In dem Verfahren hatte sich der Bayerische Verwal- tungsgerichtshof mit der Frage auseinanderzusetzen, ob eine Hochschule von einer Professorin Leistungsbezüge, die ihr im Rahmen ihrer Berufung auf eine befristete Professur befristet zugesagt und gewährt wurden, zurückverlangen kann, wenn die Professorin innerhalb von drei Jahren an eine andere Hochschule wechselt. Auf diese Rückzahlungsverpflichtung war im Berufungsan- gebot der Hochschule hingewiesen worden. Der Verwal- tungsgerichtshof erachtete die Rückforderung der Beru- fungsleistungsbezüge für rechtswidrig, vertrat dabei aber die Auffassung, dass eine Rückforderung im Falle von unbefristeten Bleibe-Leistungsbezügen zulässig sein könne.
I. Die Fallkonstellation
Die Klägerin war mit Wirkung vom 1.4.2012 unter Beru- fung in ein Beamtenverhältnis auf Zeit für die Dauer von 5 Jahren zur Universitätsprofessorin der Besoldungs- gruppe W2 ernannt worden. Das Berufungsangebot der Hochschule enthielt die Zusage eines Berufungsleis- tungsbezuges in Höhe von 1.500,00 EUR, der aufschie- bend bedingt unbefristet gewährt wurde, ferner einen weiteren – befristeten – Berufungsleistungsbezug in Höhe von 600,00 EUR. Das von der Klägerin angenom- mene Berufungsangebot enthielt am Ende den Hinweis, dass die gewährten Leistungsbezüge nach Maßgabe der Vergabegrundsätze der Universität in voller Höhe zurückzuzahlen sind, wenn innerhalb von drei Jahren seit Gewährung ein Wechsel an eine andere Hochschule erfolgt.
Mit Wirkung vom 1.1.2014 wurde die Klägerin unter Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit auf eine W3 Professur an einer anderen bayerischen Hoch- schule ernannt. Mit Bescheid vom 14.1.2014 stellte die frühere Hochschule gegenüber der Klägerin fest, dass sie – weil die 3‑Jahresfrist noch nicht abgelaufen sei – zur Rückzahlung der seit Dienstantritt gewährten Leistungs- bezüge in voller Höhe verpflichtet sei, ferner, dass die Berufungsleistungsbezüge vom Landesamt für Finanzen zurückgefordert würden. Die Klägerin erhielt daraufhin
1 Unter Verweis auf BVerfG v. 3.7.2007, 2 BvR 733/06, juris; BVerwG v. 27.2.1992, 2 C 28/91, , NVwZ 1993, 372 und BVerwG v. 13.9.2001, 2 A 9/00, ZTR 2002, 95.
im April 2014 von dort eine entsprechende Zahlungsauf- forderung über 42.290,35 EUR.
Hinsichtlich der Rückzahlung der Leistungsbezüge berief sich die Hochschule auf Art. 70 Abs. 3 S. 2 Bay- BesG iVm § 3 Abs. 4 S. 2 der Bayerischen Hochschulleis- tungsbezüge-Verordnung (BayHLeistBV). Danach kann die Hochschule festlegen, dass Berufungs- und Bleibe- leistungsbezüge zurückzuzahlen sind, wenn der Profes- sor oder die Professorin innerhalb von drei Jahren seit Gewährung dieser Leistungsbezüge an eine andere Hochschulewechselt.
II. Entscheidung der Vorinstanz
Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hatte die Hochschullehrerin Klage gegen den Rückforderungsbe- scheid erhoben, die das VG Würzburg (W 1 K 14.811) mit Urteil vom 24.11.2015 abgewiesen hat. Das Verwaltungs- gericht sah die Verpflichtung der Klägerin zur Rückfor- derung der Leistungsbezüge durch die Regelungen des Bayerischen Besoldungsrechts gedeckt. Es wies dabei darauf hin, dass ihm bezüglich der hier streitigen Kons- tellation keine Gerichtsentscheidungen bekannt seien, die sich mit dieser Thematik in der Vergangenheit befasst hätten. In Anknüpfung an die Rechtsprechung zur Rück- forderung von Anwärterbezügen bzw. Anwärtersonder- zuschlägen bei Nichteinhaltung einer bestimmten Min- destdienstzeit nach Beendigung der Ausbildung1 hielt das Verwaltungsgericht die Rückforderung für rechtmä- ßig. Verstöße gegen Art. 33 Abs. 2 GG, 12 Abs. 1 GG oder Art. 5 Abs. 3 GG verneinte das Gericht. Der Feststel- lungsbescheid der Hochschule scheitere auch nicht am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Bezug auf die vol- le Rückzahlungsverpflichtung, da das Landesamt für Finanzen im anschließenden Verwaltungsverfahren der eigentlichen Rückforderung einer verfassungskonfor- men Rechtsanwendung Rechnung tragen könne; hier könnten Billigkeitserwägungen nach § 15 Abs. 2 S. 3 Bay- BesG angestellt werden, auch könne dort dem Gesichts- punkt Bedeutung zukommen, dass eine verfassungsge- mäße Alimentation der Klägerin – ohne die Leistungs- bezüge – „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ durch das
Frank Wertheimer
Rückforderung von Berufungs-Leistungsbezügen bei vorzeitigem Hochschulwechsel – BayVGH, Urt. vom 18.8.2017, 3 BV 16.132
Ordnung der Wissenschaft 2018, ISBN/ISSN 3–45678-222–7
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gewährte W2-Grundgehalt nicht gewährleistet gewesen sei.
