Private Hochschulen1 zu gründen und staatlich anerkennen zu lassen, lag bis Mitte des 20. Jahrhunderts außerhalb der bildungspolitischen Vorstellungen. Es galt das Diktum aus dem Preußischen Allgemeinen Landrecht: „Schulen und Universitäten sind Veranstaltungen des Staates“.2 Dies hat sich grundlegend geändert. Es gibt einen gesellschaftlichen und politisch-rechtlichen Wandel zu einem Hochschulsystem, das dem Gedanken der Subsidiarität verpflichtet ist. Die Bildungsangebote des staatlichen Hochschulsystems werden durch staatlich anerkannte private Hochschulen ergänzt, der Pluralität der Gesellschaft entspricht ein Pluralismus von Konzepten hochschulpolitischer Schwerpunktsetzung und Ausbildung. Von den gegenwärtig etwa 400 Hochschulen in Deutschland sind etwa 160 den nichtstaatlichen Hochschulen zuzurechnen; über 2/3 dieser Privathochschulen wurden erst nach dem Jahr 2000 gegründet.3 Die Privathochschulen nehmen mittlerweile etwa 10% der Erstsemester auf, eine Quote, die ebenfalls für die Absolventen von Privathochschulen gilt. Demgegenüber sind an Privathochschulen in Relation zu den öffentlichen Hochschulen weniger Professoren beschäftigt. Noch signifikant geringer ist der Anteil der wissenschaftlichen Mitarbeiter an Privathochschulen. So wundert es nicht, dass die Forschungsleistungen privater Hochschulen jedenfalls in der Forschungsbreite gegenüber denen an staatlichen Hochschulen deutlich abfallen. Allerdings gibt es auch forschungsstarke und exzellente Privathochschulen wie etwa die Bucerius Law School. Während das staatliche Hochschulwesen überwiegend aus Steuermitteln finanziert wird, finanzieren sich Privathochschulen vor allem durch Studiengebühren, Spenden und oftmals auch durch Zuwendungen ihres Trägers. Die teilweise hohen Studiengebühren sind nicht unbedingt ein Nachteil im Wettbewerb mit staatlichen Hochschulen. Sie ermöglichen den Privathochschulen Lehrveranstaltungen mit überschaubaren Studierendenzahlen anzubieten. Ihre Distanz zum Betrieb der „Massenuniversitäten“ wird von vielen Studierenden geschätzt.4 Wie bei aller Privatisierung vormals staatlicher Aufgaben führt auch der neue „Privathochschulmarkt“ zu der Problematik der Qualitätskontrolle. Hat jede natürliche oder juristische Person Zugang zum „Markt der Privathochschulen“, bedarf es nicht allein zum Schutz der Studierenden und der auf gut ausgebildete Hochschulabsolventen angewiesenen Berufszweige effektiver Mechanismen der Kontrolle und Überwachung. Dabei muss Leitlinie sein, dass Studium und Prüfungen an Privathochschulen im Wesentlichen dem Standard an öffentlichen Hochschulen entsprechen. Diese Vergleichbarkeit der Studien- und Prüfungsbedingungen wird unter anderem durch die (Re-)Akkreditierung von Studiengängen sowie durch Maßnahmen staatlicher Aufsicht gesichert. Die erforderliche Qualitätskontrolle findet allerdings an der Freiheit, eine Privathochschule zu gründen und zu betreiben, ihre Grenze. Die folgenden Ausführungen beschäftigen sich mit den verfassungsrechtlichen Rahmensetzungen für die Qualitätssicherung in der Gründungsphase einer Privathochschule. Hier geht es zunächst auf der Grundlage einer grundrechtlich abgesicherten Gründungsfreiheit um den Anspruch auf staatliche Anerkennung (I.). Dieses ministerielle Anerkennungsverfahren bedarf eines besonderen wissenschaftlichen und hochschulorganisatorischen Sachverstandes. Es setzt daher in vielen Bundesländern eine Prüfung des Hochschulkonzepts der Privathochschule voraus, mit der zum Beispiel der Wissenschaftsrat betraut wird.5 Dies führt zu der Frage, in welchem Umfang das zuständige Wissenschaftsministerium, unterstützt durch Thomas Würtenberger Privathochschulfreiheit – auch bei der Organisation der Leitungsebene?* * Dieser Beitrag greift Überlegungen auf, die in einem Rechtsgutachten entwickelt worden sind. 1 Private Hochschulen werden von einem privatrechtlich organisierten Rechtsträger gegründet und unterhalten. Stiftungshochschulen in der Rechtsform des öffentlichen Rechts oder in der Trägerschaft einer öffentlich-rechtlichen Stiftung zählen nicht zu den privaten Hochschulen. 2 II, 12, § 1 Preußisches Allgemeines Landrecht von 1794. 3 Statistische Nachweise bei Penßel, in: Geis (Hg.), Hochschulrecht im Freistaat Bayern, 2. Aufl. 2017, Kap. 6 Rn. 6. 4 Zu den Unterschieden zwischen staatlichen und privaten Hochschulen im Überblick: Sandberger, Governance-Modelle für nicht staatliche Hochschulen – zum Akkreditierungsleitfaden des Wissenschaftsrates, OdW 2016, 95. 5 Vgl. § 73 Abs. 1 S. 2 HG NRW: Das Ministerium „kann von der Bildungseinrichtung verlangen, dass sie zuvor (vor der staatlichen Anerkennung, der Verf.) eine erfolgreiche Konzeptprüfung durch den Wissenschaftsrat oder durch eine vergleichbare, vom Ministerium benannte Einrichtung durchlaufen hat“. Nach § 70 Abs. 1 S. 5 LHG BW soll die Anerkennung von der Durchführung eines Akkreditierungsverfahrens abhängig gemacht werden, um die Entscheidungsgrundlagen zu erweitern. Ordnung der Wissenschaft 2019, ISSN 2197–9197 1 6 O RDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2019), 15–26 6 Karpen, Rechtliche Stellung und Chancen einer Privatuniversität, WissR 1990, 123, 129 ff.; Becker, Rechtsfragen zu Gründung und Betrieb privater Universitäten, DVBl. 2002, 94; Lorenz, Privathochschulen, in: Flämig u. a. (Hg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, 2. Aufl. 1996, S. 1157, 1163 f. 7 Krausnick, Staat und Hochschule im Gewährleistungsstaat, 2012, S. 344 ff. 8 Maunz/Dürig/Remmert, 84. EL August 2018, GG Art. 19 Abs. 3 Rn. 102 mit weit. Nachw. – Zur hier nicht zu vertiefenden Frage, inwieweit sich Stiftungen des Privatrechts auf Art. 5 Abs. 3 GG berufen können: MüKoBGB/Weitemeyer, 8. Aufl. 2018, BGB § 80 Rn. 62 f. 9 Heidtmann, Grundlagen der Privathochschulfreiheit, 1980, S. 189 ff., 214ff. mit Nachw. 10 BVerwG DÖV 1979, 750; DVBl. 1994, 1366; Becker, Rechtsfragen zu Gründung und Betrieb privater Universitäten, DVBl. 2002, 94. 11 Siehe oben Fn. 2 sowie Köttgen, Das Grundrecht der deutschen Universität, 1959, S. 70 ff.; Becker, Rechtsfragen zu Gründung und Betrieb privater Universitäten, DVBl. 2002, 92 mit Nachw. in Fn. 2; Heidtmann, Grundlagen der Privathochschulfreiheit, 1980, S. 179 ff., 189 ff., 219 ff. den Wissenschaftsrat, insbesondere die Leitungsstruktur der Privathochschule auf seine Prüfagenda zu setzen vermag (II.). Denn wenn Privathochschulfreiheit grundrechtlich gewährleistet ist, spricht manches dafür, privat(hochschul)rechtlich mehr Freiheit bei der Organisation von Leitungsstrukturen in Anspruch nehmen zu können, als sie die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der landesgesetzlichen Regelung der Leitungsstrukturen an staatlichen Hochschulen gestattet. I. Zum Anspruch des Trägers einer Privathochschule auf staatliche Anerkennung Die Neugründung einer Privathochschule hat nur dann Erfolg, wenn sie staatlich anerkannt wird. Eine Privathochschule ohne staatliche Anerkennung, die die staatliche Anerkennung der Studienabschlüsse impliziert, wird keine Studierenden finden. Damit geht es in einem ersten Zugriff um den Anspruch des Trägers einer Privathochschule auf staatliche Anerkennung. Die vom Grundgesetz gewährleistete Privathochschulfreiheit bestimmt die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen, unter denen eine staatliche Anerkennung zu erfolgen hat oder abgelehnt werden kann (1.). Wenn die in Übereinstimmung mit Art. 5 Abs. 3 GG gesetzlich geregelten Anerkennungsvoraussetzungen erfüllt sind, kann der Träger ein subjektiv öffentliches Recht auf staatliche Anerkennung seiner Hochschule (2.) geltend machen. 