen Personalvertretungsgesetze im Hinblick auf die im zweiten Teil erörterten verfassungsrechtlichen Fragen untersucht.
I. Einbeziehung des wissenschaftlichen Personals in die Personalvertretungsgesetze
1. Allgemeines zum Personalvertretungsrecht
Die Befugnisse des für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes zuständigen Personalrates richten sich für den öffentlichen Dienst des Bundes nach den Vorschriften des BPersVG und für den öffentlichen Dienst der Bun- desländer nach den Vorschriften der Landespersonal- vertretungsgesetze. Der Bund hat gemäß Art. 73 Nr. 8 GG die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz in Bezug auf „die Rechtsverhältnisse der im Dienste des Bundes und der bundesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen Rechts stehenden Personen“. Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG verleiht dem Bund zudem die Kompe- tenz im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung „die Statusrechte und ‑pflichten der Beamten der Län- der, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffent- lichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Aus-
Fortbildungsprogramm für die Wissenschaftsverwaltung Materia-
lien Nr. 7, Essen (1982).
2 Gesetz zur Änderung des Landespersonalvertretungsgesetzes, des
Landesrichter- und Staatsanwaltsgesetzes und anderer Vorschrif- ten Gbl. 2013, 329; allgemein hierzu: Kutzki, Das neue Landesper- sonalvertretungsgesetz in Baden-Württemberg (LPVG BW 2014), öAT 2014, 71.
Andreas Schubert und Sarah Tarantino
Hochschullehrer im Personalvertretungsrecht*
Ordnung der Wissenschaft 2015, ISBN/ISSN 3–45678-222–7
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nahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung“ kraft Rechtsvorschrift zu regeln. Die diesbezüglich vom Bund verabschiedeten Regelungen finden sich in den §§ 94–109 BPersVG. Während die §§ 94–106 BPersVG Rahmenvorschriften für die Gesetzgebung der Länder enthalten, stellen §§ 107–109 BPersVG unmittelbar für die Länder geltende Vorschriften dar. Allerdings gelten die Vorschriften der §§ 94–109 BPersVG, welche auf der Fassung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 75 Abs. 1 Nr. 1 GG a.F.3 beruhen, nur noch gem. Art. 125a GG fort und die Länder können somit hiervon abweichende Regelungen treffen (vgl. Art. 125a Abs. 1 2 GG).4 Dies gilt jedoch nicht für die Vorschrift des § 108 BPersVG. Von ihr dürfen die Länder nicht abweichen, da sie auf der Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG beruht.5
Welches Personalvertretungsgesetz (Bund oder Land) im jeweiligen Fall anzuwenden ist, ist nach dem Träger der Dienststelle zu bestimmen, bei dem die Personalräte zu bilden sind.6
2. Personalvertretungsrecht im Hochschulbereich
Neben dem Verwaltungspersonal besteht das Personal einer Hochschule insbesondere aus der sie charakterisie- renden Gruppe des wissenschaftlichen Personals. Diese lässt sich vornehmlich in Professoren, Juniorprofessoren und wissenschaftliche Mitarbeiter aufgliedern. Die meis- ten Personalvertretungsgesetze beschränken ihren Anwendungsbereich auf Teile des wissenschaftlichen Personals, zumindest die wissenschaftlichen Mitarbeiter. Für die ausgenommenen Beschäftigten bedeutet dies, dass ihnen weder das aktive noch das passive Wahlrecht hinsichtlich der in der Regel alle vier Jahre vom 1. März bis 31. Mai stattfindenden Personalratswahl7 zusteht. Sie haben weder die Möglichkeit, über die Zusammenset- zung des Personalrats zu bestimmen, noch sich selbst zur Wahl zu stellen und aktiv an der Personalratsarbeit zu beteiligen. Der Personalrat ist bei allen diese Beschäf- tigten betreffenden Belange nicht zuständig.
Für Personengruppen, welche zu Hochschulen nicht in einem Dienst‑, Beamten- oder Angestelltenverhältnis stehen, sondern wie beispielsweise Lehrbeauftragte als
- 3 Aufgehoben durch Gesetz vom 28.8.2006, BGBl. I 2034.
- 4 HM vgl. mwN.: Richardi/Dörner/Weber/Kersten, Personalvertre-tungsrecht, 4. Aufl. (2012), § 94, Rn. 5.
- 5 Richardi/Dörner/Weber/Kersten, aaO. (Fn. 4), § 108, Rn. 4;Altvater, Die Entwicklung der Landespersonalvertretungsgesetze im Jahr 2006, PersR 2007, 279, 280; a.A. Biermann/Kammradt, Föderalismusreform in Kraft, PersR 2006, 444, 446.
- 6 Vgl. § 12 BPersVG sowie beispielhaft § 14 Abs. 1 LPVG BW.
- 7 Vgl. § 27 Abs 1 BPersVG. Näheres regeln die einzelnen Wahlord-nungen der Länder.
selbstständige Mitarbeiter in einem öffentlich-rechtli- chen Dienstverhältnis mit dem Land8 tätig werden, er- scheint eine Herausnahme aus den Personalvertretungs- gesetzen sinnvoll,9 denn eine Eingliederung in die Dienststelle Hochschule ist in diesen Fällen nicht gege- ben, so dass es auch an der Notwendigkeit einer Interes- senvertretung durch den Personalrat an derselben fehlt.
Eine andere Ausgangslage besteht hingegen für die Hochschullehrer. Diese stellen eine tragende Säule und einen wesentlichen Bestandteil der Hochschulen dar und sind in die Verwaltungsabläufe derselben gänzlich integriert. Daher berühren die aus dem Personalvertre- tungsrecht resultierenden Befugnisse der Personalräte in vielen Bereichen zwangsläufig auch ihre Interessen. Dies gilt vor allem hinsichtlich der Kompetenzen, welche dem Personalrat in Bezug auf die Universität als Ganzes zu- kommen. Denn hiervon sind die Hochschullehrer in gleicher Weise betroffen wie die anderen Personalgruppen.
3. Die Regelungen der Länder im Überblick
Die meisten Personalvertretungsgesetze finden auf Hoch- schullehrer10 keine Anwendung.
§ 94 Abs. 1 Nr. 1 PersVG Baden-Württemberg; Art 4
Abs. 4a PersVG Bayern iVm Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 BayHSchPG; § 3 Abs. 2 Nr 1a PersVG Berlin; § 90 Abs. 1 Nr. 1 PersVG Brandenburg; § 97 Abs. 1 PersVG Hessen; § 76 Abs. 1 PersVG Mecklenburg-Vorpommern; § 105 Abs. 1 Nr. 1 PersVG Niedersachsen; § 5 Abs. 4a PersVG Nordrhein- Westfalen; § 98 PersVG Rheinland-Pfalz; § 97 iVm § 4 PersVG Saarland; § 4 Abs. 4 Nr. 4 PersVG Sachsen; § 99 Abs. 1 Nr. 1 PersVG Sachsen-Anhalt; § 77 Abs. 1 MBG Schleswig-Holstein; § 88 Nr. 1 PersVG Thüringen
Selten bestehen für das übrige wissenschaftliche Per- sonal, insbesondere die wissenschaftlichen Mitarbeiter, eigene Personalräte.
§ 90 Abs. 2 bis 6 PersVG Brandenburg; § 76 Abs. 2 PersVG Mecklenburg-Vorpommern
8 Vgl. etwa für Baden-Württemberg § 56 Abs. 1 Landeshochschul- gesetz BW; vgl. hierzu allgemein Hartmer/Detmer/Götting/Leuze, Hochschulrecht, Kap. XIII, Rn. 143 ff sowie Hartmer, Struktur des wissenschaftlichen Personals an Universitäten, Forschung&Lehre 10/10, 712.
9 Die Herausnahme dieser Gruppe ist in § 94 Abs. 1 LPVG BW explizit geregelt.
10 Zu den Hochschullehrern gehören gem. § 42 Hochschulrahmen- gesetz Professoren und Juniorprofessoren. Baden-Württemberg erfasst in § 44 Abs. 1 Nr. 1 LHG BW zudem Hochschuldozenten.
Schubert/Tarantino · Hochschullehrer im Personalvertretungsrecht
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Die beiden „Hansestadtstaaten“ Bremen und Ham- burg gehen im Personalvertretungsrecht hinsichtlich der Hochschullehrer einen eigenen Weg: Das Personalver- tretungsgesetz Bremen verzichtet vollständig auf eine ei- genständige Regelung hinsichtlich des Bereichs der Hochschulen. In Hamburg wählt das wissenschaftliche Personal bei der Universität und dem Universitätsklini- kum Hamburg-Eppendorf einen eigenen Personalrat. Gem. § 12 Abs. 1 Hamburgisches Hochschulgesetz neh- men Professoren die ihrer Hochschule jeweils obliegen- den Aufgaben in Wissenschaft, Forschung und Lehre selbstständig wahr und gehören somit zum wissenschaft- lichen Personal. Folglich fallen sie in den Geltungsbereich des Hamburgischen Landespersonalvertretungsrechts.
