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Über­sicht

I. The­ma und Fragestellung

II. Ziel und Vorgehensweise

III. Grund­rechts­ver­ständ­nis zwi­schen Orga­ni­sa­ti­on und Per­son 1. Gelehr­ten­re­pu­blik
2. Grup­pen­uni­ver­si­tät
3. Auto­no­me Universität

IV. Orga­ni­sa­ti­on
1. Wis­sen­schaft, Orga­ni­sa­ti­on, Per­son
2. Struk­tu­rel­le Gefahr und risi­ko­be­wuss­tes Handeln

V. Alter­na­ti­ven
1. Inper­so­na­les Grund­rechts­ver­ständ­nis 2. Eine euro­päi­sche Perspektive

VI. Fazit

I. The­ma und Fragestellung1

Im Novem­ber 2016 hat der baden-würt­tem­ber­gi­sche Ver­fas­sungs­ge­richts­hof die Bestim­mun­gen des Lan- des­hoch­schul­ge­set­zes über die Wahl und Abwahl der Hoch­schul­lei­tun­gen für ver­fas­sungs­wid­rig erklärt, weil sie nicht dem Grund­recht der Wis­sen­schafts­frei- heit ent­sprä­chen. Ent­schei­dend kom­me es auf die Grup­pe der Hoch­schul­leh­rer an. Die­se müs­se sich, so das Gericht, von einem „Mit­glied des Lei­tungs­or­gans, das ihr Ver­trau­en nicht mehr genießt, tren­nen kön- nen, ohne im Selbst­ver­wal­tungs­gre­mi­um auf eine Eini­gung mit Ver­tre­tern ande­rer Grup­pen und ohne auf die Zustim­mung eines wei­te­ren Orga­nes oder des Staa­tes ange­wie­sen zu sein“.2 Auch die Wahl selbst müs­se sie ver­hin­dern kön­nen und dazu im Senat über die Mehr­heit der Stim­men verfügen.

  1. 1  Der Ver­fas­ser dankt Dr. Micha­el Breit­bach, Gie­ßen, für die vie­len und anre­gen­den Dis­kus­sio­nen, die die Erstel­lung die­ses Bei­tra­ges beglei­tet haben, sowie Frau Prof. Dr. Sibyl­le Raasch, Ham­burg, für die kri­ti­sche Kom­men­tie­rung einer frü­he­ren Fas­sung des Manu- skripts.
  2. 2  VerfGH BW, Urteil v. 14.11.2016 – 1 VB 16/15, Juris Leit­satz 5; das Urteil ist bespro­chen von Feh­ling, Unzu­rei­chen­de Kom­pe­ten­zen des Senats im refor­mier­ten Lan­des­hoch­schul­ge­setz Baden-Würt- tem­berg? OdW 2017, 63 ff.
  3. 3  BVerfGE 35, 79 ff.
  4. 4  BVerfGE 35, 79 ff., 140.
  5. 5  So auch Feh­ling (Fn. 2) 65.
  6. 6  A.A. Hufen, JuS 3 (2017) S. 279 ff., 280 („kon­se­quen­te Rück­kehr zu

Mehr als vier­zig Jah­re zuvor hat­te sich das Bun­des- verfassungsgericht3 erst­ma­lig mit der Rol­le der Hoch- schul­leh­rer in der Hoch­schul­or­ga­ni­sa­ti­on befasst. An- lass war die Ein­füh­rung der sog. Grup­pen­uni­ver­si­tät, mit der die tra­dier­te Macht der Ordi­na­ri­en auf pari­tä- tisch besetz­te Ent­schei­dungs­or­ga­ne über­ging. Das Gericht erklär­te zwar das „orga­ni­sa­to­ri­sche Sys­tem der ‚Grup­pen­uni­ver­si­tät‘ als sol­ches“ für ver­fas­sungs- kon­form, aller­dings mit einer Ein­schrän­kung: Bei Ent­schei­dun­gen, die „unmit­tel­bar“ die Leh­re, For- schung oder Beru­fun­gen betref­fen, müs­se der Grup­pe der Hoch­schul­leh­rer ein „maß­geb­li­cher“ oder „aus- schlag­ge­ben­der“ Ein­fluss, d.h. die Hälf­te oder mehr als die Hälf­te der Stim­men zukom­men. Auch expli­zit stell­te es klar, was ohne­hin in die­ser Logik lag: Die Pro­fes­so­ren­mehr­heit erstre­cke sich nicht auf „das Kon­zil (der Wahlkonvent)“,4 in dem der Rek­tor oder der Prä­si­dent gewählt wur­de. Wahl oder Abwahl wa- ren eben Ange­le­gen­hei­ten, die For­schung und Leh­re nur mittelbar5 tangieren.

Von der Mehr­heit oder der Hälf­te der Stim­men nur bei unmit­tel­ba­ren Wis­sen­schafts­be­zug zu der Aus­wei­tung die­ses Prin­zips auch auf die Wahl und Abwahl der Hoch­schul­lei­tung: Offen­bar hat eine Ver- schie­bung in dem Zeit­raum statt­ge­fun­den, der zwi- schen die­sen bei­den Ent­schei­dung liegt.6 Sie wird im Fol­gen­den mit der Art und Wei­se erklärt, in der die Recht­spre­chung zur Wis­sen­schafts­frei­heit ein für Hoch­schu­len cha­rak­te­ris­ti­sches Span­nungs­ver­hält­nis zwi­schen Orga­ni­sa­ti­on und Per­son zu erfas­sen ver- sucht. Die Uni­ver­si­tät war ein­mal eine durch Infor- mali­tät gekenn­zeich­ne­te Institution,7 die ihre Verände-

den Grund­sät­zen, die das BVerfG in den 1970er Jah­ren entwickelt

hat“).
7 Der Begriff wird hier nicht als for­ma­le recht­li­che Struk­tur im

Sin­ne von „Insti­tu­tio­na­li­sie­rung“, son­dern als Gesamt­heit infor- maler Ver­hal­tens­er­war­tun­gen ver­stan­den, die als immer schon vor­han­de­ne Gewohn­hei­ten, Sit­ten und Gebräu­che auf inner­halb und außer­halb der Uni­ver­si­tät geteil­ten Über­zeu­gun­gen beru­hen und als „geron­ne­ne“ Orga­ni­sa­ti­ons­kul­tur das Ver­hal­ten oft weit wirk­sa­mer beein­flus­sen als die for­ma­len Regeln. Zu der auch juris­ti­schen Rele­vanz eines sol­cher­ma­ßen infor­ma­len „Gebil­des“ vgl. Ves­t­ingKoriothAugs­berg, Ein­lei­tung, in: dies., Grund­rechts als Phä­no­me­ne kol­lek­ti­ver Ord­nung, Tübin­gen 2014, S. 1 ff., 6 ff. sowie die wei­te­ren Bei­trä­ge die­ses Bandes.

Lothar Zech­lin

Wis­sen­schafts­frei­heit und Orga­ni­sa­ti­on
Die „Hoch­schul­leh­rer­mehr­heit“ im Grund­rechts- ver­ständ­nis der auto­no­men Universität

Ord­nung der Wis­sen­schaft 2017, ISSN 2197–9197

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rungs­im­pul­se vor allem durch die Selbst­ko­or­di­na­ti­on „Unter Professoren“8 erhielt. Als Reak­ti­on auf ver­än­der- te Anfor­de­run­gen aus ihrer Umwelt ver­än­dert sie sich in Rich­tung einer auch for­mal hier­ar­chi­schen Orga­ni­sa­ti- on. Für ihre Leis­tungs­fä­hig­keit blei­ben jedoch wei­ter­hin Per­so­nen, vor allem Hoch­schul­leh­rer, von her­aus­ra­gen- der Bedeu­tung. Die Recht­spre­chung ver­sucht nun, bei­de Sei­ten in einem Grund­rechts­ver­ständ­nis zusam­men zu brin­gen, in dem auch der Bezugs­punkt für die Orga­ni­sa- tion durch per­so­na­le Ele­men­te, näm­lich die „Trä­ger der Wis­sen­schafts­frei­heit“, bestimmt bleibt. Die­ser Weg ist an sei­ne Gren­zen gelangt. Als Alter­na­ti­ve wird ein stär- ker empi­risch gestütz­tes orga­ni­sa­tio­na­les Grund­rechts- ver­ständ­nis vor­ge­schla­gen, das neben das per­so­na­le Ver- ständ­nis tritt und durch wech­sel­sei­ti­ge Beob­ach­tung mit ihm ver­bun­den ist.

II. Ziel und Vorgehensweise

Wenn sich die Rea­li­tät von Hoch­schu­len und Wis­sen- schaft ändert, muss die Recht­spre­chung auf die­se Ände- run­gen ant­wor­ten und sich dabei auch selbst wei­ter­ent- wickeln. Damit steht sie vor einem Spagat.9 Einer­seits muss sie im Inter­es­se der Rechts­si­cher­heit in sich wider- spruchs­frei, d.h. anschluss­fä­hig an schon vor­han­de­ne Argu­men­ta­ti­ons­li­ni­en blei­ben, ande­rer­seits darf sie sich nicht von der vor- und außer­ju­ris­ti­schen Rea­li­tät abkop- peln. Ver­selb­stän­digt sie sich zu einer selbst­ge­nüg­sa­men juris­ti­schen Fein­me­cha­nik, ver­liert sie mit dem Kon­takt zu ihrem prak­ti­schen Gegen­stand auch ihre Legi­ti­ma­ti- ons­kraft, weil sie ihre gesell­schaft­li­chen Gestal­tungs­auf- gaben nicht mehr wahr­neh­men kann. Sie wird zu einer Ideologie.10 Die­se bei­den Sei­ten ste­hen in einem Ver- hält­nis der Wechselwirkung,11 deren gemein­sa­mer Bezugs­punkt in dem nor­ma­ti­ven Ziel der „Wis­sen- schafts­frei­heit“ liegt. In der Eigen­stän­dig­keit und Behar-

  1. 8  So der Titel des Cam­pus­ro­mans, in dem Wil­lem Fre­de­rik Her- mans (Zürich 1986, Neu­auf­la­ge Ber­lin 2016) sei­ne jahr­zehn­te- lan­gen Erfah­run­gen als Leh­ren­der an der Uni­ver­si­tät Gro­nin­gen ver­ar­bei­tet hat.
  2. 9  Volk­mann, Ver­än­de­run­gen der Grund­rechts­dog­ma­tik, JZ 2005, 261 ff., spricht von einem „Dilem­ma“ (263); ähn­lich Feh­ling (Fn. 2) S. 72 und in sei­ner Fn. 78 („Ziel­kon­flikt“).
  3. 10  Haber­mas, Tech­nik und Wis­sen­schaft als ‚Ideo­lo­gie‘, Frank­furt am Main 1968 (dort vor allem der Auf­satz „Ver­wis­sen­schaft- lich­te Poli­tik und öffent­li­che Mei­nung“ mit den drei Model­len dezi­sio­nis­ti­scher Poli­tik, tech­no­kra­ti­scher Wis­sen­schaft und der prag­ma­tis­ti­schen Ver­mitt­lung im Medi­um öffent­li­cher Mei­nung). Vgl. auch Ves­t­ingKoriothAugs­berg (Fn. 7) mit der Gegen­über- stel­lung von „Beob­ach­tung der Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on“ und blo­ßer „Staats- und Gerichts­ideo­lo­gie“ (S. 10); Augs­berg, Sub­jek­tiveund objek­ti­ve Dimen­sio­nen der Wis­sen­schafts­frei­heit, in: Voigt (Hrsg.), Frei­heit der Wis­sen­schaft, Ber­lin 2012, S. 65 ff. spricht von „Ver­fas­sungs­po­si­ti­vis­mus“ (S. 69).
  4. 11  Ableh­nend Gär­ditz, Hoch­schul­or­ga­ni­sa­ti­on und verwaltungs-

rungs­kraft des Rechts gegen­über der Rea­li­tät kommt die „Herr­schaft des Rechts“ zum Aus­druck, in der Eigen­sin- nig­keit einer sich ver­än­dern­den Rea­li­tät kommt deren Anspruch an die funk­tio­na­le Rol­le des Rechts zum Aus- druck. Die Rea­li­tät kann aller­dings nicht aus sich selbst her­aus spre­chen, son­dern nur mit­tels sozi­al­wis­sen­schaft- licher For­schung zur Spra­che gebracht wer­den. Wer sich mit der Recht­spre­chung zu dem Grund­recht der Wis- sen­schafts­frei­heit befas­sen will, muss sich des­halb auch mit den empi­risch gestütz­ten Erkennt­nis­sen der Hoch- schul- und Wis­sen­schafts­for­schung befassen.

Eine sol­che „zwei­spu­ri­ge“ Vor­ge­hens­wei­se ent­hält ein Risi­ko: Die juris­ti­schen Tei­le kön­nen für die Juris­ten und die sozi­al­wis­sen­schaft­li­chen Tei­le für die Sozi­al­wis- sen­schaft­ler banal sein. Es gleich­wohl ein­zu­ge­hen lohnt sich nur, wenn die Chan­ce auf Erkennt­nis­se besteht, die bei einer iso­lier­ten Vor­ge­hens­wei­se nicht zu erwar­ten sind. Dazu müss­ten für die Sozi­al­wis­sen­schaft­ler die juris­ti­schen und für die Juris­ten die sozi­al­wis­sen­schaft­li- chen Argu­men­ta­tio­nen Rele­vanz für die je eige­nen Über­le­gun­gen gewin­nen. Sie müs­sen auf­ein­an­der bezieh­bar gemacht wer­den, denn ohne die­se wech­selsei- tige Anschluss­fä­hig­keit blei­ben sie ein­an­der äußer­lich, ein blo­ßes „Rauschen“.12 Der fol­gen­de Bei­trag soll hier­zu einen ers­ten Schritt unter­neh­men, der sich gelohnt hat, wenn er zu spe­zi­fi­sche­ren For­schungs­ar­bei­ten auf bei- den Sei­ten anregt.

Mit die­ser Ziel­set­zung wird das Ver­hält­nis von Orga- nisa­ti­on und Per­son zunächst mit dem Fokus auf die Recht­spre­chung dar­ge­stellt. Es geht um das Grund- rechts­ver­ständ­nis, des­sen Ver­än­de­run­gen in dem his­to- rischen Kon­text der „Orga­ni­sa­ti­ons­wer­dung“ der Hoch- schu­le nach­ge­zeich­net wer­den (III.). Anschlie­ßend wird eine sozi­al­wis­sen­schaft­li­che Per­spek­ti­ve ein­ge­nom­men, in der eini­ge zen­tra­le Annah­men der Recht­spre­chung zu die­sem Ver­hält­nis in Fra­ge gestellt wer­den (IV.). Daraus

recht­li­che Sys­tem­bil­dung, Tübin­gen 2009, S. 326 ff. („Sein- Sol­len-Fehl­schluss“, S. 327); grund­sätz­li­ches hier­zu bei Grimm, Grund­rech­te und sozia­le Wirk­lich­keit. Zum Pro­blem eines inter­dis­zi­pli­nä­ren Grund­rechts­ver­ständ­nis­ses, in: Has­se­mer, Hoff­mann-Riem, Lim­bach (Hrsg.), Grund­rech­te und sozia­le Wirk­lich­keit, Baden-Baden 1982, S. 39 ff.

12 Für die Sys­tem­theo­rie ist die Sys­tem-Umwelt-Bezie­hung zen­tral. Gene­rell wirkt die Umwelt auf die Eigen­lo­gik des Sys­tems nur „als Irri­ta­ti­on, als Stö­rung, als Rau­schen, und sie wird für das Sys- tem erst sinn­voll, wenn sie auf die Ent­schei­dungs­zu­sam­men­hän- ge des Sys­tems bezo­gen wer­den kann“, (Luh­mann, Orga­ni­sa­ti­on, in: Küp­per, Ort­mann [Hrsg.], Mikro­po­li­tik – Ratio­na­li­tät, Macht und Spie­le in Orga­ni­sa­tio­nen, Opla­den 1988, S. 165 ff., 173). Es geht um „die Dif­fe­renz von Sinn und Welt als Dif­fe­renz von Ord- nung und Stö­rung, von Infor­ma­ti­on und Rau­schen“ (Luh­mann, Sozia­le Sys­te­me, Frank­furt am Main 1987, S. 122). Unschwer schim­mert die juris­ti­sche Denk­wei­se mit der „Schlüs­sig­keit“ der Kla­ge und der „Erheb­lich­keit“ des Bestrei­tens durch.

erge­ben sich Anfor­de­run­gen an ein stär­ker empi­risch und rechts­ver­glei­chend gestütz­tes Grund­rechts­ver­ständ- nis (V.). Der Bei­trag endet mit einem kur­zen Fazit (VI.).