1. Die vom Grundgesetz gewährleistete Privathochschulfreiheit Der verfassungsrechtliche Standort der Privathochschulfreiheit wird teilweise in der Wirtschaftsverfassung des Grundgesetzes, weit überwiegend aber in Art. 5 Abs. 3 GG gesehen. a) Aus Art. 2 Abs. 1 sowie aus Art. 12 Abs.1 GG ? Bisweilen leitet man die Freiheit, eine private Hochschule zu gründen, aus Art. 2 Abs. 16 oder Art. 12 Abs. 1 GG7 her. Ein Rückgriff auf die allgemeine Handlungsfreiheit scheidet jedoch aus, wenn man, wie sogleich entwickelt, die Gründung einer Privathochschule dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG zuordnet. Vergleichbares gilt für die Berufswahl eines „Privathochschulunternehmers“. Dessen unternehmerische Freiheit ist zwar durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützt. Dem Gründer einer Privathochschule geht es aber in der Regel nicht allein um unternehmerische Freiheiten. Mit der Gründung und dem Betrieb einer Privathochschule sollen vielmehr wissenschaftspolitische Zielsetzungen in Organisation, Forschung und Ausbildung verfolgt werden. Soweit es bei der Gründung und bei dem Betrieb einer Privathochschule um diesen wissenschaftsaffinen Bereich geht, gelangt der Schutzbereich von Art. 5 Abs. 3 GG zur Anwendung. b) Aus Art. 5 Abs. 3 GG Art. 5 Abs. 3 GG schützt die Freiheit von Wissenschaft und Forschung gegen Eingriffe des Staates. Der Schutzbereich umfasst die auf wissenschaftliche Erkenntnis gerichtete Tätigkeit des Wissenschaftlers und Forschers; juristische Personen in privatrechtlicher Rechtsform, also etwa eines Vereins, einer GmbH, einer Aktiengesellschaft oder Stiftung, können sich ebenfalls auf Art. 5 Abs. 3 GG berufen.8 Nicht abschließend geklärt ist allerdings, ob Art. 5 Abs. 3 GG auch die Freiheit umfasst, eine private Hochschule zu gründen. Nach einer älteren9 und heute nur von wenigen Autoren vertretenen Ansicht schützt Art. 5 Abs. 3 GG lediglich die auf wissenschaftliche Erkenntnis gerichtete forschende Tätigkeit sowie die freie wissenschaftliche Kommunikation. Das aus Art. 5 Abs. 3 GG folgende Abwehrrecht wird leistungsstaatlich durch die staatliche Verpflichtung ergänzt, durch rechtliche Rahmensetzungen darauf hinzuwirken, den durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützten Freiheitsraum zu sichern. Im Hinblick auf die organisatorische Gestaltung des Wissenschaftsbereichs bestehe jedoch kein Grundrechtsschutz. Aus Art. 5 Abs. 3 GG lasse sich kein Anspruch herleiten, eine staatliche Anerkennung für die Gründung einer privaten Hochschule zu erhalten.10 Diese restriktive Auslegung des von Art. 5 Abs. 3 GG gewährten Schutzes folgt der Tradition des deutschen Hochschulrechts, in der die Veranstaltung von Hochschulen als staatliche Aufgabe angesehen wurde.11 In diese Richtung zielend hat das BVerfG in einer älteren Würtenberger · Privathochschulfreiheit 1 7 12 BVerfGE 37, 314, 322. 13 Zum Folgenden: Zippelius/Würtenberger, Deutsches Staatsrecht, 33. Aufl. 2018, § 7 Rn. 21, 32 ff. 14 Hierzu zusammenfassend Isensee, Grundrechtsvoraussetzungen und Verfassungserwartungen an die Grundrechtsausübung, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl., Bd. IX, 2011, § 190, Rn. 70 ff, 160 ff. 15 Grundlegend Kloepfer, Grundrechte als Entstehungssicherung und Bestandsschutz, 1970, hierzu im Kontext der Gründungsfreiheit von Privathochschulen: Heidtmann, Grundlagen der Privathochschulfreiheit, 1980, S. 285 ff.; Steinkemper, Verfassungsrechtliche Stellung der Privathochschule und ihre staatliche Förderung, 2002, S. 110. 16 In diese Richtung Isensee, Grundrechtsvoraussetzungen und Verfassungserwartungen an die Grundrechtsausübung, in: Isensee/ Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl., Bd. IX, 2011, § 190, Rn. 175, 177. 17 Heidtmann, Grundlagen der Privathochschulfreiheit, 1980, S. 243 ff.; in der Sache ebenfalls Steinkemper, Verfassungsrechtliche Stellung der Privathochschule und ihre Finanzierung, 2002, S. 58. 18 Jarass, in Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 14. Aufl. 2016, Art. 5 GG Rn. 141; Fehling, in Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 GG Rn. 129 ff.; Steinkemper, Verfassungsrechtliche Stellung der Privathochschule und ihre Finanzierung, 2002, S. 116 ff.; Penßel, in: Geis (Hg.), Hochschulrecht im Freistaat Bayern, 2. Aufl. 2017, Kap. 6 Rn. 41; Britz, in Dreier (Hg.), Grundgesetz, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 5 Abs. 3 GG Rn. 24; Wendt, in von Münch/Kunig (Hg.), Grundgesetz-Kommentar, 6. Aufl. 2012, Art. 5 GG Rn. 105; Hufen, Staatsrecht II: Grundrechte, 5. Aufl. 2016, § 34 Rn. 16; Starck/Paulus, in von Mangoldt/Klein/Starck (Hg.), Kommentar zum Grundgesetz, 6. Aufl. 2010, Art. 5 Abs. 3 GG Rn. 532; Trute, Die Forschung zwischen grundrechtlicher Freiheit und staatlicher Institutionalisierung, 1994, S. 120; Löwer, Freiheit von Forschung und Lehre, in Merten/Papier (Hg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, § 99 Rn. 19. Entscheidung zu Art. 12 Abs. 1 GG entschieden, der Betrieb einer privaten Fachholschule sei nicht von der Berufsfreiheit erfasst, wenn der Staat diese Aufgabe im Rahmen seiner Gestaltungskompetenzen monopolisiert habe und durch eigene Lehranstalten wahrnehme.12 Diese Entscheidung des BVerfG ist allerdings nicht zu Art. 5 Abs. 3 GG ergangen und trägt dem mittlerweile anerkannten Grundrechtsschutz von Fachhochschulen durch Art. 5 Abs. 3 GG offensichtlich noch nicht Rechnung. Eine historisierende, die Gründung von Privathochschulen ausschließende Auslegung des Art. 5 Abs. 3 GG ist methodisch verfehlt.13 Denn das Traditionsargument darf nicht Unzeitgemäßes festschreiben und nicht die Offenheit des Verfassungsrechts für eine verfassungsrechtliche Bewältigung gesellschaftlichen Wandels beeinträchtigen. Grundrechte müssen eben aus den heutigen Zeitumständen heraus ausgelegt werden. Die Legitimation des Grundrechtsschutzes liegt nicht in der Vergangenheit, sondern in der Gegenwart. Das Grundgesetz als eine offene Verfassung will dem historischen Wandel und der Veränderung der Lebensverhältnisse gerecht werden. In diesem Sinn will Art. 5 Abs. 3 GG dem heutigen Zustand des Privathochschulwesens verfassungsrechtlichen Schutz gewähren und dabei die den pluralistischen Staat kennzeichnende Vielfalt der Wissenschaft und ihrer Organisationsformen sichern, aber nicht alte Formen der staatlichen Monopolisierung oder auch nur Lenkung der Hochschulorganisation festschreiben. Die restriktive, die Gründungsfreiheit von Privathochschulen ausschließende Auslegung des Art. 5 Abs. 3 GG lässt sich zudem nicht mit dem Schutz von sog. Grundrechtsvoraussetzungen14 vereinbaren. Grundrechtsschutz soll sich auch auf das reale Umfeld der Grundrechtsausübung und insbesondere auf alle Handlungen und Tätigkeiten erstrecken, die die realen Voraussetzungen von Grundrechtsschutz schaffen: sog. Entstehungssicherung von Grundrechtsschutz.15 Diese Sicherung der Grundrechtsvoraussetzungen gilt unter Anderem für jene Grundrechte, die in aller Regel arbeitsteilig wahrgenommen werden. Diese bedürfen der Organisation, die zu gestalten einem künftigen Grundrechtsträger nicht verwehrt werden kann. Ebenso wie die Pressefreiheit unzweifelhaft die Gründung von Presseunternehmen garantiert, garantiert die Wissenschaftsfreiheit die Gründung und, werden die gesetzlich geregelten Voraussetzungen erfüllt, die staatliche Anerkennung von privaten Hochschulen.16 