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Das Urteil des BAG vom 11.9.2013 – 7 AZR 843/11 ist rich- tungs­wei­send für künf­ti­ge Befris­tungs­kon­troll­kla­gen ange­stell­ter Hoch­schul­pro­fes­so­ren. Das BAG hat­te die grund­le­gen­de Fra­ge zu beant­wor­ten, ob den Län­dern die Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz ver­bleibt, um eige­ne Befris- tungs­tat­be­stän­de für Hoch­schul­leh­rer zu schaf­fen. Die Unter­su­chung geht der Fra­ge nach, ob das BAG die­se Fra­ge zu Recht bejaht hat. Hier­bei wird in einem ers­ten Schritt unter­sucht, ob die Befris­tungs­nor­men des Bun- des­rechts (HRG, WissZeitVG und TzBfG) abschlie­ßend im Sin­ne des Art. 72 Abs. 1 GG sind.

In einem zwei­ten Schritt wer­den die Ent­schei­dungs- und Norm­ver­wer­fungs­kom­pe­tenz von Fach­ge­rich­ten beleuch­tet und die Vor­aus­set­zun­gen der Rich­ter­vor­la­ge nach Art. 100 Abs. 1 GG aufgezeigt.

I. Der Fall

Die Bun­des­län­der haben die Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz für die Befris­tungs­grün­de, die Arbeits­ver­hält­nis­se mit ange­stell­ten Hoch­schul­pro­fes­so­ren betref­fen. Das ist die wesent­li­che Erkennt­nis aus dem BAG-Urteil vom 11.9.2013.1 Das Gericht hat­te über die Befris­tungs­kont- roll­kla­ge eines ange­stell­ten Hoch­schul­pro­fes­sors zu ent- schei­den und kam zu dem Schluss, dass der Bund von sei­ner kon­kur­rie­ren­den Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG auf dem Gebiet des Befris­tungs- rechts nicht abschlie­ßend Gebrauch gemacht hat.

Der kla­gen­de Hoch­schul­pro­fes­sor hat­te mit dem Frei­staat Thü­rin­gen einen vom 1.10.2003 bis zum 30.9.2009 befris­te­ten „Dienst­ver­trag“ geschlos­sen. Ge- stützt wur­de die­se Befris­tung auf § 50 des Thü­rin­ger Hoch­schul­ge­set­zes in der Fas­sung vom 24.6.20032 (im Fol­gen­den: ThürHG). Die Befris­tungs­kon­troll­kla­ge des Hoch­schul­pro­fes­sors hat­te vor dem LAG Thüringen3 noch Erfolg, weil nach der Mei­nung des Gerichts dem

  1. 1  BAG 11.9.2013 – 7 AZR 843/11 – NZA 2013, 1352.
  2. 2  Ent­spricht dem heu­ti­gen § 79 Abs 1 ThürHG in der Fas­sung vom21.12.2006.
  3. 3  LAG Thü­rin­gen 10.5.2011 – 7 Sa 300/10 – juris.
  4. 4  § 49 Abs. 2, § 50 Abs 2 LHG BW(2005); Art 8 Abs 2 S 1 BayHSch-PG (2006); § 102 BerlHG (2011); § 41 Abs 1 BbgHG (2008); § 18 HSchulG BR (2011); §§ 16 Abs 2, 31 Abs 2 HmbHG (2001); § 61 Abs 5 HSchulG HE (2011); § 61 Abs 2, 3 LHG M‑V (2011); § 28 NHG (2007); §§ 4, 39 Abs 5, 6, 121 HG NRW (2006); § 51 Abs 1,

Frei­staat für § 50 ThürHG die Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz feh­le. Das BAG sah das anders. Sei­ne Ent­schei­dung ist für alle Bun­des­län­der rele­vant, da sie aus­nahms­los in ih- ren Hoch­schul­ge­set­zen auch die Befris­tung von Arbeits- ver­hält­nis­sen von Hoch­schul­leh­rern regeln.4 Trotz der typi­schen Ver­be­am­tung ist poten­ti­ell jeder noch nicht ver­be­am­te­te Hoch­schul­leh­rer betrof­fen. § 50 ThürHG sieht eben­so wie ande­re Hoch­schul­ge­set­ze inso­weit kei- ne Ein­schrän­kun­gen vor.

Die BAG-Ent­schei­dung wirft zwei Rechts­fra­gen auf:

1. Haben die Län­der die Kom­pe­tenz, für die Anstel- lungs­ver­hält­nis­se ihrer Hoch­schul­pro­fes­so­ren ein eige- nes Befris­tungs­recht zu schaffen?

2. Hat ein (Arbeits-)Gericht – wie hier das LAG Thü- rin­gen – die Kom­pe­tenz, eine lan­des­ge­setz­li­che Norm für mit dem Grund­ge­setz unver­ein­bar zu erklä­ren, ohne das BVerfG anzurufen?

II. Län­der­kom­pe­tenz für Hochschularbeitsrecht

Ob den Län­dern die Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz für die Befris­tung ange­stell­ter Hoch­schul­pro­fes­so­ren zukommt, war schon für §§ 51a ff HRG und ist auch mit dem Wiss- ZeitVG umstrit­ten. Wäh­rend eine Ansicht davon aus- geht, dass der Bund mit den Rege­lun­gen des TzBfG, des HRG und des WissZeitVG abschlie­ßend von sei­ner Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz auf dem Gebiet des Befris- tungs­rechts Gebrauch gemacht hat,5 sieht die Gegen­mei- nung in der Her­aus­nah­me der Hoch­schul­leh­rer aus dem per­so­nel­len Gel­tungs­be­reich des WissZeitVG (§ 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG) das ent­schei­den­de Indiz dafür, dass der Bund gera­de nicht abschlie­ßend von sei­ner Gesetz­ge- bungs­kom­pe­tenz Gebrauch gemacht hat; die Län­der sei- en also befugt, eige­ne Rege­lun­gen zu treffen.6

2 Hoch­SchG RP (2010); § 32 Abs 1–3 UG SN (2010); §69 Abs 1, 3 SächsHSFG (2013); § 38 Abs 1 S 1, 2 HSG LSA (2010); § 63 Abs 1, 2 HSG SH (2007).

Preis, WissZeitVG (2008), § 1 Rn 33; KR/Tre­ber 10. Aufl (2013),
§ 1 WissZeitVG Rn 50; Hartmer/Detmer/Löwisch/Wertheimer, Hoch­schul­recht (2004), S 330; Löwisch/Wertheimer/Zimmermann, Die Befris­tung der Dienst- und Arbeits­ver­hält­nis­se von Pro­fes­so- ren im Fal­le der Erst­be­ru­fung, WissR 2001, 28, 49.