III. Praktische Bedeutung der Entscheidung des BayVGH
Mit dem Berufungsurteil vom 18.8.2017 hat der Bayeri- sche Verwaltungsgerichtshof Neuland betreten, weil bis- lang weder obergerichtliche noch höchstrichterliche Rechtsprechung zu der Frage vorlag, ob und in welchem Umfang eine Hochschule in einer derartigen Konstellati- on Berufungsleistungsbezüge zurückfordern kann. Das kommt in der Entscheidung auch insoweit zum Aus- druck, als das Gericht die Revision zugelassen hat, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe. Der Freistaat Bayern legte keine Revision ein, die Entschei- dung ist rechtskräftig.
Der Interessenwiderstreit ist evident: Die Hochschu- len führen ihren Aufwand, den sie mit einem universitä- ren Berufungsverfahren betreiben sowie die Investitio- nen, die mit einer Berufungszusage verbunden sind, ins Feld, mit dem Rückforderungsvorbehalt könne eine ge- wisse Verlässlichkeit gewährleistet werden, dass der bzw. die Berufene eine kalkulierbare Zeit an der Hochschule verbleibe. Aus Sicht der Professorin bzw. des Professors stellt sich die Situation anders dar: In der Verhandlungs- phase über die Rufannahme besteht praktisch keine Chance durchzusetzen, dass die Hochschule auf einen Rückforderungsvorbehalt verzichtet, zumal die Rufertei- lung noch keine gesicherte Rechtsposition verschafft.2 Ist die Berufung mit einem Rückforderungsvorbehalt belas- tet, wird ein Wechsel an eine andere Hochschule er- schwert. Vor allem in Konstellationen, in denen – wie hier – ein Wechsel von einer befristeten W2-Professur ohne konkrete Entfristungsoption auf eine höher dotier- te W3-Lebenszeitprofessur möglich ist, kann sich eine drohende Rückzahlungsverpflichtung nachteilig auswirken.
IV. Urteil des BayVGH vom 18.8.2017
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hielt den Bescheid der Hochschule über die Feststellung der Rück- zahlung von Berufungs-Leistungsbezügen für rechts- widrig, dieser verletze die Professorin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). In dem Urteil finden sich fol- gende Aussagen:
1. Ermächtigungsgrundlage für die Rückforderung von Berufungsleistungsbezügen könne allein Art. 70
2 Vgl. hierzu Wertheimer, OdW 2015, 147 mwN; Detmer, in: HSchR- Praxishandbuch, 3. Aufl. 2017, Kap. 4 Rn. 101 f.
Abs. 3 S. 2 BayBesG sein. Diese Norm berechtige grund- sätzlich zum Erlass eines belastenden Verwaltungsaktes, mit dem gewährte Leistungsbezüge unter den dort ge- nannten Voraussetzungen zurückverlangt werden könn- ten. In diesem Zusammenhang stellt das Gericht klar, dass Art. 70 Abs. 3 S. 2 zu einer Einzelfallregelung er- mächtige, nicht hingegen zu einem entsprechenden Nor- merlass, so dass dem auf Art. 74 BayBesG beruhenden gleichlautenden § 3 Abs. 4 S. 2 BayHLeistBV keine eigen- ständige Bedeutung zukommt.
2. Der am Ende des Berufungsangebots enthaltene Hinweis auf die Rückzahlungsverpflichtung unterliege nicht der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB, weil es sich bei der Zusage der Berufungsleistungsbezüge um eine Zusage analog § 38 BayVwVfG handele und nicht um ein Angebot auf Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages.
3. Art. 70 Abs. 3 S. 2 BayBesG gelte nur für unbefris- tete Berufungs- und Bleibe-Leistungsbezüge, ein Wille des Gesetzgebers, auch befristet bewilligte Leistungsbe- züge mit der Rückforderungsbestimmung zu erfassen, komme nicht rechtssicher zum Ausdruck. Der Verwal- tungsgerichtshof schließt dies sowohl aus einer systema- tischen Binnenauslegung der Vorschrift wie auch aus ei- ner systematischen Vergleichsbetrachtung mit Art. 71 Abs. 2 S. 3 BayBesG, der ebenfalls nur bei unbefristeten Leistungsbezügen für den Fall eines erheblichen Leis- tungsabfalls des Hochschullehrers eine Widerrufsmög- lichkeit vorsieht.
4. Art. 70 Abs. 3 S. 2 BayBesG auf alle Fälle anzuwen- den, in denen ein Professor oder eine Professorin inner- halb von drei Jahren seit Gewährung der Berufungs- Leistungsbezüge an eine andere Hochschule wechselt, sei mit höherrangigem Recht nicht vereinbar, weshalb die Vorschrift einer verfassungskonformen Auslegung bedürfe. Werden Berufungsleistungsbezüge für eine nach Ernennung im Dienstverhältnis erbrachte Leistung gezahlt, bestehe für eine Rückzahlungspflicht bei einem Verlassen der Hochschule kein Raum.
