I. Einleitung
Dass Hochschulen von Professorinnen oder Professoren,
die diese wegen eines von außen erhaltenen Rufs
nach relativ kurzer Zeit wieder verlassen, gewährte Berufungs-
Leistungsbezüge zurückverlangen, ist ein noch
junges Phänomen. Entsprechende Hinweise in Berufungszusagen
sollen Abwerbungsversuche anderer
Hochschulen unattraktiv machen und einen Wechsel auf
diese Weise möglichst verhindern.1 Die Argumentation
der Hochschulen, die im Rahmen der Berufungsvereinbarung
auf eine solche Sanktionsmöglichkeit hinweisen,
beruht einerseits darauf, Planungssicherheit bei einer
Neubesetzung zu erhalten, andererseits wird der Aufwand
ins Feld geführt, der mit einem Berufungsverfahren
verbunden ist. Diesen sieht die Hochschule durch
die Rückzahlung der Leistungsbezüge in gewissem
Umfang refinanziert, wenn der Neuberufene die Hochschule
vor Ablauf von drei Jahren wieder verlässt.
In der Rechtsprechung finden sich zur dieser Thematik
nur ganz wenige Entscheidungen.2 Nachdem das VG
Würzburg3 die Rückforderung von Berufungs-Leistungsbezügen
in einem in 2015 entschiedenen Fall als
(noch) rechtmäßig angesehen hat, hob der Bayerische
VGH in einer grundlegenden Entscheidung in 20174 das
Würzburger Urteil auf und wertete die Rückforderung
als rechtswidrig, weil sie von Art. 70 Abs. 3 S. 2 BayBesG
nicht gedeckt gewesen sei. Die Problematik ist ferner Gegenstand
eines weiteren Urteils5 aus der bayerischen
Verwaltungsgerichtsbarkeit, auf die im Rahmen dieses
Beitrags unter Punkt IV eingegangen wird.
Erfahrungen aus der Praxis sowie eine zwischenzeitlich
erfolgte Gesetzesänderung sind Anlass, die Thematik
noch einmal6 aufzugreifen.
II. Rückforderungsanspruch aufgrund gesetzlicher
Ermächtigungsgrundlage
- Ermächtigungsgrundlage
Bei der Rückforderung von gewährten Berufungs-Leistungsbezügen
handelt es sich um einen belastenden Verwaltungsakt
iSd § 35 VwVfG7. Da sie keinen innerorganisatorischen
Akt der Hochschule darstellt, sondern einen
Eingriff in die persönliche Rechtssphäre des Hochschullehrers
bzw. der Hochschullehrerin bedeutet, bedarf sie
einer staatlichen Ermächtigungsgrundlage, die diesen
Eingriff materiell-rechtlich rechtfertigt8. Ausgehend von
dem aus Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten Prinzip des Vorbehalts
des Gesetzes versteht sich das – eigentlich – von
selbst.
Dass dies in der Praxis nicht immer beachtet wird,
zeigt folgender – realer – Beispielsfall: Hochschullehrer
H wurde an eine Universität in Thüringen berufen. Mit
der Berufungszusage wurde ihm ein einmaliger Berufungs-
Leistungsbezug in Höhe von 6.000,00 EUR gewährt.
Dies mit der Maßgabe, dass er diesen Leistungsbezug
zurückzuzahlen habe, wenn er die Universität vor
Ablauf von drei Jahren wieder verlässt. H erhielt in der
Folge einen Ruf an eine Hochschule in Schleswig-Holstein.
Da zum Zeitpunkt des vorgesehenen Wechsels die
drei Jahre noch nicht abgelaufen waren, zögerte H mit
einem Wechsel. Die Hochschule in Schleswig-Holstein,
die an einem möglichst zeitnahen Dienstantritt von H
interessiert war, sagte ihm die Übernahme des Rückzahlungsbetrages
zu und stockte diese um weitere 2.000,00
EUR auf, d.h. sie gewährte H eine einmalige Zulage in
Höhe von 8.000,00 EUR. Von der Thüringer Regelung
„inspiriert“, legte die Leitung der schleswig-holsteinischen
Hochschule gleichzeitig fest, dass diese Zulage
Frank Wertheimer
Nochmal: Rückforderung von Berufungs-Leistungsbezügen
wegen vorzeitigem Wechsel der Hochschule
1 Vgl. hierzu die Gesetzesbegründung zu Art. 70 Abs. 3 S. 2 Bay-
BesG, in der von einem unlauteren Abwerbeverhalten anderer
Hochschulen die Rede ist.
2 Jedenfalls nach Auswertung der juris-Datenbank.
3 Urt. v. 24.11.2015, W 1 K14.811, juris.
4 Urt. v. 18.08.2017, 3 BV 16.132, juris.
5 VG Augsburg v. 27.09.2018, Au 2 K 17.1930, juris.
6 Dazu bereits Wertheimer, OdW 2018, 243.
7 Soweit die Rückforderung von Hochschulen der Länder erfolgt,
ist auf die Landesverwaltungsgesetze der Länder abzustellen;
deren § 35 ist mit § 35 VwVfG deckungsgleich.
