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I. Ein­füh­rung II. Rah­men­be­din­gun­gen für eine Neu­re­ge­lung 1. Län­der­staats­ver­trag 2. Umset­zungs­frist a) Tech­ni­sche Aus­ge­stal­tung des Zulas­sungs­ver­fah­rens b) Über­gangs­ver­fah­ren 3. Reich­wei­te einer Neu­re­ge­lung III. Mini­mal­lö­sung oder Neu­ge­stal­tung des zen­tra­li­sier­ten Ver­ga­be­ver­fah­rens (SfH) 1. Abitur­besten­quo­te 2. Orts­prä­fe­ren­zen inner­halb der Abitur­besten­quo­te 3. War­te­zeit­quo­te 4. Talent­quo­te 5. War­te­zeit: Pro­blem der Alt­war­ter IV. Das Aus­wahl­ver­fah­ren der Hoch­schu­len („AdH“) 1. Aus­ge­stal­tung durch Lan­des­recht a) Eig­nungs­kri­te­ri­en für das Aus­wahl­ver­fah­ren aa) Rege­lungs­auf­trag des BVerfG bb) Per­spek­ti­ven b) Wesent­lich­keits­theo­rie / Par­la­ments­vor­be­halt c) Sicher­stel­lung der län­der­über­grei­fen­den Ver­gleich­bar­keit von Abitur­no­ten 2. Aus­ge­stal­tung durch Sat­zungs­recht der Hoch­schu­len a) Unmit­tel­ba­re Ver­bind­lich­keit des Urteils für die bis­he­ri­gen Rege­lun­gen in den Aus­wahl­sat­zun­gen der Hoch­schu­len b) Test­wie­der­ho­lung c) Ver­fas­sungs­recht­li­che Anfor­de­run­gen an die Vor­auswahl zum Ham-Nat und zum Aus­wahl­ge­spräch d) Kei­ne Vor­auswahl durch Orts­prä­fe­ren­zen bei nicht-indi­vi­dua­li­sier­ten Aus­wahl­ver­fah­ren I. Ein­füh­rung Der dem Auf­satz zugrun­de­lie­gen­de Vor­trag im Rah­men des Hoch­schul­rechts­ta­ges am 15.5.2018 in Erlan­gen knüpft an eine vor­her­ge­hen­de Publikation1 des Ver­fas­sers an, wel­che das Urteil des BVerfG vom 19.12.20172 zur künf­ti­gen Aus­ge­stal­tung des Stu­di­en­zu­las­sungs­rechts, ins­be­son­de­re zum künf­ti­gen Recht der Ver­ga­be von Stu­di­en­plät­zen in den medi­zi­ni­schen Stu­di­en­gän­gen aus­führ­lich bewer­tet. Auf­grund der mehr als 40-jäh­ri­gen Erfah­rung des Refe­ren­ten auf dem Gebiet des Stu­di­en­zu­las­sungs­rechts und der Kennt­nis der Pra­xis der Ver­ga­be­ver­fah­ren seit 1975 wer­den kon­kre­te Vor­schlä­ge zur künf­ti­gen Gestal­tung des Ver­ga­be­ver­fah­rens unter­brei­tet. Berück­sich­tigt wer­den die Inter­es­sen „beson­ders schutz­wür­di­ger Alt­war­ter“ – um einen Begriff aus frü­he­ren Ver­fas­sungs­ge­richts­ent­schei­dun­gen auf­zu­grei­fen – in einem zukünf­ti­gen Ver­ga­be­ver­fah­ren. Die Fra­ge nach deren Schutz­be­dürf­tig­keit unter dem Gesichts­punkt des Ver­trau­ens­schut­zes ist Gegen­stand eines von der Amts­chef­kon­fe­renz der Kul­tus­mi­nis­ter in Auf­trag gege­be­nen Gut­ach­tens. Für den Vor­trag haben wir die Fol­ge­run­gen für (inner­ka­pa­zi­tä­re) Ver­ga­be­rechts­strei­tig­kei­ten ent­spre­chend ergänzt, zwi­schen­zeit­lich bekannt gewor­de­ne Eck­punk­te der KMK-Amts­chef­kon­fe­renz ein­ge­ar­bei­tet und abschlie­ßend unse­re Vor­schlä­ge für ein künf­ti­ges Ver­ga­be­ver­fah­ren aus anwalt­li­cher Sicht zusam­men­ge­fasst. Für (sog. außer­ka­pa­zi­tä­re) Ver­fah­ren, in denen es um die Aus­schöp­fung der Aus­bil­dungs­ka­pa­zi­tät geht, spielt die Ent­schei­dung aus anwalt­li­cher Sicht jeden­falls gegen­wär­tig kei­ne Rol­le. II. Rah­men­be­din­gun­gen für eine Neu­re­ge­lung The­se: Die Über­gangs­frist für die Schaf­fung einer den Anfor­de­run­gen des BVerfG genü­gen­den Rege­lung bis zum 31.12.2019 for­dert eine Neu­re­ge­lung spä­tes­tens zum Som­mer­se­mes­ter 2020. Da sich der Bund „gewei­gert“ hat, selbst tätig zu wer­den, wird es eine Län­der­re­ge­lung – vor­aus­sicht­lich in einem Staats­ver­trag 2019 – geben. Ohne ein Über­gangs­ver­fah­ren wird es ange­sichts der recht­li­chen und tat­säch­li­chen Pro­ble­me nicht gehen. 1. Län­der­staats­ver­trag Der Bund hat von der Mög­lich­keit, durch Ände­rung und/oder Ergän­zung des HRG von sei­ner kon­kur­rie­ren­den Gesetz­ge­bungs­zu­stän­dig­keit Gebrauch zu machen oder gar ein eige­nes (Bundes-)HochschulzulassungsgeRobert Brehm Kon­se­quen­zen der Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts zum Drit­ten Nume­rus-Clau­sus-Urteil vom 19.12.2017 aus anwalt­li­cher Sicht 1 Brehm/­Brehm-Kai­ser, Das Drit­te Nume­rus-Clau­sus-Urteil des BVerfG, NVwZ Extra, 08/2018, 1 ff., abruf­bar unter: http://rsw. beck.de/rsw/upload/NVwZ/Extra_8-2018.pdf (27.07.2018). 2 BVerfG, Urteil v. 19.12.2017 — 1 BvL 3/14, 1 BvL 4/14; NJW 2018, 361 ff. Ord­nung der Wis­sen­schaft 2019, ISSN 2197–9197 3 6 O RDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2019), 35–44 3 Zu dem äußerst kom­pli­zier­ten Inein­an­der­grei­fen der Kom­pe­ten­zen: BVerfG a.a.O., Fn. 2, Rn. 230 ff.; vgl. dazu auch Lind­ner, Aktu­el­le Ent­wick­lun­gen im Hoch­schul­zu­gangs­recht, NVwZ-Extra 06/2010, Rn. 18 m.w.N. 4 z.B. https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_detail_text?anw_ nr=6&vd_id=16143&vd_back=N239&sg=1&menu=1 (13.12.18). 5 Wiar­da, Wer darf Arzt wer­den? , DIE ZEIT Nr.20/2018 vom 9.5.2018, abruf­bar unter: https://www.zeit.de/2018/20/medizinstudium-arzt-numerus-clausus-bundesverfassungsgericht (27.7.2018); ders.,https://www.jmwiarda.de/2018/02/16/studienzulassung‑f%C3%BCr-medizin-bis-mai-sollen-die-eckpunkte-eines-neuen-staatsvertrages-stehen/ (27.7.2018); Schmoll, Im Streit um Stu­di­en­plät­ze, F.A.Z. vom 12.5.2018, abruf­bar unter: http:// www.faz.net/aktuell/feuilleton/hoch-schule/talent-statt-wartezeitneuordnung-bei-den-medizinern-15585362.html (27.7.2018). 6 Wiar­da und Schmoll a.a.O., Fn. 5. 7 Aus­führ­lich zum Über­gangs­ver­fah­ren: Bah­ro, 1. Aufl., Art. 16 StV 1972, S. 106 ff.; kri­tisch: Becker, Die Ent­wick­lung des Hoch­schul­zu­las­sungs­rechts bis 1982, NVwZ 1983, 204 ff. (208). 