Gefolgert wird dies aus Art. 12 GG. Entgegen der Auffassung des VG Würzburg in der Vorinstanz könne die Rechtsprechung zur Rückzahlung von Ausbildungs- aufwendungen3 nicht übertragen werden. Mit der Ge- währung von Leistungsbezügen habe die Hochschule nicht in die Klägerin investiert, sondern ihr auf Basis ih- rer Vergabegrundsätze eine erhöhte Vergütung dafür zu- gestanden, weil sie schon mit Dienstantritt in der Lage gewesen sei, Leistungen zu erbringen, die die internatio- nale Reputation der Universität entscheidend mitpräg-
3 Hierzu zuletzt BVerwG vom 12.4.2017, 2 C 16.16, BVerwGE 158, 364.
Wertheimer · Rückforderung von Berufungs-Leistungsbezügen 2 4 5
ten.4 In einer solchen Situation bestehe kein Vorrang der Belange der Universität vor dem Interesse des befristet beschäftigten Hochschullehrers, Karrierechancen auf eine unbefristete Professur wahrnehmen zu können. Die Belange der Universität, Planungssicherheit zu erhalten und den Aufwand von Berufungsverfahren in einem an- gemessenen Rahmen zu halten, stellten zwar dem Grun- de nach sachgerechte und vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls dar, diese lassen jedoch die Einschrän- kung der Berufsfreiheit von befristet beschäftigten Hochschullehrern nicht als verhältnismäßig erscheinen. Vielmehr seien die arbeitsrechtlichen Grundlagen her- anzuziehen, nach denen für Sonderzahlungen mit Ent- geltcharakter Rückzahlungsvorbehalte unzulässig sind, wenn Gegenstand der Zahlung Entgelt für bereits geleis- tete Arbeit ist.
5. Der Senat hält rechtlich unbedenkliche Anwen- dungsfälle der Ermächtigungsgrundlage des Art. 70 Abs. 3 S. 2 BayBesG für möglich. So könne etwa die Rückfor- derung von unbefristeten Bleibe-Leistungsbezügen in Betracht kommen, weil diese nicht ohne weiteres als Ge- genleistung für geleistete Dienste anzusehen sein wer- den, sondern auch allein deshalb erbracht werden kön- nen, um den (möglicherweise) abwanderungswilligen Hochschullehrer davon abzuhalten, dem Ruf einer ande- ren Universität zu folgen.
6. Der Umstand, dass die Klägerin bereits einen An- teil des Dreijahreszeitraums tatsächlich abgeleistet habe, könne entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht in dem sich anschließenden Verwaltungsverfahren durch eine Teilrückzahlung nach § 15 Abs. 2 BayBesG berück- sichtigt werden, weil es sich bei dieser Vorschrift ledig- lich um eine Rechtsfolgenverweisung handele. Offen ließ das Gericht in diesem Zusammenhang, ob in einer sol- chen Fallkonstellation auch eine zeitanteilige Abschmel- zung des Rückforderungsbetrages in Betracht komme.
V. Bewertung der Entscheidung
Die dem Fall zugrunde liegende Frage, ob die beklagte Hochschule die befristet gewährten Berufungs-Leis- tungsbezügen auf Basis des Art. 70 Abs. 3 S. 2 BayBesG zurückverlangen konnte, hat der Bayerische Verwal- tungsgerichtshof richtig entschieden. Eine nähere Befas- sung mit den Urteilsgründen lohnt insbesondere des- halb, weil die Fallkonstellationen bei der Gewährung von Berufungs- oder Bleibe-Leistungsbezügen auch
- 4 So § 2 Abs. 2 Stufe 6 der Vergabegrundsätze der beklagten Hoch- schule.
- 5 LT-Drs. 16/3200 S. 418.
- 6 KMK-Vereinbarung über die Besetzung von Professorinnen undProfessoren an den Hochschulen, Beschluss vom 10.11.1978 i.d.F.
anders gelagert sein können und Antworten auf die dann vorzunehmende rechtliche Bewertung verlangen.
1. Art. 70 Abs. 3 S. 2 BayBesG als Ermächtigungsgrund- lage
Dass der Verwaltungsgerichtshof Art. 70 Abs. 3 S. 2 Bay- BesG als alleinige Ermächtigungsgrundlage für die Rückforderung der Leistungsbezüge betrachtet und die- se Norm als Ermächtigung zu einer Einzelfallregelung wertet, ist auf Basis der Gesetzgebungsmaterialien5 über- zeugend begründet. Dem wortgleichen § 3 Abs. 4 S. 2 BayHLeistBV kommt damit keine eigenständige Bedeu- tung zu.
Die Gesetzesbegründung, wonach Art. 70 Abs. 3 S. 2 BayBesG dem Schutz der Hochschule „vor einem unlau- teren Abwerbeverhalten anderer Hochschulen“ diene, ist dabei kritisch zu sehen. Bietet, wie im vorliegenden Fall, eine andere Hochschule einer befristet berufenen Pro- fessorin eine höher besoldete Lebenszeitprofessur an, so kann darin kein unlauteres Abwerbeverhalten gesehen werden. Nicht einmal die verfassungsmäßig kritisch zu beurteilende Vereinbarung der Kultusministerkonferenz zur Besetzung von C4- und W3-Professuren6 hätte hier zu einem Absehen von einer Berufung7 geführt. Abgese- hen davon begegnet die Argumentation der bayerischen Legislative auch systematischen Bedenken: Es passt nicht zusammen, dass mit der Vorschrift ein unlauteres Ab- werbeverhalten einer anderen Hochschule verhindert werden soll, die „Zeche“ aber der betreffende Hoch- schullehrer bezahlen soll, der die Hochschule innerhalb des Dreijahreszeitraums verlässt. Andere Bundesländer verzichten daher auch auf ein derartiges nicht nur recht- lich, sondern auch hochschulpolitisch fragwürdiges Instrument.
