I. Einführung
Der „Master of Laws“ (LL.M.) erfreut sich als Postgradu- ierten-Abschluss großer Beliebtheit bei Juristinnen und Juristen. Ein LL.M.-Studium im Ausland kann den Erwerb spezialisierter Rechts- und Sprachkenntnisse fördern und bietet die Möglichkeit, interkulturelle Kom- petenz sowie ein internationales Netzwerk aufzubauen.
Wenige deutsche Studierende absolvieren einen LL.M.-Studiengang in Japan. Dabei stellt das Land als drittgrößte1 Wirtschaftsnation weltweit und wichtiger Handelspartner Deutschlands ein interessantes Ziel für deutsche Absolventinnen und Absolventen dar. Beide Länder verbindet ein intensiver wirtschaftlicher, kultu- reller und wissenschaftlicher Austausch. Für Juristinnen und Juristen lohnt sich eine Beschäftigung mit dem Recht Japans, welches durch eine umfassende Rezeption deutschen Zivilrechts2 geprägt ist. Darüber hinaus ist der Erwerb fortgeschrittener japanischer Sprachkenntnisse wohl nur durch einen längeren Aufenthalt im Land zu bewältigen, wofür sich ein LL.M.-Studium besonders eignet.
Während viele japanische Universitäten juristische Magisterstudiengänge in der Landessprache anbieten, so ist die Zahl englischsprachiger Programme noch gering. Diese werden aktuell von der Universität Nagoya3, der Universität Kyûshû4 und der Temple University5 angebo- ten. Im Folgenden soll auf das Angebot der Universität Nagoya eingegangen werden.
Die Universität Nagoya nahm ihren Anfang im Jahr 1871 als Schule für Medizin, welche 1931 den Status einer Hochschule erhielt um dann 1939 als medizinische Fa- kultät in die neu gegründete Kaiserliche Universität Na- goya aufzugehen. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es
- 1 Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch 2014, S. 653.
- 2 Rahn, Rechtsdenken und Rechtsauffassung in Japan, 1990, S. 113.
- 3 LL.M. (Comparative Law) in Law and Political Science, Univer-sität Nagoya, Nagoya, http://law.nagoya‑u.ac.jp/en/programs/(15.8.2015).
- 4 LL.M. in International Economic and Business Law, UniversitätKyûshû, Fukuoka, http://www.law.kyushu‑u.ac.jp/~iebl/ (15.8.2015) – s. auch Bauer, LL.M. Studium „International Economics and Business Law“ (IEBL) an der Universität Kyûshû, Japan, im Studienjahr 2013/2014, ZJapanR 38 (2014), S. 293; Wrbka, LL.M.-Studium ander Universtität Kyushu, ZJapanR 19 (2005), S. 297; Elben, LL.M. Programm an der Universität Kyushu (Fukuoka), ZJapanR 7 (1999), S. 204; Prüfer, Bericht über das LL.M. Programm der Universität Kyushu, ZJapanR 1 (1995), S.127.
zu mehreren Zusammenlegungen, aus denen 1949 die heutige Universität Nagoya hervorging. Heute gehört die Universität zu den renommiertesten Hochschulen Ja- pans und belegt regelmäßig Spitzenplätze in Rankings.6 Über 16.000 Studierende, davon etwa ein Zehntel aus dem Ausland, lernen an neun Fakultäten und vierzehn Graduiertenschulen.7 Fünf Nobelpreisträger stammen aus den Reihen der Universität.8
Fast alle Einrichtungen der Universität befinden sich auf dem weitläufigen Higashiyama-Campus im Osten der Stadt Nagoya. Die Stadt formt mit über 2,2 Millionen Einwohnern den Kern der nach Tokio und Osaka dritt- größten Metropolregion Japans. Nagoya ist die Haupt- stadt der Präfektur Aichi im Zentrum der japanischen Hauptinsel Honshû und bietet durch seine zentrale Lage einfachen Zugang nach Tokio, Osaka und Kyoto.