8 BVerfG, Beschl. v. 3.11.1981 – 1 BvR 1249/80, NVwZ 1982, 97 ff; Beck­RS 1981, 106189 unter Bezug­nah­me auf auf das zwei­te NC Urteil. setz zu erlassen,3 kei­nen Gebrauch machen wol­len. Zu einer wei­te­ren Rati­fi­zie­rung des bis­her nur in 10 Bun­des­län­dern rati­fi­zier­ten Staats­ver­trags über die gemein­sa­me Ein­rich­tung für Hoch­schul­zu­las­sung vom 21.3.20164 wird es nicht mehr kom­men. Bereits im Febru­ar 2018 hat sich eine KMK-Grup­pe etabliert,5 nach deren Arbeits­be­ginn sich die Amts­chefs zunächst dafür aus­ge­spro­chen haben, dass die Län­der die Human­me­di­zin-Stu­di­en­platz­ver­ga­be in Eigen­re­gie neu regeln, nach­dem das Bun­des­bil­dungs­mi­nis­te­ri­um zu Zei­ten der „geschäfts­füh­ren­den Regie­rung“ der KMK infor­mell signa­li­siert hat­te, dass es den Län­dern den Vor­tritt las­sen möch­te. 2. Umset­zungs­frist Die KMK-Arbeits­grup­pe „Staats­ver­trag Hoch­schul­zu­las­sung“ inter­pre­tiert – wie auch wir – das Urteil so, dass das neue Zulas­sungs­ver­fah­ren bereits zum Som­mer­se­mes­ter 2020 grei­fen muss. Dies bedeu­tet, dass der neue Staats­ver­trag spä­tes­tens bis Anfang Novem­ber 2019 in allen Län­dern rati­fi­ziert wer­den und in Kraft tre­ten muss. a) Tech­ni­sche Aus­ge­stal­tung des Zulas­sungs­ver­fah­rens Dafür muss die Stif­tung für Hoch­schul­zu­las­sung („SfH“) eine völ­lig neue Soft­ware für das neue Zulas­sungs­ver­fah­ren ent­wi­ckeln, was nach den Medi­en­be­rich­ten von Wiar­da und Schmoll wohl zeit­lich nicht zu schaf­fen ist.6 Daher schlug die Arbeits­grup­pe vor, von Anfang an eine Über­gangs­re­ge­lung in den neu­en Staats­ver­trag ein­zu­bau­en, der zufol­ge das Zulas­sungs­ver­fah­ren „mit den bestehen­den oder nur rudi­men­tär wei­ter­ent­wi­ckel­ten EDV-tech­ni­schen Gege­ben­hei­ten durch­ge­führt wer­den kann.“ Was dies fak­tisch bedeu­ten wür­de, ist uns (noch) nicht klar. Wir kön­nen uns nicht vor­stel­len, dass der neue Staats­ver­trag die bis­he­ri­ge Zulas­sungs­pra­xis – unver­än­dert – wenn auch nur auf eine bestimm­te Zeit ver­län­gern wür­de. b) Über­gangs­ver­fah­ren Da die vom BVerfG gesetz­te Frist zur Neu­re­ge­lung bis zum 31.12.2019 ange­sichts der Kom­pli­ziert­heit der Mate­rie, der Eini­gungs­pflicht der Län­der auf einen neu­en Staats­ver­trag, des­sen Rati­fi­zie­rung in den Län­der­par­la­men­ten und der neu­en Hard- und Soft­ware zu knapp bemes­sen ist, erscheint es ange­bracht, zunächst einer Neu­re­ge­lung ein „Vor­schalt­ge­setz“ im Sin­ne eines Über­gangs­ver­fah­rens vor­an­zu­stel­len. Ein sol­ches Über­gangs­ver­fah­ren gab es bereits auf­grund des HRG 1976 und des SV 1978 bis ein­schließ­lich zum Som­mer­se­mes­ter 1986, bevor dann zum Win­ter­se­mes­ter 1986/1987 das Beson­de­re Aus­wahl­ver­fah­ren galt.7 Auch damals gab es nur eine kur­ze Zeit­span­ne zwi­schen dem Zwei­ten NC-Urteil vom 8.2.1977 und der Ein­füh­rung des Über­gangs­ver­fah­rens zum Beson­de­ren Aus­wahl­ver­fah­ren. Aller­dings sehen wir einen wesent­li­chen Unter­schied zwi­schen damals und heu­te: Das BVerfG hat im Zwei­ten NC-Urteil das dama­li­ge Sys­tem zwar als beschleu­nigt abzu­lö­sen, aber noch nicht als „ver­fas­sungs­wid­rig“ ange­se­hen. Auch exis­tier­te damals bereits ein neu­es – künf­ti­ges – Aus­wahl­ver­fah­ren, das vom BVerfG „als sol­ches nicht von vorn­her­ein als ver­fas­sungs­recht­lich bedenk­lich“ ange­se­hen wur­de. Der­ar­ti­ges gibt es der­zeit nicht. Den­noch soll­ten ver­fas­sungs­recht­li­che Hin­der­nis­se für ein sol­ches Über­gangs­ver­fah­ren nicht bestehen. Das BVerfG hat sowohl im Zwei­ten NC-Urteil als auch im Alt­war­ter­be­schluss dar­auf hin­ge­wie­sen, dass die Neu­re­ge­lung eines Aus­wahl­sys­tems ein typi­scher Anwen­dungs­fall dafür sei, dass dem Gesetz­ge­ber bei kom­ple­xen, in der Ent­wick­lung begrif­fe­nen Sach­ver­hal­ten eine ange­mes­se­ne Frist zur Samm­lung von Erfah­run­gen gebüh­re und dass Män­gel einer Rege­lung erst dann Anlass zum ver­fas­sungs­ge­richt­li­chen Ein­grei­fen geben könn­ten, wenn der Gesetz­ge­ber eine Über­prü­fung und Ver­bes­se­rung trotz aus­rei­chen­der Erfah­run­gen für eine sach­ge­rech­te­re Lösung unterlasse.8 Die­se Grund­sät­ze Brehm · Kon­se­quen­zen der Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts 3 7 9 Vgl. dazu im Kapa­zi­täts­recht Zimmerling/Brehm, Hoch­schul­ka­pa­zi­täts­recht, Band 2, 2012, S. 96 ff, Rn.185 ff.; kon­kret zur Beob­ach­tungs­pflicht des Ver­ord­nungs­ge­bers beim Kran­ken­ver­sor­gungs­ab­zug Tier­me­di­zin VerfGH Ber­lin, Beschl. v. 15.1.2014 — 109/13, DVBl 2014, 377 ff. m. Anm. Zimmerling/Brehm. 10 a.A. wohl v. Coelln, NJW 2018, 380. 11 Aus­führ­lich: Brehm/­Brehm-Kai­ser, Das Drit­te Nume­rus-Clau­su­s­Ur­teil des BVerfG, NVwZ-Extra 08/2018, 1 (10 f.). 12 Abruf­bar unter: https://www.kmk.org/presse/pressearchiv/ mitteilung/richtungsentscheidung-der-kultusministerkonferenzzur-vergabe-von-studienplaetzen-im-fach-humanmedizi.html (27.7.2018). fin­den sich in der Recht­spre­chung zur Beob­ach­tungs­pflicht des Gesetz- bzw. Ver­ord­nungs­ge­bers wieder.9 Es spricht daher nach unse­rer Auf­fas­sung nichts dage­gen, durch Über­gangs­re­ge­lun­gen Erfah­run­gen zu sam­meln, um dem Gestal­tungs­auf­trag, wel­cher dem Gesetz­ge­ber obliegt, gerecht wer­den zu kön­nen. In die­sem Über­gangs­ver­fah­ren könn­ten auch den „beson­ders schutz­wür­di­gen Alt­war­tern“ noch Zulas­sungs­chan­cen ein­ge­räumt wer­den. 3. Reich­wei­te einer Neu­re­ge­lung The­se: Das neue Ver­ga­be­ver­fah­ren muss sämt­li­che Stu­di­en­gän­ge des zen­tra­len Ver­ga­be­ver­fah­rens (SfH-Stu­di­en­gän­ge) und – nach einer län­ge­ren Über­gangs­frist – auch die Stu­di­en­gän­ge der direk­ten Hoch­schul­ver­ga­be – Orts­be­wer­bung oder Dia­log­ori­en­tier­tes Ser­vice­ver­fah­ren (DoSV) – umfas­sen. Aus­nah­men sind gesetz­lich oder staats­ver­trag­lich vor­zu­ge­ben. Die Neu­re­ge­lung muss, dies bestä­ti­gen auch die Über­le­gun­gen der KMK-Arbeits­grup­pe, wenn es auch zeit­li­che Abstu­fun­gen geben kann, nicht nur die Stu­di­en­gän­ge des zen­tra­len Ver­ga­be­ver­fah­rens (SfH-Stu­di­en­gän­ge), son­dern auch die der Stu­di­en­gän­ge der direk­ten Ver­ga­be durch die Hoch­schu­len – sei es auf­grund einer rei­nen