In diesem Zusammenhang enthalten die Urteils- gründe noch eine kleine Ranke. Der Hinweis im Beru- fungsschreiben auf die Rückzahlungsverpflichtung un- terliege, so der Verwaltungsgerichtshof, nicht einer In- haltskontrolle nach § 307 BGB, weil es sich bei der Zusa- ge der Hochschulleistungsbezüge um eine Zusage analog § 38 BayVwVfG handelt und nicht um ein Angebot auf Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages. Stellt man auf die äußeren Umstände ab, die hier dadurch ge- prägt waren, dass lediglich eine einseitige Erklärung sei- tens der Hochschule vorlag, lässt sich in der Tat von ei- ner Zusage ausgehen und nicht vom Angebot auf Ab- schluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages.8 Sieht
vom 15.8.2002; siehe hierzu Detmer, a.a.O., Kap. 4, Rn. 77.
7 Abschnitt II Nr. 3 Abs. 2 der KMK-Vereinbarung.
8 So auch VG Würzburg v. 24.11.2015, W 1 K 14.811, juris; vgl. hierzu
Detmer, a.a.O., Kap. 4, Rdnr. 113; Wertheimer, OdW 2015, 147, 152 mwN.
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man, wie die Vorinstanz, in der Rückzahlungsverpflich- tung eine Nebenbestimmung gem. § 36 BayVwVfG in FormeinerauflösendenBedingung,somussinformel- ler Hinsicht dasselbe wie für den Verwaltungsakt oder die Zusage gelten, insbesondere ist auf die Anforde- rungen des § 37 BayVwVfG hinzuweisen. Im Zusage- schreiben des Präsidenten der Hochschule waren die für die Klägerin vorgesehenen Besoldungsbezüge (Grundbesoldung nebst Leistungsbezügen) unter I. er- wähnt. Es folgten Regelungen zur Ruhegehaltsfähigkeit (II.), zu Besoldungsanpassungen (III.), Sonderzahlun- gen, Familienzuschlägen, Umzugskosten und Tren- nungsgeld (IV.). Unter V. ging das Schreiben auf Gestal- tungsmöglichkeiten der W‑Besoldung ein. Am Ende – nahezu versteckt – findet sich der Passus auf die streitge- genständliche Rückforderung der Leistungsbezüge unter „Weitere Hinweise“, drucktechnisch war dieser Passus nicht hervorgehoben und fiel daher auch nicht auf. In zi- vilrechtlichen Kategorien hätte die Annahme einer über- raschenden Klausel gem. § 305c BGB nahe gelegen. Auch wenn das VwVfG keine dem § 305c BGB vergleichbare Regelung kennt, könnten auf den ersten Blick Bedenken gegen die Wirksamkeit der Rückzahlungsklausel beste- hen, etwa wegen eines irreführenden Verhaltens der Hochschule, indem sie die uneingeschränkte Geltung der Leistungsbezüge durch die textlich getrennte Unter- bringung der Rückzahlungsklausel verschleierte und so- mit bei der Klägerin eine Fehlvorstellung hervorrief.9 Der BayVGH hat diese Frage letztlich mit dem Hinweis offen gelassen, dass gegen die Rückzahlung von Beru- fungs- und Bleibe-Leistungsbezügen durch Bescheid keine Bedenken bestünden.10
In rechtlicher Hinsicht ist dem zwar zu folgen, es bleibt gleichwohl der Beigeschmack fehlender Transpa- renz: Wenn das Berufungsangebot schon einen Hinweis auf die Rückzahlungsverpflichtung aufnimmt, dann ge- hört er vom inhaltlichen Zusammenhang her an die Stel- le, an der die Gewährung der Berufungs-Leistungsbezü- ge festgehalten wird.
2. Rückforderung nur bei unbefristeten Leistungsbezü- gen
Überzeugend nimmt der Verwaltungsgerichtshof in den Entscheidungsgründen bei Auslegung von Art. 70 Abs. 3 S. 2 BayBesG an, dass die Vorschrift nur für eine Rückforderung unbefristeter Leistungsbezüge als Ermächtigungsgrundlage herangezogen werden kann.
- 9 Vgl. dazu Stelkens/Bonk/Sachs, 9. Aufl. 2018, § 36 Rn. 34.
- 10 Unter Hinweis auf BVerwG v. 12.4.2017, 2 C 16.16, juris.
Zutreffend sind in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen, dass der Gesetzgeber mit besagter Ermächtigungsnorm nicht auch einen Stellenwechsel ohne Wechsel des Dienstherrn sanktionieren wollte – zur Erinnerung: die Klägerin wechselte an eine andere Hochschule innerhalb des gleichen Bundeslandes.
An dieser Stelle hätte der Verwaltungsgerichtshof „das Buch schließen können“, die Feststellung, dass der Rückforderungsbescheid von Art. 70 Abs. 3 S. 2 BayBesG nicht gedeckt ist, wäre bereits ausreichend gewesen. Zu begrüßen ist deshalb, dass unter 1 d) der GründeweitereAusführungenfolgen.Dasgiltinsbe- sondere für die Feststellung, dass die Anwendbarkeit der Norm auf alle Fälle, in denen ein Professor oder eine Professorin innerhalb von drei Jahren seit Ge- währung der Berufungs-Leistungsbezüge an eine an- dere Hochschule wechselt, mit höherrangigem Recht nicht vereinbar wäre, die Bestimmung vielmehr einer verfassungskonformen Auslegung bedürfe. Die dann folgenden Ausführungen würden nämlich gerade dann helfen, wenn der Gesetzgeber in Bayern die Rückforde- rungsbestimmung des Art. 70 Abs. 3 auf befristete Leis- tungsbezüge erweitern sollte. Vor diesem Hintergrund wirkt die Entscheidung gleichsam „in die Zukunft“.
