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ÜBERSICHT

I. Ver­fas­sungs­recht­li­che Ausgangslage

II. Publi­ka­ti­ons­frei­heit, Ver­öf­fent­li­chungs­pflicht und Aufgriffsrecht

1. Ein­lei­tung

2. Beschäf­ti­gungs­recht­li­che Gesichtspunkte

3. Stu­di­en­recht­li­che Veröffentlichungspflicht

4. Auf­griffs­recht an Forschungsleistungen

a) Erfin­dungs­be­griff

b) Patent­recht­li­che und beschäf­ti­gungs­recht­li­che Belange

aa) Unter­neh­mens­be­griff und Unternehmensgegenstand

bb) Dienst­neh­mer­ei­gen­schaft und Arbeitspflicht

cc) Dritt­mit­tel­for­schung

5. Schutz­be­reich und Schran­ken­wir­kung der Wissenschaftsfreiheit

a) Rechts­gü­ter­ab­wä­gung und Unter­neh­mens­ge­gen­stand
b) Wer­tungs- und Rege­lungs­kon­flik­te
c) Auf­griffs­in­ten­ti­on
d) Pri­mat der Wis­sen­schafts- und Ver­öf­fent­li­chungs­frei­heit e) Ein­griffs­in­ten­si­tät und Aufgriffsregelung

f) Garan­ten­pflicht und Mei­nungs­äu­ße­rungs­frei­heit g) Inter­pre­ta­to­ri­sche Ansätze

I. Ver­fas­sungs­recht­li­che Ausgangslage

Die von Art. 17 des öster­rei­chi­schen Staats­grund­ge­set- zes1 über die all­ge­mei­nen Rech­te der Staats­bür­ger fest­ge- schrie­be­ne Frei­heit der Wis­sen­schaft und ihrer Leh­re meint for­schungs­be­zo­gen in der Essenz die Wahl­frei­heit mög­li­cher Hand­lungs­ent­schlüs­se betref­fend den Erkennt­nis­ge­gen­stand, das Erkennt­nis­ziel und die

  1. 1  RGBl. 1867/142, idgF.
  2. 2  Vgl. die EB 888 BlgNR 13. GP, 73. VfGH 13.10.1999, B 2118/96 =VfSlg 15.617/1999; 13.10.1958, B 87/58 = VfSlg 3415/1958. Ber­ka,Lehr­buch Grund­rech­te, 2000, S. 133.
  3. 3  VfGH 16.6.1988, G 97–100/88 = VfSlg 11.737/1988.
  4. 4  VfGH 14.12.1994, B 1400/92 = VfSlg 13.978/1994; 25. 3. 1955, B199/54 = VfSlg 2823/1955.
  5. 5  Vgl. die EB 978 BlgNR 15. GP, 2. VfGH 16.6.1988, G 97–100/88 =VfSlg 11.737/1988; 12.3.1985, B 44/84 = VfSlg 10.401/1985. Ber­ka, Die Frei­heit der Kunst (Art. 17a StGG) und ihre Gren­zen im Sys­tem der Grund­rech­te, JBl 1983, 289 f.

Man­fred Novak

Ver­öf­fent­li­chungs­pflicht und Auf­griffs­recht im Lich­te der Wissenschaftsfreiheit

Erkennt­nis­me­tho­de sowie impli­zit auch der Erkennt­nis- wei­ter­ga­be oder deren Unterlassung.2

Als klas­si­sches libe­ra­les Grund­recht ist die Wis­sen- schafts­frei­heit ent­ste­hungs­zeit­ge­schicht­lich als sub­jek- tiv-öffent­li­ches Abwehr­recht gegen den obrig­keit­li­chen Staat kon­zi­piert. Da es kei­nem Geset­zes­vor­be­halt unter- liegt, und dem­entspre­chend der ein­fa­che Gesetz­ge­ber nicht ermäch­tigt ist nähe­re Rege­lun­gen über die Aus- übung der Wis­sen­schafts­frei­heit vor­zu­se­hen oder Aus- nah­men von der Inan­spruch­nah­me der Wis­sen­schafts- frei­heit zu bestim­men, wirkt es inso­fern abso­lut, als es sowohl die Gesetz­ge­bung als auch die Voll­zie­hung un- mit­tel­bar bindet.3 Das Recht auf unge­hin­der­te wis­sen- schaft­li­che For­schung und freie wis­sen­schaft­li­che Leh­re darf dem­nach grund­sätz­lich durch Akte der Gesetz­ge- bung oder Voll­zie­hung weder behin­dert noch beschränkt wer­den. Inten­tio­nal auf Ein­schrän­kung die­ser Frei­hei­ten gerich­te­te Staats­ak­te sind damit jeden­falls ver­fas­sungs- widrig.4 Über die­se enge, an der Ein­griffs­ab­sicht ori­en- tier­te abwehr­recht­li­che Kern­ab­gren­zung zur Beschrän- kungs­zu­läs­sig­keit hin­aus, wird von Leh­re und Recht- spre­chung zuneh­mend eine ganz­heit­li­che Wer­tung maß- gebli­cher Abwä­gungs­kri­te­ri­en ver­tre­ten, wonach etwa auch auf Ziel­set­zun­gen und Aus­wir­kun­gen Bedacht zu neh­men ist.5

Nach aktu­el­lem (öster­rei­chi­schen) Ver­ständ­nis ist die Wis­sen­schafts­frei­heit gene­rell jedem Staats­bür­ger funk- tions- und insti­tu­ti­ons­un­ab­hän­gig sowie ohne Bin­dung an die Absol­vie­rung eines Hoch­schul­stu­di­ums garantiert.6 Damit unter­fal­len (nun­mehr) im Grun­de auch die Tätig- kei­ten Stu­die­ren­der der Wis­sen­schafts­frei­heit, soweit sie die inhalt­li­chen Kri­te­ri­en wis­sen­schaft­li­cher Tätig­keit erfül­len; einer aus­drück­li­chen for­ma­len Zuord­nung bestimm­ter Stu­die­ren­den­tä­tig­kei­ten zur For­schung bedarf es dem­nach nicht.JedenfallssinddamitdieformalvomUG7ausdrück- lichalswissenschaftlicheArbeitenbezeichnetenMaster‑,

6 VfGH 14.12.1994, B 1400/92 = VfSlg 13.978/1994; 3.10.1977, G 13/76, G 7/77 = VfSlg 8136/1977. Zum ver­gleich­ba­ren Ergeb­nis aus uni­ons­recht­li­cher Per­spek­ti­ve, mit Hin­blick auf die Wis­sen- schafts­frei­heit nach Art. 13 GRC, Jarass, Char­ta der Grund­rech­te der Euro­päi­schen Uni­on, 3. Aufl. 2016, Rn. 7, 10 zu Art. 13 GRC – nach VfGH 14.3.2012, U 466/11–18, U 1836/11–13 = VfSlg 19.632 sind die Impli­ka­tio­nen des Art. 13 GRC und die bezüg­li­chen Inten­tio­nen des EuGH auch unmit­tel­ba­rer Prü­fungs­maß­stab für den VfGH.

7 Uni­ver­si­täts­ge­setz 2002, BGBl. I 2002/120, idgF.

Ord­nung der Wis­sen­schaft 2017, ISSN 2197–9197

108 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 2 (2017),107–120

Diplom- und Doktorarbeiten8 dem Grun­de nach dem Schutz­be­reich der For­schungs­frei­heit zuzu­rech­nen; wobei ins­be­son­de­re für die per defi­ni­tio­nem auf Eigen­erkennt­nis und wis­sen­schaft­li­che Nach­wuchs­re­kru­tie­rung zuge- schnit­te­nen Dis­ser­ta­tio­nen die­se Wer­tung streitet.

Vor die­sem Hin­ter­grund ist die Ver­öf­fent­li­chungs- pflicht betref­fend wis­sen­schaft­li­cher Arbei­ten Stu­die­ren- der, gemäß § 86 UG, und das uni­ver­si­tä­re Auf­griffs­recht an Dienst­er­fin­dun­gen, gemäß § 106 Abs. 3 UG, zu wer- ten. Wobei die nun­mehr auch in elek­tro­ni­scher Form vor­ge­se­he­ne Über­ga­be wis­sen­schaft­li­cher Arbei­ten an die Universitätsbibliotheken9 – mit ent­spre­chend erwei- ter­ten Zugriffs­mög­lich­kei­ten – und die maß­geb­lich bud- get­re­le­van­te Dritt­mit­tel­for­schung – die nun­mehr zur Uni­ver­si­täts­for­schung zählt10 – der The­ma­tik eine be- son­de­re Rele­vanz verleihen.

II. Publi­ka­ti­ons­frei­heit, Ver­öf­fent­li­chungs­pflicht und Aufgriffsrecht

1. Ein­lei­tung

Neben der frei­en The­men- und Metho­den­wahl stellt die Mög­lich­keit zur frei­en Ver­öf­fent­li­chung wis­sen­schaft­li- cher Erkennt­nis­se eine wesent­li­che Kom­po­nen­te des Schutz­be­rei­ches der Wis­sen­schafts­frei­heit dar.

Sei­ne ver­fas­sungs­recht­li­chen Wur­zeln fin­det die Pu- bli­ka­ti­ons­frei­heit im Grund­recht der frei­en Mei­nungs- äuße­rung nach Art. 13 StGG, als des­sen Son­der­fall Art. 17 StGG gilt.11 Nach Art. 13 Abs. 1 StGG umfasst die Mei- nungs­äu­ße­rungs­frei­heit das Recht, sei­ne Mei­nung durch „Wort, Schrift, Druck oder durch bild­li­che Dar­stel­lung“ frei zu äußern. Damit sind bereits in die­sem Stamm- Grund­recht die wesent­li­chen Mög­lich­kei­ten und schutz- wür­di­gen For­men zum Trans­fer wis­sen­schaft­li­cher Er- kennt­nis­se in For­schung und Leh­re (mit-)umrissen.

Die beson­de­re Bedeu­tung der Publi­ka­ti­ons­frei­heit, im Rah­men der wis­sen­schaft­li­chen For­schungs­frei­heit, resul­tiert struk­tu­rell aus dem zen­tra­len For­schungs­pos- tulat der Nach­voll­zieh­bar­keit und Über­prüf­bar­keit von Forschungsergebnissen.12 In die­sem Sin­ne wur­de vom VfGH aus­drück­lich judi­ziert, dass die von Art. 17 StGG garan­tier­te For­schungs­frei­heit auch das Recht ein-

  1. 8  § 51 Abs. 2 Z. 8, 13, § 72 UG.
  2. 9  § 86 Abs. 1 letz­ter Satz UG.
  3. 10  § 26 Abs. 1 UG.
  4. 11  VfGH 10.6.1996, B 696/96 = VfSlg 14.486/1996; 14. 12. 1994,B 1400/92 = VfSlg 13.978/1994.
  5. 12  Vgl. Bin­der, Die ver­fas­sungs­recht­li­che Siche­rung der Wis­sen-schafts­frei­heit in Öster­reich, WissR 6 (1973), S. 3 ff.
  6. 13  VfGH 3.10.1956, B 74/56 = VfSlg 3068/1956.
  7. 14  VfGH 23.6.1950, B 213/49 = VfSlg 1969/1950; 23.3.1949, B 225/48= VfSlg 1777/1949. Mit einem grund­sätz­li­chen Vorzensurver-

schließt For­schungs­er­geb­nis­se auf­zu­zeich­nen und zu veröffentlichen.13 In Ent­spre­chung des­sen sieht der VfGH eine grund­rechts­re­le­van­te Behin­de­rung der wis- sen­schaft­li­chen For­schung etwa dann als gege­ben an, wenn eine wis­sen­schaft­li­che Publi­ka­ti­on bean­stan­det oder unter­sagt wurde.14 In einem wei­te­ren Sin­ne ist die Nach­voll­zieh­bar­keit im Wege ver­öf­fent­lich­ter Wer­ke eben­so für Qua­li­fi­ka­ti­ons­be­ur­tei­lun­gen, auch im Zuge etwa­iger Rechts­schutz­ver­fah­ren, von wesent­li­chem Belang.

Die­sem Stel­len­wert ent­spre­chend kommt den wis- sen­schaft­li­chen Publi­ka­tio­nen im Rah­men uni­ver­si­tä­rer orga­ni­sa­ti­ons- und beschäf­ti­gungs­recht­li­cher Rege­lun- gen tra­gen­de Bedeu­tung als Qua­li­täts- und Qua­li­fi­ka­ti- ons­in­di­ka­tor zu. Neben einer in der „sci­en­ti­fic com­mu- nity“ tra­di­tio­nell per­so­nen­be­zo­gen wesent­lich renom- mee­bil­den­den und kar­rie­re­tra­gen­den Kom­po­nen­te ver- öffent­lich­ter wis­sen­schaft­li­cher Leis­tun­gen, hat nach aktu­el­ler Rechts­la­ge die Qua­li­tät und – ver­mehrt – die Quan­ti­tät wis­sen­schaft­li­cher Publi­ka­tio­nen auch insti­tu- tions­be­zo­gen aus­schlag­ge­ben­de pro­fil­bil­den­de, wett­be- werbs­för­dern­de und bud­get­wirk­sa­me Effek­te. Ver­mit­tels der in der neue­ren Dog­ma­tik akkor­dier­ten grund­recht­li- chen Gewähr­leis­tungs­pflicht des Staa­tes und der dar­aus erflie­ßen­den Vor­sor­ge­ver­ant­wor­tung des uni­ver­si­täts- recht­li­chen Gesetz­ge­bers, ist eine dem­entspre­chen­de Absi­che­rung in den uni­ver­si­täts­recht­li­chen Rege­lun­gen gebo­ten. Eine Vor­ga­be, auf wel­che der Gesetz­ge­ber des UG nicht immer aus­rei­chend Bedacht nimmt.