8 Siehe hierzu BayVGH v. 18.8.2017, a.a.O., juris, Rn 39.
Ordnung der Wissenschaft 2020, ISSN 2197–9197
1 1 6 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 1 ( 2 0 2 0 ) , 1 1 5 — 1 2 2
9 Vgl. dazu BayVGH v. 18.8.2017, a.a.O., Rn 40.
10 Vgl. etwa § 38 LBesG BW; §§ 37, 38 LBesG Rh-Pf; § 10 LBesG
Saarland; § 12 LBesG M‑V; § 34 LBesG NRW.
11 Beispielhaft: § 39 LBesG NRW; § 38 Abs. 10 LBesG BW; § 12
LBesG Saarland; § 38 LBesG S‑H; Art. 74 BayBesG; § 38 LBesG
Hessen; § 29 Abs. 5 LBesG Niedersachsen.
12 Anders § 3 Abs. 4 S. 2 BayHLeistBV, mit Art. 70 Abs. 3 S. 2
BayBesG ist allerdings eine gesetzliche Rückforderungsregelung
existent; § 3 der ThürHLeistBV greift die in § 28 Abs. 1 S. 6
ThürBesG enthaltene Ermächtigungsgrundlage hingegen nicht
auf, siehe hierzu nochmals BayVGH v. 18.8.2017, a.a.O., Rn 40.
vollumfänglich zurückzuzahlen sei, falls H die Hochschule
vor Ablauf von drei Jahren verlassen würde. Dieser
Fall trat tatsächlich ein, da H nach knapp zwei Jahren
einen Ruf einer ausländischen Universität annahm. Die
Hochschule in Schleswig-Holstein berief sich in der Folge
auf die Berufungsvereinbarung und forderte die Zulage,
die H im Rahmen der Berufung zugesagt und danach
auch gewährt worden war, zurück.
Nach den Umständen des Falles bestand kein Zweifel
daran, dass es sich bei der Zulage um einen Berufungs-
Leistungsbezug gem. § 33 Abs. 1 SHBesG handelte. Für
dessen Rückforderung sieht das Besoldungsgesetz in
Schleswig-Holstein allerdings keine Ermächtigungsgrundlage
vor, was die Leitung der schleswig-holsteinischen
Hochschule übersehen hatte. Der Hochschullehrer
konnte der Rückforderung deshalb mit Erfolg
entgegentreten. - Regelungen in den Bundesländern
a) Bayern und Thüringen mit Rückforderungsermächtigungen
Eine Bestandsaufnahme ergibt, dass lediglich in den
Besoldungsgesetzen von Bayern und Thüringen explizite
Ermächtigungsnormen vorhanden sind, die eine Rückforderung
von Berufungsleistungsbezügen vorsehen,
wenn Professorinnen oder Professoren, denen diese im
Rahmen einer Berufung gewährt worden sind, die Hochschule
vorzeitig verlassen. Während in Bayern
Art. 70 Abs. 3 S. 2 BayBesG eine solche Rückforderungsmöglichkeit
vorsieht, regelt Art. 28 Abs. 1 S. 6 ThürBesG
entsprechendes, allerdings mit der Maßgabe, dass der
betreffende Hochschullehrer den Landesdienst verlässt.
Erfolgt der Wechsel innerhalb des Bundeslandes, folgt
beispielsweise ein an der Universität Erfurt tätiger Hochschullehrer
einem Ruf an die Universität Jena, ist eine
Rückforderung ausgeschlossen.
Dass die auf Grundlage von Art. 74 BayBesG ergangene
BayHLeistBV in § 3 Abs. 4 Satz 2 die Regelung in
Art. 70 Abs. 3 S. 2 BayBesG wortgleich wiederholt, ändert
nichts daran, dass ausschließlich die Regelung im
BayBesG als Ermächtigungsgrundlage anzusehen ist.9
b) Situation in den anderen Bundesländern
Die Besoldungsgesetze aller anderen Bundesländer
sehen keine Ermächtigungsgrundlage für die Rückforderung
gewährter Berufungs-Leistungsbezüge bei vorzeitigem
Hochschulwechsel vor. Die Regelungssystematik
ist dadurch gekennzeichnet, dass in den Besoldungsgesetzen
lediglich die Gewährung von Berufungs- und
Bleibeleistungsbezügen normiert ist, im Detail geht es in
diesem Rahmen u.a. um die Höhe der Leistungsbezüge,
deren Teilnahme an Besoldungsanpassungen oder deren
Ruhegehaltsfähigkeit.10 Hinsichtlich der Vergabekriterien,
der Zuständigkeiten sowie des hochschulinternen
Vergabeverfahrens enthalten die Besoldungsgesetze
Ermächtigungen, auf deren Grundlage die zuständigen
Länderministerien Verordnungen über Hochschulleistungsbezüge
erlassen können und davon auch Gebrauch
gemacht haben.11
d) Keine Rückforderungsoption über Verordnungsermächtigung
oder hochschulinterne Regelungen
Rückforderungsregelungen in Bezug auf Berufungs-
Leistungsbezüge enthalten die einschlägigen Verordnungen
in diesen Bundesländern nicht.12 Entsprechende
Bestimmungen wären auch rechtswidrig, weil sie mit
dem Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes nicht vereinbar
wären. Enthält das jeweilige Landesbesoldungsgesetz
keine Ermächtigungsgrundlage für eine Rückforderung,
kann diese nicht in niederrangigerem Recht wie einer
Verordnung festgelegt werden. Vor diesem Hintergrund
bestehen auch Bedenken gegen die Bestimmung in
§ 1 Abs. 3 HsLeistbVO Mecklenburg-Vorpommern. Dort
ist in S. 1 bestimmt, dass im Falle einer Versetzung einer
Professorin oder eines Professors ohne Änderung der
Besoldungsgruppe an eine andere Hochschule in Mecklenburg-
Vorpommern die erworbenen Ansprüche auf
Berufungs- oder Bleibeleistungsbezüge unberührt bleiben.