III. Grund­rechts­ver­ständ­nis zwi­schen Orga­ni­sa­ti­on und Person

His­to­risch las­sen sich drei Sta­di­en der sog. „Orga­ni­sa­ti- onswerdung“13 der Uni­ver­si­tät unter­schei­den, denen jeweils ein spe­zi­fi­sches Grund­rechts­ver­ständ­nis kor­res- pon­diert. Dabei ent­steht eine gewis­se Ambi­va­lenz zwi- schen Orga­ni­sa­ti­on und Per­son, die in der baden-würt- tem­ber­gi­schen Ent­schei­dung in Rich­tung Per­son bes­ei- tigt wird.

1. Gelehrtenrepublik14

Die Uni­ver­si­tät war jahr­hun­der­te­lang als „Uni­ver­si­tas Magis­trorum et Scho­la­ri­um“ eine Art Genos­sen­schaft ihrer Mit­glie­der, die sich im Wesent­li­chen über die infor­ma­le, auf gemein­sam geteil­ten Über­zeu­gun­gen beru­hen­de Selbst­or- gani­sa­ti­on ihrer Pro­fes­so­ren ver­wal­te­te. Durch die Humboldt’schen Universitätsreformen15 wur­den ihr als Kor­po­ra­ti­on zwar in den „admi­nis­tra­ti­ven“ Ange­le­gen­hei- ten (Haus­halt, Per­so­nal und Orga­ni­sa­ti­on) stär­ke­re staat­li- che Züge ein­ge­zo­gen, in For­schung und Leh­re als den sog. „aka­de­mi­schen“ Ange­le­gen­hei­ten blieb es aber bei der pro- fes­sio­nel­len Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on der Ordi­na­ri­en mit dem „Lehr­stuhl­prin­zip“. Sie war kei­ne Orga­ni­sa­ti­on mit for­ma- len Hier­ar­chien und Ent­schei­dun­gen, son­dern eine Insti­tu- tion mit unge­schrie­be­nen Regeln, die sich im Lau­fe der Jahr­hun­der­te her­aus­ge­bil­det hat­ten. Fakul­tä­ten waren kei- ne Orga­ni­sa­ti­ons­ein­hei­ten, son­dern Orte der per­sön­li­chen, infor­mel­len Abstim­mung. Noch heu­te hat der eng­li­sche Begriff „facul­ty“ die Bedeu­tung von Lehrkörper.

Der star­ke Per­so­nen­be­zug die­ser Ent­wick­lungs­pha­se drückt sich auch in dem Ver­ständ­nis von der Wis­sen- schafts­frei­heit aus, die Mit­te des 19. Jahr­hun­derts im deutsch­spra­chi­gen Raum entsteht.16 In dem Deut­schen Bund fin­det zunächst mit dem Karls­ba­der Universitätsge-

  1. 13  Kehm, Hoch­schu­len als beson­de­re und unvoll­stän­di­ge Orga­ni- satio­nen? – Neue Theo­rien zur ‚Orga­ni­sa­ti­on Hoch­schu­le‘, in: Wil­kes­mann, Schmidt (Hrsg.), Hoch­schu­le als Orga­ni­sa­ti­on, Wies­ba­den 2012, S. 17 ff.; Huber, Die Orga­ni­sa­ti­on Uni­ver­si­tät, in: Apelt, Tacke (Hrsg.), Hand­buch Orga­ni­sa­ti­ons­ty­pen, Wies­ba- den 2012, S. 239ff.
  2. 14  Die­ser Begriff ist ursprüng­lich von Mül­ler-Böl­ing als „Vorstel- lungs­ste­reo­ty­pe“ ein­ge­führt wor­den (Uni­ver­si­tä­ten als Vorstel- lungs­ste­reo­ty­pen – Von der Gelehr­ten­re­pu­blik zum Dienst­leis- tungs­un­ter­neh­men? CHE Arbeits­pa­pier Nr. 1, April 1994). Er beschreibt des­halb nicht die his­to­ri­sche Wirk­lich­keit, die kom­p­le- xer und (auch) durch lan­des­fürst­li­chen Ein­fluss gekenn­zeich­net ist, bringt aber ihr typi­sie­ren­des Merk­mal auf den Punkt.
  3. 15  Vgl. im ein­zel­nen Kahl, Hoch­schu­le und Staat, Tübin­gen 2004, 22 ff.

setz 1819 und dem Bun­des-Uni­ver­si­täts­ge­setz 1834 eine har- te poli­ti­sche Unter­drü­ckung libe­ra­ler und demo­kra­ti­scher Ideen statt, die „Dem­ago­gen­ver­fol­gung“, die ihren pro­mi- nen­tes­ten Aus­druck in dem Pro­test und der nach­fol­gen­den Lan­des­ver­wei­sung der „Göt­tin­ger Sie­ben“ fand. Die Anfän- ge der Wis­sen­schafts­frei­heit bestehen des­halb in der For­de- rung nach „Lehr­frei­heit“ in einem indi­vi­dua­lis­ti­schen Ver- ständ­nis, die zunächst in dem Offen­bur­ger Pro­gramm 1847 und einem Beschluss des Frank­fur­ter Vor­par­la­ments 1848 ihren Nie­der­schlag fin­det. Ihre ers­te Kodi­fi­zie­rung als Ver- fas­sungs­be­stand­teil erfolg­te 1849 in der Pauls­kir­chen­ver­fas- sung und lau­te­te „Die Wis­sen­schaft und ihre Leh­re ist frei“. Sie wird als ein Recht ver­stan­den, das „Jeder­mann“ zusteht, der sich wis­sen­schaft­lich betä­tigt, also auch Nicht­pro­fes­so- ren. In die­ser Tra­di­ti­on wird auch Art. 142 der Wei­ma­rer Reichs­ver­fas­sung 1919 „Die Kunst, die Wis­sen­schaft und ihre Leh­re sind frei“ indi­vi­dua­lis­tisch ver­stan­den. Zunächst ist sogar noch ein Ver­ständ­nis vor­herr­schend, das Pro­fes­so- ren aus dem Schutz­be­reich aus­nimmt, denn die­se sind Staats­be­am­te, und Grund­rech­te rich­ten sich gegen den Staat, sol­len also nicht Rech­te in der Hand sei­ner Beam­ten sein. Erst Mit­te der Wei­ma­rer Repu­blik wird es über­wun- den, auch beam­te­te Pro­fes­so­ren gel­ten als Grund­recht­s­trä- ger. Ver­tre­ten wird – ange­sichts der Dif­fe­ren­zie­rung „Wis- sen­schaft und ihre Leh­re“ nahe­lie­gend – auch ein „insti­tu­ti- onel­les Ver­ständ­nis“, das als „Grund­recht der deut­schen Universität“17 einen kor­po­ra­tis­ti­schen Anklang hat oder als „insti­tu­tio­nel­le Garantie“18 auf die Bewah­rung des Typus der deut­schen Uni­ver­si­tät in sei­ner über­kom­me­nen Gestalt gerich­tet ist.

2. Grup­pen­uni­ver­si­tät

Die Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on der Pro­fes­so­ren als haupt­säch­li­cher Steue­rungs­mo­dus des inner­uni­ver­si­tä­ren Gesche­hens erwies sich spä­tes­tens Ende der 1960er Jah­re mit der Expan- sion des Hoch­schul­be­reichs als nicht mehr aus­rei­chend. Zu hete­ro­gen waren die Stu­die­ren­den und der Lehr­kör­per, zu unter­schied­lich die Erwar­tun­gen aus Poli­tik, Wirt­schaft und Gesell­schaft an die Nütz­lich­keit der „Pro­duk­tiv­kraft Wissen-

16 Vgl. im Ein­zel­nen Löwer, in: Mer­tens, Papier (Hrsg.), HGR IV, 2011, § 99 Rn. 4–10; Feh­ling, Bon­ner Kom­men­tar Art. 5 Abs. 3 (Wis­sen­schaft) Rn. 1–8; Kahl (Fn. 15) S. 30 ff.; Frot­scher/Pieroth, Ver­fas­sungs­ge­schich­te, 6. Aufl., Mün­chen 2007, Rn. 243 ff.; die euro­päi­sche Ent­wick­lung bei Stich­weh, Aka­de­mi­sche Frei­heit in euro­päi­sche Uni­ver­si­tä­ten. Zur Struk­tur­ge­schich­te der Uni­ver- sität und des Wis­sen­schafts­sys­tems, in: die hoch­schu­le (2) 2016, S. 19 ff.

17 Smend, Das Recht der frei­en Mei­nungs­äu­ße­rung, in: ders., Staats­recht­li­che Abhand­lun­gen, 2., erw. Aufl., Ber­lin 1968, S. 89 ff. (S. 109 „Das Grund­recht (…) einer gro­ßen öffent­li­chen Insti­tu­ti- on“).

18 Schmitt, Ver­fas­sungs­leh­re, Ber­lin 1928, 173; ders., Frei­heits­rech­te und insti­tu­tio­nel­le Garan­tien der Reichs­ver­fas­sung, in ders., Ver­fas­sungs­recht­li­che Auf­sät­ze, Ber­lin 1958, S. 140 ff., 151 f.

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schaft“ und zu viel­fäl­tig des­halb die Koor­di­na­ti­ons­auf­ga­ben gewor­den, als dass sie wei­ter­hin in den ver­trau­ten Kon­sens- mecha­nis­men der „deut­schen Mandarine“19 hät­ten wahr­ge­nom­men wer­den kön­nen. In der Per­spek­ti­ve eines Meh­re­be­nen­sys­tems betrach­tet ver­schiebt sich die Koor­di­na­ti­on von der Mikroebe­ne des Pro­fes­si­ons­han- delns in zwei Rich­tun­gen. Zum einen wuchs auf der Makro­ebe­ne der Ein­fluss des Staa­tes, indem erst­mals Hoch­schul­ge­set­ze mit Rege­lun­gen der aka­de­mi­schen Ange­le­gen­hei­ten, ins­be­son­de­re der Stu­di­en­or­ga­ni­sa­ti­on, ver­ab­schie­det wur­den. Bis dahin hat­ten die Uni­ver­si­tä- ten ledig­lich Sat­zun­gen ver­ab­schie­det und den Minis­te- rien zur Geneh­mi­gung vor­ge­legt. Den Anfang mach­te 1966 Hessen,20 der Bund folg­te 1976 mit einem Hoch- schul­rah­men­ge­setz, des­sen „wesent­li­ches Anlie­gen (es war), das Hoch­schul­stu­di­um zu organisieren“.21 Zum ande­ren ent­wi­ckel­te sich auf einer erst­mals in Ersch­ei- nung tre­ten­den Meso­ebe­ne die Uni­ver­si­tät selbst in Rich- tung einer Orga­ni­sa­ti­on mit zen­tra­len Ent­schei­dungs- gre­mi­en. Dadurch, dass in den Gre­mi­en der neu­en „Grup­pen­uni­ver­si­tät“ neben den Pro­fes­so­ren auch nicht- pro­fes­so­ra­le Wis­sen­schaft­ler, Stu­die­ren­de und Ver­tre­ter der Ver­wal­tung Sitz und Stim­me hat­ten, konn­ten kol­lek- tiv ver­bind­li­che Ent­schei­dun­gen getrof­fen wer­den, an die die Uni­ver­si­täts­mit­glie­der auch dann gebun­den waren, wenn sie ihnen nicht per­sön­lich zuge­stimmt oder sie sogar abge­lehnt hat­ten. Der bis dato nur inner­halb des Lehr­stuhls bekann­te Gover­nance­mo­dus „Hierar- chie“ ist schon mit die­ser „Demo­kra­ti­sie­rung“ und nicht erst mit der „Auto­no­mi­sie­rung“ in die Uni­ver­si­tät ein­ge- zogen.22 Bei­de Ent­wick­lun­gen zusam­men führ­ten dazu, dass aus dem „lose gekoppelten“23 Per­so­nen­ver­band ein deut­lich enger gekop­pel­tes Sys­tem mit einer bis­lang in die­ser Wei­se nicht bekann­ten Span­nung zwi­schen Orga- nisa­ti­on und Per­son ent­stand. Ein ers­ter Teil­schritt auf dem Weg zur Orga­ni­sa­ti­on war begangen.

Die­se Macht­ver­schie­bung ließ die Inter­pre­ta­ti­on der Wis­sen­schafts­frei­heit nicht unberührt.24 In dem ein-

  1. 19  Rin­ger, Die Gelehr­ten. Der Nie­der­gang der deut­schen Man­da­ri­ne 1890–1993, Mün­chen 1987.
  2. 20  Vgl. Staff, Das Hes­si­sche Hoch­schul­ge­setz, Neu­wied 1967, Vor­wort: „Das Hes­si­sche Hoch­schul­ge­setz hat, auch abge­se­hen von sei­nen spe­zi­el­len Inhal­ten und Sach­lö­sun­gen, eine brei­te Dis­kus­si­on über die seit lan­gem schwe­len­de Pro­ble­ma­tik der Re- form unse­rer wis­sen­schaft­li­chen Hoch­schu­len aus­ge­löst. (…) Das Gesetz, das den vier wis­sen­schaft­li­chen Hoch­schu­len des Lan­des zum ers­ten Mal eine ein­heit­li­che Rechts­grund­la­ge schafft, dient dem Zweck, Wege für die Hoch­schul­re­form und die beson­ders dring­li­che Stu­di­en­re­form frei zu machen“ (S. VII.).
  3. 21  Thie­me, Deut­sches Hoch­schul­recht, 2. Aufl. Köln 1986, S. Rn. 305.
  4. 22  Das ver­ken­nen m.E. wei­te Tei­le der Kri­tik an der „Auto­no­mi-sie­rung“. Die neue Hier­ar­chi­sie­rung war ja gera­de einer der Haupt­grün­de für die Kla­ge der Pro­fes­so­ren­ver­tre­ter gegen die „Grup­pen­uni­ver­si­tät“.

gangs zitier­ten grund­le­gen­den Hoch­schul­ur­teil zu der Grup­pen­uni­ver­si­tät macht das BVerfG 1973 einen hal- ben, aller­dings des­halb auch unvoll­stän­di­gen Schritt in Rich­tung eines orga­ni­sa­tio­na­len Grund­rechts­ver­ständ- nisses.25 Danach erwei­tert sich der „sub­jek­ti­ve“ Abwehr- anspruchs des indi­vi­du­el­len Wis­sen­schaft­lers gegen Ein- grif­fe in sei­ne wis­sen­schaft­li­che Betä­ti­gung zu einer „ob- jek­ti­ven“ Wer­te­ord­nung, die sich auf die Orga­ni­sa­ti­on und Ent­schei­dungs­struk­tur der Hoch­schu­le aus­wirkt. „Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG erklärt Wis­sen­schaft, For­schung und Leh­re für frei. Damit ist nach Wort­laut und Sinn­ge- halt eine objek­ti­ve, das Ver­hält­nis von Wis­sen­schaft, For­schung und Leh­re zum Staat regeln­de wert­entsch­ei- den­de Grund­satz­norm auf­ge­stellt, die neben die in der- sel­ben Norm ent­hal­te­ne Frei­heits­ver­bür­gung für den Bereich der Kunst tritt. Zugleich gewährt die Ver­fas- sungs­be­stim­mung für jeden, der in die­sen Berei­chen tä- tig ist, ein indi­vi­du­el­les Freiheitsrecht“.26 Das Gericht fin­det die Wis­sen­schafts­frei­heit als „objek­ti­ves Prinzip“27 sogar schon in der Pauls­kir­chen­ver­fas­sung aner­kannt, was im Hin­blick auf deren Wort­laut in der Tat nahe liegt. Dar­aus erge­ben sich Fol­ge­run­gen für die Orga­ni­sa­ti­on: Dem Gesetz­ge­ber sei weder „das über­lie­fer­te Struk­tur- modell der deut­schen Uni­ver­si­tät“ noch „über­haupt eine bestimm­te Orga­ni­sa­ti­ons­form des Wis­sen­schafts­be- triebs an Hoch­schu­len“ vor­ge­schrie­ben, aus der Eigenge- setz­lich­keit der Wis­sen­schaft ergä­ben sich „kei­ne zwin- gen­den ‚wis­sen­schafts­ei­ge­nen‘ Orga­ni­sa­ti­ons­prin­zi­pi- en“.28 Dies alles ist aber noch kei­ne posi­ti­ve Bestim­mung eines orga­ni­sa­tio­na­len Grund­rechts­ver­ständ­nis­ses. Für die­se Auf­ga­be gilt: „Kri­te­ri­um für eine ver­fas­sungs­ge­mä- ße Hoch­schul­or­ga­ni­sa­ti­on kann nur sein, ob mit ihr ‚freie‘ Wis­sen­schaft mög­lich ist und unge­fähr­det betrie- ben wer­den kann“.29 Tref­fe der Gesetz­ge­ber bei der not- wen­di­gen Koor­di­na­ti­on zwi­schen den ein­zel­nen Wis- sen­schaft­lern und zwi­schen den unter­schied­li­chen Funk­tio­nen der Hoch­schu­le für Wis­sen­schaft und Pra­xis Rege­lun­gen, „die auf die freie wis­sen­schaft­li­che Betäti-

23 Weick, Edu­ca­tio­nal Orga­niza­ti­ons as Loo­se­ly Cou­pled Sys­tems”, in: Admi­nis­tra­ti­ve Sci­ence Quar­ter­ly Vol. 21, No. 1 (Mar., 1976), pp. 1–19.