II. Das Studium
Die Graduiertenschule für Rechtswissenschaft der Uni- versität Nagoya bietet jeweils vier Magister- und Promo- tionsstudiengänge an. Hiervon werden der zweijährige „LL.M. (Comparative Law) in Law and Political Science“ sowie der dreijährige „LL.D. (Comparative Law) in Law and Political Science“ in englischer Sprache angeboten. Im Folgenden soll vor allem auf die Anforderungen des LL.M.-Studiums eingegangen werden.
1. Bewerbung und Finanzierung
a) Bewerbungsprozess
Die Universität Nagoya nimmt jährlich 35 LL.M.-Studenten auf, wobei zwanzig Studienplätze für Stipendiaten der japanischen Regierung9 vorgesehen
5 LL.M. in U.S. Law/LL.M. in Transnational Law, Beasley School of Law, Temple University, Tokio, http://www.tuj.ac.jp/law/programs/ llm-programs.html (15.8.2015).
6 Shanghai Jiao Tong Universität, Academic Ranking of World Uni- versities 2014, Japan, http://www.shanghairanking.com/World- University-Rankings-2014/Japan.html (15.8.2015).
7 2014 waren insgesamt 16.574 Studierende, darunter 1.791 inter- nationale Studierende, an der Universität eingeschrieben, s. Uni- versität Nagoya, Nagoya University Factbook 2014, S. 6 ff. http:// en.nagoya‑u.ac.jp/about_nu/upload_images/factbook2014_en.pdf.
8 Universität Nagoya, World Class Researchers, http://en.nagoya‑u. ac.jp/people/nobel/ (15.8.2015).
9 Dazu s. unten b) bb), S. 59.
Benjamin Rätz
LL.M. in Japan: Graduiertenstudium an der Universität Nagoya
Ordnung der Wissenschaft 2016, ISSN 2197–9197
58 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2016), 57–62
sind. Der Bewerbungsprozess ist vor allem geprägt durch den Anspruch an potentielle Kandidaten, ein zweijähri- ges Graduiertenstudium sowie die Erstellung einer Mas- ter-Arbeit erfolgreich bewältigen zu können. Daher wird einerseits der Nachweis ausreichender Sprachkenntnisse und andererseits ein bereits im Zeitpunkt der Bewer- bung konkretisierter Forschungsplan gefordert.
aa) Für einen Nachweis hinreichender Sprachkennt- nisse genügt das von der Universität bereitgestellte For- mular10, welches von einem Sprachprüfer oder einer sonst qualifizierten Person auszufüllen ist. International anerkannte Sprachzertifikate, etwa TOEFL oder IELTS, können ebenfalls eingereicht werden. Für das erforderli- che Sprachniveau ist von etwa 80 Punkten im TOEFL- ibT-Test sowie von 6 im IELTS-Test auszugehen.
bb) Den Kern der Bewerbung bildet der Forschungs- plan. Es mag fraglich erscheinen, ob ein solcher vor Be- ginn des eigentlichen Studiums zielführend für eine er- folgreiche Master-Arbeit zum Studienende ist. Dennoch wird bei der Auswahl erfolgreicher Kandidaten besonde- res Augenmerk auf den Forschungsplan gelegt, da dieser Hinweise auf die sprachliche sowie akademische Kom- petenz der Kandidaten geben soll. Unter Benutzung des von der Universität bereitgestellten Formulars teilt sich der Forschungsplan in zwei Abschnitte auf. Zunächst ist eine allgemeine Beschreibung des Hintergrunds sowie der akademischen Eignung der Bewerber einzureichen. Im Anschluss wird eine detaillierte Darstellung des er- strebten Forschungsthemas verlangt. Insgesamt ist hier- bei ein Umfang von jeweils 1.500 Wörtern nicht zu überschreiten.
cc) Weiterhin erfordert die Bewerbung ein Empfeh- lungsschreiben in englischer oder japanischer Sprache sowie die allgemein üblichen Abschlusszeugnisse und Notenübersichten.
dd) Für eine erfolgreiche Bewerbung wird schließlich die frühe Kontaktaufnahme mit einem Mitglied des Pro- fessorenkollegiums der juristischen Fakultät nahegelegt.