3. Verfassungskonforme Auslegung
Wenn der Verwaltungsgerichtshof hierbei festhält, dass für eine Rückzahlungsverpflichtung von Berufungsleis- tungsbezügen bei einem Verlassen der Hochschule kein Raum besteht, wenn diese Leistungsbezüge für eine nach Ernennung im Dienstverhältnis erbrachte Leistung bezahlt werden,11 so verdient das uneingeschränkte Zustimmung.
a) In diesem Zusammenhang hat das Gericht auch der Auffassung des VG Würzburg in der ersten Ins- tanz eine Absage erteilt, die eine Parallele zur Recht- sprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Frage der Rückzahlung von Anwärterbezügen bzw. Anwär- tersonderzuschlägen bei Nichteinhaltung einer be- stimmten Bleibeverpflichtung von Beamtenanwärtern oder Beamten gezogen hatte. Weil das BVerwG dort Mindestdienstzeiten von 5 Jahren im Hinblick auf Art. 12 Abs. 2 GG für zumutbar erachtet hat, hielt das Ver- waltungsgericht Würzburg eine dreijährige Bindungs- dauer auf Grundlage der Vergabegrundsätze der Hochschule (noch) für verhältnismäßig. Der Verwal- tungsgerichtshof hält dem in den Entscheidungsgrün-
11 Hierzu Preißler in Reich/Preißler, BBesG, 1. Aufl. 2014, § 33 Rn. 6.
Wertheimer · Rückforderung von Berufungs-Leistungsbezügen 2 4 7
den entgegen, dass die Hochschule mit den Leistungsbe- zügen nicht in die Person der Klägerin „investiert“, son- dern ihr durch Gewährung der höchsten Stufe der Beru- fungs-Leistungsbezüge ein Entgelt für zu erbringende Leistungen zugesagt habe.
Auf die Rechtsprechung zu Ausbildungs- und Fort- bildungsaufwendungen lässt sich hier zurecht nicht re- kurrieren: Nach § 59 Abs. 5 BBesG, dem im Übrigen Art. 75 Abs. 2 BayBesG ähnelt, kann für Anwärter, die im Rahmen ihres Vorbereitungsdienstes ein Studium ab- leisten, die Gewährung der Anwärterbezüge von der Er- füllung von Auflagen abhängig gemacht werden. Die ra- tio dieser Norm hat mit der hiesigen Fragestellung nichts gemein: Nach Sinn und Zweck soll § 59 Abs. 5 BBesG si- cherstellen, dass Anwärter, die zunächst im Rahmen ih- res Vorbereitungsdienstes an einer Hochschule studie- ren und nach dem Studienabschluss nicht mehr bereit sind, als Beamte im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn zu verbleiben, keine finanziellen Vorteile gegenüber anderen Studierenden erlangen.12 Maßgeb- lich für die Rechtfertigung einer Auflage iSd § 59 Abs. 5 BBesG ist ferner, dass ein Studium im Rahmen eines Be- amtenverhältnisses gefördert wird und der Beamte auf Widerruf während des Studiums insbesondere einen Anspruch auf Besoldung hat. Diese kostenaufwendige Form der Ausbildung im Rahmen des Vorbereitungs- dienstes privilegiert die Anwärterstudierenden im Ver- gleich mit anderen Beamten auf Widerruf im Vorberei- tungsdienst und im Vergleich mit Studierenden, die während ihrer Ausbildung keine Bezüge nach dem BBesG erhalten.13
Diese Interessenlage unterscheidet sich maßgeblich von der hier vorliegenden. Während der Anwärter Bezü- ge nach dem BBesG erhält, ohne dem Dienstherrn eine (Dienst-)Leistung zu schulden und daher mit einer Rückforderung belegt werden kann, wenn er nicht für eine gewisse (Armortisations-) Zeit nach Abschluss der Ausbildung beim Dienstherrn verbleibt, hatte die Kläge- rin in den 21 Monaten, in denen sie an der Hochschule Forschung und Lehre in ihrem Fach gepflegt hat, eine echte Gegenleistung erbracht. Darauf hat der Verwal- tungsgerichtshof bei der Bewertung der Stufen der Ver- gabegrundsätze der Hochschule zu Recht abgehoben. Man kann dies noch zuspitzen: Die Leistungsbezüge der Vergabegrundsätze definieren den „Marktwert“, der der Klägerin zugemessen wurde. Auf Grundlage dieses
- 12 BVerwG v. 13.9.2011, 2 A 9/00, ZTR 2002, 95; v. 3.7.2009, 2 B 13/09, juris; vgl auch BVerwG v. 27.2.1992, 2 C 28/91, NVwZ 1993, 372; gleichermaßen für die Rückforderung von Ausbildungskos- ten eines ehemaligen Offiziers auf Zeit: BVerwG v. 12.4.2017, 2 C 16.16, BVerwGE 158, 364.
- 13 BVerwG v. 13.9.2011, a.a.O.