24 Einen prä­gnan­ten Über­blick zu dem dama­li­gen Posi­tio­nen ver­schafft Dal­lin­ger, Wis­sen­schafts­frei­heit und Mit­be­stim­mung, JZ 1971, 665 ff.

25 Ver­tie­fend und dif­fe­ren­zie­rend hier­zu Schmidt-Aßmann, Die Wis­sen­schafts­frei­heit nach Art. 5 Abs. 3 GG als Orga­ni­sa­ti­ons- grund­recht, in: Becker, Bull, See­wald (Hrsg.), Fest­schrift für Wer­ne Thie­me, Köln 1993, S. 697 ff.

26 BVerfGE 35, 79 ff., 112, unter Ver­weis auf eine fast wort­glei­che For­mu­lie­rung zur Kunst­frei­heit in der Mephisto-Entscheidung.

27 BVerfGE 35, 79 (119).
28 BVerfGE 35, 79 Leit­satz 4 und (122). 29 BVerfGE 35, 79 (117).

gung der Hoch­schul­an­ge­hö­ri­gen nicht einwirken“,30 sei er kei­nen Beschrän­kun­gen unter­wor­fen. Das ist aber ohne­hin klar und des­halb nicht Aus­druck der Wis­sen- schafts­frei­heit. Geht es jedoch um „Ange­le­gen­hei­ten, die als ‚wis­sen­schafts­re­le­vant‘ ange­se­hen wer­den müs­sen, d.h. die For­schung und Leh­re unmit­tel­bar berühren“,31 steht nicht mehr die unper­sön­li­che Koor­di­na­ti­on frei­er Wis­sen­schaft, son­dern die Rol­le der Hoch­schul­leh­rer als freie Wis­sen­schaft­ler im Vor­der­grund, denen als „Inha- ber der Schlüs­sel­funk­ti­on des wis­sen­schaft­li­chen Lebens“32 der maß­ge­ben­de oder aus­schlag­ge­ben­de Ein- fluss in den Gre­mi­en zukomme.

Die Span­nung zwi­schen Orga­ni­sa­ti­on und Per­son kommt gut in dem Leit­satz 7 zum Aus­druck: „Orga­ni­sa- tions­nor­men müs­sen den Hoch­schul­an­ge­hö­ri­gen, ins- beson­de­re den Hoch­schul­leh­rern, einen mög­lichst brei- ten Raum für freie wis­sen­schaft­li­che Betä­ti­gung sichern; ande­rer­seits müs­sen sie die Funk­ti­ons­fä­hig­keit der wis- sen­schaft­li­chen Hoch­schu­le und ihre Orga­ne gewähr- leis­ten“. Zwi­schen die­sen bei­den Polen ver­läuft die wei­te- re Ent­wick­lung der Rechtsprechung.

3. Auto­no­me Universität

Die drit­te Pha­se beginnt mit dem Über­gang zu der „auto- nomen“ Uni­ver­si­tät. Ihr Aus­gangs­punkt liegt in der abneh- men­den Steue­rungs- und Pla­nungs­fä­hig­keit der all­ge­mei- nen Staats­ver­wal­tung, die in Schlag­wör­tern wie „Staats­ver- sagen“ oder „Unre­gier­bar­keit“ ihren Aus­druck fin­det. Im Zuge der „New Public Manage­ment­re­for­men“ soll ihr mit einer Dezen­tra­li­sie­rung von Ent­schei­dungs­kom­pe­ten­zen bei gleich­zei­ti­ger Ergeb­nis­kon­trol­le („Out­put­steue­rung“) begeg­net wer­den. Das gilt auch für die Hoch­schul­po­li­tik, in der Par­la­ment und Regie­rung ins­be­son­de­re mit Glo­bal- bud­gets, dem Beru­fungs­recht, Gehalts­ver­hand­lun­gen, der Ein­rich­tung und Schlie­ßung von Stu­di­en­gän­gen u.a.m. Ent­schei­dungs­kom­pe­ten­zen auf die Hoch­schu­len delegie-

  1. 30  BVerfGE 35, 79 (122).
  2. 31  BVerfGE 35, 79 (123).
  3. 32  BVerfGE 35, 79 (127).
  4. 33  Vgl. z.B. Böcken­för­de, Erin­ne­run­gen an die Kurator-Verfassung,in: Dress u.a. (Hrsg.), Die huma­ne Uni­ver­si­tät. Fest­schrift für Karl Peter Gro­temey­er, Bie­le­feld 1992, S. 151 ff., 157 f.; Schi­mank, Fest- gefah­re­ne Gemischt­wa­ren­lä­den – Die deut­schen Hoch­schu­len als erfolg­reich schei­tern­de Orga­ni­sa­tio­nen, in: Stöl­ting, Schi­mank (Hrsg.), Die Kri­se der Uni­ver­si­tä­ten, Levia­than Son­der­heft 20/2001, S. 223 ff. mit der häu­fig zitier­ten Fest­stel­lung, „dass in der hoch­schu­li­schen Selbst­ver­wal­tung in hohem Maße fak­ti-sche Nicht­an­griffs­pak­te zwi­schen Pro­fes­so­ren bestehen“ (233); Thie­me, Orga­ni­sa­ti­ons­struk­tu­ren der Hoch­schu­len, in: Flä­mig u.a. (Hrsg.), Hand­buch des Wis­sen­schafts­rechts, Band 1, S. 813 ff. („Das Pro­blem der Ent­schei­dungs­fä­hig­keit“, 837 f.).

ren. Die Hoch­schu­le darf aller­dings nicht nur der­ar­ti­ge Ent- schei­dun­gen selbst tref­fen, sie muss das auch kön­nen und des­halb ihre Ent­schei­dungs­fä­hig­keit sicher­stel­len. Aus einem gewis­sen Misstrauen33 gegen­über Kol­le­gi­al­or­ga­nen wur­den die neu­en Kom­pe­ten­zen des­halb mal mehr, mal weni­ger weit­ge­hend den Rek­to­ra­ten zugeordnet.

Die Hoch­schu­le als Orga­ni­sa­ti­on hand­lungs­fä­hig zu machen, das ist das Pro­gramm der „auto­no­men“ oder „en- tre­pre­neu­ri­al“ Uni­ver­si­tät, eine Wort­schöp­fung des ame­ri- kani­schen­Hoch­schul­for­schersBur­ton­Clark.Erhatt­ein den 1980er Jah­ren natio­na­le Hoch­schul­sys­te­me in einem Drei­eck aus Staat, Markt und Pro­fes­si­ons­sys­tem auf die Fra- ge hin unter­sucht, woher sie ihre Steue­rungs­im­pul­se erhal- ten.34 Mit „unter­neh­me­risch“ meint er, dass die Uni­ver­si­tät in die­sem Kräf­te­feld ihre eige­nen Zie­le und Schwer­punk­te ent­wi­ckeln und für die Ergeb­nis­se Ver­ant­wor­tung über- neh­men soll, eben „etwas unter­neh­men“ kann. Es ist Un- sinn, eine sol­che Idee nur wegen der Asso­zia­tio­nen, die der Begriff „unter­neh­me­risch“ auch aus­löst, als pri­vat­nüt­zig und pro­fit­ori­en­tiert zu dis­kre­di­tie­ren. Wor­um es geht, ist „Die Uni­ver­si­tät als Akteur“35 auf­zu­stel­len und damit als Orga­ni­sa­ti­on von den in ihr täti­gen Per­so­nen zu unterscheiden.

Erst im Zuge die­ser Auto­no­mi­sie­rung unter­nahm das BVerfG den gan­zen Schritt zu einem per­so­nenunab- hän­gi­gen orga­ni­sa­tio­na­len Grund­rechts­ver­ständ­nis, der aller­dings nur von kur­zer Dau­er war. In sei­ner Entsch­ei- dung zu dem Bran­den­bur­gi­schen Hoch­schul­ge­setz aus dem Jahr 2004 prüf­te es, ob durch die Hoch­schul­or­ga­ni- sati­on eine „struk­tu­rel­le Gefähr­dung der Wis­sen­schafts- frei­heit“ (Leit­satz 1) ein­tre­te, wobei „das hoch­schul­or­ga- nisa­to­ri­sche Gesamt­ge­fü­ge mit sei­nen unter­schied­li­chen Ein­fluss- und Kon­troll­mög­lich­kei­ten in den Blick zu neh­men“ sei.36 Die­se Per­spek­ti­ve hat es in der Entsch­ei- dung zu dem Ham­bur­gi­schen Hoch­schul­ge­setz im Jahr 201037 und der medi­zi­ni­schen Hoch­schu­le Hannover

34 „We begin on simp­lest ground by con­s­truc­ting three ide­al types – sta­te sys­tem, mar­ket sys­tem, and pro­fes­sio­nal sys­tem – which, in com­bi­na­ti­on, offer two- and three- dimen­sio­nal spaces for com- paring natio­nal sys­tems“ (Clark, The Hig­her Edu­ca­ti­on Sys­tem: Aca­de­mic Orga­niza­ti­on in Cross-Natio­nal Per­spec­ti­ve, Ber­ke­ley 1983, S. 136.).

35 F. Mei­er, Die Uni­ver­si­tät als Akteur. Zum insti­tu­tio­nel­len Wan­del der Hoch­schul­or­ga­ni­sa­ti­on. Wies­ba­den 2009.

36 BVerfGE 111, 333 (355).
37 „Je stär­ker der Gesetz­ge­ber das Lei­tungs­or­gan mit Kompetenzen

aus­stat­tet, des­to stär­ker muss er im Gegen­zug die direk­ten oder indi­rek­ten Mitwirkungs‑, Einfluss‑, Infor­ma­ti­ons- und Kon­troll- rech­te der Kol­le­gi­al­or­ga­ne aus­ge­stal­ten“, BVerfGE 127, 87 (117 f.).

Zech­lin · Wis­sen­schafts­frei­heit und Orga­ni­sa­ti­on 1 6 5

166 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 3 (2017), 161–174

(MHH) für die Wahl und Abwahl der Leitungsorgane38 bei­be­hal­ten und mit der „Je-des­to-For­mel“ zu einem Sys- tem gegen­sei­ti­ger Kon­trol­le der Gewal­ten („Checks and Balances“39) wei­ter­ent­wi­ckelt. Aus einer nach­voll­zieh­ba- ren Befürch­tung gegen­über einem tech­no­kra­ti­schen Top-Down Manage­ment her­aus war damit die Entsch­ei- dungs­bil­dung zwi­schen Lei­tungs- und Kol­le­gi­al­or­ga­nen ver­teilt, der für die Grup­pen­uni­ver­si­tät cha­rak­te­ris­ti­sche demo­kra­ti­sche Zen­tra­lis­mus der Gre­mi­en also zuguns- ten einer Dif­fe­ren­zie­rung von Ent­schei­dung, Entsch­ei- dungs­vor­be­rei­tung und Imple­men­tie­rung aufgehoben.40 Die­se Inter­ak­ti­on mit ver­teil­ten Argu­men­ta­ti­ons­las­ten und Beschluss­kom­pe­ten­zen fin­det aller­dings – ein wich- tiger Unter­schied – zwi­schen Orga­nen und nicht wie zu Zei­ten der Gelehr­ten­re­pu­blik zwi­schen Per­so­nen in ih- ren Mit­glied­schafts­rol­len statt.

Die „Je-des­to For­mel“ hat sich aber als zu unprä­zi­se erwie­sen, um aus ihr kon­kre­te Vor­ga­ben für den Gesetz- geber her­zu­lei­ten. Sie ist mehr ein durch Poli­tik und Ge- setz­ge­bung kon­kre­ti­sie­rungs­be­dürf­ti­ges Prin­zip als eine ver­fas­sungs­recht­li­che Betriebs­an­lei­tung. Die­se Offen­heit hat­te schon früh star­ke Kri­tik ins­be­son­de­re unter den Hoch­schul­leh­rern ausgelöst,41 die sich zudem durch den Satz getrof­fen sahen, der par­la­men­ta­ri­sche Gesetz­ge­ber sei für die Gestal­tung der Hoch­schul­or­ga­ni­sa­ti­on „bes- ser geeig­net als die an spe­zi­el­len Inter­es­sen ori­en­tier­ten Trä­ger der Wissenschaftsfreiheit“.42 Der „gan­ze Schritt“ zu einem orga­ni­sa­tio­na­le Ver­ständ­nis wird des­halb in ei- nem wider­sprüch­li­chen Vor und Zurück wie­der relativiert:

Zum einen wird die Begren­zung, die mit der For­mu­lie- rung „unmit­tel­bar For­schung und Leh­re berüh­rend“ ver- bun­den ist, unter dem Begriff der „Wis­sen­schafts­re­le­vanz“

  1. 38  BVerfGE 136, 338, Leit­satz 2: „Je mehr, je grund­le­gen­der und je sub­stan­ti­el­ler wis­sen­schafts­re­le­van­te per­so­nel­le und sach­li­che Ent­schei­dungs­be­fug­nis­se dem kol­le­gia­len Selbst­ver­wal­tungs- organ ent­zo­gen und einem Lei­tungs­or­gan zuge­wie­sen wer­den, des­to stär­ker muss im Gegen­zug die Mit­wir­kung des Selbst- ver­wal­tungs­or­gans an der Bestel­lung und Abbe­ru­fung die­ses Lei­tungs­or­gans und an des­sen Ent­schei­dun­gen aus­ge­stal­tet sein.“ Man mag sich zwar fra­gen, wel­che Befug­nis­se dem Selbst­ver­wal- tungs­or­gan „ent­zo­gen“ wor­den sei­en, da es sich haupt­säch­lich um frü­her in den Minis­te­ri­en wahr­ge­nom­me­ne staat­li­che Auf­ga­ben han­delt. Zutref­fen­der wäre die For­mu­lie­rung „vor­ent­hal­ten“ gewe­sen. Aber gera­de dar­in, dass die frü­he­re Auf­spal­tung in staat­li­che und aka­de­mi­sche Ange­le­gen­hei­ten über­wun­den wird, kommt die Orga­ni­sa­ti­ons­wer­dung der Uni­ver­si­tät zum Ausdruck.
  2. 39  Knopp, Zau­ber­for­mel „Mehr Hoch­schul­au­to­no­mie“? – Mit einem Fokus auf Bran­den­burg, in: Knopp, Pei­ne, Nowa­cki, Schrö­der (Hrsg.): Hoch­schu­len im Umbruch. Baden-Baden 2009, S. 15 ff., 22, 26. Bei einem Ver­gleich mit poli­ti­schen Regierungssystemen

auf­ge­ho­ben. War die­ser Begriff in der Ent­schei­dung zur Grup­pen­uni­ver­si­tät noch ein­engend für Agen­den vor­ge­se- hen, „die For­schung und Leh­re unmit­tel­bar berühren“43 und des­halb der Hoch­schul­leh­rer­mehr­heit unter­lie­gen, wird mit ihm nun­mehr das gan­ze Feld der Selbst­ver­wal- tung erfasst. Alle wis­sen­schafts­re­le­van­ten Ange­le­gen­hei­ten, auch sol­che, die in der frü­he­ren Ter­mi­no­lo­gie nicht als „un- mit­tel­bar“ berüh­rend oder dem Staat vor­be­hal­ten betrach- tet wor­den wären, unter­lie­gen dem Je-des­to Prin­zip. Das ist der gan­ze Schritt nach vor­ne zu der auto­no­men Uni­ver­si­tät, die den frü­he­ren Dua­lis­mus zwi­schen staat­li­chen und aka- demi­schen Ange­le­gen­hei­ten über­win­det und alle Ange­le- gen­hei­ten in ihre Ent­schei­dungs­kom­pe­tenz übernimmt.

