I. Thematik
Die Ausstattung einer Professur mit Personal- und Sachmitteln, darüber hinaus mit investiven Mitteln, etwa zur Gerätebeschaffung, unterliegt grundsätzlich einem Interessenkonflikt. Während der Handlungsspielraum von Hochschulen durch die ihnen staatlicherseits zugewiesenen Haushaltsmittel limitiert ist, orientieren sich die Bedarfe der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer primär an ihren Forschungs- und Lehrkonzepten. Letztlich muss hierüber stets ein Kompromiss gefunden werden. Was Professoren zur Erfüllung ihrer Aufgaben gewährt wird, ist stark einzelfallbezogen und hängt von fiskalischen Zwängen, dem jeweils betroffenen Fach, der wissenschaftlichen Reputation des Betroffenen sowie letztlich auch dem Hochschulstandort ab.1 Regelmäßig sehen die Landeshochschulgesetze vor diesem Hintergrund vor, dass die Ausstattungszusagen, sei es in Berufungs- oder in Bleibezusagen, einerseits unter einem Haushaltsvorbehalt2 stehen und andererseits ganz überwiegend nur befristet3, zumeist über einen Zeitraum von fünf Jahren, gewährt werden.
Chancen, die eigene Ausstattung zu verbessern, entstehen dann, wenn bereits berufene Professorinnen oder Professoren einen externen Ruf erhalten und die eigene Hochschule, um sie zu halten, Bleibeverhandlungen mit ihnen führt. Der oben beschriebene Interessenkonflikt setzt sich hierbei fort: Während die Hochschule sich wiederum innerhalb ihres Haushaltsrahmen bewegen muss, verweisen die Rufinhaber auf die Angebote, die ihnen von einer anderen Hochschule unterbreitet worden sind. Gleichwohl führen aus diesen Verhandlungen resultierende Bleibezusagen häufig zu einer deutlichen Ausweitung der bereits vorhandenen Ausstattung. Dabei kann Streit darüber entstehen, welche Persistenz derartigen Bleibezusagen zukommt. Genau diese Frage war Gegenstand eines Falles, der erstinstanzlich vom VG Freiburg4 entschieden und in der Berufungsinstanz vom VGH Baden-Württemberg5 abweichend ausgeurteilt wurde.
II. Erstinstanzliche Entscheidung des VG Freiburg
- Sachverhalt
In dem Verfahren ging es um einen W3 Professor (Kläger) eines naturwissenschaftlichen Fachgebiets. Nachdem er die beklagte Universität darüber informiert hatte, dass er einen externen Ruf auf eine W3 Professur in Verbindung mit der Leitung einer Arbeitsgruppe an einer außeruniversitären Forschungseinrichtung erhalten hatte, führten die Parteien Bleibeverhandlungen. Der Kläger hatte seiner Universität zu Beginn der Verhandlungen ein Konzeptpapier mit seinen Forderungen sowie Unterlagen mit dem Ausstattungsangebot der Universität, die ihm den Ruf erteilt hatte, übermittelt. Die zwischen den Parteien geführten Gespräche mündeten in nachfolgendes Angebot vom Dezember 2009, welches die Universität dem Hochschullehrer „gem. § 48 Abs. 5 des Landeshochschulgesetzes“6 zusagte:
Stellen
Die Fakultät sagt zu, dass die Professur künftig nach Ablauf der als Erstausstattung im Rahmen der Berufungszusage erfolgten oder gegebenenfalls noch vorzunehmenden Stellenbesetzungen … über bis zu 3,0 Wissenschaftlerstellen (A13 Z) aus dem Stellenpool des …
Frank Wertheimer
Wiederzuweisung von Personal- und Sachmitteln aus einer Bleibezusage – VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.04.2020, 9 S 1897/18
1 Dazu Detmer, in: HschR-Praxishandbuch, 3. Aufl. 2017, Kap. 4 Rn. 112.
2 z.B. § 48 Abs. 4 S. 2 LHG BaWü; § 18 Abs. 9 S. 1 BayHSchPG; § 37 Abs. 3 S. 1 LHG NRW.
3 z.B. § 48 Abs. 4 S. 3 LHG BaWü; § 18 Abs. 9 S. 2 BayHschPG; § 50 Abs. 8 LHG Rh-Pf.