Orts­be­wer­bung oder über die Ser­vice­leis­tung des dia­log­ori­en­tier­ten Ser­vice­ver­fah­rens (DoSV) – umfassen.10 Denn über­all dort, wo die Nach­fra­ge von Stu­di­en­plät­zen das Kon­tin­gent über­schrei­tet und in der Fol­ge Zulas­sungs­be­schrän­kun­gen eta­bliert sind, besteht im Aus­gangs­punkt die­sel­be Pro­blem­la­ge, wie sie nun­mehr vom BVerfG für die Human­me­di­zin ent­schie­den wurde.11 Dies gilt jeden­falls für die ande­ren medi­zi­ni­schen Stu­di­en­gän­ge; aber auch im Übri­gen, gege­be­nen­falls nur mit abge­schwäch­ter Bri­sanz. Da aber für die Stu­di­en­gän­ge außer­halb des zen­tra­len Ver­ga­be­ver­fah­rens die Frist­set­zung des BVerfG nicht gilt, kann hier die Ein­füh­rung beson­de­rer Ver­ga­be­ver­fah­ren auf den Erfah­run­gen auf­bau­en, die im Über­gangs­ver­fah­ren bis zum Grei­fen der Neu­re­ge­lung gemacht wer­den. III. Mini­mal­lö­sung oder Neu­ge­stal­tung des zen­tra­li­sier­ten Ver­ga­be­ver­fah­rens (SfH) In der Mai-Sit­zung der Amts­chefs am 3.5.2018 wur­den sodann Eck­punk­te beschlos­sen, die der KMK-Hoch­schul­aus­schuss auf Basis der Vor­ar­bei­ten der eigens ein­ge­rich­te­ten KMK-Arbeits­grup­pe „Staats­ver­trag Hoch­schul­zu­las­sung“ for­mu­liert hat­te. Aus die­sen Eckpunkten12 ist zu ent­neh­men, dass die Län­der nicht ledig­lich die Män­gel­lis­te des Ver­fas­sungs­ge­richts im Sin­ne einer „Mini­mal­lö­sung“ abar­bei­ten, son­dern die Gele­gen­heit zu einer „Wei­ter­ent­wick­lung mit Gestal­tungs­mög­lich­kei­ten“ nut­zen wol­len. 1. Abitur­besten­quo­te Aller­dings soll die vom BVerfG an sich nicht bean­stan­de­te Abitur­besten­quo­te nicht abge­schafft wer­den. Dies lässt sich mit den Schul­mi­nis­tern und Sena­to­ren nicht machen, wel­che wohl die Noten­mo­ti­va­ti­on auf­recht­erhal­ten wol­len. Es wird also offen­sicht­lich an die­sem Kri­te­ri­um fest­ge­hal­ten, weil man andern­falls eine Ent­wer­tung des Abiturs als Abschluss ins­ge­samt fürch­tet. Die Abitur­no­te soll als bis­her mit Abstand wich­tigs­tes Zulas­sungs­kri­te­ri­um nach den Eck­punk­ten auch wei­ter­hin eine – aller­dings deut­lich gerin­ge­re – Rol­le spie­len. Unstrit­tig ist, dass es neue Aus­gleichs­me­cha­nis­men zur län­der­über­grei­fen­den Ver­gleich­bar­keit der Schul­zen­su­ren geben muss. Dies soll – dem Ver­neh­men nach – in der Form umge­setzt wer­den, dass die Abitur-Noten-Ver­tei­lung in jedem Bun­des­land in Pro­zenträn­ge über­setzt wird, so dass es beim bun­des­wei­ten Ver­gleich nicht mehr auf die kon­kre­te Zif­fer auf dem Zeug­nis ankommt. 2. Orts­prä­fe­ren­zen inner­halb der Abitur­besten­quo­te Die vor­ran­gi­ge Berück­sich­ti­gung der Orts­prä­fe­ren­zen in der Abitur­besten­quo­te soll besei­tigt wer­den. Die – dem Autor nicht bekann­te – Vor­la­ge der AG „Staats­ver­trag Hoch­schul­zu­las­sung“ nennt eine Rei­he von Mög­lich­kei­ten. So könn­ten z.B. die Län­der für die Abitur­besten­quo­te eine gleich­zei­ti­ge bun­des­wei­te Bewer­bung an allen (der­zeit) 35 Medi­zin­stand­or­ten erlau­ben. 3. War­te­zeit­quo­te Die auf der KMK-Amts­chef­kon­fe­renz dis­ku­tier­te Fra­ge, ob die War­te­zeit­quo­te bei­be­hal­ten wer­den soll oder alter­na­tiv ganz weg­fal­len könn­te, scheint der­zeit im Sin­ne der zwei­ten Alter­na­ti­ve beant­wor­tet. Wie bereits anfangs erwähnt, sehen wir dies als eines der aus anwalt­li­cher Sicht zen­tra­len The­men an: So bezwei­feln wir, dass es wirk­lich fai­rer wäre, wenn Bewer­ber künf­tig vier Jah­re war­te­ten und dann end­gül­tig und ohne Stu­di­en­platz 3 8 O RDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2019), 35–44 13 Das BVerfG hat eine War­te­zeit von längs­tens 4 Jah­ren für zuläs­sig erach­tet, BVerfG a.a.O., Fn. 2 Rn. 225. 14 Bode, Zwi­schen Rea­li­tät und Uto­pie: Die „Nume­rus clau­sus III“- Ent­schei­dung des BVerfG, OdW 2018, 173 (189). 15 http://www.uni-giessen.de/studium/bewerbung/erststudium/medizinen/gruppea/med-zahnmed (27.7.2018). aus dem Ver­fah­ren flögen.13 Umge­kehrt macht aber auch die – ins­be­son­de­re die sofor­ti­ge – ersatz­lo­se Strei­chung der War­te­zeit­quo­te die Zulas­sung nicht gerech­ter. Immer­hin lässt die Erfül­lung von War­te­zei­ten auf eine beson­ders gro­ße Moti­va­ti­on des Bewer­bers schlie­ßen. Die Län­der dis­ku­tie­ren des­halb unter ande­rem, ob aus dem War­te­ver­fah­ren gekipp­te Bewer­ber sich künf­tig erneut über stan­dar­di­sier­te Eig­nungs­tests bewer­ben dür­fen. 4. Talent­quo­te Die Kul­tus­mi­nis­ter wol­len die War­te­zeit­quo­te in Höhe von 20 % durch eine von den KMK-Amts­chefs sog. Talent­quo­te erset­zen und her­aus­ra­gen­den Bewer­bern unab­hän­gig von ihrer Note die Chan­ce geben, ihre Eig­nung nach­zu­wei­sen, z.B. über beruf­li­che Vor­er­fah­run­gen oder Stan­dard­tests. Die genau­en Kri­te­ri­en müs­sen hier noch fest­ge­legt wer­den. Da sich die Beschlüs­se der KMK zur Zulas­sung auf die Stu­di­en­platz­ver­ga­be in wei­te­ren NC-beschränk­ten Fächern – und nicht nur auf die drei medi­zi­ni­schen Fächer und die Phar­ma­zie – aus­wir­ken wer­den, wird die Debat­te über die künf­ti­ge Bedeu­tung und Aus­ge­stal­tung stan­dar­di­sier­ter Tests wie auch der Aus­wahl­ge­sprä­che in den nächs­ten Mona­ten beson­ders enga­giert geführt wer­den. So wer­den struk­tu­rier­te Eig­nungs­prü­fun­gen eine Mög­lich­keit sein, die Bedeu­tung der Abitur­no­te abzu­schwä­chen. Bereits 2017 hat­te der zwi­schen Bund und Län­dern ver­ein­bar­te „Mas­ter­plan Medi­zin­stu­di­um 2020“ wei­te­re Eig­nungs­kri­te­ri­en für die Zulas­sung vor­ge­schla­gen: Vor allem pas­sen­de beruf­li­che Vor­er­fah­run­gen etwa von Kran­ken­pfle­gern oder Ret­tungs­sa­ni­tä­tern. Sol­che Über­le­gun­gen las­sen sich auch auf ande­re Fächer über­tra­gen. 5. War­te­zeit: Pro­blem der Alt­war­ter The­se: Für die „beson­ders schutz­wür­di­gen Alt­war­ter“ ist bei Her­ab­set­zung der War­te­zeit­quo­te, bei Beschrän­kung der War­te­zeit