Damit wür­de aber zum ande­ren der gesam­te „Zuge- winn“ an Ent­schei­dungs­kom­pe­ten­zen, der als Fol­ge der De- zen­tra­li­sie­rung vom Staat auf die Hoch­schu­len ein­ge­tre­ten ist, außer­halb des für die Hoch­schul­leh­rer­mehr­heit reser- vier­ten Rau­mes anlan­den. Die­se wer­den des­halb neben oder an Stel­le der „Trä­ger der Wis­sen­schafts­frei­heit“ wie­der stär­ker her­vor her­vor­ge­ho­ben, meist in der For­mu­lie­rung des „mit Hoch­schul­leh­rer­mehr­heit beset­zen“ Kol­le­gi­al­or- gans. Das geschieht in der Bran­den­burg-Ent­schei­dung nur am Rande,44 in der Ent­schei­dung zu dem Ham­bur­ger Hoch­schul­ge­setz schon pro­mi­nen­ter im 2. Leitsatz45 und in der MHH Ent­schei­dung erstaun­li­cher­wei­se in der Pres­se- berichterstattung,46 obwohl die­se Grup­pe in der Entsch­ei- dung selbst nicht beson­ders her­vor­ge­ho­ben wird, son­dern dort nur von den „Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft- lern“dieRedeist.DenÜbergangzwischendiesenbeiden Prin­zi­pi­en mar­kiert ein Beschluss aus dem Jahr 2001, mit dem das Gericht eine Ver­fas­sungs­be­schwer­de gegen die Wahl des Rek­to­rats durch ein vier­tel­pa­ri­tä­tisch zusam­men- gesetz­tes Kon­sis­to­ri­um nach dem schleswig-holsteinischen

ist es aller­dings kein Prä­si­di­al­sys­tem nach US ame­ri­ka­ni­schem Mus­ter, aus dem der Begriff stammt, da der Prä­si­dent unab­hän- gig von dem Par­la­ment gewählt wird. Sofern der Rek­tor nicht zugleich Vor­sit­zen­der des Senats ist, wie z.B. in NRW und Öster- reich, ent­spricht es am ehes­ten einem par­la­men­ta­ri­schen Sys­tem mit star­ker Regierungsgewalt.

40 Dazu Zech­lin, Zwi­schen Inter­es­sen­or­ga­ni­sa­ti­on und Arbeits­or- gani­sa­ti­on? Wis­sen­schafts­frei­heit, Hier­ar­chie und Par­ti­zi­pa­ti­on der ‚unter­neh­me­ri­schen‘ Hoch­schu­le, in: Wilkesmann/Schmidt, Hoch­schu­le als Orga­ni­sa­ti­on, Wies­ba­den 2012, S. 41 ff., 53 ff.

41 Nach­wei­se bei Gär­ditz, Anmer­kun­gen, JZ 2011, S. 314 ff. 42 BVerfGE 111, 333 (355).
43 BVerfGE 35, 79 (123).
44 BVerfGE 111, 333 (364).

45 BVerfGE 127, 87, Leit­satz 2.
46 Vgl. die Über­schrif­ten „Ver­fas­sungs­rich­ter geben den Hochschul-

leh­rern mehr Macht“ und „Mehr Mit­spra­che für Pro­fes­so­ren“ in der SZ bzw. FAZ v. 25.7.2014.

Hoch­schul­ge­setz nicht zur Ent­schei­dung ange­nom­men hatte,47 weil die Hoch­schul­leh­rer ander­wei­tig Ein­fluss aus- üben können.

Als Zwi­schen­er­geb­nis lässt sich fest­hal­ten: Das BVerfG hat die Ent­schei­dungs­macht der Kol­le­gi­al­or­ga­ne gegen­über den Rek­to­ra­ten und den Hoch­schul­rä­ten ge- stärkt. Damit ist die Orga­ni­sa­ti­on ange­spro­chen, deren Funk­ti­ons­fä­hig­keit auf freie Wis­sen­schaft als Kom­mu­ni- kat­ions- und Hand­lungs­zu­sam­men­hang bezo­gen ist. Durch die ver­streu­ten Hin­wei­se auf die „mit Hoch­schul- leh­rer­mehr­heit besetz­ten“ Kol­le­gi­al­or­ga­ne ent­steht aber par­al­lel dazu eine per­so­nenbezo­ge­ne Aus­rich­tung. Auch wenn sie als ledig­lich deskrip­ti­ve Hin­wei­se auf die Gege- ben­hei­ten des jewei­li­gen Falls gele­sen wer­den könn­ten, bleibt die Ambi­va­lenz zwi­schen der „Funk­ti­ons­fä­hig­keit der Orga­ni­sa­ti­on“ und der indi­vi­du­el­len Frei­heit der „Hoch­schul­leh­rer“ erhalten.

Der VerfGH Baden-Würt­tem­berg besei­tigt nun die­se Ambi­va­lenz und ver­schiebt die Gewich­te in Rich­tung Per­so­nen­sys­tem. Sehr plas­tisch kommt das dar­in zum Aus­druck, dass er in sei­nem Leit­satz 3 die For­mu­lie­rung zur Wahl und Abwahl aus der MHH-Ent­schei­dun­g48 wört­lich über­nimmt, aber an den bei­den Stel­len, an de- nen von „Selbst­ver­wal­tungs­or­gan“ die Rede ist, jeweils den Zusatz „und den dort ver­tre­te­nen Hoch­schul­leh- rern“49 anfügt. Rechts­dog­ma­tisch ist die­se Aus­deh­nung der Pro­fes­so­ren­mehr­heit zwar in kei­ner Wei­se zwin- gend, ange­sichts der Ambi­va­lenz in der Recht­spre­chung aber auch nicht völ­lig aus­ge­schlos­sen. Sie ver­stellt aber den gan­zen Schritt zu einem orga­ni­sa­tio­na­len Grund- rechts­ver­ständ­nis und revi­diert sogar den hal­ben Schritt, den das BVerfG in sei­ner Ent­schei­dung zur Grup­pen- uni­ver­si­tät gegan­gen ist.

Orga­ni­sa­tio­na­les und indi­vi­du­el­les Grund­rechts­ver- ständ­nis las­sen sich offen­bar schlecht in der Wei­se mitei-

  1. 47  DVBl. 2001, S. 1137 ff. Begrün­dung: „Hin­sicht­lich der Rek­tors- wahl ergibt sich ein weit­ge­hen­der Ein­fluss der Grup­pe der Hoch- schul­leh­rer im Kon­sis­to­ri­um bereits dar­aus, dass die Mit­glie­der des Rek­to­rats sämt­lich auf Vor­schlag des Senats gewählt wer­den“, der wie­der­um mit Hoch­schul­leh­rer­mehr­heit besetzt ist. Kurz danach stellt das Gericht fest, „die Auf­ga­ben des Rek­to­rats sind nicht typi­scher­wei­se unmit­tel­bar wis­sen­schafts­re­le­vant“ (1139), was den Ver­weis auf die Hoch­schul­leh­rer­mehr­heit streng genom- men über­flüs­sig macht.
  2. 48  Oben Fn. 38.
  3. 49  In der ers­ten der bei­den Stel­len wird aller­dings die Konjunktion„und“ durch die For­mu­lie­rung „und damit den dort ver­tre­te­nen­Hoch­schul­leh­rern“ (kur­siv durch LZ) wie­der relativiert.
  4. 50  „Zick­zack­kurs der Recht­spre­chung“, so Groß, Kol­le­gi­al­prin­zipund Hoch­schul­selbst­ver­wal­tung, DÖV (11) 2016, S. 449 ff., 450.
  5. 51  In die­se Rich­tung aber Gär­ditz (Fn. 11) S. 326.
  6. 52  Sie­he oben Fn. 11.
  7. 53  Weick, (Fn. 23); CohenMarch & Olsen: A Gar­ba­ge Can Model­of Orga­niza­tio­nal Choice, in: Admi­nis­tra­ti­ve Sci­ence Quar­ter­ly 17 (1972) 1–25; Mintz­berg, The Pro­fes­sio­nal Bureau­cra­cy, in:

nan­der ver­bin­den, dass aus einer indi­vi­dua­lis­tisch ge- dach­ten Basis her­aus ein orga­ni­sa­tio­na­les Ver­ständ­nis ent­steht. Es kommt zu kei­ner sta­bi­len Balan­ce, son­dern Ausschlägen50 mal zu der orga­ni­sa­tio­na­len und mal zu der per­so­na­le Sei­te. Wenn es „eng wird“, über­wiegt das tra­dier­te indi­vi­dua­lis­ti­sche Verständnis.

IV. Orga­ni­sa­ti­on

Wie stellt sich das Ver­hält­nis von Orga­ni­sa­ti­on und Per- son in einer sozi­al­wis­sen­schaft­li­che Per­spek­ti­ve dar? Sozi­al­wis­sen­schaf­ten beschrei­ben nicht ein­fach die „sozi- ale Faktizität“,51 son­dern ver­su­chen sie auf Gesetz­mä­ßig- kei­ten hin zu erklä­ren, sodass Wir­kungs­zu­sam­men­hän­ge deut­lich wer­den. Auf die­ser Grund­la­ge ent­ste­hen Theo- rien als Grund­la­ge für zukünf­ti­ges Han­deln, die durch wei­te­re Empi­rie fal­si­fi­zier­bar blei­ben. Sol­che Erklä­run- gen sind auch für die Wir­kungs­an­nah­men der Rechts- wis­sen­schaft wich­tig. Eine nur auf ihre inter­ne Wider- spruchs­lo­sig­keit bedach­te Rechts­dog­ma­tik hät­te zwar den zitier­ten Fehl­schluss von dem Sein auf das Sollen52 ver­mie­den, ihr droht aber der umge­kehr­te Fehl­schluss von dem Sol­len auf das Sein. Im Fol­gen­den sol­len des- halb zwei zen­tra­le Annah­men der Recht­spre­chung prob- lema­ti­siert werden.

1. Wis­sen­schaft, Orga­ni­sa­ti­on, Person

Zahl­reich sind die Publi­ka­tio­nen, die unter Begrif­fen wie „Loo­se­ly cou­pled sys­tems“ (Weick), „Orga­ni­zed Anar- chy“ (March), „Pro­fes­sio­nal Bureau­cra­cy“ (Mintz­berg), „Uncom­ple­te Orga­ni­sa­ti­on“ (Bruns­sonSah­lin-Anders- son) oder „Spe­ci­fic Orga­niza­ti­on“ (Mus­se­lin) den beson- deren Cha­rak­ter der Uni­ver­si­tät als durch Per­so­nen gepräg­te Orga­ni­sa­ti­on betonen.53 Einer der Grün­de für die­se Beson­der­hei­ten liegt genau in der Eigen­art, aus der

ders., (Ed.), The Struc­tu­ring of Orga­niza­ti­ons. A Syn­the­sis of the Rese­arch, 1979; Bruns­sonSah­lin-Anders­son, Con­s­truc­ting Orga- niza­ti­ons: The Exam­p­le of Public Sec­tor Reform, in: Orga­niza­ti­on Stu­dies 21 (2000), S. 721–746; Mus­se­lin, Are Uni­ver­si­ties Spe­ci­fic Orga­ni­sa­ti­ons?, in: Krü­cken, Kos­mütz­ky, Tor­ka (Eds.), Towards

a Mul­ti­ver­si­ty? Bie­le­feld 2007, S. 63–84. Anre­gen­de deutsch­spra- chi­ge Über­bli­cke geben z.B. Engels, Eine Annä­he­rung an die Uni- ver­si­tät aus orga­ni­sa­ti­ons­so­zio­lo­gi­scher Sicht, in: die hoch­schu­le. jour­nal für wis­sen­schaft und bil­dung, (1) 2004, S. 12 ff.: Nickel, Dezen­tra­li­sier­te Zen­tra­li­sie­rung. Die Suche nach neu­en Orga­ni­sa- tions- und Lei­tungs­struk­tu­ren für Fakul­tä­ten und Fach­be­rei­che, eben­da, S. 87 ff.; Kehm (Fn. 13); Huber (Fn.13); Hüther/Krücken, Wis­sen­schaft­li­che Kar­rie­re und Beschäf­ti­gungs­be­din­gun­gen. Orga­ni­sa­ti­ons­so­zio­lo­gi­sche Über­le­gun­gen zu den Gren­zen neu­er Steue­rungs­mo­del­le an deut­schen Hoch­schu­len in: Sozia­le Welt, 62 (2011) 3, S. 305–325; Mins­senWil­kes­mann, Las­sen Hoch- schu­len sich steu­ern?, in: Sozia­le Welt 54 (2003), S. 123–141; Hanft, Bil­dungs- und Wis­sen­schafts­ma­nage­ment, Mün­chen 2008, S. 66 ff.

Zech­lin · Wis­sen­schafts­frei­heit und Orga­ni­sa­ti­on 1 6 7

168 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 3 (2017), 161–174

her­aus die Hoch­schul­leh­rer in der Recht­spre­chung als „Inha­ber der Schlüsselfunktion“54 bezeich­net wer­den: Hoch­schu­len sind Wis­sens­or­ga­ni­sa­tio­nen, das Wis­sen ist ihr eigent­li­ches „Kapital“,55 aber es „gehört“ nicht der Orga­ni­sa­ti­on, son­dern Per­so­nen. Die Leis­tungs­fä­hig­keit der Orga­ni­sa­ti­on hängt von die­sen Per­so­nen ab, die sich als Juris­ten, Medi­zi­ner, Natur- oder Geis­tes­wis­sen­schaft­ler u.a. aber eher an ihren Pro­fes­si­ons­sys­te­men oder wis­sen- schaft­li­chen Communities56 ori­en­tie­ren als an ihrer Uni- ver­si­tät. Dort erfolgt die Aner­ken­nung als Exper­te, die sich in einer ent­spre­chen­den Repu­ta­ti­on in der Öffent­lich­keit aus­drückt, in die­ser Span­nung zwi­schen Orga­ni­sa­ti­on und dem Fach­sys­tem der Pro­fes­si­on fin­det die Orga­ni­sa- tions­wer­dung des­halb ihre Gren­ze. Das bedeu­tet, dass die Füh­rung und das Manage­ment der Uni­ver­si­tät sie in beson­de­rer Wei­se in die Ent­schei­dungs­bil­dung ein­be­zie- hen müs­sen, kei­ne Uni­ver­si­tät kann gegen ihre Pro­fes­so- ren „regiert“ wer­den; es bedeu­tet aber nicht, dass ihnen die Füh­rung oder das Manage­ment „maß­ge­bend“ oder „aus­schlag­ge­bend“ über­las­sen blei­ben müsste.57

Da Per­so­nen nicht Teil der Orga­ni­sa­ti­on sind, Orga- nisa­tio­nen aber ohne Per­so­nen ihre Auf­ga­ben nicht er- fül­len kön­nen, bedarf es einer Ver­bin­dung. Die erfolgt über den sozio­lo­gi­schen Rollenbegriff.58 Er ver­mei­det die tota­le Ver­ein­nah­mung der Per­son und ermög­licht es, sie ledig­lich in bestimm­ten Aus­schnit­ten zu inte­grie­ren, die zu der jewei­li­gen Posi­ti­on und Funk­ti­on in der Orga-