Nach S. 2 der Vorschrift gilt dies nicht, wenn die
Versetzung auf Antrag erfolgt. Da von „erworbenen
Ansprüchen“ die Rede ist, müsste das in der Konsequenz
dazu führen, dass im Falle einer Versetzung auf Antrag
die bezogenen Leistungsbezüge zurückzuzahlen wären.
Das LBesG M‑V enthält aber weder eine entsprechende
Ermächtigungsgrundlage und dessen § 17 Abs. 1
bestimmt auch nur, dass die näheren Bestimmungen
über die Voraussetzungen und Kriterien sowie die
Zuständigkeit und das Verfahren der Vergabe von Leistungsbezügen
nach § 33 Abs. 1 des BBesG und von Forschungs-
und Lehrzulagen nach § 35 Abs. 1 des BBesG
durch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und
Wertheimer · Rückforderung von Berufungs-Leistungsbezügen 1 1 7
13 Zum Rechtscharakter von hochschulinternen Vergabegrundsätzen
vgl. BayVGH v. 18.8.2017, a.a.O., Rn 40.
14 Vgl. § 31 S. 2 GO Universität Mainz; siehe auch § 4 Abs. 3 Saarländische
Verordnung über Leistungsbezüge sowie Forschungsund
Lehrzulagen für Professorinnen und Professoren vom 3.1.
2005, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 10. April 2019,
Amtsbl. I S. 412.
15 Vgl. BayVGH v. 18.8.2017, a.a.O., Rn 39; siehe auch Kluth/Reinhardt,
WissR 2004, 288, 294; zur Rechtsnatur einer Ausstattungszusage
siehe ferner Wertheimer, OdW 2015, 147, 152 mwN aus
der Rechtsprechung.
16 OVG Sachsen v. 21.1.2010, 2 A 156/09, DVBl. 2010, 591; VGH
Baden-Württemberg v. 21.10.2008, 9 S 1507/06, VBlBW 2009, 69;
Detmer, in HSchR-Praxishandbuch, 3. Aufl. 2017, Kap. 4, Rn 113;
Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 54 Rn 145.
17 Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O.
18 Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 54 Rn 142 mit Nachweisen aus der
Rechtsprechung.
19 Siehe dazu Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 54 Rn 105.
20 Urt. v. 18.8.2017, juris, Rn 41.
Kultur im Einvernehmen mit dem Finanzministerium
durch Rechtsverordnung getroffen werden. Eine Rückzahlung
wäre davon nicht gedeckt. Die Bestimmung
kann demnach allenfalls dazu führen, dass im Falle einer
Versetzung auf Antrag die Gewährung weiterer Berufungs-
oder Bleibeleistungsbezüge an der anderen Hochschule
wegfällt.
Erst recht kann eine Rückzahlung nicht durch hochschulinterne
Regelungen, etwa einer Satzung13, begründet
werden. Auch wenn die Grundordnung einer Universität
die Gewährung von Berufungs-Leistungsbezügen
von der Erfüllung einer Zielvereinbarung abhängig
macht14, könnte hierdurch eine Rückforderung nicht
festgelegt werden, abgesehen davon, dass diese Bestimmung
so aufzufassen ist, dass die Gewährung der Leistungsbezüge
aufschiebend bedingt erfolgt.
e) Vertraglicher Rückforderungsanspruch ?