- 10 Abrufbar unter http://www.law.nagoya‑u.ac.jp/en/admissions/ llm-applications/ (15.8.2015).
- 11 Inhaber eines Studienvisums können eine Sondererlaubnis zur Aufnahme einer Nebentätigkeit beantragen, vgl. Japanisches Amt für Immigration, Residence Procedures for Foreign Natio-
nals, http://www.immi-moj.go.jp/english/tetuduki/index.html (15.8.2015). - 12 Deutsche Industrie- und Handelskammer in Japan, Konten und
Da sämtliche Studierenden während ihres gesamten Aufenthaltes durch eine Professorin oder einen Profes- sor betreut werden, ist der frühe Beginn eines fachlichen Austauschs lohnenswert.
ee) Ist der Bewerbungsprozess erfolgreich verlaufen, werden die Studierenden zunächst als sogenannte For- schungsstudierende in die juristische Fakultät aufge- nommen. Forschungsstudierende verbringen ein erstes Semester mit der Vorbereitung auf die vor Ort stattfin- dende LL.M.-Aufnahmeprüfung sowie mit der Teilnah- me an japanischen Sprachkursen. Die Aufnahmeprü- fung selbst besteht für das englischsprachige Programm aus einer erneuten Einreichung eines Forschungsplans sowie einem Aufnahmegespräch mit mehreren Mitglie- dern des Kollegiums. Da an diesem Hindernis kaum ein Kandidat scheitert, ist dieses erste Semester vor allem als Zeit für den Erwerb japanischer Sprachkenntnisse geeignet.
b) Finanzierung
Die größte Hürde für ein Studienvorhaben in Japan dürf- te die Finanzierung darstellen. Mit dem Studium geht eine schon rein zeitlich bedingte, aber auch immigrati- onsrechtliche11 Beschränkung der Arbeitsaufnahme ein- her, sodass oft ein Stipendium oder ein Studienkredit herangezogen werden muss. Dabei unterscheidet sich Japan als Studienort nicht von anderen Universitäts- standorten. Zwar hat das Land immer noch den Ruf ver- gleichsweise hoher Lebenshaltungskosten, dieser beruht aber vor allem auf hohen Immobilienpreisen in der Hauptstadt Tokio.12 In Nagoya werden die durchschnitt- lichen monatlichen Lebenshaltungskosten für Studenten auf 110.000 Yen (ca. 800 Euro)13 geschätzt.14
aa) Studiengebühren: Bei der Bewerbung an der Uni- versität Nagoya wird zunächst eine Bewerbungsgebühr von 30.000 Yen (ca. 218 Euro) fällig. Die jährlichen Stu- diengebühren des LL.M.-Programms betragen anschlie- ßend 535.800 Yen (ca. 3.880 Euro). Sofern man der Uni- versität zunächst als Forschungsstudent beitritt, ist eine Semestergebühr von 178.200 Yen (ca. 1.290 Euro) zu ent-
Lebenserhaltungskosten in Japan, http://www.japan.ahk.de/
japan-tipps/leben-in-japan/finanzen/ (15.8.2015).
13 Diese und die nachfolgenden Währungsumrechnungen basieren
auf dem Tageskurs vom 15.8.2015.
14 Nagoya University Graduate School & School of Law, Prospectus
2015, S. 20, abrufbar unter http://www.law.nagoya‑u.ac.jp/en/ programs/prospectus/prospectus-gsl-2015.pdf (15.8.2015).
Rätz · Graduiertenstudium an der Universität Nagoya 5 9
richten. In Ausnahmefällen kann ein Gebührenerlass be- antragt werden, der nach Ermessensgrundsätzen erteilt wird.
