Übersicht
I. Einleitung
II. Dualität als Strukturprinzip 1. Dualitätsprinzip
2. Hochschulrechtlich-institutionelle Verbindung von Studien- akademie und Ausbildungsstätten im DHBW-Modell
a) Zulassung und Hochschulmitgliedschaft der Ausbildungsstätten
b) Zusammenwirken in den Hochschulgremien
c) Qualitätssicherung der betrieblichen Ausbildung 3. Ähnliche Modelle in anderen Bundesländern
III. Ansätze der Strukturübertragung auf nicht-duale Hoch- schulen im geltenden Recht
1. Länder mit legaldefinitorischen Ansätzen
2. Fachbereich Duales Studium der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin
IV. Vorschlag für eine hochschulgesetzliche Regelung V. Zusammenfassung
I. Einleitung
Die duale Ausbildung im Anschluss an den mittleren Bildungsabschluss verbindet die Lernorte eines Ausbil- dungsbetriebes und einer berufsbildenden Schule zu einem gemeinsamen Ausbildungskonzept (§ 4 BBiG). Dies stellt einen deutschen Sonderweg dar, der sich – ungeachtet zeitweiliger Engpässe bei der Besetzung von Ausbildungsstellen – als „Erfolgsmodell und Markenzei- chen Deutschlands“ bewährt hat.1 Deshalb lag es nahe, dieses Prinzip als besonders praxisnahe Ausbildungs- form auch auf den tertiären Bildungsbereich zu übertra- gen. Dies erfolgte erstmalig 1974 durch Gründung der Berufsakademien in Baden-Württemberg, in denen ein akademisches Studium mit einer Ausbildung in einem Kooperationsbetrieb verzahnt wurde.2 In den seither vergangenen vierzig Jahren hat sich dieses Modell derart
- 1 Bundesministerium für Bildung und Forschung, Pressemitteilung 077/2013, <http://www.bmbf.de/press/3483.php> (25.1.2014).
- 2 Gerber, in: Haug (Hrsg), Das Hochschulrecht in Baden-Württem-berg, 2. Aufl 2009, Rn 1007.
- 3 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualenStudiums – Positionspapier, 2013, <http://www.wissenschaftsrat. de/download/archiv/3479–13.pdf>, S 45 f (Tabellen 1 und 2)
erfolgreich entwickelt, dass der Wissenschaftsrat in sei- nen „Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studi- ums“ von inzwischen 910 dualen Studiengängen in allen Bundesländern mit ca. 65.000 Studierenden im Erststu- dium ausgeht.3 Zu diesem Erfolg haben insbesondere die hohe Praxis- und Betriebsnähe sowie die damit eng zusammenhängende „Employability“ – also die Beschäf- tigungsfähigkeit, die einen nahtlosen Übergang vom Studienabschluss zum Berufseinstieg gewährleistet – beigetragen.
Da der Begriff des „dualen Studiums“ nicht geschützt ist, steht er für eine breite Palette ganz verschiedener Studi- engänge, die sich lediglich im „ob“ einer prominenten Ein- beziehung beruflicher Praxisanteile decken.4 In Überein- stimmung mit der Begriffsbildung des Wissenschaftsrates versteht auch dieser Beitrag unter einem „dualen Studium“ nur eines, bei dem die wissenschaftlichen Theorie- und die betrieblichen Praxisanteile curricular miteinander verzahnt sind, und nicht nur ausbildungsorganisatorisch aufeinan- der abgestimmt nebeneinander stattfinden.5 Gegenstand dieses Beitrags sind allerdings nicht die curricularinhaltli- chen Fragen eines dualen Studiums, sondern die damit ide- alerweise zu verbindenden hochschulrechtlich-strukturel- len Rahmenbedingungen. Ausgehend vom Beispiel der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), unter deren Dach die früheren Berufsakademien und ihre Aus- bildungsstätten seit 2009 miteinander verbunden sind, wird ein Vorschlag für eine denkbare landesgesetzliche „Dualitätsklausel“ gemacht. Dadurch können die struktu- rellen Vorteile und Besonderheiten der DHBW auch in nichtdual konzipierte Hochschulformen wie Universitäten oder Hochschulen für angewandte Wissenschaften imple- mentiert werden. Dies könnte insbesondere für solche Län- der und Hochschulen von Belang sein, die einen Nachhol- bedarf in der Kooperation mit der Wirtschaft haben, aber aus demografischen und finanziellen Gründen keine neu- en Hochschulen oder gar Hochschultypen aufbauen können.6
(25.1.2014).
4 Näher zu dieser Vielfalt vgl Wissenschaftsrat (Fn 3), S 8 – 10. 5 Wissenschaftsrat (Fn 3), S 22.
6 Nur beispielhaft: Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Weiter-
entwicklung des Hochschulsystems des Landes Sachsen-Anhalt, 2013, Drs 3231–12 <http://www.wissenschaftsrat.de/download/ archiv/3231–13.pdf>, S 100 – 107 (25.1.2014).
