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Die Berech­nung der Höchst­be­fris­tungs­gren­ze ist bereits in ihrem Aus­gangs­punkt vom Ver­ständ­nis des „Höchst­be­fris­tungs­jah­res“ abhän­gig. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt Ber­lin hat­te die­se Fra­ge noch dahin­ge­hend beant­wor­tet, dass ein Höchst­be­fris­tungs­jahr gem. § 191 BGB stets mit 365 Tagen zu berech­nen sei. Die­se Ein­schät­zung hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt jedoch – in Über­ein­stim­mung mit der Ansicht der Autoren1 und der Ent­schei­dung des Lan­des­ar­beits­ge­richts Hamm2 – ver­wor­fen und − im Grund­satz − auf die Berück­sich­ti­gung von Schalt­jah­res­ta­gen auch für die Berech­nung der Höchst­be­fris­tungs­jah­re gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 WissZeitVG bestan­den.
Die gewünsch­te Klar­heit bringt die Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts jedoch zumin­dest in dog­ma­ti­scher Hin­sicht nicht und bedarf aus die­sem Grund einer nähe­ren Betrach­tung. Die nach­ste­hen­den Erläu­te­run­gen glie­dern sich hier­zu in eine kur­ze Wie­der­ga­be der
Kern­ar­gu­men­te der Ent­schei­dung des Lan­des­ar­beits­ge­richts Ber­lin-Bran­den­burg vom 16. August 2018 (I.), der dar­auf­fol­gen­den Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 20. Mai 2020 (II.) sowie der Ent­schei­dung des Lan­des­ar­beits­ge­richts Hamm vom 28. Novem­ber 2019 (III.), die im Anschluss einer recht­li­chen Wür­di­gung zuge­führt (IV.) und im Aus­blick zusam­men­ge­fasst wer­den (V.).
I. LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Urteil vom 16. August 2018 – 21 Sa 201/18
Das Lan­des­ar­beits­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg hat in sei­ner Ent­schei­dung vom 16. August 20183 bekannt­lich auf die Unwirk­sam­keit der Befris­tung eines, an der Uni­ver­si­tät Pots­dam beschäf­tig­ten, pro­mo­vier­ten Diplom-Che­mi­kers erkannt. Das Gericht begrün­de­te sei­ne Ent­schei­dung damit, dass die Höchst­be­fris­tungs­gren­zen gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 WissZeitVG gem. § 191 BGB zu berech­nen sei­en, weil befris­te­te Arbeits­ver­hält­nis­se – anders als bei § 14 Abs. 2 TzBfG − nicht zusam­men-
hän­gend zu ver­lau­fen brau­chen und aus die­sem Grund § 191 BGB zur Anwen­dung gelan­ge. Danach sei die zuläs­si­ge Höchst­be­fris­tungs­dau­er jeden­falls über­schrit­ten, denn – anders als bei der Berech­nung des maxi­ma­len Befris­tungs­zeit­raums gem. § 191 BGB – müss­ten Schalt­ta­ge bei der Berech­nung der tat­säch­li­chen Beschäf­ti­gungs­zeit berück­sich­tigt werden4.
Die zuläs­si­ge Höchst­be­fris­tungs­dau­er von 4.380 Tagen (12 Jah­re (Pro­mo­ti­ons- und Qua­li­fi­ka­ti­ons­pha­se) x 365 Tage) war danach auf­grund der tat­säch­li­chen Beschäf­ti­gung von 4.382 Tagen jeden­falls um zwei Tage5 über­schrit­ten und die Befris­tung wur­de dem­entspre­chend vom Lan­des­ar­beits­ge­richt für unwirk­sam erklärt.
II. BAG, Urteil vom 20. Mai 2020 – 7 AZR 72/19
Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat die Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de der Beklag­ten mit Beschluss vom 20. Febru­ar 2019 zugelassen6 und die Ent­schei­dung des Lan­des­ar­beits­ge­richts Ber­lin-Bran­den­burg schließ­lich im Urteil vom 20. Mai 2020 aufgehoben7.
Das Gericht stell­te in sei­ner Ent­schei­dung zunächst klar, dass zwi­schen der zuläs­si­gen Höchst­be­fris­tungs­gren­ze nach Pro­mo­ti­ons- und Post-Doc-Pha­se zu unter­schei­den sei. Danach sei es unzu­läs­sig gewe­sen, die Höchst­be­fris­tungs­dau­er ins­ge­samt und über die bei­den Pha­sen hin­weg zu berech­nen (hier 12 Jah­re). Viel­mehr müs­se die jewei­li­ge Höchst­be­fris­tungs­gren­ze für jede
Tobi­as Man­dler und Lau­ra Weg­mann
Wie vie­le Tage hat das Jahr? Berech­nung der Höchst­be­fris­tungs­gren­zen gem. § 2 WissZeitVG –
Anmer­kun­gen zu BAG, Urteil vom 20. Mai 2020 – 7 AZR 72/19 und LAG Hamm, Urteil vom 28. Novem­ber 2019 – 11 Sa 381/19
1 Mandler/Wegmann, Berech­nung der Höchst­be­fris­tungs­gren­ze gem. § 2 Abs.1 Satz 1 und 2 WissZeitVG – Anmer­kung zu LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Urteil vom 16. August 2018 – 21 Sa 201/18, OdW 2019, 125 ff.
2 LAG Hamm, Urteil vom 28. Novem­ber 2019 – 11 Sa 381/19 –, juris.
3 LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Urteil vom 16. August 2018 – 21 Sa 201/18 –, juris; vor­ge­hend ArbG Pots­dam, Urteil vom 24. August 2017 − 2 Ca 833/17; vgl. hier­zu Mandler/Wegmann, a.a.O., OdW 2019, 125 ff.; Hit­zel­ber­ger-Kiji­ma, öAT 2018, 262.
