I. Einleitung
Olaf Bartz und Katrin Mayer-Lantermann
Wandel der Aufgaben des Akkreditierungsrates und der Agenturen durch den „Studienakkreditierungs- staatsvertrag“
II. HRG-Novelle 1998, Akkreditierungs-Stiftungs-
Gesetz 2005
Wesentliche Grundlagen für die Akkreditierung wurden 1998 geschaffen: Bundestag und Bundesrat verabschie- deten die vierte Novelle des Hochschulrahmengesetzes (HRG) und strichen aus § 9 Abs. 2 HRG die obligatori- sche Erarbeitung von Rahmenprüfungsordnungen. Die Begründung dafür lautete: „Die Gleichwertigkeit der Studien- und Prüfungsleistungen sowie der Studienab- schlüsse und die Möglichkeit des Hochschulwechsels sollen künftig nicht mehr zwingend durch Rahmenprü- fungsordnungen sichergestellt werden. Die Länder und die HRK können dieses Instrument in Zukunft weiter nutzen. Sie können sich aber auch anderer Instrumente wie beispielsweise eines Akkreditierungsverfahrens von Institutionen und Studiengängen, der staatlichen Geneh- migung der einzelnen Prüfungsordnungen oder einer Ex-post-Kontrolle im Rahmen der Evaluation bedie- nen.“5
Im selben Jahr fassten Kultusministerkonferenz (KMK) und Hochschulrektorenkonferenz (HRK) Grundsatzbeschlüsse6 zur Einführung eines Akkreditie- rungssystems. Nach einer Pilotphase wurde 2002 die für die nächsten 15 Jahre gültige Grundstruktur eines dezen- tralen Systems fixiert,7 in dem der Akkreditierungsrat Grundanforderungen an das Akkreditierungsverfahren aufstellt und Agenturen zertifiziert sowie überwacht, während die Agenturen ihrerseits Akkreditierungsver- fahren durchführen und Studiengänge akkreditieren.
5 Bundestags-Drucksache 13/8796., S. 17, http://dipbt.bundestag.de/ doc/btd/13/087/1308796.pdf (1.9.2017).
6 Siehe den Beschluss der KMK „Einführung eines Akkreditie- rungsverfahrens für Bachelor-/Bakkalaureus- und Master-/ Magisterstudiengänge“ vom 3.12.1998, https://www.kmk.org/ fileadmin/Dateien/pdf/Statistik/BS_981203_AKKreditierung.
pdf (1.9.2017) sowie die Entschließung des 185. Plenums der HRK vom 6. Juli 1998 zum Akkreditierungsverfahren, https://www.hrk. de/positionen/position/beschluss/detail/akkreditierungsverfah- ren/ (1.9.2017).
7 Siehe den Beschluss der KMK „Künftige Entwicklung der länder- und hochschulübergreifenden Qualitätssicherung in Deutsch- land“ vom 01.03.2002, S. 11, http://www.akkreditierungsrat.de/ fileadmin/Seiteninhalte/KMK/Sonstige/KMK_System_Weiter- entwicklung2002.pdf (1.9.2017).
Für die Akkreditierung von Studiengängen und hoch- schulinternen Qualitätsmanagementsystemen in Deutschland ist eine neue Rechtsgrundlage erarbeitet worden: Die Ministerpräsidenten der Länder haben den „Staatsvertrag über die Organisation eines gemeinsamen Akkreditierungssystems zur Qualitätssicherung in Stu- dium und Lehre an deutschen Hochschulen“ unterzeich- net.1 Dieser „Studienakkreditierungsstaatsvertrag“ stellt die Umsetzung des Beschlusses des Bundesverfassungs- gerichts vom Februar 20162 dar.
Zum Zeitpunkt, an dem der vorliegende Beitrag er- stellt wird, liegt der Studienakkreditierungsstaatsvertrag den Länderparlamenten zur Ratifizierung vor. Die Ent- scheidung über die Zustimmung liegt in der Souveräni- tät jedes einzelnen Gesetzgebungsorgans. Gleichwohl benutzt der Text in der Folge den Indikativ und geht in- sofern von der Fiktion eines verabschiedeten Staatsver- trags aus. Dies geschieht ausschließlich aus sprachlichen Erwägungen, da weder ein durchgängig im Konjunktiv gehaltener Text noch eine Häufung von Ausdrücken wie „voraussichtlich“ oder „vorgesehen“ stilistisch überzeu- gen würden.
Der Artikel konzentriert sich auf den Wandel der Aufgabenstellung von Akkreditierungsrat und Agentu- ren. Auf darüber hinausgehende Ausführungen zur ex- ternen Qualitätssicherung in Deutschland3 sowie zur Rolle und Rechtsnatur der Akkreditierung4 wird weitge- hend verzichtet und hierfür auf andere einschlägige Schriften verwiesen.
- 1 Der Text des Staatsvertrags nebst Begründung ist in den Do- kumentationssystemen mehrerer Länderparlamente verfügbar, beispielsweise hier: http://www.landtag-bw.de/files/live/sites/ LTBW/files/dokumente/WP16/Drucksachen/1000/16_1823_D.pdf (1.9.2017).
- 2 BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 17. Februar 2016 — 1 BvL 8/10 — Rn. (1–88), http://www.bverfg.de/e/ls20160217_1bvl000810. html (1.9.2017).