2. Beschäf­ti­gungs­recht­li­che Gesichtspunkte

Im Ein­klang mit der nach Art. 17 StGG gebo­te­nen Ent- schei­dungs­frei­heit, betref­fend die Ver­öf­fent­li­chung eige- ner wis­sen­schaft­li­cher For­schungs­er­geb­nis­se, sieht das Beschäf­ti­gungs­recht mehr­fach dem­entspre­chen­de Absi- che­run­gen vor. So hat schon bis­her das Beam­ten­dienst- recht,15 und inhalts­gleich das Ver­trags­be­diens­te­ten- recht,16 für Uni­ver­si­täts­as­sis­ten­ten aus­drück­lich das Recht nor­miert, eige­ne wis­sen­schaft­li­che Arbei­ten selb- stän­dig zu ver­öf­fent­li­chen. Damit soll, nach dem Wil­len des Gesetz­ge­bers, ins­be­son­de­re sicher­ge­stellt sein, dass es zur Ver­öf­fent­li­chung sol­cher eige­ner Arbei­ten nicht

bot für wis­sen­schaft­li­che Publi­ka­tio­nen idS. gilt etwa auch eine Vor­la­ge­pflicht an Ethik­kom­mis­sio­nen als unver­ein­bar (vgl. Kopetz­ki, Muss For­schung „ethisch ver­tret­bar“ sein?, in: Jabloner/ Kucs­ko-Stadl­may­er/­Mu­z­ak/­Pert­hold-Stoitz­ner/­Stö­ger (Hg.), Vom prak­ti­schen Wert der Methode/FS May­er, 2011, S. 266).

15 § 183 BDG 1979 (Beam­ten-Dienst­rechts­ge­setz 1979, BGBl. Nr. 333, idgF.).

16 § 49p Abs. 3 VBG (Ver­trags­be­diens­te­ten­ge­setz 1948, BGBl. Nr. 48, idgF.).

Novak · Ver­öf­fent­li­chungs­pflicht und Auf­griffs­recht im Lich­te der Wis­sen­schafts­frei­heit 1 0 9

der Zustim­mung des Vor­ge­setz­ten bedarf.17 Inso­weit ist die­se Rege­lung in Über­ein­stim­mung mit der grund­sätz- lichen Wei­sungs­feind­lich­keit der durch die Wis­sen- schafts­frei­heit geschütz­ten Grundrechte.18,19 In Anleh- nung dar­an, sieht die orga­ni­sa­ti­ons­recht­li­che Rege­lung des § 106 Abs. 1 UG ein den dienst­recht­li­chen Bestim- mun­gen text­i­den­tes Ver­öf­fent­li­chungs­recht vor.

In einer kon­f­li­gie­ren­den Bezie­hung zum orga­ni­sa- tions- und beschäf­ti­gungs­recht­lich zuge­si­cher­ten Ver­öf- fent­li­chungs­recht, betref­fend eige­ne For­schungs­er­geb- nis­se, ste­hen stu­di­en- und orga­ni­sa­ti­ons­recht­lich nor- mier­te Ver­öf­fent­li­chungs­pflich­ten und Auf­griffs­rech­te, die, neben eigen­tums­recht­li­chen und urhe­ber­recht­li- chen Aspek­ten, wesent­lich auch in einem Span­nungs­ver- hält­nis zur von der grund­recht­li­chen Wis­sen­schafts­frei- heit mit­um­fass­ten Ent­schei­dungs­frei­heit über die Ver­öf- fent­li­chung wis­sen­schaft­li­cher Unter­su­chun­gen und Er- kennt­nis­se stehen.20

3. Stu­di­en­recht­li­che Veröffentlichungspflicht

§ 86 Abs. 1 UG sieht die Über­ga­be von posi­tiv beur­teil­ten Diplom‑, Mas­ter- und Dok­tor­ar­bei­ten an die jewei­li­ge Uni­ver­si­täts­bi­blio­thek, im Fal­le der Dis­ser­ta­tio­nen zusätz­lich an die Öster­rei­chi­sche Natio­nal­bi­blio­thek, vor. Die­se Über­ga­be liegt dabei nicht im Ermes­sen des Stu­die­ren­den, son­dern ist als Ablie­fe­rungs­pflicht fest­ge- legt. Der zwin­gen­de Cha­rak­ter die­ser grund­sätz­li­chen Ablie­fe­rungs­pflicht wird noch dadurch ver­stärkt, dass die Ver­lei­hung aka­de­mi­scher Gra­de die erfolg­te Ablie­fe- rung die­ser Arbei­ten voraussetzt.21

Durch die Ablie­fe­rung – in her­kömm­li­cher Form – wird im urhe­ber­recht­li­chen Sin­ne die Arbeit noch nicht als erschienen,22 jeden­falls aber als ver­öf­fent­licht zu wer- ten sein;23 in die­sem Sin­ne spricht auch die Rege­lung des

  1. 17  Vgl. die EB 320 BlgNR 17. GP, 36 f.
  2. 18  Vgl. etwa Ber­ka, Grund­rech­te, Rn. 347; Erma­co­ra, Grund­riß der­Men­schen­rech­te in Öster­reich, 1988, Rn. 796; Koja, Wis­sen-schafts­frei­heit und Uni­ver­si­tät, 1976, S. 15 f.
  3. 19  In einem wei­te­ren Sin­ne kann die dienst­recht­li­che Absi­che­rung­d­er Publi­ka­ti­ons­frei­heit auch als Aus­druck der Son­der­stel­lung des Uni­ver­si­täts­leh­rer­am­tes inso­weit ver­stan­den wer­den, als im eigent­li­chen Kern­be­reich der wis­sen­schaft­li­chen Tätig­keit die ver­fas­sungs­recht­li­che Indi­vi­du­al­frei­heit nach Art. 17 StGG den grund­sätz­li­chen Gemein­wohl­vor­rang eines Amtes, gegen­über Amts­wal­ter­in­ter­es­sen, verdrängt.
  4. 20  Auch aus beschäf­ti­gungs­recht­li­chen Vor­ga­ben lässt sich kei­ne Ver­pflich­tung zur Ver­öf­fent­li­chung wis­sen­schaft­li­cher Arbei­ten ablei­ten. So kann aus der For­schungs­ver­pflich­tung nach § 155 Abs. 1 und § 165 Abs. 1 sowie § 172 Abs. 1 und § 179Abs. 1 f. BDG 1979, mit Hin­blick auf Art. 17 StGG, nicht auf eine Dienst­pflicht zur Publi­ka­ti­on von For­schungs­er­geb­nis­sen eines Uni­ver­si­täts­leh­rers geschlos­sen wer­den. Vgl. dazu auch VwGH 27.6.2012, 2011/12/0172 = ZfV 2013, 64 f. = zfhr 2012, 218.
  5. 21  § 87 Abs. 1 UG.
  6. 22  Erschei­nen setzt iSv. § 42, §§ 44 ff. iVm. § 16 UrhG (Urhe­ber-

§ 86 UG von einer Ver­öf­fent­li­chungs­pflicht. Da mit der Ablie­fe­rung an die jewei­li­ge Uni­ver­si­täts­bi­blio­thek noch kein Erschei­nen bewirkt wird, ist damit zumin­dest dem urhe­ber­recht­li­chen Verbreitungsrecht24 ent­spro­chen. Dif­fe­ren­zier­te­re Wer­tun­gen aber haben für die stu­di­en- recht­li­che Ver­öf­fent­li­chungs­pflicht vor allem im Lich­te der Ände­run­gen durch die UG-Novel­le 2015 zu gel­ten. Die mit der Ver­öf­fent­li­chungs­pflicht des UG inten­dier­te Zugäng­lich­ma­chung und Dis­kur­sof­fen­heit sowie Hint- anhal­tung von Plagiaten,25 die inso­weit wesent­lich im Diens­te der Grund­sät­ze wis­sen­schaft­li­chen Arbei­tens und damit eines unge­schrie­be­nen wis­sen­schaft­li­chen Kodex steht, kann ange­sichts der nun­mehr auch in elek- tro­ni­scher Form vor­ge­se­he­nen Über­ga­be wis­sen­schaft­li- cher Arbei­ten Studierender26 in ein spe­zi­fi­sches Spa­nungs- ver­hält­nis aus urhe­ber­recht­li­cher und grund­recht­li­ches Sicht geraten.

Patent­recht­li­chen Erfor­der­nis­sen ist dabei inso­weit noch Genü­ge getan, als § 86 Abs. 2 UG für Stu­die­ren­de die Mög­lich­keit vor­sieht, bei Gefähr­dung wich­ti­ger recht­li­cher und wirt­schaft­li­cher Inter­es­sen einen Benüt- zungs­aus­schluss von bis zu fünf Jah­ren nach Über­ga­be der jewei­li­gen Arbeit zu bean­tra­gen. Die­se Rege­lung dient prak­tisch dem Schutz paten­tier­fä­hi­ger, wirt­schaft- lich ver­wert­ba­rer, tech­ni­scher Inno­va­tio­nen, da bereits die blo­ße Mög­lich­keit der Kennt­nis­nah­me einer Erfin- dung in einer wis­sen­schaft­li­chen Arbeit Stu­die­ren­der, unab­hän­gig von der Ein­wil­li­gung des Urhe­bers, die Neu- heit und damit die Paten­tier­fä­hig­keit einer Erfin­dung ausschließt.27

In Abhän­gig­keit vom fak­ti­schen und poten­ti­el­len Be- nut­zer­kreis nun­mehr elek­tro­nisch erfass­ter, gespei­cher- ter und zugäng­li­cher Daten­sät­ze mit wis­sen­schaft­li­chen Arbei­ten, ist die neue Über­ga­be­re­ge­lung des § 86 UG,

rechts­ge­setz, BGBl. 1936/111, idgF.) vor­aus, dass ein Werk in genü­gen­der Zahl feil­ge­hal­ten oder in Ver­kehr gebracht – und damit im her­kömm­li­chen Sin­ne publi­ziert – ist; die­se Qua­li­tät ist durch Ablie­fe­rung ein­zel­ner Exem­pla­re an eine „amt­li­che Biblio- thek“ nicht erfüllt (vgl. Dil­lenz, Rechts­fra­gen des Urhe­ber­rechts, in: Stras­ser (Hg.), Organisations‑, euro­pa- und imma­te­ri­al­gü­ter- recht­li­che Pro­ble­me der Uni­ver­si­tä­ten, Bd. 14 der Bei­trä­ge zum Uni­ver­si­täts­recht, 1992, S. 108 f.).

23 Die Ver­öf­fent­li­chung ist durch den brei­ten, für wis­sen­schaft­li- che Arbei­ten Stu­die­ren­der grund­sätz­lich (mit der mar­gi­na­len Aus­nah­me des § 86 Abs. 2 UG) unbe­schränk­ten Benüt­zer­kreis der Uni­ver­si­täts­bi­blio­the­ken erfüllt (vgl. Dil­lenz, aaO., S. 110) – die­ses Argu­ment gilt umso mehr für die Auf­nah­me in die Samm­lung der Öster­rei­chi­schen Nationalbibliothek.

24 § 16 Abs. 1 UrhG, wonach dem Urhe­ber das aus­schließ­li­che Ver- brei­tungs­recht an sei­nem Werk zukommt und dem­entspre­chend ein Erschei­nen an des­sen Ein­wil­li­gung gebun­den ist.

25 Vgl. die EB 588 BlgNR 20. GP, 95.
26 § 86 Abs. 1 letz­ter Satz UG.
27 Vgl. dazu Schwar, Erfin­dungs­schutz an Hoch­schu­len, zfhr 2003,

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gemes­sen am jewei­li­gen Sys­tem, dahin­ge­hend auf ihre Ver­ein­bar­keit mit dem Urhe­ber­recht zu wer­ten, als nun- mehr ein urhe­ber­recht­lich rele­van­tes Erschei­nen gemäß §§ 42 ff. UrhG und damit eine Beein­träch­ti­gung des ur- heber­recht­li­chen Ver­brei­tungs­rechts gemäß § 16 UrhG gege­ben sein kann.