auf eine bestimm­te Zahl von Semes­tern und erst recht bei deren Abschaf­fung ein Über­gangs­ver­fah­ren vor­zu­se­hen. Wir hal­ten eine Über­gangs­frist für Alt­war­ter von ins­ge­samt drei Jah­ren seit dem Urteil aus Grün­den des Ver­trau­ens­schut­zes für erfor­der­lich, denn: Das BVerfG hat die War­te­zeit­quo­te nicht als ver­fas­sungs­wid­rig ver­wor­fen, son­dern ledig­lich eine höhe­re Quo­te als 20% unter­sagt und die Dau­er auf 8 Semes­ter „begrenzt“. Mit einem voll­stän­di­gen Weg­fall der War­te­zeit­zu­las­sung muss­ten die Bewer­ber nach rund 40 Jah­ren, in denen sie einen Platz „erwar­ten“ konn­ten, nicht rech­nen. Immer­hin sah auch noch der in 10 Bun­des­län­dern rati­fi­zier­te Staats­ver­trag 2016 eine fes­te Quo­te von 20% vor. Bode14 hat es zu Recht als „gera­de­zu para­dox“ bezeich­net, dass von Alt­war­tern ange­sto­ße­ne Vor­la­ge­be­schlüs­se zur Abschaf­fung der War­te­zeit­zu­las­sung füh­ren. Die wesent­li­chen Grund­la­gen, wie eine ver­fas­sungs­ge­mä­ße Aus­ge­stal­tung der War­te­zeit­re­ge­lung unter Berück­sich­ti­gung von Ver­trau­ens­schutz­ge­sichts­punk­ten aus­se­hen könn­te, erge­ben sich bereits aus dem Beschluss des BVerfG zu den „Alt­war­tern“ vom 3.11.1981. Zur beson­ders schutz­wür­di­gen Grup­pe der Alt­war­ter gehö­ren nur die­je­ni­gen, die sich spä­tes­tens zum Win­ter­se­mes­ter 2017/2018 – also vor dem Drit­ten NC-Urteil – erst­mals und sodann kon­ti­nu­ier­lich im Wunsch­stu­di­en­fach bewor­ben haben. „Gele­gen­heits­be­wer­ber“ gehö­ren – anders als das BVerfG meint – nicht dazu: Es ist zwar ver­fas­sungs­recht­lich nicht unzu­läs­sig, jedoch nicht gebo­ten, Gele­gen­heits­be­wer­ber zu berück­sich­ti­gen. Es spricht nichts gegen die dazu im StV 2016 getrof­fe­nen Rege­lun­gen. Es emp­fiehlt sich zur Ver­mei­dung ver­fas­sungs­wid­ri­ger Rege­lun­gen, ins­be­son­de­re zu Las­ten der Alt­war­ter, in einem neu­en Ver­ga­be­ver­fah­ren Erfah­run­gen durch ein (erneu­tes) Über­gangs­ver­fah­ren zu machen. Der Beginn fach­na­her Berufs­aus­bil­dun­gen führt neben der Erst­be­wer­bung spä­tes­tens zum dem Win­ter­se­mes­ter 2017/2018 und – kumu­la­tiv – der kon­ti­nu­ier­li­chen Bewer­bung zur Ein­stu­fung in die Grup­pe der beson­ders schutz­wür­di­gen Bewer­ber. Der Gesetzgeber/der Staats­ver­trag kann für die­se Bewer­ber im Aus­wahl­ver­fah­ren der Hoch­schu­len („AdH“) eine „Son­der­grup­pe“, ent­spre­chend der der­zei­ti­gen Rege­lung z.B. an der Uni­ver­si­tät Gie­ßen vorsehen.15 Der Gesetzgeber/der Staats­ver­trag kön­nen für die­se Bewer­ber auch Auf­bes­se­run­gen der Hochschulzugangsberechtigungs(„HZB)-Note für das AdH und der War­te­zeit vor­se­hen. IV. Das Aus­wahl­ver­fah­ren der Hoch­schu­len („AdH“) 1. Aus­ge­stal­tung durch Lan­des­recht a) Eig­nungs­kri­te­ri­en für das Aus­wahl­ver­fah­ren The­se: Die Lan­des­ge­setz­ge­ber müs­sen vor­se­hen, dass die Hoch­schu­len im AdH jeden­falls zwei wei­te­re Aus­wahl­kri- Brehm · Kon­se­quen­zen der Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts 3 9 16 BVerfG a.a.O., Fn. 2, Rn. 204 ff. 17 BVerfG a.a.O., Fn. 2, Rn. 204 am Ende; Mas­ter­plan Medi­zin­stu­di­um 2020, S. 2: abruf­bar unter: https://www.bmbf.de/ files/2017–03-31_Masterplan%20Beschlusstext.pdf (27.7.2018). 18 Zu dem Vor­schlag eines zwei­stu­fi­gen Ver­ga­be­ver­fah­rens: https:// medizinische-fakultaeten.de/studium/themen/aktuelle-themen/ zulassung/ (27.7.2018); dabei wird wohl davon aus­ge­gan­gen, dass ein wei­te­res Kri­te­ri­um neben der HZB-Note aus­rei­chend sei. 19 Hampe/Kadmon u.a., Medi­zin­stu­die­ren­den­aus­wahl in Deutsch­land, Bun­des­ge­sund­heits­blatt 2018, 61: 178 ff., abruf­bar unter: https://link.springer.com/article/10.1007/s00103-017‑2670‑2 (27.7.2018). 20 Situa­tio­nal jud­ge­ment test. teri­en neben der HZB-Note her­an­zie­hen. Dies folgt aus der Bezug­nah­me des BVerfG auf den „Mas­ter­plan Medi­zin­stu­di­um 2020“. aa) Rege­lungs­auf­trag des BVerfG Bereits im Leit­satz 5, 5. Spie­gel­strich, ver­wirft das BVerfG die Rege­lun­gen zum AdH des­halb als ver­fas­sungs­wid­rig, weil für einen hin­rei­chen­den Teil der Stu­di­en­plät­ze neben der HZB-Note kei­ne wei­te­ren Aus­wahl­kri­te­ri­en mit erheb­li­chem Gewicht Berück­sich­ti­gung fin­den. Damit macht das BVerfG deut­lich, dass es Sache des Gesetz­ge­bers ist, ver­schie­de­ne wei­te­re Aus­wahl­kri­te­ri­en, deren Zahl und deren Kom­bi­na­ti­on zu nor­mie­ren. bb) Per­spek­ti­ven Wir sind der Auf­fas­sung, dass sich aus den vom BVerfG zustim­mend zitier­ten Aus­füh­run­gen zum „Mas­ter­plan Medi­zin­stu­di­um 2020“ ergibt, dass der Gesetz­ge­ber /der Staats­ver­trag den Uni­ver­si­tä­ten auf­ge­ben muss, jeden­falls zwei wei­te­re Aus­wahl­kri­te­ri­en neben der HZB-Note heranzuziehen.16 So wur­de – um das Medi­zin­stu­di­um stär­ker auf Fähig­kei­ten aus­zu­rich­ten, die im Arzt­be­ruf wich­tig sind – im Mas­ter­plan ver­ein­bart, im AdH künf­tig die Anwen­dung von min­des­tens zwei wei­te­ren Kri­te­ri­en neben der HZB-Note vorzuschreiben.17 Auch die Lösungs­vor­schlä­ge des Medi­zi­ni­schen Fakul­tä­ten­ta­ges („MFT“) bezie­hen sich aus­drück­lich auf den Masterplan.18 Wir wei­sen auch noch auf die Unter­su­chung „Medi­zin­stu­die­ren­den­aus­wahl in Deutsch­land – Mes­sung kogni­ti­ver Fähig­kei­ten und psy­cho­so­zia­ler Kom­pe­ten­zen – Vor­schlag einer Neu­re­ge­lung der Aus­wahl“ von Mit­glie­dern der Arbeits­grup­pe – Aus­wahl­ver­fah­ren an der Uni­ver­si­tät Ham­burg – hin.19 Die Lei­ter der Stu­die wur­den bei­de auch vom BVerfG in der münd­li­chen Ver­hand­lung als Gut­ach­ter ange­hört. Zusam­men­fas­send kom­men die Autoren zu fol­gen­dem Ergeb­nis: „Unter­su­chun­gen zei­gen, dass die Abitur­no­te der bes­te Prä­dik­tor von Stu­di­en­leis­tun­gen ist. Die Aus­wahl der Bewer­be­rin­nen nach Abitur­no­te gerät jedoch ver­stärkt in die Dis­kus­si­on, da die Ver­gleich­bar­keit