- 3 Vgl. etwa das Handbuch Qualität in Studium und Lehre (Kohler/ Pohlenz/Schmidt (Hrsg.), Handbuch Qualität in Studium und Lehre: Evaluation nutzen — Akkreditierung sichern — Profil schärfen, Loseblattsammlung) und Wissenschaftsrat, Empfehlun- gen zur Akkreditierung als Instrument der Qualitätssicherung, Drs. 2259-12, 2012, https://www.wissenschaftsrat.de/download/ archiv/2259–12.pdf (1.9.2017).
- 4 Siehe dazu z.B. Immer, Rechtsprobleme der Akkreditierung von Studiengängen, 2013.
Ordnung der Wissenschaft 2017, ISSN 2197–9197
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Der Akkreditierungsrat konstituierte sich 1999 und war zunächst ohne eigene Rechtsform bei der Geschäfts- stelle der HRK angesiedelt. Zum Jahreswechsel 2002/03 erfolgte ein Umzug in das Sekretariat der KMK. Rechts- fähigkeit erhielt er 2005 mit dem nordrhein-westfäli- schen „Gesetz zur Errichtung einer Stiftung „Stiftung zur Akkreditierung von Studiengängen in Deutschland““ (üblicherweise und auch im Folgenden abgekürzt mit „ASG“ für Akkreditierungs-Stiftungs-Gesetz),8 dem 2004 eine Verständigung der Länder in der KMK9 vor- ausging. Die Länder übertrugen ihre Aufgaben nach § 9 Abs. 2 HRG per Verwaltungsvereinbarung10 auf die Stiftung.11
III. Aufgaben von Akkreditierungsrat und Agenturen bislang und künftig
Auch die künftige Konzeption gemäß Studienakkreditie- rungsstaatsvertrag sieht eine Zwei-Ebenen-Struktur mit einer Aufgabenteilung von Agenturen und Akkreditie- rungsrat vor. Dabei sind jedoch drei wesentliche Ver- schiebungen zu verzeichnen:
•Die Befugnis, Akkreditierungsentscheidungen zu treffen, geht von den Agenturen auf den Akkreditie- rungsrat über (Art. 5 Abs. 3 Nr. 1 Staatsvertrag).
• Sämtliche Befugnisse zur Regelsetzung, die bisher teil- weise beim Akkreditierungsrat angesiedelt waren, gehen auf die Länder über (Art. 5 Abs. 3 Nr. 6 Staatsvertrag).
•Die bisher vom Akkreditierungsrat durchgeführte materielle Prüfung der Agenturen geht auf das europä- ische Agenturenregister EQAR über (vgl. Art. 5 Abs. 3 Nr. 5 Staatsvertrag).
Diese drei Aspekte seien im Folgenden näher ausgeführt.
1. Entscheidungsbefugnis
a) Situation bislang
Die derzeit tätigen Agenturen sind überwiegend als Stif- tungen oder als privatrechtliche Vereine organisiert;12
- 8 Abrufbar unter http://www.akkreditierungsrat.de/fileadmin/Sei- teninhalte/AR/Beschluesse/ASG_Stiftungsgesetz.pdf (1.9.2017).
- 9 Siehe den Beschluss der KMK „Eckpunkte für die Weiterentwick- lung der Akkreditierung in Deutschland“ vom 15.10.2004, http:// www.akkreditierungsrat.de/fileadmin/Seiteninhalte/KMK/Sonsti- ge/KMK_System_Weiterentwicklung2004.pdf (1.9.2017).
- 10 Beschluss der KMK „Vereinbarung zur Stiftung „Stiftung: Akkre- ditierung von Studiengängen in Deutschland“ vom 16.12.2004, http://www.akkreditierungsrat.de/fileadmin/Seiteninhalte/KMK/ Sonstige/KMK_System_Stiftung_Vereinbarung.pdf (1.9.2017).
- 11 Mit Einführung des ASG wurde der Akkreditierungsrat nurmehr eines von drei Gremien – neben Vorstand und Stiftungsrat – der „Stiftung zur Akkreditierung von Studiengängen in Deutsch- land. Gleichwohl werden die Begriffe „Akkreditierungsrat“ und Stiftung zur Akkreditierung von Studiengängen in Deutschland“
eine Vorgabe für die Rechtsform existiert nicht. Bislang führen sie die Akkreditierungsverfahren durch und tref- fen die Akkreditierungsentscheidungen, wobei sie im Auftrag der Stiftung zur Akkreditierung von Studien- gängen deren Siegel vergeben. Entscheidungsgremien sind zumeist die so genannten Akkreditierungskommis- sionen. Sie bestehen mindestens aus Hochschulvertre- tern, Vertretern der Berufspraxis und Studierenden.
Die Agenturen sind an Kriterien und Verfahrensre- geln des Akkreditierungsrates gebunden, entwickeln auf dieser Basis aber eigene Profile. Sie operationalisieren die Regeln des Akkreditierungsrates in eigenen Handrei- chungen; teilweise sind sie nur in bestimmten Fächergrup- pen tätig oder verfügen über regionale Schwerpunkte, ope- rieren grundsätzlich aber in allen Bundesländern.