Betref­fend die grund­recht­lich zuge­si­cher­te Wis­sen- schafts­frei­heit gilt, wie oben ange­spro­chen, das Recht der frei­en Auf­zeich­nung und Ver­öf­fent­li­chung von For- schungs­er­geb­nis­sen als imma­nen­ter Bestand­teil der von Art. 17 StGG garan­tier­ten Forschungsfreiheit.28 Die An- wend­bar­keit die­ser grund­recht­li­chen Schutz­wir­kung auf Diplom‑, Mas­ter- und Dok­tor­ar­bei­ten ergibt sich eben dar­aus, dass nach der Recht­spre­chung betref­fend die Ad- res­sa­ten der Wis­sen­schafts­frei­heit nicht auf For­mal­qua- lifi­ka­tio­nen abzu­stel­len ist,29 und die genann­ten Arbei- ten vom Gesetz­ge­ber aus­drück­lich als wis­sen­schaft­li­che Arbei­ten aus­ge­wie­sen werden.30

Als wesent­li­che Kom­po­nen­te der Wis­sen­schafts­frei- heit gilt dem­nach die Ent­schei­dungs­frei­heit über die In- anspruch­nah­me und Aus­übung der durch Art. 17 StGG ver­mit­tel­ten Rechts­po­si­ti­on, und damit auch die Wil- lens­frei­heit des Autors, eine wis­sen­schaft­li­che Arbeit zu ver­öf­fent­li­chen oder nicht.31 Dabei kann schon frag­lich sein, ob sich für eine dif­fe­ren­zier­te grund­recht­li­che Wer- tung und Anknüp­fung, je nach­dem, ob eine (blo­ße) Ver- öffent­li­chung oder eine in Ver­kehr gebrach­te Publi­ka­ti- on vor­liegt, sach­li­che Anhalts­punk­te fin­den las­sen. Mit Hin­blick auf eine nun etwa­ig als Erschei­nen zu wer­ten­de Über­ga­be wis­sen­schaft­li­cher Arbei­ten Stu­die­ren­der auf elek­tro­ni­schem Wege, ver­dich­tet sich ten­den­zi­ell das

  1. 28  So schon VfGH 3.10.1956, B 74/56 = VfSlg 3068/1956.
  2. 29  In die­se Rich­tung weist auch die Judi­ka­tur des EuGH, der Stu­die-ren­de als par­ti­el­le Trä­ger der Wis­sen­schafts­frei­heit wer­tet (vgl. etwa EuGH 13.2.1985, 293/83, Gra­vier, Slg. 1985, 593; 3. 7. 1974, 9/74, Casa­gran­de, Slg. 1974, 773).
  3. 30  Dazu die Nach­wei­se unter Kap. I.
  4. 31  Dazu die Nach­wei­se unter Kap. I. In die­se Rich­tung, betref­fen­dur­he­ber­recht­li­che Aspek­te, auch Dil­lenz, aaO., S. 110.
  5. 32  VfGH 10.6.1996, B 696/96 = VfSlg 14.485/1996.
  6. 33  Vor die­sem Hin­ter­grund ist auch zu erwä­gen, ob die Ver­öf­fent-lichungs­pflicht des § 86 Abs. 1 UG mit dem urhe­ber­recht­li­chen Ver­öf­fent­li­chungs- und Ver­brei­tungs­recht (vgl. §§ 8, 16 UrhG) im Ein­klang steht, die bei­de auf die Ein­wil­li­gung und damit auf eine Opti­ons­mög­lich­keit des Urhe­bers abstel­len; zumal nach den Mat. zur sub­stanz­glei­chen Vor­gän­ger­re­ge­lung des § 65 UniStG (vgl. die EB 588 BlgNR 20. GP, 95) die jewei­li­ge Arbeit mit der Abga­be an die Biblio­thek, unter Erlö­schen des Ver­brei­tungs­rechts des§ 16 UrhG, als auto­ma­tisch frei­ge­ge­ben und damit im Ergeb­nisals ex lege ver­öf­fent­licht (iSv. § 8 UrhG) gilt.
  7. 34  § 7 Abs. 2 f. PatG (Patent­ge­setz 1970, BGBl. Nr. 259, idgF.).
  8. 35  Nach bis­he­ri­ger (patent­recht­li­cher) Rechts­la­ge war die Diens-ter­fin­dungs­re­ge­lung ex lege auf öffent­lich-recht­lich Bedienstete

grund­sätz­li­che Span­nungs­ver­hält­nis im Lich­te einer im Effekt32 unter­bun­de­nen Entscheidungsfreiheit.33

4. Auf­griffs­recht an Forschungsleistungen

Zu gleich­wer­ti­gen grund­recht­li­chen Frik­tio­nen, wie die für Stu­die­ren­de vor­ge­schrie­be­ne Ver­öf­fent­li­chungs- pflicht, führt die Auf­griffs­re­ge­lung des § 106 Abs. 2 f. UG, die im Ergeb­nis auf ein im Ermes­sen der Uni­ver­si­tät lie­gen­des Ver­öf­fent­li­chungs­ver­bot hinausläuft.

a) Erfin­dungs­be­griff

Die Rege­lung des § 106 Abs. 2 UG rezi­piert zunächst den patent­recht­li­chen Dienst­ge­ber- und Dienst­er­fin- dungsbegriff34 für Erfin­dun­gen im Rah­men der Tätig- keit an Uni­ver­si­tä­ten und wei­tet den Adres­sa­ten­kreis auf alle in einem Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis zum Bund oder zur Uni­ver­si­tät ste­hen­den Uni­ver­si­täts­an­ge­hö­ri- gen aus.35 Dienst­er­fin­dun­gen in die­sem Sin­ne sind damit all jene Erfin­dun­gen des Uni­ver­si­täts­per­so- nals,36 die in das aus der Fach­zu­stän­dig­keit und Zuge- hörig­keit zu einer bestimm­ten Orga­ni­sa­ti­ons­ein­heit erflie­ßen­de Tätig­keits­feld fal­len bzw. von der gesetz- lich oder ver­trag­lich fest­ge­leg­ten Ver­wen­dung und Arbeits­platz­be­schrei­bung erfasst sind, sofern sie in Erfül­lung „dienst­li­cher Oblie­gen­hei­ten“ oder durch Anre­gung aus dem Tätig­keits­feld zustan­de kom­men, oder durch Nut­zung von Erfah­run­gen oder Hilfs­mit- tel des Unter­neh­mens wesent­lich erleich­tert werden.37 Der­ar­ti­ge Dienst­er­fin­dun­gen sind gemäß § 106 Abs. 3 UG mel­de­pflich­tig und unter­lie­gen einem pri­mä­ren Ver­wer­tungs­recht durch die Uni­ver­si­tät, kraft ihrer

(Beam­te) beschränkt (§ 7 Abs. 2 PatG); bei Beschäf­tig­ten auf Ba- sis pri­vat­recht­li­cher Dienst­ver­hält­nis­se bedurf­te es zur Wahr­neh- mung der patent­recht­li­chen Dienst­ge­ber­rech­te ent­spre­chen­der arbeits­ver­trag­li­cher Ver­ein­ba­run­gen und damit einer Ein­wil­li- gung des Beschäf­tig­ten (§§ 6 ff. PatG).

36 Ange­spro­chen wird damit das in einem akti­ven Beschäf­ti­gungs- ver­hält­nis zur Uni­ver­si­tät ste­hen­de Per­so­nal gem. § 94 Abs. 2 f. UG sein, da nur die­ses der Uni­ver­si­tät eine Dienst­pflicht bzw. eine Arbeits­leis­tung schul­det. IdS. spricht § 106 Abs. 2 UG aus­drück­lich von Erfin­dun­gen „im Rah­men eines öffent­lich- recht­li­chen oder pri­vat­recht­li­chen Dienst- oder Aus­bil­dungs- ver­hält­nis­ses zum Bund oder im Rah­men eines Arbeits- oder Aus­bil­dungs­ver­hält­nis­ses zur Uni­ver­si­tät“; in die­se Rich­tung auch die Mat. zu § 106 UG, wo auf „Mit­ar­bei­ter der Uni­ver­si­tät“, unab- hän­gig von deren arbeits­recht­li­chen Stel­lung, abge­stellt wird (vgl. die EB 1134 BlgNR 21. GP, 99). Nach die­sem Ver­ständ­nis kommt die Dienst­er­fin­dungs­re­ge­lung des § 106 UG auf For­schungs­sti- pen­dia­ten (§ 95 UG) und eme­ri­tier­te Uni­ver­si­täts­pro­fes­so­ren bzw. Uni­ver­si­täts­pro­fes­so­ren im Ruhe­stand (§ 104 UG) nicht zur Anwen­dung, die per defi­ni­tio­nem in kei­nem (akti­ven) Arbeits- ver­hält­nis zu Bund oder Uni­ver­si­tät stehen.

37 § 7 Abs. 3 lit. a ff. PatG.

Novak · Ver­öf­fent­li­chungs­pflicht und Auf­griffs­recht im Lich­te der Wis­sen­schafts­frei­heit 1 1 1

Stel­lung als Dienst­ge­ber; wobei neben dem Auf­griff des Benüt­zungs­rechts auch die gänz­li­che Inan­spruch- nah­me durch die Uni­ver­si­tät vor­ge­se­hen ist.

Der vom UG bezo­ge­ne patent­recht­li­che Erfin­dungs- begriff38 erfasst dabei typi­scher­wei­se gegen­ständ­li­che tech­ni­sche Inno­va­tio­nen oder Ver­fah­rens­in­no­va­tio­nen, die einer gewerb­li­chen Anwend­bar­keit zugäng­lich sind. Ent­de­ckun­gen sowie wis­sen­schaft­li­che Theo­rien und Metho­den schei­den aus der Inan­spruch­nah­me durch die Uni­ver­si­tät aus.39 Damit unter­fal­len dem Anwen­dungs- bereich des § 106 Abs. 2 UG pri­mär Ergeb­nis­se der ange- wand­ten For­schung und Ent­wick­lung, die vor allem auch im Dritt­mit­tel­be­reich von zen­tra­ler Bedeu­tung sind, wäh­rend rein abs­trak­te Erkennt­nis­se im Rah­men von Grund­la­gen­for­schun­gen und dog­ma­ti­schen Unter- suchun­gen, wie sie schwer­punkt­mä­ßig in geis­tes­wis­sen- schaft­li­chen Fächern ent­ste­hen, grund­sätz­lich nicht vom Auf­griffs­recht erfasst sind.

b) Patent­recht­li­che und beschäf­ti­gungs­recht­li­che Belange

Das uni­ver­si­tä­re Auf­griffs­recht begeg­net zunächst schon patent­recht­li­chen und beschäf­ti­gungs­recht­li­chen Beden- ken, wie sie zum staat­li­chen Auf­griffs­recht gegen­über öffent­lich-recht­lich Bediens­te­ten ent­wi­ckelt wurden40 und (teil­wei­se) auf die gegen­ständ­li­che Rechts­la­ge fort- wirken.41 Neben einer wenig über­zeu­gen­den entste- hungs­zeit­ge­schicht­li­chen Argumentation42 und einer Bezug­nah­me auf das – zwi­schen­zei­tig über­hol­te – deut- sche Universitätslehrerprivileg,43 setzt die­se Argu­men­ta- tion pri­mär beim Unter­neh­mens­ge­gen­stand und den Dienst­pflich­ten des Arbeit­neh­mers an.

aa) Unter­neh­mens­be­griff und Unternehmensgegenstand

Betref­fend den Unter­neh­mens­ge­gen­stand, dem die Dienst­er­fin­dung patent­recht­lich unter­fal­len muss,44 wird dabei die grund­sätz­lich man­geln­de imma­te­ri­al­gü- ter­recht­li­che Unter­neh­mens­ei­gen­schaft der Uni­ver­si­tä- ten ins Tref­fen geführt.45 Als wesent­lich gilt dabei, dass

  1. 38  Vgl. Schwar, aaO., 108 f.; zu allg. patent­recht­li­chen Bezü­gen nach Uni­ons­recht Thie­le, Gesetz­ge­bung und aktu­el­le Judi­ka­tur im Patent­recht, in: Staudegger/Thiele (Hg.), Jahr­buch Geis­ti­ges Eigen­tum 2013, 2013, S. 172 ff.
  2. 39  So aus­drück­lich § 1 Abs. 3 Z. 1 PatG.
  3. 40  Dazu insb. Dil­lenz, aaO., S. 117 f., 123 ff., 126; Geist, Imma­te­ri-algü­ter­recht­li­che Pro­ble­me der Dritt­mit­tel­for­schung, in: Stras­ser (Hg.), Organisations‑, euro­pa- und imma­te­ri­al­gü­ter­recht­li­che Pro­ble­me der Uni­ver­si­tä­ten, Bd. 14 der Bei­trä­ge zum Uni­ver­si- täts­recht, 1992, S. 158 ff.
  4. 41  Als obso­let ist zwi­schen­zei­tig, auf­grund der nun­meh­ri­gen Voll­rechts­fä­hig­keit der Uni­ver­si­tä­ten und der gleich­wer­ti­gen An- wen­dung des § 106 Abs. 2 UG auf alle Beschäftigtenkategorien,

der ver­wer­tungs­ori­en­tier­te gewerb­li­che Unter­neh­mens- begriff des PatG mit der (pri­mär) erkennt­nis­ori­en­tier­ten Aus­rich­tung der Uni­ver­si­tä­ten nicht im Ein­klang steht. Die­ser Wer­tung ist inso­fern nach wie vor etwas abzu­ge- win­nen, als das UG, trotz ten­den­zi­ell ver­mehr­ter Beto- nung von Ergeb­nis­re­le­vanz und Ver­ant­wor­tung gegen- über Staat und Gesell­schaft, in sei­nen hand­lungs­maß- gebli­chen Grund­satz­re­ge­lun­gen die Bestim­mung der Uni­ver­si­tä­ten im Diens­te von For­schung, Leh­re und Per- sön­lich­keits­bil­dung, die wis­sen­schaft­li­chen Frei­heits­ma- xime und die Auf­ga­be der Ent­wick­lung der Wis­sen- schaften,46 an vor­ders­te Stel­le reiht. Da die Ein­lei­tungs- para­gra­phen 1 bis 3 UG die zen­tra­len Prin­zi­pi­en und Zwe­cke der uni­ver­si­tä­ren Tätig­keit fest­le­gen, steht die Auf­griffs­re­ge­lung des § 106 Abs. 2 UG zumin­dest in einem Span­nungs­ver­hält­nis zur gesetz­li­chen Aus­rich- tung der „Unter­neh­mens­kul­tur“ der Universitäten.47

bb) Dienst­neh­mer­ei­gen­schaft und Arbeitspflicht

Da § 7 PatG in sei­nen Rege­lun­gen betref­fend unter­neh- mens­be­zo­ge­ner Dienst­er­fin­dun­gen durch­ge­hend auf die Dienst­neh­mer­ei­gen­schaft abstellt, ergibt sich bereits dar­aus, dass auf­greif­ba­re Erfin­dun­gen sol­che sind, die in Erfül­lung der gesetz­li­chen oder ver­trag­li­chen Arbeits- pflich­ten ent­ste­hen. In die­sem Sin­ne wird hin­sicht­lich der patent­recht­li­chen Auf­griffs­re­ge­lung davon aus­ge- gan­gen, dass patent­recht­lich rele­van­te Dienst­er­fin­dun- gen sol­che sind, die als Ergeb­nis einer dar­auf gerich­te­ten Arbeits­pflicht oder als zufäl­li­ges oder durch die Beschäf- tigung ange­reg­tes Ergeb­nis, im Zuge der Erfül­lung der Arbeits­pflicht, auftreten.48

In Ent­spre­chung dazu legt die bezüg­li­che Auf­griffs­re- gelung des § 106 UG den Anwen­dungs­be­reich mit Erfin- dun­gen im Rah­men von Dienst‑, Arbeits- und Aus­bil- dungs­ver­hält­nis­sen zum Bund oder zur Uni­ver­si­tät fest. Die orga­ni­sa­ti­ons­recht­li­chen Ver­wen­dungs­bil­der sowie die beschäf­ti­gungs­recht­li­chen Rege­lun­gen der Dienst- und Arbeits­pflich­ten des Uni­ver­si­täts­per­so­nals stel­len dabei durch­wegs sehr all­ge­mein auf die Kern­auf­ga­ben For­schung und Leh­re sowie gege­be­nen­falls auch auf

jeden­falls der argu­men­tier­te Auf­griffs­aus­schluss wegen Ungleich- behand­lung zwi­schen Beam­ten und Ver­trags­be­diens­te­ten sowie wegen des unde­fi­nier­ba­ren Unter­neh­mens­ge­gen­stan­des von Uni­ver­si­tä­ten, als nach­ge­ord­ne­te staat­li­che Dienst­stel­len, zu werten.