bb) Stipendien: Der Großteil der LL.M.-Studierenden finanziert das Studium durch ein Stipendium. Weit ver- breitet ist das für deutsche Interessierte vor allem in Be- tracht kommende Monbukagakushô-Stipendium der ja- panischen Regierung15. Das Stipendium lässt sowohl die Bewerbungs- als auch die Studiengebühren entfallen und deckt die Lebenshaltungskosten ab.16 Eine Stipendi- enbewerbung ist grundsätzlich an die japanische Aus- landsvertretung im Land des gewöhnlichen Aufenthaltes zu richten. In Deutschland stellt die Bewerbung beim Deutschen Akademischen Austauschdienst in Bonn eine notwendige Vorstufe dar.17 Für in Japan Ansässige steht außerdem der Weg über eine direkte Bewerbung beim japanischen Bildungsministerium offen. In jedem Fall ist durch die relativ lange Vorlaufzeit des Bewerbungsver- fahrens eine frühe Planung des Auslandsaufenthaltes ge- boten, da die entsprechenden Fristen weit vor denen der eigentlichen Universitätsbewerbung liegen.
cc) Unterbringung: Neben den gegebenenfalls anfal- lenden Studiengebühren stellen Mietkosten den größten Kostenpunkt dar. Während des ersten Semesters nach AnkunftinJapanstelltdieUniversitäteinZimmerinei- nem Studentenwohnheim zur Verfügung. Im Anschluss sind die Studierenden verpflichtet, selbst eine Wohnung anzumieten. Das Mietniveau in Nagoya entspricht dabei dem vieler deutscher Universitätsstädte. Die Monats- miete für ein Einzelappartement liegt zwischen 40.000 Yen und 50.000 Yen (ca. 290–360 Euro). Eine Kaution fällt zusätzlich an. Das in Japan früher übliche sogenann- te „Schlüsselgeld“, eine bei Einzug zu tätigende, nicht er- stattungsfähige Zahlung an den Vermieter, wird immer seltener verlangt.
2. Studieninhalt
a) Lehrveranstaltungen
Um das LL.M.-Programm erfolgreich abzuschließen, müssen die Studierenden vier Semester an der Universi- tät verbringen, Lehrveranstaltungen im Umfang von 30 Credits absolvieren sowie eine Master-Arbeit schreiben und verteidigen. Die Lehrveranstaltungen finden dabei
- 15 Näheres unter: Botschaft von Japan in Deutschland, Stipendien der japanischen Regierung, http://www.de.emb-japan.go.jp/aus- tausch/stipendien.html (15.8.2015).
- 16 Die Höhe des Stipendiums wurde in den vergangenen Jahren mehrmals angepasst und ist sowohl vom Studierendenstatus (Forschungs‑, Magister- oder Promotionsstudierende) als auch
entweder als Vorlesungen oder als Seminare statt. Die Bewertung von akademischen Leistungen wird dabei wenig einheitlich gehandhabt und basiert vor allem auf Vorträgen und Seminarbeiträgen der Studierenden wäh- rend einer Veranstaltung. Die in englischer Sprache zur Verfügungen stehenden Themen umfassen die Einfüh- rung in das japanische Recht sowie zivil- und öffentlich- rechtliche Schwerpunkte. Neben den regulären Vorle- sungen und Seminaren werden regelmäßig Vortragsver- anstaltungen ausländischer Gastwissenschaftler sowie Seminare zu Spezialthemen angeboten. Eine Spezialisie- rung auf ein bestimmtes Rechtsgebiet lässt sich aller- dings nicht durch eine entsprechende Auswahl an Lehr- veranstaltungen realisieren, da es hierzu an einer ausrei- chend hohen Anzahl von englischsprachigen Angeboten fehlt. Der Besuch japanischsprachiger Vorlesungen und Seminare ist bei entsprechendem Sprachniveau möglich. Durch das vergleichsweise niedrige Credit-Erfordernis lässt sich eine Spezialisierung ohne Weiteres durch selb- ständiges wissenschaftliches Engagement ermöglichen. Von den 30 erforderlichen Credits sind 2 Credits für die Pflichtveranstaltung „Academic Writing I“ sowie 8 Cre- dits für persönliche Tutorials mit der akademischen Betreuerin bzw. dem akademischen Betreuer, in denen der eigene Forschungsfortschritt besprochen wird, vor- gesehen. Dadurch bleiben 20 Credits frei zu verteilen, wobei ein Credit einer Semesterwochenstunde ent- spricht. Das Pensum an hinreichenden Lehrveranstal- tungen ist meist mit Abschluss des zweiten oder dritten Semesters erfüllt, sodass ausreichend Zeit für die Erstel- lung der Master-Arbeit bleibt. Diese ist meist zur Mitte des vierten Semesters in einem Umfang von etwa 20.000 Wörtern einzureichen. Unterstützt werden die Studie- renden dabei von einem „Academic Writing Team“, wel- ches Hilfestellung bei inhaltlichen und sprachlichen Fra- gen bietet.