4 Urt. v. 18.07.2018, 1 K 2986/17, juris.
5 Urt. v. 20.04.2020, 9 S 1897/18, juris
6 LGH BaWü a.F., der § 48 Abs. 4 LHG in der aktuellen Fassung entspricht.
Ordnung der Wissenschaft 2021, ISSN 2197–9197
4 8 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 1 ( 2 0 2 1 ) , 4 7 — 5 2
7 siehe hierzu einerseits VGH BaWü v. 21.10.2008, 9 S 1507/06, juris
oder BayVGH v. 28.06.2017, 3 ZB 15.249, juris – andererseits
OVG Sachsen v. 6.9.2016, 2 A 624/15, juris; Wertheimer, OdW
2015, 147, 152; Detmer, a.a.O., Kap. 4 Rn 113.
Instituts zur befristeten Besetzung verfügen kann. Aus
zentralen Ressourcen werden ergänzend Personalmittel
für 5 Jahre im Umfang einer 0,5 E13 Stelle und zusätzlich
für eine 0,5 E13 Stelle für ein Jahr bereitgestellt. […]
Laufende Sachmittel
Unter Einbezug der von der Fakultät zugesagten 5.000 €
p.a. werden Sachmittel in Höhe von 6.000 € p.a. bereitgestellt.
Einmalige Mittel
Der Professur werden insgesamt 25.000 € einmalige
Sachmittel aus zentralen Ressourcen für einen Zeitraum
von 5 Jahren, abrufbar in jährlichen Raten, bei freier Verfügbarkeit
im wissenschaftlichen Bereich zugesagt.
Bürogeräte/IT-Ausstattung
Für die erforderlichen Erneuerungen und Ergänzungen
der IT-Ausstattung werden der Professur aus zentralen
Mitteln 50.000 €, abrufbar über einen Zeitraum von 5
Jahren, zur Verfügung gestellt. Die Anschaffungen haben
in Absprache mit dem Leiter des Universitätsrechenzentrums
zu erfolgen. […]
Räume/Renovierung/Mobiliar
Der Professur werden als Kernzuweisung im Hochhaus
P… die Räume 901 bis 906 und 915 zur Nutzung zugesagt.
Die Räume 907 bis 910 sind Verfügungsräume, die
die Professur zur Zeit nutzt. Die Zuweisung von Verfügungsräumen
erfolgt am … Institut nach Bedarf.
Die Finanzierung notwendiger Renovierungsarbeiten
bis zu einem Umfang von 20.000 € wird zu Lasten
zentraler Mittel zugesagt. Die Renovierungsarbeiten sollen
nach einer Prioritätensetzung der gewünschten Baumaßnahmen
in Abstimmung zwischen der Professur
und dem Universitätsbauamt erfolgen. […]
Das im Anschluss vom Rektor der Universität in einem
Punkt präzisierte Bleibeangebot nahm der Kläger
mit Schreiben vom 2.2.2010 an. Die zugesagten Ressourcen
wurden ihm innerhalb der nachfolgenden fünf Jahre
gewährt.
Im Rahmen der routinemäßigen Prüfung der Wiederzuweisung
von Ressourcen wurde der Kläger von der
Hochschulleitung darüber informiert, dass die bislang,
d.h. also die bereits vor der Bleibezusage, zur Verfügung
gestellten Ressourcen für weitere fünf Jahre wieder zugewiesen
werden. Diese Zusage umfasse allerdings nicht
die ergänzenden Personalmittel aus der Bleibezusage,
die nach fünf Jahren ausgelaufen sei. Das gelte im gleichen
Maße für die Zusage der IT-Ausstattung (50.000
€), der zusätzlichen Sachmittel (25.000 €) sowie der Mittel
für die Finanzierung notwendiger Renovierungsarbeiten
(20.000 €), da es sich hierbei jeweils um Einmalzahlungen
gehandelt habe. Hiergegen legte der Kläger
Widerspruch ein, den er u.a. damit begründete, die Entscheidung
des Rektorats treffe seine Ressourcenplanung
empfindlich. Im Übrigen sei er von einer wiederholten
Gewährung dieser Mittel ausgegangen, weshalb er sich
in 2010 auch für eine Ablehnung des externen Rufs entschieden
habe. Die Universität wies den Widerspruch
mit der o.a. Begründung zurück. Mit seiner Klage beantragte
der Kläger die Aufhebung des Widerspruchsbescheids
sowie die Wiederzuweisung der Ressourcen, die
Gegenstand der Bleibezusage waren. Hilfsweise beantragte
er, die Universität zu verpflichten, unter Beachtung
der Rechtsauffassung des Gerichts über den Wiederzuweisungsantrag
erneut zu entscheiden. - Entscheidung des Verwaltungsgerichts Freiburg
Das Verwaltungsgericht verneinte in seinem Urteil v.