42 In die­se Rich­tung insb. Dil­lenz, aaO., S. 117 f.
43 Dazu insb. Dil­lenz, aaO., S. 118, 123 f. Kri­tisch dazu schon Geist,

aaO., S. 154.
44 § 7 Abs. 2 PatG.
45 Vgl. Geist, aaO., S. 130, 152.
46 § 1 Satz 1, § 2 Z. 1, § 3 Z. 1 UG.
47 Vgl. dazu etwa Novak, Uni­ver­si­täts­idee und „Unter­neh­mens­kul-

tur“, zfhr 2016, 19 ff. 48 Vgl. Schwar, aaO., 109.

112 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 2 (2017),107–120

die damit ver­bun­de­nen Ver­wal­tungs­ak­ti­vi­tä­ten ab;49 die nähe­re Kon­kre­ti­sie­rung hat erfor­der­li­chen­falls in den Arbeits­ver­trä­gen und Ziel­ver­ein­ba­run­gen zu erfol- gen, wobei, den Eigen­ge­setz­lich­kei­ten wis­sen­schaft­li­cher Tätig­keit fol­gend, gän­gi­ger­wei­se kei­ne kon­kre­ten Ar- beits­er­fol­ge fest­ge­legt werden.

Davon aus­ge­hend, dass die Dienst­er­fin­dungs­re­ge­lun- gen auf die dem Dienst­ge­ber geschul­de­ten Leis­tun­gen aus- gerich­tet sind und die maß­geb­li­chen uni­ver­si­täts­recht­li- chen Rege­lun­gen, hin­sicht­lich der zu erbrin­gen­den Leis- tun­gen, im Sin­ne der dis­zi­pli­n­ori­en­tier­ten und grund­la­gen- ori­en­tier­ten For­schungs­tra­di­ti­on der Uni­ver­si­tä­ten, grund­sätz­lich ledig­lich abs­trakt auf For­schungs­ar­bei­ten und Lehr­tä­tig­kei­ten abstel­len, wird argumentiert,50 dass die Her­stel­lung von Publi­ka­tio­nen nicht zu den eigent­li­chen „Dienst­pflich­ten“ im Rah­men von For­schung und Leh­re zählt, so dass wis­sen­schaft­li­che Publi­ka­tio­nen nicht der pa- tent­recht­li­chen Auf­griffs­re­ge­lung unter­fal­len können.

Die­se Argu­men­ta­ti­on ver­mag letzt­lich nicht zu über- zeu­gen. Zwar sehen die Bestim­mun­gen zur beschäf­ti­gungs- recht­li­chen For­schungs­pflicht bzw. ‑auf­ga­be kei­ne aus- drück­li­che Publi­ka­ti­ons­ver­pflich­tung vor, und kann daher die Erfül­lung der For­schungs­ver­pflich­tung auch durch die Mit­wir­kung an For­schungs­pro­jek­ten oder bei­spiels­wei­se durch Krea­ti­on von Com­pu­ter­pro­gram­men erfol­gen, die nicht zwangs­läu­fig in zur Ver­öf­fent­li­chung bestimm­te Schrift­wer­ke mün­den müs­sen. Abge­se­hen davon aber, dass die schrift­li­che Doku­men­ta­ti­on von For­schungs­leis­tun­gen, und seit dem KUOG51 eben­so von Kunst­wer­ken, auch au- ßer­halb soge­nann­ter „Buch­wis­sen­schaf­ten“ im Sin­ne der Nach­voll­zieh­bar­keit wis­sen­schaft­li­cher (und künst­le­ri- scher) Inno­va­ti­on im Grun­de gebo­ten ist, und in die­sem Sin­ne etwa auch die Rege­lun­gen zu Qua­li­fi­ka­ti­ons­prü- fungs­ver­fah­ren, wie etwa zur Ver­lei­hung der „venia docen- di“, und die Eva­lu­ie­rung von For­schungs­leis­tun­gen auf in Druck ver­öf­fent­lich­te Wer­ke abstel­len, kann auf sach­ra­tio- naler Basis nicht begrün­det wer­den, dass im Rah­men der Dienst­pflich­ten erbrach­te patent­fä­hi­ge For­schungs­leis­tun- gen einem Auf­griff nur des­halb und dann ent­zo­gen sein sol­len, wenn sie in eine Publi­ka­ti­on mün­den. Die Gründe

  1. 49  § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 UG; § 155 Abs. 1 f. iVm. §§ 165, 172, 179 BDG 1979; § 49b iVm. §§ 49h, 49n VBG; §§ 25 ff. Uni-KV (Kol­lek­tiv­ver­trag für die Arbeit­neh­me­rIn­nen der Uni­ver­si­tä­ten, 1. 1. 2009, idgF.).
  2. 50  Vgl. Dil­lenz, aaO., S. 122 f.
  3. 51  Kunst­uni­ver­si­täts-Orga­ni­sa­ti­ons­ge­setz, BGBl. I 1998/130 – außerKraft.
  4. 52  So Titscher, Das Recht auf Ver­öf­fent­li­chung im Span­nungs­ver­hält-nis zur Dritt­mit­tel­for­schung, zfhr 2008, 175.
  5. 53  Ange­spro­chen sind Wer­ke, die im Rah­men von „Ad-per­so­nam-Auf­trags­for­schung“ oder „Insti­tuts-Auf­trags­for­schung“ iSv. §§ 26 f.UG entstehen.

für die all­ge­mein gehal­te­nen orga­ni­sa­ti­ons- und beschäf­ti- gungs­recht­li­chen Rege­lun­gen zu den Auf­ga­ben und Pflich- ten lie­gen erkenn­bar in der Wah­rung einer aus­rei­chen­den, dem Wis­sen­schafts­be­trieb ange­mes­se­nen Fle­xi­bi­li­tät bei der Erbrin­gung von For­schungs­leis­tun­gen. Aus Sicht der Dienst­pflicht­er­fül­lung ist damit nicht schlüs­sig, dass eine im Rah­men der For­schungs­ver­pflich­tung ent­stan­de­ne pa- ten­tier­fä­hi­ge wis­sen­schaft­li­che Inno­va­ti­on die­sen Cha­rak- ter dadurch ver­lie­ren soll, dass sie in ein zur Ver­öf­fent­li- chung geeig­ne­tes Schrift­werk gefasst wird. Andern­falls könn­te jede im Kern patent­recht­lich rele­van­te Inno­va­ti­on dem Auf­griff allein durch Fas­sung in eine bestimm­te Form ent­zo­gen wer­den. Aus dem Feh­len einer aus­drück­li­chen Publi­ka­ti­ons­ver­pflich­tung kann daher im Ergeb­nis nicht der Umkehr­schluss gezo­gen wer­den, dass anfal­len­de Pub­li- kat­io­nen als außer­halb der Dienst­pflicht lie­gend und damit auf­griffs­feind­lich zu wer­ten sind. Viel­mehr sind ver­öf­fent­li- chungs­fä­hi­ge Nie­der­schrif­ten eine typi­sche Fol­ge der Erfül- lung der For­schungs­ver­pflich­tung und daher imma­nen­ter Teil der For­schungs­auf­ga­be des Uni­ver­si­täts­per­so­nals. Aus be- schäf­ti­gungs­recht­li­cher Sicht lässt sich daher aus dem Publi­ka- tions­ar­gu­ment nichts für einen Auf­griffs­aus­schluss gewinnen.

EindienstrechtlicherAspekt,imVerhältnisdesvon §106 Abs. 1 UG nor­mier­ten Ver­öf­fent­li­chungs­rechts und des in § 106 Abs. 2 UG gere­gel­ten uni­ver­si­tä­ren Auf­griffs­rechts, kann auch im Erfor­der­nis einer sach­ge­rech­ten Abwä­gung, zwi­schen der Treue­pflicht des Dienst­neh­mers gegen­über dem Dienst­ge- ber und der Für­sor­ge­pflicht des Dienst­ge­bers zum Schutz der Dienst­neh­mer­inter­es­sen, erblickt werden.52

cc) Dritt­mit­tel­for­schung

Von beson­de­rem Belang ist der dienst­pflich­ten­ori­en­tier­te Ansatz für die mit­un­ter dif­fi­zi­len Abgren­zungs­pro­ble­ma­ti- ken im Rah­men der „Dritt­mit­tel­for­schung“ und damit für die Zuwei­sung von Auf­griffs- und Ver­wer­tungs­rech- ten an im Zuge von extern finan­zier­ter Auf­trags­for- schung ent­stan­de­nen imma­te­ri­al­gü­ter­recht­lich rele­van- ten Werken.53,54

Die vom Gesetz­ge­ber nicht näher kom­men­tier­te Re- gelung des § 26 Abs. 1 UG, wonach dritt­fi­nan­zier­te Auf-

54 Zur hin­sicht­lich der Auf­trags­for­schung im Kern ver­gleich­ba­ren bis­he­ri­gen Rechts­la­ge ein­ge­hend Geist, aaO., S. 135 ff., 151 ff., 158 ff. und Lan­ge­der, Dritt­mit­tel­for­schung, Wis­sen­schafts­frei­heit und dienst­recht­li­che For­schungs­ver­pflich­tung, in: Stras­ser (Hg.), Grund­fra­gen der Uni­ver­si­täts­or­ga­ni­sa­ti­on IV, Bd. 10 der Bei­trä­ge zum Uni­ver­si­täts­recht, 1990, S. 135 ff., 143 ff., 158 f., die eine distan­zier­te Hal­tung zu einer Auf­griffs­au­to­ma­tik bei Dritt­mit- tel­for­schungs­er­geb­nis­sen ein­neh­men; wobei Aspek­ten, wie der (Nicht-)Einschlägigkeit des Arbeits­ge­bie­tes, der Mit­wir­kungs- frei­wil­lig­keit, dem Hono­rar­be­zug, der Arbeit­neh­mer­ei­gen­schaft und dem Erfor­der­nis einer rechts­ge­schäft­li­chen Über­tra­gung maß­geb­li­che Bedeu­tung bei­gemes­sen wird.

Novak · Ver­öf­fent­li­chungs­pflicht und Auf­griffs­recht im Lich­te der Wis­sen­schafts­frei­heit 1 1 3

trag­s­for­schung zur Uni­ver­si­täts­for­schung zählt, deu­tet zunächst dar­auf hin, dass sol­che außen­mo­ti­vier­te und au- ßen­ge­rich­te­te For­schungs­ak­ti­vi­tä­ten (zumin­dest) orga­ni­sa- tions­recht­lich als der dem Arbeit­ge­ber Uni­ver­si­tät geschul- deten For­schungs­leis­tung gleich­wer­tig zu behan­deln sind. Für sich betrach­tet lie­ße sich dar­aus der Schluss zie­hen, dass im Zuge von Dritt­mit­tel­pro­jek­ten ent­stan­de­ne, ver­wert­ba­re Inno­va­tio­nen grund­sätz­lich glei­cher­ma­ßen dem uni­ver­si- tärenAufgriffsrechtdes§106Abs.2UGunterfallen.55Wo- bei auch die­se Annah­me jeden­falls unter der Prä­mis­se ste­hen müss­te, dass es sich um die Durch­füh­rung von Dritt­mit­tel­for- schung durch Uni­ver­si­täts­per­so­nal han­delt, da nur die­ses „Uni­ver­si­täts­for­schung“ betreibt,56,57 und der exter­ne Auf­trag- geber sich die Ver­wer­tungs­rech­te, die gän­gi­ger­wei­se den Haupt­grund für eine exter­ne Pro­jekt­fi­nan­zie­rung dar­s­tel- len, nicht ver­trag­lich zusi­chern ließ, und damit einem mög­li- chen uni­ver­si­tä­ren Auf­griffs­recht schon in sei­ner Eigen­schaft als Auf­trag­ge­ber und Finan­cier des For­schungs­pro­jek­tes vorginge.58

Ent­ge­gen die­ser Annah­me scheint aber die Zurech- nungs­re­ge­lung des § 26 Abs. 1 UG, betref­fend Uni­ver­si- täts­for­schung, viel­mehr als Zuge­ständ­nis an die uni­ver- sitäts­recht­lich und hoch­schul­po­li­tisch dekla­riert er- wünsch­te Stär­kung uni­ver­si­tä­rer Wis­sens­trans­fer­leis- tung gegen­über Gesell­schaft und Wirt­schaft und Inten­si­vie­rung der Lukrie­rung außer­uni­ver­si­tä­rer Fi- nan­zie­rungs­quel­len zu wer­ten zu sein. Inso­fern dürf­te damit kei­ne Neu­ori­en­tie­rung hin­sicht­lich Auf­griffs­mög- lich­kei­ten ver­wert­ba­rer Inno­va­tio­nen beab­sich­tigt gewe- sen sein. Dies vor allem auch vor dem Hin­ter­grund, dass in der Fas­sung der Vor­aus­set­zun­gen für die Durch­führ- bar­keit der in Rede ste­hen­den Dritt­mit­tel­pro­jek­te in der