b) Zusätzliches Engagement
aa) Eigene Forschung: Ein Hauptanreiz des LL.M.-Programms mag in der Flexibilität und dem Frei- raum liegen, der den Studierenden eingeräumt wird. Durch dasvergleichweisegeringeCredit-Erfordernisbleibtgenü- gend Zeit, um eigene Forschungs- und Publikationsinteres- sen zu verfolgen. Dabei werden die Studierenden durch die betreuenden Professorinnen und Professoren unterstützt. Das Betreuungsniveau der LL.M.-Studierenden durch die
vom Universitätsstandort abhängig. Im Jahr 2014 erhielten Stu- dierende eines Magisterstudiengangs an der Universität Nagoya ein monatliches Stipendium von 147.000 Yen (ca. 1.065 Euro).
17 Näheres unter https://www.daad.de/ausland/studieren/stipendi- um/de/70-stipendien-finden-und-bewerben/?detail=50015266 (15.8.2015).
60 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2016), 57–62
Professorenschaft liegt oft wesentlich über dem, was an einer deutschen Hochschule üblich ist. So besteht bei entsprechendem Engagement früh die Möglichkeit, mit entsprechender Förderung an Konferenzen teilzuneh- men und eigene Publikationen zu verfassen. Die persön- liche Diskussion rechtlicher Fragestellungen ist jederzeit möglich und gewünscht. Die besondere Eignung des LL.M.-Programms, eigene Forschung zu ermöglichen, mag insbesondere für Kandidatinnen und Kandidaten interessant sein, die parallel ein Promotionsvorhaben an einer deutschen Universität verfolgen. Dabei stehen den Studierenden die umfangreiche Universitätsbibliothek sowie die Fakultätsbibliothek zur Seite, welche unter anderem mit zahlreichen deutschsprachigen Publikatio- nen bestückt sind.18
bb) Moot Court: Neben dem Besuch regulärer Lehr- veranstaltungen steht den Studierenden die Teilnahme an Moot-Court-Veranstaltungen frei. Die Universität Nagoya nimmt jährlich am renommierten Willem C. Vis (East) International Commercial Arbitration Moot19 in Hong Kong teil, zu dem auch nationale Vorrunden ge- gen andere japanische Universitäten durchgeführt wer- den.20 Darüber hinaus stellt die Universität jährlich ein Team für die Intercollegiate Negotiation Competition21 in Tokio, einem internationalen Wettbewerb in Ver- handlungsführung. Die Teilnahme an solchen Wettbe- werben stellt eine sinnvolle Ergänzung des Auslandsstu- diums dar und eröffnet den Studierenden die Möglich- keit, vertiefte Kenntnisse des Rechts der Schiedsverfah- ren, der Verhandlungsführung und natürlich der englischen Rechtssprache zu erwerben.22
cc) Praktika: Grundsätzlich steht es den Studieren- den frei, Praktika bei Unternehmen, Rechtsanwaltskanz- leien oder sonstigen Stellen zu absolvieren. Durch die re- gelmäßige Zusammenarbeit der Universität mit der To- yota-Unternehmensgruppe werden jährlich mehrere Kurzpraktika in verschiedenen Rechtsabteilungen aus- geschrieben, welche sich zwar auf nur ein bis zwei Wo-
- 18 Die Universitätsbibliothek umfasst über 3.200.000 Bände und 2.300 Zeitschriftentitel. Die Bibliothek der juristischen Fakultät enthält über 243.000 Bände, darunter mehr als 100.000 in aus- ländischen Sprachen, insbesondere Deutsch und Englisch, sowie 940 japanische und 100 ausländische, insbesondere deutsche, Zeitschriftentitel. Auf dem gesamten Universitätscampus sind zahlreiche elektronische Datenbanken zugängig, darunter Beck Online, Juris Online, LexisNexis und Westlaw International.
