Übersicht
I. Einführung – Neue Studienangebote im Bildungssystem vor dem Hintergrund der Reform des Studienrechts und der Förde- rung der Mobilität
II. Fallgestaltungen, gemeinsame Strukturmerkmale und Hin- tergründe
1. Vorbemerkung: Das Verleihungsmonopol staatlicher oder staatlich anerkannter Hochschulen für inländische Grade
2. Fallgestaltungen und Gründe kooperativen Bildungsangebots
III. Rechtliche Bewertung
1. Abschlüsse deutscher Hochschulen – Rechtsgrundlagen – Ver- fassungsrechtlicher Rahmen
a) Rechtsgrundlagen
b) Übersicht über die Landesgesetzgebung c) Gemeinsame Strukturen
d) Verfassungsrechtlicher Rahmen
e) Fazit
2. Exkurs:Verleihung von Graden im Rahmen internationaler Hochschulkooperationen – Joint- und Double Degree-Program- me deutscher Hochschulen im Ausland
3. Abschlüsse ausländischer Hochschulen im Kooperationsver- bund mit inländischen nichthochschulischen Bildungseinrich- tungen
a) Innerstaatliche Regelungen der Qualitätssicherung
b) Innerstaatliche und Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen der Anerkennung ausländischer Grade
c) Fazit
IV. Zusammenfassung und Schluss
I. Einführung – Neue Studienangebote im Bildungs- system auf dem Hintergrund der Reform des Studien- rechts und der Förderung der Mobilität
1. Das Hochschulsystem wurde im letzten Jahrzehnt in seinen Grundfesten verändert. Neben der Neuausrich- tung des Verhältnisses von Staat und Hochschule und der Reform der Leitungsstrukturen hat die Regelung des
1 Rechtsgrundlage war § 9 HRG idF v 26. Januar 1976. Zur Rechtsla- ge vor der Reform vgl die Beiträge von Karpen, Studienorganisati- on und Salzwedel, Studien- und Prüfungsordnungen in Handbuch des Wissenschaftsrechts, 2. Aufl (Hrsg Flämig) et al S 657 ff bzw
Studiums und der Prüfungen einen dramatischen Para- digmenwechsel erfahren.
Im Kern besteht dieser Paradigmenwechsel im Rück- zug des Staates von einer Detailsteuerung des Zugangs zum Studium sowie der Studien- und Prüfungsinhalte, zur Herstellung größerer Eigenverantwortung der Hoch- schulen für den Inhalt der Studiengänge und für die An- erkennung von Studien- und Prüfungsleistungen, zur Öffnung für Mobilität innerhalb der europäischen und internationalen Hochschulsysteme und zu neuen Rah- menbedingungen für die Kooperation mit in- und aus- ländischen Bildungseinrichtungen.
Ein Rückblick macht das Ausmaß des Systemwech- sels deutlich: Begründet mit staatlicher Verantwortung für den Zugang zum Studium und für die Qualitätsstan- dards des Studiums entstand in den 70er Jahren des vo- rigen Jahrhunderts ein nahezu unübersichtliches Regel- werk gesetzlicher Rahmenvorgaben, ministerieller Ge- nehmigungsvorbehalte und Hochschulsatzungen, damit verbunden eine ausufernde Bürokratie.1
Mit dem Ziele, trotz föderaler Diversität gleichwerti- ge Verhältnisse herzustellen, wurde – basierend auf dem HRG – mit den sog. Rahmenprüfungsordnungen der KMK/HRK ein flächendeckendes Regelwerk geschaffen, dessen Umsetzung in Prüfungsordnungen durch staatli- che Genehmigungsvorbehalte garantiert war. Mit die- sem Instrument glaubte man die Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle des Hochschulstudiums zu erreichen.
Trotz weitgehender inhaltlicher Gleichschaltung blieb aber die Mobilität zwischen Hochschulen durch eine restriktive, Einzelfallentscheidungen voraussetzen- de Anerkennungspraxis an anderen Standorten erwor- bener Studien- und Prüfungsleistungen beschränkt.
Noch gravierender wirkte sich die kulturell und poli- tisch bedingte Diversität der Hochschul- und Bildungs- systeme auf der internationalen Ebene aus. Ausländische Hochschulgrade und Studienleistungen bedurften indi- vidueller Anerkennung durch Hochschulministerien und Hochschulen, die sich zur Vorbereitung der Ent-
712 ff; zur Rechtslage nach der Reform vgl Lindner, Rechtsfragen des Studiums in: Hochschulrecht (Hrsg Hartmer/Detmer), 2. Aufl 2011, S 518 ff.
Georg Sandberger
Kooperationen von staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen im deutschen
und internationalen Bildungsmarkt
Ordnung der Wissenschaft 2014, ISSN 2197–9197
130 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 3 (2014), 129–144
scheidung eigens dafür eingerichteter Stellen bedienten. Mithilfe bilateraler staatlicher Abkommen und Koope- rationsverträgen zwischen Hochschulen gelang es, schrittweise mehr Freizügigkeit zwischen den Bildungs- systemen zu erreichen.
Auf europäischer Ebene waren die Handlungsmög- lichkeiten durch die Fokussierung des Unionsrechts auf die Herstellung der Wirtschafts- und Währungsunion und die Überwindung diskriminierender und die beruf- liche Freizügigkeit behindernder Regelungen be- schränkt.2 Die Erweiterung der Unionverträge auf die berufliche Bildung, Forschung und Kultur schuf zwar wichtige Voraussetzungen für die Förderung der Mobili- tät, aber keine umfassenden Rechtsgrundlagen für einen regelungsbarrierefreien europäischen Hochschulraum. Die Freizügigkeit im Arbeitsmarkt in sog. regulierten Berufen behindernde Fragen der Anerkennung von Di- plomen und anderen Berufsqualifikationen wurden schrittweise aufgrund der Richtlinien 89/48/EWG über die Anerkennung von Hochschuldiplomen, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen, die Richtlinie 92/51/EWG zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise und die Richtlinie 2005/36 EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen beho- ben.
Erst mit der Lissabon Konvention des Europarates vom 11.4.19973 und dem mit der gemeinsamen Erklärung der Europäischen Bildungsminister vom 19.6.1999 be- ginnenden Bologna Prozess gelang es, den Systemwech- sel von staatlicher Detailsteuerung von Studium und Prüfung zu mobilitätsfördernden Rahmenregelungen sowohl auf internationaler Ebene als auch auf nationaler Ebene zu realisieren.
Kernelemente dieser Reform sind international kom- patible Hochschulgrade, die Modularisierung des Studi- ums und die Einführung einheitlicher Leistungsparame- ter-Leistungspunktsysteme (ECTS), die – im Verbund mit dem sog. Diploma Supplement – die Vergleichbar- keit von Studien- und Prüfungsleistungen erleichtern.4
Zugleich wurden Parameter der Qualitätskriterien und die Aufgabe der Qualitätskontrolle neu definiert. Nicht die formale Kompatibilität mit staatlichen Rah- menregelungen, sondern an Ausbildungszielen definier- te Qualitätsparameter und ihre Überprüfung durch Ak- kreditierungs-Agenturen sind seitdem die Vorausset- zung für die Zulassung von Studienangeboten. Ebenso
- 2 Zur Europarechtlichen Dimension vgl Lindner, Fn 1, S 535 ff, Rn 62 ff, 112 ff.
- 3 European Treaty Series no 165 Council of Europe-Unesco Joint Convention, in deutsches Recht transformiert durch G v 16.5.2007, BGBl II, S 712 ff.
wurde die Genehmigung von Prüfungsordnungen auf die Hochschulen delegiert.
Damit verbunden ist auch eine Neuregelung der An- erkennung von ausländischen Hochschulgraden, soweit diese den Regelungsstandards des Landes der verleihen- den Hochschule entsprechen (Herkunftslandprinzip).
2. Im Schatten dieser Deregulierung, daher von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, entstand in der Zusammenarbeit staatlicher inländischer und ausländi- scher Hochschulen und außerhochschulischer privater Bildungseinrichtungen in den letzten Jahren im In- und Ausland ein Bildungsangebot, deren Kernelement die Verleihung von Graden durch deutsche oder ausländi- sche staatliche oder staatlich anerkannte Hochschulen auf der Grundlage eines Studiums an privaten Bildungs- einrichtungen ist.
Angesichts der Vielzahl von Bildungseinrichtungen bedarf dabei zunächst der Begriff der Hochschule und der außerhochschulischen Bildungseinrichtung klarer Ab- grenzungskritierien.
Soweit sich diese Einrichtungen im Inland befinden, wird der (formelle) Hochschulbegriff durch § 1 HRG de- finiert. Hochschulen sind demnach nach Maßgabe des Landesrechts eingerichtete staatliche Hochschulen und staatlich anerkannte Hochschulen. Zu diesen gehören auch Niederlassungen von staatlichen Hochschulen an- derer Bundesländer und von staatlich anerkannten Hochschulen aus dem Bereich der Europäischen Union.5
Über den Rechtscharakter ausländischer Bildungsein- richtungen als Hochschulen entscheidet das Recht des Herkunftslandes. Soweit sie danach als Hochschule aner- kannt sind, sind sie auch im Inland als Hochschule anzu- erkennen. Davon gehen die Landeshochschulgesetze durch expliziten Verweis auf das Herkunftslandprinzip aus,6 dies entspricht allgemeinen Grundsätzen des inter- nationalen Verwaltungsrechts. Dies gilt auch dann, wenn diese Bildungseinrichtungen nicht dem materiellen Hochschulbegriff deutschen Rechtes entsprechen, also weder über den Autonomiestatus, den Standard an Selbstverwaltung und Partizipation und vergleichbare Qualifikationsanforderungen verfügen.
Aus der Maßgeblichkeit des Herkunftslandes für den Hochschulbegriff ergibt sich aber kein Zwang der Aner- kennung von ausländischen Hochschulen verliehener Grade oder sonstiger Rechtsakte. Dieses ist vielmehr
4 Vgl die Darstellung bei Lindner, op cit, S 575, Rn 184 ff.
5 § 70 Abs 1 LHG BW; § 91 Abs 2 HessHG; § 64 Abs 2 NHG; § 75
Abs 2 HG NRW.
6 Vgl § 37 Abs 1 LHG BW; §22 Abs 1 HessHG; § 10 Abs 1 NHG; § 69
Abs 2 HG NRW.
Sandberger · Kooperationen im deutschen und internationalen Bildungsmarkt 1 3 1
eine Frage des Konventionsrechtes, soweit dieses keine Regelungen enthält, kann das Landesrecht die Voraus- setzungen der Anerkennung definieren.7
Nichthochschulische Einrichtungen sind mithin Bil- dungseinrichtungen, die weder im Inland noch nach dem Recht ihres Herkunftsstaates als Hochschulen aner- kannt sind.