Die Rechtsnatur des Handelns der Agenturen im noch aktuellen System ist überwiegend ungeklärt. Den aktuell anwendbaren Rechtsgrundlagen kann man keine klare Entscheidung für das öffentliche bzw. private Recht entnehmen. Das ASG selbst schweigt zur Rechtsnatur der Akkreditierungsentscheidung; in der Begründung zum ASG ist von „privatrechtlich organisierten und han- delnden Agenturen“ die Rede.13 Auch in den Lan- deshochschulgesetzen finden sich keine eindeutigen Aussagen zu dieser Thematik.14 Eine Ausnahme stellt NRW dar: Dort wurde im § 7a des 2014 in Kraft getrete- nen Landeshochschulgesetzes geregelt, dass die Agentu- ren in NRW als Beliehene handeln.15
b) Ratio der Änderung
Die bislang ungeklärte Rechtsnatur des Agenturhan- delns war ein wesentlicher Auslöser für die Übertragung der Entscheidungsbefugnis auf den Akkreditierungsrat. Das Bundesverfassungsgericht monierte, dass keine Klarheit bezüglich der Rechtsstellung der Agenturen und der Rechtsform der von ihnen getroffenen Entschei- dungen bestehe.16 Daher bestand Handlungsbedarf für NRW und die Ländergemeinschaft.
im Alltag häufig synonym verwendet, so auch im Folgenden.
12 Näher dazu Immer (Fn. 4), S. 12.
13 Landtagsdrucksache 13/6182, S. 12, https://www.landtag.nrw.de/
portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD13-6182.pdf
(1.9.2017).
14 Vgl. z. B. Brinktrine, Akkreditierungsverfahren und ‑modelle
nach Maßgabe des Hochschulrechts der Länder, WissR 42 (2009),
164 (165 ff.).
15 Siehe dazu die Begründung zu § 7 a HZG, Landtagsdrucksache
16/5410, S. 310, https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/doku- mentenarchiv/Dokument/MMD16-5410.pdf (1.9.2017); vgl. dazu auch Geis, Das Bundesverfassungsgericht zur Akkreditierung, OdW 4 (2016), 193 (197).
16 Beschluss des BVerfG (Fn. 2), Rn 71 und 72.
Bartz/Mayer-Lantermann · Studienakkreditierungsstaatsvertrag 2 5 7
Die öffentlich-rechtliche Qualifizierung der Akkredi- tierungsentscheidung lag nahe. Bei mit Klagen im Be- reich der Akkreditierung befassten Verwaltungsgerich- ten ließ sich eine Tendenz für die öffentlich-rechtliche Einordnung der Akkreditierung erkennen.17 Auch in der Literatur wurde dies überwiegend angenommen,18 da die Akkreditierung von Studiengängen und hochschul- internen QM-Systemen der öffentlichen Aufgabe der Aufsicht über das Hochschulwesen diene.19 Zudem tref- fen die Agenturen selbst dann, wenn die Akkreditierung das landesrechtlich erforderliche Genehmigungsverfah- ren nicht ersetzt,20 für die staatlichen Stellen maßgebli- che Beurteilungen dazu, ob der Studiengang die in der Akkreditierung zu prüfenden Qualitätsanforderungen erfüllt.21 Auch das Verwaltungsgericht Arnsberg ging in seiner Vorlageentscheidung an das Bundesverfassungs- gericht vom öffentlich-rechtlichen Handeln der Agentu- ren aus.22
Hätte man die Entscheidungskompetenz bei den Agenturen belassen, wäre ihre eindeutige, gesetzlich ge- regelte Beleihung unumgänglich geworden.23 Dem hätte jedoch das Selbstverständnis der Agenturen widerspro- chen, die sich seit jeher nicht als Behörden, sondern als privatrechtlich handelnde Akteure verstehen.24 Hinzu kam, dass die doppelte Rolle der Agenturen sowohl als
- 17 Zum Beispiel VG Minden, Beschluss vom 30.07.2009 – 2 K 1291/08 Rn. 1 — 3, zitiert nach Immer (Fn. 4), S. 171.
- 18 Vgl. z. B. Lege, Die Akkreditierung von Studiengängen, JZ 14/2005, 698 (702); Heitsch, Rechtsnatur der Akkreditierungsentscheidungen/ Prozessuale Fragen, WissR 42 (2009), 136 (142 f.).
- 19 Siehe dazu Heitsch (Fn. 18) WissR 42 (2009), 136 (142 f.).
- 20 Dies ist zum Beispiel in Berlin, Bremen und Schleswig-Holsteinder Fall. Auch in Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt muss ein Studiengang durch das Ministerium genehmigt werden, falls keine diesbezügliche Regelung in einer Zielvereinbarung existiert. Siehe dazu die Übersicht des Akkredi- tierungsrates unter http://www.akkreditierungsrat.de/fileadmin/ Seiteninhalte/AR/Sonstige/20161109Regelung_Akkr_und_Ge- nehmigung_Abfrage_2016.pdf (1.9.2017); vgl. auch Immer (Fn. 4), S. 122 f.
- 21 Überzeugend argumentiert hier Immer (Fn. 4), S. 238: „Aus- schlaggebend, aber auch ausreichend ist vielmehr der in ihrem Bereich qualitativ-rechtsverbindliche Einfluss der Agenturen: Die Beurteilung, ob der Studiengang die Strukturvorgaben und den Qualifikationsrahmen einhält, berufsrelevante Kompetenzen ver- mittelt und das erforderliche Qualitätsverständnis mitbringt, ist nach systematisch-teleologischer Auslegung des Akkreditierungs- verfahrens allein und letztverbindlich ihrem Votum zugewiesen“; siehe auch Epping (Hrsg.), Niedersächsisches Hochschulgesetz,§ 6, Rn 40. Er qualifiziert die Akkreditierungsentscheidungen, zumindest nach dem niedersächsischen Landeshochschulrecht, als öffentlich-rechtlich.