4. Bundeswehrhochschulen
Zur deutschen Hochschullandschaft gehören auch die Universität der Bundeswehr München und die Helmut- Schmidt-Universität der Bundeswehr Hamburg.11
Nach § 1 Abs. 1 S. 3 der Rahmenbestimmung für Struktur und Organisation der Universität der Bundes- wehr München sowie § 1 Abs. 1 S. 1 der Rahmenbedin- gungen für Struktur und Organisation der Universität der Bundeswehr Hamburg ist die Bundesrepublik Träger dieser beiden Hochschulen. Für sie gilt das BPersVG. Die Hochschullehrer und das sonstige wissenschaftliche Personal sind gem. § 4 BPersVG zunächst nicht vom An- wendungsbereich ausgenommen und werden als „Be- schäftigte“ definiert. Für sie gelten die allgemeinen Be- stimmungen über Wahl, Zusammensetzung, Aufgaben und Beteiligung des Personalrats. Allerdings mit einer Ausnahme:§77Abs.1BPersVGbestimmt,dassbeiBe- schäftigten mit überwiegend wissenschaftlicher oder künst- lerischer Tätigkeit der Personalrat nach §§ 75 Abs. 1 und 76 Abs. 1 BPersVG nur mitbestimmt, wenn sie es beantra- gen.12 Dabei handelt es sich um die Personalangelegen- heiten von Arbeitnehmern (§ 75 Abs. 1 BPersVG) bzw. Beamten (§ 76 Abs. 1 BPersVG). Die Beteiligung des Per- sonalrats bei sozialen und innerdienstlichen Angelegen- heiten des wissenschaftlichen Personals bleibt dagegen unberührt.
- 11 Allgemein zu den Bundeswehrhochschulen: Weise, Die Hoch- schulen der Bundeswehr als Körperschaften des öffentlichen Rechts, WissR 1978, 244.
- 12 Hierzu Otto, Personalvertretungsrechtlicher Tendenzschutz cont- ra kollektiven Sozialschutz, in: Festschrift für Marie Luise Hilger und Hermann Stumpf zum 70. Geburtstag, (1983), 529, 534 ff.
- 13 BVerfG 29.5.1973, 1 BvR 424/71, BVerfGE 35, 79.
- 14 BVerfG 29.5.1973, aaO. (Fn. 13).
- 15 BVerfG 29.5.1973, aaO. (Fn. 13).
- 16 BVerfG 29.5.1973, aaO. (Fn. 13).
- 17 Dreier/Britz, Grundgesetz Kommentar, 3. Aufl. (2013), Band I, Art. 5 Abs. 3 Rn. 23.
II. Personalvertretungsrecht und Wissenschaftsfreiheit
1. Grundrechtlicher Schutz der Wissenschaftsfreiheit
Art. 5 Abs. 3 GG sichert die freie Ausübung von Wissen- schaft, Forschung und Lehre. Schutzgut dieser drei – unter dem Oberbegriff „Wissenschaftsfreiheit“ zusam- mengefassten13 – Grundrechte ist zum einen die indivi- duelle Garantie der freien wissenschaftlichen Betätigung und zum anderen die „Funktionsfähigkeit der Instituti- on „freie Wissenschaft“ als solche.“14 Als Abwehrrecht schützt Art. 5 Abs. 3 GG in erster Linie vor „staatlicher Fremdbestimmung“ in einem „freien Bereich persönli- cher und autonomer Verantwortung“.15 Die wissen- schaftliche Betätigung soll bezüglich Fragestellung, Methodik wie auch Deutung, Bewertung und Veröffent- lichung der Ergebnisse frei sein.16 Die Wissenschaftsfrei- heit schützt auch negativ. Niemand kann verpflichtet werden, bestimmten Forschungs- und Lehrrichtungen nachzugehen.17
Die Wissenschaftsfreiheit ist vorbehaltlos gewähr- leistet. Begrenzungen erwachsen ihr somit einzig durch die Verfassung selbst (verfassungsimmanente Schranken).18
a) Schutzbereich der Wissenschaftsfreiheit der Hoch- schullehrer
Eine Schlüsselfunktion für die Wissenschaftsfreiheit kommt den Wissenschaftlern an Hochschulen, insbe- sondere den Hochschullehrern, zu. „Kern der Wissen- schaftsfreiheit ist für Hochschullehrer das Recht, ihr Fach in Forschung und Lehre zu vertreten“.19 Sie können ihre Forschungsvorhaben bezüglich Fragestellung, Methodik wie auch Deutung und Bewertung der Ergeb- nisse frei durchführen und publizieren. Hinzu kommt die Freiheit, Gegenstand, Form, Inhalt, Methode und Material für Lehrveranstaltungen nach eigenem Gut- dünken zu wählen.20 Beeinträchtigt wird die Wissen- schaftsfreiheit durch jede obrigkeitliche direkte Steue- rung.21 Auch hochschulinterne Politik kann so zu einer Beeinträchtigung von Art. 5 Abs. 3 GG führen.22 Maß- stab muss bei hochschulinternen Entscheidungsprozes-
18 Dreier/Britz, aaO. (Fn. 17), Rn. 33.
19 BVerfG 29.5.1973, aaO. (Fn. 13).
20 BVerfG 29.5.1973, aaO. (Fn. 13).
21 Vgl Dreier/Pernice, Grundgesetz Kommentar, aaO. (Fn. 17),
Art. 5 Abs. 3, Rn. 32.
22 Vgl Blankenagel, Partizipation von Wissenschaftlern in der Wis-
senschaftspolitik, KritV 1989, 247, 256 ff; vgl. auch v. Mangold/ Klein/Starck/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3, Rn. 413, welcher beispielhaft von der Universität eingesetzte Kommissionen und deren Entscheidungen aufführt.
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sen stets Art. 5 Abs. 3 GG sein. Das BVerfG hat deutlich gemacht, dass der Hochschullehrer in der Ausübung des Kernbereichs des Art. 5 Abs. 3 GG23 zwar frei sein muss.24 Allerdings kann die freie Lehre aufgrund des Umstandes, dass verfassungsrechtlich eben nur das „Gebot der wis- senschaftlichen, d.h. inhaltlich auf eigener Forschungs- tätigkeit beruhenden Lehre“,25 vorausgesetzt ist, auch Einschränkungen, wie beispielsweise durch die „institu- tionelle Ausbildungsaufgabe der Universität“, erfahren.26
b) Schutzbereich der Wissenschaftsfreiheit der Hochschulen
Hochschulen kommt in Bezug auf Art. 5 Abs. 3 GG eine Doppelfunktion zu. Durch sie kommt der Staat seiner verfassungsmäßigen Pflicht nach, die Ausübung freier Wissenschaft zu gewährleisten.27 Daneben sind sie selbst Träger des Grundrechts. Damit gehören Hochschulen zu der „Ausnahmetrias“ der grundrechtsberechtigten juris- tischen Personen des öffentlichen Rechts. Grundsätzlich könnenjuristischePersonendesöffentlichenRechtsbei der Ausübung ihrer öffentlichen Aufgaben keinen Grundrechtsschutz gegenüber dem Staat einfordern.28 Hochschulen (wie auch Kirchen und Rundfunkanstal- ten) erfüllen jedoch nicht nur als „verlängerter Arm“ des Staates einen staatlichen Auftrag: Sie sind unmittelbar einem durch bestimmte Grundrechte geschützten Lebensbereich zugeordnet und damit als staatsferne Ein- richtungen anzusehen, die selbst originäre Grundrechts- träger sind.29 Daraus folgt, dass sie sich selbst auf die Wissenschaftsfreiheit berufen können und der Staat ver- pflichtet ist, ihre freie wissenschaftliche Betätigung zu schützen. Gleichzeitig bleiben sie als staatliche Einrich- tungen Adressaten der Grundrechte.
Die Hochschulen bieten Wissenschaftlern eine Platt- form, um zu forschen und zu lehren. Wie diese Plattform organisatorisch ausgestaltet ist und wer davon auf wel- che Art und Weise profitieren darf, ist Teil der Wissen- schaftsfreiheit der Hochschule.30 Zu dieser gehört die freie Entscheidung über organisatorische Angelegenhei- ten und insbesondere wissenschaftliche Personalangele- genheiten. Durch spezielle Personalentscheidungen und die wohlüberlegte Auswahl ihres wissenschaftlichen Per-
- 23 Vgl. Dreier/Pernice, aaO. (Fn. 17).