  1. 54  BVerfGE 35, 79 (127).
  2. 55  Gross­mannPel­lertGot­wald, Kran­ken­haus, Schu­le, Universität:Charakteristika und Opti­mie­rungs­po­ten­tia­le, in: Gross­mann, (Hrsg.), Bes­ser Bil­li­ger Mehr. Zur Reform der Exper­ten­or­ga­ni- satio­nen Kran­ken­haus, Schu­le, Uni­ver­si­tät, iff Tex­te, Wien1997, S. 24 ff., 25.
  3. 56  Stich­weh, Neue Steue­rungs­for­men der Uni­ver­si­tät und die aka­de­mi­sche Selbst­ver­wal­tung. Die Uni­ver­si­tät als Orga­ni­sa­ti­on, in: Sieg, Korsch (Hrsg.), Die Idee der Uni­ver­si­tät heu­te, Mün­chen 2005, S. 123 ff.
  4. 57  Das zeigt auch ein Blick auf ande­re Wis­sens- oder Exper­ten­or­ga- nisa­tio­nen wie Kran­ken­häu­ser (mit den Chef­ärz­ten), Wer­be- agen­tu­ren (mit den Tex­tern und Gra­phi­kern) oder Schu­len
    (mit den Leh­rern), selbst wenn Grund­rech­te im Spiel sind wie bei Zei­tun­gen und Rund­funk­an­stal­ten (mit den Redak­teu­ren) oder Opern­häu­ser, Orches­ter und Thea­ter (mit Diven, Ers­ten Gei­gern und Schau­spiel­stars). Die Bei­spie­le zei­gen, dass es eher um die Garan­tie der Selbst­ver­wal­tung als um die Grund­rech­te aus Art. 5 GG geht; vgl. auch Groß, Das Selbst­ver­wal­tungs­recht der Uni­ver­si­tä­ten – Zusätz­li­ches zur Wis­sen­schafts­frei­heit, DVBl. 2006, S. 721 ff. sowie ders., (Fn. 50); Feh­ling, Neue Her­aus­for­de- run­gen an die Selbst­ver­wal­tung in Hoch­schu­le und Wis­sen­schaft, Die Ver­wal­tung 35 (2002), S. 399 ff.
  5. 58  Immer noch grund­le­gend, klar und zeit­los aktu­ell Mayn­tz, Sozio- logie der Orga­ni­sa­ti­on, Rein­bek bei Ham­burg 1963, S. 81 ff.; vgl. auch Seli­ger, Das Dschun­gel­buch der Füh­rung, Hei­del­berg 2008, S. 73 ff.
  6. 59  Vgl. hier­zu Fang­mann, Gelehr­ten­re­pu­blik und staat­li­che Anstalt – Ver­fas­sungs­recht­li­che Grund­la­gen und sys­te­mi­scher Kon­text, in: Wil­kes­mann, Schmidt (Hrsg.), Hoch­schu­le als Orga­ni­sa­ti­on, Wies­ba­den 2012, S. 61 ff.; Hoch­schul­an­ge­hö­ri­gen dürf­te die

nisa­ti­on pas­sen. Auf die­se Wei­se kann die­sel­be Per­son in meh­re­ren Funk­tio­nen ange­spro­chen sein. Hoch­schul- leh­rer sind z.B. als Wis­sen­schaft­ler tätig, kön­nen aber auch in Lei­tungs- oder Kol­le­gi­al­or­ga­nen über die Orga- nisa­ti­on von Wis­sen­schaft ent­schei­den. Bei­de Rol­len sind aber zu unterscheiden.59 Wis­sen­schaft ist auf Wahr- heit aus­ge­rich­tet. Wahr­heit ist nicht sub­stan­ti­ell „gege- ben“, son­dern wird in der Sci­en­ti­fic Com­mu­ni­ty in kon- tro­ver­sen Dis­kus­sio­nen zeit­lich begrenzt her­ge­stellt und immer wie­der in Fra­ge gestellt. Es kann Jah­re, sogar Ge- nera­tio­nen dau­ern, bis eine eini­ger­ma­ßen gefes­tig­te Auf- fas­sung von dem, was als wahr ange­se­hen wer­den soll, ent­stan­den ist, und selbst dann bleibt sie ein fal­si­fi­zier­ba- rer Wahr­heitsanspruch.60 Des­halb muss das Funk­ti­ons- sys­tem Wis­sen­schaft frei sein und sei­ner Eigen­ge­setz- lich­keit fol­gen. Orga­ni­sa­tio­nen sind hin­ge­gen auf Ent- schei­dun­gen ange­wie­sen, die jetzt getrof­fen wer­den müs- sen und nicht end­los ver­scho­ben oder immer wie­der in Fra­ge gestellt wer­den kön­nen. Glo­bal­bud­gets wol­len ver- teilt, Beru­fungs­vor­schlä­ge ent­schie­den und Stu­di­en­gän- ge unter­stützt, geschlos­sen oder neu ein­ge­rich­tet wer- den. Gre­mi­en­ent­schei­dun­gen beru­hen des­halb auf Mehr­heit, nicht auf Wahrheit,61 es geht um prak­ti­sche Ver­nunft, nicht um Wis­sen­schaft. Die­se Unter­schei­dung ist wich­tig. Wer in einer Mehr­heits­ent­schei­dung unter- liegt, kann trotz­dem Recht haben,62 sie aber – sofern sie in einem fai­ren Ver­fah­ren getrof­fen wor­den ist – akzep-

ver­gleich­ba­re Unter­schei­dung zwi­schen Fach­wis­sen­schaft und der Orga­ni­sa­ti­on des fach­wis­sen­schaft­li­chen Unter­richts geläu­fi­ger sein: Die bes­ten Mathe­ma­ti­ker, His­to­ri­ker etc. sind nicht zugleich die bes­ten Mathematik‑, Geschichts- etc. Leh­rer. Das Glei­che lässt sich auch für die Lei­tungs­kräf­te selbst sagen, die nicht zu den Top-Wis­sen­schaft­lern gehö­ren müs­sen, was wie­der­um Anlass für sati­ri­sche Dar­stel­lun­gen bie­tet, vgl. Zech­lin, „Er ist als Wis­sen- schaft­ler eine Nie­te und hat sich des­halb der Uni­ver­si­täts­po­li­tik ver­schrie­ben“. Der Cam­pus, in: Hei­di Möl­ler, Tho­mas Gier­nal- czyk (Hrsg.), Orga­ni­sa­ti­ons­kul­tu­ren im Spiel­film. Von Ban­ken, Klös­tern & der Mafia: 29 Film- & Fir­men­ana­ly­sen. Ber­lin, Hei­del­berg 2017, S. 205–218.

60 Löwer (Fn. 16) Rn. 11, 12.
61 Sie sind als orga­ni­sa­ti­ons­po­li­ti­sche Ent­schei­dun­gen „arbi­trär“

(Zintl, Poli­ti­sches Wis­sen und Wis­sen in der Poli­tik, in: Engel, Half­mann, Schul­te (Hrsg.), Wis­sen – Nicht­wis­sen – Unsi­che­res Wis­sen, Baden-Baden 2002, S. 93 ff., 94); vgl. dem­ge­gen­über Starck, der die Hoch­schul­leh­rer­mehr­heit mit der „Rich­tig­keit wis­sen­schafts­re­le­van­ter Ent­schei­dun­gen“ recht­fer­tigt (Mangoldt/ Klein, Art. 5 Abs. 3 Rn. 392); Blan­kenagel, Par­ti­zi­pa­ti­on von Wis- sen­schaft­lern in der Wis­sen­schafts­po­li­tik, KritV 1989, S. 247 ff., schlägt abge­stuf­te Betei­li­gungs­mo­di (263) in einem „vier­ecki­gen Ori­en­tie­rungs­mus­ter“ (271) als Auf­ga­be der Poli­tik vor.

62 Anders der Rousseau’sche Gemein­wil­le, der – ähn­lich wie Moral und Ethik – „offen­bar“ ist und nur zur Not durch Abstim­mung ermit­telt wird : „Wenn mit­hin mei­ne Ansicht der ent­ge­gen­ge­setz- ten unter­liegt, so beweist dies nichts ande­res, als dass ich mich geirrt hat­te, und das­je­ni­ge, was ich für den all­ge­mei­nen Wil­len hielt, es nicht war“ (Rous­se­au, Der Gesell­schafts­ver­trag, Stutt­gart 1966, S. 154, IV/2).

tie­ren, wer sich hin­ge­gen auf die Wahr­heits­su­che macht, wird auf dem Unter­schied von „rich­tig“ und „falsch“ be- har­ren und dabei kei­ne Mehr­heits­ent­schei­dun­gen akzeptieren.

Der Recht­spre­chung scheint nun eine Ver­wech­se­lung der bei­den Rol­len zugrun­de zu lie­gen. So argu­men­tiert das BVerfG, wenn es die Hoch­schul­leh­rer­mehr­heit da- mit begrün­det, es müs­se ver­hin­dert wer­den, dass „wis- sen­schaft­li­cher Sach­ver­stand … in dem Beschluss­or­gan der Wis­sen­schafts­ver­wal­tung über­spielt wird“.63 Es kommt aber nicht auf den wis­sen­schaft­li­chen Sach­ver- stand der Gre­mi­en­mit­glie­der son­dern ihre Sach­nä­he zur Wis­sen­schaft und ihren orga­ni­sa­to­risch-prak­ti­schen Sach­ver­stand an. Hel­mut Will­ke bringt den Unter­schied zwi­schen klu­gen Mit­glie­dern und klu­ger Orga­ni­sa­ti­on gut auf dem Punkt: „Die euro­päi­schen Uni­ver­si­tä­ten sind ein Haupt­bei­spiel für dum­me Orga­ni­sa­tio­nen, in denen – so soll­te man anneh­men kön­nen – leid­lich intel- ligen­te Men­schen arbei­ten. Dumm sind sie, weil ihre or- gani­sa­to­ri­sche Intel­li­genz bes­ten­falls auf der Stu­fe der Humboldt’schen Refor­men ste­hen geblie­ben ist. Sie schaf­fen es nach wie vor nicht, insti­tu­tio­nel­le Regel­sys­te- me, Anreiz­sys­te­me und orga­ni­sa­tio­na­le Kar­rie­re­mus­ter zu eta­blie­ren, wel­che aus der Sum­me kon­kur­rie­ren­der Ein­zel­kämp­fer, iso­lier­ter Indi­vi­du­en und ‚ein­sa­mer‘ For- scher ver­netz­te Gemein­schaf­ten, koope­rie­ren­de Grup- pen, Teams oder Pro­jek­te bil­den wür­den. (…) Dage­gen sind etwa die Par­la­men­te alter, ent­wi­ckel­ter Demo­kra­ti- en her­aus­ra­gen­de Bei­spie­le für intel­li­gen­te Orga­ni­sa­tio- nen, die sehr gut mit durch­schnitt­li­chen Mit­glie­dern aus­kom­men. (…) Ins­ge­samt führt dies bei allen ver­blei- ben­den Schwä­chen zu einer insti­tu­tio­nel­len Weis­heit, wel­che die für den demo­kra­ti­schen Pro­zess kenn­zeich- nen­de Mit­tel­mä­ßig­keit der Mit­glie­der der Par­la­men­te zu kom­pen­sie­ren in der Lage ist“.64

  1. 63  BVerfGE 35, 130; vgl. dazu schon das Min­der­hei­ten­vo­tum mit sei­ner Fest­stel­lung, „dass der fach­wis­sen­schaft­li­che Sach­ver­stand selbst her­vor­ra­gen­der Gelehr­ter nicht mit einer beson­de­ren Qua­li­fi­ka­ti­on für die Wis­sen­schafts­ver­wal­tung iden­tisch ist. Ent­spricht es zudem nicht gera­de dem Wesen frei­er Wis­sen­schaft, dass sich Qua­li­fi­ka­ti­on durch das sach­li­che Gewicht von Argu- men­ten aus­weist und nicht eine for­ma­li­sier­te Ent­schei­dungs­po­si- tion bean­sprucht, durch wel­che alle übri­gen in eine per­ma­nen­te Min­der­hei­ten­po­si­ti­on ver­wie­sen wer­den?“ (S. 161).
  2. 64  Will­ke, Dum­me Uni­ver­si­tä­ten, intel­li­gen­te Par­la­men­te. Wie es kommt, dass intel­li­gen­te Per­so­nen in dum­men Orga­ni­sa­tio­nen ope­rie­ren kön­nen, und umge­kehrt. In: Gross­mann (Hrsg.), Wie wird Wis­sen wirk­sam? Wien 1997, S. 107 ff.
  3. 65  Schon Wil­helm von Hum­boldt schrieb in einem Brief an sei­ne Frau Caro­li­ne: „Mit wie­viel Schwie­rig­kei­ten ich bei all­dem zu kämp­fen habe, wie die Gelehr­ten, die unbän­digs­te und am schwers­ten zu befrie­di­gen­de Men­schen­klas­se – mit ihren ewig sich durch­kreu­zen­den Inter­es­sen, ihrer Eifer­sucht, ihrem Neid, ihrer Lust zu regie­ren, ihren ein­sei­ti­gen Ansich­ten, wo jede

Unter Orga­ni­sa­ti­ons­ge­sichts­punk­ten spricht also nichts dafür, die Pro­fes­so­ren­mehr­heit der­art zu ver­fes­ti- gen, dass sie in Ver­fas­sungs­rang erho­ben wird.65 Auch ande­re Uni­ver­si­täts­an­ge­hö­ri­ge haben eine Sach­nä­he zur Wis­sen­schaft. Die hohe Bedeu­tung der Pro­fes­so­ren ist Bestand­teil der info­ma­len Orga­ni­sa­ti­ons­kul­tur, deren Ver­fes­ti­gung in for­ma­le Orga­ni­sa­ti­onsstruk­tur immer pro­ble­ma­tisch ist.66 1973 stell­te sie einen prag­ma­ti­schen Kom­pro­miss des BVerfG in einer Zeit dar, in der die tra- dier­te insti­tu­tio­nel­le Prä­gung der Hoch­schu­le stark wei- ter­wirk­te und der gan­ze Schritt zu einem orga­ni­sa­tio­na- len Grund­rechts­ver­ständ­nis noch zu groß gewe­sen wäre. Dar­in liegt der Grund dafür, dass das Min­der­hei­ten­vo- tum nicht mehr­heits­fä­hig war, nicht in der „rich­ti­ge­ren“ Rechts­auf­fas­sung der Mehrheit.

2. Struk­tu­rel­le Gefahr und risi­ko­be­wuss­tes Handeln

Bur­ton Clark hat die Orga­ni­sa­ti­ons­wer­dung als Chan­ce für selbst­be­stimm­tes Han­deln gese­hen, die Recht­spre­chung betrach­tet sie als Gefahr.67 Schon in dem Urteil zur Grup- penuniversitäterklärtdasBVerfG,Art.5Abs.3GGverbie- te dem Gesetz­ge­ber eine Orga­ni­sa­ti­ons­ge­stal­tung, bei der „die Gefahr der Funk­ti­ons­un­fä­hig­keit oder der Beein­träch- tigung des für die wis­sen­schaft­li­che Betä­ti­gung der Mit­g­lie- der erfor­der­li­chen Frei­heits­rau­mes her­bei­ge­führt wird“.68 Es soll nicht erst abge­war­tet wer­den, bis ein „Ein­griff“ in die indi­vi­du­el­le Frei­heit vor­liegt, son­dern schon prä­ven­tiv dafür gesorgt wer­den, dass eine sol­che Grund­rechts­ver­let- zung unter­bleibt. In dem klas­si­schen rechts­staat­li­chen Inst- rum­en­ta­ri­um des Poli­zei­rechts, bei dem hier Anlei­hen gemacht wer­den, wird der Gefah­ren­be­griff prä­zi­se defi- niert, damit die Frei­heit gegen­über vor­han­de­nen Gefah­ren geschützt und nicht durch pater­na­lis­ti­sche Vor­sor­ge gegen- über der poten­ti­el­len Ent­ste­hung künf­ti­ger Gefah­ren erstickt wird. Eine Gefahr droht erst „wenn eine Sachlage

meint, dass nur sein Fach Unter­stüt­zung und Beför­de­rung ver- dient, mich umla­gern, … davon hast du kei­nen Begriff “; zitiert nach Kahl 2004, (Fn. 13) S. 26; Schelsky, Ein­sam­keit und Frei­heit. 2., um einen ‚Nach­trag 1970‘ erwei­ter­te Auf­la­ge, Düs­sel­dorf 1971, S. 119.

66 Bei­de Sei­ten müs­sen unter­scheid­bar blei­ben, aber zusam­men- wir­ken, vgl. Kühl, Orga­ni­sa­tio­nen. Eine sehr kur­ze Ein­füh­rung, Wies­ba­den 2011, S. 88 ff.; Schrey­ögg, Orga­ni­sa­ti­on, Wies­ba­den 2008, S. 343 ff.