Die Entwicklung für die Kooperation mit nichthoch- schulischen Bildungseinrichtungen nahm ihren Anfang im Weiterbildungsmarkt. Ziel der Gründung privatrecht- lich verfasster Bildungseinrichtungen war zum einen, die Kooperation der Hochschulen mit dem an der Wei- terbildung interessierten Beschäftigungssystem instituti- onell zu verfestigen, zum anderen aber rechtliche Hin- dernisse des Hochschul- und Dienstrechtes (Stichwort Kapazitätsrecht, Gebührenrecht, Dienstaufgabe und Ne- bentätigkeit) zu überwinden, um Weiterbildungsangebo- te zu angemessenen Entgelten mit Beteiligung fachlich qualifizierter Hochschullehrer zu ermöglichen.
Inzwischen haben sich aber auch im Bereich der grundständigen Ausbildung zahlreiche Kooperations- formen zwischen in- und ausländischen Hochschulen und in- und ausländischen Bildungseinrichtungen ent- wickelt, deren gemeinsame Kennzeichen die Verleihung von Graden durch eine staatliche oder staatlich aner- kannte Hochschule auf der Grundlage eines Studiums an einer anderen, meist privaten Bildungseinrichtung des In- oder Auslands sind.
Für dieses Phänomen haben sich mehrere Begriffe, wie Franchising, Validierung oder Externen-Prüfung etabliert, die aber ihrerseits klarer typologischer Defini- tionen entbehren und deshalb nur vereinzelt und mit unterschiedlichem Gehalt Eingang in die Gesetzesspra- che gefunden haben.
Eine besondere Variante stellt die Verleihung von Graden durch ausländische Hochschulen für ein Studi- um an inländischen privaten Bildungseinrichtungen dar.
Versuche der Kultusministerkonferenz, diese Ent- wicklungen durch klar definierte Voraussetzungen der Verleihung von Graden auf der Basis extern erbrachter Studienleistungen zu steuern, haben bis heute wenig Einfluss auf die Hochschulgesetzgebung der Länder ge- habt.
Inzwischen sind Fragen der Anerkennung solcher Grade für die Aufnahme des Masterstudiums, für die Studienförderung oder die Titelführung Gegenstand ge- richtlicher Entscheidungen gewesen und deuten auf ein hohes Maß entstandener Rechtsunsicherheit hin.
Diese Entwicklungen nachzuzeichnen, auf ihren ge- meinsamen Nenner zurückzuführen und auf den recht-
7 Vgl § 37 Abs 4 iVm Abs 1–3 LHG BW.
lichen Prüfstand zu stellen, ist Gegenstand meiner fol- genden Ausführungen.
In einem ersten Schritt werde ich die Gründe für die Entwicklung und ihre gemeinsamen Strukturmerkmale untersuchen.
In einem zweiten Schritt werde ich die hochschul- rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland, in ei- nem dritten Schritt die europa- und internationalrechtli- chen Voraussetzungen der Anerkennung von Hoch- schulgraden ausländischer Hochschulen auf der Grund- lage inländischer Bildungsangebote behandeln
II. Fallgestaltungen, gemeinsame Strukturmerkmale und Hintergründe
1. Vorbemerkung: Das Verleihungsmonopol staatlicher oder staatlich anerkannter Hochschulen für inländische Grade
Die einleitend geschilderten Sachverhalte systemüber- schreitender Hochschulkooperationen haben ihren Grund im Verleihungsmonopol staatlicher oder staatlich anerkannter Hochschulen für Hochschulgrade.
Dies unterscheidet deutsche von ausländischen Hochschulen, deren Rechtstatus vielfach von dem in Deutschland noch immer vorherrschenden Typus der staatlichen Hochschule abweicht. Entweder wird der Hochschule, unabhängig von ihrem Rechtstatus, in ih- rem Sitzstaat die Befugnis zur Verleihung von Graden durch Hoheitsakt übertragen (UK) oder die Verleihung erfolgt – vielfach fachspezifisch – durch professionelle Organisationen mit Monopolcharakter wie die Ameri- can Bar Association.
Dieses Verleihungsmonopol in Deutschland beruht zum Teil auf den Landesverfassungen, größtenteils aber auf den Landeshochschulgesetzen. Diese regeln neben dem Graduierungsrecht auch die von der berechtigten Hochschule zu verleihenden Grade.
Bei den älteren Hochschulen fußt das Graduierungs- und Verleihungsmonopol meist auf vorkonstitutionel- lem Recht, in der Regel auf den mit ihrer Gründung ver- liehenen Privilegien, die um universelle Geltung zu er- langen, kaiserlichen und päpstlichen Ursprungs waren. Für diese Hochschulen sehen Landesverfassungen und Hochschulgesetze vielfach Besitzstandsgarantien vor.
Erstaunlicherweise ist das Verleihungsmonopol kaum Gegenstand verfassungsrechtlicher Reflexion, obwohl es den Zugang zum Bildungsmarkt für private Anbieter be- schränkt oder zumindest an die staatliche Anerkennung als Hochschule bindet, für die der Nachweis eines ausrei- chenden Studienangebots, die Sicherstellung des Lehr-
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und Forschungsbetriebes, die Gewährleistung der Lehr- Lern‑, und Forschungsfreiheit und die gleiche Qualifikati- on des Lehrpersonals wie bei staatlichen Hochschulen ver- langt wird.
Das Graduierungs- und Verleihungsmonopol erklärt sich daraus, dass die Verleihung eines Grades nach deut- schem Rechtsverständnis ein Hoheitsakt ist, der durch gesetzliche oder staatliche Beleihung auf die Hochschu- len übertragen wird. Ihre verfassungsrechtliche Recht- fertigung gründet in der Bedeutung von Hochschulgra- den für den Zugang zu Berufen, nicht nur zu sog. gere- gelten Berufen wie Ärzten, Apothekern, Rechtsanwälten sondern auch zu Berufen ohne formalisierte Zugangsvo- raussetzungen. Mit dem Verleihungsmonopol nimmt der Staat seine Verantwortung für die Gewährleistung der Berufsfreiheit und Qualitätskontrolle in den nach Art. 12 GG zulässigen Schranken wahr.
2. Fallgestaltungen und Gründe kooperativen Bildungs- angebots
Damit führt das Bildungsangebot mit dem Ziel der Erlangung eines deutschen Hochschulgrades zwangsläu- fig über eine deutsche staatliche oder staatlich anerkann- te Hochschule.
Regeltypus des Erwerbs eines ein grundständiges Studi- um abschließenden Hochschulgrades ist nach der Einfüh- rung der gestuften Studiengänge (Bachelor und Master) ein mit der Hochschulprüfung endendes, mindestens dreijähriges Präsenzstudium an einer Hochschule oder an mehreren systemgleichen Hochschulen. Die Standar- disierung durch das Leistungspunktsystem hat die Vor- aussetzung für Anerkennung von Studien- und Prü- fungsleistungen in gleichen oder verwandten Studien- gängen kraft Gesetzes möglich gemacht. Damit wird das erklärte Regelungsziel der Förderung der nationalen und internationalen Mobilität der Studierenden zu fördern, umschrieben mit „der Schaffung eines einheitlichen Eu- ropäischen Hochschulraums“,8 gewährleistet.
Anforderungen des Arbeitsmarktes, unterschiedliche Lebens- und Ausbildungsbiographien, das Interesse die Chancengleichheit im Bildungswesen zu verbessern, schließlich die Sicherung des künftigen Fachkräftebe- darfs durch Übergang beruflich qualifizierter in den ter- tiären Bereich gaben den Anstoß, die Angebote des Prä- senzstudiums durch Bildungsangebote im Rahmen der dualenAusbildung,desFernstudiumsoderdurchAner- kennung von Vorbildungen und berufsbegleitenden Ausbildungsblöcken und Weiterbildungseinheiten zu erweitern.
- 8 § 29 Abs 2 LHG BW; § 55 Abs 2 BayHG.
- 9 Abrufbar unter http://www.zhb-flensburg.de/dissert/leusing/Dis-
Die Hochschulgesetzgebungen haben darauf mit der schrittweisen Einführung neuer Handlungsformen, zu- nächst im Rahmen der Regelung des Fernstudiums, spä- ter der Weiterbildung reagiert. Dies geschah allerdings ohne ein übergreifendes kohärentes ordnungspolitisches Konzept unter welchen Voraussetzungen und in wel- chem Umfang in der beruflichen Aus- und Weiterbil- dung und an externen Bildungseinrichtungen erworbe- ne Kenntnisse und Qualifikationen angerechnet werden und Studien- und Prüfungsleistungen in der Hochschu- le ersetzen können.
Die KMK hat in ihrem Beschluss vom 18.9.2008 der den Titel „Anrechnung von außerhalb des Hochschul- wesens erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten auf das Hochschulstudium“ trägt, dazu für die Anrechnung von außerhalb des Hochschulwesens erworbenen Kennt- nissen und Fähigkeiten eine Typologie mit folgenden Fallgestaltungen entwickelt:
- Grenzüberschreitendes (gemeint ist systemüberschrei- tendes) Franchising, d.h. die Zusammenarbeit hoch- schulischer und nicht hochschulischer Einrichtungen, bei denen die Ausbildung ganz oder in Teilen an einer nicht hochschulischen Einrichtung, die Gradverleihung durch eine Hochschule erfolgt, mit folgenden Untervari- anten:
- gradverleihende Hochschule im Inland, Ausbildung an einer Einrichtung im Ausland
- Gradverleihung durch Hochschule im Ausland, Ausbil- dung an einer nicht hochschulischen Einrichtung im Ausland oder Inland.
Versuche, anhand dieses Ordnungsrasters einen em- pirischen Überblick über die verschieden Formen von kooperativen Bildungsangeboten von Hochschulen und nichthochschulischen Einrichtungen im In- und Aus- land zu bekommen, scheitern an mangelnder Transpa- renz.
Einen gewissen Aufschluss gibt neben den Fallstudi- en der verdienstvollen Dissertation von Brigitte Leusing, „McUniversity“: Innerstaatliches Academic Franchising (AF) deutscher Hochschulen – eine public-private Pers- pektive,9 und einem Aufsatz dieser Autorin, „Mc Univer- sitiy“, HM 2/2012, 53, ein Artikel von Rolf Hutter in der Online Zeitschrift „Studis Online“ vom 9.5.2011, der – unter der allerdings polemischen Überschrift „Wie Hochschulen ihre Studienabschlüsse verkaufen“ – Ein- zelfälle des sog. Hochschulfranchisings in NRW und Sachsen schildert.
sertation_Leusing_Ver%C3%B6ffentlichung.pdf.