Berufungs-Leistungsbezüge sind üblicherweise Gegenstand
einer Berufungszusage, die am Ende der Verhandlungen
zwischen Hochschule und dem Hochschullehrer
steht, dem der Ruf erteilt worden ist. Erfolgt sie einseitig
durch den Rektor oder Präsidenten der Hochschule,
wird von einer Zusage entsprechend § 38 des einschlägigen
LwVfG ausgegangen.15 Das Vorliegen eines öffentlich-
rechtlichen Vertrages nimmt man hingegen an,
wenn die Berufungsvereinbarung in einem Dokument
enthalten ist, das von Hochschule und berufenem Hochschullehrer
unterzeichnet ist, womit auch das Schriftformerfordernis
der §§ 57, 62 S. 2 LVwVfG iVm § 126 BGB
erfüllt ist.16
Erfüllt eine Berufungsvereinbarung die o.g. Kriterien
und liegt somit ein öffentlich-rechtlicher Vertrag iSd § 54
LVwVfG vor, stellt sich die Frage, ob eine Hochschule,
auch außerhalb Bayerns oder Thüringens, eine Rückzahlung
von Berufungs-Leistungsbezügen für den Fall vertraglich
vereinbaren kann, dass die betreffende Professorin
oder der Professor vor Ablauf von drei Jahren an eine
andere Hochschule wechselt. Gem. § 54 S. 1 LVwVfG
kann ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen
Rechts dann aber nicht vertraglich begründet werden,
wenn Rechtsvorschriften entgegenstehen. Zwar
können hochschulrechtliche Ausstattungszusagen
grundsätzlich im Wege eines Vertragsverhältnisses iSd
§ 54 LVwVfG geregelt werden.17 Allerdings sind besoldungsrechtliche
Fragestellungen ebenso wie das Beamten-
oder das Richterverhältnis einer vertraglichen Gestaltung
nur insoweit zugänglich, als dafür eine normative
Ermächtigung durch oder aufgrund eines Gesetzes
besteht.18 Das gilt unabhängig davon, ob es sich bei dem
berufenen Hochschullehrer um einen Beamten oder einen
Angestellten handelt, zumal die Regelungen über
Leistungsbezüge diesbezüglich nicht differenzieren. Da,
wie gesehen, das Besoldungsrecht lediglich in Bayern
und Thüringen Ermächtigungsnormen für die Rückforderung
von Berufungs-Leistungsbezügen bei vorzeitigem
Hochschulwechsel enthalten, scheidet in den anderen
Bundesländern eine vereinbarte Rückzahlung im
Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertragsverhältnisses
gem. § 54 LVwVfG aus. Es bestünde sonst auch die
Gefahr, dass eine Hochschule das, was sie nicht einseitig
durch Verwaltungsakt mangels einer gesetzlichen Ermächtigung
durchsetzen könnte, sich über die Gestaltungsform
eines öffentlich-rechtlichen Vertrages sichert.
Eine vertragliche Rückzahlungsklausel wäre folglich
nichtig.19
III. Materiell-rechtliche Wirksamkeit eines Rückforderungsanspruchs - Rückschau auf das Urteil des BayVGH vom 18.8.2017
Die grundlegende Entscheidung des BayVGH hielt einen
Rückforderungsanspruch von befristet gewährten Berufungs-
Leistungsbezügen nach Art. 70 Abs. 3 S. 2
BayBesG in der damaligen Fassung für rechtswidrig, da
die Norm nur für unbefristete Berufungs- oder Bleibe-
Leistungsbezüge galt, was das Gericht aus einer systematischen
Binnenauslegung folgerte.20
Der Senat ging in der erwähnten Entscheidung aber
einen Schritt weiter und hielt fest, dass eine generelle
Rückforderung gewährter Leistungsbezüge in allen Fällen,
in denen ein Hochschullehrer innerhalb von drei
Jahren die Hochschule wechselt, mit höherrangigem
Recht nicht vereinbar sei und die Vorschrift daher einer
verfassungskonformen Auslegung bedürfe. Werden Berufungsleistungsbezüge
für eine nach Ernennung im
1 1 8 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 1 ( 2 0 2 0 ) , 1 1 5 — 1 2 2
21 Zum Ganzen vgl. Wertheimer, OdW 2018, 243 ff.
22 GVBl. 2018, S. 286.
23 Bayerischer Landtag Drs. 17/20990.
24 BayVGH v. 18.8.2017, a.a.O., Rn 45 ff., dazu Wertheimer, OdW
2018, 243, 245 ff.
25 So schon BAG v. 13.9.1974 – 5 AZR 48/74 – NJW 1975, 278.
26 ErfK/Preis, 20. Aufl. 2020, § 611a BGB Rn. 548 m.w.N.
27 BayVGH v. 18.8.2017, a.a.O., Rn 49.
28 Wertheimer, OdW 2018, 243, 249.
Dienstverhältnis erbrachte Leistung gezahlt, bestehe im
Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG für eine Rückzahlungspflicht
bei einem Hochschulwechsel kein Raum. Der Senat
hielt rechtlich unbedenkliche Anwendungsfälle der
Ermächtigungsgrundlage des Art. 70 Abs. 3 S. 2
BayBesG gleichwohl für möglich, etwa im Falle einer
Rückforderung von unbefristeten
Bleibe-Leistungsbezügen.21
Die Rechtsprechung des BayVGH lässt sich auf die
Rückforderungsregelung in § 28 Abs. 1 S. 6 ThürBesG
übertragen, auch wenn diese sich – wie bereits oben dargestellt
– von der bayerischen Regelung dadurch unterscheidet,
dass eine Rückzahlungsverpflichtung nur dann
begründet werden kann, wenn der betreffende Hochschullehrer
den thüringischen Landesdienst verlässt. - Rechtslage nach Art. 70 Abs. 3 S. 2 BayBesG n.F.
Zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung des BayVGH
v. 18.8.2017 erstreckte sich die Rückzahlungsverpflichtung
gem. Art. 70 Abs. 3 S. 2 nur auf unbefristet gewährte
Berufungs- oder Bleibe-Leistungsbezüge. Die Norm
wurde zwischenzeitlich durch § 6 Nr. 6 des Gesetzes zur
Änderung personalaktenrechtlicher und weiterer dienstrechtlicher
Vorschriften vom 18.5.2018 geändert, welches
am 25.5.2018 in Kraft getreten ist.22 Im Gesetzesentwurf
der Staatsregierung vom 27.2.201823 war diese Gesetzesänderung
noch nicht vorgesehen, sie muss demnach
kurz vor Verabschiedung des o.g. Gesetzes noch Eingang
in § 6 Nr. 6 gefunden haben. Wesentlicher Unterschied
zur vorherigen Fassung ist die Einbeziehung von Art. 70
Abs. 2 S. 2 BayBesG, in der auch befristete Berufungsund
Bleibe-Leistungsbezüge mit umfasst sind. Der
Gesetzgeber hat damit auf das Urteil des BayVGH vom
18.8.2017 reagiert und die Ermächtigungsgrundlage für
die Rückforderung von Leistungsbezügen, die aus Anlass
einer Berufung oder im Rahmen von Bleibeverhandlungen
gewährt werden, erweitert.
In seiner Entscheidung vom 18.8.2017 hat sich der
BayVGH – vorausschauend – mit der Frage befasst, wie
die Norm auszulegen wäre, falls sie auch für befristet gewährte
Leistungsbezüge gelten würde.24 Unter diesem
Blickwinkel kommt folglich die vom VGH vorgenommene
verfassungskonforme Auslegung zum Zuge, auf
den Punkt gebracht: Werden befristet zugesagte Berufungs-
Leistungsbezüge für nach Ernennung im Dienstverhältnis
erbrachte Leistungen bezahlt, besteht für
Rückzahlungsansprüche bei einem vorzeitigen Hochschulwechsel
kein Raum. Es gelten dann, wie bei unbefristet
gewährten Berufungs-Leistungsbezügen, die arbeitsrechtlichen
Grundsätze, wonach für Sonderzahlungen
mit Entgeltcharakter Rückzahlungsvorbehalte unzulässig
sind, wenn Gegenstand der Zahlung Entgelt für
bereits geleistete Arbeit ist.25 Denn eine Rückzahlungspflicht
ist bei Sondervergütungen mit reinem Entgeltcharakter
ausgeschlossen, weil der Arbeitnehmer – für
Beamte kann nichts anderes gelten – diese ausschließlich
von der Arbeitsleistung abhängige Sonderzuwendung
durch seine bereits erbrachte Arbeitsleistung verdient
hat und durch den Entzug eines bereits verdienten Lohnanteils
bestraft würde.26 Für diese Fallkonstellationen
läuft die gesetzliche Neuregelung folglich ins Leere. - Spielräume für Rückforderungen nach der gesetzlichen
Neuregelung ?
In der vielzitierten Entscheidung aus dem Jahr 2017 hielt
der BayVGH – wie bereits oben ausgeführt- rechtlich
unbedenkliche Anwendungsfälle der Ermächtigungsgrundlage
des Art. 70 Abs. 3 S. 2 BayBesG (in der alten
Fassung) für möglich, etwa könne die Rückforderung
von unbefristeten Bleibe-Leistungsbezügen in Betracht
kommen, weil diese nicht ohne weiteres als Gegenleistung
für geleistete Dienste anzusehen sein werden, sondern
auch allein deshalb erbracht werden können, um
den möglicherweise abwanderungswilligen Hochschullehrer
davon abzuhalten, dem Ruf einer anderen Hochschule
zu folgen.27 Mit der Neuregelung könnten nunmehr
auch befristet gewährte Bleibe-Leistungsbezüge
zurückgefordert werden.
Im Einzelfall wird allerdings zu prüfen sein, ob nicht
auch die befristet gewährten Bleibe-Leistungsbezüge
Entgelt für geleistete Dienste sind bzw. waren, was einer
Rückforderung dann entgegenstünde. Ferner ist, wie im
Arbeitsrecht auch, anhand des Maßstabs des
Art. 12 Abs. 1 GG der Frage nachzugehen, ob der von der
Hochschule mit der Bleibe-Leistungszulage getätigte
„invest“ eine dreijährige Bindungsdauer rechtfertigt und
im Rahmen der Interessenabwägung die Rückzahlungsverpflichtung
nicht mit zunehmendem Verbleib des
Hochschullehrers pro rata temporis abzuschmelzen ist28.
Eine weitere Frage drängt sich – wenn auch nur tempoWertheimer
· Rückforderung von Berufungs-Leistungsbezügen 1 1 9
29 Hierzu BVerfG v. 23.11.1999, 1 BvF 1/94, BVerfGE 101, 239;
Zippelius/Würtenberger, Deutsches Staatsrecht, 33. Aufl. 2018, Rn
71.