18.7.2018 zunächst den vom Kläger geltend gemachten
Anspruch auf Wiederzuweisung der Ressourcen, die
Gegenstand der Bleibezusage waren. Unter Bezugnahme
auf die Regelung in § 48 Abs. 5 LHG BaWü a.F. (nunmehr
§ 48 Abs. 4 LHG), die sowie einen Haushalts- wie
einen Befristungsvorbehalt enthält, hielt das VG fest,
dass die Auslegung der Bleibezusage – unabhängig ob
diese als Zusage i.S.d. § 38 LVwVfG zu werten oder als
Willenserklärung, die Bestandteil eines öffentlich-rechtlichen
Vertrages ist gem. § 54 LVwVfG, aufzufassen sei7 -
dazu führe, dass die Ansprüche des Klägers nur für einen
Zeitraum von fünf Jahren nach Abschluss der Vereinbarung
bzw. Wirksamwerden der Zusage begründet werden
sollten. Etwas anderes folge nicht aus dem Landeshochschulgesetz,
welches keinen gesetzlichen
Anspruch auf eine bestimmte Ausstattung des Lehrstuhls
beinhalte. Schließlich könne der vom Kläger verfolgte
Anspruch auf Bewilligung der begehrten Sachund
Personalmittel auch nicht aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG
abgeleitet werden. Unter Verweis auf die hierzu ergangene
ständige Rechtsprechung verpflichte das Grundrecht
der Wissenschaftsfreiheit die Hochschulen als Adressaten
dieses Grundrechts lediglich, Professorinnen und
Professoren eine personelle und sächliche „Grund- oder
Mindestausstattung“ zu gewähren bzw., in den Worten
des Bundesverwaltungsgerichts, einen Anspruch auf
Wertheimer · Wiederzuweisung von Personal- und Sachmitteln aus einer Bleibezusage 4 9
8 Vgl. BVerfG v. 15.09.1997, 1 BvR 406/96, 1 BvR 1214/97, NVwZRR
1998, 175; OVG NRW v. 10.6.2010, 15 B 2574/06, NVwZ-RR
2010, 844; BVerwG v. 24.4.1997, VII C 49.74, BVerwGE 52, 339.
9 OVG NRW v. 10.6.2010, a.a.O.; VGH Hessen v. 30.5.1997, 6 TG
1447/97, NVwZ-RR 1998, 180; VGH BaWü v. 17.9.2003, 4 S
1636/91, juris.
10 OVG Sachsen v. 6.9.2016, 2 A 624/15, juris und v. 24.2.3016, 2 B
374/15, juris; OVG Berlin-Brandenburg v. 2.10.2008, 5 B 06.08,
juris.
11 juris, Rn 92.
12 Inhaltsgleich nunmehr in § 48 Abs. 4 LHG BaWÜ geregelt.
Teilhabe an den vom Gesetzgeber für Zwecke der Forschung
zur Verfügung gestellten Mittel zuzubilligen.8 In
diesem Zusammenhang hat das VG auch ausgeführt, es
gebe keinen Rechtssatz, dass der einmal gewährte
Bestand aufrecht erhalten bleiben müsse.9 Dass bei Wegfall
der mit dem Bleibeangebot zugewiesenen Ressourcen
das Mindestmaß an Teilhabe im Sinne der o.g.
Rechtsprechung unterschritten werde, sei nicht ersichtlich.