4 LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Urteil vom 16. August 2018 – 21 Sa 201/18 –, juris Rn. 40 f.
5 Bei den zwei Tagen han­del­te es sich um Schalt­ta­ge.
6 BAG, Beschluss vom 20. Febru­ar 2020 − 7 AZN 867/18.
7 Mül­ler-Glö­ge in ErfK, 20. Aufl. 2020, WissZeitVG § 2 Rn. 5; Hit­zel­ber­ger-Kiji­ma, Anrech­nung von Beschäf­ti­gungs­zei­ten auf die Höchst­be­fris­tungs­dau­er nach dem WissZeitVG, öAT 2020, 189; Baum­gar­ten, BAG: Berech­nung der Höchst­be­fris­tungs­dau­er nach § 2 I WissZeitVG, ArbRAk­tu­ell 2020, 418.
Ord­nung der Wis­sen­schaft 2021, ISSN 2197–9197
5 4 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 1 ( 2 0 2 1 ) , 5 3 — 5 8
8 BAG, Urteil vom 20. Mai 2020 – 7 AZR 72/19 –, juris Rn. 20
9 BAG, Urteil vom 20. Mai 2020 – 7 AZR 72/19 –, juris Rn. 24
10 Letzt­lich geht es hier weni­ger um den Zweck des – ohne­hin
nach­ran­gi­gen – § 191 BGB, als um die Zwe­cke und Mecha­nik des
WissZeitVG selbst.
11 BAG, Urteil vom 20. Mai 2020 – 7 AZR 72/19 –, juris Rn. 26
12 BAG, Urteil vom 20. Mai 2020 – 7 AZR 72/19 –, juris Rn. 27
13 BAG, Urteil vom 20. Mai 2020 – 7 AZR 72/19 –, juris Rn. 27
14 BAG, Urteil vom 20. Mai 2020 – 7 AZR 72/19 –, juris Rn. 28
Pha­se geson­dert berech­net wer­den, was der Senat letzt­lich
aus der Ver­län­ge­rungs­be­stim­mung in
§ 2 Abs. 1 Satz 2 HS 2 WissZeitVG fol­ger­te: „Die­se Ver­län­ge­rungs­be­stim­mung
ergä­be kei­nen Sinn, wenn
§ 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 WissZeitVG als ein­heit­li­che
recht­li­che Befris­tungs­grund­la­ge mit einer zuläs­si­gen (Gesamt-)
Höchst­dau­er zu ver­ste­hen wäre“8. Zudem sei­en
Ver­län­ge­run­gen gem. § 2 Abs. 1 Satz 4 WissZeitVG a.F.
(jetzt § 2 Abs. 1 Satz 7 WissZeitVG) nur „inner­halb der jeweils
zuläs­si­gen Befris­tungs­dau­er“ mög­lich. Nur im Rah­men
des § 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG a.F. (jetzt
§ 2 Abs. 1 Satz 4 WissZeitVG) sei abwei­chend von die­sen
Grund­sät­zen von einer Gesamt­be­trach­tung aus­zu­ge­hen.
Dar­über hin­aus bestä­tigt das Bun­des­ar­beits­ge­richt in
sei­ner Ent­schei­dung zunächst, dass es sich sowohl bei
der Höchst­be­fris­tungs­dau­er nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Wiss-
ZeitVG als auch bei dem Anrech­nungs­zeit­raum nach
§ 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG um einen Zeit­raum im Sin­ne
von § 191 BGB hand­le, wes­halb die Höchst­be­fris­tungs­jah­re
im Grund­satz in 365 Tage und die Mona­te in
30 Tage umzu­rech­nen sei­en.
Das Lan­des­ar­beits­ge­richt habe bei sei­ner Ent­schei­dung
aber über­se­hen, dass § 2 Abs. 3 WissZeitVG eine
gesetz­li­che Spe­zi­al­re­ge­lung für die Berech­nung der
Höchst­be­fris­tungs­jah­re beinhal­te, die einer Berech­nung
nach § 191 BGB als lex spe­cia­lis vor­ge­hen müs­se. Zwar
las­se sich dies der Vor­schrift „nicht aus­drück­lich“ ent­neh­men,
da ins­be­son­de­re „die Moda­li­tä­ten der Berech­nung
des Anrech­nungs­zeit­raums“ in § 2 Abs. 3 Wiss-
ZeitVG nicht fest­ge­legt wür­den, der Vor­rang die­ser Rege­lung
fol­ge aber letzt­lich aus „der Vor­stel­lung des Gesetz­ge­bers“,
nach der ein Jahr als sol­ches berück­sich­tigt
wer­den müs­se. Dies fol­ge ins­be­son­de­re auch aus dem
Zweck der Anrech­nungs­re­gel und dem Ver­weis auf
§ 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 HS 2 WissZeitVG, wodurch sicher­ge­stellt
wer­de, dass die zuläs­si­ge Höchst­be­fris­tungs­dau­er
einer­seits nicht über­schrit­ten, ande­rer­seits aber
auch aus­ge­schöpft wer­den könne9. Eine Anwen­dung des
§ 191 BGB sei danach für die vol­len Jah­re aus­ge­schlos­sen.
Im Übri­gen sei auch die Ein­spar­zeit nicht nach § 191
BGB zu berech­nen, da die­se „weder nach Jah­ren bestimmt
ist noch unter­bro­chen wer­den kann“. Das Beschäf­ti­gungs­jahr
müs­se daher auch im Fal­le eines Schalt­jah­res
als sol­ches, d.h. mit 366 Tagen, berück­sich­tigt und in die
Berech­nung ein­ge­stellt wer­den.