Volker M. Haug
Übertragung dualer Kooperationsstrukturen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft
auf nicht-duale Hochschulen
Ordnung der Wissenschaft 2014, ISSN 2197–9197
68 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 2 (2014), 67–74
II. Dualität als Strukturprinzip
1. Dualitätsprinzip
Echte Dualität im hier verstandenen Sinn ist ein Grund- prinzip, das nicht nur für die Gleichgewichtigkeit von theorie- und praxisbezogenen Inhalten in integrierten Studiengängen gilt. Die Dualität erstreckt sich als Grund- prinzip auf alle Bereiche, die mit diesem Studienangebot unmittelbar und mittelbar zusammenhängen. Hierzu zählt etwa die institutionelle Dualität, die von einer gemeinsamen Verantwortung von Studienakademie und Ausbildungsstätten für duale Studiengänge ausgeht.7 Dies bedingt eine besondere Form von Parität bei der Bildung der Gremien, in denen über die Inhalte, Anbie- ter und Strukturen der Studiengänge entschieden wird.8 Solange sich die akademische Seite der Ausbildungsstät- ten nur bedient, um ein allein akademisch verantworte- tes Studienprogramm anbieten zu können, fehlt es an dieser Komponente des Dualitätsbegriffs.
Beispielhaft umgesetzt wird dieses Dualitätsprinzip im Modell der DHBW. So beruht die Duale Hochschule auf den staatlich vorgehaltenen Studienakademien ei- nerseits (§ 27a LHG BW) und auf privatwirtschaftlichen oder öffentlichen Ausbildungsstätten andererseits (§ 65c LHG BW), die zur Erreichung eines gemeinsamen (Ausbildungs-)Zieles miteinander verbunden sind.9 Da- rüber hinaus stehen den Studien- und Prüfungsordnun- gen Ausbildungsrichtlinien für die Praxis zur Seite. Die Studierenden sind des Weiteren gleichzeitig Auszubil- dende im privatrechtlichen Angestelltenverhältnis bei einer Ausbildungsstelle (die deshalb auch durch die Ver- gabe der Ausbildungsverträge die Studierendenauswahl vornimmt, § 60 Abs. 2 Nr. 7 LHG BW) und eingeschrie- bene Studierende mit öffentlich-rechtlicher Mitglied- schaft in der Hochschule als Personenkörperschaft. Auch der Forschungsauftrag der Dualen Hochschule ist an den dualtypischen Kooperationscharakter gebunden, weshalb bereits die Aufgabenzuschreibung in § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 LHG BW ausdrücklich von „kooperativer Forschung“ spricht. Daraus folgt, dass an dieser Forschung hauptberuf- liche Professoren und betriebliche Praktiker gleichermaßen zu beteiligen sind. Nur wenn beide Sichtweisen inhaltlich
- 7 Von einem „Prinzip der Verantwortung für die duale Ausbil- dung“ spricht Sandberger, Landeshochschulgesetz Baden-Würt- temberg, 2013, § 20a Rn 6 (bzgl der paritätischen Besetzung der Fachkommissionen).
- 8 Ohne es seinem Begriff des dualen Studiums zugrunde zu legen, empfiehlt auch der Wissenschaftsrat „mit Nachdruck“ die Bildung von gemeinsamen Gremien, vgl Wissenschaftsrat (Fn 3), S 26.
- 9 Gerber (Fn 2), Rn 1039, spricht von einer „horizontalen Kooperation“im Rahmen eines „kondominialen Modells“.
- 10 Vgl auch Gerber (Fn 2), Rn 1027, der insbesondere betont, dass der Vergleich mit der Auftragsforschung unstatthaft ist , weil hier
und methodisch Eingang finden, können die For- schungsergebnisse sowohl den wissenschaftlichen als auch den praxisbezogenen Anforderungen genügen.10 Hinzu kommt schließlich die hochschulrechtlich-insti- tutionelle Verbindung von Studienakademie und Ausbil- dungsstätten, um dieses Dualitätsprinzip konsequent umzusetzen.
2. Hochschulrechtlich-institutionelle Verbindung von Studienakademie und Ausbildungsstätten im DHBW- Modell
a) Zulassung und Hochschulmitgliedschaft der Ausbil- dungsstätten
Für die Zulassung der Ausbildungsstätten verlangt § 65c Abs. 1 LHG BW eine hinreichende Eignung für die Vermittlung der festgelegten Ausbildungsinhalte. Diese Eignungsvoraussetzungen werden in Eignungs- und Zulassungsrichtlinien näher präzisiert.11 Die einzelnen Zulassungsentscheidungen trifft der jeweils zuständige örtliche Hochschulrat gem. § 27c Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 LHG BW. Durch die Zulassung erwirbt die Ausbildungsstätte den Status als Mitglied der Hochschule (§§ 9 Abs. 1 Satz 6, 65c Abs. 2 LHG BW). Durch diese Aufnahmeentschei- dung werden die Ausbildungsstätten noch wesentlich stärker als durch jedes Kooperationsabkommen in die Hochschule integriert und in die Gewährleistung des gemeinsamen Ausbildungserfolgs eingebunden.
b) Zusammenwirken in den Hochschulgremien
Diese mitgliedschaftliche Stellung führt – wie bei allen Hochschulmitgliedern – zu Mitwirkungsrechten und ‑pflichten in der akademischen Selbstverwaltung, was sich wie ein roter Faden durch die Gremienstruktur der DHBW zieht.
Auf der Zentralebene der DHBW gilt dies für den Vorstand, den Aufsichtsrat, den Senat, die Fachkommis- sionen und die Kommission für Qualitätssicherung. So müssen sich im Vorstand die (maximal vier) nicht haupt- amtlichen Mitglieder hälftig auf Professoren und auf Vertreter von Ausbildungsstätten verteilen (§ 16 Abs. 1 Satz 3 HS 2 LHG BW).12 Der als strategisches Steue-
der Auftraggeber passiv bleibt und nicht „mitforscht“.