Sandberger · Kooperationen im deutschen und internationalen Bildungsmarkt 1 3 3
Demzufolge ist in NRW ein breites Spektrum von Public-Public und Public-Private Partnerships mit Schwerpunkt im Bereich betriebswirtschaftlicher oder informatiknaher grundständiger Studiengänge und Auf- baustudiengänge anzutreffen. In Sachsen hat vor allem die Hochschule Mittweida mit Zustimmung des Sächsi- schen Wissenschaftsministeriums das sog. DHS-Modell (dezentrales hochschulgelenktes Studium) entwickelt, dessen Kernmerkmale laut Eigenbeschreibung ein Studi- um in privaten Akademien in Kooperation mit der für Inhalte und Prüfungen verantwortlichen Hochschule ist. Diese hat Teilaufgaben der Qualitätssicherung und Überwachung auf eine privatrechtlich verfasste Gesell- schaft, der AMAK AG übertragen.10 Das Spektrum des an zahlreichen Standorten durchgeführten Studienange- bots reicht von medienbezogenen, betriebswirtschaftli- chen Studiengängen bis zum Gesundheitsmanagement und Pflege.
Als Gründe weisen die einschlägigen Websites meist die Ausbildungsnähe zum Berufsort, den Verbleib des Studierenden im Unternehmen und die damit verbun- dene Praxisorientierung aus.
Die einschlägigen Prüfungsordnungen der betreffen- denHochschulegebenallerdingskeineeindeutigeAus- kunft über das Ausmaß dieser Arbeitsteilung zwischen der Hochschule, dem privaten Träger der Ausbildung und der zwischengeschalteten AMAK-AG. Die Wer- bung für die Studiengänge hebt aber hervor, dass alle studienbegleitenden Angebote in Kooperation der priva- ten Studienakademie und der Hochschule unter deren Verantwortung für die Qualität der Lehr- und Prüfungs- inhalte stehen.11
Neben Praxisnähe und Alternative zum Präsenzstu- dium ermöglichen diese Geschäftsmodelle vor allem die Generierung nicht unerheblicher Einnahmen, die sich der private Träger, der das Studienentgelt erhebt, nach Maßgabe nicht öffentlich zugänglicher Kooperations- verträge mit der Hochschule teilt. Im Zuge der Abschaf- fung der Studiengebühren für grundständige Studien- gänge ist das ein zusätzlicher Anreiz, Teile der Hoch- schulausbildung auf solche Studiengänge zu erweitern.
Die Gründe für die Gradverleihung durch eine inlän- dische Hochschule auf der Grundlage einer Ausbildung im Ausland können vielfältig sein. Nahe liegt dies, wenn der Gegenstand der Ausbildung international ist, z.B. in- ternationale Betriebswirtschaft, Internationales Recht und Rechtsvergleichung, Politikwissenschaft, verglei-
- 10 Vgl Startseite der AMAK-AG http://www.amak.ag.
- 11 ZB die Prüfungsordnung für den Studienprogram Web- und Me-dieninformatik an der FH Dortmund idF v 23.3.2010, AmtlicheMitteilungen Nr 28 v 23.3.2010.
- 12 ZB § 35 Abs 3 LHG BW; § 21 Abs 2 HessHG: Vorzügliche Dar-
chende Kultur- oder Literaturwissenschaft. In diese Ka- tegorie fallen auch die Fälle des sog. gemeinsam verlie- henen Grade („Joint Degree“) bzw. Doppelabschlüsse („Double Degree“) auf der Basis gemeinsamer Ausbil- dungsangebote in der Kooperation deutscher und aus- ländischer Hochschulen.12 Eine zunehmende Rolle spielt auch der Export bewährter Studiengänge in Schwellen- länder.
Noch geringer ist dagegen die Transparenz des von der KMK als zweite Untervariante erwähnten Geschäfts- modells: Gradverleihung durch eine Hochschule im Ausland, Ausbildung an einer nicht hochschulischen Einrichtung im Inland oder Ausland.
Eine systematische Erhebung gibt es bisher nicht. Eine neuere Erscheinung des Franchising Modells sind Medical Schools, die ausländische Universitäten, meist Privatuniversitäten im Verbund mit inländischen Klini- ken kommunaler oder privater Träger anbieten. Dabei findet die vorklinische Ausbildung im Regelfall im Aus- land, die klinische Ausbildung nach Maßgabe des Ko- operationsvertrages unter der Aufsicht der ausländi- schen Universität im Inland statt. Einschlägige Studien- angebote finden sich im Internet seitens der privaten Pa- racelsus Universität Salzburg mit dem städtischen Klinikum Nürnberg (Beginn 2014), der University of Southampton und dem Klinikum Kassel sowie der Sem- melweis Universität Budapest und dem Klinikum Ham- burg.
Die Existenz solcher Modelle wird spätestens dann öffentlich, wenn es in Gerichtsverfahren um die Aner- kennung von Hochschulabschlüssen geht.
Diese lassen aber in der Regel nur Spekulationen über die Motive zur Wahl solcher Handlungsformen zu. Offensichtlich erfüllen sie trotz teilweiser beachtlicher Studiengebühren eine Bildungsnachfrage auf dem inlän- dischen Bildungsmarkt, die das deutsche Hochschulsys- tem nicht hinreichend abzudecken vermag. Manifest wird dies an den zusätzlichen Studienangeboten im Fach Humanmedizin, für die an staatlichen Hochschulen nach wie vor hohen Zulassungshürden bestehen.
Die meisten Fragen wirft die Kooperation eines nichthochschulischen Bildungsanbieters im Inland mit einer Hochschule im Ausland auf, vor allem dann, wenn der Gegenstand der Ausbildung keinen oder nur einen geringen Auslandsbezug aufweist. Hier ist die Frage be- rechtigt, ob die Wahl des Kooperationspartners mit ge- ringeren Qualitätsstandards der verleihenden Hoch-
stellung der Gestaltungsformen und gesetzlichen Regelungen bei Theresa Lenser, Rechtliche Hinweise zur Gestaltung der Stu- diendokumente, 2010, Hrsg DAAD, Informationen für deutsche Hochschulen, Publikationen zum Thema Hochschulabschlüsse, abrufbar unter httb//www.daad.de.
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schule im Vergleich zu den Hochschulgraden inländi- scher Hochschulen zu tun haben.
Das bunte Bild möglicher Fallgestaltungen und Gründe der Kooperation der gradverleihenden Hoch- schulen mit nichthochschulischen Bildungseinrichtun- gen lässt deshalb keine eindeutige Bewertung von Nut- zen und Risiken solcher Geschäftsmodelle zu.
Ihre rechtliche Bewertung ist davon abhängig, ob sich diese Geschäftsmodelle innerhalb oder außerhalb des hochschulrechtlichen Handlungssrahmens bewegen. Daran schließt sich die Frage an, ob und mit welchem Inhalt dieser gegebenenfalls ergänzt oder korrigiert wer- den muss.
Soweit es um die Konstellation der Verleihung aus- ländischer Hochschulgrade geht, ist auch auf Konformi- tät mit dem Gemeinschaftsrecht und internationalen Abkommen zu achten. Bei der im Folgenden vorzuneh- menden rechtlichen Bewertung wird deshalb zwischen den Fällen der Verleihung inländischer und der Verlei- hung ausländischer Hochschulgrade auf der Basis eines Studiums an nichthochschulischen Bildungseinrichtun- gen unterschieden.
III. Rechtliche Bewertung
1. Abschlüsse deutscher Hochschulen – Rechtsgrundla- gen – Verfassungsrechtlicher Rahmen
a) Rechtsgrundlagen
Die konkreten Formen der Zusammenarbeit gradverlei- hender deutscher Hochschulen mit inländischen oder ausländischen Bildungseinrichtungen werden in Koope- rationsverträgen geregelt. Sie tragen meist die Bezeich- nung Franchiseverträge, bei denen die gradverleihende Hochschule der Franchisegeber, die nichthochschulische Bildungseinrichtung der Franchisenehmer ist. Damit wird ein Begriff aus dem Bereich der Vertriebsorganisa- tion von Unternehmen aufgegriffen, bei dem der Fran- chisegeber den Auftritt und die Standards, der Franchi- senehmer die Dienstleistungen zu erbringen hat. Man- gels gesetzlicher Regelungen hat er auch im Handelsrecht keine klaren Konturen13 und sollte, soweit der Gesetzge- ber seinen Inhalt nicht klar definiert, nur mit ergänzen- den Klarstellungen verwendet werden.
Im Hinblick auf die Zugehörigkeit der Gradverlei- hung zu den öffentlich-rechtlichen Befugnissen der Hochschulen, sind jedenfalls die mit deutschen Bil- dungseinrichtungen abgeschlossenen Verträge als öf-
- 13 Vgl BGHZ 140, 342 zur kartellrechtlichen Beurteilung von Fran- chiseverträgen.
- 14 § 6 Abs 1 und 3 LHG BW.
- 15 ZB Art 66 Abs 1 S 6 BayHG; § 35 Abs 3 LHG BW; 26 Abs 2
fentlich-rechtliche Verträge einzustufen. Sie unterliegen nicht der Privatautonomie, sondern bedürfen, wie Ver- waltungsakte, gesetzlicher Ermächtigung, zumindest dürfen seinem Abschluss keine Rechtsvorschriften ent- gegenstehen (§ 54 LVwVG BW und vergleichbare Vor- schriften andere Bundesländer).
Nahezu übereinstimmend sehen die Ländergesetze die Möglichkeit eines Zusammenwirkens der Hochschu- len untereinander und mit anderen Einrichtungen vor. Dies schließt auch Hochschulen anderer Länder und an- derer Staaten ein. Als andere Einrichtungen werden aber nur staatliche und staatlich geförderte Bildungs- und Forschungseinrichtungen genannt. Gegenstand der Ko- operation können auch gemeinsame Studiengänge sein. Dabei kann die federführende Hochschule die erforder- lichen Satzungen mit Wirkung für alle erlassen.14 Soweit mehrere Hochschulen an dem Studiengang beteiligt sind, bedarf es allerdings entsprechender Satzungen die- ser Hochschulen. Offen bleibt, ob dies auch die Verlei- hung von gemeinsamen Graden auf der Grundlage die- ser Satzungen einschließt. Dies bedarf ausdrücklicher gesetzlicher Ermächtigung. Fehlt diese, bedürfen nach allgemeinen rechtssystematischen Grundsätzen die Zu- lässigkeit und Voraussetzungen der Gradvergabe im Rahmen der Hochschulkooperation einer gesetzlichen Regelung in den Abschnitten der Ländergesetze über Studium, Lehre und Prüfungen.