der Abitur­no­ten infra­ge steht und die Bewer­ber­zahl mit Best­no­te stark anwächst. Fähig­keits- und Kennt­nis­tests kön­nen inkre­men­tell zur Abitur­no­te die Vor­her­sa­ge der Stu­di­en­leis­tun­gen ver­bes­sern, wobei ins­be­son­de­re die natur­wis­sen­schaft­li­chen Antei­le bedeut­sam sind. Die Mes­sung psy­cho­so­zia­ler Kom­pe­ten­zen in klas­si­schen Inter­views ist wenig relia­bel und vali­de. Die relia­ble­ren Mul­ti­ple Mini-Inter­views kön­nen vor allem prak­ti­sche Stu­di­en­ergeb­nis­se bes­ser vor­her­sa­gen. Im Aus­land ein­ge­setz­te Situa­tio­nal Jud­ge­ment Tests (SJTs) wer­den als relia­bel und vali­de ein­ge­schätzt, die Kor­re­la­ti­on eines in Ham­burg pilo­tier­ten deut­schen SJT mit dem Mul­ti­ple Mini­In­ter­view stimmt vor­sich­tig posi­tiv“. Der Arti­kel endet mit einem Vor­schlag, wie der zukünf­ti­ge Zulas­sungs­weg eines poten­zi­el­len Medi­zin­stu­die­ren­den unter Berück­sich­ti­gung der Erkennt­nis­se aus­se­hen könn­te und der deut­li­che Sym­pa­thien mit dem bereits erwähn­ten Vor­schlag des MFT und der Bun­des­ver­tre­tung der Medi­zin­stu­die­ren­den in Deutsch­land erken­nen lässt, nach dem die War­te­zeit- und die Abitur­besten­quo­te abge­schafft wer­den sol­len. Nach die­sem Ent­wurf kön­nen die Bewer­be­rin­nen in unter­schied­li­chen Kate­go­rien Punk­te sam­meln: – maxi­mal 40 Punk­te für die Abitur­no­te, – bis zu 40 Punk­te für einen Test kogni­ti­ver Fähig­kei­ten (vor­ge­schla­gen wird eine Kom­bi­na­ti­on des TMS und des HAM-Nat), – 10 Punk­te für eine ein­jäh­ri­ge berufs­prak­ti­sche Erfah­rung und – 10 Punk­te für einen bun­des­ein­heit­li­chen SJT20 zur Erfas­sung sozia­ler Kom­pe­ten­zen. Da für Abitur­no­te und Eig­nungs­tests der For­schungs­stand zur prä­dik­ti­ven Vali­di­tät deut­lich bes­ser ist, sol­len die­se mit der stärks­ten Gewich­tung ein­ge­hen. Berufs­er­fah­rung und SJT sol­len die im Mas­ter­plan Medi­zin­stu­di­um 2020 gefor­der­ten psy­cho­so­zia­len Kom­pe­ten­zen abbil­den, wobei der Nut­zen eines SJTs nur vor­sich­tig posi­tiv ein­zu­schät­zen ist. Die Hälf­te der Stu­di­en­plät­ze soll direkt ent­spre­chend der Punk­te­sum­me ver­ge­ben wer­den. Für die ande­re Hälf­te der Stu­di­en­plät­ze sol­len die Fakul­tä­ten die ver­blei­ben­den Bewer­be­rin­nen wie­der­um auf­grund der Punk­te­sum­me zu einem ihrem Pro­fil ent­spre­chen­den uni­ver­si­tä­ren Aus­wahl­ver­fah­ren ein­la­den kön­nen, das 4 0 O RDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2019), 35–44 21 Kadmon/Kadmon, Stu­di­en­leis­tung von Stu­die­ren­den mit den bes­ten ver­sus mit­tel­mä­ßi­gen Abitur­no­ten: Gleicht der Test für medi­zi­ni­sche Stu­di­en­gän­ge (TMS) ihre Pro­gno­sen aus?, GMS 2016, 33 ff. 22 BVerfG a.a.O., Fn. 2, Leit­satz 5, 5. Spie­gel­strich, Rn. 173 – 192. 23 BVerfG, Beschl. v. 03.04.1974 – 1 BvR 282, 305/73; NJW 1974, 1127; Beck­RS 1973, 104818. dann auch wei­te­re Tests zur Ermitt­lung der psy­cho­so­zia­len und kom­mu­ni­ka­ti­ven Kom­pe­ten­zen, wie z. B. Mul­ti­ple Mini-Inter­views, umfas­sen kann. b) Wesent­lich­keits­theo­rie / Par­la­ments­vor­be­halt The­se: Die Gewich­tung von Metho­den zur Eig­nungs­mes­sung – Stu­di­en­fä­hig­keits­test, Aus­wahl­ge­spräch – gegen­über den ande­ren Aus­wahl­kri­te­ri­en, ins­be­son­de­re der Note der HZB, bedarf einer gesetzlichen/staatsvertraglichen Rege­lung. Die Gewich­tung des TMS-Tests im AdH ist bis­her weder durch den Staats­ver­trag noch durch Lan­des­hoch­schul­zu­las­sungs­ge­set­ze vor­ge­schrie­ben. Sie erfolgt durch die bzw. in den jewei­li­gen Aus­wahl­sat­zun­gen der Hoch­schu­len. So sehen z.B. die Aus­wahl­sat­zun­gen der Uni­ver­si­tä­ten Frank­furt, Hal­le, Köln und Mainz für HM und ZM jeweils eine Gewich­tung von Note der HZB und Test im Ver­hält­nis von 51% zu 49% vor, eben­so die Uni Bochum für HM. Die Uni Leip­zig gewich­tet 60% HZB zu 40% Test­ergeb­nis. Ande­re Uni­ver­si­tä­ten nor­mie­ren – je nach Test­ergeb­nis – eine Ver­bes­se­rung der HZB-Note um bis zu 0,8 für 10% der Test­bes­ten, so die Uni Erlan­gen und die LMU. Als maxi­ma­le Ver­bes­se­rung sehen die Unis Göt­tin­gen, Frei­burg und Kiel jeweils eine hal­be Noten­stu­fe – 0,5 – bei den 10%-Testbesten vor. Bei der Medi­zi­ni­schen Uni­ver­si­tät Lübeck führt ein Pro­zent­wertrang von 50 oder höher – nicht wei­ter bin­nen­dif­fe­ren­ziert – zur Ver­bes­se­rung der HZB-Note um 0,4. Damit ist es ange­sichts der Bedeu­tung des Tests und des Vor­be­halts des Geset­zes vor­bei: Es bedarf einer ein­heit­li­chen bun­des­wei­ten Rege­lung – eine dezen­tra­le Nor­mie­rung kommt nicht in Betracht. Unter Berück­sich­ti­gung der Aus­füh­run­gen des BVerfG zum Gesetzesvorbehalt/zur Wesent­lich­keits­leh­re erweist es sich als unum­gäng­lich, dass ange­sichts der Bedeu­tung des Tests für eine chan­cen­ge­rech­te Aus­wahl die Gewich­tung im Ver­hält­nis zur HZB-Note gesetz­lich oder staats­ver­trag­lich nor­miert wird. Dies gilt in glei­cher Wei­se für die Gewich­tung des Aus­wahl­ge­sprächs für die Zulas­sung über die AdH-Quo­te. Die beson­de­re Bedeu­tung des Tests, gera­de auch für Medi­zin­be­wer­ber mit mitt­le­ren Durch­schnitts­no­ten, zeigt das Ergeb­nis einer Arbeits­grup­pe, die unter­sucht hat, ob die Gewich­tung des TMS, die dar­auf abzielt, die Zulas­sung poten­ti­ell leis­tungs­schwa­cher Abitur­bes­ten zu redu­zie­ren und statt­des­sen die Zulas­sung poten­ti­ell leis­tungs­star­ker Bewer­ber zu för­dern, die mit­tel­mä­ßi­ge Schul­ab­gangs­no­ten mit­brin­gen, gerecht­fer­tigt ist.21 Hier­bei wur­de der pro­gnos­ti­sche Bei­trag der Abitur­punkt­zahl und des TMS zur Stu­di­en­leis­tung und zur Stu­di­en­kon­ti­nui­tät im vor­kli­ni­schen Abschnitt des Medi­zin­stu­di­ums an zwei Stu­die­ren­den­grup­pen unter­sucht: Abitur­bes­te (HZB-Note 1,0, Abitur­punk­te 823- 900) und mit­tel­mä­ßi­ge Abitu­ri­en­ten (HZB-Noten 2,0- 2,3, Abitur­punk­te 