Dani­el Dommermuth-Alhäuser

Lan­des­ge­set­ze zur Befris­tung ange­stell­ter Hoch­schul­pro­fes­so­ren – BAG vom 11.9.2013, 7 AZR 843/11

Ord­nung der Wis­sen­schaft 2014, ISSN 2197–9197

90 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 2 (2014), 89–96

Bereits im Jahr 2011 hat­te das BAG die Gesetz­ge- bungs­kom­pe­tenz der Län­der für das Befris­tungs­recht im Hoch­schul­be­reich – trotz Kritik,7 aber mit der herr- schen­den Ansicht – restrik­tiv aus­ge­legt. Dem­nach haben die Län­der kei­ne Kom­pe­tenz, den per­sön­li­chen Gel- tungs­be­reich des WissZeitVG zu konkretisieren.8 Hier ent­schied das BAG nun zu Guns­ten der Län­der und er- kann­te ihre Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz an, weil der Nor- men­kom­plex der bun­des­recht­li­chen Befris­tungs­nor­men nicht abschlie­ßend im Sin­ne des Art. 72 Abs. 1 GG sei.

1. Befris­tungs­recht als Gegen­stand kon­kur­rie­ren­der Gesetzgebung

Weit­ge­hend einig ist man sich im Aus­gangs­punkt: Die Befris­tung von Arbeits­ver­hält­nis­sen gehört zum Arbeits- recht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG) und damit zur kon­kur­rie- ren­den Gesetzgebung.9 Auch wenn hier die Bil­dungs­po- litik der Län­der und die Hoch­schul­au­to­no­mie als Teil der den Uni­ver­si­tä­ten gewähr­leis­te­ten Wis­sen­schafts- freiheit10 (Art. 5 Abs. 3 GG) berührt sind, besteht kei­ne aus­schließ­li­che Gesetz­ge­bungs­zu­stän­dig­keit der Län­der gem. Art. 30, 70 GG. Befris­tungs­recht ist auch im Hoch- schul­be­reich Arbeits­ver­trags­recht und damit Arbeits- recht i.S.d. Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG.11 Denn das Recht der Arbeits­ver­trä­ge im Hoch­schul­be­reich ist von der sons­ti- gen Kom­pe­tenz der Län­der im Hoch­schul­be­reich zu trennen.12 Klar­heit ver­schafft hier das Urteil des BVerfG zur Juni­or­pro­fes­sur, dass zwar vor der Föde­ra­lis­mus­re- form ergan­gen ist, aber sinn­ge­mäß her­an­ge­zo­gen wer- den kann, um zu klä­ren, wann das Hoch­schul­recht schwer­punkt­mä­ßig betrof­fen ist:13 Das ist der Fall, „wenn durch die Rege­lun­gen des Dienst­rechts die per­so­nel­le und sach­li­che Orga­ni­sa­ti­on der Hoch­schu­le, deren Selbst­ver- wal­tung und inne­re Glie­de­rung, die Aus­ge­stal­tung der

  1. 6  Lenk, Die befris­te­te Pro­fes­sur im Ange­stell­ten­ver­hält­nis an staat­li­chen und staat­lich aner­kann­ten Hoch­schu­len, WissR 2009, 50, 55 ff; Arnold/Gräfl/Ram­bach, TzBfG, 3. Aufl (2012), § 1 WissZeitVG Rn 16; Seit der 14. Aufl ErfK/Mül­ler-Glö­ge, 14. Aufl (2014), § 1 WissZeitVG Rn 10; Jous­sen, WissZeitVG 1. Aufl 2. Ed (2012), § 1 Rn 4.
  2. 7  Löwisch, Die Ablö­sung der Befris­tungs­be­stim­mun­gen des Hoch- schul­rah­men­ge­set­zes durch das Wis­sen­schafts­zeit­ver­trags­ge­setz, NZA 2007, 479, 480 f; Dornbusch/Fischermeier/Löwisch, Fachan- walts­kom­men­tar Arbeits­recht, 6. Aufl (2014), § 1 WissZeitVG Rn 1; Rambach/Feldmann, Fremd­spra­chen­lek­to­ren als wis­sen­schaft- liches Per­so­nal nach dem Wis­sen­schafts­zeit­ver­trags­ge­setz, ZTR 2009, 286.
  3. 8  BAG 1.6.2011 – 7 AZR 827/09 – NZA 2011, 1280; zustim­mend: Ascheid/Preis/Schmidt, Kün­di­gungs­recht, 4. Aufl (2012), § 1 WissZeitVG Rn 5; KR/Tre­ber, 9. Aufl (2009), § 1 WissZeitVG Rn 37.
  4. 9  BAG 11.9.2013 – 7 AZR 843/11 – NZA 2013, 1352, 1354.
  5. 10  Hartmer/Detmer/Kem­pen, Hoch­schul­recht (2004), S 38 f; Dreier/Britz, GG, 3. Aufl (2013) Art 5 Rn 88.
  6. 11  Dieterich/Preis, Das Hoch­schul­ar­beits­recht in der Verfassungs-

Bedin­gun­gen für freie Leh­re und freie For­schung (Art. 5 III GG) sowie die Ord­nung des Stu­di­ums grund­le­gend ver- ändert wer­den sol­len.“14 Das Befris­tungs­recht bewirkt kei­ne grund­le­gen­de Struk­tur­ver­än­de­rung der Hoch- schu­len. Es baut auf den vor­han­de­nen per­so­nel­len Struk- turen und Per­so­nal­ka­te­go­rien des wis­sen­schaft­li­chen und künst­le­ri­schen Per­so­nals auf und lässt sie unve­rän- dert.15

Folg­lich besteht eine Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz der Län­der nur solan­ge und soweit der Bund von sei­ner Kom­pe­tenz kei­nen (abschließenden!16) Gebrauch ge- macht hat. Ob ein Gesetz die Mate­rie abschlie­ßend re- gelt, ist nach der Recht­spre­chung des BVerfG anhand ei- ner Gesamt­wür­di­gung des Nor­men­kom­ple­xes zu bewer- ten. Dazu sind das Bun­des­ge­setz selbst, der dahin­ter ste- hen­de Rege­lungs­zweck, die Gesetz­ge­bungs­ge­schich­te und die Geset­zes­ma­te­ria­li­en auszuwerten.17

2. Gesamt­wür­di­gung der Befris­tungs­nor­men durch das BAG

Eine sol­che Gesamt­wür­di­gung der bun­des­recht­li­chen Befris­tungs­nor­men (TzBfG, HRG und WissZeitVG) hat das BAG aus­führ­lich vor­ge­nom­men und sich im Ergeb- nis der Ansicht von Lenk18 ange­schlos­sen, nach der den Län­dern eine Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz zusteht, um Befris­tungs­tat­be­stän­de für Hoch­schul­leh­rer zu schaf­fen. Das WissZeitVG, das die §§ 57a bis 57f des HRG abge­löst hat, ist erst am 18.4.2007 in Kraft getre­ten, so dass es für die­sen kon­kre­ten Streit­fall nur als Indiz her­an­ge­zo­gen wer­den kann. Die Prü­fung der Gesetz­ge­bungs­kom­pe- tenz anhand des WissZeitVG, die auch das BAG vor- nimmt, darf nicht dahin­ge­hend miss­ver­stan­den wer­den, dass ein noch nicht in Kraft getre­te­nes Bun­des­ge­setz bereits Sperr­wir­kung nach den Art. 72 ff. GG für die

fal­le? Erwi­de­rung auf Löwisch NZA 2004, 1065 ff, NZA 2004, 1241, 1244; anders: Löwisch, Befris­tun­gen im Hoch­schul­be­reich – Rechts­la­ge nach dem Urteil des BVerfG zur Juni­or­pro­fes­sur, NZA 2004, 1065, 1070; ders, Die gesetz­li­che Repa­ra­tur des Hoch­schul- befris­tungs­rechts, NZA 2005, 321, 322 f.