- 19 Näheres unter http://www.cisgmoot.org (15.8.2015).
- 20 Die Universität Nagoya konnte sich beim letzten Termin im Frühjahr 2015 zwei ehrenvolle Erwähnungen („honourable
chen beschränken, aber vor allem den seltenen Einblick in ein japanisches Unternehmen gewähren sollen. Viele Studierende absolvieren darüber hinaus selbstorgani- sierte Praktika, wobei oft ein Mindestmaß an japani- schen Sprachkenntnissen zu empfehlen ist.23
c) Internationales
Die Universität Nagoya sticht unter den japanischen Universitäten durch die hohe Anzahl ausländischer Stu- dierender heraus. Die Studierenden des englischsprachi- gen LL.M.-Studiengangs kommen fast ausschließlich aus dem Ausland. Die juristische Fakultät unterhält durch das „Center for Asian Legal Exchange“ (CALE) eigene Forschungs- und Ausbildungszentren in Usbekistan, Vietnam, Kambodscha, Myanmar, Indonesien, Laos sowie in der Mongolei, aus denen sich ein Großteil der Studierenden rekrutiert. Weitere signifikante Gruppen kommen aus der Volksrepublik China, Südkorea sowie aus Taiwan. Europäische, Australische oder Nord- und Süd-Amerikanische Studierende finden seltener den Weg nach Nagoya. Dennoch waren im Herbst 2014 ins- gesamt 29 Nationen an der Fakultät vertreten.24 Die Prä- senz von Studierenden aus den unterschiedlichsten Kul- turen Asiens führt zu einem lebhaften Austausch inner- halb der Fakultät und erlaubt europäischen Studierenden eine neue Perspektive auf den eigenen Rechtskreis.
d) Sprachausbildung
Jedem Mitglied des LL.M.-Programms steht die Teilnah- me an einem japanischen Sprachkurs frei. Dieser ist für einen erfolgreichen, langfristigen Aufenthalt in Japan als notwendig anzusehen. Dabei werden sämtliche Sprach- niveaus sowohl in einem Standard-Format von fünf Semesterwochenstunden sowie in einem Intensiv-For- mat von zehn Semesterwochenstunden bedient. Darü- ber hinaus stehen Sprachkurse in anderen asiatischen sowie europäischen Sprachen zur Verfügung.
mentions“) in Hong Kong sowie den ersten Platz unter den japa-
nischen Universitäten sichern.
21 Näheres unter http://www.negocom.jp/eng/ (15.8.2015).
22 Pröstler, Willem C. Vis Moot – mehr als ein Studentenwett-
bewerb, SchiedsVZ 2014, 248; Koch, Prozessrechtslehre aus
Anwaltssicht, JuS 2000, S. 320 (323).
23 Die Deutsch-Japanische Juristenvereinigung (DJJV) e.V. bietet
Hilfestellung bei der Suche nach einem Praktikumsplatz für deutsche Juristinnen und Juristen, vgl. http://djjv.org/Deutsch/ praktika.htm (15.8.2015).
24 Nagoya University Graduate School of Law & School of Law,
Rätz · Graduiertenstudium an der Universität Nagoya 6 1
III. Fazit
Das LL.M.-Studium in Nagoya bietet die bislang noch seltene Möglichkeit, einen englischsprachigen
juristischen Abschluss in Japan zu erwerben. Der rege wirtschaftliche und wissenschaftliche Austausch zwi- schen Deutschland und Japan wird auch in Zukunft den Bedarf an entsprechend qualifizierten Juristinnen und Juristen nicht sinken lassen. Wer an einer solchen Spezi-
alisierung einerseits und der vertieften Beschäftigung mit japanischer Kultur und Sprache andererseits interes- siert ist, dem sei die Ergänzung der deutschen Juristen- ausbildung mit einem japanischen LL.M. der Universität Nagoya dringlichst nahegelegt.
Benjamin Rätz ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Graduiertenschule für Rechtswissenschaft der Universität Nagoya.
62 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2016), 57–62