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Über­sicht
I. Ein­lei­tung
II. Pau­scha­li­sie­ren­de Dar­stel­lun­gen in der For­schungs­li­te­ra­tur
III. Das deut­sche aka­de­mi­sche Sys­tem im Ver­gleich
IV. Aspek­te aus­län­di­scher Sys­te­me
V. Fazit
In der Fach­li­te­ra­tur im Bereich Hoch­schul- und Wis­sen­schafts­for­schung, in Uni­ver­si­täts­ver­wal­tun­gen sowie in aka­de­mi­schen Lebens­läu­fen gibt es eine Ten­denz, deut­sche aka­de­mi­sche Funktions‑, Amts- und Besol­dungs­be­zeich­nun­gen pau­schal auf die ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen aca­de­mic ranks abzu­bil­den. Ins­be­son­de­re der deut­sche Drei­satz W1-/W2-/W3-Pro­fes­sor/in wird dabei oft eins zu eins als Assistant, Asso­cia­te und Full Pro­fes­sor über­setzt. Es scheint auch gut zu pas­sen: Bei­de Sys­te­me haben eine drei-Stu­fen-Hier­ar­chie und die eng­li­schen Bezeich­nun­gen schei­nen sowohl für die inter­na­tio­na­le Dar­stel­lung als auch als Kate­go­ri­en­sys­tem in der Hoch­schul- und Wis­sen­schafts­for­schung gut brauch­bar. Die­ser Arti­kel kri­ti­siert die­se Abbil­dungs­pra­xis dahin­ge­hend, dass sie sowohl das deut­sche als auch aus­län­di­sche aka­de­mi­sche Sys­te­me stark ver­zerrt reprä­sen­tiert und wesent­li­che Aspek­te die­ser Sys­te­me aus­blen­det. Es wird gezeigt, dass die Abbil­dung des deut­schen Drei­sat­zes auf die ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen aca­de­mic ranks sowohl als wis­sen­schaft­li­ches Kate­go­ri­en­sys­tem als auch als Grund­la­ge für infor­mel­le Über­set­zun­gen aka­de­mi­scher Posi­tio­nen unge­eig­net ist.
I. Ein­lei­tung
Auf den ers­ten Blick scheint die Über­set­zung des deut­schen Drei­sat­zes W1-/W2-/W3-Pro­fes­sor/in als Assistant, Asso­cia­te und Full Pro­fes­sor gut zu pas­sen: Sie scheint sowohl eine prak­ti­sche Über­set­zung deut­scher Funk­ti­ons­be­zeich­nun­gen für die inter­na­tio­na­le Dar­stel­lung von Per­so­nen und Insti­tu­tio­nen als auch ein gutes Kate­go­ri­en­sys­tem für die Hoch­schul- und Wis­sen­schafts­for­schung zu lie­fern. Der Schein trügt aller­dings und eine sol­che pau­scha­le Abbil­dung deut­scher Pro­fes­so­ren­äm­ter ist aus meh­re­ren Grün­den pro­ble­ma­tisch.
Ers­tens wird die Viel­zahl von nicht-pro­fes­so­ra­len Funk­tio­nen und Ämtern (akademische/r (Ober)rat/rätin, Hochschuldozent/in, Privatdozent/in usw.) bei einer sol­chen Abbil­dung oft undif­fe­ren­ziert in die Kate­go­rie „übri­ge“ (d. h. wissenschaftliche/r Mitarbeiter/in) ein­sor­tiert. Zwei­tens sind ‚W1‘, ‚W2‘ und ‚W3‘ ledig­lich Bezeich­nun­gen von Besol­dungs­grup­pen in den Besol­dungs­ge­set­zen bzw. ‑ord­nun­gen der Län­der und des Bun­des, und kei­ne Amts- oder Funk­ti­ons­be­zeich­nun­gen oder gar aca­de­mic ranks. Die gesetz­lich gel­ten­den Amts­be­zeich­nun­gen sind ‚Juni­or­pro­fes­sor‘ (for­mal: ‚Pro­fes­sor als Juni­or­pro­fes­sor‘), ‚Pro­fes­sor an einer Fach­hoch­schu­le‘, ‚Pro­fes­sor an einer Kunst­hoch­schu­le‘, ‚Uni­ver­si­täts­pro­fes­sor‘ usw.1 Zwi­schen Amt und Besol­dungs­grup­pe besteht dem­entspre­chend ein grund­le­gen­der Unter­schied, wobei Professor/innen in „Per­so­nal­uni­on“ sowohl ein Amt als auch eine Stel­le in einer bestimm­ten Besol­dungs­grup­pe innehaben.2 Drit­tens ist der Ver­gleich wis­sen­schaft­lich pro­ble­ma­tisch, weil er das For­schungs­sub­jekt viel zu stark ver­ein­facht und ver­zerrt reprä­sen­tiert. Wesent­lich für gute For­schung ist der Gebrauch von Kate­go­rien, die das For­schungs­sub­jekt ange­mes­sen reprä­sen­tie­ren: Die ver­wen­de­ten Kate­go­rien sol­len die erforsch­ten Phä­no­me­ne zwar so ver­ein­facht reprä­sen­tie­ren, dass sie ver­all­ge­mei­nert beschrie­ben und ver­stan­den wer­den kön­nen, aber nicht so weit ver­ein­fa­chen, dass wich­ti­ge Unter­schie­de unsicht­bar wer­den. Letz­te­res ist hier aller­dings der Fall.