12 BAG 21.6.2006 – 7 AZR 234/05 – NZA 2007, 209, 211 ff; Kort- stock, Reform des Hoch­schul­be­fris­tungs­rechts – Ent­wurf eines Wis­sen­schafts­zeit­ver­trags­ge­set­zes, ZTR 2007, 2, 3 mwN.

13 Dieterich/Preis, Das Hoch­schul­ar­beits­recht in der Ver­fas­sungs­fal- le? Erwi­de­rung auf Löwisch NZA 2004, 1065 ff, NZA 2004, 1241, 1244.

14 BVerfG 27.7.2004 – 2 BvF 2/02 – NJW 2004, 2803, 2806.
15 BAG 21.6.2006 – 7 AZR 234/05 – NZA 2007, 209, 212 mwN.
16 v. Mangoldt/Klein/Starck/Oeter, GG 6. Aufl (2010), Art 72 Rn 70

mwN.
17 BVerfG 10.2.2004 – 2 BvR 834/02 und 1588/02 – NJW 2004, 750,

755.
18 Lenk, Die befris­te­te Pro­fes­sur im Ange­stell­ten­ver­hält­nis an staat-

lichen und staat­lich aner­kann­ten Hoch­schu­len, WissR 2009, 50, 55 ff.

Dom­mer­muth-Alhäu­ser · Lan­des­ge­set­ze zur Befris­tung ange­stell­ter Hoch­schul­pro­fes­so­ren 9 1

Län­der ent­fal­ten könn­te. Das WissZeitVG wird viel­mehr her­an­ge­zo­gen, um zu klä­ren, inwie­weit der Bund mit den im Jahr 2003 bestehen­den Befris­tungs­nor­men von sei­ner Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz Gebrauch gemacht hat­te, ob die­se Befris­tungs­nor­men abschlie­ßend im Sin- ne des Art. 72 GG waren und ob sie es heu­te sind.

a) HRG und WissZeitVG

Zunächst ver­neint das BAG, dass der Bun­des­ge­setz­ge­ber mit dem im Jahr 2003 gel­ten­den HRG abschlie­ßend von der Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz im (Hochschul-)Befris- tungs­recht Gebrauch gemacht hat­te. Das HRG habe zu kei­nem Zeit­punkt Rege­lun­gen über die Befris­tung von Hoch­schul­leh­rern enthalten.19

Die Gesetz­ge­bungs­ma­te­ria­li­en des HRG zeig­ten, dass der his­to­ri­sche Gesetz­ge­ber des HRG den Län­dern die Mög­lich­keit eige­ner Befris­tungs­tat­be­stän­de für Hoch- schul­pro­fes­so­ren belas­sen wollte.20 Der Bun­des­rat habe zwar eine expli­zi­te Län­der­kom­pe­tenz vor­ge­schla­gen. Trotz des Schei­terns zei­ge das doch, dass der Bun­des­ge- setz­ge­ber nur für die in §§ 57a ff. HRG gere­gel­ten Ar- beits­ver­hält­nis­se eine abschlie­ßen­de Rege­lung habe schaf­fen wollen.21

Vor allem habe auch das WissZeitVG das Befris- tungs­recht für Hoch­schul­leh­rer nicht abschlie­ßend gere- gelt, da Hoch­schul­leh­rer nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Wiss- ZeitVG aus­drück­lich vom per­so­nel­len Anwen­dungs­be- reich des Geset­zes aus­ge­nom­men sei­en, noch dazu der zustän­di­ge Bun­des­tags­aus­schuss im Gesetz­ge­bungs­ver- fah­ren aus­drück­lich dar­auf hin­ge­wie­sen habe, dass den Län­dern eine kon­kur­rie­ren­de Gesetz­ge­bungs­zu­stän­dig- keit ver­blei­be, um Befris­tungs­tat­be­stän­de für Juni­or­pro- fes­so­ren zu schaffen.22

Dem BAG ist zuzu­stim­men. Der Ver­gleich mit Juni­or- pro­fes­so­ren, für die eine Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz der Län­der nicht nur vom BAG bejaht wird,23 ist entsch­ei- dend.24 Auch Juni­or­pro­fes­so­ren gehö­ren nach § 42 HRG zu den Hochschullehrern.25 Des­halb ist es irrele­vant, ob

im Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren allein von Juni­or­pro­fes­so- ren oder von Hoch­schul­leh­rern die Rede gewe­sen ist. Bejaht man eine Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz der Län­der für Juni­or­pro­fes­so­ren, ist kon­se­quen­ter­wei­se zugleich die Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz für alle Hoch­schul­leh­rer zu bejahen.

Die Hoch­schul­leh­rer sind aus dem per­so­nel­len An- wen­dungs­be­reich des WissZeitVG gera­de her­aus­ge­nom- men, um den Län­dern inso­weit die Gesetz­ge­bungs­kom- petenz zu belassen.26 Einen ande­ren Sinn hät­te die­se Be- reichs­aus­nah­me kaum haben kön­nen. Die ein­zi­ge, wenn auch wenig plau­si­ble Alter­na­tiv­erklä­rung wäre, dass der Gesetz­ge­ber die Befris­tung von Hoch­schul­leh­rern ab- schlie­ßend durch das TzBfG gere­gelt wähn­te. Es gibt in- des kei­nen Grund, ein spe­zi­el­les Gesetz für die Befris- tung von ange­stell­tem Hoch­schul­per­so­nal zu schaf­fen und aus­ge­rech­net die Hoch­schul­leh­rer aus dem spe­ziel- leren Gesetz aus­zu­klam­mern und sie dem all­ge­mei­nen Gesetz unter­fal­len zu las­sen. Die nahe­lie­gen­de Erklä- rung ist des­halb, dass die Aus­klam­me­rung aus dem per- sonel­len Anwen­dungs­be­reich des § 1 WissZeitVG erfolg- te, um den Län­dern im Rah­men der kon­kur­rie­ren­den Gesetz­ge­bung eine Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz zu belas- sen bzw. um eine Öff­nungs­klau­sel zuguns­ten der Län­der zu schaffen.27 Die Beschluss­emp­feh­lung des zustän­di­gen Bun­des­tags­aus­schus­ses stützt die­se These:

„Durch die aus­drück­lich for­mu­lier­te Her­aus­nah­me der Hoch­schul­leh­re­rin­nen und Hoch­schul­leh­rer aus dem Anwen­dungs­be­reich des Wis­sen­schafts­zeit­ver­trags­ge- set­zes wird klar­ge­stellt, dass die kon­kur­rie­ren­de Gesetz- gebungs­zu­stän­dig­keit für die Rege­lung der befris­te­ten Beschäf­ti­gung von Juni­or­pro­fes­so­rin­nen und Juni­or­pro- fes­so­ren nach einer Auf­he­bung des HRG und damit auch der Son­der­re­ge­lung des § 48 Abs. 1 HRG bei den Län­dern lie­gen wird, solan­ge der Bund nicht eine neue gesetz­li­che Befris­tungs­re­ge­lung für Juni­or­pro­fes­so­rin- nen und Juni­or­pro­fes­so­ren schafft.“28

25 Preis, WissZeitVG (2008), § 1 Rn 33; KR/Tre­ber, 10. Aufl (2013), § 1 WissZeitVG Rn 50; aA v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 5. Aufl (2005), Art 5 Rn 391.

26 Boecken/Jous­sen, TzBfG, 3. Aufl (2012), § 1 WissZeitVG Rn 11; Arnold/Gräfl/Ram­bach, TzBfG, 3. Aufl (2012), § 1 WissZeitVG Rn 16; aA: Preis, WissZeitVG (2008), § 1 Rn 33.

27 Reich, HRG mit WissZeitVG, 11. Aufl (2012), § 1 WissZeitVG Rn 2 mwN.

28 Beschluss­emp­feh­lung des Aus­schus­ses für Bil­dung, For­schung und Tech­nik­fol­gen­ab­schät­zung, BT-Drs 16/4043 S 9.

  1. 19  BAG 11.9.2013 – 7 AZR 843/11 –
  2. 20  BAG 11.9.2013 – 7 AZR 843/11 –
  3. 21  BAG 11.9.2013 – 7 AZR 843/11 –Hin­weis auf BT-Drs 10/2283 S 15.
  4. 22  BAG 11.9.2013 – 7 AZR 843/11 –

NZA 2013, 1352, 1354. NZA 2013, 1352, 1355. NZA 2013, 1352, 1355 mit

NZA 2013, 1352, 1355 mit

Hin­weis auf BT-Drs 16/4043 S 9.

  1. 23  So schon Löwisch, Die Ablö­sung der Befris­tungs­be­stim­mun­gen­des Hoch­schul­rah­men­ge­set­zes durch das Wis­sen­schafts­zeit­ver-trag­s­ge­setz, NZA 2007, 479, 480.
  2. 24  Lenk, Die befris­te­te Pro­fes­sur im Ange­stell­ten­ver­hält­nis anstaat­li­chen und staat­lich aner­kann­ten Hoch­schu­len, WissR 2009, 50, 56.

92 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 2 (2014), 89–96

b) TzBfG

Die soeben zitier­te Pas­sa­ge aus der Beschluss­emp­feh- lung des zustän­di­gen Aus­schus­ses zeigt zugleich, dass § 14 TzBfG die Befris­tung der Arbeits­ver­hält­nis­se von Hoch­schul­leh­rern nicht abschlie­ßend regeln sollte.29 Eine Län­der­kom­pe­tenz ist nur denk­bar, wenn das TzBfG, ins- beson­de­re § 14 TzBfG nicht abschlie­ßend im Sin­ne des Art. 72 Abs. 1 GG ist.

Zwar neh­men eini­ge Stim­men in der Lite­ra­tur an, dass der Bund mit dem TzBfG abschlie­ßend von sei­ner Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz auch für die Befris­tung ange- stell­ter Hoch­schul­pro­fes­so­ren Gebrauch gemacht habe, weil das TzBfG für alle Arbeits­ver­hält­nis­se gel­te und da- mit also auch eine abschlie­ßen­de Bun­des­re­ge­lung für ange­stell­te Hoch­schul­leh­rer sei.30

Zutref­fend ist das Gegen­teil – wie das BAG rich­tig er- kennt. Den Aus­gangs­punkt bil­det § 23 TzBfG31 im Zu- sam­men­spiel mit TzBfG, HRG und WissZeitVG. § 23 TzBfG sieht vor, dass beson­de­re Rege­lun­gen über die Befris­tung von Arbeits­ver­trä­gen nach ande­ren ge- setz­li­chen Vor­schrif­ten unbe­rührt blei­ben. Schon das ist ein Indiz dafür, dass der Bun­des­ge­setz­ge­ber sei­ne Kom- petenz nicht abschlie­ßend genutzt hat. In jedem Fall sindBun­des­ge­set­ze neben dem TzBfG anwend­bar und kön- nen den Gel­tungs­be­reich des TzBfG klarstellen.

Der dage­gen erho­be­ne Ein­wand des LAG Thüringen32 einer peti­tio prin­ci­pii – also eines Zirkelschlusses33 – geht fehl. Das wäre nur der Fall, wenn man aus § 23 TzBfG fol- ger­te, dass jede lan­des­recht­li­che Rege­lung neben dem TzBfG zuläs­sig wäre. Das unter­lie­fe dann tat­säch- lich nicht nur das Sys­tem des TzBfG, son­dern auch das Prin­zip der kon­kur­rie­ren­den Gesetz­ge­bung. Das fol­gert nie­mand aus § 23 TzBfG. Vor­aus­set­zung für die Zuläs­sig- keit einer Befris­tungs­norm neben dem TzBfG ist – und das hat auch das BAG deut­lich gemacht34 – ‚dass jene mit ent­spre­chen­der Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz erlas­sen wor- den ist.