Dort finden sich im Regelfall auch Bestimmungen über die Verleihung von Hochschulabschlüssen, die in Kooperation mit einer ausländischen Hochschule oder vergleichbaren Bildungseinrichtung abgeschlossen wer- den.15
Für die Gestaltung dieser Kooperation zeigen die Hochschulgesetze ein vielschichtiges Bild, das von feh- lender Regelung über die Anwendung allgemeiner Grundsätze für die Anerkennung von Studien- und Prü- fungsleistungen zu passgenauer Regelung dieser Fallge- staltung reicht.
Eine Harmonisierung ist trotz entsprechender Be- mühungen der KMK bis heute nicht gelungen.
Die Anerkennung von Studien- und Prüfungsleis- tungen an nichthochschulischen Einrichtungen soll nach den Vorgaben der KMK von 2002/2008 nur nach Gleichwertigkeitsprüfung im Einzelfall oder bei homo- genen Bewerbergruppen im Rahmen von konkreten Ko- operationsabkommen, im Fall der Verlagerung an eine nichthochschulische Einrichtung auch pauschal erfol- gen. Voraussetzung ist aber, dass die Hochschulen für
BbgHG; § 12 Abs 1 u 2 BremHG; § 55 Abs 2 u 3 HambHG; § 21 Abs 2 HessHG; § 60 Abs 2 HG NRW; § 61 Abs 5 SaarlHG; § 32 Abs 8 SächsHG; § 17 Abs 4 HG LSA; § 49 Abs 8 HG SH.
Sandberger · Kooperationen im deutschen und internationalen Bildungsmarkt 1 3 5
die Qualitätssicherung der Studienprogramme sowie der Anrechnungsverfahren verantwortlich sind. Dies setzt voraus, dass ein wesentlicher Teil der dem Hochschulab- schluss zugrundeliegenden Ausbildung in der unmittel- baren Verantwortung, d.h. durch eigene Leistungen der verleihenden Hochschule verbleibt. Dies erfordert eine Regelung der Verfahren und Kriterien der Anrechnung in den Studien- und Prüfungsordnungen.16
Die Beschlüsse der KMK sind Empfehlungen an die Länder, haben aber keine die Länder verpflichtenden Wirkungen, geschweige denn Gesetzeskraft.
Die KMK-Empfehlungen entfalteten deshalb bisher nur beschränkte Wirkung.
b) Übersicht über die Landesgesetzgebung
In den Länderhochschulgesetzen, die die Frage der Anerkennung von Studien- und Prüfungsleistungen regeln,wirdbeiderAnrechnungvonaußerhalbdesStu- diums gewonnenen Qualifikationen, die Gleichwertig- keit nach Inhalt und Anforderungen gefordert und – entsprechend den Vorgaben der KMK – auf die Hälfte aller Studien- und Prüfungsanforderungen beschränk, im Übrigen aber das Verfahren der Anerkennung im Einzelnen den Studien- und Prüfungsordnungen über- lassen.17 Keine Limitierung enthält § 34 Abs. 2 Nr. 10 SächsHG. Dieser überlässt die Anrechnung von Qualifi- kationen, die an nicht als Hochschulen anerkannten Bil- dungseinrichtungen erworben wurden, der Regelung durch die Prüfungsordnung der Hochschule, bindet dies aber an die Voraussetzung, dass „diese Teile des Studi- ums nach Inhalt und Anforderung gleichwertig sind und diese damit ersetzen können“.
Einige Bundesländer sehen eine Anrechnung nur im Falle des weiterbildenden Studiums einschließlich der nicht konsekutiven Masterstudiengänge vor.18
Demgegenüber findet sich die Anforderung der Qua- litätssicherung durch Akkreditierungsagenturen und der Übernahme einer Kontrollfunktion der Hochschule in den Kooperationsverträgen mit der nichthochschuli- schen Bildungseinrichtung nur vereinzelt.
Der im KMK-Beschluss angesprochene Weg der pau- schalen Anrechnung von Teilen eines Studienpro- gramms, das an eine nichthochschulische Einrichtung ausgelagert und durchgeführt wird – das sog. innerstaat- liche Franchising – wird nur in Nordrhein-Westfalen19
- 16 Vgl Beschluss der KMK v 18.9.2008, Anrechnung von außerhalb des Studiums erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten auf ein Hochschulstudium, unter 2.1 und 3.1. und 3.2.
- 17 ZB § 32 Abs 4 LHGBW; § 56 BremHG.
- 18 ZB § 23 Abs 4 BerlHG, § 57 Abs 5 HambHG.
- 19 § 66 Abs 5 HG NRW, vgl dazu Pawellek, Die Wahrnehmunghoheitlicher Hochschulaufgaben durch private Weiterbildungs- einrichtungen, 2009, S 166 ff, 169.
beschritten. Voraussetzung dafür ist nach § 66 Abs. 5 HFG NRW eine gleichwertige Vorbereitung. Dies be- stimmt sich nach drei Voraussetzungen: nach dem Cur- riculum, den Zugangsvoraussetzungen an die Studieren- den und dem Qualifikationsprofil des Lehrpersonals. Ob die Gleichwertigkeit gegeben ist, entscheidet bei einem Studiengang, der auch im Präsenzstudium an der Hoch- schule studiert werden kann, die einschlägige Hoch- schulprüfungsordnung. Soll ein Grad dagegen auf der Grundlage eines im Zusammenhang mit dem Franchi- sing neu eingeführten Curriculums verliehen werden, muss die Hochschule zunächst das neue Curriculum und den neuen Grad wie einen normalen Hochschulstu- diengang akkreditieren lassen. Erst nach positiver Ak- kreditierung kann die außerhochschulische Ausbildung aufgenommen werden.20 Träger der prüfungsvorberei- tenden Einrichtung darf nach § 66 Abs. 5 S. 2 HG NRW grundsätzlich nicht die prüfende und graduierende Hochschule sein. Damit soll verhindert werden, dass sich die Hochschulen ihrer nach § 2 Abs. 2 S. 2 HG nor- mierten Verpflichtung, ihre Aufgaben in Forschung, Lehre und Studium in öffentlich-rechtlicher Weise zu er- ledigen, durch Wahl einer privatrechtlichen Form ent- ziehen.21
Demgegenüber hat das HessHG 2010 die in § 106 HessHG 2007 vorgesehene Möglichkeit des innerstaatli- chen Franchisings abgeschafft.
§ 64a Hochschulgesetz Niedersachsen (NHG), eben- so § 86 des Bayerischen Hochschulgesetzes (BayHG) und § 81 des Brandenburgischen Hochschulgesetzes (BbgHG), regeln nur das grenzüberschreitende Franchising, d.h. Ko- operationen inländischer nicht hochschulischer Bil- dungseinrichtungen mit gradverleihenden staatlichen oder staatlich-anerkannten Hochschulen aus den Mit- gliedstaaten der EU. Anders als das NHG schließt das BbgHG nach der amtlichen Begründung das innerstaatli- che Franchising explizit aus.22
In Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Thü- ringen ist stattdessen die Möglichkeit der Externenprü- fung vorgesehen.23 In diesem Modell werden Personen zur Hochschulabschlussprüfung zugelassen, die auf an- dere Weise als durch ein Hochschulstudium die erfor- derlichen Kenntnisse und Fähigkeiten erworben haben. § 48 Abs. 11 ThürHG und § 15 Abs. 2 HG Sachsen-Anhalt überlassen die Regelung der Zulassung, der Anforderun-
20 Amtliche Begründung zu § 66 Abs 4 HG NRW, Drs 14/2063.
21 Vgl Lieb und Goebel, Autonomie und Verantwortung staatlicher
Hochschulen in: Wissenschaftsrecht im Umbruch, Gedächt- nisschrift für Krüger, 2001, S 205, 226 ff, 230; Pawellek, Die Wahrnehmung hoheitlicher Hochschulaufgaben durch private Weiterbildungseinrichtungen, 2009, S 166 ff, 169, 171.
22 Drs 4/6519 zu § 81 Abs 4.
23 Vgl dazu Pawellek, aaO S 172 ff.
136 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 3 (2014), 129–144
gen und des Verfahrens ohne inhaltliche Vorgaben der Prüfungsordnung der Hochschule. Dagegen sieht § 33 LHG BW als Voraussetzung für die Durchführung von Externenprüfungen an Universitäten, Pädagogischen Hochschulen, Fachhochschulen und Dualen Hochschu- len vor, dass an diesen Hochschulen eine ausreichend breite Vertretung des jeweiligen Faches einschließlich der erforderlichen fachlichen Prüfungskompetenz des hauptberuflich tätigen wissenschaftlichen Personals ge- währleistet ist.
Das setzt das Vorhandensein oder die Genehmigung entsprechender Studiengänge an der Hochschule und damit eine Qualitätssicherung durch Akkreditierung vo- raus. Dabei ist die Externenprüfung nach § 33 LHG BW sowohl in Form der Blockprüfung als auch in Form stu- dienbegleitender Leistungsnachweise, die Bestandteil der Prüfungen sind, möglich.24 Dagegen ist eine Quali- tätskontrolle der externen Bildungseinrichtung oder ein weitergehender Einfluss der Hochschule auf das Studi- enangebot der externen Bildungseinrichtung bislang nicht vorgeschrieben, da § 33 LHG nicht darauf abstellt, auf welche Weise die betroffenen Bewerber ihre Qualifi- kation erworben haben.
Das unterscheidet die Externenprüfung, die sowohl grundständige als auch gestufte Studiengänge umfassen, von der Regelung von Einrichtungen des Kontaktstudi- ums. Hier verlangt § 31 Abs. 4 LHG BW die Absicherung inhaltlicher Einflussnahme der Hochschule auf die Lehrinhalte der externen Bildungseinrichtung.
Die im Anhörungsverfahren befindliche Neufassung des § 33 LHG BW korrigiert diese Unterschiede und ver- langt eine Akkreditierung der Vorbereitungsprogramme externen Bildungseinrichtung und eine Qualifikation des Lehrpersonals, die mindestens den Anforderungen an Lehrbeauftragte entspricht (§ 33 Nr. 2 und 3 n.F.).
Eine Sonderrolle von Public-Private-Partnership nehmen Kooperationen im Rahmen des Fernstudiums und der sog. virtuellen Studiengänge ein. Anbieter von Fernstudieneinheiten oder Angeboten virtueller Studi- engänge können neben anderen Hochschulen auch pri- vate Anbieter sein. Voraussetzung ist aber die Sicherung der Qualitätskontrolle unter Verantwortung der grad- verleihenden Hochschule, idR durch zertifizierte Akkre- ditierungsagenturen.