- 22 Siehe Beschluss des VG Arnsberg vom 16.04.2010 – 12 K 2689/08, https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_arnsberg/j2010/12_K_2 689_08beschluss20100416.html (1.9.2017), S. 28. Das Bundesver- fassungsgericht traf keine Festlegung, ob die Agenturen öffentlich oder privatrechtlich handeln. Geis (Fn. 15), OdW 4 (2016), 193 (194), legt jedoch nachvollziehbar dar, dass die Verfassungsrichter
Durchführende der Verfahren als auch als Entscheider über die Akkreditierung dazu führt, dass sie eine Studi- enqualität entwickelnde Rolle nur eingeschränkt wahr- nehmen können.25
Vor diesem Hintergrund ist die Verlagerung der Ent- scheidungszuständigkeit auf den Akkreditierungsrat zu sehen. Dieser kann als Stiftung des öffentlichen Rechts selbstverständlich Verwaltungsakte treffen; die Agentu- ren können als private „Dienstleister für die Hochschu- len“26 künftig deutlich freier agieren. So werden „klare Rechtsverhältnisse […] geschaffen“.27
Auch kann durch die neue Zuständigkeit des Akkre- ditierungsrates „eine konsistente Entscheidungspraxis auf der Grundlage der vorgegebenen Kriterien“28 er- reicht werden. Wie groß der Bedarf in dieser Hinsicht ist, lässt sich daran ablesen, dass der Akkreditierungsrat permanent tätig wurde, um Inkonsistenzen zu begeg- nen.29 Damit dient die Entscheidungszuständigkeit des Akkreditierungsrates auch „der Deregulierung und Effizienzsteigerung.“30
Hinzu kommt, dass die alleinige Kompetenz für Ver- fahren und Entscheidung bei am Markt agierenden und von der Zufriedenheit der Kunden abhängigen Agentu- ren Fehlanreize nicht ganz ausschließt, insbesondere vor dem Hintergrund der Zunahme der Systemakkreditie-
von einer öffentlich-rechtlichen Fernwirkung ausgingen: Das auf private, die staatliche Anerkennung begehrende, Hochschulen in NRW anwendbare Normengeflecht führe für diese Hochschulen de facto zu einer Akkreditierungspflicht und stelle damit einen Grundrechtseingriff dar.
23 Die Übertragung staatlicher Aufgaben an Private steht unter dem so genannten institutionellen Gesetzesvorbehalt, bedarf also einer eindeutigen gesetzlichen Regelung, siehe dazu zum Beispiel Lege (Fn. 18), JZ 14/2005, 698 (703).
24 Siehe dazu zum Beispiel Landfried, HRK, Beiträge zur Hoch- schulpolitik 6/2001, 46 (48 f.).
25 Das Verbot der Verknüpfung von Beratung und Akkreditierung ist für die Systemakkreditierung explizit geregelt, vgl. den Be- schluss des Akkreditierungsrats „Standards für die Gestaltung des Verhältnisses von Systemakkreditierung und Beratungsdienst- leistungen“ vom 31.10.2008 i.d.F. vom 20.02.2013, http://www. akkreditierungsrat.de/fileadmin/Seiteninhalte/AR/Beschluesse/ AR_Beratung_Systemakkreditierung.pdf (01.09.2017). Eine ggf. angesichts der Tätigkeit nicht in Deutschland ansässiger Agen- turen erforderliche Beleihung ausländischer Rechtsträger haben als nicht problematisch beurteilt Heitsch, DÖV 2007, S. 346 und Immer, S. 166.
26 Begründung zu Art. 3 Abs. 5 Staatsvertrag.
27 Ebd.
28 Ebd.
29 Zahlreiche der unter http://www.akkreditierungsrat.de/index.
php?id=beschluesse&L=-9.9 (1.9.2017) veröffentlichten Beschlüs- se, Handreichungen und Rundschreiben des Akkreditierungsrates hatten Inkonsistenzen in der Praxis der Agenturen zum Anlass.
30 Begründung zu Art. 3 Abs. 5 Staatsvertrag.
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rungsverfahren mit ihren weitreichenden Implikationen für die Hochschulen.31
Durch eine Zuständigkeit des Akkreditierungsrates können schließlich die Anforderungen an die Gutachten harmonisiert und Zeitabläufe klarer definiert werden.
2. Befugnis zur Festlegung von Kriterien und Verfah- rensregeln
a) Situation bislang
Bislang wurden Qualitätskriterien für die Akkreditie- rung im Wesentlichen vom Akkreditierungsrat verab- schiedet. Allerdings war eine so prominente Rolle des Akkreditierungsrates bei der Schaffung des Akkreditie- rungssystems gar nicht angelegt. Vielmehr ging man von einem Kondominium von Staat und Hochschulen aus, wobei die Hochschulen, basierend auf Art. 5 Abs. 3 Grundgesetz, primär für die fachlich-inhaltliche Ausge- staltung des Studiums und der Staat – im föderalen Sys- tem Deutschlands also die Länder – primär für die Stu- dienstruktur und den formalen Rahmen zuständig sei- en.32 Diese Zweiteilung wurde auch bei Einführung des Akkreditierungssystems im Grundsatz aufrechterhalten: Die Zuständigkeit für die fachlich-inhaltliche Bewertung verblieb bei der scientific community.33 Die staatliche Verantwortung für die Studienangebote sollte über Strukturvorgaben wahrgenommen werden.