11 Vgl Amtl Bekanntmachungen der DHBW Nr 14/2011 vom
22.9.2011, < http://www.dhbw.de/fileadmin/user/public/Doku- mente/Amtliche_Bekanntmachungen/14_2011_Eignungsvoraus- setzung_ Praxispartner.pdf> (30.1.2014).
12 Dies ergibt sich aus §§ 16 Abs 1 Satz 3 HS 2, 18 LHG BW, wonach gleichviel nebenamtliche und nebenberufliche Vorstandsmitglieder zu bestellen sind. § 18 LHG BW definiert als „nebenamtlich“ der Hochschule angehörende hauptberufliche Professoren (Abs 1) und als „nebenberuflich“ Angehörige von Ausbildungsstätten (Abs 4).
Haug · Übertragung dualer Kooperationsstrukturen 6 9
rungsorgan an allen Hochschulen in Baden-Württem- berg installierte Aufsichtsrat ist im Bereich der DHBW mit zusätzlichen – eher akademischen – Aufgaben be- traut, wie etwa die Qualitätssicherung oder die Zustim- mung zu Studien- und Prüfungsordnungen sowie Aus- bildungsrichtlinien (§ 20 Abs. 1 Satz 3 Nr. 15 – 18 LHG BW). Dies erklärt sich aus dem ausbildungsbezo- genen Fokus der Hochschule.13 Dem 17-köpfigen Gremi- umgehörennebendem(hierausnahmsweisestimmbe- rechtigten)14 Ministeriumsvertreter die Vorsitzenden der acht örtlichen Hochschulräte (die zwingend Vertre- ter der Ausbildungsstätten sein müssen, § 27c Abs. 5 Satz 2 LHG BW) sowie acht weitere Mitglieder an, die nach den normalen Regeln für die Besetzung von Aufsichtsrä- ten (also mit externer „Binnenmehrheit“) bestimmt wer- den. Daraus ergibt sich zwingend ein nicht-akademi- sches Übergewicht: Zur Zeit gehören dem Aufsichtsrat lediglich ein hauptberuflicher Professor der DHBW und eine Studierende an, während alle anderen Mitglieder entweder Vertreter von Ausbildungsstätten oder Hoch- schulexterne sind.15 Demgegenüber ist der Senat durch die hauptberuflichen Hochschullehrer dominiert: Er be- steht aus den Amtsmitgliedern (Vorstand, Gleichstel- lungsbeauftragte), den nach Gruppen zu bestimmenden Wahlmitgliedern und den Vorsitzenden und stellvertre- tenden Vorsitzenden der drei Fachkommissionen (von denen jeweils einer ein Hochschullehrer und der andere ein Vertreter einer Ausbildungsstätte sein muss, § 20a Abs. 4 Satz 4 LHG BW). Derzeit gehören dem 30-köpfigen Senat somit neben den drei hauptamtlichen Vorstandsmitgliedern 17 hauptberufliche Hochschulleh- rer, vier Vertreter von Ausbildungsstätten und je drei Studierende und sonstige Mitarbeiter an.16 Diese beiden Gremien – der eher extern bzw. betrieblich dominierte Aufsichtsrat einerseits und der akademisch dominierte Senat andererseits – müssen im Sinne der Dualität bei wichtigen Entscheidungen zusammenwirken, nament- lich bei der Beschlussfassung über Studien- und Prü- fungsordnungen sowie Ausbildungsrichtlinien. Wäh- rend hier aber noch unterschiedlich dominierte Gremi- en bestehen, erfolgt die Zusammenarbeit von akademi-
- 13 Vgl Gerber (Fn 2), Rn 1045.
- 14 Bei allen anderen Hochschulen kann das Ministerium nur einenVertreter mit beratender Funktion in die Aufsichtsräte entsenden, § 20 Abs 5 Satz 6 LHG BW; zum Hintergrund des insofern abwei- chenden § 20 Abs 6a LHG BW vgl Gerber (Fn 2), Rn 1035, 1038.
- 15 Vgl <http://www.dhbw.de/die-dhbw/wir-ueber-uns/hochschullei- tung/ paging-leitung/aufsichtsrat.html> (30.1.2014).
- 16 Hauptberufliche Hochschullehrer sind zwölf Wahlmitglieder, ein nebenamtliches Vorstandsmitglied, die Gleichstellungsbeauftragte und die drei Vorsitzenden der Fachkommissionen; Vertreter der Ausbildungsstätten sind ein nebenberufliches Vorstandsmitglied
scher und betrieblicher Seite in den Fachkommissionen unmittelbar, wo die inhaltliche Sacharbeit für die Gestal- tung des dualen Studiums geleistet wird und Empfehlun- gen an die zentralen Entscheidungsorgane gegeben wer- den (§ 20a Abs. 2 LHG BW). Diese für jeden Studienbe- reich (Wirtschaft, Technik und Sozialwesen) standort- übergreifend gebildeten Gremien sind paritätisch mit Professoren und Vertretern der Ausbildungsstätten so- wie mindestens einem Studierenden besetzt (§ 20a Abs. 4 Satz 2 HS 1 LHG BW). Ähnlich sieht es in der Kommission für Qualitätssicherung aus, in der mit den Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden der Fachkommissionen (neben Studierenden) ebenfalls eine insoweit paritätische Besetzung sichergestellt ist (§ 20a Abs. 4 Satz 2 HS 2 LHG BW).