- 24 BVerfG 29.5.1973, aaO. (Fn. 13).
- 25 So Maunz/Dürig/Scholz, Grundgesetz Kommentar, 70. Ergän-zungslieferung 2013, Art. 5 Abs. 3, Rn. 173.
- 26 So Maunz/Dürig/Scholz, aaO. (Fn. 25).
- 27 BVerfG 29.05.1973, aaO. (Fn. 14).
- 28 BVerfG 2.5.1967, 1 BvR 578/63, BVerfGE 21, 362.
- 29 BVerfG 16.1.1963, 1 BvR 316/60, BVerfGE 15, 256, 262.
- 30 Hartmer/Detmer/Kempen, aaO. (Fn. 8), 10; Hartmer/Detmer/Löwisch/Wertheimer, aaO. (Fn. 8), 511.
- 31 BVerfG 26.5.1970, 2 BvR 311/67, BVerfGE 28, 314, 323 und
sonals können Hochschulen auf diese Weise ihr eigenes Forschungs- und Lehrprofil schaffen.
2. Beeinträchtigung der Wissenschaftsfreiheit durch das Personalvertretungsrecht
a) Personalvertretungsrecht als verfassungsimmanente Schranke?
Die vorbehaltlose Gewährung der Wissenschaftsfreiheit führt dazu, dass sie nur durch andere Grundrechte oder Rechte mit Verfassungsrang eingeschränkt werden kann. Das Personalvertretungsrecht kann sich zwar auf das Demokratie- und Sozialstaatprinzip gem. Art. 20 Abs. 1 GG sowie die Grundrechte der Arbeitnehmer stützen.31 Das Grundgesetz gebietet aber nicht, Personalvertretun- gen zu schaffen – der Gesetzgeber könnte den Grund- rechten der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes auch auf andere Weise Geltung verschaffen.32 Bei den Perso- nalvertretungsgesetzen handelt es sich folglich nicht um Regelungen, die auf einer verfassungsimmanenten Schranke beruhen und deshalb die Wissenschaftsfreiheit der Hochschullehrer und der Hochschulen begrenzen können. Nur wo das Personalvertretungsrecht dem Schutz der Grundrechte der Beschäftigten des öffentli- chen Dienstes dient, ist es dazu in der Lage.
b) Beteiligungsrechte der Personalvertretungen
Von einer Beeinträchtigung der Wissenschaftsfreiheit kann dann gesprochen werden, wenn das Personalver- tretungsrecht durch die Beteiligungsrechte des Personal- rats die Grundrechtsträger tatsächlich in ihren freien Entscheidungen bezüglich der Verwirklichung der Wis- senschaftsfreiheit, beispielsweise durch Kontrolle oder Steuerung der wissenschaftlichen Tätigkeit, ein- schränkt.33 Dabei muss zwischen den unterschiedlichen Beteiligungsmöglichkeiten unterschieden werden.
Ein schwaches Beteiligungsrecht, wie das Informati- onsrecht stellt noch keine Beeinträchtigung der Wissen- schaftsfreiheit dar.34 Der Hochschule steht es frei, die ge- plante Maßnahme durchzuführen, ohne dass der Perso- nalrat diese als Informationsempfänger beeinflussen könnte.
27.3.1979, 2 BvL 2/77, BVerfGE 51, 43, 58; ausführlich Löwisch/ Kaiser, Tendenzschutz in öffentlich-rechtlichen Bühnenunterneh- men, 1996, 41 f, weiterführende Nachweise hierzu dort v.a. unter Fn 16.
32 BVerfG 26.5.1970 aaO. (Fn. 31); vgl. auch Ossenbühl, Grenzen der Mitbestimmung im öffentlichen Dienst, 1986, 35, der die Einfüh- rung der Mitbestimmung im öffentlichen Dienst als „politische Entscheidung des Gesetzgebers“ bezeichnet.
33 Vgl. Dreier/Pernice, aaO. (Fn. 21), Rn. 32.
34 So zur Pressefreiheit BVerfG 6.11.1979, 1 BvR 81/76, AP Nr. 14
zu § 118 BetrVG 1972.
Schubert/Tarantino · Hochschullehrer im Personalvertretungsrecht 1 5
Differenzierter müssen Anhörungs- und Beratungs- rechte beurteilt werden. Zwar ist auch bei diesen Beteili- gungsrechten die Hochschulleitung nicht gehindert, die Maßnahme nach ihren Vorstellungen durchzuführen. Jedoch liegt der Sinn und Zweck von Anhörungs- und Beratungsrechten gerade darin, Einfluss auf die Ent- scheidungen des Arbeitgebers zu nehmen. Dies geht bei nicht wissenschaftsbezogenen Einwendungen des Perso- nalrats noch an, nicht aber bei wissenschaftsbezogenen Einwendungen.35 Denn die Beurteilung der wissen- schaftsrelevanten Gesichtspunkte einer Maßnahme ist allein Sache der Träger der Wissenschaftsfreiheit selbst. Steht dem Personalrat eine Beteiligung im Sinne eines Anhörungs- und Beratungsrechts zu, so muss er auf die Geltendmachung von wissenschaftsbezogenen Gesichts- punkten verzichten.36
Dies gilt ebenso für die Mitwirkung37 und die einge- schränkte Mitbestimmung38 des Personalrats. Bei der Mitwirkung soll die Erörterung der Entscheidung mit dem Ziel einer Verständigung geschehen. Kommt es zu keiner Einigung kann der Personalrat die übergeordnete Dienststelle, bei der eine Stufenvertretung besteht, ein- schalten. Diese erörtert die Frage mit der Stufenvertre- tung und trifft eine Entscheidung. Die Einigungsstelle kann nicht angerufen werden. Aufgrund seiner einge- schränkten Kompetenz scheidet eine Anrufung der obersten Dienstbehörde durch den Personalrat wegen wissenschaftlicher Differenzen aus.
Bei der eingeschränkten Mitbestimmung kann die Entscheidung nicht ohne die Zustimmung des Personal- rats getroffen werden. Bei einer Nichteinigung kann die Einigungsstelle angerufen werden. In den Fällen der ein- geschränkten Mitbestimmung hat die Einigungsstelle nur die Befugnis, Empfehlungen auszusprechen, denen die Hochschulleitung nicht folgen muss.39 Besteht eine Nichteinigung bezüglich wissenschaftlicher Gesichts- punkten ist eine Einberufung der Einigungsstelle jedoch nicht möglich – über solche Aspekte dürfen eben nur die Träger der Wissenschaftsfreiheit entscheiden.
Bei vollen Mitbestimmungsrechten des Personalrats besteht kein Letztentscheidungsrecht der Hochschule mehr, denn ohne Zustimmung des Personalrats gibt es
- 35 BVerfG 6.11.1979, aaO. (Fn. 34); Wehrisch, Die Beteiligungsrechte der Personalvertretung bei der Einstellung und Kündigung von wissenschaftlichen Mitarbeitern an Universitäten, (2003), 73 ff.
- 36 Pelzner, Wissenschaftsfreiheit und Mitbestimmung. Tendenz- schutz in den Personalvertretungsgesetzen des Bundes und der Länder in: Festschrift für Rudolf Gmür (1983), 345, 350 f.
- 37 Dazu Wehrisch, aaO. (Fn. 35); MüArbR/Germelmann, § 277 Rn. 6 ff.
- 38 Dazu MüArbR/Germelmann, aaO. (Fn. 39), Rn. 12.
- 39 Dazu BVerfG 25.5.1995, 2 BvF 1/92, BVerfGE 93, 37 ff.
- 40 Beispielsweise § 71 Abs. 5 PersVG Hessen; § 75 Abs. 6 PersVG Rh-Pf.
keine Entscheidung. Diese Mitbestimmungsvariante stellt erst recht einen Verstoß gegen Art. 5 Abs. 3 GG dar, wenn sie wissenschaftsbezogenen Themen betrifft.
Daran kann auch ein Evokationsrecht der obersten Dienstbehörde40 oder der Landesregierungen41 nichts ändern. Zwar kann die oberste Dienstbehörde oder die Landesregierung in diesen Fällen den Beschluss der Ei- nigungsstelle aufheben und schlussendlich selbst ent- scheiden. Das Verfahren ist jedoch zeitintensiv: Beraten Hochschulleitung und Personalrat über ein Thema mit Wissenschaftsbezug ohne Ergebnis, wird die Einigungs- stelle angerufen. Diese muss sodann eine Entscheidung fällen, mit welcher die Hochschulleitung nicht einver- standen ist. In diesem Fall schaltet sie die oberste Dienst- behörde bzw. die Landesregierung ein, welche die Ent- scheidung dann an sich ziehen kann. Im schlechtesten Fall können Monate bis zu einer endgültigen Entschei- dung vergehen. Auch solche Verzögerungen stellen ei- nen Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit der Grund- rechtsträger dar.42
aa) Personelle Beteiligungsrechte
Die verfassungsrechtlich geschützte Freiheit der wissen- schaftlichen Betätigung führt dazu, dass dem Personal- rat bei der Berufung und der Beschäftigung von Hoch- schullehrern und auch sonstigen Entscheidungen, die Forschung und Lehre betreffen, keine Kompetenzen zustehen dürfen.