In die­sem Arti­kel möch­te ich den oben genann­ten zwei­ten und drit­ten Punkt ver­tie­fen und dafür plä­die­ren, das deut­sche Sys­tem für sich spre­chen zu las­sen, statt zu
Tho­mas A. C. Rey­don
Zur Unver­gleich­bar­keit aka­de­mi­scher Systeme

  • Ich dan­ke Herrn Dr. Simon Loh­se sowie dem Gut­ach­ter­gre­mi­um von Ord­nung der Wis­sen­schaft für hilf­rei­che Kom­men­ta­re zu einer frü­he­ren Fas­sung die­ses Arti­kels.
    1 Sie­he Bun­des­be­sol­dung W (Pro­fes­so­ren­be­sol­dungs­re­form­ge­setz, Art. 1 § 14, Bun­des­ge­setz­blatt Jahr­gang 2002 Teil I Nr. 11, 22. Febru­ar 2002); Wis­sen­schafts­rat, Emp­feh­lun­gen zu Kar­rie­re­zie­len und ‑wegen an Uni­ver­si­tä­ten (Drs. 4009–14), Dres­den: Wis­sen­schafts­rat, 2014, Tabel­le 25, S. 148.
    2 Juris­tisch ist die Sache aller­dings noch etwas kom­pli­zier­ter. Sie­he dazu wei­ter unten in Abschnitt III. In den Emp­feh­lun­gen des Wis­sen­schafts­rats zur Ver­bes­se­rung von aka­de­mi­schen Kar­rie­re­we­gen ist die Tren­nung von Amt und Stel­le auch deut­lich sicht­bar. Teil der Emp­feh­lun­gen ist z. B. die Umwid­mung vor­han­de­ner Stel­len in Pro­fes­su­ren (Wis­sen­schafts­rat (Fn. 1), S. 14), was nur bei einer ent­spre­chen­den Tren­nung zwi­schen „Stel­len­hül­sen“, Besol­dungs­grup­pen und Ämtern mög­lich ist.
    Ord­nung der Wis­sen­schaft 2021, ISSN 2197–9197
    3 4 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 1 ( 2 0 2 1 ) , 3 3 – 4 6
    3 Wei­te­re Bei­spie­le sind ein­fach zu fin­den – sie­he z. B.: K. Jan­son,
    H. Schom­burg & U. Teich­ler, Wis­sen­schaft­li­che Wege zur Pro­fes­sur
    oder ins Abseits? Struk­tur­in­for­ma­tio­nen zu Arbeits­markt und
    Beschäf­ti­gung an Hoch­schu­len in Deutsch­land und den USA,
    Kas­sel: Inter­na­tio­na­les Zen­trum für Hoch­schul­for­schung Kas­sel,
    2006, S. 24; E. Berkhout, J. van Leu­ven, W. Sal­ver­da & K. Tij­dens,
    Belo­ning van Wetenschap­pe­li­jk Per­so­neel in Inter­na­tio­naal Per­spec­tief,
    Ams­ter­dam: SEO Eco­no­misch Onderz­oek, 2015, S. 4ff.;
    M. Lut­ter & M. Schrö­der, Who beco­mes a ten­ured pro­fes­sor, and
    why? Panel data evi­dence from Ger­man socio­lo­gy, 1980–2013,
    Rese­arch Poli­cy 45, 2016, 999‑1013; R. Schür­mann, Zwi­schen
    Plu­ra­li­sie­rung und Selek­ti­on: Die Pro­mo­ti­ons­pha­se im Län­der­ver­gleich
    USA, Frank­reich, Deutsch­land, in: S. Metz-Göckel, R.