Diese Dualisierung der Gremienstruktur setzt sich auf der dezentralen Ebene der einzelnen Studienakade- mie- Standorte fort. So sind die örtlichen Hochschulräte gleichermaßen mit Vertretern der Studienakademie (einschließlich der Amtsmitglieder!) und der Ausbil- dungsstätten besetzt (§ 27c Abs. 2 Nr. 9 LHG BW); hinzu kommen noch die Studierendenvertreter. Der Akademi- sche Senat besteht dagegen nur aus Amts- und Wahlmit- gliedern aus der jeweiligen Studienakademie, weil er nach seinem Aufgabenprofil auf das Innenleben der Stu- dienakademie ausgerichtet ist (§ 27d Abs. 1, 2 LHG BW).17 Durch überlappende Zustimmungserfordernisse beider Gremien – etwa bei wichtigen Fragen für den Studien- und Lehrbetrieb – ist auch hier ein weitgehend auf Kon- sens der dualen Ausbildungsträger gerichteter Mecha- nismus implementiert.18
Die einzige durch höherrangiges Recht vorgegebene Grenze für die Dualität in den Gremien ist der im Hoch- schulurteil des Bundesverfassungsgerichts aus Art. 5 Abs. 3 GG abgeleitete Hochschullehrervorbehalt. Danach müssen die hauptberuflichen Professoren in Fragen der Lehre einen „maßgebenden Einfluss“ – also die Hälfte der Stimmen – und in Fragen der Forschung einen „ausschlaggebenden Einfluss“ – also die Mehrheit der Stimmen – haben.19 Diese Vorgaben werden durch § 10 Abs. 3 LHG BW umgesetzt, der im Bereich der
und drei stv Vorsitzenden der Fachkommissionen; im Einzelnen vgl <http://www.dhbw.de/die-dhbw/wir-ueber-uns/hochschullei- tung/ paging-leitung/senat.html> (30.1.2014).
17 Vgl Gerber (Fn 2), Rn 1065.
18 Vgl Gerber (Fn 2), Rn 1041, 1067 f, der hier von einem „kondo-
minialen Zusammenwirken des Hochschulrats und des Akademi-
schen Senats“ spricht.
19 BVerfGE 35, S 79 (131, 132 f); siehe hierzu auch Herberger, in:
Haug (Hrsg), Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2. Aufl 2009, Rn 128 f, 135 f.
70 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 2 (2014), 67–74
DHBW für den (zentralen) Senat sowie – auf örtlicher Ebene – für den Hochschulrat und den Akademischen Senat gilt. Die Sicherstellung der dafür erforderlichen Stimmverhältnisse erfolgt im Einzelnen durch die Grundordnung (was häufig durch erhöhte Stimmge- wichte von Hochschullehrern erfolgt).20
c) Qualitätssicherung der betrieblichen Ausbildung
Mit diesem konsequent durchgehaltenen Ansatz der ins- titutionellen Dualität (als Ausfluss des oben beschriebe- nen Dualitätsprinzips) ist naturgemäß und gewollt ein erheblicher Einfluss nicht-akademischer Ausbildungs- stätten des privaten und öffentlichen Sektors auf Inhalte und Gestaltung von Studiengängen verbunden. Diese Mitgestaltungsmacht überwiegend privatwirtschaftli- cher Ausbildungsstätten bei genuin hochschulischen „Produkten“ macht es notwendig, in besonderer Weise sicherzustellen, dass akademische Standards – für die die Hochschule institutionell bürgt – gewahrt und qualitativ wissenschaftsbezogene Ausbildungsangebote gemacht werden. Auch der Wissenschaftsrat warnt davor, „dass nicht allein kurzfristige Unternehmensbedarfe bei der Curriculumsgestaltung im Vordergrund stehen“ dür- fen.21 So findet nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 LHG BW in den nicht-akademischen Ausbildungsstätten auch keine „Praxisausbildung“, sondern eine „praxisorientierte Ausbildung“ statt. Daraus folgt, dass auch diese Ausbil- dung – als integraler Bestandteil eines Hochschulstudi- ums – strukturiert, systematisch angeleitet, inhaltlich und in ihrer Komplexität auf die Studieninhalte bezogen und zu den Lernzielen rückgekoppelt sein muss.22 Ein- fach gesagt: Der Studierende darf nicht einfach „prak- tisch arbeiten“, sondern muss dabei einen lernzielbezo- genen Wissens- und Studienfortschritt erzielen. Hieraus folgt die Notwendigkeit besonderer Qualitätssicherungs- mechanismen für die betriebliche Ausbildung.
Für die Ausbildungsstätten in der DHBW gibt es des- halb gesetzliche und hochschuleigene Vorgaben, um dies zu gewährleisten. Dazu zählt das Gebot der kontinuierli- chen Ausbildungstätigkeit. So ergibt sich aus dem Um- kehrschluss zu § 65c Abs. 2 Satz 4 LHG BW, dass eine Ausbildungsstätte (um Hochschulmitglied bleiben zu
- 20 Gerber (Fn 2), Rn 1069 und Fn 364; zur Vorgängervorschrift im UniG BW und den Spielräumen der Grundordnungsgebung vgl Sandberger (Fn 7), § 10 Rn 6.
- 21 Wissenschaftsrat (Fn 3), S 26.
- 22 Vgl Gerber (Fn 2), Rn 1022.