In der Folge bejahte das VG einen Anspruch des Klägers
auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die
Wiederzuweisung der von ihm begehrten – und ausgelaufenen
– weiteren Personal- und Sachmittel. Diesen
Anspruch folgerte das VG aus § 48 Abs. 4 S. 3 LHG. Die
Überprüfungspflicht, so die Urteilsgründe, sei gesetzlich
nach Ablauf von fünf Jahren angeordnet. Dass das Gesetz
von „fünf weiteren Jahren“ spricht, sei ein Redaktionsversehen.
Kriterium für die Überprüfung der Ressourcenzuweisung,
für deren Erforderlichkeit das VG
auf obergerichtliche Rechtsprechung verweist10, ist nach
Auffassung des VG einerseits der Maßstab des § 13 Abs. 2
LHG BaWü. Andererseits gebiete Art. 5 Abs. 3 GG in
Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz die
Hochschullehrer möglichst gleichmäßig, d.h. unter Berücksichtigung
der besondere Situation ihres Aufgabenbereichs
bzw. ihres Faches angemessen im Verhältnis zu
den jeweils anderen Hochschullehrern bei der Verteilung
der zur Verfügung stehenden Mittel zu berücksichtigen.
Schließlich bringt das VG den Leistungsgedanken
ins Spiel, der im Rahmen von § 13 Abs. 2 LHG BaWü bei
der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen sei.11
Weil sich die Beklagte ausweislich ihrer Begründung im
Widerspruchsbescheid in ihrer Entscheidung gebunden
gefühlt und keine Ermessensentscheidung getroffen
habe, sei die abgelehnte Wiederzuweisung der mit der
Bleibezusage gewährten Ressourcen rechtswidrig. Im
Ergebnis ging das VG damit von einem Ermessensnichtgebrauch
aus.
Gegen dieses Urteil legten die beklagte Universität
Berufung sowie der nicht in allen Punkten obsiegte Kläger
Anschlussberufung ein.
III. Urteil des VGH Baden-Württemberg
Der VGH änderte das Urteil des VG und wies Klage wie
auch Anschlussberufung des W3 Professors ab. - Kein Anspruch auf Wiederzuweisung der Ressourcen
aus der Bleibezusage
Eine Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung ist
dem VGH-Urteil insoweit zu entnehmen, als dem klagenden
W3 Professor kein Anspruch auf die streitgegenständliche
weitere Ausstattung seines Lehrstuhls zuerkannt
wurde. Wie schon das VG gelangt auch der VGH
durch Auslegung entsprechend der §§ 133, 157 BGB zum
Ergebnis, dass die beklagte Universität sich mit dem
Bleibeangebot, welches der Kläger angenommen hat,
lediglich für einen Zeitraum von fünf Jahren binden
wollte. Hierfür genüge bereits der einleitende Hinweis
auf die Zusage gem. § 48 Abs. 512 LHG BaWü, wonach
Zusagen über die personelle und sachliche Ausstattung
der Aufgabenbereiche von Professoren im Rahmen von
Berufungs- und Bleibeverhandlungen auf maximal fünf
Jahre zu befristen und von der Hochschule jeweils nach
Ablauf von fünf weiteren Jahren im Hinblick auf die
Maßgaben von § 13 Abs. 2 LHG BaWü zu überprüfen
sind.
Der VGH folgt auch der Auffassung des VG, wonach
sich der geltend gemachte Anspruch weder aus dem
LandeshochschulG BaWü noch unmittelbar aus der
Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG herleiten
lasse. In Bezug auf letzteren Punkt streicht das Urteil heraus,
dass Berufungs- und damit auch Bleibezusagen neben
der grundgesetzlichen Gewährleistung nur insoweit
eigenständige Bedeutung zukommt, als sie Rechte begründen,
die über die Grund- oder Mindestausstattung
5 0 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 1 ( 2 0 2 1 ) , 4 7 — 5 2
13 BVerwG v. 4.7.2016, 6 B 13.16, juris.
14 BVerwG v. 17.8.2009, 6 B 9.09, juris.
15 Siehe dazu die Nachweise in Fn. 10.
16 VGH 20.04.2020, a.a.O., juris, Rn. 61.
17 juris, Rn. 64.