Weisen damit in den Bundesländern die Möglichkei- ten und Anforderungen der Einbeziehung außerhoch- schulischer Einrichtungen bei grundständigen Studien- gängen ein erhebliches Gefälle auf, was die Zulassung, die Anforderung an die Studien- und Prüfungsinhalte
- 24 Amtliche Begründung zu § 33 LHG BW, Drs 14/3390, S 94.
- 25 §§ 31 Abs 2 S 6 und 7 Nr 1–3 LHG BW; § 59 Abs 4 HSG SH.
und die Qualifikation des Lehrpersonals anlangt, lassen im Bereich der Wissenschaftlichen Weiterbildung die Re- gelungen über die Kooperationen der Hochschulen mit privaten Anbietern weitereichende Gestaltungsspielräu- me zu.
Dies hat seinen Grund darin, dass die Hochschulen aus Kapazitätsgründen vielfach nicht in der Lage sind, einschlägige Lehrangebote im Rahmen der Dienstaufga- ben des hauptamtlichen wissenschaftlichen Personals anzubieten und aus besoldungsrechtlichen Gründen ge- hindert waren, dafür zusätzliche Vergütungen zu gewäh- ren. Deshalb wurden Weiterbildungsveranstaltungen schon früh auf private Träger, auch solche, an denen die Hochschulen gesellschaftsrechtlich beteiligt sind, verla- gert.
Auch hier variieren die gesetzlichen Rahmenbedin- gungen länderspezifisch.
Soweit die Hochschulen private Bildungseinrichtun- gen mit der Durchführung der Lehre für postgraduale Bildungseinrichtungen beauftragen, werden dafür Qua- lifikationsprofile an das Lehrpersonal gestellt, die min- destens denen von Lehrbeauftragten an Hochschulen entsprechen. Der Hochschule obliegt die alleinige Ver- antwortung für die inhaltliche didaktische, strukturelle, und zeitliche Festlegung des Lehrangebots. Die durch die private Bildungseinrichtung erbrachte Lehre unter- liegt dem Qualitätsmanagement, einschließlich der Ei- gen- und Fremdevaluation der Hochschule,25 Die amtli- che Begründung qualifiziert die Rolle des privaten An- bieters als „Verwaltungshilfe“.26 Die entsprechenden Verträge der Hochschule mit der privaten Bildungsein- richtungen bedürfen der Zustimmung des zuständigen Ministeriums.
Großzügiger sind demgegenüber die Regelungen für Veranstaltungen des Kontaktstudiums, für die keine Gra- de verliehen, sondern Zertifikate ausgegeben werden. Auch hier wird aber der Hochschule vorbehalten, das Lehrangebot inhaltlich und didaktisch zu entwickeln, Prüfungen abzunehmen und das gemeinsame Zertifikat zu erstellen.
Die kooperierende Einrichtung ist verpflichtet, die Weiterbildungsveranstaltungen nach diesen Vorgaben in eigener Verantwortung anzubieten und durchzuführen sowie der Hochschule für ihre Leistungen ein angemes- senes Entgelt zu zahlen.27
c) Gemeinsame Strukturen
Gemeinsames Merkmal die verschiedenen Varianten der Zusammenarbeit von gradverleihenden Hochschulen
26 Drs 14/3390 zu § 31 Abs 2, S 94. 27 § 31 Abs 4 LHG BW.
Sandberger · Kooperationen im deutschen und internationalen Bildungsmarkt 1 3 7
und nichthochschulischen Bildungseinrichtungen ist die gesetzlich vorgeschriebene Verantwortung der Hoch- schulen für die Zulassungsvoraussetzungen, für die inhaltliche Gestaltung und die Durchführung der Prü- fungen, die sich an den Anforderungen von Studiengän- gen im Voll- oder Präsenzstudium zu orientieren hat. Die Hochschulen nehmen insoweit eine hoheitliche Auf- gabe wahr. Unabhängig vom Grad der Übertragung der operativen Durchführung des Studienangebots an den privaten Kooperationspartner tragen sie damit – wie in anderen Fallgestaltungen der Übertragung von hoheitli- chen Aufgaben auf private Träger – eine Gewährleis- tungsverantwortung für deren ordnungsgemäße Durch- führung unter Einhaltung der für alle Studiengänge gel- tenden Qualitätsstandards.
d) Verfassungsrechtlicher Rahmen
Diese Einschränkungen des Erwerbs von Bildungsquali- fikationen greifen sowohl in die Berufsfreiheit privater Bildungsanbieter als auch in die Freiheit der Berufswahl der Studierenden ein und müssen daher durch den Schrankenvorbehalt des Art. 12 GG legitimiert sein.
Gemeinwohlgrund zur Rechtfertigung dieser Schran- ken auf der Seite der Anbieter ist die Notwendigkeit der Gewährleistung eines inhaltlich und qualitativ gleich- wertigen Studienangebots durch die privaten Bildungs- einrichtungen und damit der gleiche Grund, der auch das Anerkennungsverfahren und die Anerkennungsvor- aussetzungen nicht staatlicher Hochschulen rechtfertigt.
Gründe für die Zulässigkeit, die Verleihung staatli- cher Grade für ein Studiums an externen Bildungsein- richtungen an gesetzliche Anerkennung zu binden, hat das Bundesverwaltungsgericht schon im Jahre 1973 zur sog. Externenprüfung genannt. Aus Art. 12 GG gibt es, wenn der Staat Ausbildungseinrichtungen geschaffen hat, bei Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen einen Anspruch auf Zulassung zum Studium und zu Prüfun- gen, aber keine Verpflichtung, eine Prüfung für eine Ausbildung an privaten Einrichtungen oder das Selbst- studium neu zu schaffen. Ob solche Prüfungen möglich und mit bildungspolitischen Vorstellungen vereinbar sind, ist Aufgabe des Gesetzgebers, von Verfassung we- gen wird die Einrichtung einer solchen Prüfung nicht gefordert.28 Entscheidet sich der Gesetzgeber dafür, hält er sich im Rahmen der Schranken des Art. 12 GG, wenn er diese an gleiche Qualitätsstandards bindet, wie sie für Hochschulstudiengänge gelten. Dies gebietet der Gleich- behandlungsgrundsatz (Art. 33 GG).
28 BVerwG v 7.8.1972, VII C 2/70, NJW 1974, 573.
e) Fazit
Misst man den hochschulrechtlichen Befund an den Empfehlungen der KMK von 2008, kann von einer Har- monisierung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Hochschulkooperationen mit privaten Bildungsanbie- tern im Bereich der Lehre nicht die Rede sein. Sowohl die allgemeinen Regelungen der Anerkennung von Stu- dien- und Prüfungsleistungen, als auch die besonderen Regelungen für die Gradverleihung auf der Basis an pri- vaten Bildungseinrichtungen erbrachter Studien- und Prüfungsleistungen gehen weit auseinander.
Nur NRW sieht neben der Definition eine inhaltliche Regelung des innerstaatlichen Franchisings vor und un- terwirft dieses den auch für die Studiengänge der Hoch- schulen geltenden Regelungen des Qualitätsmanage- ments. In Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Thüringen wird mit dem Institut der Externenprüfung ein funktionales Äquivalent geschaffen, für die aber nur Baden-Württemberg inhaltliche und personelle Anfor- derungen an die gradverleihende Hochschule definiert.
Andere Hochschulgesetze belassen es bei allgemei- nen Ermächtigungen zur Regelungen in der Prüfungs- ordnung.
Damit sind bisher weder die Länder, noch die Hoch- schulen der Verantwortung gerecht geworden, die der Beschluss der KMK ihnen für die Regelung der Voraus- setzungen von Hochschulabschlüssen übertragen hat, bei denen Teile eines Studiums durch nichthochschuli- sche Leistungen ersetzt werden sollen.
In diesem Regelungsgefälle richten sich entsprechen- de Leistungsangebote naturgemäß an Standorten mit der geringsten Regelungsdichte ein. Ein weiterer Anreiz ist die Möglichkeit der Generierung von Einnahmequellen der privaten Anbieter, an denen die beteiligten Hoch- schulen beteiligt werden. Die fehlende Transparenz trägt zu einem unzureichenden Verbraucherschutz für Stu- dierende solcher Studienangebote bei.
2. Exkurs:Verleihung von Graden im Rahmen internati- onaler Hochschulkooperationen – Joint- und Double Degree-Programme deutscher Hochschulen im Aus- land
Neben den typischen Austauschprogrammen auf der Grundlage wechselseitiger Anerkennung von Studien- und Prüfungsleistungen, die durch die Einführung ein- heitlicher Leistungsstandards und international kompa- tibler Abschlüsse erheblich erleichtert wurde, gewinnen
138 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 3 (2014), 129–144
im internationalen Bildungsangebot zunehmend Studi- engänge an Bedeutung, die entweder mit einem gemein- sam verliehenen Hochschulgrad oder einer Doppel-Diplo- mierung abschließen.
Dieser Weg wird zunehmend auch beim Aufbau deutscher Hochschulen im Ausland beschritten, die mit- hilfe von Programmen des Bundes oder vom Bund fi- nanzierten Programmen (DAAD) in der Kooperation deutscher Hochschulen im Ausland errichtet wurden. Neben entsprechenden bi- oder multilateralen Koopera- tionsverträgen wird für die Trägerschaft privatrechtlich verfasster Hochschulen ein Trägerverein errichtet, deren Mitglieder sich neben den Gründungspartnern aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen rekrutieren, die zum Programm in Lehre und Forschung beitragen.29 Ein besonderer Fall ist der Campus Busan der Friedrich Alexander Universität in Erlangen. Träger der nicht ho- heitlichen Aufgaben ist eine deutsche GmbH im Beteili- gungsbesitz der FAU (FAU-Busan GmbH). Die akade- mischen Aufgaben werden durch eine zentrale Einrich- tung der FAU mit Sitz in Busan wahrgenommen. Wis- senschaftliches Personal der FAU wird zur Wahrnehmung der Aufgaben in Busan beurlaubt, Personen, die von der FAU-GmbH beschäftigt werden, erhalten den Mitglieds- status der FAU.30
Die Unterstützung der deutschen Hochschulen reicht von der konzeptionellen Gestaltung über die Beteiligung von Hochschullehrern bei der Durchführung der Studi- engänge und Prüfungen bis zur Verleihung gemeinsa- mer Grade der im Ausland gegründeten Hochschule und ihrer deutschen Partner.31
Dabei wird entweder ein gemeinsamer Grad oder so- wohl der Grad der ausländischen Hochschule als auch der inländischen Partnerhochschule verliehen.32
Rechtsgrundlage für die Durchführung der Studien- gänge sind die länderspezifischen Regelungen über das Zusammenwirken der Hochschulen,33 die in mehreren Bundesländern durch zusätzliche Regelungen für ge- meinsame Prüfungsordnungen ergänzt werden.34 Diese Regelungen lassen der Ausgestaltung der Zulassungsvo- raussetzungen, der Inhalte und Qualitätskontrolle im Rahmen der Kooperationsverträge weiten Raum.