Dane­be spre­che auch der Zweck des § 191 BGB10 für
ein sol­ches Ver­ständ­nis. Die Rege­lung sei auf die Bestim­mung
einer Sum­me von nicht not­wen­di­ger­wei­se auf­ein­an­der­fol­gen­der
Tage gerich­tet, wobei von vorn­her­ein
nicht fest­stün­de wann sie eintreten11. Dem­ge­gen­über lie­ge
einer Befris­tung nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG eine
mög­lichst durch­ge­hen­de Beschäf­ti­gung inner­halb der
jewei­li­gen Qua­li­fi­zie­rungs­pha­se zugrun­de, was schon
aus dem Wort­laut „Ver­län­ge­rung“ in § 2 Abs. 1 Satz 4
WissZeitVG folge12. Inso­fern sei auch gegen­über den
pau­schal fest­ge­leg­ten Höchst­be­fris­tungs­gren­zen in
§ 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 HS 2 WissZeitVG davon aus­zu­ge­hen,
dass ein „Beschäf­ti­gungs­jahr als sol­ches auf die
Höchst­be­fris­tungs­dau­er ange­rech­net wer­den soll, sodass
ein für die Dau­er von sechs Jah­ren begrün­de­tes Arbeits­ver­hält­nis
die sechs­jäh­ri­ge Höchst­be­fris­tungs­dau­er“ nicht
überschreite13.
Abschlie­ßend stellt das Bun­des­ar­beits­ge­richt dann
aber – ohne nähe­re Begrün­dung – fest, dass es „einer Berech­nung
nach § 191 BGB im Fall einer Befris­tung nach
§ 2 Abs. 1 WissZeitVG nur [bedarf], wenn auf­grund von
Unter­bre­chun­gen und Ein­spar­zei­ten unter­jäh­ri­ge Beschäf­ti­gungs­zei­ten
bestehen“14. Die Berech­nung nach vol­len
Jah­ren und Tagen sei in die­sem Fall ein­fach und rechts­si­cher
hand­hab­bar und stel­le gleich­zei­tig sicher, dass bei
unter­jäh­ri­gen Beschäf­ti­gungs­zei­ten in allen Fäl­len und
unab­hän­gig davon, ob die Beschäf­ti­gung in Mona­ten mit
31, 30, 28 oder 29 Tagen erfol­ge, der glei­che Zeit­raum zur
Ver­fü­gung ste­he.
Für den zu ent­schei­den­den Fall müs­se das Lan­des­ar­beits­ge­richt
daher die Höchst­be­fris­tungs­gren­zen neu berech­nen
und ins­be­son­de­re Fest­stel­lun­gen zur Pro­mo­ti­ons­zeit
des Klä­gers tref­fen. Sofern von einem Pro­mo­ti­ons­be­ginn
am 15. Okto­ber 2004 und Pro­mo­ti­ons­ab­schluss
am 16. Febru­ar 2010 aus­zu­ge­hen sei, erge­be sich
hier­nach eine Höchst­be­fris­tungs­dau­er in der Post-Doc-
Pha­se von 6 Jah­ren (§ 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG) und
240 Tagen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 HS 2 WissZeitVG), die durch
die tat­säch­li­che Beschäf­ti­gungs­zeit von sechs Jah­ren und
Mandler/Wegmann · Wie vie­le Tage hat das Jahr? 5 5
15 Der Klä­ger war vom 17. Febru­ar 2010 bis zum 31. Mai 2013
und vom 1. Janu­ar 2014 bis zum 15. Mai 2017 bei der Beklag­ten
beschäf­tigt. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt berech­net hier­zu zunächst
die “vol­len Jah­re” und die ver­blei­ben­den Tage im Anschluss geson­dert:
“je drei Jah­re vom 17. Febru­ar 2010 bis zum 16. Febru­ar
2013 und vom 1. Janu­ar 2014 bis zum 31. Dezem­ber 2016 sowie
104 Tage vom 17. Febru­ar 2013 bis zum 31. Mai 2013 und 135
Tage vom 1. Janu­ar 2017 bis zum 15. Mai 2017”; BAG Urteil vom

  1. Mai 2020 – 7 AZR 72/19 –, juris Rn. 33. Wie sich bei die­ser
    tage­wei­sen Betrach­tung ein Gleich­lauf zwi­schen den Mona­ten
    ein­stel­len soll, erläu­tert das BAG nicht. Es ist auch fern­lie­gend,
    denn nach Mona­ten wird in die­sem Zusam­men­hang nichts
    befris­tet oder bestimmt.
    16 BAG, Urteil vom 20. Mai 2020 – 7 AZR 72/19 –, juris Rn. 33, 34.
    17 LAG Hamm, Urteil vom 28. Novem­ber 2019 – 11 Sa 381/19 –,
    juris.
    18 LAG Hamm, Urteil vom 28. Novem­ber 2019 – 11 Sa 381/19 –,
    juris Rn. 59.
    239 Tagen15 noch nicht über­schrit­ten sei. Müs­se hin­ge­gen
    von einem ande­ren Beginn oder Ende der Pro­mo­ti­ons­zeit
    des Klä­gers aus­ge­gan­gen wer­den, könn­te die
    Höchst­be­fris­tungs­zeit über­schrit­ten und die Befris­tung
    dem­ge­mäß unwirk­sam sein16.
    III. LAG Hamm, Urteil vom 28. Novem­ber 2019 – 11
    Sa 381/19
    Auch das Lan­des­ar­beits­ge­richt Hamm muss­te sich in
    sei­ner Ent­schei­dung vom 28. Novem­ber 201917 mit der
    Fra­ge der Berech­nung der Höchst­be­fris­tungs­dau­er in
    der Post-Doc-Pha­se aus­ein­an­der­set­zen.
    Im zugrun­de­lie­gen­den Ver­fah­ren mach­te die Klä­ge­rin,
    eine pro­mo­vier­te Juris­tin, die Unwirk­sam­keit ihrer
    Befris­tungs­ab­re­de auf­grund der über­schrit­te­nen
    Höchst­be­fris­tungs­dau­er in der Post-Doc Pha­se gel­tend.