18 So bereits VGH v. 21.10.2008, a.a.O.
hinausgehen. Das hat, auch wenn vorliegend nicht fallrelevant,
Konsequenzen für Fälle, in denen es um die Entziehung
von Rechtspositionen aus Berufungszusagen
geht. Dort kommt es für die Verfassungsmäßigkeit der
Entziehung einer durch eine Berufungszusage begründeten
Rechtsposition darauf an, ob sich der Eingriff als
sachlich geboten erweist und dem gesetzgeberischen
Anliegen unter Berücksichtigung aller Umstände Vorrang
gegenüber dem Schutz des Vertrauens der betroffenen
Hochschullehrer in den Fortbestand der Zusagen
zukommt.13 Danach genießen Berufungszusagen keinen
Bestandsschutz, wenn und soweit ihre Änderung oder
Aufhebung geboten ist, um legitime gesetzgeberische
Ziele zu verwirklichen. In diesem Zusammenhang stellt
etwa die Einführung neuer Kriterien für die Mittelverteilung,
insbesondere deren Orientierung an Bedarfsund
Leistungsgesichtspunkten, ein legitimes Ziel dar.14 - Neubescheidungsanspruch aus § 48 Abs. 4 S. 3 LHG
BaWü
a) Im nächsten Schritt folgt der VGH auch der erstinstanzlichen
Entscheidung dahingehend, dass sich aus
§ 48 Abs. 4 S. 3 LHG BaWü grundsätzlich ein subjektives
Recht des von der Zusage begünstigten Lehrstuhlinhabers
auf fehlerfreie Ermessensbetätigung ergibt. Der
Kläger könne also beanspruchen, dass die Hochschule
über die Wiederzuweisung der in der Bleibevereinbarung
bewilligten Mittel ermessensfehlerfrei entscheidet.
Der VGH beruft sich hierbei – wie es schon das VG
getan hatte – auf diverse obergerichtliche Rechtsprechung.
15 Dem ist zuzustimmen, weil der in
§ 48 Abs. 4 S. 3 LHG BaWü enthaltene Begriff der „Überprüfung“
der Hochschule abverlangt, die vor fünf Jahren
getroffene Ressourcenzuteilung zu überdenken. Da, wie
ausgeführt, der von der Bleibezusage begünstigte Hochschullehrer
keinen Anspruch auf eine dauerhafte Beibehaltung
der Ressourcenzuweisung hat, kann die Verpflichtung
der Hochschule, ihre damalige Entscheidung
zu prüfen, nur bedeuten, dass sie über die Beibehaltung,
den teilweisen oder kompletten Entzug der zusätzlich
gewährten Ressourcen ermessensfehlerfrei neu entscheidet.
Der VGH liegt auch richtig, dass sich dieser Entscheidungsprozess
nicht ausschließlich – wie die Hochschule
im Verfahren argumentiert hat – auf die Grundausstattung
bzw. auf die von der Hochschule als „laufende“
oder „regelmäßig zu zahlende“ Mittel bezieht16. Gegen
diese von der Hochschule vertretene Auffassung
spricht schon der Wortlaut des § 48 Abs. 4 S. 3 LHG. Da
dort (auch) Bleibezusagen in Bezug genommen sind, die
regelmäßig über eine Grundausstattung hinausgehen,
bleibt für diese Auffassung kein Raum. Dass die Überprüfung
von Bleibezusagen neben der Überprüfung der
gewährten Grundausstattung im fünfjährigen Turnus
den Hochschulen zusätzlichen Administrationsaufwand
beschert, ist nicht zu verkennen und bedeutet gerade bei
großen Hochschulen mit mehreren hundert Professorinnen
und Professoren eine echte Herausforderung. Allein
dies rechtfertigt aber nicht, Bleibezusagen nach Ablauf
von fünf Jahren nicht einer Überprüfung zu unterziehen
und über die Wiederzuweisung der mit ihr gewährten
Ressourcen nicht neu zu entscheiden.