Forschung und Lehre betreffen auch die personellen Angelegenheiten der wissenschaftlichen Mitarbeiter. Die Auswahl und Kündigung eines wissenschaftlichen Mit- arbeiters gehört als „wissenschaftsrelevante Angelegen- heit“43 zur grundrechtlich geschützten Wissenschafts- freiheit der Hochschullehrer. Um seine Forschung sinn- voll durchzuführen, steht es dem Hochschullehrer zu, über Einsatz, Benutzung und Verwendung sachlicher und personeller Mittel unter wissenschaftlichen Aspek- ten allein zu entscheiden.44 Der Hochschullehrer muss sich aufgrund dessen Qualifikation für einen bestimm- ten Mitarbeiter entscheiden können. Die Einstellung oder Kündigung muss allerdings auf wissenschaftlichen Gründen beruhen. Ist diese Voraussetzung gegeben, darf
41 Beispielsweise § 66 Abs. 7 iVm § 68 PersVG NRW; § 74 Abs. 2 PersVG BW.
42 Wehrisch, aaO. (Fn. 35), 80 ff.
43 BVerfG 29.5.1973, aaO. (Fn. 13); vgl. Buchner, Beteiligung der
Personalvertretung im Personalbereich der Hochschulen, in: Per- sonalvertretungsrecht an Wissenschaftlichen Hochschulen unter Berücksichtigung der neuen Landespersonalvertretungsgesetze, Fortbildungsprogramm für die Wissenschaft Materialien Nr. 27, Essen (1986), 125, 146.
44 Ausführlich: Wehrisch, aaO. (Fn. 35), 34 ff.
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es keine Beteiligungsrechte geben, die auf eine Beeinflus- sung der Personalentscheidung des Hochschullehrers abzielen. Folglich darf die Personalratsbeteiligung nicht auf eine wissenschaftliche Bewertung der Entscheidung des Hochschullehrers hinauslaufen. Die Beteiligung kann sich nur auf nicht wissenschaftsrelevante Fragen der Einstellung oder Kündigung beziehen.45 Ansonsten liegt ein Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit des Hoch- schullehrers vor.
Am Vorliegen eines Eingriffs ändert sich auch nichts, wenn die Beteiligung des Personalrats nur auf Antrag des betroffenen wissenschaftlichen Mitarbeiters erfolgt oder ein Personalrat beteiligt wird, der selbst nur aus wissen- schaftlichem Personal besteht.
Bei der Beteiligung auf Antrag werden zwar die Inte- ressen des wissenschaftlichen Mitarbeiters geschützt,46 diese müssen aber hinter den Schutz der Wissenschafts- freiheit des Hochschullehrers zurücktreten. Diese ist bei einer solchen Regelung genauso tangiert, wie bei einer allgemeinen Personalratsbeteiligung.47
Praktisch wird die Mitbestimmung auf Antrag ohne- hin nur bei der Kündigung eines wissenschaftlichen Mit- arbeiters. Denn dieser wird gegen eine Einstellung im Regelfall nichts einzuwenden haben. Dies führt jedoch dazu, dass die Mitbestimmung auf Antrag zu einem Ins- trument wird, das lediglich dem wissenschaftlichen Mit- arbeiter dient und die Wissenschaftsfreiheit des Hoch- schullehrers ins Leere laufen lässt.48
Auch eine Beteiligung von Personalvertretungen, die aus wissenschaftlichen Mitarbeitern besteht, ändert nichts an dem Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit. Die- se Personalvertretungen verfügten prinzipiell zwar über die wissenschaftliche Kompetenz zur Beurteilung von Entscheidungen der Hochschullehrer. Dass eine fachli- che Kompetenz der Personalvertretung besteht, ändert nichts daran, dass nach Art. 5 Abs. 3 GG die Entschei- dung über das wissenschaftliche Personal bei den Hoch- schullehrern liegt. Deren Freiheit würde ausgehöhlt, lie- ße man eine Mitbestimmung eines wissenschaftlichen Personalrats zu.
- 45 Dies gilt dem BVerwG zufolge bereits für die Bestellung von studentischen Tutoren, BVerwG 18.3.1981, 6 P 17/79, PersV
1982, 280, 284 sowie der hierzu erfolgte Beschluss des BVerfG 24.3.1982, 1 BvR 941/81, PersV 1982, 284, unklar ist dieser jedoch hinsichtlich der Tatsache, dass er die Frage, ob die Auswahl von Tutoren Wissenschaftsrelevanz aufweist dahinstehen lässt. - 46 So auch schon Wahsner, Zur Mitwirkung des Personalrats einer Universität bei der Einstellung und Entlassung wissenschaftlicher Mitarbeiter. Am Beispiel der Personalvertretungsgesetze der Län- der Niedersachsen und Bremen in: Recht im Amt 1978, 141–147, 167–172; ebenso Pelzner, aaO. (Fn. 36), 345, 351 f.
- 47 Richardi, Wissenschaftsfreiheit und personalvertretungsrecht- liche Mitbestimmungsordnung in: Personalvertretungsrecht an
Folglich müssen personelle Angelegenheiten von wissenschaftlichen Mitarbeitern aus dem Anwendungs- bereich der PersVG herausgenommen werden, da sonst ein nicht zu rechtfertigender Eingriff in die Wissen- schaftsfreiheit der Hochschullehrer vorliegt.
bb) Soziale Beteiligungsrechte
Die Wissenschaftsfreiheit muss auch bei den sozialen Angelegenheiten einer Hochschule beachtet werden. Wegen Art. 5 Abs. 3 GG kann der Personalrat nicht hin- sichtlich sozialer Angelegenheiten der Hochschullehrer mitwirken.
Ein Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit der Hoch- schullehrer kann aber auch in Fällen gegeben sein, in welchen der Personalrat bei Arbeitszeitregelungen der wissenschaftlichen Mitarbeiter mitzubestimmen hat.49 Denn hiermit können beispielsweise Forschungsvorha- ben, die langwierige Versuchsreihen beinhalten und so- mit einen hohen Personalaufwand in zeitlicher Hinsicht erfordern, kollidieren.50 Zwar darf der Schutzzweck der Beteiligung in Arbeitszeitangelegenheiten51 nicht unter- laufen werden, gleichwohl muss eine Beteiligung diesbe- züglich in Forschungsangelegenheiten zurücktreten, so- fern sie den Hochschullehrer in seiner, die Versuchsreihe betreffenden Planung beeinträchtigt.
Sind solche Versuche oder Forschungen langfristig geplant, ist eine Beteiligung des Personalrats bezüglich der Arbeitszeitregelung des benötigten wissenschaftli- chen Personals unproblematisch. Solange sich die Ein- wendungen des Personalrats auf nichtwissenschaftliche Aspekte des Arbeitseinsatzes beziehen, kann die Wissen- schaftsfreiheit des Hochschullehrers ausreichend durch- gesetzt werden. Anders bei kurzfristigen und unvorher- gesehenen Versuchen und Forschungsprojekten: Ent- steht der Personalaufwand plötzlich und kann das Vor- haben nicht zeitlich verschoben werden, könnte eine unumgängliche Personalratsbeteiligung das Vorhaben scheitern lassen. Damit bestünde ein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 3 GG.
wissenschaftlichen Hochschulen, Fortbildungsprogramm für die
Wissenschaftsverwaltung Materialien Nr. 7 (1982), 34 ff.
48 So auch Pelzner, aaO. (Fn. 36); Walldorf, Der Personalrat in der
Universität, PersV 1980, 182, 188; in dieselbe Richtung tendie-
rend Buchner, aaO. (Fn. 43), 147 f.
49 Vgl. beispielhaft das in § 70 Abs.2 Nr.1–3 LPersVG BW geregelte
Mitbestimmungsrecht.
50 Beispiel von Hartmer/Detmer/Löwisch/Wertheimer, aaO. (Fn. 8),
Rn. 364.