Dem Akkreditierungsrat wurde primär die Rolle ei- nes „Organisators“ des peer-review-Verfahrens zuge- dacht.34 Diese Perspektive der Anfangsjahre spiegelt sich auch im ASG von 2005 wider. Der neu gegründeten „Stiftung zur Akkreditierung von Studiengängen in Deutschland“ wurde durch das ASG neben der Aufgabe der Akkreditierung von Agenturen35 die Verantwortung
- 31 Vgl. Künzel, Entwicklungsperspektiven des deutschen Systems der externen Qualitätssicherung, Handbuch Qualität in Studium und Lehre (Fn. 3), B 1.6, S. 8 f.
- 32 Vgl. Thierfelder, Akkreditierungsentscheidungen im föderalen System, Handbuch Qualität in Studium und Lehre (Fn. 3), S. 2.
- 33 Vgl. Kohler, Anforderungen an die Qualität des Akkreditierungssys- tems, Handbuch Qualität in Studium und Lehre (Fn. 3), F 1.4, S. 3 f.
- 34 Dies lässt sich aus dem Beschluss der KMK „Einführung eines Akkreditierungsverfahrens für Bachelor-/Bakkalaureus- und Master-/Magisterstudiengänge“ vom 3.12.1998 (Fn. 6), ablesen,
in dem es auf S. 61 heißt, dass der Akkreditierungsrat den Ablauf der fachlich-inhaltlichen Begutachtungen der Studiengänge koor- dinieren solle. - 35 Siehe dazu 3.
- 36 Vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ASG.
- 37 Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 ASG. Die aktuellen ländergemeinsamenStrukturvorgaben („Ländergemeinsame Strukturvorgaben für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen“, Beschluss der KMK vom 10.10.2003 i.d. F. vom 4.2.2010) sind abrufbar unter http://www.akkreditierungsrat.de/fileadmin/Sei- teninhalte/KMK/Vorgaben/KMK_Laendergemeinsame_Struk- turvorgaben_aktuell.pdf (1.9.2017).
für den Erlass von Verfahrensregeln für die Studien- gangsakkreditierung übertragen.36 Entsprechend der herausgehobenen Bedeutung der staatlichen Struktur- vorgaben wurde die Stiftung zudem damit beauftragt, ländergemeinsame und landesspezifische Strukturvor- gaben zu verbindlichen Vorgaben für die Agenturen zusammenzufassen.37
Der neu konstituierte Akkreditierungsrat stellte je- doch alsbald fest, dass eine Leerstelle in rechtlicher wie inhaltlicher Hinsicht bestand: Die vom Akkreditierungs- rat verabschiedeten Kriterien für Studiengänge waren bisher nicht über die Nennung einiger Aspekte oder Themenfelder hinausgekommen.38 Denn zu Beginn der 2000er Jahre hatte bei KMK, HRK und Akkreditierungs- rat die Überzeugung geherrscht, das Hauptziel der Ak- kreditierung bestehe darin, ein schlüssiges und kohären- tes Bild von den Leistungen der Hochschulen zu erhal- ten, also Qualitätssicherung im Wesentlichen durch Herstellung von Transparenz zu erzielen.39
Aus Sicht des damaligen Vorsitzenden, des Greifswal- der Juristen Jürgen Kohler, konnte dies nicht genügen: Ak- kreditierungsverfahren entsprächen rechtsstaatlichen Maß- stäben nur dann, wenn sie „normativ durchgebildet [sei- en]“.40 Das Ergebnis solcher Verfahren könne […] „nicht das bloße Resultat eines Diskurses sein, dessen inhaltliche OrientierungnichtklardurchVorgabevonsachbezogenen, also validen und insbesondere auch im Hinblick auf Art. 5 Grundgesetz tragfähigen Kriterien umrissen“ sei.41 Der Ak- kreditierungsrat entwickelte daraufhin 2005 das erste um- fassende Kriterienset, geprägt vom so genannten „fitness of and fitness for purpose“- Ansatz,42 und erarbeitete in den Folgejahren ein systematisch aufgebautes Regelwerk, ge- gliedert nach Verfahrensregeln, (Qualitäts-)Kriterien und Entscheidungsregeln.43
38 Beschluss des Akkreditierungsrates „Akkreditierung von Akkre- ditierungsagenturen und Akkreditierung von Studiengängen mit den Abschlüssen Bachelor/Bakkalaureus und Master/Magister
– Mindeststandards und Kriterien“ vom 30.11.1999 i.d.F. vom 17.12.1999.
39 Ebd., S. 6.
40 Kohler, Anforderungen an die Qualität des Akkreditierungssys-
tems, Handbuch Qualität in Studium und Lehre (Fn. 3), F 1.4, S. 7. 41 Ebd.; Kohler ging hier schon von einer öffentlich-rechtlichen Na- tur der Akkreditierungsverfahren aus, siehe zur Problematik der Rechtsnatur von Akkreditierungsentscheidungen Abschnitt 3.1.2.
42 Dabei handelte es sich um die „Kriterien für die Akkreditierung von Akkreditierungsagenturen“, Beschluss des Akkreditierungs- rates vom 15.12.2005.
43 Letzter Stand sind die „Regeln für die Akkreditierung von Studiengängen und für die Systemakkreditierung“, Beschluss des Akkreditierungsrates vom 08.12.2009, zuletzt geändert am 20.02.2013, http://www.akkreditierungsrat.de/fileadmin/Seiten- inhalte/AR/Beschluesse/AR_Regeln_Studiengaenge_aktuell.pdf (01.09.2017).