Zugleich liegt § 23 TzBfG damit die Annah­me zu- grun­de, dass durch das TzBfG kei­ne abschlie­ßen­de Re- gelung getrof­fen wird. Das wird nach Ansicht des BAG

  1. 29  Für Juni­or­pro­fes­so­ren: Löwisch, Die Ablö­sung der Befris­tungs­be- stim­mun­gen des Hoch­schul­rah­men­ge­set­zes durch das Wis­sen- schafts­zeit­ver­trags­ge­setz, NZA 2007, 479, 480; anders aber für Hoch­schul­pro­fes­so­ren: Hartmer/Detmer/Löwisch/Wertheimer, Hoch­schul­recht (2004), S 330; Löwisch/Wertheimer/Zimmermann, Die Befris­tung der Dienst- und Arbeits­ver­hält­nis­se von Pro­fes­so- ren im Fal­le der Erst­be­ru­fung, WissR 2001, 28, 49.
  2. 30  Preis, WissZeitVG (2008), § 1 Rn 33; KR/Tre­ber, 10. Aufl (2013), § 1 WissZeitVG Rn 50.
  3. 31  Lenk, Die befris­te­te Pro­fes­sur im Ange­stell­ten­ver­hält­nis an staatli-

durch die Ent­ste­hungs­ge­schich­te des TzBfG deutlich.35 Expli­zit nicht ein­be­zo­gen wor­den sei­en die bereichs­spe- zifi­schen Aus­nah­men des HRG und der befris­tet Be- schäf­tig­ten an Forschungseinrichtungen.36 Aber auch das WissZeitVG ist – wie gese­hen – nicht abschlie­ßend, gilt es doch ins­be­son­de­re nicht für Hoch­schul­pro­fes­so- ren. Damit zeigt die­ses Zusam­men­spiel aus TzBfG und WissZeitVG, dass der Bund sei­ne Gesetz­ge­bungs- kom­pe­tenz für die Befris­tung der Arbeits­ver­hält­nis­se ange­stell­ter Hoch­schul­pro­fes­so­ren nicht abschlie­ßend aus­ge­übt hat.

Der Ein­wand, auch Hoch­schul­leh­rer sei­en Arbeit- neh­mer im Sin­ne des TzBfG und des­halb nach jenen Vor­schrif­ten befris­tet anzu­stel­len, wes­halb das TzBfG abschlie­ßend sei, ver­mengt den Anwen­dungs­be­reich ei- nes Geset­zes mit der abschlie­ßen­den Wahr­neh­mung ei- ner Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz. Dass Hoch­schul­leh­rer von dem per­sön­li­chen Anwen­dungs­be­reich des TzBfG erfasst sind, ist ein­deu­tig. § 3 Abs. 1 Satz 1 TzBfG kennt kei­ne Aus­nah­me. Damit ist aber nichts dar­über gesagt, ob das TzBfG für Hoch­schul­leh­rer abschlie­ßend ist oder ob den Län­dern nicht die Mög­lich­keit bleibt, zusätz­li­che Befris­tungs­tat­be­stän­de zu schaf­fen. Das TzBfG ist nicht schon des­halb abschlie­ßend, weil sein per­so­nel­ler An- wen­dungs­be­reich auch Hoch­schul­leh­rer erfasst. Ande- res wider­sprä­che dem in den bereits zitier­ten Gesetz­ge- bungsmaterialien37 zum Aus­druck kom­men­den gesetz- gebe­ri­schen Wil­len. Doch auf die­sen kommt es an, wie auch das BVerfG expli­zit auf die Gesetz­ge­bungs­ma­te­ria- lien bzw. den dar­an „ables­ba­ren objek­ti­vier­ten Wil­len des Gesetz­ge­bers“ abstellt, wenn der Geset­zes­wort­laut nicht ein­deu­tig ist.38 Der Geset­zes­wort­laut der bun­des- recht­li­chen Befris­tungs­vor­schrif­ten passt nicht ein­deu­tig zu dem Wil­len, der in den Gesetz­ge­bungs­ma­te­ria­li­en zum Aus­druck kommt, da einer­seits dem Lan­des­ge­setz- geber Rege­lungs­mög­lich­kei­ten für Hoch­schul­leh­rer be- las­sen wer­den soll­ten, ande­rer­seits aus­drück­li­che Be- reichs­aus­nah­men im TzBfG aus­ge­blie­ben sind und § 3 TzBfG kei­ne Dif­fe­ren­zie­run­gen zwi­schen Arbeit­neh- mern vor­nimmt. Immer­hin „ins­be­son­de­re“ in § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG ist ein star­kes Indiz gegen eine abschließen-

chen und staat­lich aner­kann­ten Hoch­schu­len, WissR 2009, 50, 56. 32 LAG Thü­rin­gen 10.5.2011 – 7 Sa 300/10 – juris Rn 22.
33 Schneider/Schnapp, Logik für Juris­ten, 6. Aufl (2006), S 242 mwN. 34 BAG 11.9.2013 – 7 AZR 843/11 – NZA 2013, 1352, 1355 f.
35 BAG 11.9.2013 – 7 AZR 843/11 – NZA 2013, 1352, 1356.
36 BAG 11.9.2013 – 7 AZR 843/11 – NZA 2013, 1352, 1356 mit

Ver­weis auf den Geset­zes­ent­wurf: BT-Drs 14/4374 S 14.
37 BT-Drs 14/4374 S 14.
38 BVerfG 10.2.2004 – 2 BvR 834/02 und 1588/02 – NJW 2004, 750,

755.

Dom­mer­muth-Alhäu­ser · Lan­des­ge­set­ze zur Befris­tung ange­stell­ter Hoch­schul­pro­fes­so­ren 9 3

de Rege­lung durch das TzBfG. Die Gesetz­ge­bungs­ma­te- ria­li­en des TzBfG gera­de in Zusam­men­spiel mit jenen des WissZeitVG zei­gen, dass ers­te­res nicht abschlie­ßend sein soll­te: Aus dem TzBfG wur­de das Hoch­schul­rah- men­recht und beim WissZeitVG das Recht, Befris­tungs- tat­be­stän­de für Juni­or­pro­fes­su­ren zu schaf­fen, aus­ge- klammert.39

Dem wird ent­ge­gen­ge­hal­ten, dass der Anwen­dungs- bereich des TzBfG durch die Begrün­dung eines ande­ren Geset­zes nicht geän­dert wer­den könnte.40 Die Aus­sa­ge an sich ist zwar rich­tig. Trotz­dem greift der Ein­wand nicht. Denn das WissZeitVG bzw. des­sen Gesetz­ge- bungs­ma­te­ria­li­en ändern den Anwen­dungs­be­reich des TzBfG nicht. Viel­mehr wird durch das WissZeitVG deut­lich, auf wel­chem Gebiet der Bun­des­ge­setz­ge­ber mit dem TzBfG von Anfang an von sei­ner Gesetz­ge­bungs- kom­pe­tenz nicht abschlie­ßend Gebrauch gemacht hat: auf dem Gebiet der Befris­tung von Hoch­schul­per­so­nal. Indem das WissZeitVG in einem zwei­ten Schritt Hoch- schul­leh­rer von sei­nem per­sön­li­chen Anwen­dungs­be- reich aus­nimmt, führt das nicht etwa zu der allei­ni­gen Anwend­bar­keit des TzBfG, son­dern zeigt schlicht, dass der Bun­des­ge­setz­ge­ber inso­weit sei­ne Gesetz­ge­bungs- kom­pe­tenz nicht wahr­ge­nom­men hat. Inso­fern ist nicht der Anwen­dungs­be­reich des TzBfG durch die Geset­zes- begrün­dung des WissZeitVG ver­klei­nert, son­dern ledig- lich klar­ge­stellt worden.