  1. 55  In die­se Rich­tung Nowot­ny in: Pert­hold-Stoitz­ner (Hg.), UG 2002, 3. Aufl. 2016/Manz UG online, Anm. I.2. zu § 26 UG; Titscher, aaO., 172, die undif­fe­ren­ziert auf die Funk­tio­na­li­tät der Tätig- keits­aus­übung abstellt. Nicht ein­deu­tig Ober­bau­er-Ober­par­leit­ner, Stol­per­stei­ne auf dem Weg in die Voll­rechts­fä­hig­keit, zfhr 2004, 20 f.
  2. 56  Dritt­mit­tel­be­schäf­tig­te ste­hen zwar for­mal in einem Ange­stell­ten- ver­hält­nis zur Uni­ver­si­tät, schul­den in die­ser Eigen­schaft, die sie nicht zu Uni­ver­si­täts­an­ge­hö­ri­gen macht, ihre Arbeits­leis­tung aber nicht der Uni­ver­si­tät, son­dern dem Auftraggeber.
  3. 57  So im Ergeb­nis auch Pert­hold-Stoitz­ner, UG. Uni­ver­si­täts­ge­setz 2002, 4. Aufl. 2016, Anm. 5 zu § 26 UG, sowie die EB 1134 BlgNr 21. GP, 99, wo betref­fend Auf­griffs­rech­te auf Mit­ar­bei­ter der Uni­ver­si­tät abge­stellt wird.
  4. 58  Unge­ach­tet des­sen, dass der Finan­zie­rungs­grund eines Dritt- mit­tel­ge­bers (im Unter­schied zu einem Sub­ven­ti­ons­ge­ber) typi­scher­wei­se in der mög­lichst umfäng­li­chen Ver­wer­tungs- und Ver­fü­gungs­mög­lich­keit über die Ergeb­nis­se der Auf­trags­for- schung liegt, ist auch hier davon aus­zu­ge­hen, dass kei­ne aus dem Auf­trags­ver­hält­nis auto­ma­tisch erflie­ßen­de Über­las­sungs­pflicht an den Auf­trag­ge­ber gege­ben ist, son­dern eine sol­che viel­mehr einer aus­drück­li­chen Ver­ein­ba­rung bedarf.
  5. 59  § 4 leg cit.

Sub­stanz, gegen­über der Vor­gän­ger­be­stim­mung des UOG 1993,59 kei­ne wesent­li­che Ände­rung ein­ge­tre­ten ist. Ins­be­son­de­re ist, nach wie vor, neben einer Kos­te­ner- satz­pflicht für die Nut­zung von Uni­ver­si­täts­res­sour­cen, die Nicht­be­ein­träch­ti­gung der dem Arbeits­ver­hält­nis er- flie­ßen­den Rech­te und Pflich­ten von mit­wir­ken­dem und nicht­mit­wir­ken­dem Per­so­nal sowie der durch Orga­ni­sa- tions­re­ge­lun­gen fest­ge­leg­ten Auf­ga­ben­er­fül­lung der be- teil­ig­ten uni­ver­si­tä­ren Orga­ni­sa­ti­ons­ein­heit als unab- ding­ba­re Vor­aus­set­zung für die Zuläs­sig­keit normiert.60 Ver­bun­den mit einer im Ermes­sen des Rek­to­rats lie­gen- den Unter­sa­gungs­pflicht sol­cher außen­fi­nan­zier­ter For- schung, bei Nicht­er­fül­lung einer die­ser Vor­aus­set­zun- gen.61 In die­se Rich­tung deu­tet vor allem auch die novel- lier­te Fas­sung des § 155 Abs. 4 BDG, wonach, wie bis­her, Dritt­mit­tel­for­schung an Uni­ver­si­tä­ten, gleich der Durch- füh­rung von Universitätslehrgängen,62 aus­drück­lich als außer­halb der Dienst­pflich­ten gege­be­nen­falls statt­fin- den­de Nebentätigkeit63 fest­ge­schrie­ben wird.64,65

Bei Zusam­men­schau der rele­van­ten organisations‑, be- schäf­ti­gungs- und imma­te­ri­al­gü­ter­recht­li­chen Bestim- mun­gen ist damit erkenn­bar, dass die patent­recht­li­che Auf- griffs­re­ge­lung, im Anwen­dungs­be­reich der Uni­ver­si­tä­ten, offen­bar­auf­di­eDienst­pflicht­er­fül­lung­durch­Uni­ver­si­täts- personalausgerichtetist.Insoweitkanndavonausgegangen wer­den, dass für patent­fä­hi­ge Erkennt­nis­se im Rah­men von Dritt­mit­tel­for­schung grund­sätz­lich kei­ne Auf­griffs- kom­pe­tenz der Uni­ver­si­tät besteht. Für die­sen Bereich ist daher dies­be­züg­lich auch kei­ne Beschrän­kung von Ver­öf- fent­li­chungs­rech­ten anzunehmen.

60 § 26 Abs. 2 f. UG.
61 § 26 Abs. 4 UG.
62 Wel­che eben­falls als sinn­vol­le, aber nicht not­wen­di­ge und damit

frei­wil­li­ge Ergän­zung zu den eigent­li­chen Uni­ver­si­täts­auf­ga­ben ange­legt sind (vgl. § 51 Abs. 2 Z. 21 iVm. § 56 UG samt den EB 1134 BlgNR 21. GP, 91).

63 Zum Neben­tä­tig­keits­be­griff vgl. etwa Novak, Das Dienst­recht der Wis­sen­schaft­ler, Bd. 1 der Schrif­ten zum Wis­sen­schafts­recht, 2003, Anm. 34 ff. zu § 155 BDG 1979.

64 Dazu auch Ober­bau­er-Ober­par­leit­ner, aaO., 20.
65 Da die Neu­re­ge­lung des § 155 Abs. 4 BDG 1979 nach In-Kraft-

Tre­ten der Auf­trags­for­schungs­re­ge­lun­gen des UG (vgl. § 143
leg cit) erlas­sen wur­de (Dienst­rechts-Nov. BGBl. I 2003/130) und die abge­än­der­te Fas­sung gera­de die inhalt­li­che Anpas­sung an die neu­en orga­ni­sa­ti­ons­recht­li­chen Bestim­mun­gen des UG bezweck­te, kann auch kein Redak­ti­ons­ver­se­hen ange­nom­men wer­den, son­dern ist von einer bewuss­ten gesetz­ge­be­ri­schen Zuord­nung sol­cher Akti­vi­tä­ten zum außer­dienst­li­chen Neben­tä- tig­keits­be­reich aus­zu­ge­hen. Zur Neu­re­ge­lung und Abgren­zung von Dienst­pflich­ten und Neben­tä­tig­kei­ten vgl. auch § 240a BDG 1979 samt den EB 238 BlgNR 22. GP (zit. bei Fell­ner, Beam­ten- Dienst­rechts­ge­setz 1979, Anm. zu § 240a BDG 1979).

114 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 2 (2017),107–120

5. Schutz­be­reich und Schran­ken­wir­kung der Wissenschaftsfreiheit

Neben den ein­fach­ge­setz­li­chen Wer­tun­gen und Abgren- zun­gen, im Wech­sel­spiel von Ver­öf­fent­li­chungs­frei­heit und Auf­griffs­recht, ist die­ser Fra­gen­be­reich vor allem auch unter dem Aspekt des Schutz­be­reichs der Wis­sen- schafts­frei­heit von beson­de­rer Relevanz.

Wie ein­gangs schon ange­ris­sen, impli­ziert die For- schungs­frei­heit des Art. 17 StGG nach Mei­nungs­stand und Judi­ka­tur wesent­lich auch die Frei­heit des For- schers nach eige­nem Wil­len und Ermes­sen die Ergeb- nis­se sei­ner wis­sen­schaft­li­chen For­schungs­ar­bei­ten schrift­lich abzu­fas­sen und zu veröffentlichen.66 Wo- bei die Schutz­wir­kung die­ser Frei­heit, nach aktu­el­lem Ver­ständ­nis, sowohl das sub­jek­ti­ve Recht des Wis­sen- schaft­lers­die­seFrei­heit­un­ge­hin­dert­aus­üben­zu­kön- nen als auch die objek­ti­ve Kom­po­nen­te einer ent­sp­re- chen­den ein­fach­ge­setz­li­chen Absi­che­rung ein­schließt. Die grund­recht­lich geschütz­te Ver­öf­fent­li­chungs­frei- heit soll dabei vor allem der Unter­sa­gung einer wis- sen­schaft­li­chen Publi­ka­ti­on, als schärfs­te Ein­schrän- kungs­form, vorbeugen,67 impli­ziert aber auch die Frei­heit, eine Ver­öf­fent­li­chung nach eige­ner Entsch­ei- dung zu unter­las­sen. Der Ver­fas­sungs­kon­for­mi­tät kön­nen dabei nicht nur inten­tio­nal, und damit nach dem Rege­lungs­zweck auf eine Ein­schrän­kung aus­ge- rich­te­te Bestim­mun­gen wider­strei­ten, son­dern auch sol­che all­ge­mei­ner Natur, soweit sie in ihrer Wir­kung auf eine Ein­schrän­kung der Ver­öf­fent­li­chungs­frei­heit hinauslaufen.68 Der­ar­ti­ge Rege­lun­gen bedür­fen hin- sicht­lich ihrer die Wis­sen­schafts­frei­heit tan­gie­ren­den Effek­te einer Rechtsgüterabwägung.

a) Rechts­gü­ter­ab­wä­gung und Unternehmensgegenstand

Im Rah­men einer Ver­hält­nis­mä­ßig­keits­prü­fung kann im kon­kre­ten Zusam­men­hang, sowohl aus grund- recht­li­cher als auch aus orga­ni­sa­ti­ons­recht­li­cher Pers- pek­ti­ve, grund­sätz­lich davon aus­ge­gan­gen wer­den, dass, auch ent­spre­chend dem „Unter­neh­mens­ge­gen- stand“ der Uni­ver­si­tä­ten, wis­sen­schafts­zen­trier­te und

  1. 66  Insb. VfGH 3.10.1956, B 74/56 = VfSlg 3068/1956 sowie VwGH 27.6.2012, 2011/12/0172 = ZfV 2013, 64 f. = zfhr 2012, 218.
  2. 67  Vgl. insb. VfGH 23.6.1950, B 213/49 = VfSlg 1969/1950; 23.3.1949, B 225/48 = VfSlg 1777/1949.
  3. 68  Vgl. etwa Ber­ka, Grund­rech­te, Rn. 344 f.; Ada­mo­vich/­Fun­k/Hol- zin­ger, Öster­rei­chi­sches Staats­recht 3: Grund­rech­te, 2. Aufl. 2015, Rn. 42.211. So auch schon Pern­tha­ler, Die Uni­ver­si­täts­au­to­no­mie im Span­nungs­feld von Wis­sen­schafts­frei­heit, Bil­dungs­an­stalt und For­schungs­un­ter­neh­men, in: Stras­ser (Hg.), Organisations‑, euro­pa- und imma­te­ri­al­gü­ter­recht­li­che Pro­ble­me der Uni­ver­si­tä- ten, Bd. 14 der Bei­trä­ge zum Uni­ver­si­täts­recht, 1992, S. 6 f. Auch

erkennt­nis­ori­en­tier­te Inter­es­sen sol­chen über­wie­gend fis­ka­li­scher Art vor­zu­ge­hen haben.69

Der Gegen­stand uni­ver­si­tä­rer Akti­vi­tä­ten liegt nach der Ziel­be­stim­mung des UG70 dar­in, der wis­sen­schaft­li- chen For­schung und Leh­re (bzw. Ent­wick­lung der Küns- te) zu die­nen. Wobei die nähe­re Kon­kre­ti­sie­rung im Rah­men die­ser Rege­lung klar die Her­vor­brin­gung neu­er wis­sen­schaft­li­cher Erkennt­nis­se als Kern­auf­ga­be der Uni­ver­si­tä­ten her­vor­hebt, die, im Sin­ne einer gewis­sen Außen­ver­ant­wor­tung und gesamt­ge­sell­schaft­li­chen Ein- bin­dung, in ihrer Wir­kung auch, im Sin­ne einer er- wünsch­ten Neben­wir­kung, zur Ent­wick­lung der Gesell- schaft und Lösung ihrer Her­aus­for­de­run­gen bei­tra­gen soll. Die Uni­ver­si­tä­ten sind dem­nach, im Geis­te die­ser Aus­rich­tung, pri­mär einem wis­sen­schaft­li­chen Erkennt- nis­ide­al ver­pflich­tet, das sie von einer markt­wirt­schaft­li- chen Ver­wer­tungs­ori­en­tie­rung grund­sätz­lich unter- schei­det. Die Ver­wer­tungs­re­le­vanz wis­sen­schaft­li­cher Er- kennt­nis ist nach die­sem Ver­ständ­nis ein mög­li­cher­wei­se will­kom­me­ner, aber nicht hand­lungs­wei­sen­der und orga- nisa­ti­ons- und beschäf­ti­gungs­recht­lich auch nicht gebo­te- ner Effekt der eigent­li­chen Erkennt­nis­auf­ga­be. Dafür strei- tet auch die rechts­text­li­che Bezug­nah­me auf das huma­nis­ti- sche Ide­al der Persönlichkeitsbildung.71

Die­ses, erst­mals ins UG auf­ge­nom­me­ne aus­drück­li- che Rekur­rie­ren auf den gemein­schaft­li­chen Erkennt­nis- gewinn, zum Zweck der Per­sön­lich­keits­ent­wick­lung durch wis­sen­schaft­li­che For­schung, und damit im Grun- de auf hum­boldt­sche und huma­nis­ti­sche Bil­dungs­idea­le, hat sei­nen bil­dungs­po­li­ti­schen Hin­ter­grund im Tau­zie- hen um die Rechts­na­tur und Aus­rich­tung der Uni­ver­si- täten im Vor­feld der Ein­rich­tung neu­er voll­rechts­fä­hi­ger Uni­ver­si­tä­ten; wobei, sei­tens Indus­trie und Finanz, eine Neu­struk­tu­rie­rung der Uni­ver­si­tä­ten als pri­va­ti­sier­te Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten ange­dacht und for­ciert wur­de. In- sofern kann die gegen­ständ­li­che Fas­sung des § 1 UG auch als bewusst gesetz­tes Bekennt­nis des hoch­schul- recht­li­chen Gesetz­ge­bers zu einer Kon­ti­nui­tät der öster- rei­chi­schen Uni­ver­si­täts­idee, im Sin­ne einer Aus­rich- tung der Grund­wer­te an den Eck­punk­ten der Hum- boldt-Idea­le, ver­stan­den wer­den, die damit einer über-

die jün­ge­re Judi­ka­tur weist, in Abkehr von der älte­ren Rechtsp­re- chung, in die­se Rich­tung, wenn der VfGH sowohl Rechts­grund­la- gen, die auf eine Beschrän­kung der Wis­sen­schafts­frei­heit abzie­len als auch Rechts­grund­la­gen, die eine sol­che Beschrän­kung (ledig­lich) im Effekt bewir­ken, glei­cher­ma­ßen in die Prüfung

der Ver­fas­sungs­mä­ßig­keit gem. Art. 17 StGG ein­be­zieht (VfGH

10.6.1996, B 696/96 = VfSlg 14.486/1996). 69 So auch schon Geist, aaO., S. 155.
70 § 1 Satz 1 leg cit.
71 § 1 Satz 3 UG.