    Die Klä­ge­rin war seit dem 1. Novem­ber 2010 am Lehr­stuhl
    für Bür­ger­li­ches Recht, Gewerb­li­chen Rechts­schutz,
    Inter­na­tio­na­les Pri­vat- und Zivil­pro­zess­recht zunächst
    als wis­sen­schaft­li­che Hilfs­kraft und schließ­lich
    als wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­te­rin ab dem 15. August
    2013 bis zum 14. August 2018 von der Beklag­ten auf der
    Grund­la­ge des WissZeitVG beschäf­tigt wor­den.
    Das Lan­des­ar­beits­ge­richt wies die Berech­nung der
    Klä­ge­rin in sei­ner Ent­schei­dung schließ­lich man­gels
    Über­schrei­tung der Höchst­be­fris­tungs­gren­ze zurück.
    Ent­ge­gen der Ent­schei­dung des Lan­des­ar­beits­ge­richts
    Ber­lin-Bran­den­burg stütz­te es sei­ne Berech­nung der
    Höchst­be­fris­tungs­gren­ze dabei jedoch nicht auf § 191
    BGB, son­dern − mit den Autoren – auf §§ 187, 188 BGB18:
    „bb) Die durch die anrech­nungs­fä­hi­gen Ver­trags­zei­ten erreich­te
    Gesamt­dau­er der Befris­tun­gen ist ent­ge­gen der
    Ent­schei­dung des LAG Ber­lin nicht nach den Vor­ga­ben des
    § 191 BGB zu berech­nen … § 191 BGB fin­det hier kei­ne Anwen­dung,
    weil das WissZeitVG sowohl in der Pre­doc-Pha­se
    wie auch in der Post­doc-Pha­se Ver­län­ge­rungs- bzw.
    Nicht­an­rech­nungs­tat­be­stän­de vor­sieht, die nicht an einen
    Jah­res­raum gebun­den sind und so zu ggf. tag­ge­nau­en Berech­nun­gen
    füh­ren, wes­halb das Tat­be­stands­merk­mal
    „nach Jah­ren bestimmt“ nicht erfüllt ist (Mandler/Wegmann,
    Berech­nung der Höchst­be­fris­tungs­gren­ze gemäß
    § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 WissZeitVG – Anmer­kung zu LAG
    Ber­lin-Bran­den­burg, Urteil vom 16. August 2018 – 21 Sa
    201/18 – in Ord­nung der Wis­sen­schaft (OdW) 2019, 125 –
    129). So ver­län­gert sich die zuläs­si­ge Dau­er der Post­doc-
    Pha­se nach § 2 Abs. 1 Satz 2 2. HS WissZeitVG in dem
    Umfang, in dem Zei­ten einer befris­te­ten Beschäf­ti­gung
    nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG und Pro­mo­ti­ons­zei­ten
    ohne Beschäf­ti­gung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG zusam­men
    weni­ger als sechs Jah­re betra­gen haben („Bonus­zeit
    für unge­nutz­te Pro­mo­ti­ons­zei­ten“, Preis/Ulber, Wiss-
    ZeitVG 2. Aufl. 2017, § 2 WissZeitVG Rn. 51). Das bewirkt,
    dass in die­sen Fäl­len eine nicht nach Jah­ren bestimm­te Befris­tungs­höchst­dau­er
    zur Ver­fü­gung steht (näm­lich: sechs
    Jah­re + tag­ge­nau berech­ne­te „Bonus­zeit“) (Mandler/Wegmann,
    aaO, S. 125ff, 126). Auch kann gemäß § 2 Abs. 5
    WissZeitVG die jewei­li­ge Dau­er eines befris­te­ten Arbeits­ver­hält­nis­ses
    nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG im Ein­ver­ständ­nis
    mit der Mit­ar­bei­te­rin oder dem Mit­ar­bei­ter um Zei­ten
    im Sin­ne der § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 – 6 WissZeitVG ver­län­gert
    wer­den, … und dazu führt, dass der Ver­län­ge­rungs­zeit­raum
    nach Maß­ga­be des § 2 Abs. 5 Satz 3 WissZeitVG
    nicht auf die nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG zuläs­si­ge Höchst­dau­er
    ange­rech­net wird (Mandler/Wegmann, aaO, S.
    125ff, 126, 127; APS-Schmidt, 5. Aufl. 2017, § 2 WissZeitVG
    Rn. 68, 69, 84, 85). Es hat mit­hin bei der Berech­nung der
    zuläs­si­gen Gesamt­be­fris­tungs­dau­er bei der – oben aus­ge­führ­ten
    – Berech­nung nach den Regeln der §§ 187, 188 BGB
    zu ver­blei­ben (Mandler/Wegmann, aaO, S. 125 ff, 128).“
    IV. Wür­di­gung
    Der Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts ist in der
    Sache, nicht aber in ihrer Begrün­dung, zuzustimmen.
  2. Geson­der­te Berech­nung der Höchst­be­fris­tungs­dau­er
    für Pro­mo­ti­ons- und Post-Doc-Pha­se
    Das Bun­des­ar­beits­ge­richt bean­stan­det die lan­des­ar­beits­ge­richt­li­che
    Ent­schei­dung zunächst des­halb, weil die­se
    „die“ Höchst­be­fris­tungs­gren­ze für die Klä­ge­rin über die
    5 6 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 1 ( 2 0 2 1 ) , 5 3 — 5 8
    19 Die Beschäf­ti­gung fängt in der Regel unter­jäh­rig an und ori­en­tiert
    sich in den sel­tens­ten Fäl­len an star­ren Jah­res­gren­zen. Eine
    „gemisch­te Berech­nung“ aus Jah­ren und unter­jäh­ri­gen Zeit­räu­men
    ist aus die­sem der Regel­fall und gegen­über eine tage­wei­sen
    Betrach­tung deut­lich auf­wen­di­ger.
    20 Auch in § 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG a.F. hieß es: „Die nach den
    Sät­zen 1 und 2 ins­ge­samt zuläs­si­ge Befris­tungs­dau­er ver­län­gert
    sich“.