689–660). Sodann wur­den bei­de Grup­pen im Ver­hält­nis zu ihren TMS-Ergeb­nis­sen ver­gli­chen. Aus den Ergeb­nis­sen gewann die Arbeits­grup­pe die Erkennt­nis, dass der TMS geeig­net ist, zwi­schen poten­zi­ell erfolg­rei­chen und weni­ger erfolg­rei­chen Stu­die­ren­den bei­der HZB-Noten­be­rei­che zu dif­fe­ren­zie­ren. Mit­tel­mä­ßi­ge Abitu­ri­en­ten mit beson­ders hohen TMS-Ergeb­nis­sen erreich­ten bes­se­re Stu­di­en­ergeb­nis­se im vor­kli­ni­schen Stu­di­en­ab­schnitt als die Abitur­bes­ten, die im TMS nur mit­tel­mä­ßi­gen Erfolg hat­ten. Die­se Beob­ach­tun­gen recht­fer­ti­gen die Anwen­dung des TMS, um die Chan­cen von Stu­di­en­be­wer­bern mit mit­tel­mä­ßi­gen HZB-Noten im Wett­be­werb um die Stu­di­en­plät­ze zu erhö­hen. c) Sicher­stel­lung der län­der­über­grei­fen­den Ver­gleich­bar­keit von Abitur­no­ten The­se: Man­gels Ver­gleich­bar­keit der Abitur- bzw. HZBNo­ten in den ein­zel­nen Bun­des­län­dern wird es – jeden­falls vor­über­ge­hend – wie­der zu einer Art Bonus-Malus-Sys­tem kom­men (BVerfG: „Rela­tio­nie­rung auf Zen­tral­ebe­ne“): Es ist nicht das ers­te Mal, dass das BVerfG das Feh­len von Mecha­nis­men für die nur ein­ge­schränk­te lan­des­über­grei­fen­de Ver­gleich­bar­keit von HZB-Noten rügt – die­ses Mal für das AdH.22 Bereits in der „Bonus-Malus“ Ent­schei­dung des BVerfG von 197423 war das Pro­blem viru­lent. Art. 11 Abs. 8 des dama­li­gen StV sah sogar eine Ver­pflich­tung vor, für die Bewer­tung der Rei­fe­zeug­nis­se und der Zeug­nis­se der Fach­hoch­schul­rei­fe ein­heit­li­che Maß­stä­be zu ent­wi­ckeln, um im gesam­ten Gel­tungs­be­reich des StV eine gerech­te Zulas­sung nach dem Grad der Qua­li­fi­ka­ti­on zu gewähr­leis­ten: „(8) Für die Bewer­tung der Rei­fe­zeug­nis­se und der Zeug­nis­se der Fach­hoch­schul­rei­fe sind ein­heit­li­che Maß­stä­be zu ent­wi­ckeln, um im gesam­ten Gel­tungs­be­reich des Staats­ver­tra­ges eine gerech­te Zulas­sung nach dem Grad der Qua- Brehm · Kon­se­quen­zen der Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts 4 1 24 Bay­VerfGH, Urt. v. 01.08.1975 – Vf. 11 – VII – 73; NJW 1975, 1733 ff.; Beck­RS 1975, 01426. 25 BVerfG, Beschl. v. 07.04.1976 — 2 BvH 1/75; NJW 1976, 1084 m. Anm. Pes­ta­loz­za; Beck­RS 9998, 106153 26 BVerfG a.a.O., Fn. 2, Rn. 3, Abitur­besten­quo­te ohne Erwäh­nung der Lan­des­quo­ten gebil­ligt in Rn. 127 ff. 27 BVerfG a.a.O., Fn. 2, Leit­satz 5, 4. Spie­gel­strich, Rn. 173 ff. 28 BVerfG a.a.O., Fn. 2, Rn 186 f. 29 VG Gel­sen­kir­chen, Beschl. v. 18.03.2014 – Az. 6z K 4229/13, Rn. 402 ff. (429). 30 BVerfG a.a.O., Fn. 2, Rn.188; krit. Bode a.a.O., S.180. lifi­ka­ti­on zu gewähr­leis­ten. Solan­ge sol­che Maß­stä­be noch nicht ent­wi­ckelt sind, ist nach fol­gen­den Grund­sät­zen zu ver­fah­ren: Für jedes Land wer­den jähr­lich die Durch­schnitts­no­ten aller Rei­fe­zeug­nis­se fest­ge­stellt. Aus dem Ergeb­nis der ein­zel­nen Län­der wird eine Gesamt­durch­schnitts­no­te für alle Län­der ermit­telt. Unter­schrei­tet die Durch­schnitts­no­te eines Lan­des die Gesamt­durch­schnitts­no­te, so wer­den für das Ver­ga­be­ver­fah­ren die Noten der Rei­fe­zeug­nis­se die­ses Lan­des um die Dif­fe­renz her­auf­ge­setzt, im umge­kehr­ten Fall ent­spre­chend her­ab­ge­setzt. Ent­spre­chen­des gilt für Zeug­nis­se der Fach­hoch­schul­rei­fe. Ein­zel­hei­ten wer­den vom Ver­wal­tungs­aus­schuss beschlos­sen“. Auf eine Lan­des­ver­fas­sungs­be­schwer­de hin erklär­te der Baye­ri­sche Ver­fas­sungs­ge­richts­hof mit Urteil vom 01.08.197524 den Zustim­mungs­be­schluss des Baye­ri­schen Land­tags zum StV vom 21.02.1973 für ver­fas­sungs­wid­rig. Eini­ge Bun­des­län­der woll­ten dies nicht hin­neh­men und klag­ten beim BVerfG auf Fest­stel­lung der Ver­let­zung des Ver­fas­sungs­rechts­sat­zes über die Pflicht zu bun­des­freund­li­chem Ver­hal­ten. Das BVerfG erklär­te sich aller­dings mit Beschl. vom 07.04.197625 für nicht zustän­dig, weil es sich nicht um eine ver­fas­sungs­recht­li­che Strei­tig­keit han­de­le: Der StV sei kein ver­fas­sungs­recht­li­cher, son­dern ein ver­wal­tungs­recht­li­cher Ver­trag. Der Gesetz­ge­ber ersetz­te durch das HRG vom 26.01.1976 – kon­kret § 32 Abs. 3 Nr. 1 Satz 5 HRG 1976 — das Bonus-Malus-Sys­tem durch das – in der Abitur­besten­quo­te bis heu­te gel­ten­de und auch vom BVerfG aktu­ell nicht ange­tas­te­te – Lan­des­quo­ten­sys­tem: Die Quo­te eines Lan­des bemisst sich – unver­än­dert – zu einem Drit­tel nach sei­nem Anteil an der Gesamt­zahl der Bewer­be­rin­nen und Bewer­ber für den betref­fen­den Stu­di­en­gang (Bewer­ber­an­teil) und zu zwei Drit­teln nach sei­nem Anteil an der Gesamt­zahl der Acht­zehn- bis unter Ein­und­zwan­zig­jäh­ri­gen (Bevöl­ke­rungs­an­teil); für die Län­der Ber­lin, Bre­men und Ham­burg wer­den die sich danach erge­ben­den Quo­ten um drei Zehn­tel erhöht. Bei der Berech­nung des Bewer­ber­an­teils wer­den nur Per­so­nen berück­sich­tigt, die eine HZB besit­zen, die von allen Län­dern gegen­sei­tig aner­kannt ist.26 Im Urteil vom 19.12.2017 erklär­te das BVerfG die gesetz­li­chen Vor­schrif­ten zum Aus­wahl­ver­fah­ren der Hoch­schu­len für ver­fas­sungs­wid­rig, soweit im Ver­fah­ren HZB-Noten berück­sich­tigt wer­den kön­nen, ohne einen Aus­gleichs­me­cha­nis­mus für deren nur ein­ge­schränk­te län­der­über­grei­fen­de Ver­gleich­bar­keit vorzusehen.27 Die Unter­schie­de der Aus­sa­ge­kraft der HZBNo­ten in den Län­dern sei­en zu gewich­tig, als dass sie unter Rück­griff auf eine gene­ra­li­sie­ren­de Betrach­tung über­gan­gen wer­den könn­ten. Daher ver­mö­gen auch die Typi­sie­rungs­be­fug­nis des Gesetz­ge­bers und die prak­ti­schen Schwie­rig­kei­ten der Hoch­schu­len den Ver­zicht auf einen Aus­gleichs­me­cha­nis­mus für die Defi­zi­te in der län­der­über­grei­fen­den Ver­gleich­bar­keit der HZB-Noten nicht zu rechtfertigen.28 Das VG Gel­sen­kir­chen hat­te im Vor­la­ge­be­schluss