51 Hierzu Richardi/Dörner/Weber/Kaiser, Personalvertretungsrecht,
4. Aufl. (2012), § 75, Rn. 231 ff.
Schubert/Tarantino · Hochschullehrer im Personalvertretungsrecht 1 7
cc) Wirtschaftliche und organisatorische Beteiligungsrechte
Die Wissenschaftsfreiheit der Hochschullehrer kann auch durch Mitbestimmungsrechte des Personalrats hin- sichtlich wirtschaftlicher und organisatorischer52 Ange- legenheiten betroffen sein. So können Raumbedarfspla- nungen53 oder Bauprojekte54 einen Einfluss auf die wis- senschaftliche Tätigkeit von Hochschullehrern haben, indem beispielsweise über die Größe oder Anzahl von Lehrstühlen, Laboren, Forschungsplätzen oder Biblio- theken entschieden wird. Auch im organisatorischen Bereich existieren solche Maßnahmen, wie beispielswei- se die Gestaltung der Arbeitsplätze, Maßnahmen zur Erhöhung der Arbeitsleistung und Erleichterung des Arbeitsablaufs, Fort- und Weiterbildungsangebote, oder die Einführung von neuen Arbeitsmethoden.55 Dies ist unproblematisch, solange dem Personalrat kein Einfluss auf Bereiche gestattet ist, die die Wissenschaftsfreiheit der Hochschullehrer betreffen. Auswirkungen auf die freie Forschungs- und Lehrtätigkeit der Hochschullehrer müssen vermieden werden.
III. Hochschullehrer in den einzelnen Personalvertre- tungsgesetzen
1. Die aktuelle Rechtslage
a) Personelle Beteiligungsrechte
Die Personalvertretungsgesetze der meisten Bundesländer und das Bundespersonalvertretungsgesetz nehmen die Hochschullehrer gänzlich vom Anwendungsbereich aus.56 Eine unmittelbare Beeinträchtigung der Wissenschaftsfrei- heit ist somit ausgeschlossen. Eine Beeinträchtigung besteht jedoch, wenn die Hochschullehrer bei der Auswahl ihres wissenschaftlichen Personals, insbesondere ihrer wissen- schaftlichen Mitarbeiter, eingeschränkt werden.
aa) Für die wissenschaftlichen Mitarbeiter besteht teilweise die Möglichkeit, den Personalrat bei personel- len Angelegenheiten auf Antrag einzuschalten:
§ 94 Abs. 3 PersVG BW; § 81 S. 1, 2 LPersVG Rh-Pf; § 82 LPersVG Sachsen; § 68 Abs. 3 LPersVG Mecklenburg-Vor- pommern; § 81 Abs. 2a PersVG Saarland; § 82 Abs. 1 Pers- VG Sachsen; § 88 Nr. 4 PersVG Thüringen für wissen- schaftliche Mitarbeiter, die ganz oder teilweise aus Dritt- mitteln bezahlt werden
- 52 Die Bezeichnung von organisatorischen Maßnahmen in den PersVG ist uneinheitlich. Teilweise werden organisatorische Maßnahmen als soziale Maßnahmen bezeichnet.
- 53 Beispielsweise in Baden-Württemberg § 82 Abs. 1 Nr. 3 LPVG.
bb) Es existieren auch eigene Personalräte für das wissenschaftliche Personal:
§ 90 Abs. 2 bis 6 PersVG Brandenburg; § 76 Abs. 2 PersVG Mecklenburg-Vorpommern; § 105 Abs. 1 PersVG Nieder- sachsen; § 97 PersVG Saarland; § 77 Abs. 2 MBG Schleswig-Holstein
cc) Vereinzelt tritt anstelle der Mitbestimmung die Mitwirkung bei Angelegenheiten der wissenschaftlichen Mitarbeiter:
§ 94 Abs. 3 PersVG BW (in Verbindung mit Antragserfor- dernis); § 89 Abs. 1 PersVG Berlin
dd) Der Personalrat kann auch alle Befugnisse in Be- zug auf wissenschaftliche Mitarbeiter haben:
§ 99 Abs. 2 Nr. 1 PersVG Sachsen-Anhalt bezieht sich nur auf wissenschaftliche Mitarbeiter, die ganz oder teilwei- se aus Drittmitteln bezahlt werden; § 88 Abs. 3 PersVG Thüringen, wenn fünf vom Hundert der akademischen Mitarbeiter die Beteiligung an der Personalvertretung beantragen
Alle diese Regelungen widersprechen jedoch der durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützten freien Personalent- scheidung des Hochschullehrers und sind somit verfassungswidrig.57
b) Soziale Beteiligungsrechte
Die Herausnahme der Hochschullehrer aus den meisten Personalvertretungsgesetzen führt dazu, dass den Perso- nalvertretungen keine Beteiligungsrechte bei den sozia- len Belangen der Hochschullehrer zustehen. Eine Beein- trächtigung der Wissenschaftsfreiheit wird so ausge- schlossen. Analog zu den personellen Angelegenheiten können aber Beteiligungsrechte, die dem Personalrat bezüglich des sonstigen wissenschaftlichen Personals zustehen, Auswirkungen auf die Wissenschaftsfreiheit der Hochschullehrer haben. Eindeutig sind diese Aus- wirkungen bei Forschungsvorhaben, die unvorhergese- hen und spontan einen besonderen Personalaufwand benötigen. Aus diesem Grund formuliert der Großteil der Personalvertretungsgesetze für diese Fälle Ausnah- men:
54 Beispielsweise in Baden-Württemberg § 82 Abs. 1 Nr. 4 LPVG. 55 Aufzählung bei Pelzner, aaO. (Fn. 36), 354.
56 Vgl. die Auflistung unter I. 3.
57 Siehe oben: II. 2. b) aa).
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§ 75 Abs. 4 BPersVG; § 70 Abs. 3 PersVG BW; § 75 Abs. 4 S. 2 PersVG Bayern; § 66 Nr. 2 PersVG Brandenburg; § 87 Abs.1 Nr.1 HmbPersVG; § 74 Abs. 3 PersVG Hessen; § 70 Abs. 1 Nr. 7 PersVG Mecklenburg-Vorpommern; § 66 Abs. 1 Nr. 1a PersVG Niedersachsen; § 72 Abs. 4 Nr. 2 PersVG NRW; § 80 Abs.2 Nr. 6 und Abs. 3 PersVG RhPf; § 78 Abs. 2 PersVG Saarland; § 81 Abs. 3 PersVG Sachsen; § 65 Abs. 2 PersVG Sachsen-Anhalt; § 74 Abs. 3 PersVG Thüringen
In Berlin gibt es zwar eine Sonderregelung, vgl. § 85 Abs. 1 S. 2 PersVG Berlin. Diese gilt jedoch nur für bestimmte Personengruppen, unter die das wissen- schaftliche Personal nicht fällt. Dies verstößt gegen Art. 5 Abs. 3 GG. Die Regelung des Berliner Personalvertre- tungsgesetzes ist verfassungswidrig. Selbiges gilt für § 51 MBG Schleswig-Holstein, welcher ebenfalls keine Aus- nahmeregelung in Sonderfällen vorsieht.
c) Wirtschaftliche und organisatorische Beteiligungsrechte
Alle Personalvertretungsgesetze räumen dem Personal- rat Beteiligungsrechte bei der Auflösung, Einschrän- kung, Verlegung oder Zusammenlegung von Dienststel- len oder wesentlichen Teilen von Dienststellen, der Ein- führung grundlegend neuer Arbeitsmethoden oder der Gestaltung der Arbeitsplätze und ähnlicher Maßnahmen ein:
§§ 78 Abs. 1 Nr. 2; 76 Abs. 2 Nr. 7; 75 Abs. 3 Nr. 16 BPersVG; §§ 76 Abs. 1 Nr. 2, 71 Abs. 3 Nr. 12, 15,17 PersVG BW; Art. 76 Abs. 2 PersVG Nr. 1, 3, 4 Bayern; §§ 68 Abs. 2 Nr. 1, 65 Nr. 4; 66 Nr. 16 PersVG Brandenburg; §§ 88 Abs. 2 Nr. 30, 31, 87 Abs. 1 Nr.4 HmbPersVG; §§ 81 Abs. 1 und 2, 74 Abs. 1 Nr. 16 PersVG Hessen; § 70 Abs. 1 Nr. 3, 9, 11PersVG Mecklen- burg- Vorpommern; §§ 75 Abs. 1 Nr. 13, 67 Nr. 3, 6 PersVG Niedersachsen; §§ 73 Nr. 3, 72 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 4 Nr. 10 PersVG NRW; § 80 Abs. 1 Nr. 67, Abs. 2 Nr. 1, 12 PersVG Rh- Pf; §§ 83 Abs. 1 Nr. 9, 78 Abs. 1 Nr. 10, 11 PersVG Saarland; §§ 77 Abs. 1 Nr. 2, 80 Abs. 2 Nr. 7, 81 Abs. 2 Nr. 11 PersVG Sachsen; § 69 Nr. 3, 8 PersVG Sachsen-Anhalt; § 51 Abs. 1 MBG Schleswig-Holstein; §§ 75 Abs. 3 Nr. 9, 11, 74 Abs. 2 Nr. 9 Thüringen
Die Regelungen zu diesen und ähnlichen Maßnah- men sind solange unproblematisch, wie dadurch kein Einfluss auf die Wissenschaftsfreiheit genommen wer- den kann.