Die ver­blei­ben­de Rege­lungs­mög­lich­keit der Län­der für Hoch­schul­leh­rer ergibt sich auch aus einem wei­te­ren in den Gesetz­ge­bungs­ma­te­ria­li­en erwähn­ten Grund. Aus­drück­lich soll­te mit dem TzBfG der all­ge­mei­ne Teil des Befris­tungs­rechts gere­gelt wer­den, wobei ins­be­son- dere das Schrift­form­erfor­der­nis und die Fol­gen unwirk- samer Befris­tun­gen in den Gesetz­ge­bungs­ma­te­ria­li­en genannt sind.41 Eben­falls wer­den Bereichs­aus­nah­men genannt, die das TzBfG nicht regeln soll, so zum Bei­spiel das Hochschulrahmengesetz.42 Das zeigt nicht nur den Unwil­len des Gesetz­ge­bers, die Befris­tung der Arbeits- ver­hält­nis­se des gesam­ten Hoch­schul­per­so­nals absch­lie- ßend zu regeln, son­dern gleich­zei­tig den Wil­len, ab- schlie­ßend nur einen all­ge­mei­nen Teil des Befris­tungs- rechts und eben kei­ne abschlie­ßen­de Rege­lung der Be- fris­tungs­tat­be­stän­de zu schaffen.

  1. 39  So Fn 36 und Fn 28.
  2. 40  Preis, WissZeitVG (2008), § 1 Rn 33.
  3. 41  BT-Drs 14/4374 S 14.
  4. 42  BT-Drs 14/4374 S 14.
  5. 43  ZB Art 8 BayHSchPG (Bay­ern) und § 63 HSG (Schles­wig-Hol-stein).

3. Fol­ge­rung: Gleich­zei­ti­ge Anwend­bar­keit von TzBfG und Landesrecht?

a) Reich­wei­te der Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz der Länder

Den Län­dern ver­bleibt eine Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz aller­dings nur, soweit das TzBfG nicht abschlie­ßend ist i.S.d. Art. 72 Abs. 1 GG. Das ermög­licht nur die Schaf- fung von Befris­tungs­tat­be­stän­den, nicht aber ein lan­des- recht­li­ches Befris­tungs­re­gime. Vom all­ge­mei­nen Befris- tungs­recht (Schrift­form­ge­bot) kön­nen die Län­der nicht abwei­chen. Nur der mate­ri­el­le Aspekt der Befris­tung, d.h. die Schaf­fung von Befris­tungs­tat­be­stän­den im Bereich des Hoch­schul­rechts wur­de nicht abschlie­ßend durch das TzBfG geregelt.

b) Kon­kur­renz zwi­schen TzBfG und Landesrecht

Aus dem zuvor Gesag­ten folgt nicht, dass die Befris- tungs­tat­be­stän­de des § 14 TzBfG für die Befris­tung ange- stell­ter Hoch­schul­pro­fes­so­ren nicht anwend­bar wären. Dafür bie­tet das TzBfG kei­nen Anhalts­punkt. § 3 Abs. 1 Satz 1 TzBfG regelt, wann ein Arbeit­neh­mer befris­tet beschäf­tigt ist. Etwa­ige Bereichs­aus­nah­men für Hoch- schul­leh­rer ent­hält § 3 TzBfG eben­so wenig wie § 14 TzBfG. Dar­aus folgt, dass das TzBfG, ins­be­son­de­re also auch die Befris­tungs­tat­be­stän­de des § 14 TzBfG grund­sätz­lich neben den lan­des­recht­li­chen Vor­schrif­ten anwend­bar sind. Im Wege der Spe­zia­li­tät (lex spe­cia­lis dero­gat legi gene­ra­li) ver­drän­gen die Befris­tungs­tat­be- stän­de der Lan­des­hoch­schul­ge­set­ze jene des § 14 TzBfG auch nicht; selbst dort nicht, wo der Lan­des­ge­setz­ge­ber ein Son­der­be­fris­tungs­recht geschaf­fen und eine Befris- tung nicht nur dem Grun­de nach43 für zuläs­sig erklärt hat.44 Im letz­te­ren Fall gibt es schon kein spe­zi­el­le­res Gesetz, das ein gene­rel­les ver­drän­gen könn­te. Die Befris- tungs­tat­be­stän­de des TzBfG sind also unmit­tel­bar anwend­bar, wenn die Län­der eine Befris­tungs­mög­lich- keit nur dem Grun­de nach regeln.45

Aber auch wenn die Befris­tungs­tat­be­stän­de expli­zit durch den Lan­des­ge­setz­ge­ber gere­gelt sind, ver­drän­gen sie nicht die Befris­tungs­tat­be­stän­de des § 14 TzBfG. Die Geset­zes­kon­kur­renz, die es für die Anwen­dung des Spe- zia­li­täts­grund­sat­zes bedarf, besteht zwi­schen TzBfG und den Befris­tungs­tat­be­stän­den der Landeshochschulgeset-

44 45

Dies bejaht Lenk, Die befris­te­te Pro­fes­sur im Ange­stell­ten­ver­hält- nis an staat­li­chen und staat­lich aner­kann­ten Hoch­schu­len, WissR 2009, 50, 68 mwN.
Lenk, Die befris­te­te Pro­fes­sur im Ange­stell­ten­ver­hält­nis an staat- lichen und staat­lich aner­kann­ten Hoch­schu­len, WissR 2009, 50, 68 f.

94 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 2 (2014), 89–96

ze nicht. Zweck der Son­der­be­fris­tungs­tat­be­stän­de für Hoch­schul­leh­rer ist es, zusätz­li­che Tat­be­stän­de gera­de für die Befris­tung ange­stell­ter Hoch­schul­leh­rer zu schaf- fen. Zweck eines spe­zi­fisch auf Hoch­schul­leh­rer zuge- schnit­te­nen Befris­tungs­tat­be­stan­des ist es nicht, eine Be- fris­tung z.B. wegen Ver­tre­tung (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG) zu ver­hin­dern. Daher ist das TzBfG direkt ne- ben Befris­tungs­vor­schrif­ten aus den Hoch­schul­ge­set­zen anwend­bar, ohne dass es einer ent­spre­chen­den Anord- nung bedürf­te, wie sie in § 1 Abs. 2 WissZeitVG getrof­fen wird.46

Schaf­fen die Län­der also eige­ne Befris­tungs­tat­be­stän- de in ihren jewei­li­gen Hoch­schul­ge­set­zen, kann dane­ben auch hin­sicht­lich der Befris­tungs­tat­be­stän­de auf das TzBfG zurück­ge­grif­fen wer­den. Es muss sogar auf das TzBfG zurück­ge­grif­fen wer­den, soweit das Lan­des- gesetz die Befris­tung nur dem Grun­de nach für zuläs­sig erklärt und soweit das Lan­des­recht kei­ne Rege­lun­gen tref­fen durf­te, d.h. hin­sicht­lich des all­ge­mei­nen Teils des TzBfG.47

III. Ent­schei­dungs- bzw. Norm­ver­wer­fungs­kom­pe- tenz der Fachgerichte

Die Beru­fungs­ent­schei­dung des LAG Thü­rin­gen macht es not­wen­dig, auf einen ande­ren Aspekt ein­zu­ge­hen: Das LAG Thü­rin­gen hat § 50 ThürHG selbst als ver­fas­sungs- wid­rig ver­wor­fen, ohne das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG anzurufen.