    21 Gera­de an den Uni­ver­si­täts­kli­ni­ka ist eine Kumu­la­ti­on von ver­schie­de­nen
    Ver­län­ge­rungs- und Nicht­an­rech­nungs­zei­ten sowie
    von Bonus­zei­ten der Regel­fall, da die beschäf­tig­ten Ärz­tin­nen
    und Ärz­te dort bis zur Erlan­gung des Fach­arzt­ti­tels oft sehr viel
    län­ger beschäf­tigt wer­den müs­sen (aus die­sem Grund gesteht
    der Gesetz­ge­ber 9 Jah­re für die Qua­li­fi­zie­rung zu), als dies bei
    den wis­sen­schaft­li­chen Beschäf­tig­ten an Uni­ver­si­tä­ten der Fall
    ist. An Uni­ver­si­tä­ten wer­den letzt­lich vor allem Habi­li­tan­den
    in der Post-Doc Pha­se beschäf­tigt, sodass sich ein Groß­teil der
    „Rechen­ar­beit“ auf eine über­schau­ba­re Anzahl von Ein­zel­fäl­len
    beschränkt.
    Pro­mo­ti­ons- und Post-Doc Pha­se durch Addi­ti­on der
    gesetz­lich zuläs­si­gen Höchst­be­fris­tungs­zeit­räu­me für
    bei­de Pha­sen berech­net und damit nicht zwi­schen „den“
    Höchst­be­fris­tungs­gren­zen bei­der Pha­sen unter­schie­den
    hat.
    Dem Bun­des­ar­beits­ge­richt ist inso­fern zunächst dem
    Grun­de nach zuzu­stim­men, dass es sich bei bei­den Pha­sen
    um unter­schied­li­che Befris­tungs­tat­be­stän­de han­delt
    und es daher in der Tat kei­ne „Gesamt­höchst­dau­er“ geben
    kann. Hier­von zu unter­schei­den ist aber die Fra­ge
    nach und Berech­nung der Höchst­be­fris­tungs­dau­er.
    Die Begrün­dung des Senats für eine getrenn­te Berech­nung
    kann inso­weit schon des­halb nicht über­zeu­gen,
    weil die getrenn­te Berech­nung auf­grund der Anrech­nungs­re­gel
    in § 2 Abs. 1 Satz 2 HS 2 WissZeitVG zu
    kei­nem ande­ren Ergeb­nis führt als eine Gesamt­be­trach­tung.
    Indiz dafür, dass die getrenn­te Berech­nung nicht
    der Mecha­nik des Geset­zes ent­spricht, ist hier schon der
    Ver­län­ge­rungs­tat­be­stand in § 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG
    a.F. (jetzt § 2 Abs. 1 Satz 4 WissZeitVG), für den das Bun­des­ar­beits­ge­richt
    eine – tat­säch­lich unnö­ti­ge – Aus­nah­me
    for­mu­liert und für die­sen eine Gesamt­be­trach­tung
    for­dert.
    Das Gericht über­sieht zudem, dass die Ver­län­ge­rungs­re­gel
    in § 2 Abs. 1 Satz 2 HS 2 WissZeitVG zwar von
    einer „Ver­län­ge­rung“ spricht, hier­in aber nicht der letzt­end­li­che
    Befris­tungs­grund liegt, son­dern ledig­lich die
    Berech­nung der Höchst­be­fris­tungs­gren­ze durch die Ver­knüp­fung
    bei­der Pha­sen ange­spro­chen und gere­gelt
    wird. Eine Not­wen­dig­keit zur getrenn­ten – und damit
    auf­wen­di­ge­ren − Berech­nung der Höchst­be­fris­tungs­gren­zen
    nach den jewei­li­gen Pha­sen exis­tiert daher nicht
    und bleibt letzt­lich auch ohne spür­ba­ren Vor­teil bei der
    Berechnung19. Viel­mehr ver­ur­sacht eine getrenn­te Berech­nung
    gera­de auf­grund der, dann doch, ins­ge­samt
    wir­ken­den Ver­län­ge­rungs­tat­be­stän­de nur unnö­ti­ge
    Schwie­rig­kei­ten, die im Gesetz nicht ange­legt sind oder
    einen spür­ba­ren Vor­teil brin­gen wür­den. Selbst in dem –
    über­aus sel­te­nen – Fall, bei dem die Höchst­be­fris­tungs­dau­er
    der Pro­mo­ti­ons­pha­se erreicht – oder über­schrit­ten
    – wur­de, bringt die Berech­nung nach Pha­sen kaum
    Erleich­te­rung: Lie­gen Ver­län­ge­rungs­zei­ten vor, muss
    auch in die­sem Fall genau berech­net wer­den; sind die
    sechs Jah­re hin­ge­gen über­schrit­ten, ist schlicht mit sechs
    Jah­ren zu rech­nen.
    Die Berech­nung der Höchst­be­fris­tungs­zei­ten soll­te
    daher – über­ein­stim­mend mit den Lan­des­ar­beits­ge­rich­ten
    – viel­mehr als Del­ta ver­stan­den wer­den, das nach
    dem Ein­tritt in die Post-Doc Pha­se anwächst und sich
    durch die ver­schie­de­nen Ver­län­ge­rungs­tat­be­stän­de
    (§ 2 Abs. 1 Satz 4–620, Abs. 5 WissZeitVG) wei­ter – und
    unab­hän­gig von der jewei­li­gen Pha­se – erhö­hen kann
    und von dem dann die jewei­li­gen Beschäf­ti­gungs­zei­ten
    abzu­zie­hen sind. Anrech­nung und Ver­län­ge­rung sind
    inso­weit auch kein Pro­blem, denn bei­den Zei­ten kann
    durch ein blo­ßes „Ver­schie­ben“ der Höchst­be­fris­tungs­gren­ze
    um die­se Zei­ten pro­blem­los Rech­nung getra­gen
    werden21.