Marktwerts hat sie mit Aufnahme ihres Dienstes For- schungs- und Lehrleistungen und damit Gegenleistun- gen in einem echten do-ut-des-Verhältnis erbracht. Die- se Gegenleistung hat durch den Umstand, dass die Klä- gerin die Hochschule nach 21 Monaten wieder verlassen hat, nicht an Wert verloren.
Nichts anderes praktiziert der Verwaltungsgerichts- hof, indem er die arbeitsrechtlichen Grundsätze über- trägt, wonach Regelungen unzumutbar sind, die in un- zulässiger Weise die freie Arbeitsplatzwahl beschränken, die auch das Recht des Beamten einschließt, den einmal gewählten Arbeitsplatz beizubehalten, aufzugeben oder zu wechseln und die den gleichen Schutz genießt wie die Freiheit der Berufswahl. Dabei entspreche es, so der Ver- waltungsgerichtshof, gesicherter arbeitsrechtlicher Dog- matik, dass für Sonderzahlungen mit Entgeltcharakter Rückzahlungsvorbehalte unzulässig sind, wenn Gegen- stand der Zahlung Entgelt für bereits geleistete Arbeit ist.14
b) Abgesehen davon hat das Verwaltungsgericht erst- instanzlich bei der Parallele zur Rückzahlung von Aus- bildungs- und Fortbildungskosten zwei weitere Aspekte außer acht gelassen: Zum einen unterfallen Anwärterbe- züge nicht dem verfassungsrechtlich verankerten Ali- mentationsprinzip nach Art. 33 Abs. 5 GG,15 weshalb die Anforderungen an die Zumutbarkeit einer Rückforde- rung allein deshalb schon niedriger liegen. Zum anderen ist die Rückzahlungspflicht auf den Teil der Anwärterbe- züge begrenzt, der den Betrag in § 2 Abs. 2 S. 2 des Bun- deskindergeldgesetzes in der jeweils geltenden Fassung überschreitet und damit der Höhe nach limitiert.16 Dem- gegenüber legte die der Klägerin auferlegte Rückzah- lungsverpflichtung kein Limit fest.
c) Ein weiterer Aspekt scheint auf, wenn man die be- soldungsrechtlichen Regelungen der Beamtenanwärter näher betrachtet. Rückzahlungsverpflichtungen sieht nämlich auch § 63 Abs. 3 BBesG, parallel Art. 78 Abs. 3 BayBesG, in Bezug auf einem Anwärter gewährte Son- derzuschläge vor. Wie aus § 63 Abs. 1 BBesG ersichtlich, handelt es sich hierbei um ein finanzielles Anreizinstru- ment, um auf einen erheblichen Mangel an qualifizierten Bewerbern zu reagieren. Selbst dort, wo der Sonderzu- schlag in erster Linie an die schlechte Bewerberlage und nicht an die besondere Qualifikation eines Anwärters anknüpft, sieht § 63 Abs. 3 S. 2 BBesG noch ein „Ab- schmelzverfahren“ vor, indem sich der Rückzahlungsbe-
14 Unter Berufung auf BAG v. 13.9.1974, 5 AZR 48/74, NJW 1975, 278 sowie ErfK/Preis, 17. Aufl. 2017, § 611 BGB Rn. 548 mwN.
15 BVerfG v. 12.4.1972, 2 BvR 704/70, BVerfGE 33,44; BVerwG v. 27.2.1992, a.a.O.
16 Vgl. hierzu BayVGH v. 12.12.2014, 3 ZB 13.668, NVwZ-RR 2015, 268.
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trag für jedes nach Bestehen der Laufbahnprüfung abge- leistete Dienstjahr um jeweils ein Fünftel verringert; ebenso ist das in Art. 78 Abs. 3 S. 2 BayBesG der Fall. Wenn demge- genüber die Rückzahlungsverpflichtung nach Art. 70 Abs. 3 BayBesG eine komplette Rückzahlung festlegt, so ist dies unverhältnismäßig.
d) Einzugehen ist noch auf die vom Verwaltungsge- richtshof vorgenommene Interessenabwägung. Die Be- lange der Universität, Planungssicherheit zu erhalten und den Aufwand von Berufungsverfahren in einem an- gemessenen Rahmen zu halten, hat er dabei hinter das Interesse einer befristet beschäftigten Professorin, Karri- erechancen auf eine unbefristete Professur wahrnehmen zu können, zurückgestellt. Das könnte den Eindruck er- wecken, dass bei einem unbefristet beschäftigter Hoch- schullehrer, der einem Ruf einer anderen Universität folgt, die Rückzahlung der gewährten Berufungs-Leis- tungsbezüge gerechtfertigt wäre. Dem ist nicht so: Auch in diesem Fall sind ohne Einschränkung die arbeits- rechtlichen Grundsätze, wonach für Sonderzahlungen mit Entgeltcharakter das Entgelt für bereits geleistete Ar- beit unzulässig ist,17 heranzuziehen. Abgesehen davon: Die Durchführung von Berufungsverfahren gehört zum allgemeinen Aufgabenbereich einer Universität, der hierdurch entstehende Aufwand ist Teil der Gemeinkos- ten – diese könne nicht im Wege einer Rückzahlungsver- pflichtung auf einen Hochschullehrer, der die Universi- tät verlässt, „umgelegt“ werden.