Novak · Ver­öf­fent­li­chungs­pflicht und Auf­griffs­recht im Lich­te der Wis­sen­schafts­frei­heit 1 1 5

wie­gend ver­wer­tungs­ori­en­tier­ten, markt­wirt­schaft­lich ori­en­tier­ten Uni­ver­si­tät eine Absa­ge erteilt.72

Die­sem Wis­sen­schafts­ide­al sind auch die Rege­lun­gen über die Grund­sät­ze und Auf­ga­ben der Uni­ver­si­tä­ten ver- pflich­tet, wel­che die Ent­wick­lung der Wis­sen­schaf­ten und die­Bil­dung­durch­Wis­sen­schaftan­vor­ran­gi­ger­Po­si­tio­nals uni­ver­si­tä­re Auf­ga­be festschreiben73 und ins­be­son­de­re die Frei­heit der Wis­sen­schaft an die ers­te Stel­le der lei­ten­den Grund­sät­ze der Uni­ver­si­tä­ten reihen,74 und damit auch ei- nen aus­drück­li­chen Bezug uni­ver­si­tä­ren Han­delns zu den von Art. 17 StGG garan­tier­ten Frei­hei­ten und Rah­men­be- dingungenherstellen.AuchdiesenBestimmungenkommt dabei der Cha­rak­ter maß­geb­li­cher Hand­lungs­vor­ga­ben und Recht­mä­ßig­keits­maß­stä­be und damit auch wesent­li- che Bedeu­tung für das Ver­ständ­nis der Ver­öf­fent­li­chungs- und Auf­griffs­re­ge­lung des § 106 UG zu.

Von beson­de­rer Rele­vanz bei der Rechts­gü­ter­ab­wä­gung ist schließ­lich, dass die For­schung auch an den nun­mehr voll­rechts­fä­hi­gen Uni­ver­si­tä­ten dem Hoheits­be­reich zuge- rech­net wird und deren Siche­rung ein wer­tungs­maß­ge­b­li- ches­All­ge­mein­in­ter­es­se­an­der­Tä­tig­keitder­Uni­ver­si­tä­ten dar­stellt, wel­ches in die­sem Sin­ne nach der Judi­ka­tur auch von aus­schlag­ge­ben­der Bedeu­tung für die Qua­li­fi­zie­rung vonOrganaktenanUniversitätenist.75Diesesüberwiegen- de öffent­li­che Inter­es­se an der Gestal­tung von For­schung, Leh­re und Wissenschaftsverwaltung76 bedingt sach- und rechts­lo­gisch ver­dich­te­te rechts­staat­li­che Anfor­de­run­gen hin­sicht­lich gestal­ten­der Ein­grif­fe in durch die Wis­sen- schafts­frei­heit garan­tier­te Posi­tio­nen; die­se Anfor­de­run­gen betref­fen sowohl die nor­ma­ti­ven Vor­aus­set­zun­gen für die als auch den Hand­lungs­spiel­raum der Wis­sen­schafts­ver- wal­tung. Dem grund­sätz­li­chen Abwä­gungs­vor­rang über- wie­gen­der öffent­li­cher Inter­es­sen bei Grund­rechts­kon­kur- renz77 kommt dem­nach für die Wis­sen­schafts­frei­heit spe­zi- fische Bedeu­tung zu.

  1. 72  IdS. kann auch die Hal­tung des VfGH im Uni­ver­si­täts-Lei­ter- kennt­nis aus 2004 ver­stan­den wer­den, wo, als zen­tra­le Argu­men- tati­ons­li­nie hin­sicht­lich der Organ- und Ent­schei­dungs­struk­tur, dar­auf abge­stellt wird, dass das Rege­lungs­kon­zept des UG
    zen­tral des­halb als ver­fas­sungs­kon­form zu wer­ten ist, weil es
    eine „sys­tem­im­ma­nen­te“ Wei­ter­ent­wick­lung der im UOG 1993 grund­ge­leg­ten Orga­ni­sa­ti­ons­struk­tur dar­stellt (VfGH 23.1.2004, G 359/02 = VfSlg 17.101/2004 = ÖJZ 2004, 738 f. = ZfV 2005, 291 ff. = zfhr 2004, 60 ff.; dazu auch Rath-Kath­rein, Die Uni­ver­si­täts- reform im Lich­te der aktu­el­len Recht­spre­chung, in: Weber/­Wim- mer (Hg.), Vom Ver­fas­sungs­staat am Scheideweg/FS Pern­tha­ler, 2005, S. 319 ff.). IdS. auch VfGH 29.6.2013, G 35–40/2013, V 32–36/2013 = zfhr 2013, 142 ff., wo hin­sicht­lich der ver­fas­sungs- recht­li­chen Absi­che­rung uni­ver­si­tä­rer (intrin­sisch basier­ter) Hand­lungs­frei­räu­me auf die bei Erlas­sung des Art. 81c B‑VG (Bun­des-Ver­fas­sungs­ge­setz, BGBl. 1930/1, idgF.) vor­ge­fun­de­nen gesetz­li­chen Auf­ga­ben­zu­wei­sun­gen nach Maß­ga­be des Art. 17 StGG und unter Bedacht­nah­me auf deren Ent­wick­lung abge­stellt wird.
  2. 73  § 3 Z. 1, 2 UG.

Die­sen Inten­tio­nen ent­spre­chend, sol­len die ein­fach- gesetz­li­chen Bestim­mun­gen zum Ver­öf­fent­li­chungs­recht zum einen die der Wis­sen­schafts­frei­heit ent­spre­chen­de unbe­ein­fluss­te Ent­schei­dungs­frei­heit garan­tie­ren, und zum ande­ren vor allem auch den Wis­sens­trans­fer, die Kri­ti­kof­fen­heit, die mei­nungs­bil­den­de Funk­ti­on der Uni­ver­si­tä­ten, den öffent­li­chen Mei­nungs­dis­kurs sowie das Anse­hen und die Kar­rie­re­chan­cen in der „sci­en­ti­fic com­mu­ni­ty“ sichern.78

b) Wer­tungs- und Regelungskonflikte

Zu die­sen grund­recht­li­chen und ein­fach­ge­setz­li­chen Inten­tio­nen und Impli­ka­tio­nen steht die orga­ni­sa­ti­ons- recht­li­che Gene­ral­auf­griffs­re­ge­lung unter ver­schie­de­nen Gesichts­punk­ten im Wer­tungs- und Rege­lungs­wi­der- spruch. Die von § 106 UG vor­ge­se­he­ne Mel­de­pflicht patent­träch­ti­ger Erkennt­nis­se und das im Ermes­sen des Rek­to­rats lie­gen­de, inner­halb von drei Mona­ten aus­zu- üben­de Inan­spruch­nah­me­recht der Universität79 sind geeig­net die Ver­öf­fent­li­chungs­frei­heit bzw. das Ver­öf- fent­li­chungs­recht in zwei­fa­cher Wei­se zu behin­dern: Wenn die Uni­ver­si­tät die Ver­wer­tung der For­schungs­er- kennt­nis­se in Anspruch nimmt, ent­fällt einer­seits die Frei­heit des Wis­sen­schaft­lers selb­stän­dig umge­hend, etwa zum Schutz vor Inno­va­ti­ons­ver­lust durch eine ergeb­nis­ähn­li­che Kon­kur­renz­pu­bli­ka­ti­on, zu ver­öf­fent­li- chen, wobei schon die drei­mo­na­ti­ge War­te­frist wis­sen- schaft­li­che Inter­es­sen nach­hal­tig schä­di­gen kann, und unter einem auch die Frei­heit, etwa aus ethi­schen Erwä- gun­gen, nicht zu veröffentlichen.

Die inten­tio­na­le Unver­ein­bar­keit von Ver­öf­fent­li- chungs- und Auf­griffs­recht kann aus patent­recht­li­cher und beschäf­ti­gungs­recht­li­cher Sicht auch nicht durch die Über­le­gung einer etwa­igen Dop­pel­ver­wirk­li­chung ent­schärft werden.80 Zunächst löst die § 12 PatG nach-

74 § 2 Z. 1 UG.
75 OGH 21.2.2013, 9 ObA 121/12b = zfhr 2013, 181 ff. = JBl 2013,

601 ff.; 25.6.2007, 9 ObA 139/06s; 8 ObA 1/08t = zfhr 2009, 60. 76 Zum über­wie­gen­den öffent­li­chen Inter­es­se vgl. etwa § 1, § 2 Z.

5, § 3 Z. 8, § 4 UG iVm. Art. 81c B‑VG samt den EB 1134 BlgNR 21. GP, 71 f.; VfGH 29.6.2013, G 35–40/2013, V 32–36/2013 = zfhr 2013/5, 142 ff. sowie Ber­ka, Auto­no­mie und Frei­heit der Uni­ver­si­tät: Ein neu­er Ver­fas­sungs­ar­ti­kel für die öffent­li­chen Uni- ver­si­tä­ten, UNILEX 2008, 12.

77 Dazu etwa VfGH 10.12.1993, G 167/92, V 75–78/92 = VfSlg 13.635/1993, der hin­sicht­lich Beschrän­kun­gen nach dem ChemG 1996 von einem Abwä­gungs­nach­rang wirt­schaft­li­cher Nut­zungs- inter­es­sen, im Ver­hält­nis zum Gemein­wohl, ausgeht.

78 Zu der idS. geleb­ten Pra­xis vgl. auch Schwar, aaO., 113 ff. und Welan, Wis­sen­schaft­li­che Qua­li­tät, zfhr 2004, 2 ff.

79 § 106 Abs. 2 f. UG.
80 IdS. auch Pert­hold-Stoitz­ner, aaO., Anm. 3 zu § 106 UG; Schwar,

aaO., 108 ff., 113 ff.; a.A., ohne nähe­re Begrün­dung, Nowot­ny, aaO., Anm. II.2. zu § 106 UG; Titscher, aaO., 175.

116 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 2 (2017),107–120

emp­fun­de­ne unver­züg­li­che Mel­de­pflicht nach § 106 Abs. 3 UG kon­se­quen­ter­wei­se die patent­recht­li­che Ge- heimhaltungspflicht81 zum Schutz der Dienst­ge­ber­in­ter- essen aus, die für sich, nach dem Rege­lungs­zweck, einer Ver­öf­fent­li­chung durch den For­scher (ohne Dienst­ge- ber­ver­zicht) zuwi­der­läuft. Dar­über hin­aus ver­hin­dert das patent­recht­li­che Neuheitsgebot82 eine Ver­öf­fent­li- chung vor Paten­tie­rung. Wobei eine patent­feind­li­che Be- kannt­ma­chung von Erkennt­nis­sen bereits dann anzu- neh­men ist, wenn für die Öffent­lich­keit ledig­lich die Mög­lich­keit einer Kennt­nis­nah­me bestand;83 der Ver­lust des Neu­heits­cha­rak­ters setzt damit noch nicht ein­mal eine qua­li­fi­zier­te Form von Ver­öf­fent­li­chung, etwa in Form einer Publi­ka­ti­on in einem Druck­werk, voraus.

Das Mel­de- und Auf­griffs­recht nach § 106 UG sperrt damit, zumin­dest wäh­rend der War­te­frist, das Ver­öf­fent- lichungs­recht des For­schers und führt im Fal­le einer Pa- tent­an­mel­dung durch die Uni­ver­si­tät zu einem durch die­se ver­an­lass­ten Ver­öf­fent­li­chungs­ef­fekt, der das Ge- heim­hal­tungs­recht des For­schers aus­schließt. Im Ergeb- nis ver­hin­dert damit der Gehalt der Auf­griffs­re­ge­lung des § 106 UG die durch die Ver­öf­fent­li­chungs­frei­heit zu- gestan­de­ne Dis­po­si­ti­ons­mög­lich­keit des Wis­sen­schaft- lers über sei­ne Erkenntnisse.

c) Auf­griffs­in­ten­ti­on

Für die Gewich­tung die­ser ein­fach­ge­setz­lich for­ma­len, aber auch ver­fas­sungs­recht­lich inten­tio­na­len Unver­ein- bar­keit ist eben­so der Rege­lungs­zweck der Auf­griffs­be- stim­mung von aus­schlag­ge­ben­der Bedeu­tung. Dabei liegt nach den Mate­ria­li­en das sub­stan­zi­el­le Kern­mo­tiv für die Auf­griffs­re­ge­lung des § 106 Abs. 2 f UG dar­in, dass die Uni­ver­si­tät bes­ser als der ein­zel­ne For­scher in der Lage sei patent­fä­hi­ge For­schungs­er­geb­nis­se zu ver- wer­ten und wirt­schaft­lich zu nutzen.84

Neben einer etwa­igen Unter­stüt­zungs­wir­kung für den ein­zel­nen Wis­sen­schaft­ler, in Form von Ver­wer- tungs-know-How und Gebüh­ren­tra­gung durch die Uni- ver­si­tät, die ins­be­son­de­re bei einer ledig­li­chen Inan- spruch­nah­me des Benüt­zungs­rechts für die­sen von Inte- res­se sein dürf­te, liegt der Haupt­grund für die­se Rege- lung aber offen­bar in der Ver­schaf­fung von Ver­wer­tungs­vor­tei­len für die Uni­ver­si­tät, die sowohl in der wett­be­werbs­träch­ti­gen Stei­ge­rung der Patent­zah­len als vor allem auch in der Eröff­nung neu­er Finan­zie- rungs­quel­len lie­gen können.