Einige Personalvertretungsgesetze räumen dem Per- sonalrat weitergehende Beteiligungsrechte ein, die die allgemeinen Verhältnisse der Hochschulen betreffen:
58 Zu beidem siehe oben: II. 2. b).
§ 82 Abs. 1 Nrn. 3, 4 und 6 PersVG BW: Anhörungsrechte im Bereich Raumbedarfsanforderungen für Neu‑, Um- und Erweiterungsbauten von Diensträumen, bei Bau- planungsprojekten und Anmietungen sowie bei der Festlegung von Verfahren und Methoden von Wirt- schaftlichkeits- und Organisationsuntersuchungen; § 73 I PersVG Berlin: § 81 Abs. 1 PersVG Hessen; Informations- recht, dass die „Personalvertretung über die Wirtschafts- planung zu unterrichten“ ist; § 63 PersVG NRW: Anhö- rungsrecht über die wirtschaftliche Entwicklung der Dienststelle; § 80 Abs. 2 Nr. 14 PersVG Rh-Pf: Mitbestim- mung bei der Festlegung von Verfahren und Methoden von Wirtschaftlichkeits- und Organisationsprüfungen
Ein reines Informationsrecht über wirtschaftliche Angelegenheiten beschränkt die Wissenschaftsfreiheit noch nicht. Anhörungsrechte können die Entscheidung der Hochschule jedoch beeinflussen.58 Raumplanungen und Bauvorhaben haben eben auch Bedeutung für die Situation der Hochschullehrer. Wird bei einem Neubau von Seminargebäuden, an welchen auch die Lehrstühle der Hochschullehrer angesiedelt sind, entschieden, ob und in welchem Umfang sich die Fläche der Räumlich- keiten und somit zwangsläufig auch die wissenschaftli- che oder technische Ausstattung beim Neubau aus Kos- tengründen reduziert werden soll, so betrifft dies die Wissenschaftsfreiheit des Hochschullehrers. Ohne eine Sicherung des Einflusses der Hochschullehrer in diesen Bereichen sind solche Regelungen verfassungswidrig.
d) Der Wirtschaftsausschuss als Besonderheit im Personalvertretungsrecht
aa) Eine Besonderheit im Rahmen der Beteiligungsrech- te in wirtschaftlichen Angelegenheiten stellen die Wirt- schaftsausschüsse dar. Die Personalvertretungsgesetze der Länder Baden-Württemberg, Hamburg und Nord- rhein-Westfalen sehen derartige Ausschüsse vor:
§ 68b PersVG BW; § 79 HmbPersVG; §§ 65a iVm 105b PersVG NRW
Die Regelung des § 65a PersVG NRW gibt dem Per- sonalrat einer Dienststelle ab einer Größe von in der Re- gel mehr als einhundert ständig Beschäftigten die Mög- lichkeit, den Antrag auf Einrichtung eines Wirtschafts- ausschuss zu stellen. § 105b PersVG NRW bezieht in den Anwendungsbereich dieser Regelung explizit die Hoch- schulen mit ein.
Ähnlich ist die Lage in Baden-Württemberg. Hier kann in Dienststellen ab einer Größe der Personalvertre-
Schubert/Tarantino · Hochschullehrer im Personalvertretungsrecht 1 9
tung von mindestens sieben Mitgliedern ein Antrag ge- stellt werden. Eine weitergehende Abgrenzung des An- wendungsbereiches wird durch das PersVG BW nicht vorgenommen. Damit sind auch in BW die Hochschulen erfasst.
In Hamburg wurde im Rahmen der Novellierung des HmbPersVG zwar ebenfalls seitens des DGB gefordert, dass von der Neufassung der Regelung des § 79 Hmb- PersVG, welcher in der nun gültige Fassung die Mög- lichkeit der Bildung von Wirtschaftsausschüssen bei wirtschaftlich tätigen öffentlichen Unternehmen vor- sieht, auch Hochschulen erfasst werden sollen. Dies wur- de letztlich jedoch nicht umgesetzt.59
bb) Die Bedeutung bzw. das Stimmgewicht des Wirt- schaftsausschusses geht weit über das hinaus, was bislang an Beteiligungsrechten in wirtschaftlichen Angelegen- heiten vorhanden war. In Baden-Württemberg gab es le- diglich das in § 80 Abs. 3 Nr. 8, 9 LPersVG BW a.F. (jetzt § 82 Abs. 3 Nr. 6, 7) normierte Anhörungsrecht. Der Wortlaut des § 68b PersVG BW („beraten“) und ein Blick in die zugehörigen Gesetzesmaterialien zeigen jedoch die weitergehende Befugnis des Wirtschaftsausschusses: Wirtschaftsausschüsse sollen als „Schnittstelle zwischen Dienststelle (Hochschule) und Personalvertretung“60 i.S.e. „Beratungs- und Informationsgremiums“61 bei wirtschaftlichen Zusammenhängen fungieren, Informa- tionen prüfen und Risiken aufzeigen.62 Die Mitglieder eines Wirtschaftsausschusses haben so – wenn auch „nur“ in Form eines Beratungsrechts – Einwirkungs- möglichkeiten auf Entscheidungsprozesse der Dienstel- le.63 Doch bereits ein solches ist verfassungsrechtlich höchst bedenklich.64
Beteiligt sich beispielsweise ein Wirtschaftsausschuss im Rahmen der Planung eines Neubaus einer Universi- tätsbibliothek und der damit verbundenen Verlegung sowie räumlichen Veränderung von Lehrstühlen („beab- sichtigte Investitionen“ und „Verlegung von Dienststel- len“, vgl.: § 68b Abs. 3 Nr. 3, 9 PersVG BW, § 65a Abs. 3 Nr. 3, 9 PersVG NRW), liegt die wissenschaftliche Rele- vanz auf der Hand.
- 59 Vgl. Drs. 20/10838 der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg. Der DGB begründete seine Forderung damit, dass auch Hochschulen „im Rahmen von Zielvereinbarungen und Budgets wirtschaftlich selbstständig handeln“.
- 60 Drs. 15/4224 des Landtages Baden-Württemberg, 131; im Mi- nisterialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen als „Hilfsorgan
des Personalrates“ bezeichnet, der mit der Dienststelle über deren wirtschaftliche Angelegenheiten berät, MBl. NRW 2013 Nr. 8, 119 f. - 61 Drs. 15/4224 des Landtages Baden-Württemberg, aaO. (Fn. 60); vgl. auch MBl. NRW 2013 aaO. (Fn. 60).
cc) Wird ein Wirtschaftsausschuss nicht installiert, so stellt sich die Problematik um die Wissenschaftsfrei- heit der Hochschullehrer nicht. Wird jedoch seitens des Personalrats der Antrag auf Einrichtung eines Wirt- schaftsausschusses gestellt, so schließt sich zwingend die Frage an, wie und ob die Institution des Wirtschaftsaus- schusses in Einklang mit Art. 5 Abs. 3 GG zu bringen ist.
Dies kann, angelehnt an die Grundsätze des Urteils des Bundesverfassungsgericht zu den Gruppenuniversi- täten,65 nur dann erreicht werden, wenn der Gruppe der Hochschullehrer ein maßgebender Einfluss bezüglich Forschung und Lehre betreffender Entscheidungen ver- bleibt. Das gilt nicht nur für die Selbstverwaltungsorga- ne der Hochschule, auf die sich das Urteil bezieht, son- dern auch für die personalvertretungsrechtliche Mitbe- stimmung.66 „Strukturen, in denen wissenschaftsrele- vante Entscheidungen getroffen werden“ müssen „wissenschaftsadäquat sein […], was im Kern bedeutet, dass über Wissenschaft nicht ohne Wissenschaft ent- schieden werden darf“.67 Die Schutzfunktion des Art. 5 Abs. 3 GG verlangt folglich im Rahmen der Beteiligung des Wirtschaftsausschusses entweder eine strenge Diffe- renzierung zwischen wissenschaftlichen Themen und wissenschaftlich nicht relevanten Themen, oder aber die Einbeziehung von Hochschullehrern in die Wirtschaftsausschüsse.68
Letztere Vorgehensweise wirft weiter die Frage auf, wie ein solcher Wirtschaftsausschuss in seiner Zusam- mensetzung überhaupt wissenschaftsadäquat besetzt werden kann. Sowohl § 65a Abs. 4 PersVG NRW als auch § 68b Abs. 4 PersVG BW schreiben vor, dass der Wirt- schaftsausschuss aus mindestens drei und höchstens sie- ben Mitgliedern bestehen muss, die der Dienststelle an- gehören. Zudem muss mindestens ein Mitglied Teil der Personalvertretung sein. Zur wissenschaftsadäquaten Besetzung kommen zwei Wege in Betracht. Einerseits könnte man eine gewisse Art von Argumentationsein- fluss der Hochschullehrer auf die Entscheidungsfindung des Wirtschaftsausschusses als ausreichend erachten. Dann genügte es, wenn die Hochschullehrer überhaupt
62 Drs. 15/4224 des Landtages Baden-Württemberg, aaO. (Fn. 60). 63 Drs. 15/4224 des Landtages Baden-Württemberg, aaO. (Fn. 60). 64 Siehe oben II. 2. b).