Letztlich lässt sich aus dem verfassungsrechtlichen Gebot der Staatsfreiheit von Wissenschaft und Lehre ein an den Staat gerichtetes Wissenschaftssteuerungsverbot herleiten.17 Ohne die Grenzen eines solchen Wissenschaftssteuerungsverbotes an dieser Stelle genauer ausloten zu müssen, lässt sich ihm jedenfalls folgende staatliche Verpflichtung entnehmen: Durch die Versagung der staatlichen Anerkennung einer Privathochschule darf vom Staat keine Wissenschaftspolitik betrieben werden. Gegenüber dem breiten Spektrum vertretbarer Ansätze in Forschung, Lehre und auch Hochschulorganisation muss er strikte Neutralität wahren. Damit lässt sich als Zwischenergebnis festhalten: Art. 5 Abs. 3 GG schützt mit der Privathochschulfreiheit auch die Gründungsfreiheit,18 soweit mit ihr ein besonderes wissenschaftliches Konzept verfolgt wird. Dies ist folgenreich: Art. 5 Abs. 3 GG gehört zu den vorbehaltlos gewährleisteten Grundrechten. Es gibt keinen Vorbehalt des Gesetzes für die Regelung von Eingriffen in die Privathochschulfreiheit. Die wissenschaftsaffine Privathochschulfreiheit unterliegt vielmehr nur verfassungsimma- 1 8 O RDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2019), 15–26 19 Zippelius/Würtenberger, Deutsches Staatsrecht, 33. Aufl. 2018, § 26 Rn. 101 ff. 20 Becker, Rechtsfragen zu Gründung und Betrieb privater Universitäten, DVBl. 2002, 95 mit Nachw. 21 Vgl. § 70 Abs. 2 LHG BW; Art. 76 BayHSchG; § 123 BerlHG; § 83 BbgHG; § 112 Abs. 1 BremHG; § 114 HmbHG; § § 91 HessHG; § 108 LHG M‑V; § 64 NdsHG; § 72 HG NRW; § 117 RhPfHochSchG; § 88 SaarlUG; § 106 SächHSFG; § 104 HSG LSA; § 76 SchlHHSG; § 101 ThürHG. 22 Zur Begrenzung dieser Freiheit durch privatrechtliche Vereinbarung vgl. unten II., 2b. 23 Diese Regelung kann kaum auf die verfassungsimmanenten Schranken des Art. 5 Abs. 3 GG zurückgeführt werden. Warum sollte eine Privathochschule allein mit dem Studiengang Rechtswissenschaft ausgeschlossen sein? 24 Dieser Verweis auf das staatliche Hochschulrecht in manchen Hochschulgesetzen ist, wie in Folgendem entwickelt wird, verfassungswidrig, es sei denn „sinngemäß“ wird verfassungskonform ausgelegt. 25 Nachweise in Fn. 21. nenten Schranken,19 die allein aus dem Kontext der Verfassung zu ermitteln und durch den Gesetzgeber zu konkretisieren sind. Zu diesen verfassungsimmanenten Schranken gehören insbesondere die Ausbildungsfreiheit der Studierenden und die Qualitätssicherung in der Lehre. 2. Zum Anspruch auf staatliche Anerkennung Die staatliche Anerkennung einer Privathochschule ist von entscheidender Bedeutung für deren Betrieb. Die staatliche Anerkennung berechtigt die Hochschule, staatlich anerkannte Prüfungen abzunehmen und Leistungsnachweise auszustellen. Für den Träger einer Privathochschule ist dies die zentrale Voraussetzung für den Erfolg auf dem großen Markt der Studien- und Studienabschlussangebote. Privathochschulfreiheit ohne staatliche Anerkennung der Studiengänge an einer Privathochschule wäre ein nudum ius, wäre ein grundrechtlicher Schutz, der sich nicht realisieren lässt.20 a) Die rechtlichen Voraussetzungen staatlicher Anerkennung Die Hochschulgesetzen der Länder regeln die rechtlichen Voraussetzungen der staatlichen Anerkennung von Privathochschulen in aller Regel in Konkretisierung der verfassungsimmanenten Schranken des Art. 5 Abs. 3 GG. Folgende Voraussetzungen müssen nach den hochschulrechtlichen Regelungen21 erfüllt sein: – dass in der Hochschule die Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre sichergestellt ist,22 – dass das Studium auf eine berufliche Tätigkeit vorbereitet oder der Weiterbildung dient, – dass eine Mehrzahl23 von nebeneinander bestehende oder aufeinander folgende und erfolgreich akkreditierte Studiengänge an der Hochschule vorhanden oder im Rahmen einer Ausbauplanung vorgesehen sind, – dass das Studium und die Abschlüsse auf Grund der Prüfungsordnungen einer kontinuierlichen internen und externen Qualitätssicherung unterliegen, – dass die Studienbewerber die Voraussetzungen für die Aufnahme in eine entsprechende Hochschule in der Trägerschaft des Landes erfüllen, – dass die Lehraufgaben überwiegend von hauptberuflich Lehrenden der Hochschule wahrgenommen werden, die die Einstellungsvoraussetzungen eines Professors erfüllen, – dass die Mitglieder der Hochschule an der Gestaltung des Studiums und an der akademischen Selbstverwaltung in sinngemäßer Anwendung24 der für Hochschulen in staatlicher Trägerschaft geltenden Grundsätze mitwirken, – dass die den Träger und die Hochschule maßgeblich prägenden natürlichen Personen die freiheitliche demokratische Grundordnung achten und die für den Betrieb einer Hochschule erforderliche Sachkunde und Zuverlässigkeit aufweisen, – dass der Bestand der Hochschule und des Studienbetriebs sowie die Stellung des Hochschulpersonals wirtschaftlich und rechtlich dauerhaft gesichert sind. Diese gesetzlichen Voraussetzungen der staatlichen Anerkennung einer privaten Hochschule gestatten es dem Land, seiner Verantwortung für die Qualität des Hochschulwesens nachzukommen. b) Zum Ermessen im Anerkennungsverfahren Nach den hochschulrechtlichen Regelungen25 können Hochschulen, die nicht in der Trägerschaft des Landes stehen, vom Wissenschaftsministerium staatlich anerkannt werden. Die Anerkennung einer privaten Hochschule steht damit im Ermessen des Ministeriums und damit des Landes. Fraglich ist, wie diese Ermessensregel verfassungskonform auszulegen ist: Besteht ein „Ablehnungsermessen“, wie es früher bisweilen mit Blick auf die eingangs zitierte deutsche Tradition lediglich staatlicher Hochschulen vertreten wurde? Oder führt die Grundrechtsbindung des Staates zu einer erheblichen Einengung des Ermessensspielraumes? Ist eine Privathochschule immer dann anzuerkennen, wenn sie die gesetzlich geregelten Anerkennungsvoraussetzungen erfüllt? Würtenberger · Privathochschulfreiheit 1 9 26 Zu diesen Handlungsformen der Verwaltung: Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 9 Rn. 51 ff.; Würtenberger/ Heckmann/Tanneberger, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 7. Aufl. 2017, § 1 Rn. 42 ff. 27 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 7 Rn. 9; BVerwGE 23, 25, 29; 44, 339, 342 (Rn. 14); zum KompetenzKann bei der staatlichen Anerkennung einer privaten Hochschule: BeckOK HochschulR Bayern/Penßel, 9. Ed. 1. 5. 2018, BayHSchG Art. 76 Rn. 41. 28 Zu dieser staatlichen Verantwortung für das Hochschulwesen Fehling, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Abs. 3 GG (Wissenschaftsfreiheit), Rn. 131. 29 BeckOK HochschulR Hessen/Thürmer, 8. Ed. 1.9.2018, HHG § 91 Rn. 23, der dem Ministerium allerdings auch dann Ermessen einräumt, wenn im Land die Zahl der Hochschulen oder auch ihre Art begrenzt werden soll. Dies lässt sich mit der aus Art. 5 Abs. 3 GG hergeleiteten Freiheit zu Hochschulgründungen nicht vereinbaren (deulich zurückhaltender jedoch die Kommentierung bei § 91 Abs. 2 Rn. 25). 30 Becker, Rechtsfragen zu Gründung und Betrieb privater Universitäten, DVBl. 2002, 95. 31 Penßel, in: Geis (Hg.), Hochschulrecht im Freistaat Bayern, 2. Aufl. 2017, Kap. 6, Rn. 54 mit dem fragwürdigem Argument, es gebe keine gesetzliche Regelung, die den nichtstaatlichen Hochschulen das Recht auf Selbstverwaltung gegenüber ihrem Träger einräume. 