her­aus­ge­ar­bei­tet, dass die durch­schnitt­li­che HZB-Note in den Jah­ren 2005 bis 2012 stets je nach Bun­des­land zwi­schen etwa 2,25 (Thü­rin­gen) und etwa 2,65 (Nie­der­sach­sen) lag.29 Vor­schlä­ge, wie die Län­der damit im Rah­men des neu­en Ver­fah­rens umge­hen könn­ten, hat das BVerfG nicht gemacht: Zwar kön­ne es sein, dass die Über­tra­gung des für die Abitur­besten­quo­te vor­ge­se­he­nen Lan­des­quo­ten-Prin­zips auf das Aus­wahl­ver­fah­ren der Hoch­schu­len an Gren­zen sto­ße; ein bestimm­ter Mecha­nis­mus sei aber von Ver­fas­sungs wegen nicht vor­ge­ge­ben. Es sei viel­mehr Auf­ga­be des Gesetz­ge­bers, eine Rege­lung zu fin­den, die eine annä­hern­de Ver­gleich­bar­keit der Noten prak­ti­ka­bel ermög­li­che, etwa durch eine Rela­tio­nie­rung der Noten auf Zen­tral­ebe­ne, auf die die Hoch­schu­len dann zurück­grei­fen könn­ten. Der Gesetz­ge­ber habe dabei einen wei­ten Gestal­tungs­spiel­raum. Es rei­che, zumin­dest eine annä­hern­de Ver­gleich­bar­keit der HZB-Noten über die Län­der­gren­zen hin­weg herzustellen.30 2. Aus­ge­stal­tung durch Sat­zungs­recht der Hoch­schu­len a) Unmit­tel­ba­re Ver­bind­lich­keit des Urteils für die bis­he­ri­gen Rege­lun­gen in den Aus­wahl­sat­zun­gen der Hoch­schu­len The­se: Die Über­gangs­frist zum 31.12.2019 gilt nicht für das der Ent­schei­dung wider­spre­chen­de Sat­zungs­recht der Hoch­schu­len. Die­ses ist bereits gegen­wär­tig ver­fas­sungs­wid­rig. Wir sind der Auf­fas­sung, dass sich die Über­gangs­frist zur Neu­re­ge­lung nur an den Gesetz- und Ver­ord­nungs­ge­ber, nicht jedoch an die Hoch­schu­len rich­tet. Die­se 4 2 O RDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2019), 35–44 31 Abruf­bar unter: http://www.tms-info.org/fileadmin/pdf/ auszugsatzungtmsbereich.pdf (27.7.2018). 32 Vgl. etwa die „Sat­zung über das Aus­wahl­ver­fah­ren der Cha­ri­té – Uni­ver­si­täts­me­di­zin Ber­lin für die Stu­di­en­gän­ge Medi­zin und Zahn­me­di­zin (Aus­wahl­sat­zung)“ vom 20.4.2015. 33 OVG Müns­ter, NJW, 1987, 1505 (1507). 34 Brehm/­Brehm-Kai­ser a.a.O., S. 12 f. 35 Anders als 1986 sind heu­te für die Ent­schei­dung über die Wie­der­hol­bar­keit des Tests als AdH-spe­zi­fi­sches Mit-Aus­wahl­kri­te­ri­um die Gerich­te des in ers­ter Prä­fe­renz gewähl­ten Stu­di­en­orts zustän­dig (vgl. VG Gel­sen­kir­chen, Beschl. v. 29.9.2014 — 6a L 1244/14, Rn.7 ff.; Beschl. vom 2.10.2015 — 6z L 1804/15 und Gerichts­be­scheid v. 5.3.2015 — 6z K 3908/15, n.v.; Brehm/Maier, DVBl. 2016, 1166 ff. (1173). Dies gilt auch für die Anfech­tung der Durch­füh­rung oder des Ergeb­nis­ses des Aus­wahl­ge­sprächs. 36 Vgl. § 8 der Sat­zung über das Aus­wahl­ver­fah­ren der Cha­ri­té – Uni­ver­si­täts­me­di­zin Ber­lin für die Stu­di­en­gän­ge Medi­zin und Zahn­me­di­zin (Aus­wahl­sat­zung) vom 20.04.2015; Die Teil­nah­me ist auf 850 Bewer­ber beschränkt. müs­sen nach unse­rer Mei­nung die ver­fas­sungs­wid­ri­gen Rege­lun­gen durch unmit­tel­ba­re und unver­züg­li­che Neu­re­ge­lung in den Aus­wahl­sat­zun­gen erset­zen. Es gilt fol­gen­de ver­fas­sungs­wid­ri­ge Rege­lun­gen zu ver­mei­den bzw. zu ändern: – soweit die Hoch­schu­len bis­her neben eig­nungs­be­zo­ge­nen gesetz­li­chen Kri­te­ri­en unein­ge­schränkt auch auf das Kri­te­ri­um eines frei zu bestim­men­den Ran­ges der Orts­prä­fe­renz zurück­ge­grif­fen haben, ohne dass dies durch Beson­der­hei­ten des kon­kre­ten Aus­wahl­ver­fah­rens (z.B. struk­tu­rier­te Aus­wahl­ge­sprä­che) gebo­ten ist, – soweit die Hoch­schu­len allein die HZB-Noten berück­sich­tigt und auf die­se Wei­se 80% der Plät­ze an die Abitur­bes­ten ver­ge­ben haben, – soweit die Hoch­schu­len im Rah­men der Vor­auswahl für Aus­wahl­ge­sprä­che und den HAM-Nat die Aus­wahl wie­der­um ent­we­der nach der Abitur­durch­schnitts­no­te oder einer Ver­fah­rens­no­te tref­fen und so ande­re Bewer­ber mit guten bis mitt­le­ren Noten kei­ne Chan­ce haben, aus­ge­wählt und über das AdH zuge­las­sen zu wer­den – als die Sat­zung der Uni­ver­si­tät Hei­del­berg, die von allen Aus­wahl­sat­zun­gen, die den TMS als Aus­wahl­be­stand­teil vor­se­hen, in Bezug genom­men wird, für den TMS nicht des­sen Wie­der­hol­bar­keit vor­sieht. Wir sind sehr erstaunt dar­über, dass – soweit ersicht­lich – bis­her kei­ne ein­zi­ge Uni­ver­si­tät durch Ände­rung ihrer Aus­wahl­sat­zung für das WS 2018/2019 auf das Urteil des BVerfG reagiert hat. Wir hät­ten erwar­tet, dass wenigs­tens ein­zel­ne Uni­ver­si­tä­ten auch vor Ände­rung des Staats­ver­trags und der Hoch­schul­zu­las­sungs­ge­set­ze Kon­se­quen­zen zie­hen. Hier herrscht offen­sicht­lich „Schock­star­re“. b) Test­wie­der­ho­lung The­se: Jeden­falls eine ein­ma­li­ge Wie­der­hol­bar­keit des Tests ist zwin­gend vor­zu­se­hen. Das bis­he­ri­ge Ver­ga­be­recht, kon­kret die TMS-Sat­zung, „Sat­zung der Uni­ver­si­tät Hei­del­berg für die Zulas­sun­gen zu den Stu­di­en­gän­gen Medi­zin (Fakul­tät Hei­del­berg), Medi­zin (Fakul­tät Mann­heim) sowie Zahn­me­di­zin jeweils mit Abschluss Staats­examen nach dem hoch­schul­ei­ge­nen Aus­wahl­ver­fah­ren vom 17. Dezem­ber 2012 und 11. Febru­ar 2015,31 sieht in § 6 Abs. 1 a.E. eine Wie­der­ho­lung des TMS nicht vor. Ver­gleich­ba­re Rege­lun­gen fin­den sich in den Aus­wahl­sat­zun­gen der ande­ren Hoch­schu­len, die den TMS her­an­zie­hen. Anders ist es beim HAM-Nat, dort schlie­ßen die Cha­ri­té und die Uni­ver­si­tät Ham­burg des­sen Wie­der­hol­bar­keit nicht aus.32 Ent­spre­chen­de Rege­lun­gen zur Fra­ge der Wie­der­hol­bar­keit des TMS gibt es weder im HRG noch im Staats­ver­trag 2008 noch in den Lan­des-Hoch­schul­zu­las­sungs­ge­set­zen Für den Aus­schluss der Wie­der­hol­bar­keit des TMS ist jedoch nicht der Sat­zungs­ge­ber, son­dern der Gesetz­ge­ber zustän­dig. Die­ser muss eine Rege­lung tref­fen, denn so weit­rei­chend ist die Sat­zungs­au­to­no­mie der Hoch­schu­len nach dem Urteil des BVerfG nicht. Man­gels