b) Möchte die Hochschule das vermeiden, so bleibt
ihr dieser Weg offen. Im Unterschied zur erstinstanzlichen
Entscheidung des VG Freiburg erkannte der VGH
nämlich darauf, dass seitens des klagenden Hochschullehrers
kein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung
bzgl. der Wiederzuweisung der Ressourcen
aus der Bleibezusage besteht, weil die Hochschule diese
lediglich einmalig zugesagt hatte. Überzeugend argumentiert
der VGH in diesem Zusammenhang mit dem
Zweck des § 48 Abs. 4 S. 3 LHG17, der die Hochschulen
nach dem Willen des Gesetzgebers primär vor der zeitlich
unbefristeten Festlegung hinsichtlich der Verwendung
ihrer Ressourcen schützen und ihre universitäre
Flexibilität stärken soll.18 Dieser Zweck gestatte die Möglichkeit
der einmaligen Leistungsgewährung. Dieser
Auffassung ist uneingeschränkt beizupflichten, weil sie
einerseits der Hochschule Planungssicherheit gewährt,
andererseits für den Begünstigten einer Bleibezusage
Transparenz schafft, mit welchen Ressourcen er zukünftig
rechnen kann. Auf Basis dieser Transparenz können
Hochschullehrer, die einen externen Ruf erhalten haben,
sodann auch abwägen, ob sie diesen annehmen oder
doch an ihrer Hochschule bleiben möchten.
c) Zur Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung
und zur Abweisung der Klage gelangte der VGH deshalb,
weil er sich mit der Bleibezusage der Universität aus dem
Wertheimer · Wiederzuweisung von Personal- und Sachmitteln aus einer Bleibezusage 5 1
19 Vgl. Nachweise in Fn. 10.
20 BVerwG v. 12.11.2020, 6 B 36.20.
21 BVerwG a.a.O., Rn 5, 11 ff.
Jahr 2009/2010 intensiver als das VG befasst, insbesondere
deren Inhalt aufgrund von Gliederung, Struktur
und Wortlaut dezidiert ausgelegt hat. Diese Auslegung
erfolgt in den Urteilsgründen höchst sorgfältig und ist
nicht zu beanstanden. Soweit das Bleibeangebot „einmalige“
Sachmittel in Höhe von 25.000 € über einen Zeitraum
von fünf Jahren festlegte, ist diese Auslegung ebenso
naheliegend wie bezüglich der für die Renovierungsarbeiten
zur Verfügung gestellten 20.000 €. Dass Mittel
für die Renovierung von Universitätsräumen nicht im
Intervall von fünf Jahren wiederholt zur Verfügung gestellt
werden, hätte sich auch dem Kläger erschließen
müssen. Auch der Umstand, dass diese Ressourcen, auch
diejenigen für die Erneuerung bzw. Ergänzung der ITAusstattung,
aus zentralen Mitteln der Universität zur
Verfügung gestellt worden sind, untermauert letztlich
deren einmalige Gewährung. Während der Großteil der
über den Landeshaushalt bei einer Universität etatisierten
Mittel den Fakultäten bzw. Fachbereichen dauerhaft
zugewiesen sind, werden zentrale Mittel überwiegend
dafür eingesetzt, um punktuell, aber nicht dauerhaft,
auch einzelne Forschungs- und Lehrkonzepte zu fördern,
wozu auch die Gewährung von befristeten Bleiberessourcen
gehört. Das muss nicht zwingend so sein,
kann im Einzelfall aber als Indiz bei der Auslegung einer
Zusage eine Rolle spielen.
Die „Einmaligkeit“ einer Ressourcenzuweisung im
Rahmen eines Bleibeangebots kann sich auch aus der
Formulierung im Einzelfall ergeben, ohne dass das Wort
„einmalig“ verwendet wird. Das ist etwa dann der Fall,
wenn die Zusage beispielsweise die Finanzierung einer
Wissenschaftlerstelle „für zwei Jahre als Anschubfinanzierung“
beinhaltet. Mit dieser Formulierung macht die
Hochschulleitung hinreichend deutlich, dass sie weder
nach Ablauf dieser zwei Jahre nochmals Ermessen über
eine erneute Zuweisung ausüben möchte, noch nach Ablauf
des Höchstbefristungszeitraums, der in Baden-
Württemberg gem. § 48 Abs. 4 S. 3 LHG fünf Jahre
beträgt.