1. Grund­re­gel und Aus­nah­me von der Pflicht zur Rich- tervorlage

Ein Gericht hat nach Art. 100 Abs. 1 GG eine kon­kre­te Nor­men­kon­trol­le ein­zu­lei­ten, wenn es der Ansicht ist, ein Lan­des­ge­setz ver­sto­ße gegen die maß­geb­li­che Lan- des­ver­fas­sung oder das Grund­ge­setz. Letz­te­res gilt nur, wenn das jewei­li­ge Lan­des­ge­setz jün­ger ist als das Bun- des­ge­setz, da der Lan­des­ge­setz­ge­ber nur in die­sem Fall höher­ran­gi­ges Recht miss­ach­tet haben kann.48 Die kon- kre­te Nor­men­kon­trol­le soll inso­fern die Auto­ri­tät des Bun­des­ge­setz­ge­bers schüt­zen. Ist das Lan­des­ge­setz älter als das Bun­des­ge­setz, kommt auch den Fachgerichten

  1. 46  AA: Lenk, Die befris­te­te Pro­fes­sur im Ange­stell­ten­ver­hält­nis an staat­li­chen und staat­lich aner­kann­ten Hoch­schu­len, WissR 2009, 50, 68 f.
  2. 47  Lenk, Die befris­te­te Pro­fes­sur im Ange­stell­ten­ver­hält­nis an staat- lichen und staat­lich aner­kann­ten Hoch­schu­len, WissR 2009, 50, 68 mwN.
  3. 48  BVerfG 6.10.1959 – 1 BvL 13/58 – NJW 1959, 2108; Maunz/ Dürig/Maunz, GG, (1971), Art 100 Rn 12 f; v. Mangoldt/Klein/ Starck/Sieck­mann, GG, 6. Aufl (2010), Art 100 Rn 26.
  4. 49  Maunz/Dürig/Maunz, GG, (1971), Art 100 Rn 12.
  5. 50  LAG Thü­rin­gen 10.5.2011 – 7 Sa 300/10 – juris Rn 19.

nach dem „lex-pos­te­ri­or-Prin­zip“ die Kom­pe­tenz zu, eine Lan­des­norm wegen Ver­sto­ßes gegen jün­ge­res Bun- des­recht für unwirk­sam zu erklä­ren. Eine Zustän­dig­keit des BVerfG besteht hier nicht.49

Soll­te also ein Gericht – wie das LAG Thü­rin­gen – den Län­dern die Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz für Befris- tungs­tat­be­stän­de ange­stell­ter Hoch­schul­leh­rer absp­re- chen wol­len, hat es eine kon­kre­te Nor­men­kon­trol­le beim BVerfG zu bean­tra­gen, sofern das jewei­li­ge Hoch­schul- gesetz jün­ger ist als das Gesetz, das nach Ansicht des Ge- richts die Sperr­wir­kung aus­löst – im Fall des LAG Thü- rin­gen also das TzBfG.

2. Miss­ach­tung der Vor­la­ge­pflicht durch das LAG Thü- ringen

Die­se Pflicht hat das LAG Thü­rin­gen nicht gese­hen und statt­des­sen selbst § 50 ThürHG die Ver­ein­bar­keit mit dem Grund­ge­setz unter Ver­weis auf Art. 31 GG abgesprochen.50 Das ist gleich aus drei Grün­den falsch:

Zunächst ist die vom LAG gewähl­te For­mu­lie­rung falsch, wonach Art. 31 GG die Lan­des­kom­pe­tenz „gesperrt“ habe. Denn das BVerfG geht bei einer Nor­men­kol­li­si­on von ein­fa­chem Lan­des­recht mit Bun­des­recht i.d.R.51 von der Nich­tig­keit des Lan­des­rechts aus.52

Zwei­tens kommt es hier­auf nicht an: Art. 31 GG ist nicht die ein­schlä­gi­ge Norm und wäre es auch dann nicht, wenn man der Ansicht des LAG Thü­rin­gen folg­te. Art. 31 GG kommtnur­bei­ei­ner­Kol­li­si­on­von­Bun­des­recht­mit­Lan- des­recht zur Anwen­dung, wenn bei­de Geset­ze kom­pe­tenz- gemäß zustan­de gekom­men sind und dem jewei­li­gen Ge- setz­ge­ber noch immer die Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz zu- steht.53 Ansons­ten bedarf es der Anord­nung „Bun­des­recht bricht Lan­des­recht“ nicht. Denn die Nor­men über die Ge- setz­ge­bungs­zu­stän­dig­kei­ten sind vor­ran­gig gegen­über der Kol­li­si­ons­re­ge­lung des Art. 31 GG, so dass der Ver­fas­sungs- ver­stoß und damit die Nich­tig­keit sich allen­falls aus den Art. 70 ff. GG ergibt, nicht aus Art. 31 GG. Die­ses Vor­rang- verhältnis54 hat das LAG Thü­rin­gen verkannt.

Drit­tens hät­te das LAG Thü­rin­gen in der Sache nicht ent­schei­den dür­fen, denn das TzBfG wur­de am 21.12.2000 verkündet.55 Die ent­schei­den­de Ände­rung des § 50 ThürHG wur­de am 24.4.2003 ver­kün­det – das ist

51 Nich­tig­keit ist die Regel, in Betracht kommt aber auch die blo­ße Unver­ein­bar­er­klä­rung mit dem Grund­ge­setz: BVerfG 10.2.2004 – 2 BvR 834/02 und 1588/02 – NJW 2004, 750, 757.

52 BVerfG 30.7.2008 – 1 BvR 402/08 – NJW 2008, 2409, 2411.
53 Dreier/ders, GG, 2. Aufl (2006), Art. 31 Rn 19; Sachs/Huber, GG,

6. Aufl (2011), Art 31 Rn 15.
54 Epping/Hillgruber/Hel­ler­mann, GG, 2. Aufl (2013), Art 31

Rn 5.1.
55 Epping/Hillgruber/Hel­ler­mann, GG, 2. Aufl (2013), Art 31

Rn 5.1.