    Dies folgt schluss­end­lich auch unmit­tel­bar aus den
    Ver­län­ge­rungs­tat­be­stän­den in § 2 Abs. 1 Satz 4–6, Abs. 5
    WissZeitVG, die ihrer­seits gera­de nicht zwi­schen den jewei­li­gen
    Pha­sen unter­schei­den und aus die­sem Grund
    auf die „ins­ge­samt zuläs­si­ge Befris­tungs­dau­er“ (§ 2 Abs. 1
    Satz 4–6 WissZeitVG) „nach Absatz 1“ (§ 2 Abs. 5 Satz 1
    und 3 WissZeitVG) Bezug neh­men und deren Ver­län­ge­rung
    bzw. Nicht­an­rech­nung anord­nen. Eine Berech­nung
    nach der Ansicht des Bun­des­ar­beits­ge­richts wird daher
    im Regel­fall stets eine „gemisch­te Berech­nung“ aus Ein­zel-
    und Gesamt­be­trach­tung erfor­dern, die den Per­so­nal­ab­tei­lun­gen
    und Gerich­ten die Berech­nung kaum
    ein­fa­cher gestal­ten dürfte.
  3. Berech­nung gem. § 2 Abs. 3 WissZeitVG
    Den Über­le­gun­gen des Bun­des­ar­beits­ge­richts ist in
    Bezug auf die Berech­nung nach „Kalen­der­jah­ren“ im
    Ergeb­nis zuzu­stim­men, nicht aber in ihrer Begrün­dung.
    Wie das Lan­des­ar­beits­ge­richt Hamm – unter Ver­weis
    auf die Autoren – zutref­fend fest­stellt, geht das Wiss-
    ZeitVG auch für die Höchst­be­fris­tungs­zei­ten gera­de
    nicht von einem nach Jah­ren bestimm­ten Zeit­raum aus.
    Obschon das WissZeitVG hier von „Jah­ren“ spricht, ist
    ange­sichts der Ver­län­ge­rungs- und Nicht­an­rech­nungs­tat­be­stän­de
    sowie anhand der gesetz­li­chen Inten­ti­on
    Mandler/Wegmann · Wie vie­le Tage hat das Jahr? 5 7
    22 Sie­he im Ein­zel­nen Mandler/Wegmann, a.a.O., OdW 2019, 125
    ff. LAG Hamm, Urteil vom 28. Novem­ber 2019 – 11 Sa 381/19 –,
    juris Rn. 59.
    23 Gera­de aus die­sem Grund soll­te im Fal­le von Unter­bre­chun­gen
    auf den Beginn des ers­ten Arbeits­ver­hält­nis­ses und die sich
    danach erge­ben­de Höchst­be­fris­tungs­gren­ze abge­stellt wer­den.
    Die kon­kret zur Ver­fü­gung ste­hen­den Schalt­jah­res­ta­ge blei­ben so
    unver­än­dert, vgl. Mandler/Wegmann, a.a.O., OdW 2019, 128.
    24 Boem­ke, juris­PR-ArbR 39/2020 Anm. 4. Boem­ke will letzt­lich
    für die Berech­nung auf den Rechts­ge­dan­ken des § 189 Abs. 2
    BGB abstel­len. Hier­für dürf­te es aber, eben­so wie für § 191 BGB,
    kei­nen Anlass geben.
    25 Mandler/Wegmann, a.a.O., OdW 2019, 129.
    26 Man­dler, Die Ver­län­ge­rung von Arbeits­ver­hält­nis­sen gem. § 2
    Abs. 5 WissZeitVG, OdW 2014, 221 ff.
    klar, dass das WissZeitVG nicht von einer jah­res­wei­sen
    Betrach­tung, son­dern ein­heit­lich von einer rea­len und
    tage­wei­sen Betrach­tung aus­ge­hen muss, vgl.
    §§ 2 Abs. 1 Satz 2 HS 2, Abs. 3, Abs. 5 Satz 1 und 3 Wiss-
    ZeitVG22. „Jahr“ im Sin­ne des WissZeitVG ist damit die
    Sum­me der tat­säch­li­chen Tage im jewei­li­gen Zeit­raum,
    mit­hin das ent­spre­chen­de Kalen­der­jahr. § 191 BGB ist
    daher man­gels eines „nach Jah­ren bestimm­ten Zeit­raums“
    schon im Aus­gangs­punkt tat­be­stand­lich nicht
    anwend­bar. Kom­pli­zier­te Kon­struk­tio­nen nach Grund­satz
    (§ 191 BGB), Aus­nah­me (§ 2 Abs. 3 WissZeitVG)
    und Rück­aus­nah­me (§ 191 BGB für unter­jäh­ri­gen Zeit­räu­me)
    erüb­ri­gen sich danach eben­so, wie dog­ma­tisch
    kaum zu über­brü­cken­de Begrün­dungs­schwie­rig­kei­ten:
    Wie das Bun­des­ar­beits­ge­richt selbst fest­stellt, ist
    „Jahr“ im Sin­ne des WissZeitVG das Kalen­der­jahr und
    kei­ne fik­ti­ve Rechen­grö­ße. Dies erkennt der Senat letzt­lich
    auch an, wenn er eine durch­ge­hen­de Beschäf­ti­gung
    gem. § 2 Abs. 1 WissZeitVG als den, vom Gesetz­ge­ber,
    inten­dier­ten „Nor­mal­fall“ dekla­riert und hier­aus auf den
    not­wen­di­gen Gleich­lauf der Beschäf­ti­gungs­zeit und der
    Höchst­be­fris­tungs­zeit gegen­über den Beschäf­ti­gungs­jah­ren
    erkennt23. Das gewünsch­te Ergeb­nis lässt sich jedoch
    viel ein­fa­cher und ohne dog­ma­ti­sche Brü­che durch
    eine teleo­lo­gi­sche Aus­le­gung des „Jah­res“ im Sin­ne von
    § 2 WissZeitVG mit anschlie­ßen­der Berech­nung der
    Höchst­be­fris­tungs­gren­zen gem. §§ 187, 188 BGB errei­chen
    und ist aus die­sem Grund vor­zugs­wür­dig.