IV. Bewertung und Fazit
Auf den ersten Blick scheint die Entscheidung nicht sehr
viel Neues zu bringen. Hinsichtlich ihrer Ausführungen
zu Ansprüchen von Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern
auf eine bestimmte Ressourcenausstattung
bestätigt sie die bisherige höchst- wie obergerichtliche
Rechtsprechung. Auch die Zubilligung eines subjektiven
Rechts des von einer (Bleibe-) Zusage begünstigten
Lehrstuhlinhabers auf fehlerfreie Ermessensbetätigung,
das aus § 48 Abs. 4 S. 3 LHG BaWü gefolgert wird und
dem Betroffenen einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie
Entscheidung über die Wiederzuweisung der in der
Bleibevereinbarung bewilligten Mittel gewährt, liegt auf
Linie der bisherigen Rechtsprechung.19
Begrüßenswerte Klarheit schafft das Urteil, dass ein
solcher Anspruch dann ausgeschlossen ist, wenn es sich
bei der Ressourcenzuweisung in einer Bleibezusage um
die Gewährung einmaliger Mittel handelt. Hochschulleitungen
bekommen damit ein Gestaltungsmittel in die
Hand, das ihnen bei allem fiskalischen Druck durch die
regelhaft unterfinanzierten Haushalte ein Stück Sicherheit
garantiert. Diesen Gesichtspunkt hatte die erstinstanzliche
VG Entscheidung verkannt, weshalb der VGH
das Urteil zutreffend geändert hat.
Die erhebliche praktische Bedeutung der Entscheidung
betrifft einen ganz anderen Aspekt: Hochschulleitungen
müssen bei der Formulierung von Berufungsund
Bleibezusagen höchste Sorgfalt walten lassen, um
das beschriebene Gestaltungsmittel nicht zu verspielen.
Es gilt nicht nur, einer Bleibezusage die Vorbehaltsnorm
des § 48 Abs. 4 LHG BaWü bzw. entsprechender Normen
in den Hochschulgesetzen der anderen Bundesländer
voranzustellen. Derartige Zusagen bedürfen auch klarer
und eindeutiger Aussagen über das Ressourcenschicksal
nach Ablauf der Befristungszeit. Gegenüber Professorinnen
und Professoren, die vor dem Hintergrund eines externen
Rufs vor der Entscheidung stehen, diesen anzunehmen
oder abzulehnen, ist eine solche Praxis nichts
anderes als ein Gebot der Fairness.
V. Keine Rechtskraft
Die Entscheidung des VGH Baden-Württemberg ist
nicht rechkräftig geworden. Das Bundesverwaltungsgericht
hat das Urteil auf eine vom Kläger eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde
mit Beschluss vom 12.11.202020
aufgehoben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung
und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof
zurückverwiesen (§ 133 Abs. 6 VwGO).
Den Beschlussgründen21 ist zu entnehmen, dass die
Aufhebung des Urteils auf einer vom BVerwG angenommenen
Gehörsverletzung (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m.
§ 108 Abs. 2 und § 138 Nr. 3 VwGO) durch das Berufungsurteil
beruht, weil der VGH Baden-Württemberg
den klägerischen Vortrag zu den Begleitumständen des
Zustandekommens der Bleibevereinbarung bei deren
Auslegung nicht in Erwägung gezogen habe.
5 2 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 1 ( 2 0 2 1 ) , 4 7 — 5 2
Unabhängig vom konkreten Ausgang des Rechtsstreits
nach erneuter Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof
behält die zentrale Aussage des Berufungsurteils
Gültigkeit. Werden in einer Berufungs- oder Bleibezusage
Mittel einmalig gewährt, besteht nach Ablauf des
Befristungszeitraums kein Anspruch auf ermessensfehlerfreie
Entscheidung hinsichtlich der Frage ihrer Wiederzuweisung.
Die unter IV. vorgenommene Bewertung
wie auch das dortige Fazit bleiben von der Entscheidung
des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.11.2020 somit
unberührt.
Frank Wertheimer ist Partner der Kanzlei KRAUSS LAW
in Lahr/Schwarzwald. Zuvor war er 17 Jahre im Universitätsbereich,
davon über 10 Jahre in der Hochschulmedizin
tätig. Zu seinen Beratungsfeldern gehört im
Bereich des Arbeitsrechts auch das Hochschulrecht. Er
ist Gastmitglied der Forschungsstelle für Hochschulrecht
und Hochschularbeitsrecht an der Rechtswissenschaftlichen
Fakultät der Universität Freiburg.