32 Fehling, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Abs. 3 GG (Wissenschaftsfreiheit), Rn. 243. aa) Ermessensausübung als „Kompetenz-Kann“ oder „Versagungs-Kann“? Die hochschulrechtlichen Anerkennungsverfahren regeln das ministerielle Ermessen bei einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt.26 In diesem Ermessensbereich lässt sich zwischen einem „Kompetenz-Kann“ und einem „Versagungs-Kann“ unterscheiden: Bei einem „Kompetenz-Kann“27 besteht grundsätzlich ein Anspruch des Hochschulträgers auf Anerkennung, wenn die gesetzlichen Anerkennungsvoraussetzungen vorliegen. Die Rechtsfigur des KompetenzKanns führt damit zu einer Einschränkung des Ermessensspielraums in Richtung auf eine Anerkennungspflicht. Diese besteht insbesondere dann, wenn an der Privathochschule ein wissenschaftliches Mindestniveau und ein den staatlichen Hochschulen vergleichbares Ausbildungsprogramm erreicht werden.28 Nur unter ganz besonderen Voraussetzungen, etwa bei erheblicher Gefährdung öffentlicher Güter, „kann“ die Anerkennung verweigert werden. Bei einem „Ermessens-Kann“ hat das Ministerium eine weitreichende Freiheit bei der Anerkennung einer Privathochschule. Im Verfahren der staatlichen Anerkennung kann auf deren Bildungskonzept hingewirkt werden, die Konkurrenzsituation zu anderen privaten und öffentlichen Hochschulen berücksichtigt werden oder eine regionale Lenkung des Ausbildungssektors entscheidungsleitend sein. Mit derartigen Rahmensetzungen kann das ministerielle Ermessen die Entfaltung von Privathochschulfreiheit nicht nur eng reglementieren, sondern im Ergebnis auch ersticken. Ein solches Ermessen lässt sich geradezu als „Versagungsermessen“ qualifizieren. Ein derartiges „Versagungsermessen“ wäre an der mittlerweile überwundenen Rechtsansicht orientiert, für die Organisation auch des Privathochschulwesens bestehe eine Prärogative der Länder. Mit einem „Ermessens-Kann“ kann der Gesetzgeber dem zuständigen Ministerium aber auch deutlich begrenzt Ermessen bei der Wahrnehmung seiner Gesamtverantwortung für das Hochschulwesen einräumen.29 In dieser Perspektive ist zu klären, wie weit die grundrechtlich geschützte Privathochschulfreiheit durch eine von der Verfassung vorausgesetzte staatliche Verantwortung für das Hochschulwesen30 dahin eingeschränkt werden kann, im Einzelfall die beantragte staatliche Anerkennung zu versagen. Dies führt zu der Frage, ob und in welchem Umfang die Leitungsstrukturen einer Privathochschule zum Gegenstand eines Anerkennungsverfahrens gemacht werden können. II. Privathochschulfreiheit auch bei Festlegung der Leitungsstrukturen Die Privathochschulfreiheit umfasst auf den ersten Blick auch das Recht des Gründers einer Privathochschule, über deren Leitungsstrukturen zu bestimmen. Dabei geht man teilweise so weit, der Hochschule gegenüber ihrem Träger nur äußerst rudimentäre Selbstverwaltungsrechte einzuräumen.31 Dies übersieht allerdings, dass die Autonomie des Hochschulträgers durch die Ausbildungsfreiheit der Studierenden und damit durch die Qualitätssicherung einer Lehre mit wissenschaftlicher Fundierung begrenzt wird. Die Privathochschulfreiheit wird zudem durch die Wissenschaftsfreiheit der an der Hochschule tätigen Professoren und Mitarbeiter sowie durch die Grundsätze akademischer Selbstverwaltung beschränkt. Wie diese beiden Bereiche gerade an Privathochschulen voneinander abzuschichten sind, ist eine noch nicht abschließend geklärt: Ist insoweit die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Leitungsstrukturen an staatlichen Universitäten maßgeblich (1.)? Inwieweit sind gesetzliche Vorgaben für die Organisation der Hochschulselbstverwaltung Eingriffe in die Wissenschaftsfreiheit des Privathochschulträgers?32 Stehen dem Gründer bzw. Träger einer Privathochschule im Vergleich zur Verfassungslage an staatlichen Hochschu- 2 0 O RDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2019), 15–26 33 Gärditz, Hochschulmanagement und Wissenschaftsadäquanz, NVwZ 2005, 407 ff.; Hartmann, Hochschulorganisation nach dem MHH-Beschluss des BVerfG, WissR 49 (2016), 197 ff.; Goerlich/ Sandberger, Hochschulverfassungsrecht – Kontinuität oder Paradigmenwechsel in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, in: FS für Peine, 2016, S. 311 ff.; Würtenberger, Zur Verfassungsmäßigkeit der Regelungen der Hochschulleitung im Landeshochschulgesetz Baden-Württemberg, OdW 2016, S. 1 ff. 34 BVerfG 1 BvR 1501/13, 1682/13 Rn. 68; 1 BvR 3217/07 Rn. 55, 57. 35 BVerfG 1 BvR 911/00, 927/00, 928/00 Rn. 156; 1 BvR 3217/07 Rn. 56. 36 Anders Sandberger, Governace-Modelle für nichtstaatliche Hochschulen – Zum Akkreditierungsleitfaden des Wissenschaftsrates, OdW, 2016, S. 95, 98, der allerdings der grundrechtlichen Gefährdungslage des Trägers von Privathochschulen nicht völlig gerecht wird. len weiter gehende Gestaltungsrechte zu (2., 3.)? Nach einer Abschichtung der Einflussmöglichkeiten des Trägers der Privathochschulfreiheit vom verfassungsrechtlich garantierten Bereich akademischer Selbstverwaltung lässt sich entwickeln, ob sich die Hochschulgesetze der Bundesländer und der Leitfaden des Wissenschaftsrates zur Konzeptprüfung von Privathochschulen in den vom Grundgesetz vorgezeichneten Bahnen bewegen (4.). 1. Die Rechtsprechung des BVerfG zur wissenschaftsadäquaten Regelung von Organisation und Leitungsstrukturen staatlicher Hochschulen auf Privathochschulen nur begrenzt anwendbar Die hier kurz zusammenzufassende Rechtsprechung des BVerfG fordert für die staatlichen Hochschulen eine wissenschaftsadäquate Regelung von Organisation und Leitungsebene:33 Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG als eine objektive wertentscheidende Grundsatznorm verlangt, dass der Staat durch geeignete organisatorische Maßnahmen für die Funktionsfähigkeit der Institutionen eines freien Wissenschaftsbetriebes zu sorgen und dabei den Wissenschaftlern die Teilhabe am Wissenschaftsbetrieb zu ermöglichen hat. Die Wissenschaftsfreiheit muss sich in einem organisatorischen Gesamtgefüge entfalten, „in dem Entscheidungsbefugnisse und Mitwirkungsrechte, Einflussnahme, Information und Kontrolle durch die wissenschaftlich Tätigen so beschaffen sind, dass Gefahren für die Freiheit von Forschung und Lehre vermieden werden“.34 Die in der Hochschule tätigen Wissenschaftler haben einen Anspruch auf die Wissenschaftsfreiheit sichernde organisatorische Maßnahmen. Hochschulorganisatorischen Entscheidungen, die die Freiheit des Wissenschaftlers zu forschen und zu lehren gefährden, ist entgegen zu wirken. Abgesehen von individuellen Kontrollmöglichkeiten des Wissenschaftlers bedarf es organisationsrechtlicher Regelungen, kraft derer die Hochschullehrer über ihre Vertretungen in den Gremien Gefährdungen der Wissenschaftsfreiheit abwehren und ihre Vorstellung einer gelebten Wissenschaftsfreiheit in die Hochschulorganisation einbringen können. Ziel dieser Regelungen ist die Vermeidung wissenschaftsinadäquater Entscheidungen.35 Bei der Beurteilung, ob sich wissenschaftsinadäquate Entscheidungen vermeiden lassen, ist eine Gesamtsicht auf das hochschulrechtliche Gesamtgefüge mit seinen unterschiedlichen Entscheidungskompetenzen, mit seinem verfahrensrechtlich geordnetem Zusammenspiel von Leitungs- und Vertretungsorganen sowie mit all seinen unterschiedlichen Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten zu wählen. Eine strukturelle Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit ist ausgeschlossen, wenn im wissenschaftsorganisatorischen Gesamtgefüge ein hinreichendes Maß an Mitwirkung von Wissenschaftlern an der Planung der Hochschulentwicklung und einzelner Hochschuleinrichtungen, an allen den Wissenschaftsbetrieb prägenden Entscheidungen über die Organisation und den Haushalt sowie am hochschulinternen Satzungsrecht besteht. Leitgedanke ist dabei, die Wissenschaftler nicht allein vor wissenschaftsinadäquaten Entscheidungen zu schützen. Sie sollen darüber hinaus ihre fachliche Kompetenz zur Verwirklichung der Wissenschaftsfreiheit in die Hochschule einbringen können. Nach der hochschulorganisationsrechtlichen je desto-Formel gilt: Je stärker die Kompetenzen der Leitungsorgane, desto stärkere Mitwirkungs- und Kontrollrechte der Kollegialorgane. Soweit in der Hochschulleitung Präsident bzw. Präsidium/Rektor bzw. Rektorat zu weitreichenden wissenschaftsrelevanten Entscheidungen berechtigt sind, müssen Abwahlregelungen ein Kompetenzgleichgewicht zwischen der Hochschulleitung und dem Senat herstellen. Dabei muss das Abwahlverfahren der Professorenschaft gestatten, sich von einem Präsidiumsoder Rektoratsmitglied zu trennen. 