- 23 Amtl Bekanntmachungen der DHBW 14/2011, „Richtlinien fürdie Eignungsvoraussetzungen und das Zulassungsverfahren von Praxis partnern (Ausbildungsstätten) der Dualen Hochschule Baden-Württemberg für ein Bachelor-Studium“ vom 22.9.2011, vgl < http://www.dhbw.de/fileadmin/user/public/Dokumente/ Amtliche_Bekanntmachungen/14_2011_Eignungsvorausset-
können) sich ununterbrochen engagieren – also immer mindestens einen Studierenden unter Vertrag haben – muss. Hinzu kommt eine personalisierte Komponente, indem eine konkrete Verantwortungsübernahme durch qualifiziertes Personal vorgeschrieben ist. Denn § 65c Abs. 3 LHG BW verlangt, dass jede Ausbildungs- stätte einen Ausbildungsverantwortlichen bestellt. Diese Person muss einen Hochschulabschluss oder einen gleichwertigen Bildungsabschluss vorweisen können. Des Weiteren ergibt sich aus §§ 60 Abs. 2 Nr. 7, 65c Abs. 2 LHG BW, dass die DHBW Grundsätze für die Ausgestaltung der Ausbildungsverträge sowie Zulas- sungs- und Ausbildungsrichtlinien aufzustellen hat. So ergeben sich aus diesen von der DHBW beschlossenen Richtlinien23 Anforderungen an die personelle und sachliche Ausstattung der Ausbildungsstätten (§ 2 Abs. 1, 2 RL), eine Betreuungs- und Unterstützungs- pflicht zugunsten der Studierenden (§§ 2 Abs. 3, 4 Abs. 2 5 RL), eine Pflicht zur Vorlage einer Übersicht der Praxisphasen mit zeitlichen und studieninhaltlichen Angaben (§ 4 Abs. 1 RL), eine Mitwirkungspflicht an Evaluationen (§ 6 RL) – für die es eine eigene Evaluati- onssatzung gibt24 – und ein Kontrollmechanismus in Form regelmäßiger Besuche des Studiengangsleiters (§ 8 Abs. 4 RL). Schließlich betont das LHG BW mit der Einrichtung der „Kommission für Qualitätssicherung“ (§ 20 a Abs. 1) die Notwendigkeit und Bedeutung der Qualitätssicherung auch institutionell.
3. Ähnliche Modelle in anderen Bundesländern
Mit Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Saarland, Sach- sen, Schleswig-Holstein und Thüringen hat eine ganze Reihe weiterer Länder das Berufsakademie- Modell in gesonderten Berufsakademie-Gesetzen übernommen, ohne dies aber – wie bei der DHBW – mit dem Hoch- schulstatus zu verbinden. Allerdings wird die Zuord- nung zum tertiären Bildungsbereich ausdrücklich betont25 und der Bachelor-Abschluss (als staatliche Abschlussbezeichnung) – teilweise unter Bindung an eine Vorab-Akkreditierung – ermöglicht.26 Gleichwohl lassen sich diese Länder in zwei Gruppen unterteilen: Während Hessen, Niedersachsen, das Saarland und
zung_ Praxispartner.pdf> (1.2.2014).
24 Amtl Bekanntmachungen der DHBW 6/2010, „Satzung der Dua-
len Hochschule Baden-Württemberg zur Evaluation der Qualität des dualen Studiums (Evaluationssatzung DHBW) vom 9.3.2010, vgl < http://www.dhbw-stuttgart.de/fileadmin/dateien/DHBW/ Evaluationssatzung_DHBW.pdf> (1.2.2014).
25 §§ 1 HmbBAG, 1 Abs 1 Satz 1 HessBAG, 1 Abs 2 NdsBAkadG, 1 Abs 2 SaarlBAkadG, 1 Abs 1 Satz 1 SächsBAG, 1 Abs 3 BAG SH, 1 Abs 2 ThürBAG.
26 §§ 6 HmbBAG, 6 HessBAG, 6a NdsBAkadG, 4a SaarlBAkadG, 10a SächsBAG, 6 BAG SH, 11 Abs 2 Thür-BAG.
Haug · Übertragung dualer Kooperationsstrukturen 7 1
Schleswig-Holstein Berufsakademien nur als nichtstaat- liche Einrichtungen mit staatlicher Anerkennung vorse- hen, folgen Sachsen und Thüringen dem früheren baden-württembergischen Modell staatlicher Einrich- tungen. Allein in Hamburg sind beide Modelle gesetz- lich angelegt (§§ 11 f. HmbBAG).
Die Ausprägung des Dualitätsprinzips fällt dabei in den einzelnen Ländern unterschiedlich stark aus. So ist die institutionelle Dualität nur in Sachsen und Thürin- gen durch entsprechende Gremienvorschriften mit pari- tätischer Besetzung gesetzlich ausgestaltet.27 In den übri- gen Ländern ist dies in den Anerkennungsvoraussetzun- gen für die nicht-staatlichen Einrichtungen bzw. in Hamburg durch eine Verordnungsermächtigung allen- falls angedeutet.28 Die geringste Würdigung erfährt die- ser Dualitätsaspekt in Schleswig-Holstein, wo die akade- mische und betriebliche Seite ausdrücklich auf die (bloße) Kooperationsmöglichkeit verwiesen sind (§§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr.2,4Abs.1Satz2BAGSH).Eineforschungsbezogene Dualität ist in keinem Berufsakademie-Modell dieser Länder gesetzlich vorgesehen, was angesichts des fehlen- den Hochschulcharakters konsequent ist.