65 Richardi, aaO. (Fn. 47), 18 f.
66 BVerfG 29.5.1973, aaO. (Fn. 13).
67 Merten/Papier/Löwer, Handbuch der Grundrechte, 2011, Band
IV, § 99, Rn. 36.
68 So auch Löwisch, Freiheit und Gleichheit der Wahl zum Be-
triebstrat und Personalrat, BB 2014, 117, 121.
20 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2015), 11–22
vertreten wären. Andererseits genügt dies unter Heran- ziehung des Hochschulurteils,69 welches zur ausreichen- den Würdigung der Wissenschaftsfreiheit in Forschung und Lehre voraussetzt, dass der „Gruppe der Hochschulleh- rer der ihrer besonderen Stellung entsprechende maßge- bende Einfluss verbleibt“,70 jedoch gerade nicht. Art. 5 Abs. 3 GG kann einzig und allein im Rahmen einer paritätische Besetzung des Wirtschaftsausschusses mit Hochschulleh- rern ausreichend Rechnung getragen werden.
dd) Zudem stellt sich im Hinblick auf die Wirt- schaftsausschüsse die Frage, ob die Wissenschaftsfreiheit der Hochschule der Einrichtung eines solchen Gremi- ums entgegensteht.
Löwisch/Mandler71 bejahen dies mit dem Argument, dass die in § 68b Abs. 3 PersVG BW genannten Angele- genheiten „in den Hochschulen mit der wissenschaftli- chen Tätigkeit untrennbar verknüpft“ seien. Die Vor- schrift in Baden-Württemberg (so auch die in Nord- rhein-Westfalen) sei insofern als Soll-Vorschrift ausge- staltet, die eine Abweichung in atypischen Fällen zulasse. Ein solcher liege eben gerade in der Natur der Hoch- schulen als Tendenzträger, so dass diese eine Ausnahme von der Bildung eines Wirtschaftsausschusses dann ma- chen können, sofern die Nichterrichtung begründet und ermessensfehlerfrei sei.
2. Sonderfälle
a) Bremen
In Bremen wird auf eine generelle Regelung für Hoch- schullehrer gänzlich verzichtet. Der Anwendungsbereich der Mitbestimmung der Bremischen Personalvertretungs- organe erstreckt sich gem. § 52 Abs. 1 BremPersVG auf „alle in der Dienststelle weisungsgebunden tätigen Personen in allen sozialen, personellen und organisatorischen Angele- genheiten“. Eine weitergehende positive, wie negative Abgrenzung zum Tatbestand der weisungsgebundenen Personen findet sich weder in den allgemeinen Vorschrif- ten noch in den sonstigen Abschnitten des Gesetzes.
Aufgrund des Umstandes, dass Hochschullehrer ent- weder Beamte oder Arbeitnehmer sind,75 bedeutet dies, dass auch sie vom Anwendungsbereich des BremPersVG umfasst sind. Hierfür spricht auch, dass unter den allge- meinen Geltungsbereich des BremPersVG gem. § 1 alle „sonstigen nicht bundesunmittelbaren Körperschaften (…) des Landes Bremen“, mithin die Hochschulen und
74 Hierzu allgemein Hartmer/Detmer/Kempen, aaO. (Fn. 8), Rn. 118 ff.
75 Hartmer/Detmer/Löwisch/Wertheimer, aaO. (Fn. 8), Rn. 61: Die Weisungen können lediglich im Rahmen des billigen Ermessens verweigert werden. Kommt keine Einigung zustanden so ent- scheidet gegebenenfalls eine Ombudsperson oder Schlichtungs- kommission, vgl. § 40 TV‑L.
Andererseits ist auch offensichtlich, dass die Hochschu- le als Verwaltungseinheit zwar überwiegend, aber eben nicht nur wissenschaftlich relevante Entscheidungen trifft. Äußerst fraglich ist, ob beispielweise der Neubau eines Parkhauses oder die Einführung von institutionsübergrei- fenden, teuren, lizenzgebundenen Softwareprogrammen zur Abwicklung von Abrechnungsvorgängen als „beabsich- tigte Investition“ iSd § 68b Nr. 3 PersVG BW ebenfalls als wissenschaftsrelevant eingestuft werden kann.
ee) Unabhängig von dieser komplexen Problematik muss mit Bezug auf die Hochschullehrer festgehalten werden, dass, sofern ein Wirtschaftsausschuss installiert wird, dessen Befugnisse als Beratungsgremium dort en- den, wo a) die Wissenschaftsfreiheit der Hochschule oder b) die Wissenschaftsfreiheit des Hochschullehrers ihnen Grenzen setzt. Dies gilt vor allen Dingen so lange, wie Hochschullehrer nicht im Wirtschaftsausschuss aus- reichend vertreten sind.
Bei den Themen, die nicht wissenschaftsrelevant sind, stünde einer Beteiligung jedoch nichts entgegen.
- 69 BVerfG 29.5.1973, aaO. (Fn. 13), Leitsätze Nr. 8 b) und c).
- 70 BVerfG 29.5.1973, aaO. (Fn. 13).
- 71 Löwisch/Mandler, Wirtschaftsausschüsse bei Hochschulen undUniversitätsklinika?, OdW 2/2014, 75, 77.
- 72 Löwisch/Mandler, aaO. (Fn. 71).
- 73 Http://www.stuve.uni-muenchen.de/stuve/gremien/strategieaus-schuss/index.html (4.12.2014).
Insofern stellt sich allerdings die Frage, ob die Befug- nisse des Wirtschaftsausschusses dann nicht nahezu auf Null reduziert würden. Denn wie Löwisch/Mandler72 richtig formulieren, gibt es (aber eben nur) kaum einen Bereich, der nicht die Wissenschaftsfreiheit der Hoch- schullehrer oder Hochschulen tangiert.
ff) Einen interessanten Ansatz im Rahmen von Mit- wirkung seitens der Hochschullehrer in wirtschaftlichen Angelegenheiten liefert die Ludwigs-Maximilians-Uni- versität München,73 welche kraft Satzungsautonomie74 einen, begrifflich an das Konzernrecht angelehnten Stra- tegieausschuss eingerichtet hat. Dieser berät die Hoch- schulleitung in Haushaltsfragen und ist in überwiegen- der Zahl mit Hochschullehrern besetzt. Das Problem ist jedoch, dass diese Institution so lange ein Placebo bleibt, wie sie nicht die gleichen Befugnisse wie der Personalrat oder der Wirtschaftsausschuss erhält. Zudem ändert sich an der Verfassungswidrigkeit etwaiger Mitbestimmungs- tatbestände in wirtschaftlichen Angelegenheiten auch hierdurch nichts.
Schriebe man jedoch in den Personalvertretungsge- setzen ein derartiges Gremium für Hochschulen mit den entsprechenden Befugnissen vor, so ersparten sich die obigen Überlegungen.
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deren Bedienstete gem. § 3 BremPersVG fallen.