2. Keine Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung auf die Regelung von Organisation und Leitungsebene von Privathochschulen Diese Rechtsprechung des BVerfG lässt sich aus mehreren Gründen nicht auf privatautonome Regelungen von Organisation und Leitungsebene privater Hochschulen übertragen:36 a) Unterschiedliche Gefährdungslage Der Träger einer privaten Hochschule befindet sich gegenüber staatlichen Hochschulen in einer gänzlich anderen Gefährdungslage. Die von Art. 5 Abs. 3 GG geschützte Privathochschulfreiheit gestattet, über die Würtenberger · Privathochschulfreiheit 2 1 37 Zechlin, Institutionelle Akkreditierung von Privathochschulen und Wissenschaftsfreiheit, Ordnung der Wissenschaft, 2018, S. 253, 258 mit Nachw. 38 Fehling, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Abs. 3 GG (Wissenschaftsfreiheit), Rn. 52: nur mittelbare Drittwirkung; De Wall, Nichtstaatliche Hochschulen, in: Geis (Hg.),Hochschulrecht im Freistaat Bayern, 2009, Kap VI, S. 417 mit Fn. 4; Sandberger, Kommentar LHG BW, 2. Aufl. 2015, §§ 70–72, Rn. 2; Lorenz, in: Geis (Hg.), Hochschulrecht in Bund und Ländern, § 70 HRG, Rn. 37. 39 Hierzu im Überblick: Zippelius/Würtenberger, Deutsches Staatsrecht, 33. Aufl. 2018, § 17 Rn. 41 ff. 40 So Krausnick, Staat und Hochschule im Gewährleistungsstaat, 2012, S. 351 ff.; Sandberger, Governance-Modelle für nicht staatliche Hochschulen – zum Akkreditierungsleitfaden des Wissenschaftsrates, OdW 2016, S. 97 f. 41 Etwa § 72 Abs. 2 Nr. 8 LHG NRW; § 70 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 LHG BW mit Verweis auf die „innere Wissenschaftsfreiheit“, auf einen „akademischen Kernbereich“ „mit maßgeblichem Einfluss auf die Bestellung und Abberufung der Hochschulleitung“. wissenschaftliche Ausrichtung einer Privathochschule und über deren Organisation zu bestimmen, ohne in dieser Wissenschaftsautonomie vom Staat begrenzt zu werden. Art. 5 Abs. 3 GG schützt den Träger der Privathochschulfreiheit vor Grundrechtseingriffen. An staatlichen Hochschulen hat der Staat hingegen die ganz andere, weitergehende Aufgabe, die Wissenschaftsfreiheit der dortigen Hochschullehrer bei der Entwicklung und Umsetzung der von ihrer Hochschule zu treffenden wissenschaftsaffinen Entscheidungen zu sichern. Hier kann der Staat nur in engen Grenzen die wissenschaftliche Ausrichtung einer Hochschule dirigieren und muss die wissenschaftsadäquate akademische Selbstverwaltung schützen. b) Wissenschaftsfreiheit durch Anstellungsvertrag begrenzbar Im bürgerrechtlichen Status der Gleichordnung herrscht Vertragsfreiheit. Durch den Anstellungsvertrag kann der Umfang der Wissenschafts- und Forschungsfreiheit begrenzt werden.37 So lässt sich etwa im Anstellungsvertrag regeln, dass die Hochschulsatzung mit ihren Einwirkungsmöglichkeiten des Hochschulträgers auf die Hochschulleitung anerkannt wird, dass bestimmte Forschungsschwerpunkte verfolgt werden oder dass bestimmte Wissenschaftskooperationen auf den Weg gebracht werden sollen. Davon abgesehen ist davon auszugehen, dass Art. 5 Abs. 3 GG für die Gestaltung der Leitungsebene an einer Privathochschule keine unmittelbare Drittwirkung entfaltet.38 Denn der Träger einer Privathochschule ist im Gegensatz zum Staat nicht zum Schutz der von Art. 5 Abs. 3 GG gewährten grundrechtlichen Freiheit verpflichtet. Auch aus Art. 5 Abs. 3 GG als wertentscheidender Grundsatznorm folgt nichts anderes. Wie die Wissenschaftsfreiheit auf den Träger der Privathochschule und auf die Wissenschaftler an der Hochschule zu verteilen ist, folgt nicht aus diesem Konzept, sondern aus einer verhältnismäßigen Zuordnung der Wissenschaftsfreiheit des Hochschulträgers einerseits und der Wissenschaftler mitsamt ihrer akademischen Selbstverwaltung andererseits. Deutliche rechtliche Begrenzungen der Wissenschafts- und Forschungsfreiheit sind im Übrigen selbst an staatlichen Hochschulen üblich und praktiziert. So regelt etwa § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 LHG BW eine Begrenzung der Forschungsfreiheit für die Professorenschaft an einer Dualen Hochschule: Zu ihren Dienstaufgaben gehört lediglich eine auf die duale Ausbildung bezogene Forschung in Kooperation mit den Ausbildungsstätten – eine bemerkenswerte Verengung der Forschungsfreiheit von Hochschullehrern. c) Wissenschaftsfreiheit der Träger von Privathochschulen zur Verwirklichung ihrer Organisationshoheit Soll sich Grundrechtsschutz durch Organisation und Verfahren verwirklichen,39 müssen die Träger von privaten Hochschulen weitgehend über das organisatorische Gehäuse bestimmen können, in dem sich das Wissenschafts- und/oder Lehrkonzept ihrer Privathochschule entfalten können. Wenn der Träger mit der Gründung einer Privathochschule eine bestimmte Wissenschaftskonzeption, ein bestimmtes Lehrkonzept, ein bestimmtes Credo einer Religionsgemeinschaft oder auch nur einen Kontrapunkt zum Wissenschaftsbetrieb an staatlichen Hochschulen setzen will, muss er dies durch eine Hochschulorganisation absichern können, die ihm die erforderlichen Einwirkungsrechte gestattet. Dies führt zu der eingangs gestellten Frage ist, ob die staatliche Anerkennung damit verbunden werden kann, dass die private Hochschule zu einer Gestaltung ihrer Leitungsstrukturen verpflichtet wird, die im Wesentlichen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Leitungsstrukturen an staatlichen Hochschulen oder den Leitungsstrukturen in den Landeshochschulgesetzen entspricht.40 Dem steht entgegen, dass das Anerkennungsverfahren die Privathochschulfreiheit des Trägers der Hochschule, wie sie oben entwickelt wurde, zu respektieren hat. Im Anerkennungsverfahren können keine Vorgaben gemacht werden, die mit der von Art. 5 Abs. 3 GG geschützten Wissenschaftsfreiheit des Hochschulträgers nicht vereinbar sind. 2 2 O RDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2019), 15–26 42 Zippelius/Würtenberger, Deutsches Staatsrecht, 33. Aufl. 2018, § 7 Rn. 22 mit Nachw. 43 Zum Folgenden Mager, Das Verhältnis von Steuerung, Freiheit und Partizipation in der Hochschulorganisation aus verfassungsrechtlicher Sicht, in diesem Heft, S. 7. 44 Anders Sandberger, Governace-Modelle für nichtstaatliche Hochschulen – Zum Akkreditierungsleitfaden des Wissenschaftsrates, Ordnung der Wissenschaft, 2016, S. 95, 101 unter Verweis auf BVerwGE 135, 286, Rn. 57 für die Leitungsebene für Hochschulen mit einem Stiftungsträger in der Rechtsform des öffentlichen Rechts. 