Soweit sie mit einem gemeinsamen Grad abschlie- ßen, bedürfen sie der gleichen Qualitätsanforderungen
- 29 ZB DAAD, Informationen für deutsche Hochschulen: Vietnamese German University (VGU).
- 30 §§ 10 a und b der Grundordnung der Friedrich Alexander Uni- versität Erlangen Nürnberg idF v 20.6.2007, zuletzt geändert am 25.8.2011. Rechtsgrundlage ist Art 16 Abs 4 BayHG, angefügt mit Wirkung vom 15.7.2009 durch G v 7.7.2009 (GVBl S 256).
- 31 Übersicht bei DAAD, Hochschulgründungen im Ausland mit Projektbeschreibungen.
wie inländische Studiengänge. Das bedeutet, dass sie von einer anerkannten Einrichtung akkreditiert werden müssen.
Die Verleihung gemeinsamer Grade oder die Befug- nis zur Doppel-Diplomierung bedarf spezieller Ermächti- gung in den Ländergesetzen. Dabei sind auch die inhalt- lichen Anforderungen an den der Gradverleihung zu- grundeliegenden Studiengang einschließlich der Vor- aussetzungen der Akkreditierung und Qualitätskontrol- le zu definieren.35
3. Abschlüsse ausländischer Hochschulen im Kooperati- onsverbund mit inländischen nichthochschulischen Bil- dungseinrichtungen
Neben der inländischen Form der Zusammenarbeit von Hochschulen und nichthochschulischen Bildungsein- richtungen hat sich in den letzten Jahren eine Form grenzüberschreitender Zusammenarbeit etabliert, bei denen die gradverleihende Hochschule eine staatliche oder staatlich anerkannte ausländische Hochschule ist; die Ausbildung findet ganz oder in Teilen an einer inlän- dischen Einrichtung statt.
Dafür gibt es vielfältige Gründe. Zum einen handelt es sich um meist berufsorientierte Studiengänge, für die es kein vergleichbares Angebot an deutschen Hochschu- len gibt. Zum anderen können aber auch Gründe unter- schiedlicher Anforderungen eine Rolle spielen.
Der Beschluss der Kultuskonferenz zur Anrechnung außerhalb des Hochschulwesens erworbener Kenntnisse und Fähigkeiten auf ein Hochschulstudium und darauf aufbauende hochschulrechtliche Bestimmungen bietet, wie die KMK zutreffend feststellt, keine Handhabe bei Franchisekonstellationen, bei denen die Gradverleihung durch eine ausländische Hochschule erfolgt. Gerade in solchen Konstellationen stellt sich daher das Problem der Qualitätssicherung und des Verbraucherschutzes in besonderer Dringlichkeit. Die Frage ist allerdings, wel- che gesetzlichen Möglichkeiten der Qualitätssicherung mit dem Unionsrecht und einschlägigen internationalen Abkommen vereinbar sind.36
a) Innerstaatliche Regelungen der Qualitätssicherung
Eine Bestandsaufnahme der Ländergesetze zeigt auch hier ein uneinheitliches Bild. Die Bandbreite reicht von
32 Ausführliche Darstellung bei Theresa Lenser, Fn 12, S 7 ff.
33 Zusammenfassende Übersicht bei Theresa Lenser, S 10 ff.
34 § 12 Abs 2 BrHG, § 55 Abs 2 HmbgHG, § 28 Abs 3 HG MV, § 60
Abs 2 HG NRW; § 51 UG Saar; § 49 Abs 8 HSH SH.
35 §§ 35 Abs 3 LHG BW; Art 66 Abs 1 S 6 u 7 BayHG; § 34 Abs 3
BerlHG; § 26 Abs 2 BbgHG; § 21 Abs 2 HessHG; § 53 Abs 2 u 3
HSG SH.
36 KMK, Beschluss v 19.8.2008 unter 2.2.2 und 3.2.
Sandberger · Kooperationen im deutschen und internationalen Bildungsmarkt 1 3 9
generellen Regelungen der Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse bis zu spezifischen Regelungen des grenzüberschreitenden Franchisings.
Die früher einzelfallbezogene, an Kriterien der Gleichwertigkeit mit inländischen Graden orientierte Anerkennung ist im Zuge der gemeinschaftsrechtlichen Regelungen, insbesondere der Niederlassungs- und Dienstfreiheit und der daraus gezogenen Folgerungen des EuGH und ihm folgend, des Bundesverwaltungsge- richts einer generellen Anerkennung gewichen. Dies gilt auch für Vereinbarungen der Bundesrepublik Deutsch- land oder einzelner Bundesländer mit anderen Staaten, die Vorrang vor den landesrechtlichen Regelungen ha- ben.
Dabei ist zwischen Fällen zu unterscheiden, in denen das inländische Angebot an Hochschulqualifikationen von Niederlassungen staatlicher oder staatlich aner- kannter Hochschulen aus Mitgliedstaaten der EU aus- geht. In solchen Fällen gilt die anbietende Einrichtung als staatlich anerkannt, soweit die Qualität ihres Studien- angebots nach dem im Herkunftsland geltenden Rege- lungen gesichert ist.37
Soweit es sich um nichthochschulische Bildungsein- richtungen des Inlands als Franchisenehmer der auslän- dischen Hochschule handelt, sehen einige Länder wie Brandenburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt besondere Feststellungs- bzw. An- erkennungsverfahren vor, soweit die Bildungseinrich- tungen ihren Sitz im Geltungsbereich des Gesetzes ha- ben.
Dabei lässt Niedersachsen die Einhaltung der Zulas- sungsvoraussetzungen und der Qualitätsanforderungen nach den im Herkunftsland der Hochschule geltenden Regelungen genügen, verlangt aber eine Akkreditierung des Studienangebots der die Hochschulausbildung durchführenden Einrichtungen unter Mitwirkung einer inländischen Akkreditierungseinrichtung. Das Studien- angebot ist mit den entsprechenden Nachweisen dem Fachministerium anzuzeigen.38
Brandenburg und Nordrhein-Westfalen stellen darü- ber hinausgehende Anforderungen. Nach § 81 Abs. 4 BbgHG bedarf eine Einrichtung, die keine Niederlas- sung einer Hochschule aus einem EU-Staat ist, der Ge-
- 37 Vgl zB § 81 Abs 3 BbgHG; § 86 Abs 2 BayHG; § 64 Abs 2 NHG; § 75 Abs 2 S 1 HG NRW; § 80 HSG SH.
- 38 § 64a NHG.
- 39 § 81 Abs 4 S 1 Nr 1–3 BbgHG.
- 40 GVBl NRW 2000, 190; Amtliche Begründung 12/4243, S 209 ff,dazu Lieb und Goebel, Autonomie und Verantwortung staatlicher Hochschulen in: Wissenschaftsrecht im Umbruch, Gedächtnis- schrift für Krüger, 2001, S 205, 226 ff; zur Exegese des § 118 HG NRW auch Richter/Pierlings, Franchising-Kooperationen im
nehmigung. Die Durchführung des Studienangebots ist nur zulässig, wenn:
1. Studienbewerber aufgenommen werden, die die Vor- aussetzungen für eine Aufnahme in eine entsprechende staatliche Hochschule erfüllen,
2. das Studienangebot durch eine staatlich anerkannte Akkreditierungseinrichtung akkreditiert worden ist und 3. Die Kontrolle der den Hochschulgrad verleihenden Hochschule über den Verlauf des Studiums und die Erbringung der erforderlichen Leistungen gesichert ist.39
Noch weiter geht § 78 Abs. 2 S. 2 HG NRW, der neben dem Nachweis, dass die ausländische Hochschule Grade auch nach einer Ausbildung in NRW verleihen dürfen, eine Garantieerklärung der verleihenden Hochschule verlangt.
Die Vorschrift geht zurück auf § 118 Abs. 1 HG NRW vom 23.2.2000.40 Soweit sich Landesgesetze auf eine ge- nerelle Regelung der Führung ausländischer Grade be- schränken, ist diese im Regelfall daran gebunden, dass der Grad von einer nach dem Recht des Herkunftslandes anerkannten, zur Verleihung dieses Grades berechtigten Hochschule aufgrund eines tatsächlich absolvierten und durch Prüfung abgeschlossenen Studiums ordnungsge- mäß verliehen worden ist.41 Damit wird die bisher im Einzelgenehmigungsverfahren zu prüfende Vergleich- barkeit der verleihenden Hochschule mit einer deut- schen staatlichen Hochschule explizit ausgeschlossen.
Auf gleicher Linie liegt der Vorschlag einer neu in das baden-württembergische LHG eingefügte Regelung des internationalen Franchising im Anhörungsentwurf zum Änderungsgesetz vom 15.10.2013 (§ 72a Abs. 2 LHGE).
Damit beschränkt sich die innerstaatliche Qualitäts- sicherung nach diesen Bestimmungen über die Aner- kennung ausländischer akademischer Grade ausschließ- lich auf die Einhaltung der Verleihungsvorschriften des Herkunftslandes.
Zur Begründung dieser Liberalisierung wird auf die Entscheidung des EuGH im Falle Kraus vom 31.3.199342 und auf die darauf verweisende Entscheidung des Bun- desverwaltungsgerichts vom 12.11.199743 verwiesen.44
Die entscheidende Frage beim grenzüberschreiten- den Franchising ist aber, ob auch die Führung von Gra-
Hochschulbereich-Vorgaben des EG-Rechts und die nordrhein- westfälische Regelung des § 118 HG, WissR 2003, 224 ff; ferner Pawellek, Die Wahrnehmung hoheitlicher Hochschulaufgaben durch private Weiterbildungseinrichtungen, 2009, S 166 ff.
41 ZB § 37 Abs 1 LHG BW.
42 EuGH,Urteil v 31.3.1993, C‑19/92, Slg 1993, I‑1663.
43 BVerwGE 105, 336.
44 Amtliche Begründung zu § 55 b UG BW 2000, jetzt § 37 LHG
BW, Drs 12/4404, S 251.