Bartz/Mayer-Lantermann · Studienakkreditierungsstaatsvertrag 2 5 9
Damit bestand in Deutschland ein international an- schlussfähiges Regelwerk, das die vier relevanten Dimensionen externer Qualitätssicherung umfasste:
• Strukturvorgaben, in Deutschland von der KMK be- schlossen und mit jeweils unterschiedlichen Ausprägun- gen in die Hochschulgesetze der Länder eingeflossen, wie etwa die Regelstudienzeit oder die zu erwerbende Kre- ditpunktzahl pro Studiengang;
• allgemeine, so genannte „generische“ und vom Ak- kreditierungsrat entwickelte Qualitätskriterien, bei- spielsweise die Ausrichtung des Studiengangs an Qua- lifikationszielen, die Stimmigkeit des Curriculums, ein auf die angestrebten Lernergebnisse ausgerichtetes Prüfungssystem oder die Studierbarkeit im vorgegebe- nen Zeitraum;
• Verfahrensregeln für die Begutachtung von Studien- gängen oder von hochschulinternen Qualitätsmanage- mentsystemen
• fachlich-inhaltliche Kriterien, die auf der Basis des Entwicklungsstandes der in den Studiengängen rele- vanten Fächer von den externen Gutachtern im Ge- spräch vor Ort diskutiert wurden. Übergreifende, ein- heitliche fachliche Vorgaben existierten mit dem Fort- fall der Rahmenprüfungsordnungen nicht mehr, aus- genommen bei Studiengängen, die zu reglementierten Berufen führen (Lehramt, Architektur, Soziale Arbeit etc.).
Das Zusammenspiel der Akteure erwies sich als hin- reichend leistungsfähig, um so bedeutende Innovatio- nen wie die 2007/08 eingeführte „Systemakkreditie- rung“, d.h. die Akkreditierung hochschulinterner Quali- tätsmanagementsysteme als Alternative zur Akkreditie- rung von Studiengängen („Programmakkreditierung“) zu implementieren. Gleichwohl brachte die Multi-Ak- teurs-Konstellation der Akkreditierung im Bereich der Regelsetzung auch – zusätzlich zu den verfassungsrecht- lichen Schwierigkeiten – praktische Probleme mit sich, wie sogleich auszuführen sein wird.
b) Ratio der Änderung
Das Bundesverfassungsgericht kritisierte u.a., der Gesetzgeber habe „die Normierung inhaltlicher und ver- fahrens- und organisationsbezogener Anforderungen an die Akkreditierung […] faktisch aus der Hand gege-
- 44 Beschluss des BVerfG (Fn. 2), Rn 80.
- 45 Vgl. insbesondere Art. 4 Staatsvertrag.
- 46 Diese Verantwortungsteilung spiegelt sich auch in Art. 1, Absätze1 und 2 Staatsvertrag wider.
ben“,44 ohne die wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen.
Mit der Neuregelung kommen die Länder diesen Monita des Bundesverfassungsgerichts nach: Kriterien und Verfahrensregeln werden künftig im Staatsvertrag und in Rechtsverordnungen der Länder, zu denen der Staatsvertrag die notwendigen Ermächtigungen gibt,45 festgelegt. Auf diese Weise ist die demokratische Legiti- mation zweifelsfrei vorhanden. Den Anforderungen der Verfassungsrichter an die Beteiligung der Wissenschaft wird sowohl durch die veränderte Zusammensetzung des Akkreditierungsrates als auch durch die Festschrei- bung der Mehrheit der Wissenschaft in den Gutachter- gruppen Genüge getan. Es bleibt also im Grundsatz bei einer Verantwortungsteilung zwischen Staat und Hochschule.46
Die Länder haben mit ihrer Übernahme sämtlicher Regelsetzungskompetenzen noch ein weiteres Ziel ver- folgt, das aus Art. 3 Abs. 2 Satz 3 des Staatsvertrags her- vorgeht: „Grundlage und Maßstab der Begutachtung […] sind ausschließlich die Regelungen dieses Staatsver- trages und die Regelungen, die auf der Grundlage dieses Staatsvertrages erlassen wurden.“ Denn die bisherige Heterogenität der Regelsetzung hatte das Regelwerk un- übersichtlich gestaltet – Hochschulen und Agenturen mussten mindestens die Strukturvorgaben der KMK so- wie die Regeln des Akkreditierungsrates nebeneinander legen. Zusätzlich hatten die Agenturen selbst jeweils ei- gene Ausdeutungen, Leitfäden etc. entwickelt, die zur Unübersichtlichkeit des Gesamtsystems beitrugen. Schon 2012 hatte der Wissenschaftsrat kritisiert, dass die Praxis der immer weiteren Regelauslegung auf jeder be- teiligten Ebene zu einer stetig anwachsenden Regulie- rungsdichte geführt habe.47
Durch die Regelsetzung „aus einer Hand“ wird Der- artiges künftig vermieden. In einem föderalen System wird sich eine in gewissem Umfang unausweichliche He- terogenität gleichwohl dadurch ergeben, dass jedes Land eine eigene Rechtsverordnung erlässt. Art. 4 Abs. 6 des Staatsvertrags hält aber fest, dass die Verordnungen übereinstimmen müssen, sofern dies für die Gleichwer- tigkeit von Studien- und Prüfungsleistungen sowie von StudienabschlüssenundfürdieMöglichkeitdesHoch- schulwechsels erforderlich ist, so dass der Auseinander- entwicklung Grenzen gesetzt sind.