45 So § 7 Abs. 2 S. 3 LHG BW. In dieser Perspektive erscheinen hochschulrechtliche Regelungen41 verfassungsrechtlich nicht haltbar, die die wissenschaftspolitischen Konzepte und die wissenschaftsaffine Organisationshoheit der Träger von Privathochschulen einengen, etwa weil das Hochschulgesetz des jeweiligen Bundeslandes auf die Regelung der akademischen Selbstverwaltung von Privathochschulen sinngemäß angewendet werden soll. 3. Praktische Konkordanz bzw. Abwägung zwischen der Wissenschaftsfreiheit des Hochschulträgers und der Wissenschaftsfreiheit der Professorenschaft sowie der wissenschaftsaffinen Hochschulselbstverwaltung Wenn sich sowohl der Träger einer privaten Hochschule als auch die dort tätige Professorenschaft auf Art. 5 Abs. 3 GG berufen können, müssen Grundrechtskollisionen aufgelöst werden. Im Privathochschulbereich sind die Kollisionslinien klar ersichtlich: Einerseits: wie weit reichen die Einwirkungsmöglichkeiten des Trägers der Privathochschulfreiheit in die akademische Sphäre „seiner“ Hochschule? Andererseits: wie weit reichen die Wissenschafts- und Lehrfreiheit der an der Hochschule tätigen Professorenschaft sowie ihr akademisches Selbstverwaltungsrecht? Kollisionen wie vorliegend zwischen Grundrechten sind durch Abwägung dergestalt aufzulösen, dass zwischen ihren normativen Vorgaben ein Ausgleich gefunden wird, der als gerecht erscheint und in dem die Freiheitsgarantien der Verfassung zu größtmöglicher Wirkung kommen.42 Bei dieser Abwägung ist zu berücksichtigen, dass auch an Privathochschulen neben der Wissenschaftsfreiheit des Trägers der Hochschule die Wissenschaftsfreiheit der Professorenschaft mitsamt der ihnen zustehenden Selbstverwaltung bestehen muss. Bei dieser Abwägung lässt sich danach abschichten, was zu den Vorbehaltsbereichen der beiden Grundrechtsträger gehört und was in Form einer wissenschaftsadäquaten Kommunikation und Kooperation zu regeln ist.43 a) Zu den Vorbehaltsbereichen des Trägers einer Privathochschule Zu den Vorbehaltsbereichen des Trägers einer Hochschule gehört all jenes, was zu deren finanziellen Ausstattung und deren wissenschaftlichen Ausrichtung gehört. Dabei steht außer Zweifel, dass die staatlichen Angelegenheiten bei öffentlichen Hochschulen in den Aufgabenbereich des Trägers der Privathochschule fallen. Im Einzelnen: – Wie bei staatlichen Hochschulen die Personal‑, Wirtschafts‑, Haushalts- und Finanzangelegenheiten – Insbesondere die Festlegung des Haushalts der Hochschule, der deren wissenschaftlichem Profil angemessen sein muss – Die Bestimmung und Sicherung des wissenschaftlichen Profils der Hochschule – Die Bestimmung des Kanzlers bzw. des an der Hochschule für den Haushalt Verantwortlichen – Die Ernennung des an der Hochschule tätigen wissenschaftlichen Personals und der Hochschulleitung – Vorschlags- oder jedenfalls Zustimmungsrecht bei der Ernennung der Hochschulleitung, Veto-Recht bei Abwahl eines Mitglieds der Hochschulleitung44 Bei den Vorbehaltsbereichen ist, um akademische Belange jeweils zu berücksichtigen, dem Senat ein Anhörungsrecht einzuräumen oder im Benehmen mit dem Senat zu entscheiden. Im Ergebnis zählt auch die Festlegung des Strukturund Entwicklungsplans zu den Vorbehaltsbereichen des Hochschulträgers. Zwar ist bei staatlichen Hochschulen ein Mitgestaltungsrecht des Senates an der Struktur- und Entwicklungsplanung gefordert. Die einzelne Planung bedarf aber der Zustimmung des Wissenschaftsministeriums, die verweigert werden kann, wenn sie „nicht mit den Zielen und Vorgaben des Landes in struktureller, finanzieller und ausstattungsbezogener Hinsicht übereinstimmt“.45 Im Hinblick auf die Privathochschulfreiheit sollte der Träger der Privathochschule im Benehmen mit dem Senat die strukturellen, finanziellen, austattungsbezogenen und hochschulpolitischen Orientierungen der Struktur- und Entwicklungspläne beschließen können. Zum mindestens muss dem Hochschulträger ein Zustimmungsrecht eingeräumt sein, das es, wie dem Ministerium de facto bei staatlichen Hochschulen, verfahrensmäßig gestattet, die große Linie der jeweiligen Strukturund Entwicklungsplanung eigenständig festzulegen. Würtenberger · Privathochschulfreiheit 2 3 46 An staatlichen Hochschulen wird die Gliederung in Fakultäten gemäß den hochschulrechtlichen Vorgaben in der Grundordnung geregelt. 47 So Lynen, Typisierung von Hochschulen, in: Hartmer/Detmer (Hg.), Hochschulrecht, 3. Aufl. 2017, Kap. 3 Rn. 58; Rüfner, Kirchliche Hochschulen im staatlichen Recht, in Rhode/Rüfner, Kirchliche Hochschulen, 2012, S. 9, 19. 48 § 73 Abs. 1 S. 1 LHG NRW; § 91 Abs. 3 S. 1 Hess HG. 49 Leitfaden der Konzeptprüfung nichtstaatlicher Hochschulen in Gründung – Drs. 4396–15. b) Zu den Vorbehaltsrechten der Professorenschaft und der Selbstverwaltungsgremien der Privathochschule Zu den Vorbehaltsrechten der Professorenschaft und der Selbstverwaltungsgremien der Privathochschule: – Freiheit von Forschung und Lehre der Hochschullehrer ggf. gemäß den vertraglichen Regelungen, eine Mindestausstattung des Forschungsbereichs, grundsätzlich freie Verwendung der Forschungsmittel – Kompetenz des Senats in allen akademischen Angelegenheiten, wie z.B. Evaluations- und Auswahlverfahren c) Zu den Mitentscheidungsbereichen In folgenden Bereichen muss die Hochschulleitung (Senat oder Rektor/Rektorat) im Einvernehmen mit dem Träger der Hochschule entscheiden: – Änderung der Grundordnung – Die Errichtung, Änderung und Aufhebung von Fachbereichen46 – Einrichtung von Forschungsschwerpunkten – Regelung der Hochschulprüfungen und Studienordnungen – Grundsätzlich in Berufungsverfahren – Bei Abwahl der Hochschulleitung durch den Senat; ggf. auch bei der Wahl der Hochschulleitung Anderes gilt allerdings, wenn die Errichtung, Änderung und Aufhebung von Fachbereichen oder die Einrichtung von Forschungsschwerpunkten das wissenschaftliche Profil der Hochschule betrifft, das der Träger bestimmt hat oder nach dem Gründungsgeschäft bestimmen kann. Bei Privathochschulen zur Förderung besonderer Wissenschaftskonzepte kann der Träger auch über deren Wissenschaftsorganisation bestimmen. Denn anders als der Staat, der bei seinem Hineinwirken in die staatlichen Hochschulen zu wissenschaftspolitischer Neutralität verpflichtet ist, kann der Privathochschulträger eigene Wissenschaftskonzepte verfolgen. d) Zwischenergebnis Als Zwischenergebnis lässt sich festhalten, dass das staatliche Hochschulorganisationsrecht zwar grundsätzlich, aber doch nur begrenzt auf die Regelungen der Leitungsebene privater Hochschulen anzuwenden ist.47 4. Zur Verfassungsmäßigkeit der vom Wissenschaftsrat verwendeten Akkreditierungsmaßstäbe im Bereich der Konzeptprüfung Nach dem Hochschulrecht einiger Bundesländer48 kann das Wissenschaftsministerium im staatlichen Anerkennungsverfahren die Konzeptprüfung neu gegründeter Hochschulen zum Beispiel dem Wissenschaftsrat übertragen. Was unter Konzeptprüfung zu verstehen ist, wird vom Gesetzgeber allerdings nicht näher definiert. Diese Regelungslücke wird vom Wissenschaftsrat durch die Verabschiedung eines umfänglichen und äußerst detaillierten Leitfadens ausgefüllt.49 Dieser Leitfaden begegnet in Randbereichen verfassungsrechtlichen Bedenken (a). Seine sehr vage gehaltenen inhaltlichen Vorgaben geben dem Gründer von nichtstaatlichen Hochschulen zudem keine klaren Vorgaben. Sie sind vielmehr auf ein Verfahren angelegt, in dem der mit der Konzeptprüfung befasste Ausschuss des Wissenschaftsrates das durchzusetzen vermag, was er unter „Hochschulförmigkeit“ versteht (b). Auf diesem Hintergrund bedarf es der verfassungsrechtlichen Einhegung des hochschulpolitischen Konzeptprüfungsermessens des Wissenschaftsrates ©. a) Verfassungsrechtliche Bedenken Der „Leitfaden der Konzeptprüfung nichtstaatlicher Hochschulen in Gründung“ begegnet einigen verfassungsrechtlichen Bedenken: aa) Keine Berücksichtigung der Wissenschaftsfreiheit des privaten Hochschulträgers Im Leitfaden des Wissenschaftsrates wird nicht explizit berücksichtigt, dass sich der private Hochschulträger auf den grundrechtlichen Schutz seiner Wissenschaftsfreiheit berufen kann. Dieses verfassungsrechtliche Defizit führt dazu, dass der Leitfaden und auch die Prüfungspraxis die verfassungsrechtlich geschützten Trägerinteressen an organisatorischer, wissenschaftlicher sowie ausbildungspolitischer Gestaltung und Akzentsetzung nicht hinreichend berücksichtigen. 