67 Hier­zu tref­fend und unter dem schö­nen Titel „Die Hoch­schu-
le als Gefahr für die Wis­sen­schafts­frei­heit“ Sie­we­ke, DÖV
2011, S. 472 ff.; vgl. zu der Gegen­über­stel­lung auch Eifert, Wis­sen­schafts­frei­heit und Rund­funk­frei­heit. Grund­rech­te mit spe­zi­fi­schem Orga­ni­sa­ti­ons­ge­halt im Ver­gleich, in: Britz (Hrsg.), For­schung in Frei­heit und Risi­ko, Tübin­gen 2012, S. 17 ff., S. 23 mwN.; Tru­te, Die For­schung zwi­schen grund­recht­li­che Frei­heit und staat­li­cher Insti­tu­tio­na­li­sie­rung. Tübin­gen 1994, S. 330 f. („Ambi­va­lenz orga­ni­sier­ter Freiheit“).

68 BVerfGE 35, 79 (124).

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oder ein Ver­hal­ten bei unge­hin­der­tem Ablauf des objek­tiv zu erwar­ten­den Gesche­hens mit Wahr­schein­lich­keit ein poli­zei­lich geschütz­tes Rechts­gut schä­di­gen wird“.69

Die Recht­spre­chung zur Wis­sen­schafts­frei­heit wei­tet dem­ge­gen­über die Abwehr von Gefah­ren zu einer schon im Vor­feld der Gefahr ange­sie­del­ten Ver­mei­dung von Gefähr­dun­gen aus, die zudem mit kei­ner­lei empi­ri­scher Evi­denz unter­legt wird. Es kommt hier auf sprach­li­che Nuan­cen an, was sich schon in dem oben zitier­ten Hoch- schul­ur­teil aus­drückt („her­bei­ge­führt wird“). Die Bran- den­burg-Ent­schei­dung 2004 stellt einer­seits dar­auf ab, ob durch die Orga­ni­sa­ti­ons­nor­men die freie wis­sen- schaft­li­che Betä­ti­gung und Auf­ga­ben­er­fül­lung struk­tu- rell gefähr­det „wer­den“, ande­rer­seits dar­auf, ob eine Re- gelung Struk­tu­ren schafft, die sich gefähr­dend aus­wir­ken „kön­nen“. Auf­kom­men­de Zwei­fel, ob damit die sog. Ge- fah­renvor­sor­ge gemeint sein könn­te, besei­tigt sie aller- dings durch die Klar­stel­lung, dass „eine nur hypo­the­ti- sche Gefähr­dung nicht aus(reicht)“.70 Die Ham­bur­ger Ent­schei­dung wie­der­holt 2010 die For­mu­lie­rung aus der Bran­den­burg Entscheidung,71 wohin­ge­gen die MHH Ent­schei­dung 2014 davon spricht, dass Gefah­ren für die Frei­heit von Leh­re und For­schung „ver­mie­den“ wer- den.72 Eine kla­re Grenzziehung73 zwi­schen der Abwehr vor­han­de­ner und der Ver­mei­dung mög­li­cher­wei­se ent- ste­hen­der künf­ti­ger Gefah­ren unterbleibt.

Ver­mei­den ist jedoch kei­ne Lösung, wie ein Ver­gleich zeigt: Berg­stei­gen ist mit der Gefahr des Abstür­zens ver- bun­den. Wer die­se Gefahr ver­mei­den will, ver­zich­tet am bes­ten auf die­se Frei­zeit­be­schäf­ti­gung. Wer den­noch nicht dar­auf ver­zich­ten will, wird trotz­dem nicht blind gegen­über den Gefah­ren sein, son­dern ver­su­chen, sie durch Acht­sam­keit im Han­deln zu beherr­schen. Die Kehr­sei­te der juris­ti­schen Gefah­ren­ab­wehr ist des­halb der sozi­al­wis­sen­schaft­li­che Risikobegriff.74 In den Wor- ten eines Grenz­gän­gers zwi­schen Rechtswissenschaft

  1. 69  BVerwG 45, 51 (57).
  2. 70  Alle Zita­te BVerfGE 111, 333 (355).
  3. 71  BVerfGE 127, 87 (116).
  4. 72  Juris Rn. 57; der VerfGH BW refe­riert die MHH-Entscheidung,nach der Gefah­ren „ver­mie­den wer­den“ sol­len und setzt bei der Dar­stel­lung sei­ner eige­nen Maß­stä­be „abweh­ren“ und „ver- mie­den“ in zwei auf­ein­an­der­fol­gen­den Sät­zen unkom­men­tiert neben­ein­an­der (Juris Rn. 84).
  5. 73  Die „Gefah­ren­schwel­le“, vgl. dazu Sie­we­ke (Fn. 67) S. 473 f.
  6. 74  Vgl. Di Fabio, Risi­koent­schei­dun­gen im Rechts­staat, Tübingen1994, S. 52 ff.; Scherz­berg, Wis­sen, Nicht­wis­sen und Unge­wiss­heit im Recht. In: Engel, Half­mann, Schul­te (Fn. 61) S. 113 ff., Fn. 122; Britz, Wag­nis­se moder­ner Hoch­schul­ver­fas­sung, in: dies. (Fn.
    67) S. 31 ff.; Kauf­hold, Sys­tem­auf­sicht. Anfor­de­run­gen an die Aus­ge­stal­tung einer Auf­sicht zur Abwehr sys­te­mi­scher Risi­ken ent­wi­ckelt am Bei­spiel der Finanz­auf­sicht. Tübin­gen 2016.
  7. 75  Luh­mann, Gefahr und Risi­ko, in: Sozio­lo­gi­sche Aufklärung.

und Sozio­lo­gie geht es „um Fäl­le, in denen ein mög­li­cher Scha­den leicht (…) ver­meid­bar ist, da man ein­fach zu Hau­se blei­ben kann, es aber trotz­dem zu emp­feh­len ist, die Mög­lich­keit eines Scha­dens aktiv her­bei­zu­füh­ren“.75 Gefah­ren­ab­wehr ver­spricht Sicher­heit, der Risi­ko­be­griff hält dies für eine Über­for­de­rung, denn „es gibt kei­ne ri- siko­freie Sicherheit“.76 Ent­schei­dun­gen absor­bie­ren zwar Unsi­cher­heit, aber sie besei­ti­gen sie nicht. Sie erfor­dern auf der Zeit­ach­se wei­te­re Ent­schei­dun­gen und stel­len damit die Unsi­cher­heits­ab­sorp­ti­on auf eine kon­ti­nu­ier­li- che Basis, einen stän­di­gen Kreis­lauf von Beob­ach­tung, Bewer­tung und Entscheidung.77 Die gro­ße „Ein­malent- schei­dung“ (dazu gehö­ren auch Grund­satz­ur­tei­le der Ver­fas­sungs­recht­spre­chung zu der Lei­tungs- und Ent- schei­dungs­struk­tur von Uni­ver­si­tä­ten) schafft kei­ne dau­er­haf­te Sicher­heit, sie führt eher zu der Illu­si­on da- von und trägt dadurch zu der Ver­drän­gung von Risi­ken bei. Die Ver­fas­sungs­recht­spre­chung selbst kann aber nicht stän­dig beob­ach­ten und neu ent­schei­den, son­dern das ist Auf­ga­be der Politik,78 die des­halb „ein­sprin­gen muss. Man wird, und man soll­te viel­leicht auch, den Me- cha­nis­mus kol­lek­tiv bin­den­der Ent­schei­dung benut­zen, um das zu ent­schei­den, was weder rich­tig noch falsch ent­schie­den wer­den kann“.79

Poli­tik besteht einer geläu­fi­gen Defi­ni­ti­on nach aus der Her­stel­lung kol­lek­tiv ver­bind­li­cher Ent­schei­dun­gen. Das geschieht nicht nur auf der Makro­ebe­ne des Staa­tes, son­dern auch der Meso­ebe­ne der Hoch­schu­le und ist das schon erwähn­te Orga­ni­sie­ren, das sich von der Wis- sen­schaft selbst unter­schei­det. Es erfor­dert Risi­ko­be- wusst­sein und Han­deln, näm­lich die kon­ti­nu­ier­li­che und situa­ti­ve Vor­be­rei­tung, Her­stel­lung und Umset­zung von Ent­schei­dun­gen, die Beob­ach­tung ihrer Aus­wir­kun­gen und das Nut­zen die­ser Beob­ach­tun­gen für das Her­stel­len von Anschluss­ent­schei­dun­gen. Die Recht­spre­chung be- fasst sich aber nur mit der Lei­tungs- und Entscheidungs-

Kon­struk­ti­vis­ti­sche Per­spek­ti­ven, 4. Aufl., S. 126 ff., 127.
76 Luh­mann, (Fn. 75) S. 152, wir leben eben in einer „Risi­ko­ge­sell-

schaft“ (Beck, Risi­ko­ge­sell­schaft. Auf dem Weg in eine andere

Moder­ne, Frank­furt am Main 1986).
77 „Für uns liegt das Beson­de­re des Risi­kos dar­in, dass es aus der

unbe­grenz­ten Fül­le von Hand­lun­gen, die mit Unsi­cher­heit
und mög­li­chen Schä­den ver­knüpft sein kön­nen – also aus dem Schat­ten­be­reich der Gefahr – her­aus­ge­holt wur­de, dass es durch gesell­schaft­li­che Dis­kur­se the­ma­ti­siert und benenn­bar wur­de, abgrenz­bar und letzt­lich abwäg­bar“ (Adal­bert Evers, Hel­ga Nowott­ny, zitiert nach Luh­mann, S. 129). Beck (Fn. 76) hat hier­für den Begriff „Refle­xi­ve Moder­ni­sie­rung“ entwickelt.

78 „in der Poli­tik gewin­nen Risi­ko­the­men im Ver­gleich zu Norm­the­men (Recht­set­zung) und Ver­tei­lungs­the­men an Be- deu­tung“ (Luh­mann, S. 138); vgl. dazu ins­ge­samt auch Will­ke, Super­vi­si­on des Staa­tes, Frank­furt am Main 1997.

79 Luh­mann, (Fn. 75) S. 156.

struk­tur. Sie ver­nach­läs­sigt damit das Han­deln und sei­ne Wechselwirkung80 mit der Struk­tur. Risi­ko­be­wuss­tes (Führungs-)handeln81 benö­tigt dafür einen gewis­sen Frei­raum. Damit ist zwar wie­der­um ein Risi­ko ver­bun- den, näm­lich das schlech­ter Füh­rung. Die­ses Risi­ko muss aber hin­ge­nom­men werden,82 wenn man nicht „zu Hau­se blei­ben“ will, denn die Ein­be­to­nie­rung des Füh- rungs­han­delns in immer fei­ner gestrick­te Struk­tur­vor- gaben stellt das grö­ße­re Risi­ko dar. Mit der Wahl von Füh­rungs­kräf­ten wird eben „die Mög­lich­keit eines Scha- dens aktiv her­bei­ge­führt“. Ob ein Scha­den tat­säch­lich ein­tritt, hängt dann von den Füh­rungs­per­so­nen ab, die aber auch sel­ber wis­sen, dass eine Uni­ver­si­tät nicht ge- gen ihre Pro­fes­so­ren regiert wer­den kann. Wenn er ein- tritt, kann das durch die Ver­wal­tungs­ge­rich­te über­prüft wer­den, die auf die­se Wei­se zu einer empi­ri­schen Basis für die Beur­tei­lung auch der Struk­tur bei­tra­gen. Wirk­li- che Gefah­ren dro­hen erst, wenn das Span­nungs­ver­hält- nis von Struk­tur und Han­deln in eine der bei­den Rich- tun­gen hin auf­ge­löst wird.

Wegen der Inter­de­pen­denz wird auch die „Pas­sung“ zwi­schen Struk­tur und Person83 wich­tig. Unter den Be- din­gun­gen offe­ner Dis­kus­si­on in Selbst­ver­wal­tungs­or­ga- nen wer­den Per­so­nen mit Mut84 zur Klar­heit benö­tigt, die Unter­schie­de ver­deut­li­chen und dazu bei­tra­gen, dass Kon­tro­ver­sen nicht unter den Tep­pich gekehrt wer­den. Man kann auf eine offe­ne Streit­kul­tur und die inte­grie- ren­de Kraft ver­nünf­tig aus­ge­tra­ge­ner Kon­flik­te setzen.85 Unter den Bedin­gun­gen der Hoch­schul­leh­rer­mehr­heit wer­den hin­ge­gen geschmei­di­ge Hin­ter­zim­mer­di­plo­ma- ten gefragt, die geräusch­los Kom­pro­mis­se her­bei­füh­ren und dadurch kon­tro­ver­sen Dis­kus­sio­nen in den Gremi-

  1. 80  Vgl. aus einer akteurs­theo­re­ti­schen Per­spek­ti­ve Schi­mank, Han­deln und Struk­tu­ren. Wein­heim und Mün­chen, 2. Aufl.
    2002, S. 14 ff.; in die­sem Gedan­ken liegt der Kern der Gover­nan- cean­sät­ze: Gover­nan­ce ist „Manage­ment von Inter­de­pen­denz“ (Mayn­tz, Gover­nan­ce im moder­nen Staat, in: Benz, Dose (Hrsg.), Gover­nan­ce – Regie­ren in kom­ple­xen Regel­sys­te­men, Wies­ba­den 2010, S. 37 ff., 43); Zech­lin, Gover­nan­ce als Füh­rungs­han­deln, in: Luzia Truni­ger (Hrsg.), Füh­ren in Hoch­schu­len. Anre­gun­gen und Refle­xio­nen aus Wis­sen­schaft und Pra­xis. Wies­ba­den 2017, S.33ff.
  2. 81  „Risi­ko­ma­nage­ment statt Gefah­ren­ab­wehr und ‑vor­so­ge“, so prä- gnant Scherz­berg (Fn. 74) S. 135; Bei­spie­le für Risi­ko­be­ar­bei­tung, die zei­gen, dass die Sache auch schief gehen kann, bei Britz, in: Drei­er (Hrsg.), Grund­ge­setz-Kom­men­tar, Art. 5 Abs. 3 (Wis­sen- schaft) Rn. 102, die aber auf Struk­tur als Gegen­mit­tel setzt.
  3. 82  Britz (Fn. 74) S. 43: „Es blei­ben nicht unbe­acht­li­che Rest­ri­si­ken mäch­ti­ge Hoch­schul­lei­tun­gen, die ver­fas­sungs­recht­lich hin­zu­neh- men sind“.
  4. 83  Lösch­per, Es kommt auch auf Per­so­nen an, in: Hoch­schul­ma­na­ge- ment, 4 (2016) S. 104–110.
  5. 84  Das bezieht sich nicht nur auf Rek­to­ren. Mut kann auch von Se- naten, die sich bei der Wahl der Rek­to­ren nicht durch die Hoch- schul­rä­te unter Druck set­zen las­sen (z.B. in Sie­gen, Saar­brü­cken, Leip­zig), von ein­zel­nen Hoch­schul­an­ge­hö­ri­gen (vgl. die Thematik

en vor­beu­gen. Droh­te in der Anfangs­pha­se der „Auto- nomen Hoch­schu­le“ die öffent­li­che Kom­mu­ni­ka­ti­on durch die Ent­schei­dungs­macht der Lei­tung erstickt zu wer­den, tritt nun­mehr der­sel­be Effekt durch die Macht der Hoch­schul­leh­rer ein. Die Gre­mi­en mögen zwar noch abstim­men, aber eher als Staf­fa­ge. Die eigent­li­chen Wei- chen­stel­lun­gen sind schon in den Vor­be­spre­chun­gen des „Pro­fes­so­ri­um“ erfolgt.

V. Alter­na­ti­ven

Auch bei einer sozi­al­wis­sen­schaft­li­chen Betrach­tung kommt es nicht zu einer har­mo­ni­schen Ein­heit von Orga­ni­sa­ti­on und Per­son. Ganz im Gegen­teil tre­ten die Unter­schie­de bei­der Sei­ten kla­rer her­vor. Wenn man die- sen Befund wie­der in das Grund­rechts­ver­ständ­nis „rück­über­setzt“, gelangt man auch dort statt einer Syn- the­ti­sie­rung zu einer deut­li­che­ren Tren­nung. Auf die­ser Grund­la­ge wird eine ande­re Art von Ver­bin­dung mög- lich.