Dom­mer­muth-Alhäu­ser · Lan­des­ge­set­ze zur Befris­tung ange­stell­ter Hoch­schul­pro­fes­so­ren 9 5

der rele­van­te Anknüpfungspunkt,56 um zu bestim­men, wel­ches der Geset­ze jün­ger ist. Die Neu­fas­sung ist der maß­geb­li­che Zeit­punkt, da der Lan­des­ge­setz­ge­ber mit die­ser sei­nen (Bestätigungs-)Willen deut­lich gemacht hat,57 einen Tat­be­stand für die Befris­tung der Arbeits- ver­hält­nis­se von Hoch­schul­pro­fes­so­ren schaf­fen bzw. bei­be­hal­ten zu wol­len. Das zeigt schon der dazu­ge­hö­ri­ge Regie­rungs­ent­wurf zur Ände­rung des Hoch­schul­ge­set- zes, der sich inten­siv mit Befris­tungs­mög­lich­kei­ten für Hoch­schul­leh­rer aus­ein­an­der setzt.58

Wür­de das TzBfG also tat­säch­lich eine Sperr­wir­kung ent­fal­ten, hät­te der Lan­des­ge­setz­ge­ber schon im Zeit- punkt der Ver­kün­dung (24.4.2003) der Ände­rung des § 50 ThürHG kei­ne Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz gehabt. Hier­über zu ent­schei­den, oblag nicht dem LAG Thü­rin- gen, son­dern allein dem BVerfG. Jedes Gericht, nicht nur ein letzt­in­stanz­li­ches, hat die Pflicht,59 eine kon­kre­te Nor­men­kon­trol­le ein­zu­lei­ten, wenn es Bun­des­recht oder Lan­des­recht für mit dem Grund­ge­setz nicht ver­ein­bar hält gem. Art. 100 Abs. 1 GG.60 Das LAG Thü­rin­gen hat den Par­tei­en damit ihren gesetz­li­chen Rich­ter im Sin­ne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ent­zo­gen. Allein im umge- kehr­ten Fall, d.h. wenn § 50 ThürHG bereits in Kraft ge- wesen wäre, bevor das TzBfG in Kraft trat, also das Lan- des­recht zunächst kom­pe­tenz­recht­lich zuläs­sig und erst spä­ter gesperrt wor­den wäre, hät­te es dem Gericht oble- gen, selbst über die Sperr­wir­kung zu entscheiden.61

IV. Zusam­men­fas­sung und Ausblick

Die Ent­schei­dung des BAG ist Richt­schnur für künf­ti­ge Befris­tungs­kon­troll­kla­gen ange­stell­ter Hoch­schul­pro­fes- soren. Die Befris­tun­gen wer­den nicht an einem man- geln­den Befris­tungs­tat­be­stand schei­tern, wenn die Bun- des­län­der einen sol­chen in ihren Hoch­schul­ge­set­zen haben62 und die Vor­aus­set­zun­gen des jewei­li­gen Tatbe-

  1. 56  Auch das BAG stellt für die Fra­ge der Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz allein auf den Zeit­punkt der Neu­fas­sung des § 50 ThürHG ab, BAG 11.9.2013 – 7 AZR 843/11 – NZA 2013, 1352, 1354.
  2. 57  Zu der ver­gleich­ba­ren Pro­ble­ma­tik bei (ursprüng­lich) vor­kon­sti- tutio­nel­lem Recht: v. Mangoldt/Klein/Starck/Sieck­mann, GG, 6. Aufl (2010), Art 100 Rn 28 f; v. Münch/Kunig/Mey­er, GG 6. Aufl (2012), Art 100 Rn 18; Maunz/Dürig/Maunz, GG, (1971), Art 100 Rn 14 ff.
  3. 58  Thür-LT-Drs 3/2847, S 28 ff.
  4. 59  V. Mangoldt/Klein/Starck/Sieck­mann, GG, 6. Aufl (2010), Art 100

stan­des erfüllt sind. Dem BAG ist dar­in zuzu­stim­men, dass der Bund mit TzBfG, HRG und jetzt WissZeitVG das Befris­tungs­recht nicht abschlie­ßend regeln woll­te. Den Län­dern ver­bleibt die Kom­pe­tenz, eige­ne Befris- tungs­tat­be­stän­de für Hoch­schul­leh­rer, aber auch nur für Hoch­schul­leh­rer zu schaf­fen. Nur inso­weit sind TzBfG und WissZeitVG nicht abschlie­ßend im Sin­ne des Art. 72 Abs. 1 GG.

Ein Rück­griff auf das TzBfG als all­ge­mei­nen Teil des Befris­tungs­rechts ist neben einem lan­des­recht­li­chen Son­der­be­fris­tungs­tat­be­stand not­wen­dig, da das TzBfG in sei­nem all­ge­mei­nen Teil abschlie­ßend ist, eine lan­des- recht­li­che Rege­lung mit­hin gesperrt wäre.

Bei Hoch­schul­ge­set­zen, die eine wie­der­hol­te Befris- tung der Arbeits­ver­hält­nis­se ange­stell­ter Hoch­schul­leh- rer zulas­sen, kann sich zusätz­lich die Fra­ge nach der Uni­ons­rechts­wid­rig­keit der ent­spre­chen­den Hoch­schul- geset­ze stel­len. Das BAG hat das im obiter dic­tum ange- deutet.63

Hält ein Fach­ge­richt das Lan­des­ge­setz, auf das eine Befris­tung gestützt ist, ent­ge­gen der hier ver­tre­te­nen An- sicht für ver­fas­sungs­wid­rig, hat es von der Rich­ter­vor­la- ge nach Art. 100 Abs. 1 GG Gebrauch zu machen, sofern nicht das Lan­des­recht älter ist als das ver­meint­lich sper- ren­de Bundesgesetz.

Bei mög­li­cher­wei­se uni­ons­rechts­wid­ri­gen Hoch­schul- geset­zen ist vor allem für Instanz­ge­rich­te auf die Mög­lich- keit des Art. 267 Abs. 2 AEUV hin­zu­wei­sen, durch die rela­tiv zügig Rechts­si­cher­heit erlangt und Indi­vi­du­al- rechts­schutz gewährt wer­den kann.64

Der Autor ist wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter am Lehr- stuhl für Arbeits­recht und Bür­ger­li­ches Recht (Prof. Dr. Vol­ker Rieb­le) am Zen­trum für Arbeits­be­zie­hun­gen und Arbeits­recht (ZAAR) an der Lud­wig-Maxi­mi­li­ans- Uni­ver­si­tät Mün­chen (LMU).

Rn 7.
60 Dreier/Wie­land, GG, 2. Aufl (2008), Art 100 Rn 9; Maunz/Dürig/

Maunz, GG, (1971), Art 100 Rn 30.
61 So unter III.1.
62 So Fn 4.
63 BAG 11.9.2013 – 7 AZR 843/11 – NZA 2013, 1352, 1356; See­ger,

Anmer­kung zu BAG 11.9.2013 – 7 AZR 843/11 – ArbR 2013, 600. 64 Latzel/Streinz, Das rich­ti­ge Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen, NJOZ

2013, 97, 98; Zusam­men­fas­sung in NJW 2013, 271.

96 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 2 (2014), 89–96