III. Ansätze der Strukturübertragung auf nicht-duale Hochschulen im geltenden Recht
1. Länder mit legaldefinitorischen Ansätzen
Ausweislich der Zusammenstellung im Positionspapier des Wissenschaftsrates verfügen alle Bundesländer inzwischen über duale Studienangebote im integrierten Sinn.29 Soweit jedoch ersichtlich hinkt die hochschul- rechtliche Abbildung dem in den meisten Ländern noch stark hinterher. So lässt sich in den meisten Ländern kei- ne allgemeine hochschulrechtliche Grundlage für duale Studienangebote (neben den genannten Sondervor- schriften für Berufsakademien oder die DHBW) finden. Zumindest eine normative Nennung gibt es in den Hochschulgesetzen von Bayern, Hessen und Rheinland- Pfalz, was jedoch auch noch in einem gewissen Missver- hältnis zur Bedeutung dieser Studienform steht. Wäh- rend beispielsweise die Hochschulen für angewandte Wissenschaften in Bayern einen Dachverband „hoch- schule dual“ zur Vermarktung ihrer zahlreichen dualen Studienangebote geschaffen haben und damit offensiv
- 27 So gibt es in Sachsen und Thüringen standortübergreifende Kollegien, in denen die staatlichen, externen, akademischen und studentischen Vertreter zusammenwirken (§§ 14 Sächs- BAG, 21 ThürBAG), sowie von akademischer und betrieb- licher Seite paritätisch besetzte Studienkommissionen und Koordinierungs¬kommissionen (§§ 15 f SächsBAG, 23 f Thür- BAG).
- 28 §§ 11 Abs 2 HmbBAG, 2 Abs 1, 5 HessBAG, 2 Abs 2 NdsBAkadG,
auf dem dualen Ausbildungsmarkt im tertiären Bereich agieren, beschränkt sich das Bayerische Hochschulgesetz auf eine bloße Erwähnung des dualen Studiums in Art. 56 Abs. 5: „Duale Studiengänge vertiefen die Praxis- anteile eines Studiengangs oder integrieren eine berufli- che Ausbildung in Form eines Verbundstudiums.“ Ähn- lich sieht die in Hessen geschaffene Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 2 HHG aus, die lapidar feststellt: „Studi- engänge können eine zwischen den Lernorten Hoch- schule und Praxis wechselnde Ausbildung vorsehen (duales Studium).“ Die rheinland-pfälzische Regelung des § 19 Abs. 5 Satz 1 HochSchG RP ist mit den vorge- nannten Regelungen vergleichbar, beschränkt den Anwendungsbereich jedoch ausdrücklich auf eine Hoch- schulart: „Die Fachhochschulen richten Studiengänge ein, in die eine berufliche Ausbildung oder ein an deren Stelle tretendes berufliches Praktikum integriert wird und die durch einen Wechsel von Studien- und Praxis- phasen gekennzeichnet sind (duale Studiengänge).“ Allen diesen Regelungen ist gemein, dass sie sich auf eine legaldefinitorische Erwähnung des dualen Studi- ums beschränken und damit höhere Praxisanteile im Hochschulstudium ermöglichen, ohne damit die Duali- tät als Grundprinzip gesetzlich zu verankern oder auch nur eine Grundlage für institutionelle Dualität zu schaf- fen.
Die vom Stifterverband im Rahmen des kompeteti- ven „Qualitätsnetzwerks Duales Studium“30 ausgezeich- nete Technische Hochschule Mittelhessen behilft sich mit der Konstruktion eines Wissenschaftlichen Zent- rums im Rahmen der von § 47 HHG gewährten Organi- sationsfreiheit, das als Träger dualer Studiengänge agiert. Die Satzung für dieses „Zentrum Duales Hochschulstu- dium (ZDH)“31 sieht als Zentrumsmitglieder nur haupt- berufliche Hochschullehrer (§ 3 ZDH-Satzung) vor. Die Organe Zentrumsrat und Direktorium sind in ihrer Struktur Fachbereichsräten und –vorständen nachgebil- det und sehen keine Mitwirkung oder Einbeziehung von dualen Praxispartnern vor (§§ 5, 6 ZDH-Satzung). Eine derartige Übertragung von Entscheidungsmacht in hochschulischen Angelegenheiten auf Externe wäre bei Fehlen einer hochschulgesetzlichen Grundlage zur insti- tutionellen Dualität auch nicht zulässig.
2 Abs 2 SaarlBAkadG.
29 Wissenschaftsrat (Fn 3), S 45 f, Tabellen 1 und 2.
30 Aus über 60 Bewerbungen hatte eine Jury zehn Hochschulen mit
dualen Studienkonzepten ausgewählt, vgl <http://www.stifter- verband.info/bildungsinitiative/beruflich-akademische_bildung/ duales_studium/index.html> (1.2.2014).
31 <http://www.thm.de/amb/pruefungsordnungen/doc_ download/193-amb-432012–22102012-satzung-zdh> (1.2.2014).