Da die Hochschullehrer somit vom Anwendungsbe- reich des BremPersVG erfasst sind,76 ist nach dem oben Ge-
sagten ein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 3 GG offensichtlich.77 Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass sich die Weisungsgebundenheit i.S.d. § 52 Abs. 1 Brem- PersVG bei Hochschullehrern nicht auf die ihnen durch Forschung und Lehre obliegenden wissenschaftlichen Aufgaben in seinem Fach erstrecken kann.78 Der Hoch- schullehrer unterfällt dem Anwendungsbereich des BremPersVG mangels anderweitiger differenzierender Regelung umfassend. Diese fehlende Unterscheidung des BremPersVG hat eine Verletzung der Wissenschafts- freiheit zu Folge, welcher nur abgeholfen werden kann,
wenn der Gesetzgeber hier tätig wird.
b) Hamburg
§ 11 Abs. 4 HmbPersVG schreibt vor:
„Bei der Universität und beim Universitätsklinikum Ham- burg-Eppendorf wird je ein Personalrat gewählt für
1. wissenschaftliches Personal, (…)“
Dies bedeutet, dass ein eigenständiges Gremium79 für die Belange des wissenschaftlichen Personals gebildet wird, welches sämtliche, sich aus dem HmbPersVG erge- benden Rechte, in kollektiven und individuellen Angele- genheiten dieser Personengruppe wahrnehmen kann. Ausnahmen formulieren lediglich § 89 Abs. 2 Nr. 2 sowie § 90 Abs. 3 HmbPersVG. Ersterer schließt die Mitbe- stimmung des Personalrats in Angelegenheiten der „Be- rufung von Professorinnen, Professoren, Juniorprofesso- rinnen, Juniorprofessoren, Hochschuldozentinnen und Hochschuldozenten“ aus. Das ist insofern zwingend, als die Berufung der genannten Personengruppen in der Wissenschaftsfreiheit der Hochschule wurzelt und daher in diesem Bereich eine Mitbestimmung seitens eines Personalvertretungsorgans ausscheiden muss.80 Selbiges gilt im Ergebnis auch für § 90 Abs. 3 HmbPersVG, wel- cher ein Beratungsrecht des Personalrats in „Auswahlver- fahren für Professorinnen, Professoren, Juniorprofessorin- nen, Juniorprofessoren, Hochschuldozentinnen, Hoch- schuldozenten und Präsidiumsmitglieder der Hochschu- len“ ausschließt. Auch hier bleibt die aus Art. 5 Abs. 3 GG resultierende Autonomie der Hochschule gewahrt.
- 76 Hiervon geht auch das BVerwG aus, vgl. das Urteil vom 18.3.1981, 6 P 27/79, DÖV 1981, 833.
- 77 So auch Pelzner, aaO. (Fn. 38), 353; aA Wahsner, aaO. (Fn. 46).
- 78 BVerfG 29.5.1973, aaO. (Fn. 13); BVerfG 1.3.1978, 1 BvR 333/75,BVerfGE 47, 327, 388; Thieme, Deutsches Hochschulrecht, Rn. 701, 706; Hartmer/Detmer/Löwisch/Wertheimer, aaO. (Fn. 8).
Allerdings lässt das Personalvertretungsgesetz Ham- burg die Wissenschaftsfreiheit des Hochschullehrers un- beachtet, wenn es dem Personalrat des wissenschaftli- chen Personals in personellen Angelegenheiten des wis- senschaftlichem Personals,81 das nicht den Regelungsbe- reichen der §§ 89 Abs. 2 Nr. 2, 90 Abs. 3 HmbPersVG unterfällt, die Möglichkeit gibt, mitzubestimmen. Dies ist wie ausgeführt verfassungswidrig. Auch der Um- stand, dass der Personalrat sich aus wissenschaftlichem Personal zusammensetzt, ändert nämlich nichts an der Tatsache, dass die Auswahl und Kündigung von wissen- schaftlichen Mitarbeitern fester Bestandteil der Wissen- schaftsfreiheit des Hochschullehrers ist. Richardi schlägt diesbezüglich vor, dass das Mitbestimmungsrecht in „Angelegenheiten, die unmittelbar die Lehre oder For- schung betreffen, nur als Mitwirkungsrecht bestehen kann, auch wenn es nach dem Gesetz als Mitbestim- mungsrecht eingeräumt ist.“82 Dieser Ansatz lässt je- doch, wie bereits erörtert, außer Acht, dass Sinn und Zweck eines Mitwirkungsrechts darin liegen, Einfluss auf die Entscheidungen des Arbeitgebers zu nehmen. Deshalb darf dieses in wissenschaftsrelevanten Entschei- dungsprozessen überhaupt keine Anwendung finden.
Dies muss ebenso, in Bezug auf wissenschaftliches Personal, auch für die aus § 90 Abs. 1 HmbPersVG resul- tierende als „beratende Mitwirkung“ bezeichnete Befug- nis des Personalrats in „Auswahlverfahren“ oder „Vor- stellungsgesprächen“ der „Prüfungs- oder Auswahlkom- mission mit beratender Stimme“ anzugehören, gelten.
c) BPersVG
Auch das BPersVG schließt die Hochschullehrer nicht aus seinem Anwendungsbereich aus. Die einzige Aus- nahmeregelung findet sich in § 77 Abs. 1 iVm §§ 75 Abs. 1 und 76 Abs. 1 BPerVG, nach dem bei personellen Ange- legenheiten von wissenschaftlich tätigem Personal der Personalrat nur auf Antrag des betreffenden Beschäftig- ten beteiligt wird. In ihren eigenen personellen Angele- genheiten wird die Wissenschaftsfreiheit der Hochschul- lehrer so zwar gewahrt, da sie selbst entscheiden können, ob der Personalrat eingeschaltet wird. Mittelbar wird die Wissenschaftsfreiheit jedoch durch die Personalratsbe- teiligung bei den wissenschaftlichen Mitarbeitern tan- giert. Auch das der Personalrat bei sozialen, wirtschaftli- chen und organisatorischen Angelegenheiten der Hoch-
79 Homepage des Personalrats für das Wissenschaftliche Personal in Hamburg: http://www.uni-hamburg.de/beschaeftigtenportal/ organisation/wipr.html (17.11.2014).
80 Vgl. hierzu oben unter II. 2. b) aa).
81 Vgl. § 88 Abs. 1 Nr. 2 und 14 sowie Abs. 4 HmbPersVG. 82 Richardi, aaO. (Fn. 47), 29 f.
22 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2015), 11–22
schullehrer ohne Einschränkung beteiligt ist, verstößt gegen Art. 5 Abs. 3 GG.
IV. Fazit und Ausblick
Die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Personal- vertretungsgesetze lässt sich nicht pauschal beantwor- ten. Die einzelnen Regelungen zu personellen, sozialen, wirtschaftlichen und organisatorischen Angelegenheiten können jeweils einen Verstoß gegen Art. 5 Abs. 3 GG darstellen, entweder in Bezug auf die Hochschule oder auf die Hochschullehrer. Insbesondere bereitet die Ein- beziehung von wissenschaftlichen Mitarbeitern in die Personalvertretungsgesetze Probleme, da die Auswahl und Kündigung von wissenschaftlichen Mitarbeitern durch die Wissenschaftsfreiheit der Hochschullehrer gedeckt ist. Den Personalvertretungen dürfen in dieser Hinsicht lediglich Beteiligungsrechte zustehen, die nicht in die freie Entscheidung des Hochschullehrers eingrei- fen. Das sind dann entweder bloße Informations- oder Anhörungs- und Beratungsrechte, bei denen der Perso- nalrat allerdings keine Einwendungen geltend machen kann, die sich auf die wissenschaftsbezogenen Gründe der Entscheidung beziehen.
In wirtschaftlichen Angelegenheiten bedarf es einer genauen Analyse der in einigen Bundesländern zu er- richtenden Wirtschaftsausschüsse. Ihre Errichtung wird
der besonderen Stellung der Hochschullehrer nicht ge- recht. Da die im Wirtschaftsausschuss beratenden The- men auch die Hochschullehrer tangieren, müssen diese auch in den Ausschüssen vertreten sein. Anderenfalls muss zwischen wissenschaftsrelevanten und anderen Angelegen- heiten unterschieden werden – nur bei letzten ist eine Wirt- schaftsausschussbeteiligung rechtmäßig. Die bisherigen Regelungen zu Wirtschaftsausschüssen entsprechen jedoch nicht den verfassungsmäßigen Anforderungen.
Abschließend lässt sich somit die Frage aufwerfen, warum die Gesetzgeber der Länder aufgrund der Kom- plexität der verfassungsrechtlichen Problematik in den Landespersonalvertretungsgesetzen nicht, wie schon von Pelzner im Jahre 1983 vorgeschlagen,83 versucht ha- ben, eine Regelung zu schaffen, die ähnlich § 118 Abs. 3 BetrVG, die Mitbestimmung bei Maßnahmen aus- schließt, die Wissenschaftsrelevanz aufweisen. Nur so könnte der Bedeutung dieses Grundrechts für die Hoch- schullehrer gleichermaßen wie auch die Hochschulen Rechnung getragen werden. Die bislang geltenden Rege- lungen hingegen werden der grundrechtlich manifes- tierten Wissenschaftsfreiheit in vielerlei Hinsicht nicht gerecht.
Die Autoren sind wissenschaftliche Mitarbeiter an der Forschungsstelle für Hochschulrecht und Hochschul- arbeitsrecht der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.
83 Pelzner im Jahre 1983, aaO. (Fn. 36), 354.