e) Dem Verwaltungsgerichtshof ist schließlich in seiner Bewertung zuzustimmen, dass einer verfassungskonfor- men Rechtsanwendung im anschließenden Verwaltungs- verfahren nicht mehr über § 15 Abs. 2 BayBesG Rechnung getragen werden kann. Zur näheren Erläuterung: Die Fest- stellung der Rückzahlung erfolgte per Bescheid seitens der Hochschule, der konkrete Rückforderungsbetrag wurde der Klägerin über das Landesamt für Finanzen mitgeteilt. Gegen die vom Verwaltungsgericht Würzburg in erster Ins- tanz vertretene Auffassung spricht bereits, dass das Landes- amt für Finanzen ausschließlich als „Vollzugsstelle“ fungiert hat, ohne eine eigene Entscheidung getroffen zu haben. Ab- gesehen davon verfügt das Landesamt für Finanzen gar nicht über die Kompetenz, im Bereich der Rückforderung von Leistungsbezügen eine eigene Sachentscheidung zu treffen. Darauf ist § 15 Abs. 2 BayBesG auch gar nicht ausge- legt. Wie die Parallelvorschrift in § 12 Abs. 2 BBesG handelt es sich um eine bloße Rechtsfolgenverweisung.18 Im Rah- men von Billigkeitserwägungen kann dabei lediglich auf das konkrete Rückforderungsbegehren und vor allem auf
- 17 Siehe hierzu die in Fn. 14 zitierte Rechtsprechung.
- 18 Kathke in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundesund der Länder, Art. 15 BayBesG Rn. 47; BVerwG v. 28.2.2003, 2 C 2.01, BVerwGE 116; 74; Mayer in: Kommentar zum BBesG, 118. AL
die Modalitäten der Rückabwicklung und ihre Auswirkun- gen auf die Lebensumstände des Bereicherten abgestellt werden, wobei die Lage des Schuldners im Zeitpunkt der Rückabwicklung entscheidend ist.19 Kriterien sind etwa, ob sich dieser in einer unverschuldeten Notlage befindet oder der Lebensunterhalt des Empfängers und seiner Familie auch bei Zugrundelegung einer zumutbaren sparsamen Le- bensführung nicht mehr gedeckt ist. Hingegen kann das Landesamt für Finanzen im nachgelagerten Verwaltungs- verfahren keine Überlegungen mehr anstellen, ob z.B. we- gen der bereits zurückgelegten Dienstzeit der Klägerin nur eine Teilrückzahlung der Leistungsbezüge angemessen wäre.
4. Unbedenkliche Anwendungsfälle von Art. 70 Abs. 3 S. 2 BayBesG ?
Quasi im Wege eines obiter dictum führt der Senat des BayVGH zum Ende der Entscheidung hin aus, dass er „rechtlich unbedenkliche Anwendungsfälle der Ermäch- tigungsgrundlage des Art. 70 Abs. 3 S. 2 BayBesG für möglich halte. So könne etwa die Rückforderung von unbefristeten Bleibe-Leistungsbezügen in Betracht kom- men, weil diese nicht ohne weiteres als Gegenleistung für geleistete Dienste anzusehen sein werden, sondern auch allein deshalb erbracht werden können, um den (mögli- cherweise) abwanderungswilligen Hochschullehrer davon abzuhalten, dem Ruf einer anderen Universität zu folgen.
Versucht man, aus dieser im Urteil eher allgemein ge- haltenen Aussage rechtliche Schlussfolgerungen zu zie- hen, so gilt es zu differenzieren:
a) Werden seitens der Hochschule unbefristete Bleibe- Leistungsbezüge gewährt, die als Gegenleistung für zu leis- tende Dienste anzusehen sind, muss es bei einer verfas- sungskonformen Auslegung von Art. 70 Abs. 3 S. 2 Bay- BesG bleiben. Hier ist kein Unterschied zu befristeten Leis- tungsbezügen zu erkennen. Werden diese Leistungsbezüge für im Dienstverhältnis erbrachte Leistungen bezahlt, schei- det eine Rückzahlung ebenfalls aus. So sehen etwa die Ver- gabegrundsätze der beklagten Hochschule vor, nach dem gleichen leistungsorientierten Stufensystem, das für Beru- fungs-Leistungsbezüge maßgeblich ist, auch Bleibe-Leis- tungsbezüge zu gewähren. Diese Vergabegrundsätze sehen ferner vor, dass auch Bleibe-Leistungsbezüge in der Regel als laufende monatliche Zahlung gewährt werden. Ist das der Fall, kommt eine Rückzahlung bei einem Hochschul- wechsel nicht in Betracht.
b) Ist bei den gewährten Bleibe-Leistungsbezügen
2005, § 12 BBesG Rn. 27.
19 BVerwG Buchholz 232 § 87 BBG Nrn. 25 und 48; Mayer, a.a.O.,
Rn. 37a.
Wertheimer · Rückforderung von Berufungs-Leistungsbezügen 2 4 9
kein Leistungsbezug gegeben, was im Einzelfall zunächst festgestellt werden muss, greift der vom Verwaltungsge- richtshof herangezogene arbeitsrechtliche Grundsatz nicht. Im Umkehrschluss anzunehmen, dass eine voll- ständige Rückzahlung in einem solchen Fall zulässig ist, begegnet jedoch Bedenken. Auch hier bedarf es im Hin- blick auf Art. 12 Abs. 1 GG einer verfassungskonformen Auslegung.