47 Wissenschaftsrat (Fn. 3), S. 60–62.
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Anregungen aus der Praxis und seitens der „Stake- holder“, namentlich Wissenschaft, Berufspraxis und Stu- dierenden, werden künftig dadurch berücksichtigt, dass der Akkreditierungsrat in Art. 5 Abs. 3 Nr. 6 Staatsver- tragdenAuftragerhält,VorschlägezuRechtsverordnun- gen zu unterbreiten.48
3 Akkreditierung von Agenturen
a) Situation bislang
Das noch gültige ASG legt in § 2 Abs. 1 Nr. 1 fest, dass Agenturen, die in Deutschland tätig sein müssen, vom Akkreditierungsrat zu akkreditieren sind. Dieser Aufga- be ist er – schon seit 2000 – mit einem gutachterzent- rierten Verfahren nachgekommen, das analog zur Akkreditierung von Studiengängen aufgebaut ist: Alle fünf Jahre prüft eine vom Akkreditierungsrat eingesetzte Gutachtergruppe die Agentur auf Basis eines von ihr ein- gereichten Selbstberichts und eines Vor-Ort-Besuchs darauf, ob sie in der Lage war bzw. ist, die Verfahren der Studiengangs- und Systemakkreditierung sachgerecht durchzuführen. Im positiven Fall erhält die Agentur das Recht, das Siegel des Akkreditierungsrates zu verleihen.
Die zugrundeliegenden Kriterien umfassen u.a. eine ausreichende Ausstattung, die Beteiligung aller Stake- holder an den Verfahren und ein funktionstüchtiges agenturinternes Qualitätsmanagementsystem. Ein wei- terer wichtiger Punkt ist die Unabhängigkeit der Agen- turen, die häufig von Hochschulen, Fakultäts-/Fachbe- reichstagen, Fachgesellschaften und Berufsverbänden getragen werden.49 Die geforderte Abrechnung auf Voll- kostenbasis soll einen Wettbewerb über einen nicht mehr tragfähigen oder quersubventionierten günstigen Preis unterbinden.
Ein weiteres Kriterium besteht in der fach- und hoch- schulübergreifenden Durchführung von Akkreditie- rungsverfahren durch die Agenturen. Weder sollten Trennlinien zwischen Universitäts- und Fachhochschul- studiengängen noch zu kleine, nur für winzige Fächer- ausschnitte zuständige Agenturen entstehen.
- 48 Die Regelung ähnelt der in Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 des Staatsvertrags über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hoch- schulzulassung vom 5. Juni 2008, https://recht.nrw.de/lmi/owa/ br_vbl_show_pdf?p_id=12301 (1.9.2017).
- 49 Siehe dazu Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Akkreditierung als Instrument der Qualitätssicherung (Fn. 3), S. 31.
- 50 Die ESG 2005 sind abrufbar unter http://www.enqa.eu/wp-con- tent/uploads/2015/09/ESG_3edition.pdf, die Neufassung von 2015 findet sich u.a. hier http://eqar.eu/fileadmin/documents/bologna/ ESG_2015.pdf und zusammen mit einer deutschen Übersetzung hier https://www.hrk.de/uploads/media/ESG_German_and_Eng- lish_2015.pdf (1.9.2017).
War ein Begutachtungsverfahren für Agenturen in der ersten Hälfte der 2000er Jahre weitgehend ein deut- sches Spezifikum, änderte sich dies 2005 mit der Verab- schiedung der „Standards and Guidelines for Quality Assurance in the European Higher Education Area“ (ESG)50 durch die für die Hochschulbildung verantwort- lichen Minister des Europäischen Hochschulraums.51 Die ESG beinhalten Prinzipien sowohl für die interne Qualitätssicherung der Hochschulen als auch für die ex- terne Qualitätssicherung durch Agenturen bzw. der Agenturen selbst. Auf Basis der ESG, zunächst insbeson- dere deren Kapitel zwei und drei, etablierte zuerst die European Association for Quality Assurance in Higher Education (ENQA) das Prinzip, Agenturen nur als Mit- glied aufzunehmen, wenn sie in einem Begutachtungs- verfahren ihre Übereinstimmung mit den ESG nachwei- sen. Das gleiche Prinzip verfolgt seit 2008 das „European Quality Assurance Register“ (EQAR).
Der Akkreditierungsrat reagierte auf diese europäi- sche Entwicklung, indem er zunächst optional im Rah- men seiner Agenturakkreditierungen eine ESG-Prüfung anbot. 2016 integrierte er die ESG vollständig in seine einschlägigen Regeln, zumal die jeweiligen Normen- komplexe nah beieinander liegen, sind in ihnen doch je- weils langjährige Erfahrungen aus der Entwicklung der Qualitätssicherung in Studium und Lehre in Europa seit den 1990er Jahren kondensiert.52 In der Praxis bedeutet dies seit zehn Jahren für die in Deutschland ansässigen Agenturen, dass das Verfahren beim Akkreditierungsrat als „one-stop-shop“ fungiert und sowohl für die Akkre- ditierung in Deutschland als auch für die Mitgliedschaft bei ENQA sowie für die Registrierung bei EQAR dient.
b) Ratio der Änderung
Das bisherige System war dahingehend austariert, dass die Agenturen die Akkreditierungsentscheidungen tref- fen und das Siegel des Akkreditierungsrates verleihen, im Gegenzug aber von letzterem akkreditiert und in ihrer laufenden Arbeit überwacht werden (ASG § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4). Mit der Übertragung der Entschei-
51 Es handelt sich bei ihnen also nicht um europäisches Gemein- schaftsrecht; vgl. Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Akkreditie- rung als Instrument der Qualitätssicherung (Fn. 3), S. 28.