2 4 O RDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2019), 15–26 50 Zechlin, Institutionelle Akkreditierung von Privathochschulen und Wissenschaftsfreiheit, OdW, 2018, S. 253, 260 zu den Erwartungen des Wissenschaftsrates, dass die zuständigen Ministerien seine Auflagen und Empfehlungen in die Anerkennungspraxis umsetzen. In dieser Erwartung wird der Wissenschaftsrat nicht enttäuscht: Was von ihm vorgeschrieben wird, findet Eingang in das Anerkennungsverfahren. 51 Vgl. etwa Wissenschaftsrat, Stellungnahme zur Reakkreditierung (Promotionsrecht) der Bucerius Law School – Hochschule für Rechtswissenschaft, Hamburg vom 27. 4. 2018, Drs. 6974–18, S. 5. 52 BVerfGE 141, 143 Rn. 59; Geis, Das Bundesverfassungsgericht zur Akkreditierung, OdW 2016, 193 ff.; Mager, Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen der Akkreditierung von Studiengängen – Zugleich eine kritische Auseinandersetzung mit der Akkreditierungs-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und eine verfassungsrechtliche Bewertung des Akkreditierungs-Staatsvertrags, OdW 2017, S. 237 ff.; Hufen, JuS 2016, 855 ff. 53 So regelt etwa § 91 Abs. 2 Hess HG die privathochschulrechtliche Selbstverwaltung nur sehr rudimentär; für Reglementierungen der Leitungsebene an Privathochschulen bestehen keinerlei rechtliche Grundlagen. 54 Zechlin, Institutionelle Akkreditierung von Privathochschulen und Wissenschaftsfreiheit, OdW 2018, S. 253, 260; Otting/Ziegler, Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen der Akkreditierung im Hochschulwesen, NVwZ 2016, 1064, 1066; BeckOK HochschulR NRW/Birnbaum, 8. Ed. 1.8.2018, HG § 73 Rn. 9. 55 Wissenschaftsrat, Stellungnahme zur Reakkreditierung (Promotionsrecht) der Bucerius Law School – Hochschule für Rechtswissenschaft, Hamburg vom 27. 4. 2018, Drs. 6974–18, S. 5. bb) Mangelnde demokratische Legitimation einer „Konzeptprüfung nichtstaatlicher Hochschulen“ Besteht der Gründer einer nichtstaatlichen Hochschule nicht die Konzeptprüfung durch den Wissenschaftsrat, so wird ihm die staatliche Anerkennung versagt. Dies ist ein tiefer Eingriff in dessen Wissenschaftsfreiheit.50 Die Voraussetzungen für einen solchen tiefen Grundrechtseingriff sind nach der Lehre vom Gesetzesvorbehalt vom demokratisch legitimierten Gesetzgeber in klarer Weise zu regeln. Dem genügt der bloße Hinweis auf eine Konzeptprüfung nicht. Der Begriff „Konzeptprüfung“ besagt nur, dass ein hochschulpolitisches Konzept zu prüfen sei, sagt aber nichts darüber aus, welche Maßstäbe an das zu prüfende hochschulpolitische Konzept anzulegen sind. Zwar wird vom Wissenschaftsrat in eigenständiger Weise die „Hochschulförmigkeit“51 als zentraler Maßstab der Konzeptprüfung entwickelt und ausdifferenziert. Die Hochschulförmigkeit aber ist kein normativer Begriff des deutschen Hochschulrechts. Eine solche Maßstäblichkeit müsste vom demokratisch legitimierten Gesetzgeber vorgegeben werden, kann aber nicht von einer privaten Organisation als Anerkennungsvoraussetzung in das Anerkennungsverfahren eingebracht werden. Derartige Pflichten zu gesetzlicher Regelung hat das BVerfG für die Akkreditierungsverfahren entschieden: „Die mit der Qualitätssicherung verbundenen Eingriffe in die Wissenschaftsfreiheit bedürfen nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage. Rechtsstaatsprinzip und Demokratiegebot verpflichten den Gesetzgeber dazu, die insoweit für die Grundrechtsverwirklichung maßgeblichen Regelungen selbst zu treffen. Was wesentlich ist, ergibt sich aus den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere aus den dort verbürgten Grundrechten. Wie weit der Gesetzgeber die für den jeweils geschützten Lebensbereich wesentlichen Leitlinien selbst bestimmen muss, lässt sich dabei nur im Blick auf den Sachbereich und die Eigenart des Regelungsgegenstandes beurteilen“.52 Da die Konzeptprüfungsverfahren des Wissenschaftsrates dem Schutz der Studierenden und der Qualitätssicherung im Bereich von Privathochschulen dienen, lassen sich auf diese die im Akkreditierungsurteil des BVerfG entwickelten Maßstäbe anwenden. Der Wissenschaftsrat ist, wie das Wissenschaftsministerium, auf die Überprüfung der gesetzlich geregelten Anerkennungsvoraussetzungen beschränkt: Die Hochschulgesetze der Länder regeln zwar in uneinheitlicher Weise die Anerkennungsvoraussetzung, dass die akademische Selbstverwaltung auch an Privathochschulen zu sichern sei. Sie machen aber keine konkreten, auf die Privathochschulfreiheit zugeschnittenen Vorgaben für die Leitungsebene an Privathochschulen.53 Der Träger der Privathochschule vermag aus dem Hochschulrecht nicht zu entnehmen, welche Vorgaben er bei der Organisation der Leitungsebene zu berücksichtigen hat. Soweit derartige hochschulrechtlichen Regelungen fehlen, was in den meisten Bundesländern der Fall ist, besteht keine Prüfungskompetenz des Wissenschaftsrates.54 cc) Fehlerhafte rechtliche Einordnung der nichtstaatlichen Hochschulen Nicht zuletzt bleibt zu kritisieren, dass der Wissenschaftsrat die nichtstaatlichen Hochschulen unzutreffend in die Staatsorganisation einordnet. Der Wissenschaftsrat stellt seinen hochschulpolitischen Auftrag mit folgenden Worten dar: „Der Wissenschaftsrat hat auf der Basis seiner Empfehlungen zur Institutionellen Akkreditierung privater Hochschulen einen Akkreditierungsausschuss eingesetzt, der im Auftrag der Länder Institutionelle Akkreditierungen und Konzeptprüfungen durchführt. Dabei handelt es sich um Verfahren der länderübergreifenden Würtenberger · Privathochschulfreiheit 2 5 Qualitätssicherung nichtstaatlicher Hochschulen in ihrer Eigenschaft als staatlich beliehene Einrichtungen des tertiären Bildungssektors“.55 Wenn die nichtstaatlichen Hochschulen staatlich beliehene Einrichtungen sein sollten, müssten sie über eine Beleihung in die Staatsorganisation eingefügt sein. Dem widersprechen allerdings Regelungen nach denen die Hochschule „mit der Anerkennung das Recht erhält, auf privatrechtlicher Grundlage einen Studien- und Prüfungsbetrieb durchzuführen, der mit einem akademischen Grad abschließt“.56 So nimmt man denn auch an, dass Privathochschulen keine Hoheitsgewalt übertragen ist und sie dem Zivilrecht unterfallen.57 In Bundesländern, in denen eine Beleihung von Privathochschulen angenommen wird, ist diese auf die Bereiche von Prüfung und Graduierung beschränkt. Es gibt eben keinen Akt der Beleihung mit umfassender Hoheitsgewalt im Privathochschulbereich. Nichtstaatliche Hochschulen werden vielmehr lediglich staatlich anerkannt, aber von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich mit Hoheitsgewalt allein im Prüfungsbereich beliehen.58 Dies fragwürdige Verständnis des rechtlichen Status von Privathochschulen ist nicht folgenlos: Wer Privathochschulen als staatlich beliehene Einrichtungen ansieht, neigt zu weit reichenden Einwirkungsrechten des