Dafür kann wiederum auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zurückgegriffen werden, die sich zum Bereich der Fortbildungskosten entwickelt hat. Ge- rade dort gibt es ähnlich gelagerte Bindungsverpflich- tungen, wie sie Art. 70 Abs. 3 S. 2 BayBesG mit der 3‑Jah- res-Frist einem Professor bzw. einer Professorin aufer- legt. Der Arbeitgeber investiert mit einer Fortbildungs- maßnahme in den Arbeitnehmer, der für den Fall, dass er vor Ablauf einer bestimmten Frist das Unternehmen wieder verlässt, vom Arbeitgeber aufgewandte Kosten auf Grundlage einer Rückzahlungsklausel zurückerstat- ten muss. Von einem ähnlichen „Invest“ wäre bei einer Hochschule auszugehen, die einem von einer anderen Hochschule umworbenen Professor eine – nicht leis- tungsbezogene – Bleibezulage gewährt. Wie im Arbeits- recht ist dann zu prüfen, ob der in Art. 70 Abs. 3 S. 2 Bay- BesG vorgesehene Rückzahlungsvorbehalt den Professor oder die Professorin in ihrem Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes beeinträchtigt. In den Worten des BAG „kommt es darauf an, ob den möglichen Nachteilen für den Arbeitnehmer ein angemessener Ausgleich gegen- übersteht. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls zu be- rücksichtigen. Die Rückzahlungspflicht muss vom Stand- punkt eines verständigen Betrachters aus einem begründeten und zu billigenden Interesse des Arbeitgebers entsprechen; der ArbeitnehmermussmitderAusbildungsmaßnahmeeinean- gemesseneGegenleistungfürdieRückzahlungsverpflichtung erhalten haben. Insgesamt muss die Erstattungspflicht dem Arbeitnehmer nach Treu und Glauben zumutbar sein. Dabei kommt es u.a. auf die Dauer der Bindung, den Umfang der Fortbildungsmaßnahme, die Höhe des Rück- zahlungsbetrages und dessen Abwicklung an“. 20
Diese für den Arbeitnehmer aus Art. 12 GG abgeleite- ten Überlegungen lassen sich auf beamtete Professoren und Professorinnen übertragen. Im jeweiligen Fall ist daher zu prüfen, ob die Höhe der gewährten Bleibezula- gen eine dreijährige Bindungsdauer rechtfertigen,21 im Rahmen der Interessenabwägung muss, wie im Arbeits- recht auch, die Abwicklung der Rückzahlungsverpflich- tung mit zunehmendem Verbleib des Professors an der
20 BAG v. 23.4.1986, 5 AZR 159/85, DB 1986, 2135; v. 5.12.2002, 6 AZR 539/01, NZA 2003, 559; AR/Spelge, 8. Aufl. 2016, Art. 12 GG Rn. 21
Hochschule eine Rolle spielen und kann somit zu einem angemessenen Interessenausgleich führen. Praktisch lie- ße sich das durch ein Abschmelzen des Rückzahlungsbe- trages erreichen, der sich mit jedem Monat, den der Hochschullehrer an der Universität verbleibt, um 1/36 verringert, geht man von einer zulässigen Bindungsdau- er von drei Jahren aus. Der Senat hat diesen Aspekt – wenn auch in anderem Zusammenhang – im vorliegen- den Urteil gestreift. Ob ein Rückforderungsbetrag gege- benenfalls zeitanteilig abzuschmelzen wäre, so der VGH, mag sich dem Normgeber oder der Verwaltung bei der Niederlegung ihrer Verwaltungspraxis im Wege der Selbstbindung stellen.
c) Was gilt schließlich für unbefristet gewährte Beru- fungs-Leistungsbezüge ? Von der Ermächtigungsgrund- lage des Art. 70 Abs. 3 S. 2 BayBesG werden sie erfasst. Im Ergebnis führt der Umstand, dass solche Leistungs- bezüge unbefristet gewährt wurden, aber zu keiner an- deren Bewertung als in den Fällen, in denen sie lediglich für einen gewissen Zeitraum zugesagt worden sind. Im einen wie im anderen Fall stellen die Leistungsbezüge Entgelt für bereits geleistete Dienste dar, das bei einem Hochschulwechsel nicht zurückgefordert werden kann.
VI. Fazit
Die Schlussfolgerungen aus dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zeigen, dass Berufungs- oder Bleibe-Leistungsbezüge von einem Hochschullehrer im Falle eines Hochschulwechsels nur in einem eng begrenz- ten Umfang zurückverlangt werden können. Das würde auch dann gelten, wenn der bayerische Gesetzgeber die Vorschrift des Art. 70 Abs. 3 S. 2 BayBesG auf befristet gewährte Leistungsbezüge erweitert. Es bleibt zu hoffen, dass diese Erkenntnis andere Bundesländer davon abhält, entsprechende Bestimmungen in ihre Besol- dungsgesetze aufzunehmen und das auch hochschulpo- litisch fragwürdige Instrument in Bayern bald nur eine Episode sein wird.
Dr. Frank Wertheimer ist Partner der Kanzlei KRAUSS LAW in Lahr/Schwarzwald und hat die Klägerin vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vertreten. Zuvor war er 17 Jahre im Universitätsbereich, davon über 10 Jahre in der Hochschulmedizin tätig. Zu seinen Beratungsfeldern gehört im Bereich des Arbeitsrechts auch das Hochschulrecht. Er ist Gastmitglied der For- schungsstelle für Hochschulrecht und Hochschular- beitsrecht an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg.
21 Vgl. ErfK/Preis, 18. Aufl. 2018, § 611 BGB Rn. 441 mwN zur Situa- tion bei Rückzahlungsklauseln im Arbeitsrecht.
250 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 3 (2018), 243–250