72 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 2 (2014), 67–74
2. Fachbereich Duales Studium der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin
Anders sieht es beim „Fachbereich Duales Studium“ der Hochschule für Wirtschaft und Recht aus, der ebenfalls vom Stifterverband mit der Aufnahme in das „Qualitäts- netzwerk Duales Studium“ prämiert wurde. Anders als in den vorgenannten Ländern existiert in Berlin eine gesetzliche Rechtsgrundlage für eine institutionelle Dua- lität. Im Mittelpunkt steht dabei die „Duale Kommissi- on“, die (ähnlich dem Aufsichtsrat der DHBW) neben akademischen Vertretern auch externe Praxispartner und Wirtschafts- und Gewerkschaftsvertreter umfasst (§ 2 BakEG) und für alle grundsätzlichen Fragen des Fachbereichs – anstelle des in der Hintergrund tretenden Fachbereichsrats – zuständig ist, insbesondere für die strategische Entwicklung des Fachbereichs, die Ausbil- dungs- und Prüfungsvorschriften und die Grundsätze für die Zusammenarbeit zwischen Fachbereich und Aus- bildungsstätten (§ 3 Abs. 1 BakEG). Ebenfalls in Entspre- chung zur DHBW sind der Dualen Kommission bera- tende Fachkommissionen für die einzelnen Ausbil- dungsbereiche zur Seite gestellt, denen (neben einem Studierenden) paritätisch jeweils sechs hauptamtliche Lehrkräfte und Vertreter der Ausbildungsstätten ange- hören (§ 3 Abs. 2 BakEG).
Aber auch bei dieser Berliner Regelung handelt es sich nicht um ein grundlegendes Bekenntnis zum Duali- tätsprinzip, sondern (nur) um die normative Umsetzung der Eingliederung der Berliner Berufsakademie – die dort ebenfalls nach baden-württembergischen Vorbild 1993 geschaffen wurde32 – in die Hochschule für Wirt- schaft und Recht. Folglich hat dieses Berufsakademie- Eingliederungsgesetz (BakEG) auch keine allgemeine hochschulrechtliche Geltung für alle Berliner Hochschu- len, sondern nur für den die ehemalige Berufsakademie darstellenden Fachbereich Duales Studium. Dennoch handelt es sich dabei um die einzige normative Veranke- rung wesentlicher Teile des Dualitätsprinzips im Bereich nicht-dualer Hochschulen.
IV. Vorschlag für eine hochschulgesetzliche Regelung („Dualitätsklausel“)
Die vorgestellten Regelungen und Beispiele haben gezeigt, dass trotz des Siegeszuges des dualen Studiums im tertiären Bildungsbereich kein einziges Bundesland
32 Hintergrund der Berliner Gründung war der Wechsel von Man- fred Erhardt – der in Baden-Württemberg zunächst ab 1974 als Gründungs-Referatsleiter und später als Amtschef im Wissen- schaftsministerium den Aufbau der Berufsakademie maßgeblich betrieb und deshalb als „spiritus rector“ dieser Hochschulart gelten kann – nach Berlin, wo er von 1991 bis 1996 als Wissen-
über eine gesetzliche Rechtsgrundlage verfügt, die eine Umsetzung des Dualitätsprinzips in nicht-dualen Hoch- schulen generell ermöglichen würde. Soweit das Lan- deshochschulrecht auf das duale Studium überhaupt eingeht, gibt es entweder – wie unter II. dargestellt – eine eigene Hochschulart oder hochschuläquivalente Ein- richtung, in der ausschließlich dual studiert werden kann, oder es gibt legaldefinitorische Ansätze ohne wei- terführende institutionelle Regelungen. Dies wird der praktischen Bedeutung des dualen Studiums sowie des Kooperationsbedarfs von Hochschulen und Wirtschaft nicht gerecht. Denn dieses Defizit kann auch nicht mit Kooperationsabkommen zwischen Hochschulen und externen Ausbildungsstätten behoben werden: Die Hochschulen können nicht über ihre Entscheidungszu- ständigkeiten in Hochschulangelegenheiten durch Ver- träge disponieren, da öffentlich-rechtliche Aufgabenzu- weisungen nicht nur ein Recht, sondern zugleich eine Pflicht begründen.33 Um also die Verantwortung für die Curricula, Prüfungsordnungen u.ä. gemeinsam im Sinn des Dualitätsprinzips wahrnehmen zu können, benöti- gen dual arbeitende Hochschuleinrichtungen eine gesetzliche Grundlage.
Diese erforderliche Rechtsgrundlage könnte durch eine „Dualitätsklausel“ im allgemeinen Hochschulgesetz des jeweiligen Landes geschaffen werden. Ähnlich einer Experimentierklausel wird dadurch ohne zu detaillierte Vorgaben ein rechtlicher Rahmen geschaffen, in dem au- ßerhalb des „Regelbetriebs“ besondere Arbeitsformen rechtssicher praktiziert werden können. Im Mittelpunkt steht dabei die Beleihung der privaten und öffentlichen Ausbildungsstätten mit den Mitwirkungsrechten in ho- heitlich-hochschulbezogenen Entscheidungsprozessen einerseits und die grundsätzliche Regelung des Duali- tätsprinzips insbesondere durch Paritätsvorgaben im in- stitutionellen Bereich andererseits. Auf dieser Basis wäre folgende Formulierung für eine solche „Dualitätsklau- sel“ denkbar:
„(1) Eine Hochschule kann duale Studiengänge anbie- ten, in denen das Studium an der Hochschule sowie am Studium beteiligten Ausbildungsstätten absolviert wird. (2) Als Träger dieser Studiengänge errichtet die Hoch- schule ein Duales Zentrum, dem die Ausbildungsstätten als Mitglieder angehören. Organe des Dualen Zentrums sind die Duale Kommission und der Zentrumsvorstand.
schaftssenator amtierte; zur Historie der Berliner Berufsakademie siehe auch <http://www.hwr-berlin.de/nc/fachbereich-duales- studium/neuigkeiten/einzelansicht/article/duales-studium- erfolgsmodell-mit-zukunft‑1//backto/6432/> (1.2.2014).