1. Inper­so­na­les Grundrechtsverständnis

Hel­mut Rid­der hat 1975 die Wis­sen­schafts­frei­heit als „ein ‚inper­so­na­les‘ Grundrecht“86 bezeich­net. Ähn­lich wie für die Presse87 spre­che das Grund­ge­setz „von der Frei- heit der Wis­sen­schaft, nicht von der Frei­heit der Wis­sen- schaftler“.88 Die­ser durch eine gram­ma­ti­ka­li­sche Inter- pre­ta­ti­on gewon­ne­ne Befund wird für eine Rei­he von Lan­des­ver­fas­sun­gen auch durch eine sys­te­ma­ti­sche Inter­pre­ta­ti­on gestützt. Art. 20 der baden-würt­tem­ber­gi- schen Lan­des­ver­fas­sung z.B. lau­tet nicht nur „Die Hoch- schu­le ist frei“ (also nicht „der Wis­sen­schaft­ler“ oder gar

„Poli­ti­cal cor­rect­ness ver­sus Frei­heit der Wis­sen­schaft?“ der DHV-Jah­res­ta­gung 2017) oder Deka­nen, denen von dem Prä­si­di- um Pres­se­kon­tak­te unter­sagt wer­den (Ham­burg), bewie­sen wer- den. Vgl. auch Imbo­den, Deut­schen Unis fehlt es an Mut, in: ZEIT v. 4.2.2016; Schmoll, Wo bleibt der Mut? FAZ v. 1.4.2017 und dies., Der Hoch­schul­ver­band ver­tei­digt die Wis­sen­schafts­frei­heit. FAZ v. 12.4.2017.

85 Dubiel, Inte­gra­ti­on durch Kon­flikt?, KZfS 1999, Son­der­heft (H. 39) S. 132 ff.

86 Rid­der, Die sozia­le Ord­nung des Grund­ge­set­zes. Leit­fa­den zu den Grund­rech­ten einer demo­kra­ti­schen Ver­fas­sung, Opla­den 1975, S. 134; vgl. dazu auch Ladeur, Hel­mut Rid­ders Kon­zep­ti­on der Mei­nungs- und Pres­se­frei­heit in der Demo­kra­tie, Kri­ti­sche Jus­tiz 1999 (2), S. 281 ff.

87 „Der prin­zi­pi­el­le Feh­ler liegt über­all wie­der dar­in, dass von dem Wort­laut des Grund­rechts gar kei­ne Notiz mehr genom­men wird: Das Grund­ge­setz sagt doch unmiss­ver­ständ­lich, dass es auf die Frei­heit der Pres­se, nicht aber auf die Ver­le­ger­frei­heit usw. ankommt“ (Rid­der (Fn. 86) S. 87).

88 Fn. 86, S. 136 f.; dort auch eine deut­li­che Kri­tik an der „Hoch- schul­leh­rer­mehr­heit“ als ver­fas­sungs­recht­li­cher Vor­ga­be mit dem Ergeb­nis: „Das ist falsch (wenn man auch die Mei­nung ver­tre­ten kann, dass es sinn­voll sei)“.

Zech­lin · Wis­sen­schafts­frei­heit und Orga­ni­sa­ti­on 1 7 1

172 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 3 (2017), 161–174

„der Hoch­schul­leh­rer“), son­dern er befin­det sich auch in einem mit „Erzie­hung und Unter­richt“ über­schrie­be­nen Abschnitt, der einen Sach­be­reich, aber kei­ne Grund­rech­te regelt.89 Auch wenn die Dog­ma­tik der Inper­so­na­li­tät bei Rid­der nicht genau­er aus­ge­ar­bei­tet wird, zielt er doch ent- spre­chend dem Cha­rak­ter der Wis­sen­schafts­frei­heit als Kom­mu­ni­ka­ti­ons­grund­recht auf eine eigen­stän­di­ge Sphä­re des Öffent­li­chen in einer demo­kra­ti­schen Gesell­schaft, „die kon­kre­te Frei­heit eines sozia­len Fel­des durch des­sen Orga- nisation“.90 Eine sol­che Vor­stel­lung kommt der objek­tiv- recht­li­chen Inter­pre­ta­ti­on des BVerfG zwar nahe, wird im Unter­schied hier­zu aber nicht als Fern­wir­kung des indi­vi- duell ver­stan­de­nen Abwehr­rechts unter den heu­ti­gen Bedin­gun­gen einer „Orga­ni­sa­ti­ons­ge­sell­schaft“, son­dern unab­hän­gig davon als Funk­ti­ons­be­reich Wis­sen­schaft kon- zipiert, der sich nach sei­nen Eigen­ge­setz­lich­kei­ten ent­wi- ckelt.91

Die Siche­rung der Wis­sen­schafts­frei­heit liegt in einer sol­chen Vor­stel­lung nicht in der Gefah­ren­ab­wehr durch die alles ent­schei­den­de Struk­tur, son­dern der kon­ti­nu­ier­li­chen Beob­ach­tung der empi­ri­schen Aus­wir­kun­gen, die in der In- ter­de­pen­denz von Struk­tur und Han­deln erzeugt wer­den. Das kann aber nicht Auf­ga­be der Ver­fas­sungs­rechtsp­re- chung selbst sein. Es über­for­dert sie, die Ein­hal­tung der „objek­ti­ven Wer­te­ord­nung“ jeweils abs­trakt ex ante auf Ge- fähr­dun­gen hin zu beur­tei­len und die Beur­tei­lung zu ver- ändern, wenn auf der einen Sei­te der Abwä­gung 10 Gramm

  1. 89  Ähn­lich Art. 60 Hess. Verf. und Art. 16, 18 Verf. NRW; die­ses sys­te­ma­ti­sche Argu­ment ver­wen­det schon Smend (Fn. 17).
  2. 90  Fn. 86, S. 91; ins­ge­samt ver­tie­fend und wei­ter­füh­rend hier­zu Augs­berg (Fn. 10).
  3. 91  Ladeur (Fn. 86) zufol­ge hat Rid­der sein Kon­zept der „Insti­tu­ti­on“, mit dem er zeit­wei­lig gear­bei­tet hat, wegen der Nähe zu der Auf- fas­sung Carl Schmitts (Fn. 18) auf­ge­ge­ben, obwohl es „eigent­lich nicht miss­ver­ständ­lich war“ (286 f.). Es geht nicht um den Typus Uni­ver­si­tät als insti­tu­tio­nel­ler „Garan­tie des Her­ge­brach­ten“, son­dern um den „eigensinnige[n] Kom­mu­ni­ka­ti­ons- und Hand- lungs­zu­sam­men­hang der Wis­sen­schaft“, so Tru­te (Fn. 67) S. 275. Vgl. auch Grimm, Wis­sen­schafts­frei­heit vor neu­en Gren­zen? Göt- tin­gen 2007, der in Abgren­zung von den „per­so­na­len Grund­rech- ten“ wie der Mei­nungs­frei­heit, der Gewis­sens­frei­heit, dem Recht auf kör­per­li­che Unver­sehrt­heit etc. von der Wis­sen­schafts­frei­heit als „Funk­ti­ons­grund­recht“ spricht (S. 26).
  4. 92  Zu einem sol­chen Modell ten­diert aber der VerfGH BW (Fn. 2), indem er sach­li­che und per­so­nel­le Ent­schei­dungs­kom­pe­ten­zen mit­ein­an­der ver­rech­net (Juris Rn. 169). Wäre alles wie­der ganz anders, wenn – wie in Öster­reich und NRW – der Rek­tor nicht Senats­vor­sit­zen­der ist?
  5. 93  Dazu Ladeur, Die Wis­sen­schafts­frei­heit der „ent­fes­sel­ten Hoch- schu­le“, DÖV 2005, S. 753 ff., 761 ff.; in die­sem Sin­ne auch Groß, Wis­sen­schafts­ad­äqua­tes Wis­sen­schafts­recht, WissR 2002, 307
    ff., 318; ableh­nend Gär­ditz (Fn. 11) S. 362 ff. („kein empi­ri­sches Problem“).
  6. 94  Vgl. nur die umfang­rei­chen und theo­re­tisch fun­dier­ten Unter­su- chun­gen von Klei­mann, Uni­ver­si­täts­or­ga­ni­sa­ti­on und prä­si­dia­le Lei­tung. Füh­rungs­prak­ti­ken in einer mul­ti­plen Hybri­d­or­ga­ni­sa­ti- on, Wies­ba­den 2016 und Hüt­her, Von der Kol­le­gia­li­tät zur Hier-

Macht mit dem Gewich­tungs­fak­tor x zuge­ge­ben oder auf der ande­ren Sei­te 20 Gramm mit dem Gewich­tungs­fak­tor y ent­fernt werden.92 Statt­des­sen ist es Pflicht des Gesetz­ge- bers, die empi­ri­schen Aus­wir­kun­gen zu beob­ach­ten, über die Ergeb­nis­se der Beob­ach­tung zu berich­ten und dar­aus Kon­se­quen­zen für die Gesetz­ge­bung zie­hen und zu ver­ant- worten.93 Empi­ri­sche Erkennt­nis­se zu dem The­ma Macht und dem tat­säch­li­chen Ver­hal­ten der Lei­tungs­kräf­te lie­gen zwar mitt­ler­wei­le in wach­sen­dem Umfang vor,94 wer­den je- doch in der Recht­spre­chung nicht her­an­ge­zo­gen, weil sie nicht in ihrem abs­trakt auf die Struk­tur gerich­te­ten Such- ras­ter lie­gen. In dem Ver­fah­ren vor dem VerfGH BW ist z.B. gut­acht­lich auf die zen­tra­le Bedeu­tung der Pra­xis abge- stellt und vor­ge­tra­gen wor­den, „dass und wie die hoch- schul­recht­li­chen Vor­schrif­ten in Baden-Würt­tem­berg in ver­fas­sungs­kon­for­mer Wei­se prak­ti­ziert und voll­zo­gen werden“.95 Fol­ge­run­gen in der Argu­men­ta­ti­on des Urteils sind jedoch nicht ersicht­lich. Erst auf der Grund­la­ge sol­cher Infor­ma­tio­nen lie­ße sich aber, u.a. durch Ver­wal­tungs­ge- rich­te, beur­tei­len, ob Beein­träch­ti­gun­gen für die Wis­sen- schafts­frei­heit ein­ge­tre­ten sind und auch zukünf­tig dro­hen.

Das BVerfG hat in vie­len Berei­chen die Rele­vanz von Empi­rie für die Recht­spre­chung hervorgehoben.96 Es „ver- pflich­tet“ auch den Hoch­schul­ge­setz­ge­ber dazu, „bis­he­ri­ge Orga­ni­sa­ti­ons­for­men kri­tisch zu beob­ach­ten und zeit­ge- mäß zu reformieren“.97 Als Vor­bild könn­te die schwei­ze­ri- sche Bun­des­ver­fas­sung die­nen, die weit über die Hoch-

archie? Eine Ana­ly­se des New Mana­ge­ria­lism in den Lan­des­hoch- schul­ge­set­zen, Wies­ba­den 2010; fer­ner Hüther/Krücken (Fn. 53) mit der Unter­schei­dung von Orga­ni­sa­ti­ons- und Per­so­nal­macht; Minssen/Wilkesmann (Fn. 53); Woi­wo­de, Frost, Hatt­ke, Hoch- schul­lei­tun­gen zwi­schen Reprä­sen­ta­ti­on und Ergeb­nis­ori­en­tie- rung – Handlungs(un)fähigkeiten und Ver­mitt­lungs­tak­ti­ken. Vor­ge­se­hen für: Scherm (Hrsg.), Stra­te­gi­sche Entscheidungen

in Uni­ver­si­tä­ten. The­men­heft 6 (2017) Betriebswirtschaftlichen

For­schung und Pra­xis.
95 Wür­ten­ber­ger, Zur Ver­fas­sungs­mä­ßig­keit der Rege­lun­gen der

Hoch­schul­lei­tung im Lan­des­hoch­schul­ge­setz von Baden-Würt- tem­berg, OdW 2016, 1 ff., 5; Hag­mann (Beck­OK BW LHG/Hag- mann § 15 Rn. 9a) kri­ti­siert das Feh­len empi­ri­scher Bele­ge für die Gefähr­dun­gen und benennt eine Rei­he alter­na­ti­ver Gefah­ren, die umge­kehrt mit dem Regime der Hoch­schul­leh­rer­mehr­heit ent­ste­hen kön­nen; schon Hüt­her (Fn. 94) unter­schei­det zwi­schen dem poli­ti­schen „Dis­kurs“, sei­ner „gesetz­li­che Umset­zung“ (das eigent­li­che The­ma sei­nes Buches) und den „Prak­ti­ken der bzw. in der Orga­ni­sa­ti­on“ (S. 26 Fn. 9).

96 Vgl. jüngst Bie­back, Beob­ach­tungs- und Eva­lua­ti­ons­auf­trä­ge
an den Gesetz­ge­ber in der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas- sungs­ge­richts, Vor­trag auf der Tagung „Her­aus­for­de­run­gen der Geset­zes­eva­lua­ti­on und Rechts­wir­kungs­for­schung“ des Wis­sen- schafts­zen­trum Ber­lin v. 30/31.3.2017, Publi­ka­ti­on vor­ge­se­hen in der Zeit­schrift für Rechts­so­zio­lo­gie, 2017 Heft 2, sowie I. Augs- berg, S. Augs­berg, Pro­gnos­ti­sche Ele­men­te in der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts, in. Ver­wal­tungs­ar­chiv, 98 (2007), S. 290 ff.

97 BVerfGE 111, 333 (356, 360) unter Ver­weis auf BVerfGE 35, 79 (117) und 95, 267 (314).

schul­ge­setz­ge­bung hin­aus in Art. 170 bestimmt „Die Bun- des­ver­samm­lung sorgt dafür, dass die Maß­nah­men des Bun­des auf ihre Wirk­sam­keit über­prüft wer­den“. Die indi- vidu­el­le Wis­sen­schafts­frei­heit wird dabei nicht geschwächt oder gar ersetzt,98 son­dern ihre Ver­let­zung gehört zu der empi­ri­schen Grund­la­ge der Beob­ach­tung. Orga­ni­sa­ti­on und indi­vi­du­el­le Frei­heit blei­ben eigen­stän­dig, kom­mu­ni- zie­ren aber mit­ein­an­der. In dem Kreis­lauf von Beo­b­ach- tung, Dis­kus­si­on und Ent­schei­dung wäre die Orga­ni­sa­ti- ons­ge­stal­tung nicht ex ante juris­tisch for­ma­li­siert, son­dern bil­de­te sich erst all­mäh­lich in einem öffent­li­chen Dis­kurs her­aus, der zu einer stär­ker verwissenschaftlichten99 (so je- den­falls die Hoff­nung) und weni­ger ver­recht­lich­ten Poli­tik beitrüge.