  1. 81  § 13 PatG.
  2. 82  § 3 PatG.
  3. 83  Vgl. Schwar, aaO., 108 f.
  4. 84  Vgl. die EB 1134 BlgNR 21. GP, 99.
  5. 85  Vgl. die EB 1134 BlgNR 21. GP, 99. Ange­spro­chen ist § 42 ArbEG,

Dar­über hin­aus kann die Auf­griffs­re­ge­lung des § 106 UG auch unter dem Aspekt eines markt­wirt­schaft­li­chen Nut­zens gese­hen wer­den. Die Annah­me die­ser gesetz­ge- beri­schen Per­spek­ti­ve erschließt sich wesent­lich dar­aus, dass die Mate­ria­li­en aus­drück­lich an der dies­be­züg­li- chen Novel­lie­rung des deut­schen Arbeit­neh­mer­er­fin- dungs­ge­set­zes anknüpfen,85 wel­che, nach ame­ri­ka­ni- schem Mus­ter, auf eine Inten­si­vie­rung des Infor­ma­ti­ons- trans­fers von den Uni­ver­si­tä­ten zur Wirt­schaft und eine damit ein­her­ge­hen­de Stei­ge­rung der wirt­schaft­li­chen In- nova­ti­ons­dy­na­mik aus­ge­rich­tet war.86

In Sum­me zeich­net sich damit ein vor­dring­lich mo- netär moti­vier­ter insti­tu­tio­nel­ler Ver­wer­tungs­pri­mat als ent­schei­den­des Rege­lungs­mo­tiv der Auf­griffs­be­stim- mung nach UG und damit ein von exter­nen Inter­es­sen- und Nutz­en­er­wä­gun­gen getra­ge­ner Rege­lungs­ge­halt ab.

d) Pri­mat der Wis­sen­schafts- und Veröffentlichungsfreiheit

Die vor­han­de­nen ein­fach­ge­setz­li­chen und ver­fas­sungs- recht­li­chen Rege­lungs­di­ver­gen­zen zu den patent­recht­li- chen Auf­griffs­be­stim­mun­gen nach § 106 UG füh­ren, unter Ein­be­zie­hung von Geset­zes­sys­te­ma­tik und bezüg- lichen Wer­tungs­maß­stä­ben, aus ver­schie­de­nen Per­spek- tiven zur Annah­me eines Vor­rangs der Wis­sen­schafts- und Ver­öf­fent­li­chungs­frei­heit des ein­zel­nen Forschers.

Wesent­li­che Argu­men­te dafür erge­ben sich zunächst pri­mär aus dem Schutz­be­reich der Wis­sen­schafts­frei­heit selbst.

Im Rah­men einer Abwä­gung der schüt­zens­wer­ten Rechts­gü­ter Ver­öf­fent­li­chungs­frei­heit und Auf­griffs­recht steht der vor­ste­hend dar­ge­stell­te erkennt­nis­ori­en­tier­te Schutz­zweck des Art. 17 StGG, der wesent­lich auf die Ent­schei­dungs­frei­heit des ein­zel­nen For­schers betref- fend The­ma, Metho­de und Ver­öf­fent­li­chung wis­sen- schaft­li­cher Erkennt­nis­se aus­ge­rich­tet ist, dem pri­mär ertrags- und markt­ori­en­tier­ten Ver­wer­tungs­recht pa- tent­fä­hi­ger Erkennt­nis­se durch die Uni­ver­si­täts­lei­tung, nach § 106 Abs. 2 ff. UG, gegenüber.

Bei der Gewich­tung der Wer­tig­kei­ten der Schutz­in­te­res- sen ist, neben dem Schutz der Ver­fü­gungs­frei­heit des ein- zelnenWissenschaftlers,insbesonderedierechtlichdefi- nier­te Auf­ga­be und Rol­le der Uni­ver­si­tät ins Kal­kül zu zie- hen. Nach den ent­schei­dungs­maß­geb­li­chen Grund­satz­be- stim­mun­gen des UG tritt dabei der Pri­mat der wis­sen­schaft­li­chen Erkennt­nis deut­lich her­vor, wobei vom

idF. dBG­Bl. I/2002, 114.
86 Vgl. Schwar, aaO., 115, unter Bezug­nah­me auf Godt, Patent­schutz

für For­schungs­er­geb­nis­se – eine Her­aus­for­de­rung für die Wis­sen- schaft, WissR 36 (2003), S. 30 f.

Novak · Ver­öf­fent­li­chungs­pflicht und Auf­griffs­recht im Lich­te der Wis­sen­schafts­frei­heit 1 1 7

UG noch aus­drück­lich der Kon­nex zu den von Art. 17 StGG garan­tier­ten Frei­hei­ten her­ge­stellt wird.87,88,89 Im Sin­ne die­ser Aus­rich­tung tritt neben die Mani­fes­ta­ti­on und Eta­blie­rung von For­schungs­leis­tun­gen im Eigen­in­ter­es­se des ein­zel­nen Wis­sen­schaft­lers auch die Funk­ti­on uni- ver­si­tä­rer For­schungs­er­kennt­nis­se, als wesent­li­cher Bei- trag zur gesamt­ge­sell­schaft­li­chen Mei­nungs­bil­dung und Kritikoffenheit.90

Bei Bedacht­nah­me auf den Schutz­ge­gen­stand von Ver­öf­fent­li­chungs- und Auf­griffs­recht kann daher, vor allem auch im Zusam­men­hang mit der vom UG den Uni­ver­si­tä­ten zuge­dach­ten hoheit­li­chen Auf­ga­bens­tel- lung im über­wie­gen­den All­ge­mein­in­ter­es­se, nicht davon aus­ge­gan­gen wer­den, dass insti­tu­tio­nel­le Ver­wer­tungs- inter­es­sen eine die Beein­träch­ti­gung der Ver­öf­fent­li- chungs­frei­heit recht­fer­ti­gen­de Grund­la­ge darstellen,91,92 so dass aus die­sem Blick­win­kel der Abwä­gungs­entsch­ei- dung zu Guns­ten der Ver­öf­fent­li­chungs­frei­heit der Aus- schlag ein­zu­räu­men sein wird.93

e) Ein­griffs­in­ten­si­tät und Aufgriffsregelung

Abge­se­hen von der Anknüp­fung an der rela­ti­ven Schutz- wür­dig­keit der Rechts­gü­ter ist auch zu erwä­gen, ob der Auf­griffs­be­stim­mung des § 106 UG durch die Fest­schrei- bung der unein­ge­schränk­ten Anwend­bar­keit des patent- recht­li­chen Auf­griffs­rechts nicht schon aus­rei­chen­der Inten­tio­na­li­täts­cha­rak­ter inne­wohnt, um im Sin­ne der gän­gi­gen Judikatur94 eine (direk­te) Ver­fas­sungs­wid­rig- keit nach Art. 17 StGG zu begründen.

Für die­se Auf­fas­sung kann ins­be­son­de­re der Um- stand spre­chen, dass der Gesetz­ge­ber Veröffentlichungs-

  1. 87  §§ 1–3 (§ 2 Z. 1) UG.
  2. 88  Im hier gege­be­nen Zusam­men­hang ist über­dies von Bedeutung,dass im Rah­men der ein­lei­ten­den dienst­recht­li­chen Auf­ga- ben­re­ge­lun­gen für die Uni­ver­si­täts­leh­rer jene Bestim­mun­gen aus­drück­lich als pri­mär aus­le­gungs­re­le­vant für den gesam­ten die Uni­ver­si­täts­leh­r­er­rech­te und ‑pflich­ten betref­fen­den Rege­lungs- kör­per (ange­spro­chen sind §§ 156–200 BDG 1979 bzw. §§ 49c– 49v VBG) fest­ge­legt sind, wel­che (neben etwa­igen ärzt­li­chen Pflich­ten) auf die klas­si­sche Auf­ga­ben­tri­as: For­schung – Leh­re– Appen­dix­ver­wal­tung, abstel­len – Tätig­kei­ten im Rah­men der Auf­trags­for­schung blei­ben dabei unbe­rück­sich­tigt (vgl. § 155 Abs. 7 BDG 1979 bzw. § 49b Abs. 7 VBG).
  3. 89  Für die­sen Erkennt­nis­pri­mat spricht, als euro­pa­recht­li­che Dimen- sion, auch der Moti­ven­be­richt zu der von Art. 13 GRC ver­brief­ten Frei­heit der Kunst, For­schung und Wis­sen­schaft, wonach der Grund­satz der aka­de­mi­schen Frei­heit ein struk­tu­rel­les Prin­zip der Hoch­schul­or­ga­ni­sa­ti­on dar­stellt (vgl. Berns­dorff in: Mey­er (Hg.), Kom­men­tar zur Char­ta der Grund­rech­te der Euro­päi­schen Uni­on, 4. Aufl. 2014, Anm. 7 zu Art. 13 GRC).
  4. 90  VfGH 10.6.1996, B 696/96 = VfSlg 14.485/1996.
  5. 91  In die­sem Zusam­men­hang ist auch von Belang, dass der VfGH im Uni­ver­si­täts-Erk. 1977 (VfGH 3.10.1977, G 13/76, G 7/77 = VfSlg 8136/1977) – ledig­lich – hin­sicht­lich der nichtstaatlichen,kommerziell ori­en­tier­ten Indus­trie­for­schung Beschrän­kun­gen der Wis­sen­schafts­frei­heit, iSd. Unter­neh­mens, als zuläs­sig her-

frei­heit und Auf­griff orga­ni­sa­ti­ons­recht­lich nun­mehr im Rah­men einer Bestim­mung regelt. Anders als nach bis- heri­ger Rechts­la­ge, mit dienst­recht­li­cher Zusi­che­rung der Ver­öf­fent­li­chungs­frei­heit und patent­recht­li­cher Re- gelung von Aufgriffsrechten95 und den mit den unter- schied­li­chen Rege­lungs­be­rei­chen und gesetz­ge­be­ri­schen Zustän­dig­kei­ten ver­bun­de­nen ver­schie­den­ar­ti­gen Inten- tio­nen und Rege­lungs­tech­ni­ken, mit etwa­ig unzu­rei- chen­der gegen­sei­ti­ger Abstim­mung und Bedacht­nah­me, kann bei der nun­mehr gege­be­nen Rege­lung bei­der Tat- bestän­de durch den hoch­schul­recht­li­chen Gesetz­ge­ber, und unter einem in der­sel­ben UG-Bestim­mung, von ei- ner bewuss­ten Inbe­zie­hung­s­et­zung und Aus­rich­tung aus­ge­gan­gen wer­den. Wobei sowohl die text­li­che Fas- sung, samt der ledig­lich auf die „Ver­wer­tung von geis­ti- gem Eigen­tum“ abstel­len­den Über­schrift des § 106 UG, als auch der aus dem Gesetz­ge­ber­wil­len her­vor­leuch­ten- de Rege­lungs­ge­halt erkenn­bar in Rich­tung eines inten- dier­ten Pri­mats der gesamt­uni­ver­si­tä­ren Nut­zungs­in­ter- essen weisen.

f) Garan­ten­pflicht und Meinungsäußerungsfreiheit

Zudem ist die erst kürz­lich erlas­se­ne Bestim­mung des § 106 UG unter dem in der Leh­re nun­mehr über­wie­gend ver­tre­te­nen Aspekt einer Art. 17 StGG erflie­ßen­den Garan­ten­pflicht des Staa­tes als kri­tisch zu betrach­ten. Ent­spre­chend die­ser grund­recht­lich gebo­te­nen Pflicht des ein­fa­chen Gesetz­ge­bers zur inhalt­li­chen Rege­lungs- gestal­tung im Sin­ne der in der Wis­sen­schafts­frei­heit zum Aus­druck kom­men­den Wer­tun­gen scheint ver­tret- bar, dass die im Rege­lungs­ge­fü­ge des § 106 UG vorge-

vor­hebt.
92 IdS. auch VfGH 10.12.1993, G 167/92, V 75–78/92 = VfSlg

13.635/1993, dem ein grund­sätz­li­cher Abwä­gungs­nach­rang wirt- schaft­li­cher Zwe­cke gegen­über grund­rechts­ge­stütz­ten öffent­li­chen Inter­es­sen mit Gemein­wohl­be­zug (insb. etwa mit Hin­blick auf den Schutz­ge­gen­stand von Gen­tech­nik­ge­setz und Che­mi­ka­li­en- gesetz 1996) ent­nom­men wer­den kann, der auch zur Wah­rung wis­sen­schaft­li­cher Erkennt­nis­in­ter­es­sen effek­tu­ier­bar scheint.