    Die Lösung des Bun­des­ar­beits­ge­richts über­zeugt
    dem­ge­gen­über in dog­ma­ti­scher Hin­sicht kaum:
    § 2 Abs. 3 WissZeitVG regelt allein die Anrech­nung von
    Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis­sen und nicht die (Aus­gangs-)
    Höchst­be­fris­tungs­dau­er, gegen­über der anzu­rech­nen ist.
    Dar­über hin­aus ist – wor­auf Boemke24 zutref­fend hin­weist
    – kaum nach­voll­zieh­bar, war­um § 191 BGB zwar
    von § 2 Abs. 3 WissZeitVG für die vol­len Jah­re ver­drängt
    wer­de, § 191 BGB dann aber bei der Berech­nung unter­jäh­ri­ger
    Zeit­räu­me wie­der zur Anwen­dung gelan­gen
    soll. Ent­we­der es besteht ein Vor­rang oder nicht. Dar­über
    hin­aus folgt auch aus den Über­le­gun­gen des Bun­des­ar­beits­ge­richts
    zur „ein­fa­chen und rechts­si­che­ren“ Berech­nung
    der unter­jäh­ri­gen Zeit­räu­me kein stich­hal­ti­ges
    Argu­ment, das die Rück­aus­nah­me zu § 191 BGB recht­fer­ti­gen
    wür­de – zumal gemäß § 191 BGB für die hier­aus
    abge­lei­te­te tage­wei­se Berech­nung letzt­lich auch nichts
    ent­nom­men wer­den kann. § 191 BGB ist zudem Aus­le­gungs­re­gel
    und auf Geset­ze allen­falls ana­log anzu­wen­den.
    An einer ent­spre­chen­den Lücke dürf­te es hier aber
    schon in Bezug auf § 2 Abs. 3 WissZeitVG feh­len.
    Schließ­lich ist § 191 BGB schon sei­nem Tat­be­stand nach
    nicht anwend­bar. Es geht bei den unter­jäh­ri­gen Zeit­räu­men
    weder um nach „Jah­ren“ oder nach „Mona­ten“ bestimm­te
    Zeit­räu­me. Dem WissZeitVG liegt sowohl in
    Bezug auf die Beschäf­ti­gungs- als auch in Bezug auf die
    Höchst­be­fris­tungs­zei­ten erkenn­bar nur eine tage­wei­se
    Betrach­tung zugrunde.
  4. Höchst­be­fris­tungs­jah­re gem. § 2 Abs. 1 Satz 4–6 Wiss-
    ZeitVG und Anrech­nungs­jah­re gem. § 2 Abs. 5 Satz 1
    WissZeitVG
    Unklar bleibt schließ­lich, wie das Bun­des­ar­beits­ge­richts
    die „Jah­re“ im Sin­ne von § 2 Abs. 1 Satz 4–6 WissZeitVG
    und § 2 Abs. 5 Satz 1 WissZeitVG ver­ste­hen wird.
    Eine pau­scha­le Betrach­tung gem. § 191 BGB ver­bie­tet
    sich inso­weit gegen­über § 2 Abs. 1 Satz 4–6 WissZeitVG
    schon des­halb, weil die pau­scha­len „Bonus­zei­ten“ nicht
    teil­bar sind. Ein „Jahr“ in die­sem Sin­ne ist daher wie­der­um
    nicht fik­tiv zu berech­nen, son­dern real, tage­wei­se
    nach dem Kalen­der­jahr, in dem die Vor­aus­set­zun­gen für
    den Ver­län­ge­rungs­tat­be­stand erst­ma­lig ein­ge­tre­ten sind.
    Liegt in die­sem Zeit­raum ein Schalt­jahr, so sind die
    Schalt­ta­ge ent­spre­chend zu berücksichtigen25.
    § 2 Abs. 5 Satz 1, 2 WissZeitVG sehen die Ver­län­ge­rung
    des Arbeits­ver­hält­nis­ses dem­ge­gen­über um „Zei­ten“
    vor, wobei für die Nr. 1, 2 und 5 „die Dau­er von zwei
    Jah­ren“ nicht über­schrit­ten wer­den „soll“. Auch inso­weit
    dürf­te § 191 BGB nicht anwend­bar sein. Die „Zei­ten“ in
    § 2 Abs. 5 WissZeitVG sind nicht nach Jah­ren oder Mona­ten
    bestimmt und daher nach der tat­säch­li­chen Dau­er
    der jewei­li­gen Unter­bre­chung Tag genau zu berechnen26.
    Rechts­grund­la­ge für die Berech­nung ist inso­weit allein
    § 2 Abs. 5 Satz 1 WissZeitVG iVm. §§ 187, 188 BGB.
    Schwie­ri­ger zu beur­tei­len ist die Anrech­nungs­re­gel
    in § 2 Abs. 5 Satz 2 WissZeitVG: Wür­de § 191 BGB ange­wen­det,
    wür­de dies dazu füh­ren, dass der zwei­jäh­ri­ge
    (Schaltjahres)-Auslandsaufenthalt nicht mehr vollstän5
    8 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 1 ( 2 0 2 1 ) , 5 3 — 5 8
    27 Es ist umstrit­ten, ob die sog. Net­to­pro­mo­ti­ons­zeit, d.h. die real
    für die Pro­mo­ti­on auf­ge­wand­te Zeit maß­ge­bend ist, oder die
    Brut­to­pro­mo­ti­ons­zeit, d.h. die Zeit zwi­schen Ver­ga­be des The­mas
    und dem Abschluss der Pro­mo­ti­on nach der jewei­li­gen Pro­mo­ti­ons­ord­nung,
    vgl. BAG, Urteil vom 18. Mai 2016 – 7 AZR 712/14
    = NZA 2017, 254; vgl. LAG Baden-Würt­tem­berg, Urteil vom 28.