aus­rei­chen­der gesetz­li­cher Grund­la­ge ist der Aus­schluss der Wie­der­hol­bar­keit des TMS nach unse­rer Auf­fas­sung ab sofort ver­fas­sungs­wid­rig. Die Gesichts­punk­te, die 1986 nach Auf­fas­sung des OVG Münster33 die Grün­de für eine Wie­der­hol­bar­keit des TMS auf­ge­wo­gen haben, waren zeit- und situa­ti­ons­ab­hän­gig: Inso­weit ver­wei­sen wir auf unse­ren NVwZOnline-Aufsatz.34 Heu­te spielt das Ergeb­nis des Tests mit bis zu 49%iger Gewich­tung und der Mit­ent­schei­dung an jeden­falls 22 Unis in der Human­me­di­zin eine bedeu­ten­de Rol­le für die Auswahl.35 c) Ver­fas­sungs­recht­li­che Anfor­de­run­gen an die Vor­auswahl zum Ham-Nat und zum Aus­wahl­ge­spräch The­se: Das Urteil des BVerfG ver­bie­tet es, die Note der HZB oder deren Bestand­tei­le, wie Ein­zel­no­ten in bestimm­ten Fächern, zum Gegen­stand der Vor­auswahl zu machen. Wäh­rend für den TMS – mit Aus­nah­me des der­zei­ti­gen Aus­schlus­ses bei vor­he­ri­ger Teil­nah­me – eine Vor­auswahl nicht vor­ge­se­hen ist, begren­zen sowohl die Cha­ri­té als auch die Uni­ver­si­tät Ham­burg die Aus­wahl der Teil­neh­mer für den Ham-Nat strikt nach Note.36 Glei- Brehm · Kon­se­quen­zen der Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts 4 3 37 § 4 Abs. 1 der Sat­zung der Uni­ver­si­tät zu Lübeck zur Durch­füh­rung des Aus­wahl­ver­fah­rens im Stu­di­en­gang Human­me­di­zin vom 14.02.2014. 38 VG Mainz, Urt. vom 04.09.2006 — 6 K 875/04.MZ, n.v. Auf die Beru­fung der Uni­ver­si­tät hin wur­de das Urteil aus for­ma­len Grün­den abge­än­dert und die Kla­ge abge­wie­sen: OVG Koblenz, Urt. vom 14.03.2007 — 6 A 11619/06.OVG,n.v. 39 BVerfG a.a.O., Fn. 2, Leit­satz 5, drit­ter Spie­gel­strich, Rn. 167 ff. 40 BVerfG a.a.O., Fn. 2, Rn. 169. 41 BVerfG a.a.O., Fn. 1, Rn. 170 f. 22 BVerfG a.a.O., Fn.2, Leit­satz 5, 5. Spie­gel­strich, Rn. 173 – 192. 23 BVerfG, Beschl. v. 03.04.1974 – 1 BvR 282, 305/73; NJW 1974, 1127; Beck­RS 1973, 104818. 24 Bay­VerfGH, Urt. v. 01.08.1975 – Vf. 11 – VII – 73; NJW 1975, ches gilt für die Vor­auswahl hin­sicht­lich der Teil­nah­me am Aus­wahl­ge­spräch an der Medi­zi­ni­schen Uni­ver­si­tät Lübeck.37 Danach erfolgt an die­sen Uni­ver­si­tä­ten regel­haft eine Aus­wahl im AdH nach HZB-Note und damit eine fast 80%ige Abitur­besten­quo­te. Die­se Aus­wahl ist ver­fas­sungs­wid­rig. Dies hat­te im Übri­gen auch das VG Mainz bereits 200638 ent­schie­den: Sinn und Zweck des Kri­te­ri­ums „Aus­wahl­ge­spräch“ ver­bie­te es, bei der Fra­ge, wer ein­zu­la­den sei, wie­der­um auf die Qua­li­fi­ka­ti­on abzu­stel­len, denn über das Kri­te­ri­um „Aus­wahl­ge­spräch“ sol­le auch gera­de den Bewer­bern eine Chan­ce ein­ge­räumt wer­den, die über weni­ger gute Durch­schnitts­no­ten ver­füg­ten. Indem die Uni Mainz die zah­len­mä­ßig begrenz­ten Teil­neh­mer für das Aus­wahl­ge­spräch über die Qua­li­fi­ka­ti­ons­lis­te gela­den habe, habe sie in das Aus­wahl­kri­te­ri­um „Aus­wahl­ge­spräch“ sinn- und sat­zungs­wid­rig erneut das Qua­li­fi­ka­ti­ons­merk­mal ein­flie­ßen las­sen. d) Kei­ne Vor­auswahl durch Orts­prä­fe­ren­zen bei nicht­in­di­vi­dua­li­sier­ten Aus­wahl­ver­fah­ren The­se: Sieht eine Hoch­schu­le die Vor­auswahl für ein AdH vor, bei dem die Aus­wahl „rech­ner­ge­steu­ert“ erfolgt, wie z.B. nach der Abitur/Testkombination, darf es kei­ne Ein­schrän­kung die­ser Vor­auswahl durch ein „Ver­lan­gen nach Anga­be einer Orts­prä­fe­renz“ geben. Der Geschäfts­füh­rer der Stif­tung für Hoch­schul­zu­las­sung, Bade, hat ange­sichts des tat­säch­li­chen Befunds, dass im WS 2017/2018 ins­ge­samt 25 Uni­ver­si­tä­ten im Rah­men der Vor­auswahl für das AdH die ers­te Orts­prä­fe­renz for­der­ten, bereits in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem BVerfG am 04.10.2017 die Auf­fas­sung ver­tre­ten, dass die­se For­de­rung nur für Uni­ver­si­tä­ten gerecht­fer­tigt sei, die ein­ge­hen­de Bewer­ber­über­prü­fun­gen z.B. durch hoch­schul­ei­ge­ne Tests und Aus­wahl­ge­sprä­che durch­führ­ten. Ver­ge­be eine Hoch­schu­le die Plät­ze im AdH nur in einem „maschi­nen­ge­eig­ne­ten Ver­fah­ren“, wie Abitur oder Abitur/TMS-Quo­te, sei das Ver­lan­gen nach der Anga­be in ers­ter Prä­fe­renz weder erfor­der­lich noch sach­ge­recht. Dies hat das BVerfG ver­an­lasst, das Vor­auswahl­ver­fah­ren zum AdH inso­weit für ver­fas­sungs­wid­rig zu erklä­ren, als die Hoch­schu­len neben eig­nungs­be­zo­ge­nen gesetz­li­chen Kri­te­ri­en auch unein­ge­schränkt auf das Kri­te­ri­um eines frei zu bestim­men­den Ran­ges der Orts­prä­fe­renz zugrei­fen dürften.39 Das Ver­lan­gen nach der ers­ten Orts­prä­fe­renz kann nur als Vor­fil­ter zur Durch­füh­rung indi­vi­du­ell auf­wen­di­ger Aus­wahl­pro­zes­se der Hoch­schu­len in begrenz­tem Umfang gerecht­fer­tigt sein, um zu gewähr­leis­ten, dass der Auf­wand auf sol­che Per­so­nen beschränkt bleibt, bei denen es hin­rei­chend wahr­schein­lich erscheint, dass sie den Stu­di­en­platz auch annehmen.40 Ver­ge­ben aber – wie bis­her häu­fig – die Hoch­schu­len ihre Stu­di­en­plät­ze im AdH nach Kri­te­ri­en, die in auto­ma­ti­sier­ter Form ange­wen­det wer­den könn­ten, kann auf den Grad der Orts­prä­fe­renz nicht zurück­ge­grif­fen wer­den. Die Hoch­schu­len dür­fen also das Kri­te­ri­um des Gra­des der Orts­prä­fe­renz nur bei anspruchs­vol­len indi­vi­dua­li­sier­ten – eig­nungs­be­zo­ge­nen – Aus­wahl­ver­fah­ren zugrun­de legen und auch dort nur beschränkt, – wenn es um Stu­di­en­plät­ze geht, die tat­säch­lich im Rah­men eines auf­wen­di­gen indi­vi­dua­li­sier­ten Aus­wahl­ver­fah­rens ver­ge­ben wer­den, und kumu­la­tiv – hier­von auch nur ein hin­rei­chend beschränk­ter Anteil der ins­ge­samt je Hoch­schu­le im AdH zu ver­ge­ben­den Plät­ze betrof­fen ist.41 Dr. Robert Brehm, Sozie­tät Rechts­an­wäl­te Dres. Brehm & Zim­mer­ling, Frankfurt/Saarbrücken 4 4 O RDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2019), 35–44