93 Dass ein­fach­ge­setz­lich ver­typ­te uni­ver­si­tä­re oder auch gesamt- gesell­schaft­li­che Nut­zungs- und Ver­wer­tungs­in­ter­es­sen kei­ne geeig­ne­te Grund­la­ge für Ein­grif­fe in wis­sen­schaft­li­che Frei­hei­ten dar­stel­len kön­nen, folgt auch aus dem grund­sätz­li­chen Abwä- gungs­nach­rang sol­cher Inter­es­sens­la­gen im Rah­men ver­fas- sungs­recht­li­cher und uni­ons­recht­li­cher Wer­te­kon­kur­ren­zen (vgl. dazu auch Art. 3 iVm. Art. 1, 13 GRC sowie Borow­sky in: Mey­er (Hg.), aaO., Anm. 29 zu Art. 1 GRC; Jarass, aaO., Rn. 7 zu Art. 13 GRC). Unter die­sem Aspekt erüb­rigt sich auch die Fra­ge nach der etwa­igen (dar­über noch hin­aus­ge­hen­den) Annehm­bar­keit einer Dienst­pflicht zur erfin­dungs­ori­en­tier­ten For­schung (vgl. dazu auch Gär­ditz, Dienst­recht der Hoch­schu­len, in: Gärditz/Pahlow (Hg.), Hoch­schul­erfin­der­recht, 2011, S. 39 ff.).

94 Für die jün­ge­re Ver­gan­gen­heit etwa VfGH 10.6.1996, B 696/96 = VfSlg 14.485/1996; 14.12.1994, B 1400/92 = VfSlg 13.978/1994.

95 § 183 BDG 1979 sowie § 7 PatG.

118 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 2 (2017),107–120

nom­me­nen Gewich­tun­gen als nicht aus­rei­chend ver­fas- sungs­kon­form zu wer­ten sind.

Schließ­lich kann das Auf­griffs­recht in ver­fas­sungs- recht­li­cher Hin­sicht auch noch unter dem Gesichts- punkt der Mei­nungs­äu­ße­rungs­frei­heit als bedenk­lich gewertetwerden,dieimRahmenwissenschaftlicherFor- schung wesent­lich im Wege der Ver­öf­fent­li­chung von For­schungs­er­geb­nis­sen ver­wirk­licht wird und wel­cher von der Judi­ka­tur ein mit­un­ter weit­rei­chen­de­rer Schutz- bereich zuge­mes­sen wird, der, in Abwä­gung gegen­über grund­rechts­im­ma­nen­ten Schran­ken, gera­de auch im Sin­ne kri­ti­scher Exper­ten­mei­nun­gen zuguns­ten der frei- en Mei­nungs­äu­ße­rung aus­schla­gen soll.96,97

Anders als die, auf Basis der Mei­nungs­äu­ße­rungs­frei- heit vom EGMR für die Frei­heit der Kunst ent­wi­ckel­ten sitt­li­chen Schranken,98 die, auf Grund­la­ge der in Art. 10 EMRK fest­ge­schrie­be­nen Geneh­mi­gungs­vor­be­hal­te und Beschrän­kungs­mög­lich­kei­ten für die Mei­nungs­äu­ße- rung, einen grund­recht­li­chen „Moral­vor­be­halt“ unter der Prä­mis­se der für die­se Berei­che wesens­ty­pi­schen Kom­mu­ni­ka­ti­on sub­jek­ti­ver Wert­hal­tun­gen argu­men- tier­bar machen, ist hin­sicht­lich der Ver­öf­fent­li­chung von Erkennt­nis­sen wis­sen­schaft­li­cher For­schung, mit Hin- blick dar­auf, dass die­se der objek­ti­ven Wahr­heits­fin­dung ver­pflich­tet ist, eine Ex-ante- oder Ex-post-Beschrän- kung der Publi­ka­ti­ons­frei­heit in rechts­kon­for­mer Wei­se nicht annehmbar;99 dies dem­zu­fol­ge auch bei Bedacht dar­auf, dass die Ver­öf­fent­li­chung wis­sen­schaft­li­cher Er- kennt­nis­se für sich kei­nen unmit­tel­ba­ren Ein­fluss auf der Men­schen­wür­de affi­ne Wer­te haben kann.

g) Inter­pre­ta­to­ri­sche Ansätze

Abge­se­hen von die­sen aus grund­recht­li­cher Sicht gege- benen Schief­la­gen der Auf­griffs­re­ge­lung, fin­den sich auf ein­fach­ge­setz­li­cher Ebe­ne ver­schie­de­ne Anknüp­fungs- momen­te zu Guns­ten der Veröffentlichungsfreiheit.

  1. 96  VfGH 10.6.1996, B 696/96 = VfSlg 14.485/1996; vgl. sinn­ge­mäß auch VfGH 14.12.1994, B 1400/92 = VfSlg 13.978/1994.
  2. 97  Die Mei­nungs­äu­ße­rungs­frei­heit ist auch unter dem Aspekt von beson­de­rem Belang, dass sie euro­pa­recht­lich in einem engen Kon­nex zur Kunst- und For­schungs­frei­heit gese­hen wird. Ver­mit- tels der in die­se Rich­tung wei­sen­den Judi­ka­tur des EGMR und des EuGH ist die euro­päi­sche Grund­rechts­re­ge­lung der „Frei­heit von Kunst und Wis­sen­schaft“, in Art. 13 GRC, in ihrer Entste- hung maß­geb­lich vom Gehalt der Mei­nungs­äu­ße­rungs­frei­heit mit­in­ten­diert (vgl. EuGH 13.12.2001, C‑340/00 P, Cwik, Slg. 2001, I‑10269 Rn. 28 – zur for­schungs­ein­schlä­gi­gen EuGH-Judi­ka­tur vgl. insb. auch Mann in: Heselhaus/Nowak (Hg.), Hand­buch der Euro­päi­schen Grund­rech­te, 2. Aufl. 2017, § 26 Rn. 56 ff.). Der durch Art. 10 EMRK zuge­si­cher­ten „Frei­heit der Mei­nungs­äu- ßerung“ wird, als Frei­heit zur Mit­tei­lung und zum Emp­fang von Ideen und Nach­rich­ten, über­dies ein beson­de­rer Bezug zum Schutz der Ver­öf­fent­li­chung von For­schungs­wer­ken zugeschrie-

So wider­spricht das Auf­griffs­recht der aus­drück­lich gere­gel­ten dienst­recht­li­chen Zustim­mungs­frei­heit nach § 183 BDG. Die­se ist nach ihrer Inten­ti­on der grund- recht­li­chen For­schungs­frei­heit verpflichtet,100 wäh­rend die von § 106 Abs. 2 UG bezo­ge­ne patent­recht­li­che Auf- griffs­re­ge­lung gewerb­li­che Ver­wer­tungs­in­ter­es­sen des Unter­neh­mers sichern soll. Woll­te man die­sen Rege- lungs­wi­der­spruch zwi­schen der im Nor­men­ge­fü­ge gleich­ran­gi­gen dienst­recht­li­chen Ver­öf­fent­li­chungs­frei- heit und dem orga­ni­sa­ti­ons­recht­li­chen Auf­griffs­recht nach den all­ge­mei­nen Rege­lun­gen zur mate­ri­el­len Dero- gati­on lösen, wäre dabei101 auf die Vor­ran­gig­keit des Re- gelungs­zwecks abzu­stel­len. Unter Ein­be­zie­hung der re- gelungs­sys­te­ma­ti­schen Gesamt­aus­rich­tung des UG, die nach wie vor erkenn­bar vor­ran­gig der wis­sen­schaft­li- chen Erkennt­nis und der Ver­wirk­li­chung (klas­si­scher) wis­sen­schaft­li­cher Prin­zi­pi­en ver­pflich­tet ist, scheint auch unter die­sem Gesichts­punkt der Ver­öf­fent­li­chungs- frei­heit des ein­zel­nen Wis­sen­schaft­lers (im Zwei­fel) der Vor­rang gegen­über uni­ver­si­tä­ren Ver­wer­tungs­in­ter­es­sen ein­zu­räu­men zu sein.

Dazu könn­te noch, im Sin­ne der bis­he­ri­gen Gewich- tung von über­schnei­den­den orga­ni­sa­ti­ons­recht­li­chen und beschäf­ti­gungs­recht­li­chen Bestimmungen,102 die Auf­fas­sung ver­tre­ten wer­den, dass hin­sicht­lich beschäf- tigungs­re­le­van­ter (hier: ver­öf­fent­li­chungs­be­zo­ge­ner) Belan­ge im Zwei­fel die, hin­sicht­lich der Rechts­po­si­ti­on des Autors, betref­fend die Ver­öf­fent­li­chungs­frei­heit ein- deu­ti­ge­re und ten­den­zi­ell güns­ti­ger ausgewiesene103 dienst­recht­li­che Rege­lung des § 183 BDG, der vom Ge- setz­ge­ber­wil­len nicht beson­ders unter­leg­ten und damit all­ge­mei­ne­ren orga­ni­sa­ti­ons­recht­li­chen Bestim­mung des § 106 UG vorgeht.

Auch ein Ver­ständ­nis des Rege­lungs­ge­halts des § 106 UG im Sin­ne der für den gesam­ten Rege­lungs­kör­per des UG pri­mär hand­lungs­de­ter­mi­nie­ren­den und interpreta-

ben (so Grabenwarter/Pabel, Euro­päi­sche Menschenrechtskon-

ven­ti­on, 5. Aufl. 2012, S. 312 ff.; Mann, aaO., § 26 Rn. 9).
98 EGMR 24.5.1988, Nr. 25/1986/123/174, Serie A/133 = EuGRZ

1988, 543; 20.9.1994, Nr. 11/1993/406/485, Serie A/295 = MR

1995, 35.
99 So im Ergeb­nis auch Kopetz­ki, aaO., S. 255 ff., 259 ff.
100 Vgl. die EB 320 BlgNR 17. GP, 36 f.
101 Unter der Annah­me, dass die spä­ter erlas­se­ne Bestim­mung des §

183 BDG 1979 (in der Stamm­fas­sung BGBl. 1988/148, idF. BGBl. I 1999/127, BGBl. I 2003/130), bei glei­cher Rege­lungs­spe­zia­li­tät, nicht schon aus die­sem Grund der bezo­ge­nen Auf­griffs­re­ge­lung des § 7 PatG vorgeht.

102 Dazu etwa Bast, Uni­ver­si­täts-Orga­ni­sa­ti­ons­ge­setz ‘93, 2. Aufl. 1998, Anm. 7 zu § 21, Anm. 5 zu § 29 UOG 1993.

103 Vgl. die EB 320 BlgNR 17. GP, 36 f., wo insb. die Zustim- mungs­un­ab­hän­gig­keit als wesent­li­che® Grund und Kom­po­nen­te des Ver­öf­fent­li­chungs­rechts her­vor­ge­ho­ben wird.

Novak · Ver­öf­fent­li­chungs­pflicht und Auf­griffs­recht im Lich­te der Wis­sen­schafts­frei­heit 1 1 9

tions­re­le­van­ten Ziel‑, Grund­satz- und Auf­ga­ben­re­ge­lun- gen der §§ 1 bis 3 UG,104 die maß­geb­lich und vor­ran­gig an der Ver­wirk­li­chung wis­sen­schaft­li­cher Grund­wer­te aus­ge­rich­tet sind, weist in die­se Richtung.

In die­sem Zusam­men­hang ist schließ­lich noch zu er- wägen, ob nicht auch im Sin­ne einer ver­fas­sungs­kon­for- men Inter­pre­ta­ti­on des § 106 Abs. 2 UG, im Ver­hält­nis zu Abs. 1 leg cit, mit Hin­blick auf die von Art. 17 StGG gesi­cher­te Wis­sen­schafts­frei­heit (und der ihr imma­nen- ten Ver­wer­tungs­nach­ran­gig­keit), der nor­mier­ten Ver­öf- fentlichungsfreiheit,105 ob der gege­be­nen Unver­ein­bar- kei­ten, der Vor­rang vor dem Auf­griffs­recht einzuräumen

wäre.106 Dies­falls müss­te, woll­te man den Rege­lungs- zweck des § 106 Abs. 2 UG nicht ganz ver­ei­teln, davon aus­ge­gan­gen wer­den, dass der den Uni­ver­si­tä­ten ein­ge- räum­ten Auf­griffs­op­ti­on ledig­lich sub­si­diä­re Funk­ti­on für den Fall zukommt, dass der Erfin­der erklär­ter­ma­ßen von sei­nem pri­mär wirk­sa­men Ver­öf­fent­li­chungs­recht nicht Gebrauch machen möchte.

Man­fred Novak ist Pro­fes­sor am Insti­tut für Uni­ver­si­täts­recht an der Johan­nes-Kep­ler-Uni­ver­si­tät Linz.

  1. 104  Zum Cha­rak­ter der §§ 1–3 UG, als über­ge­ord­ne­ter Hand­lungs- und Recht­fer­ti­gungs­maß­stab für die Uni­ver­si­täts­or­ga­ne vgl. etwa May­er in: Pert­hold-Stoitz­ner (Hg.), aaO., Anm. I. zu § 1, Anm. III. zu § 2, III. zu § 3 UG; Novak, Uni­ver­si­täts­recht, 2. Aufl. 2015, S. 29; Pert­hold-Stoitz­ner, aaO., Anm. 1 zu § 1 UG.
  2. 105  IVm. der von Art. 13 StGG und Art. 10 EMRK garan­tier­ten Meinungsäußerungsfreiheit.
  3. 106  Dies iSd. Deu­tungs­ho­heit und Schieds­rich­ter­funk­ti­on des Ver­fas­sungs­rechts bei inter­pre­ta­ti­ons­re­le­van­ten Wer­tungs­wi­der- sprü­chen ein­fach­ge­setz­li­cher Rege­lun­gen (zu die­ser Funk­ti­on des Ver­fas­sungs­rechts vgl. Kneihs, Wider die ver­fas­sungs­kon­for­me Inter­pre­ta­ti­on, ZfV 2009, 355).

120 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 2 (2017),107–120