140 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 3 (2014), 129–144
den, die nicht auf einem Studium an der verleihenden ausländischen Hochschule, sondern einer deutschen Bil- dungseinrichtung beruhen, von den deutschen gesetzli- chen Vorschriften über eine genehmigungsfreie Füh- rung gedeckt ist.
Daran schließt sich die Frage an, ob das Gemein- schaftsrecht eine Gleichwertigkeitskontrolle auch in Fäl- len des grenzüberschreitenden Franchisings ausschließt. Je nach der Beantwortung müssten die gesetzlichen Vor- schriften über die Anerkennung ausländischer Grade ge- meinschaftskonform restriktiv ausgelegt werden.
Wäre das der Fall, würden die dargestellten inner- staatlichen Regelungen, die eine weitergehende Quali- tätskontrolle vorsehen, wegen Verstoßes gegen das Ge- meinschaftsrecht unwirksam.
Diese Fragen haben inzwischen die deutschen Ge- richte in vielfältigen Konstellationen beschäftigt.
Am Anfang steht eine Entscheidung des BayVGH, der die die einschlägige Vorschrift des BayHG zur ge- nehmigungsfreien Führung von Akademischen Graden unter Hinweis auf die gemeinschaftsrechtliche Judikatur auch im Falle des grenzüberschreitenden Franchising (Titelverleihung durch die University of Wales auf der Grundlage eines Studienkurses der Allfinanz AG in Hamburg) anwendet.45 Diese Entscheidung hat eine fun- dierte Kritik durch Hailbronner erfahren, der in einge- hender Einzelanalyse der Judikatur des EuGH den Nach- weis führt, dass das Unionsrecht Spielräume für eine Missbrauchskontrolle beim Erwerb von Berufsberechti- gungen und Graden zum Schutze der Allgemeinheit zu- lässt.46
In diese Richtung gehen auch nachfolgende Ent- scheidungen zur Frage der Anerkennung im Franchise- verfahren erworbene Bachelorgrade für die Zulassung zu Masterstudiengängen oder zur Ausbildungsförde- rung.47
Die Entscheidung darüber führt über eine Exegese der innerstaatlichen Bestimmungen in die gemein- schaftsrechtlichen Grundlagen.
b) Innerstaatliche und Gemeinschaftsrechtliche Grund- lagen der Anerkennung ausländischer Grade
Innerstaatliche Vorschriften über die genehmigungsfreie Führung ausländischer akademischer Grade knüpfen nur an die Voraussetzung eines tatsächlich absolvierten
45 BayVGH v.28. 10.2005, 7 B o5.75.
46 Hailbronner, Akademische Grade ausländischer EU-Hochschulen
im Fernstudienverbund mit deutschen Ausbildungsaktiengesell-
schaften, EuZW 2007, 39 ff.
47 Vgl VG Düsseldorf, Beschluss v 1.12.2010–15, L 1642/10, BeckRS
2011, 45330; VG Karlsruhe, Urteil v 21.12.2009–10, K 1416/09, ab- rufbar bei juris Art 39 EG, Art 42 EG GII070712, § 5 Abs 4 BAföG;
und durch eine Prüfung abgeschlossenen Studiums an, lassen aber offen, ob dieses insgesamt, in Teilen oder zumindest unter Kontrolle der verleihenden ausländi- schen Hochschule abgeschlossen wurde.48 Gleiches gilt im Rahmen gestufter Studiengänge für den Begriff des Hochschulabschlusses, der offen lässt, ob damit ein voll- ständiges Studium mit dem Abschluss Bachelor an einer in- oder ausländischen Hochschule gemeint ist oder auch im Franchising erworbene Bachelorgrade erfasst.
Eine Wortlautexegese lässt deshalb keine eindeutige Antwort auf die Frage zu, ob auch ein Studium im Fran- chiseverfahren erfasst wird oder als Voraussetzung für die Führung des Grades oder der Anerkennung als Zu- lassungsvoraussetzung für den Masterstudiengang einer Gleichwertigkeitsprüfung unterzogen werden darf.
Die Genese der landesrechtlichen Regelungen über die genehmigungsfreie Führung ausländischer Grade weist darauf hin, dass die Antwort nur in den gemein- schaftsrechtlichen Grundlagen gefunden werden kann.
Die Anerkennung von Hochschulgraden innerhalb der Union ist nicht Gegenstand des unionrechtlichen Primärrechts, sondern nur sektoraler Vorschriften des Sekunddärrechts wie der Richtlinie 89/48 über die Aner- kennung von Hochschuldiplomen, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen. Bei der Füh- rung akademischer Grade geht es indes nicht um die Ge- nehmigung zur Berufsausübung. Die unionsrechtlichen Anerkennungsgrundsätze sind vielmehr das Ergebnis richterlicher Rechtsfortbildung des EuGH auf der Grund- lage der Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 45 AEUV ex Art. 39 EG) und der Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 AEUV, ex Art. 43 EG). Diese gebieten zwar, wie Hailbronner in sei- ner Analyse der Judikatur im Einzelnen nachweist,49 kei- ne genehmigungsfreie Führung eines in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Grades, aber eine erhebliche Einschränkung der Kriterien bei der Überprüfung im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens. Das Genehmi- gungsverfahren darf nur bezwecken, zu überprüfen, ob der in einem anderen Mitgliedstaat aufgrund eines Stu- diums erworbene Grad von einer hierfür zuständigen Hochschule im Anschluss an ein tatsächlich absolviertes Studium ordnungsgemäß verliehen worden ist.50 Dage- gen ist die Überprüfung auf eine irreführende Verwen- dung eines Grades, der nicht in Übereinstimmung mit den Vorschriften des Landes verliehen wurde, durch die
48
49 50
VG Darmstadt, Urteil v 14.9.2011, 6 K 1646/09, abrufbar bei juris § 7 Abs 1a BAföG, VG Bremen, Beschluss v 18.2.2011, 5 V 1331/10, abrufbar bei juris § 87 HSG BR, § 33 Abs 6 HSG BR.
Vgl zB §§ 37 Abs. 1 LHG BW, 43a BerlHrsg, 20a BbgHrsg, 64b BremHrsg, 69 HambHrsg, 69 Abs.2 Hrsg NRW, § 10 NHrsg.
Hailbronner, aaO S 39, 40 ff.
EuGH, Urteil v.31.3.1993, C‑19/92=EuZW 1993, 322 — Kraus.
Sandberger · Kooperationen im deutschen und internationalen Bildungsmarkt 1 4 1
zuständigen Behörden des Landes, in dem der Inhaber den Grad führen will, zulässig, vorausgesetzt, diese Überprüfung beschränkt sich auf das, was zur Errei- chung des Ziels des Schutzes der Öffentlichkeit erforder- lich ist.51
Nach der Grundsatzentscheidung im Fall Kraus ist damit eine inhaltliche Überprüfung der Gleichwertigkeit des Studiums und der Prüfungsleistungen, die dem ver- liehenen akademischen Grad zugrunde liegen, ausge- schlossen. Dagegen ist eine Überprüfung möglich, ob das absolvierte Studium den Vorschriften des Herkunfts- landes entspricht.
Offen bleibt, ob diese Grundsätze auch dann gelten, wenn das Studium ganz oder teilweise im Rahmen einer Franchisevereinbarung mit einer nichthochschulischen Bildungseinrichtung im Inland durchgeführt wird. In diesen Konstellationen ist die Gefahr der Umgehung im Inland geltender Qualitätsstandards und Qualitätskont- rollen nicht auszuschließen, soweit die Bildungseinrich- tung weder einer Kontrolle durch die verleihende Hoch- schule noch durch die Fachministerien des Inlands un- terliegt.
Diese Fallkonstellation war nicht Gegenstand des Falles Kraus, sodass dessen Entscheidungsgründe für die Fragestellung wenig hergeben.
Dagegen weist, wie Hailbronner zutreffend feststellt, der Fall Valentina Neri52 sowohl in der Fallkonstellation als auch in der vom EuGH vorgenommenen rechtlichen Bewertung Parallelen zur Verleihung von Graden im Rahmen von Franchising-Vereinbarungen auf. In die- sem Fall ging es um die Anerkennung von Diplomen der Universität Nottingham, die diese für ein Studium an ei- ner ausländischen privaten Einrichtung sowohl in Groß- britanien als auch in Italien anbot. Die Anerkennung wurde in Italien verweigert, weil diese Konstellation die Kontrolle der Qualität der privaten Einrichtung sowohl durch die zuständigen Einrichtungen in Italien wie im Herkunftsland der Einrichtung verhinderten. Der EuGH hat die gemeinschaftsrechtliche Vereinbarkeit dieser Entscheidungen zwar im Ergebnis verneint, aber nicht ausgeschlossen, dass inhaltliche Anforderungen an ein Studium, das an externen Einrichtungen zum Zwecke der Qualitätskontrolle definiert werden können. Dies ist aber nur dann zulässig, wenn gleiche Anforderungen auch beim innerstaatlichen Franchising gestellt werden. Dies war in der Rechtssache Neri nicht der Fall.53
In der Zusammenschau der Entscheidungen Kraus und Neri lässt sich damit bei der Anerkennung von Hochschulgraden aus staatlichen oder staatlich aner-
- 51 Vgl Hailbronner, aaO mwN in Fn 10 und 11.
- 52 EuGH, Urteil v 13.11.2003, C‑153/02=EuZW 2004, 121.
- 53 EuGH, vorige Fn, Rn 47 ff, vgl auch Hailbronner, aaO S 41.
kannten Hochschulen von EU Mitgliedstaaten der Ver- zicht auf eine Gleichwertigkeitsprüfung unionsrechtlich dann rechtfertigen, wenn das dem Diplom zugrundelie- gende Studium an einer im Herkunftsland anerkannten Hochschule absolviert wurde.
Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, dass bei einer grenzüberschreitenden Kooperation von Hochschulen mit nichthochschulischen Bildungsein- richtungen im Inland ausschließlich die Maßstäbe des Herkunftslandes des Diploms maßgeblich sind.
Vielmehr sind innerstaatliche Kontrollen dann zuläs- sig, wenn legitime Interessen des Anerkennungsstaates nicht ausreichend durch die inhaltlichen Anforderun- gen, Prüfungen und Kontrollen des Herkunftslandes er- fasst sind.
Das ist dann der Fall, wenn die inländische Bildungs- einrichtung weder durch eine zuständige inländische Stelle bzw. von ihr beauftragte Akkreditierungsagentur noch von einer zuständigen Stelle des Herkunftslandes zertifiziert wurde.