Staates auf deren Leitungsebene, die es jedoch im Privathochschulbereich nicht gibt. b) Kriterien des Wissenschaftsrates bei der Konzeptprüfung von Organisation und Leitungsebene nichtstaatlicher Hochschulen In seinem „Leitfaden der Konzeptprüfung nichtstaatlicher Hochschulen in Gründung – Drs. 4396–15“, S. 23 ff. entwickelt der Wissenschaftsrat die Kriterien und Maßstäbe, denen die Organisation und Leitungsebene nichtstaatlicher Hochschulen zu folgen haben: „Leitungsstruktur und Organisation einer Hochschule müssen die grundgesetzlich garantierte Freiheit von Kunst, Wissenschaft, Forschung und Lehre sicherstellen. Entscheidend dafür ist zum einen ein diese Anforderung respektierendes Verhältnis zwischen der Hochschule und deren Trägereinrichtung und Betreiber. Zum anderen setzt die Gewährleistung akademischer Freiheitsrechte voraus, dass die Leitungs- und Selbstverwaltungsstrukturen innerhalb der Hochschule so beschaffen sind, dass sich die Hochschulmitglieder ihrem jeweiligen Status entsprechend an den akademischen Entscheidungsprozessen beteiligen können. Schließlich muss die Hochschule über eine wissenschaftsadäquate und ihren spezifischen Anforderungen genügende Organisationsstruktur sowie über ein funktionsgerechtes Qualitätsmanagement verfügen“. Diese sehr allgemeinen Bemerkungen blenden, um es nochmals hervorzuheben, die an sich zu berücksichtigende Wissenschaftsfreiheit des Trägers einer Privathochschule aus. Im Einzelnen werden für die Beurteilung der Leitungsebene an Privathochschulen folgende Prüfkriterien entwickelt: – Das Verhältnis zwischen den Interessen und Steuerungsmöglichkeiten des Betreibers, der Trägereinrichtung und der geplanten Hochschule ist ausgewogen gestaltet und schützt die Hochschule, ihre Organe und Mitglieder gegen wissenschaftsfremde Einflüsse Dritter. – Die Organe und akademischen Gremien der geplanten Hochschule verfügen über hinreichende Kompetenzen in sämtlichen akademischen Belangen. – Die Kompetenzen für die inhaltliche Gestaltung der Rahmenbedingungen von Forschung und Lehre liegen bei den Professorinnen und Professoren, die zu diesem Zweck über eine strukturelle Mehrheit im zentralen Selbstverwaltungsorgan der geplanten Hochschule verfügen. – Professorinnen und Professoren unterliegen hinsichtlich der Inhalte von Lehre, Forschung und Kunstausübung keiner in ihre verfassungsmäßigen Grundrechte eingreifenden Weisungsbefugnis seitens der Hochschulleitung, der Hochschulträgereinrichtung oder des Betreibers. – Das zentrale Selbstverwaltungsorgan der geplanten Hochschule hat hinsichtlich der Gestaltung und Änderung der Grundordnung oder Satzung der geplanten Hochschule ein Initiativrecht. Es beschließt die Grundordnung oder Satzung im Einvernehmen mit der Trägereinrichtung oder dem Betreiber. – Die Bestellung und Abberufung der mit akademischen Angelegenheiten betrauten Mitglieder der Hochschulleitung erfolgt unter maßgeblicher Mitwirkung (Wahlrecht, Vorschlagsrecht oder Zustimmungserfordernis) des zentralen Selbstverwaltungs56 § 91 Abs. 4 S. 1 HS 1 Hess HG. 57 Lynen, Typisierung von Hochschulen, in: Hartmer/Detmer (Hg.), Hochschulrecht. 3. Aufl. 2017, Kap. 3 Rn. 58. 58 Vgl. BeckOK HochschulR Nds/Lange, 8. Ed. 1.6.2018, NHG § 64 Rn. 11; 67 Rn. 3 ff.; BAG NZA-RR 2011, 216 Rn. 52; VKH Kassel, NJW 2016, 1338 Rn. 3; differenzierend OVG Münster BeckRS 2013, 51556; anders die Rechtslage u. a. in Bayern: BeckOK HochschulR Bayern/Penßel, 10. Ed. 1.8.2018, BayHSchG Art. 77 Rn. 3, 13. 2 6 O RDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2019), 15–26 organs der geplanten Hochschule. Die Besetzung der akademischen Leitungsämter nachgeordneter Funktionsebenen erfolgt entsprechend. – Das zentrale Selbstverwaltungsorgan der geplanten Hochschule kann auf Antrag eines Mitglieds in Abwesenheit von Vertreterinnen und Vertretern der Trägereinrichtung oder des Betreibers, die qua Amt zu seinen Mitgliedern zählen (z. B. die Kanzlerin oder der Kanzler), tagen und Entscheidungen treffen. – (in Berufungsverfahren) werden in der Regel folgende Grundprinzipien eingehalten: wissenschaftsgeleitete Denomination, öffentliche Ausschreibung, Leistungsevaluation nach transparenten und verbindlichen Kriterien, Einbindung eines akademischen Selbstverwaltungsorgans, Beteiligung externen wissenschaftlichen Sachverstandes, professorale Mehrheit in der Berufungskommission, Ausschluss von Vertreterinnen oder Vertretern des Betreibers und der Trägereinrichtung aus der Berufungskommission, sofern Letztere keine durch das zentrale Selbstverwaltungsorgan legitimierte Funktion in der Hochschulleitung innehaben, zeitnahe und regelmäßige Information der Bewerberinnen und Bewerber über den Stand des Verfahrens. Es ist ferner sichergestellt, dass der Betreiber oder die Trägereinrichtung der Hochschule Berufungsvorschläge nicht aus Gründen ablehnen kann, die die wissenschaftliche Qualifikation der Kandidatinnen und Kandidaten betreffen. Der Qualitätssicherung der Berufungsverfahren dient auch die Einsetzung von Berufungsbeauftragten. In dieser Allgemeinheit kann den vom Wissenschaftsrat entwickelten Maßstäben einer Konzeptprüfung im Grundsatz zugestimmt werden.59 Auf eine Homogenität der Leitungsebene an privaten und staatlichen Hochschulen darf mit diesem Prüfkonzept allerdings nicht hingewirkt werden. Den vorstehend geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken lässt sich bei der Prüfung des jeweiligen Hochschulkonzepts Rechnung tragen. Dabei müssen die Prüfungsmaßstäbe einzelfallorientiert in dem Maß zurückgenommen werden, in dem der Hochschulträger eigene wissenschaftspolitische Ziele und Organisationsformen verfolgt. III. Schlussbemerkung Trotz der grundsätzlichen Zustimmung zur Konzeptprüfung des Wissenschaftsrates in der Gründungsphase einer Privathochschule sei festgehalten: Diese legitime Qualitätskontrolle darf nicht in eine inadäquate und verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigende Fremdbestimmung des Trägers der Hochschule münden. Dem Hochschulträger ist die Freiheit zu belassen, selbstbestimmte Besonderheiten und Alternativkonzepte zu herkömmlichen und insbesondere staatlichen Modellen der Hochschulleitung zu verfolgen.60 In einem pluralistischen Hochschulwesen muss es möglich sein, den vom BVerfG entwickelten Vorgaben für die Hochschulleitung andere Leitungskonzepte entgegen zu setzen. Erst ein solches Experimentieren mit unterschiedlichen Leitungskonzepten ermöglicht, jenseits verfassungsgerichtlicher Rahmensetzungen alternative Leitungskonzepte auf den Prüfstand wissenschaftsadäquater Realisierung zu stellen. Soll etwa der Privathochschulfreiheit der Versuch verwehrt sein, im Ausland erprobte Leitungskonzepte in die deutsche Wissenschaftskultur zu übertragen? Eine Konzeptprüfung des Wissenschaftsrates muss bereits in der Gründungsphase den hochschul- und wissenschaftspolitischen Vorstellungen des Hochschulträgers in angemessener Weise Rechnung tragen. Thomas Würtenberger ist Professor an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und Leiter der Forschungsstelle für Hochschulrecht und Hochschularbeitsrecht. 59 Sehr viel großzügiger zu einer vom Wissenschaftsrat erzwungenen Homogenität in der Hochschulorganisation staatlicher und privater Hochschulen: Lynen, Typisierung von Hochschulen, in: Hartmer/Detmer (Hg.), Hochschulrecht. 3. Aufl. 2017, Kap. 3 Rn. 58, der allerdings, wie er selbst bemerkt, an den Prüfungsausschüssen des Wissenschaftsrates mitwirkt. 60 So nachdrücklich Hufen, JuS 2016, 855, 858.