    Sep­tem­ber 2018 – 12 Sa 28/18 –, juris Rn. 47; Ram­bach
    in Arnold/Gräfl/Imping, Teil­zeit- und Befris­tungs­ge­setz, 4. Aufl.
    2016, WissZeitVG § 2 Rn. 9; Preis/Ulber, WissZeitVG, 2. Aufl.
    2017, § 2 Rn. 54; Löwisch/AR, 9. Auf­la­ge 2019, WissZeitVG § 2
    Rn. 3; Mandler/Banerjee, Berech­nung der Pro­mo­ti­ons­zei­ten gem.
    § 2 Abs. 1 Satz 2 HS 2 WissZeitVG, OdW 2020 S. 274 f.
    28 Vgl. hier­zu Mandler/Banerjee, Berech­nung der Pro­mo­ti­ons­zei­ten
    gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 HS 2 WissZeitVG, OdW 2020 S. 261 ff.,
    274 f. mwN.
    dig für die Ver­län­ge­rung des Arbeits­ver­hält­nis­ses zur
    Ver­fü­gung steht (der Schalt­jah­res­tag ent­fie­le). Auch dies
    wäre vor dem Hin­ter­grund des Geset­zes und der Ver­län­ge­rung
    nicht zu recht­fer­ti­gen, das dem Beschäf­tig­ten die
    Aus­fall­zei­ten im Grund­satz voll­stän­dig erhal­ten will. Inso­weit
    dürf­te sich schon aus dem „soll“ in
    § 2 Abs. 5 Satz 1 WissZeitVG erge­ben, dass auch Schalt­jah­re
    Berück­sich­ti­gung fin­den kön­nen und das „Jahr“
    das rea­le Kalen­der­jahr meint. Im Fal­le von Unter­bre­chun­gen
    der Ver­län­ge­rungs­zei­ten muss der Beginn des
    Jah­res der ers­ten Ver­län­ge­rungs­zeit maß­geb­lich sein.
    Der Arbeit­neh­mer kann selbst über die Ver­län­ge­rung
    sei­nes Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis­ses und damit auch dar­über
    ent­schei­den, wel­che Ver­län­ge­rungs­zei­ten ein­ge­preist
    wer­den sollen.
  5. Kei­ne Net­to­pro­mo­ti­ons­zeit?
    In der Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts heißt es
    in Rn. 24: „Die Ein­spar­zeit ist nach ihrem tat­säch­li­chen
    Umfang zu berech­nen; § 191 BGB gilt inso­weit nicht, da die
    Ein­spar­zeit weder nach Jah­ren bestimmt ist noch unter­bro­chen
    wer­den kann.“
    Dies könn­te gegen die Aner­ken­nung einer Nettopromotionszeit27
    spre­chen, da in der Aner­ken­nung der­sel­ben
    letzt­lich eine Unter­bre­chung der „Ein­spar­zeit“ nach
    § 2 Abs. 1 Satz 2 HS 2 WissZeitVG lie­gen wür­de. Das
    Bun­des­ar­beits­ge­richt scheint inso­weit jedoch viel­mehr
    von der Unteil­bar­keit der schließ­lich nach der Been­di­gung
    der Pro­mo­ti­on anzu­rech­nen­den Ein­spar- bzw. Promotionszeit28
    aus­zu­ge­hen und hat­te die Net­to­pro­mo­ti­ons­zeit
    offen­sicht­lich inso­weit auch nicht vor Augen. Die
    danach anzu­rech­nen­de Ein­spar­zeit (Net­to­pro­mo­ti­ons­zeit)
    kann in der Tat im Rah­men ihrer Anrech­nung auf
    die Höchst­be­fris­tungs­gren­zen nicht unter­bro­chen wer­den.
    Die Ent­schei­dung steht einer Aner­ken­nung der
    Net­to­pro­mo­ti­ons­zeit daher einst­wei­len nicht ent­ge­gen.
    V. Aus­blick
    Die unter­schied­li­chen Berech­nungs­we­ge und ‑begrün­dun­gen
    des Bun­des­ar­beits­ge­richts und der Lan­des­ar­beits­ge­rich­te
    zei­gen, dass es sich bei der Berech­nung der
    Höchst­be­fris­tungs­gren­zen um eine durch­aus anspruchs­vol­le
    und kon­tro­ver­se The­ma­tik han­delt.
    Wenn­gleich das Ergeb­nis des Bun­des­ar­beits­ge­richts
    schluss­end­lich über­zeugt, kann der aus § 191 BGB und
    § 2 WissZeitVG bestehen­den „Grund­satz-Aus­nah­me-
    Rück­aus­nah­me-Lösung“ letzt­lich nicht zuge­stimmt wer­den.
    Viel­mehr erscheint es sach­ge­recht und prak­ti­ka­bel,
    den Begriff des „Jah­res“ im WissZeitVG teleo­lo­gisch hin
    zu einem tage­wei­sen Ver­ständ­nis aus­zu­le­gen und auf
    die­ser Grund­la­ge eine Tag genaue Berech­nung der Beschäf­ti­gungs-
    und auch der Höchst­be­fris­tungs­zei­ten anzu­er­ken­nen.
    Nur so las­sen sich Rea­li­tät und Gesetz nach
    den Vor­stel­lun­gen des Gesetz­ge­bers in einen ange­mes­se­nen
    und dog­ma­tisch stim­mi­gen Aus­gleich brin­gen.
    Dr. Tobi­as Man­dler ist Rechts­an­walt bei Jones Day in
    Mün­chen. Lau­ra Weg­mann ist Rich­te­rin auf Pro­be am
    Arbeits­ge­richt Stutt­gart. Der Bei­trag gibt aus­schließ­lich
    die per­sön­li­che Auf­fas­sung der Autoren wieder.