30 Vgl BVerfG v. 10.10.2012, 1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302, 318 Rn
42f.
31 Vgl BVerfG v. 15.10.1996, 1 BvL 44/92, BVerfGE 95, 64,86;
stRspr.
32 LT-Drs. 16/3200 S. 418 zur ursprünglichen Regelung des Art. 70
Abs. 3 S. 2 BayBesG.
33 Aktuell in der Fassung vom 29.11.2018, inkraft getreten zum
01.12.2018.
rär – auf. Müsste ein Hochschullehrer, dem vor der
Gesetzesänderung ein befristeter Bleibe-Leistungsbezug
zugesagt und gewährt wurde, mit einer Rückforderung
rechnen, wenn er nach Inkrafttreten der Neufassung des
Art. 70 Abs. 3 S. 2 BayBesG, aber vor Ablauf von drei Jahren
die Hochschule wechselt? Dem Wesen nach handelt
es sich hierbei um eine sog. unechte Rückwirkung, weil
die neu gefasste Norm des Abs. 70 Abs. 3 S. 2 auf einen
gegenwärtigen, noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt
bzw. Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und
damit zugleich die Rechtsposition des betroffenen Hochschullehrers
nachträglich entwertet würde.29 Gesetze mit
unechter Rückwirkung sind grundsätzlich zulässig30.
Grenzen der Zulässigkeit unecht rückwirkender Gesetze
können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes
und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip ergeben. Diese
Grenzen sind erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber
angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung
des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist
oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die
Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen.31
Im Ergebnis läuft dies auf eine Interessenabwägung
hinaus, bei der der Schutz der einen Bleibe-Leistungsbezug
gewährenden Hochschule vor einem unlauteren
Abwerbeverhalten anderer Hochschulen32 gegenüber
dem Interesse des Hochschullehrers, in seiner Berufsfreiheit
nicht eingeschränkt zu werden, ins Verhältnis zu
setzen ist. Welchem Interesse dann letztlich der Vorrang
einzuräumen ist, hängt von den Gesamtumständen des
Einzelfalls ab. - Keine Differenzierung nach der Art des Professorenverhältnisses
In der Entscheidung aus 2017 ging der VGH einerseits
auf das Interesse der Hochschule ein, Planungssicherheit
zu erhalten und den Aufwand von Berufungsverfahren
in einem angemessenen Umfang zu halten und hob
andererseits auf das Interesse eines befristet beschäftigten
Hochschullehrers ab, Karrierechancen auf eine unbefristete
Professur durch einen vorzeitigen Hochschulwechsel
wahrnehmen zu können. Das führt zu der weiteren
Frage, ob die konkrete Ausgestaltung eines
Professorenverhältnisses Auswirkungen auf die Rückforderung
von Berufungs-Leistungsbezügen haben kann.
Im Falle der VGH-Entscheidung ging es um eine Befristung
des Professorenverhältnisses ohne sog. tenure
track, die Hochschule hatte in jenem Fall keine Regelungen
getroffen, unter welchen Voraussetzungen eine Entfristung
gewährt werden würde. Wird die Professur mit
einem tenure track ausgestaltet, führt dies allerdings zu
keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Zwar mag die
Verstetigungschance in einem tenure track – Verfahren
durch eine klarere Zielvereinbarung zu Beginn des
Dienstverhältnisses für den betroffenen Hochschullehrer
etwas kalkulierbarer sein. Sicherheit, dass die Professur
in eine Lebenszeitprofessur nach Abschluss der tenure-
Phase umgewandelt wird, besteht jedoch nicht. Zudem
differenziert Art. 70 BayBesG erkennbar nicht zwischen
unterschiedlichen Professorenverhältnissen,
sondern stellt ausschließlich darauf ab, ob einem Hochschullehrer
ein Berufungs- oder Bleibeleistungsbezug
gewährt wurde. Auch folgt eine Differenzierung nicht
aus Bestimmungen des BayHSchPG und schließlich
nicht aus den Vergabegrundsätzen der Hochschule, zieht
man beispielhaft die Grundsätze der Technischen Universität
München über die Vergabe von Leistungsbezügen
und Forschungs- und Lehrzulagen33 heran.
Entscheidend ist im einen wie im anderen Fall, dass ein
für erbrachte Dienste gewährter Berufungs-Leistungsbezug
nicht rückforderbar ist.
Nichts anderes kann folglich im Ergebnis gelten,
wenn der die Hochschule vorzeitig wechselnde Hochschullehrer
sich bereits in einem Lebenszeitbeamtenverhältnis
bzw. in einem unbefristeten Anstellungsverhältnis
befindet. Die Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG ist
in diesem Fall nicht schwächer ausgeprägt und auch hier
greift der Grundsatz, dass Entgelt für nach der Ernennung
erbrachte Dienste nicht mehr zurückverlangt werden
kann. Davon ist auch in dem eher seltenen Fall auszugehen,
in dem ein Hochschullehrer vorzeitig aus einem
Lebenszeitbeamtenverhältnis auf eine befristete
Professur wechselt, die von einer anderen Hochschule
ausgeschrieben wurde und auf die er einen Ruf erhalten
hat.