Dies erlaubt zwar nicht den Ausschluss der Anerken- nung von ausländischen Hochschulgraden, die im Rah- men des grenzüberschreitenden Franchisings auf der Grundlage eines Studiums an einer inländischen nicht hochschulischen Bildungseinrichtung erworben wurde. Zulässig ist dagegen eine Überprüfung, ob die für solche Kooperationen im Inland geltenden Maßstäbe eingehal- ten wurden.
Unter diesem Aspekt kann die Entscheidung des BayVGH nicht als Kronzeuge für eine uneingeschränkte Anerkennung ausländischer Grade im Rahmen des grenzüberschreitenden Franchisings herangezogen wer- den. Ihre Begründung fußt ausschließlich auf den tra- genden Gründen des Falles Kraus, bei dem es aber um die Anerkennung eines reinen Auslandsstudiums ging.54
Daraus ergibt sich, dass sowohl die besonderen Rege- lungen für das grenzüberschreitende Franchising in Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachen als auch die Praxis in Bundesländern, die der Anerken- nung im grenzüberschreitenden Franching erworbener Grade hinsichtlich des Studienangebots inländischer Bildungseinrichtungen eine Gleichwertigkeitsprüfung durchführen, gemeinschaftsrechtskonform sind.
Einen Sonderfall stellt die Europäische Berufsanerken- nungsrichtlinie von 2005 dar, die die Anerkennung von Be- rufsqualifikationen des Herkunftsmitgliedstaates für sog. geregelte Berufe, insbesondere der Human- Zahn- und Tiermedizin im Aufnahmemitgliedstaat regelt.55
54 Hailbronner, aaO S 42.
55 Richtlinie 2005/36/EG, ABl EU L 255/22 v 30.9.2005.
142 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 3 (2014), 129–144
Die Anerkennung entsprechender Qualifikationen ist nach Art. 24 dieser Richtlinie an die Erfüllung von Mindestanforderungen an die Zulassung und zum In- halt des Medizinstudiums gebunden. Gleiches gilt nach Art. 25 für die Weiterbildung zum Facharzt.
Dem Aufnahmemitgliedstaat steht nach Art. 21 der Richtlinie allerdings kein Kontrollrecht hinsichtlich der Einhaltung dieser Vorschriften durch den Herkunfts- staat zu.
Ob die Franchising-Modelle der Medical Schools die Voraussetzungen des Art. 24 der Richtlinie erfüllen, ist deshalb in die Verantwortung des Herkunftsmitglied- staates gestellt. Bei Verletzung der Standards wäre ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 258, 259 AEUV denkbar.
c) Fazit
Auch im grenzüberschreitenden Franchising weisen die Ländergesetze keine einheitliche Linie auf. Nur wenige Länder, wie Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen und künftig Baden-Württemberg wid- men dieser Problematik eigene Bestimmungen. Gemein- samer Nenner ist die Definition von Qualitätsanforde- rungen an das Ausbildungsangebot der nichthochschuli- schen Bildungseinrichtung im Inland. In den anderen Bundesländern wird die Problematik bei der Auslegung der Bestimmungen über die Anerkennung ausländischer Hochschuldiplome und der Eingangsvoraussetzungen für die zweite Stufe der Bachelor-Master-Studiengänge entschieden.
Dabei kommt der Interpretation des Gemeinschafts- rechts eine zentrale Bedeutung zu. Entgegen einer Ent- scheidung des BayVGH, der eine Gleichwertigkeitsprü- fung unter Hinweis auf die Judikatur des EuGH im Fall Kraus verneint hat, ist – dank der umfassenden Analyse von Kai Hailbronner – eine Gleichwertigkeitsprüfung im externen Franchising erworbener Grade nach den glei- chen Kriterien möglich, die auch für das interne Fran- chising gelten. Dies gebietet schon die Gleichbehand- lung der Anforderungen an die Qualitätssicherung von Hochschulgraden, die in Kooperation mit inländischen nichthochschulischen Einrichtungen erworben werden.
IV. Zusammenfassung und Schluss
Im Schatten der Liberalisierung und Internationalisie- rung des Rechts des Studiums, der Lehre und der Prü- fungen zu Beginn dieses Jahrtausends haben sich neue Formen der Zusammenarbeit von Hochschulen und außerhochschulischen Bildungseinrichtungen entwi-
ckelt, die in einzelnen Ländergesetzen und Beschlüssen der Kultusministerkonferenz auch als Franchising bezeichnet werden.
Dabei gibt es zwei Hauptformen:
1. Die Gradverleihung durch eine staatliche oder staat- lich anerkannte deutsche Hochschule aufgrund eines Studiums an einer deutschen oder ausländischen nicht- hochschulischen Bildungseinrichtung. Ein besonderer Fall ist die Gradverleihung aufgrund eines Studiums an einer ausländischen Bildungseinrichtung, die von einer oder mehrerer deutscher Hochschulen im Ausland gegründet wurde.
2. Die Gradverleihung durch eine staatliche oder staat- lich anerkannte Hochschule des Auslands aufgrund eines Studiums an einer deutschen nichthochschuli- schen Bildungseinrichtung.
In beiden Fallgruppen liegen dieser Kooperation Verträge zugrunde, die die Anforderungen an die Zulas- sung, an Inhalte und Durchführung des Studiengangs durch die private Bildungseinrichtung nach Maßgabe der einschlägigen Studien- und Prüfungsordnungen der gradverleihenden Hochschulen regeln.
Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum Teil werden diese Angebote entwickelt, weil die gradverleihende Hochschule kapazitär nicht in der Lage ist, das Studi- enangebot in eigener Regie durchzuführen. Teilweise geht es auch um zusätzliche Ausbildungsangebote für Berufstätige oder die Ausweitung in hochschulferne Regionen oder den Export deutscher Studiengänge in Partnerländer.
Im internationalen Bereich kommen Gründe des Zu- gangs zu international bewährten Studienangeboten hinzu, die durch die Kooperation mit einer privaten Bil- dungseinrichtung für den deutschen Markt zugänglich gemacht werden sollen.
Vielfach wird dies mit dem Interesse an zusätzlicher Einnahmengenerierung für die Hochschulen aus Beteili- gung an den Studienentgelten der nichthochschulischen Bildungseinrichtungen verbunden sein.
Es ist Aufgabe der Landesgesetzgeber und der Hoch- schulen, dafür Sorge zu tragen, dass die auf dieser Grundlage verliehenen Grade den Qualitätsanforderun- gen entsprechen, die für die Abschlüsse in regulären Stu- diengängen gelten. Ebenso ist dafür Sorge zu tragen, dass die im Rahmen der Europäischen Union oder bilateralen Verträgen gebotene Anerkennung von Hochschulgra- den im Rahmen solcher Geschäftsmodelle nicht dazu benutzt wird, Studienangebote nichthochschulischer
Sandberger · Kooperationen im deutschen und internationalen Bildungsmarkt 1 4 3
Bildungseinrichtungen als Voraussetzung für die Grad- verleihung zuzulassen, die nicht den Qualitätskriterien der von der verleihenden Hochschule durchgeführten Studienangeboten entspricht.
Die Analyse der einschlägigen landesrechtlichen Re- gelungen weist ein höchst heterogenes Bild auf. Nur we- nige Bundesländer sind den im Beschluss der Kultusmi- nisterkonferenz von 2008 definierten Anforderungen ei- ner Qualitätskontrolle durch besondere Regelungen nachgekommen.
Die meisten Bundesländer behelfen sich mit allge- meinen Regelungen der Anerkennung von Studienleis- tungen, die an nichthochschulischen Bildungseinrich- tungen oder im Zusammenwirken von Hochschulen er- bracht wurden.
Dies gilt sowohl für das innerstaatliche als auch für das grenzüberschreitende Franchising.
Die Anforderungen an die Qualitätskontrolle des grenzüberschreitenden Franchisings müssen sich an der Judikatur des EuGH zur Anerkennung von Hochschul- graden, die in einem anderen Mitgliedstaat verliehen wurden, messen lassen.
Eine Analyse dieser Judikatur zeigt, dass zwar eine Gleichwertigkeitsprüfung nicht mehr zulässig ist, wenn der ausländische Hochschulgrad für ein Studium verlie- hen wird, das ausschließlich im gradverleihenden Land absolviert wurde und den Voraussetzungen der gradver- leihenden Hochschule entspricht.
Dagegen ist eine Qualitätskontrolle zulässig, wenn der ausländische Grad auf der Grundlage eines Studiums an einer deutschen nichthochschulischen Ausbildung verliehen wird.
Dieser Befund macht deutlich, dass dieser Sachkom- plex einer erneuten Befassung durch die KMK und die Landesgesetzgeber bedarf, um Missbräuchen zu Lasten der Studierenden gegenzusteuern und transparente, ord- nungspolitisch stimmige, den Qualitätsanforderungen
eigener Studiengänge entsprechenden Anforderungen an Studienangebote zu definieren, die im Rahmen von Public Private Partnership außerhalb des Hochschulwe- sens erbracht werden.
Dafür hilfreich sind die in der Vorbereitung befindli- chen HRK-Empfehlungen zum Franchising von Studi- engängen, die klare an die Mitgliedshochschulen gerich- tete Orientierungs-Leitsätze für die Einführung und Durchführung von Franchisestudiengängen enthalten. In deren Mittelpunkt steht die Verantwortung der Hoch- schule für die Inhalte, die Qualifikation des Lehr- und Prüfungspersonals und der Qualitätssicherung, die die Hochschule in den Kooperationsverträgen mit den Fran- chisenehmern zu verankern hat.
Im Bereich der grenzüberschreitenden Kooperation von Hochschulen beim Angebot gemeinsam getragener Studiengänge und der Verleihung von Graden bestehen weitgehend ähnliche Anforderungen an die Anerken- nung der Studiengänge, die Verfahren der Qualitätskon- trolle, an die Zulassung, an die Verantwortung für die Durchführung des Lehrangebots und die Prüfungsin- halte, die sich für diese intensivste Form der Zusammen- arbeit als förderlich erwiesen haben. Allerdings sehen auch für diese Konstellation nur wenige Landeshoch- schulgesetze besondere Regelungen vor. Fehlt eine spezi- elle Rechtsgrundlage, stützt sich die Zusammenarbeit auf die allgemeinen Vorschriften, die auch für die Ko- operation inländischer Hochschulen beim Angebot ge- meinsamer Studiengänge oder die sogenannte Externen- prüfung gelten.
Im Interesse der Regelungstransparenz für die betrof- fenen Studierenden und die Hochschulen wäre eine An- gleichung der landesrechtlichen Rahmenbedingungen auch für diese Fallkonstellation sinnvoll.
Der Autor ist Professor an der Eberhard-Karls-Universi- tät Tübingen.
144 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 3 (2014), 129–144