2. Eine euro­päi­sche Perspektive

Wech­sel­sei­tig Beob­ach­tung, das wäre auch ein gutes Mot­to für einen rechts­ver­glei­chen­den Blick auf Europa.100 Die Wis­sen­schafts­frei­heit ist schließ­lich kei­ne rein deut­sche Erfindung,101 son­dern gilt als Teil der west­li­chen Wer­te­ge- mein­schaft auch in ande­ren Län­dern, so z.B. Österreich102 und der Schweiz.103 Dort gilt aber kei­ne Pro­fes­so­ren­mehr- heit bei der Wahl der Hoch­schul­lei­tung. § 23 Abs. 3 des öster­rei­chi­schen Uni­ver­si­täts­ge­set­zes 2002104 hat­te für die Pro­fes­so­ren zunächst die Mehr­heit der Sit­ze im Senat vor- gese­hen, schreibt seit 2009 aber nur noch die Hälf­te vor. Wahl und Abwahl der Rek­to­rats­mit­glie­der erfolgt in dem extern zusam­men­ge­setz­ten Uni­ver­si­täts­rat, der bei der Wahl ledig­lich an einen drei Per­so­nen umfas­sen­den Vor- schlag des Senats gebun­den ist und die Abwahl auch allei­ne vor­neh­men kann. Auch in der Schweiz (§ 29 Abs. 5 Ziff. 7 iVm. § 30 Abs. 2 UniG) kommt es nicht auf einen Professo-

  1. 98  In die­ser Befürch­tung liegt der Haupt­grund dafür, dass der­ar­ti­gen Ansät­ze „zur Ziel­schei­be pole­mi­scher Kri­tik“ (Volk­mann (Fn. 9) 264 mwN.) gewor­den sind; pro­non­ciert ableh­nend z.B. Gär­ditz (Fn. 11) 312 ff.
  2. 99  So unter Bezug­nah­me auf Haber­mas (Fn. 10) schon Schul­ze-Fie­litz, Frei­heit der Wis­sen­schaft, in: Ben­da, Mai­er­ho­fer, Vogel (Hrsg.), Hand­buch des Ver­fas­sungs­rechts, Ber­lin 1994, § 27 Rn. 34.
  3. 100  Eifert, Ler­nen­de Beob­ach­tung des Ver­wal­tungs­rechts durch das Ver­fas­sungs­recht, in: Bäu­erle (Hrsg.), Demo­kra­tie-Per­spek­ti­ven. Fest­schrift für Brun-Otto Bry­de, Tübin­gen 2013, S. 355 ff., 356 spricht von Rechts­ver­glei­chung als „wei­cher Koor­di­na­ti­on“ im euro­päi­schen Recht­spre­chungs­ver­bund; vgl. schon Groß, Die Auto­no­mie der Wis­sen­schaft im euro­päi­schen Rechts­ver­gleich, Baden-Baden 1992; ders. (Fn.93) S.325 („Not­wen­dig ist eine Abkehr vom natio­na­len Son­der­weg der Hyper­tro­phie des Art. 5 Abs. III GG“); Schul­ze-Fie­litz (Fn. 99) Rn. 24; Britz, (Fn. 81) Rn. 9; Feh­ling BK (Fn. 16) Rn. 276 ff.
  4. 101  Sehr wohl aber ist sie in dem deutsch­spra­chi­gen Raum ent­stan- den, vgl. Löwer (Fn. 16) Rn. 4 mwN.
  5. 102  Art. 17 Abs. 1 Staats­grund­ge­setz von 1867: Die Wis­sen­schaft und ihre Leh­re ist frei.
  6. 103  Art. 20 Bun­des­ver­fas­sung der Schwei­ze­ri­schen Eid­ge­nos­sen- schaft: Die Frei­heit der wis­sen­schaft­li­chen Leh­re und For­schung ist gewährleistet.

ren­mehr­heit an. Gibt es dort also kei­ne Wis­sen­schafts­frei- heit?105

Mit der Über­le­gung, dass Euro­pa schließ­lich von sei­ner Viel­falt lebt und sol­che Unter­schie­de des­halb zu begrü­ßen sei­en, kann sich die Recht­spre­chung nicht zufrie­den geben. Nach Art. 23 des Grund­ge­set­zes wirkt die Bun­des­re­pu­blik an einer euro­päi­schen Inte­gra­ti­on mit, die „einen die­sem Grund­ge­setz im wesent­li­chen ver­gleich­ba­ren Grund­rechts- schutz gewähr­leis­tet“. Die­ser Satz bin­det auch die Recht- spre­chung. In Öster­reich hat es der Ver­fas­sungs­ge­richts­hof aber schon im Jahr 1977106 abge­lehnt, für die ent­schei­dungs- berech­tig­ten drit­tel­pa­ri­tä­ti­schen Stu­di­en­kom­mis­sio­nen pro­fes­so­ra­le Mehr­hei­ten aus Art. 17 des Staats­grund­ge­set­zes „abzu­lei­ten“. Er inter­pre­tiert die Wis­sen­schafts­frei­heit klas- sisch libe­ral als sub­jek­ti­ves Abwehr­recht, mit dem „jeder- mann, der wis­sen­schaft­lich forscht und lehrt“, gegen­über Staats­ein­grif­fen geschützt sei. Die Vor­stel­lung, die­se Vor- schrift ver­pflich­te den Staat dazu, „den Hoch­schul­leh­rern zur Siche­rung die­ses Grund­rechts eine maß­ge­ben­de Mit- wir­kung an der unmit­tel­ba­ren Wis­sen­schafts­ver­wal­tung einzuräumen“,107 sei „weder dem Wort­laut zu ent­neh­men noch aus der his­to­ri­schen Ent­wick­lung ableit­bar“. Sie wür- de „nur die den Hoch­schul­leh­rern zukom­men­de Wis­sen- schafts­frei­heit“ schüt­zen, „allen ande­ren Adres­sa­ten“ die­ser Frei­heits­ga­ran­tie die­sen Schutz aber vor­ent­hal­ten. In einer jün­ge­ren Ent­schei­dung zu dem Uni­ver­si­täts­ge­setz 2002 (das als eine Art „Blau­pau­se“ für das nord­rhein-west­fä­li- sche „Hoch­schul­frei­heits­ge­setz“ aus dem Jahr 2007 fun- giert hat) hat es die Wahl und Abwahl der Rek­to­rats­mit- glie­der durch den Uni­ver­si­täts­rat gebilligt.108 Das Bun- des­ver­fas­sungs­ge­richt müss­te sich also gemein­sam mit den Gerich­ten der ande­ren Län­der um eine Anglei­chung der

104 Vgl. zu der öster­rei­chi­schen Ent­wick­lung Fraen­kel-Hae­ber­le, Die Uni­ver­si­tät im Meh­re­be­nen­sys­tem. Moder­ni­sie­rungs­an­sät­ze in Deutsch­land, Ita­li­en und Öster­reich, Tübin­gen 2014, S. 142 ff.

105 „Wis­sen­schaft ist not­wen­di­ger­wei­se inter­na­tio­nal: Hoch­schul­sys- tem, die sich durch For­schungs- und Aus­bil­dungs­leis­tun­gen An- erken­nung erwor­ben haben, kön­nen aus der Sicht des deut­schen Ver­fas­sungs­rechts nicht ohne wei­te­res als inak­zep­ta­bel betrach­tet wer­den“ Ladeur (Fn. 93) S. 762.

106 Erk. v. 3.10.1997, G 13/76, G 7/77, EuGRZ 1978, S. 7 ff.; Hin­wei­se hier­auf bei Groß, Die Auto­no­mie der Wis­sen­schaft im euro­päi- schen Rechts­ver­gleich, Baden-Baden 1992, S. 45 ff.; ders. (Fn.93) S.309; Gär­ditz (Fn. 11) S. 313 Fn. 273 sowie schon früh­zei­tig Dal­lin­ger, § 3 Anm. 8, in: Dal­lin­ger, Bode, Del­li­an, Hoch­schul­rah- men­ge­setz. Kom­men­tar, Tübin­gen 1987.

107 Alle Zita­te aaO. (Fn. 106) S. 13, rech­te Spal­te. Man mag dar­über spe­ku­lie­ren, ob der Begriff „maß­ge­ben­de Mit­wir­kung“ eine Reak­ti­on auf das vier Jah­re zuvor ergan­ge­ne BVerfG Urteil mit sei­ner Unter­schei­dung von „maß­geb­lich“ und „aus­schlag­ge­bend“ darstellt.

108 Samm­lungs­num­mer 17101 v. 23.1. 2004, G359/02, S. 31 (Glie­de- rungs­num­mer 4.1.2.4.).

Zech­lin · Wis­sen­schafts­frei­heit und Orga­ni­sa­ti­on 1 7 3

174 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 3 (2017), 161–174

Recht­spre­chung bemü­hen. Kei­ne Gleich­ma­che­rei „von oben“, auch kei­ne Aus­übung von Druck im Sin­ne eines „Man spricht wie­der Deutsch in Euro­pa“, son­dern eine Art „Poli­cy Lear­ning“ zwi­schen den euro­päi­schen Ver­fas­sungs- gerich­ten durch gegen­sei­ti­ge Beobachtung.109

VI. Fazit

Wel­che Ergeb­nis­se las­sen sich aus all die­sen Über­le­gun­gen ziehen?

Die Hoch­schul­leh­rer­mehr­heit auf die Wahl und Ab- wahl der Hoch­schul­lei­tung aus­zu­wei­ten, ist in kei­ner Wei­se über­zeu­gend: Ent­we­der man beschränkt sie mit dem Hoch- schul­ur­teil 1973 auf Ange­le­gen­hei­ten, die For­schung und Leh­re „unmit­tel­bar“ betref­fen. Dann gehö­ren die Wahl und Abwahl nicht dazu. Oder man hält die­se Unter­schei­dung für über­holt, weil in der auto­no­men Uni­ver­si­tät mehr oder weni­ger alle Ent­schei­dun­gen „wis­sen­schafts­re­le­vant“ wer- den. Das erscheint als der plau­si­ble­re Weg, stellt die Hoch- schul­leh­rer­mehr­heit aber als ver­fas­sungs­recht­li­che Vor­ga­be gene­rell in Fra­ge. Sie selbst erscheint dann als ein heut­zu­ta- ge über­hol­ter Kom­pro­miss aus einer Zeit, in der die insti­tu­ti- onel­le Prä­gung der Uni­ver­si­tät als Ordi­na­ri­en­uni­ver­si­tät noch stark fort­wirk­te. Damit lan­det man bei der Posi­ti­on der Rich­te­rin Rupp von Brünneck und des Rich­ters Simon in dem Min­der­hei­ten­vo­tum zu dem Hoch­schul­ur­teil. Die Hoch­schul­ge­set­ze könn­ten die Pro­fes­so­ren­mehr­heit vor­se- hen, von ihr abse­hen oder die Ent­schei­dung der Sat­zungs- auto­no­mie der Hoch­schu­len über­las­sen. Damit wäre nicht nur der gewach­se­nen Hete­ro­ge­ni­tät zwi­schen und inner- halb der Hoch­schu­len Rech­nung getra­gen, son­dern auch der Anschluss an Euro­pa erreicht. Was nicht angeht, ist, sich aus bei­den Wel­ten das für die eige­ne poli­ti­sche Auf­fas­sung Bes­te her­aus­zu­pi­cken und zum Bestand­teil der Ver­fas­sung zu erklären.

Über die­se kon­kre­te Fra­ge hin­aus macht der Ver­zicht auf die Hoch­schul­leh­rer­mehr­heit den Weg frei für ein ei- gen­stän­di­ges orga­ni­sa­tio­na­les Ver­ständ­nis der Wis­sen­schafts- frei­heit, das nicht aus dem indi­vi­du­el­len Abwehr­recht „ab- gelei­tet“ wird. Das hät­te Fol­gen: Zum einen wür­de auch die lan­des­ver­fas­sungs­recht­lich garan­tier­te Selbst­ver­wal­tung eine eigen­stän­di­ge Bedeu­tung gewin­nen. Die Beto­nung liegt auf dem „Selbst“.109 Nur als Akteur kann sich die Uni- ver­si­tät gegen den pas­si­ven Nach­voll­zug der zahl­rei­chen ex-

  1. 109  Vgl. ins­ge­samt hier­zu Ger­mel­mann, Das euro­päi­sche Grund­recht auf Wis­sen­schafts­frei­heit, WissR Bei­heft 24, S. 19 ff.
  2. 110  Zu den unter­schied­li­chen Kon­zi­pie­run­gen des „Selbst“ im Rah- men der Akteurs­theo­rie Mei­er (Fn. 36) S. 40 ff., 63 ff.; vgl. auch Stich­weh (Fn. 16) S. 31.
  3. 111  Des­halb ist die Kri­tik von Gär­ditz (Fn. 11) S. 363, der­ar­ti­ge Ansät­ze blie­ben „weit­ge­hend eine Leer­for­mel“, nicht ohne wei- teres von der Hand zu wei­sen; vgl. auch Ladeur (Fn. 93) S. 761: Beob­ach­tung- und Nach­bes­se­rungs­pflicht als „eine dogmatisch

ter­nen Vor­ga­ben der Poli­tik zur Wehr set­zen, die ganz im Gegen­satz zu der Rhe­to­rik ihrer Auto­no­mie ste­hen. Gegen einen sol­che „Ver­stei­ne­rung“ der Ver­hält­nis­se hilft kei­ne Struk­tur, son­dern nur selbst­be­wuss­tes Han­deln der Uni­ver- sität als Orga­ni­sa­ti­on. Dazu gehört auch ein Füh­rungs­han- deln, das zur Ent­ste­hung eines risi­ko­be­wuss­ten Selbst­be- wusst­seins der Uni­ver­si­tät bei­trägt und nicht ledig­lich als struk­tu­rell zu bän­di­gen­de Gefahr kon­zi­piert wird. Zum an- deren wür­den Beein­träch­ti­gun­gen der Wis­sen­schafts­frei- heit durch empi­ri­sche Beob­ach­tun­gen erfasst. Zwar sind Beob­ach­tungs­pflich­ten, selbst wenn sie wie in der Schweiz Bestand­teil der Ver­fas­sung sind, auch nur Nor­men, deren Aus­wir­kun­gen erst wie­der zu beob­ach­ten wären, und die sind, jeden­falls wenn man die Fül­le von Hoch­schu­leva­lua­ti- onen in Deutsch­land betrach­tet, nicht gera­de ermu­ti- gend.110 Häu­fig han­delt es sich nur um büro­kra­ti­sche Rou- tine­übun­gen zur blo­ßen Legi­ti­ma­ti­ons­be­schaf­fung. Das ist aber kein Grund, auf sie zu ver­zich­ten, son­dern Anlass, die Erhö­hung ihrer Wirk­sam­keit zu betrei­ben. Ob und wie das gelingt, hängt aller­dings auch von dem Han­deln der Hoch- schul­an­ge­hö­ri­gen selbst, nicht zuletzt der Pro­fes­so­ren, und deren „Zivil­cou­ra­ge“ ab. Auch für die Wis­sen­schafts­frei­heit gilt der Satz Böcken­för­des, nach dem der frei­heit­li­che, säku- lari­sier­te Staat von Vor­aus­set­zun­gen lebt, die er selbst nicht garan­tie­ren kann.111

Die Bear­bei­tung sol­cher Fra­gen erfor­dert einen stär­ke­ren Aus­tausch der Rechts­wis­sen­schaft mit der empi­ri­schen Hoch- schul­for­schung, der für bei­de Sei­ten ein Gewinn wäre. Schon vor über 50 Jah­ren hat Niklas Luh­mann auf die „Kom­ple­men- tari­tät der Auf­ga­ben von Sozio­lo­gie und Dog­ma­tik“ hin­ge­wie- sen und „die­se Kon­tak­te“ gefor­dert, übri­gens mit dem Hin- weis, dass sie „am ehes­ten (…) im Rah­men der Bemü­hun­gen um Rechts­ver­glei­chung“ ent­ste­hen. Aller­dings „drängt sich“ ihm schon damals „die Fra­ge auf (…), ob die Grund­rechts­dog- matik in ihrer gegen­wär­ti­gen Gestalt zu einem sol­chen Gedan- ken­aus­tausch bereit und gerüs­tet ist“.112 Es wäre schon viel ge- won­nen, wenn der Dia­log stär­ker als bis­her in Gang käme.

Lothar Zech­lin ist Pro­fes­sor i.R. für Öffent­li­ches Recht im Insti­tut für Poli­tik­wis­sen­schaft der Uni­ver­si­tät Duis- burg-Essen, deren Grün­dungs­rek­tor er bis 2008 war. Von 1992 bis 2003 lei­te­te er als Prä­si­dent bzw. Rek­tor die Hoch­schu­le für Wirt­schaft und Poli­tik Ham­burg und die Karl-Fran­zens-Uni­ver­si­tät Graz.

durch­aus pro­duk­ti­ve, aber bis­her kon­tur­los geblie­be­ne Figur“. 112 Böcken­för­de, Die Ent­ste­hung des Staa­tes als Vor­gang der Säkula-

risa­ti­on, in: ders., Staat, Gesell­schaft, Frei­heit, Frank­furt am Main 1976, S. 42 ff., 60 (übri­gens unter aus­drück­li­chen Hin­weis dar­auf, dass die „Pro­kla­mie­rung eines ‚objek­ti­ven Wer­te­sys­tems‘“ kei­nen Aus­weg darstellt).

113 Luh­mann, Grund­rech­te als Insti­tu­ti­on. Ein Bei­trag zur poli­ti­schen Sozio­lo­gie, 5. Aufl. (1. Aufl. 1965) Ber­lin 2009, alle Zita­te auf S. 205.