1 2 0 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 1 ( 2 0 2 0 ) , 1 1 5 — 1 2 2
34 Urt. v. 27.9.2018 Au 2 K 17.1930, juris.
35 Urt. v. 24.11.2015, W 1 K 14.811, juris.
36 Urt. v. 18.8.2017, a.a.O.
37 Widerspruchsbescheid v. 20.12.2016 und damit vor dem Urteil
des BayVGH v. 18.8.2017, a.a.O.
38 BayVGH v. 18.8.2017, a.a.O., Rn 45.
39 Siehe dazu auch Wertheimer, OdW 2018, 243, 248 m.w.N.
40 Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 44 Rn 105; OLG Hamm v.
27.5.2017, III‑5 RBs 13/14, 5 RBs 13/14, NStZ 2015, 44, 45.
41 BVerwG v. 7.10.1964, VI C 59.63, VI C 64.63, BVerwGE 19, 284.
42 BGH v. 05.07.1966, 5 StR 155/66, BGHSt 21, 74 ff m.w.N.
43 BVerwG v. 17.10.1997, 8 C 1/96, NVwZ 1998, 1061, 1062 m.w.N.
IV. Rückforderung von Berufungs-Leistungsbezügen
aufgrund eines bestandskräftigen Feststellungsbescheids - Urteil VG Augsburg v. 27.9.2018
Dass die Rückforderung von befristet gewährten Berufungs-
Leistungsbezügen im Ergebnis unabhängig davon
durchsetzbar ist, dass Art. 70 Abs. 3 S. 2 BayBesG a.F.
eine Rückforderung gar nicht ermöglichte, zeigt der Fall
desVG Augsburg aus 2018.34 Die Situation entsprach
praktisch dem Fall, über den erstinstanzlich das VG
Würzburg35 und in der Berufungsinstanz der BayVGH36
zu entscheiden hatte.
Die dort mit einer Rückforderung gewährter Berufungs-
Leistungsbezüge konfrontierte Professorin versäumte
es, gegen den Widerspruchsbescheid37, mit dem
ihr Widerspruch gegen die von der Hochschule festgestellte
Rückzahlung der Leistungsbezüge zurückgewiesen
worden war, Klage beim Verwaltungsgericht einzulegen.
Der Feststellungsbescheid in Form des Widerspruchsbescheids
erwuchs damit in Bestandskraft.
Da sich für das VG Augsburg keine Hinweise auf eine
etwaige Nichtigkeit des Bescheids gemäß Art. 44
BayVwVfG ergaben, kam es konsequenterweise zum Ergebnis,
dass aufgrund der materiellen Bestandskraft die
Verpflichtung der Professorin zur Rückzahlung der erhaltenen
Berufungs-Leistungsbezüge ungeachtet einer
etwaigen Rechtswidrigkeit des zugrunde liegenden Bescheids
der Hochschule feststand.
Mit der im Dezember 2017 eingereichten Klage gegen
den konkret bezifferten Rückforderungsbescheid des
Landesamtes für Finanzen kam die Professorin letztlich
zu spät. Zurecht wies das VG Augsburg in den Entscheidungsgründen
darauf hin, dass die vom BayVGH vorgenommene
verfassungskonforme Auslegung des Art. 70
Abs. 3 BayBesG auf der „Tatbestandsseite“ des Entstehens
der Rückzahlungsverpflichtung stattzufinden hat,
welche hier schon durch den bestandskräftigen Bescheid
entschieden wurde, und nicht auf der „Rechtsfolgenseite“
des Art. 15 Abs. 2 Satz 3 BayBesG.38 Zu berücksichtigen
ist in diesem Zusammenhang, dass das Landesamt
für Finanzen gar nicht über die Kompetenz verfügt, im
Bereich der Rückforderung von Leistungsbezügen eine
eigene Sachentscheidung zu treffen. Darauf ist § 15 Abs. 2
BayBesG auch nicht ausgerichtet. Wie die Parallelvorschrift
in § 12 Abs. 2 BBesG handelt es dabei um eine bloße
Rechtsfolgenverweisung.39 Weder ließ sich mit den
Erwägungen des BayVGH zur verfassungskonformen
Auslegung des Art. 70 Abs. 3 S. 2 BayBesG etwas für die
Frage einer möglichen Entreicherung der Professorin
noch für die in § 15 Abs. 2 BayBesG anzustellenden Billigkeitserwägungen
herleiten. - Nichtigkeit eines Rückforderungsbescheids ?
Wenn das VG Augsburg in seiner Entscheidung zu der
Bewertung gelangte, der Bescheid der Hochschule, mit
der die Rückforderung der gewährten Berufungs-Leistungsbezüge
festgestellt wurde, sei zwar (möglicherweise)
rechtswidrig, nicht aber nichtig gewesen, ist dem
zuzustimmen. Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit gem.