33 Ladner, Örtliche und sachliche Zuständigkeit der Behörde, LKV 1991, S 200.
Haug · Übertragung dualer Kooperationsstrukturen 7 3
Weitere Gremien können mit beratenden Funktionen eingerichtet werden.
(3) Die Duale Kommission besteht mindestens aus den Mitgliedern des Zentrumsvorstands, Vertretern der Stu- dierenden und gleich vielen Vertretern des hauptberuf- lichen Lehrpersonals und der Ausbildungsstätten. Sie beschließt in allen Angelegenheiten des Dualen Zent- rums von grundsätzlicher Bedeutung, insbesondere über
1. die Planung und Entwicklung des Dualen Zentrums,
2. die Vorschläge zur Einrichtung, Änderung und Aufhe- bung von dualen Studiengängen,
3. die Ausbildungs- und Prüfungsvorschriften,
4. die Grundsätze für die Ausgestaltung des Vertragsver- hältnisses zwischen Studierenden und den Ausbil- dungsstätten,
5. die Grundsätze für die Eignung und Zulassung der Ausbildungsstätten sowie die Durchführung und Über- wachung dieser Grundsätze,
6. die Abstimmung der Studienkapazitäten zwischen der Hochschule und den Ausbildungsstätten und
7. die Grundsätze für die Zusammenarbeit des Dualen Zentrums mit den Ausbildungsstätten sowie über die Koordinierung der Ausbildung.
Bei Entscheidungen, die die Lehre mit Ausnahme der Bewertung der Lehre betreffen, müssen die Hochschul- lehrer mindestens über die Hälfte der Stimmen verfü- gen.
(4) Der Zentrumsvorstand besteht aus hauptberuflichen Hochschullehrern und Vertretern der Ausbildungsstät- ten. Seine Aufgaben entsprechen denen des Fakultäts- vorstands. Für die Wahl gelten die für Fakultätsvorstän- de geltenden Regeln, wobei die Duale Kommission die Rechte des Fakultätsrats wahrnimmt.
(5) Zu einem Studium im Dualen Zentrum kann zugelas- sen werden, wer über die dafür erforderliche Qualifikati- on sowie einen Ausbildungsvertrag mit einer zugelasse- nen Ausbildungsstätte verfügt, der den Grundsätzen gemäß Absatz 3 Satz 2 Nr. 3 entspricht.
(6) Hochschullehrer und Ausbildungsstätten können bei Forschungsvorhaben, die den Möglichkeiten und Be- dürfnissen der Praxispartner besonders entsprechen, zusammenwirken (kooperative Forschung).
(7) Das Nähere regelt die Hochschule in der Errichtungs- satzung.“
V. Zusammenfassung
Das duale Ausbildungsprinzip erfreut sich auch im terti- ären Bildungsbereich ständig steigender Beliebtheit und Nachfrage. Eine Reihe von Ländern hat daher gesonder- te Bildungseinrichtungen (Duale Hochschule oder Berufsakademien) geschaffen und mit hochschulrechtli- chen Sonderbestimmungen ausgestaltet. Aber auch nicht-duale Hochschulen bieten bundesweit zahlreiche duale Studienangebote an, ohne dass dies hochschul- rechtlich hinreichend unterlegt wäre. Viele Länder haben dazu gar keine Regelungen getroffen, andere haben das duale Studium lediglich legaldefinitorisch in ihren Hochschulgesetzen erwähnt. In keinem dieser Fäl- le ist das umfassende Dualitätsprinzip gesetzlich veran- kert, insbesondere auch nicht die Möglichkeit institutio- nell-organisatorischer Dualität. Dadurch ist die inhaltli- che und organisatorische Ausgestaltung dualer Studienangebote auf das Instrument von Kooperations- abkommen angewiesen. Da auf diesem Weg die gesetzli- chen Zuständigkeitsregelungen nicht modifiziert wer- den können, besteht jedoch keine Möglichkeit zu dualen Entscheidungsstrukturen und zu einer partnerschaftli- chen Verantwortungsträgerschaft für ein gemeinsames Studienangebot. Um dies aber zu ermöglichen, wird hier eine Dualitätsklausel (IV.) vorgeschlagen, die in das all- gemeine Landeshochschulrecht aufgenommen werden könnte und nicht-dualen Hochschulen nicht nur duale Studienangebote erlauben würde, sondern auch eine duale Verantwortungsteilung zwischen akademischer Seite und den Ausbildungsstätten. Während sich die akademische Seite bei bloßen Kooperationsabkommen der Ausbildungsstätten nur bedient, können bei Geltung einer solchen Dualitätsklausel beide Ausbildungspartner auf Augenhöhe und gemeinsam agieren.
Der Autor ist als Ministerialrat im Hochschuldienst und Honorarprofessor tätig. Er leitet die Abteilung für Rechtswissenschaft im Institut für Volkswirtschaftsleh- re und Recht der Universität Stuttgart. Seine Arbeits- schwerpunkte liegen im Partizipations‑, Hochschul- und Verfassungsrecht.
74 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 2 (2014), 67–74