52 So formuliert es Hopbach, European Association for Quality Assurance in Higher Education-ENQA, Handbuch Qualität in Studium und Lehre (Fn. 3), B 3.3, S. 10.
Bartz/Mayer-Lantermann · Studienakkreditierungsstaatsvertrag 2 6 1
dungsfunktion auf den Akkreditierungsrat stellte sich nun die Frage nach einer Neujustierung seines Verhält- nisses zu den Agenturen.
Für die „Betriebserlaubnis“ steht mit dem Register EQAR inzwischen eine etablierte, neutrale europäische Prüfinstanz zur Verfügung. Der Staatsvertrag hält in Art. 3 Abs. 2 Satz 2 fest, dass Begutachtungen in Pro- gramm- und Systemakkreditierungen von einer bei EQAR registrierten und vom Akkreditierungsrat zuge- lassenen Agentur durchgeführt werden.53
An dieser Stelle ist besonders wichtig zu betonen, dass die künftige Zulassung von Agenturen durch den Akkreditierungsrat nicht mit deren vormaliger Akkredi- tierung gleichzusetzen ist. Alle materiell-inhaltlichen Prüfrechte liegen nicht mehr beim Akkreditierungsrat, sondern gehen auf EQAR über. Die Begründung zum Staatsvertrag spricht daher vom „Verzicht auf die Akkredi- tierung von Agenturen zugunsten eines formalen Zulas- sungsverfahrens“54 auf Basis der EQAR-Registrierung.
Die Zulassung durch den Akkreditierungsrat dient dabei primär der Anbindung der hierzulande tätigen Agenturen an den deutschen Rechtsrahmen, die die Re- gistrierung bei dem als gemeinnütziger Verein nach bel- gischem Recht organisierten EQAR nicht aus sich selbst heraus herstellen kann.
Als Voraussetzung für die Zulassung benennt der Staatsvertrag entsprechend (Art. 5 Abs. 3 Nr. 5) den „durch die Agentur zu führende[n] Nachweis, dass sie zuverlässig in der Lage ist, die Aufgaben der Begutach- tung und der Erstellung des Gutachtens wahrzunehmen; bei den bei dem EQAR registrierten Agenturen wird dies widerlegbar vermutet.“ Die Begründung verweist dar- auf, dass der Begriff der Zuverlässigkeit „in Analogie zu dem gewerberechtlichen Wirtschaftsverwaltungs- recht“55 gewählt wurde und dass dieser Begriff von der Rechtsprechung hinreichend definiert und damit als be- rufsregulierende Regelung zulässig sein dürfte.56
Materiell-inhaltliche Prüfungen der Agenturen durch den Akkreditierungsrat im bisherigen Sinn sind damit nicht verbunden. Das Zulassungsverfahren dürfte sich daher in aller Regel auf einen Schriftwechsel zwi- schen EQAR-registrierter Agentur und Akkreditie- rungsrat beschränken.
Auf diese Weise wird der Zugang für europäische Agenturen erheblich erleichtert. Dabei ist zu berücksich- tigen, dass die Gutachten, sobald es zur Antragstellung der Hochschule beim Akkreditierungsrat kommt, in deutscher Sprache vorliegen müssen.57
Konsequenterweise entfällt nicht nur die Akkreditie- rung der Agenturen durch den Akkreditierungsrat, son- dern auch die kontinuierliche Überwachung ersterer durch letzteren sowie die Verpflichtung, Vereinbarungen zur Zusammenarbeit zu schließen (ASG § 3): Alle dies- bezüglichen Verflechtungen sind nicht mehr erforder- lich, sobald nur noch der Akkreditierungsrat selbst Ak- kreditierungsentscheidungen trifft und sein Siegel verleiht.
IV. Fazit und Ausblick
Das Verhältnis zwischen Akkreditierungsrat und Agen- turen steht vor einem grundlegenden Wandel. Die jewei- ligen Aufgaben, Funktionen und Rechtsverhältnisse werden dabei durch die Bestimmungen des Staatsver- trags klar beschrieben und deutlich definiert, so dass bis- lang offene Fragen geklärt sind und Rechtssicherheit hergestellt ist.
Olaf Bartz ist Geschäftsführer und Vorstandsmitglied der Stiftung zur Akkreditierung von Studiengängen in Deutschland. Katrin Mayer-Lantermann ist Volljuristin und arbeitet als Referentin in der Geschäftsstelle der Stiftung.
- 53 Auf die Sondersituation von Agenturtätigkeiten, die das Staatskir- chenrecht berühren, wird hier nicht eingegangen.
- 54 Begründung zu Art. 3 Abs. 8 Staatsvertrag.
- 55 Begründung zu Art. 5 Abs. 3 Nr. 5 Staatsvertrag.
- 56 Ebd.; vgl. auch Immer (Fn. 4), S. 263 ff. zu den Grundrechten derAgenturen nach bisheriger Rechtslage.
- 57 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW, § 23.
262 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 4 (2017), 255–262