§ 44 Abs. 2 BayVwVfG lagen nicht vor. Dass die betreffende
Hochschule die Rückforderung der Berufungs-
Leistungsbezüge festgestellt hatte, obwohl
Art. 70 Abs. 3 S. 2 BayBesG a.F. auf befristet gewährte
Leistungsbezüge gar nicht anwendbar war, führt auch
nicht zur Annahme eines besonders schwerwiegenden
Fehlers iSd § 44 Abs. 1 BayBesG.
Wie ist allerdings mit einem Rückforderungsbescheid
umzugehen, der von einer Hochschule erlassen
wird, in deren Bundesland das einschlägige Besoldungsrecht
eine Rückforderung gar nicht vorsieht? Dass solche
Fälle in der Praxis vorkommen, hat der unter II. 1. geschilderte
Beispielsfall gezeigt. Grundsätzlich ist ein Verwaltungsakt
nicht bereits deshalb nichtig, weil er einer
gesetzlichen Grundlage entbehrt (sog. gesetzloser Verwaltungsakt).
40 Vielmehr ist der Verwaltungsakt nach
§ 44 Abs. 1 VwVfG nur dann nichtig, soweit er an einem
besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei
verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden
Umstände offenkundig ist. Der schwerwiegende Fehler
des Verwaltungsaktes muss für einen verständigen Bürger
offensichtlich sein41, seine Ungültigkeit muss für jedermann
derart augenscheinlich sein, dass er gleichsam
den „Stempel“ der Nichtigkeit auf der Stirn trägt.42 Nichtigkeit
eines Verwaltungsaktes ist daher nur dann anzunehmen,
wenn die an eine ordnungsgemäße Verwaltung
zu stellenden Anforderungen in so erheblichem Maße
verletzt werden, dass von niemandem erwartet werden
kann, den Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen.
43 Solche Mängel sind anerkannt worden bei offenWertheimer
· Rückforderung von Berufungs-Leistungsbezügen 1 2 1
44 Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 44 Rn 106.
sichtlicher Unzuständigkeit der handelnden Behörde,
bei tatsächlicher Unvollziehbarkeit des Verwaltungsaktes
oder bei offensichtlicher Willkür.44 Übertragen auf
den unter II. 1 geschilderten Fall wäre folglich nicht von
einer Nichtigkeit des Rückforderungsbescheids auszugehen
bzw. käme eine solche nur dann in Betracht, wenn
die betreffende Hochschule in Kenntnis einer fehlenden
Ermächtigungsgrundlage für die Rückforderung gewährter
Berufungs- oder Bleibeleistungsbezüge den vorzeitig
die Hochschule verlassenden Hochschullehrer mit
einem Rückforderungsbescheid überziehen würde. Bei
einer solchen Fallgestaltung liegt es nahe, dass das Verwaltungshandeln
von Willkür geleitet wäre.
Dessen ungeachtet ist Hochschullehrerinnen und
Hochschullehrern, wie der Fall des VG Augsburg zeigt,
anzuraten, die zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe
wie Widerspruch und auch Klage auszuschöpfen, wenn
auf Basis der geltenden Rechtsprechung Gründe dafür
sprechen, dass ein Rückforderungsbescheid, aus welchen
Gründen auch immer, nicht rechtmäßig ist.
V. Fazit
Die Rückforderung von Berufungs-Leistungsbezügen
bei vorzeitigem Wechsel eines Hochschullehrers ist aktuell
nur in den Bundesländern Bayern und Thüringen
vorgesehen, eine Sonderregelung in Mecklenburg-Vorpommern
betrifft den Fall einer Versetzung eines Hochschullehrers
innerhalb des Bundeslandes. Die ganz überwiegende
Mehrheit der Bundesländer hat bislang auf
derartige Rückforderungsmöglichkeiten verzichtet. Das
kann als Ausdruck dafür gewertet werden, dass eine
Rückforderung von Berufungs- und Bleibeleistungsbezügen
nicht als taugliches hochschulpolitisches Instrument
im Wettbewerb unter den Hochschulen erachtet
wird. Die in Bayern im Jahr 2018 erfolgte Gesetzesänderung,
die die Rückforderung auf befristet gewährte Leistungsbezüge
ausdehnt, wird nach hier vertretener Auffassung
jedenfalls nicht zu einer Ausweitung rechtmäßiger
Rückforderungen im Bereich von
Berufungs-Leistungsbezügen führen.
Frank Wertheimer ist Partner der Kanzlei KRAUSS LAW
in Lahr/Schwarzwald. Zuvor war er 17 Jahre im Universitätsbereich,
davon über 10 Jahre in der Hochschulmedizin
tätig. Zu seinen Beratungsfeldern gehört im
Bereich des Arbeitsrechts auch das Hochschulrecht. Er
ist Gastmitglied der Forschungsstelle für Hochschulrecht
und Hochschularbeitsrecht an der Rechtswissenschaftlichen
Fakultät der Universität Freiburg.