    Schür­mann, K. Heus­gen & P. Selent (Hg.), Fas­zi­na­ti­on Wis­sen­schaft
    und pas­sa­ge­re Beschäf­ti­gung: Eine Unter­su­chung zum
    Drop-Out aus der Uni­ver­si­tät, Opla­den: Ver­lag Bar­ba­ra Bud­rich,
    2016, 257–290, S. 279; W. Ooms, C. Werk­er & C. Hopp, Moving up
    the lad­der: Hete­ro­gen­ei­ty influen­cing aca­de­mic care­ers through
    rese­arch ori­en­ta­ti­on, gen­der, and men­tors, Stu­dies in Hig­her
    Edu­ca­ti­on 44, 2019, 1268–1289, S. 1270.
    4 R. Kre­ckel, Kar­rie­re­mo­del­le an Uni­ver­si­tä­ten im inter­na­tio­na­len
    Ver­gleich Aka­de­mie Aktu­ell 03–2015, 2015, 36–40, S. 37–38; R.
    Kre­ckel, Zur Lage des wis­sen­schaft­li­chen Nach­wuch­ses an Uni­ver­si­tä­ten:
    Deutsch­land im Ver­gleich mit Frank­reich, Eng­land, den
    USA und Öster­reich, Bei­trä­ge zur Hoch­schul­for­schung 38, 2016,
    12–40, S. 18.
    5 Z. Droz­do­wicz, Hig­her Edu­ca­ti­on Insti­tu­ti­ons in the Pro­cess of
    Trans­for­ma­ti­on and Moder­niza­ti­on: Glo­bal and Local Issues,
    Zürich: LIT Ver­lag, 2018, S. 108.
    6 B.M. Kehm, Ente­ring aca­de­mia: Rea­li­ties for new facul­ty in
    Ger­man hig­her edu­ca­ti­on, in: M. Yud­ke­vich, P.G. Alt­bach &
    L.E. Rum­bley (Hg.), Young Facul­ty in the Twen­ty-First Cen­tu­ry:
    Inter­na­tio­nal Per­spec­ti­ves, Alba­ny: Sta­te Uni­ver­si­ty of New York
    Press, 2015, 111–139, S. 120; B.M. Kehm, Ger­ma­ny: Unpre­dic­ta­ble
    care­er pro­gres­si­on but secu­ri­ty at the top, in: M.J. Fin­kel­stein &
    G.A. Jones (Hg.), Pro­fes­so­ri­al Pathways: Aca­de­mic Care­ers in a
    Glo­bal Per­spec­ti­ve, Bal­ti­more: Johns Hop­kins Uni­ver­si­ty Press,
    2019, 21–42, S. 30.
    ver­su­chen, es durch eine über­ver­ein­fach­te und for­cier­te
    Abbil­dung auf ein völ­lig anders­ge­ar­te­tes Sys­tem zu
    über­set­zen.
    II. Pau­scha­li­sie­ren­de Dar­stel­lun­gen in der For­schungs­li­te­ra­tur
    Eine kur­ze Sich­tung neue­rer Ver­öf­fent­li­chun­gen in der
    Hoch­schul- und Wis­sen­schafts­for­schung zeigt, dass aus­ge­rech­net
    hier manch­mal die not­wen­di­ge Sub­ti­li­tät fehlt
    und Autor/innen zu Pau­scha­li­sie­run­gen nei­gen, die die
    tat­säch­li­che Situa­ti­on schlecht wider­spie­geln. Ich gebe
    hier eini­ge Bei­spie­le um deut­lich zu machen, wor­in die
    Pro­ble­ma­tik besteht.3
    In Bei­trä­gen aus 2015 und 2016 erkennt Kre­ckel die
    Unter­schie­de zwi­schen den ver­schie­de­nen Län­dern zwar
    an, aber behaup­tet, dass „[d]ie Hoch­schul­leh­rer­po­si­tio­nen
    am obe­ren Ende der uni­ver­si­tä­ren Lauf­bahn […] über­all
    sehr ähn­lich struk­tu­riert und des­halb gut ver­gleich­bar“
    sind, sodass die­se als „archi­me­di­scher Punkt“ für die
    ver­glei­chen­de Betrach­tung ver­schie­de­ner Sys­te­me die­nen
    können.4 Kre­ckel behaup­tet, dass in allen Sys­te­men
    der Lehr­stuhl oder Chair an der Spit­ze der Hier­ar­chie
    steht. Dem Chair dem Rang nach unter­ge­ord­net sind die
    Seni­or Lec­tu­rer, Rea­der, Asso­cia­te Pro­fes­sor sowie W2-
    Pro­fes­su­ren, so Kre­ckel. In einer ähn­li­chen Wei­se behaup­tet
    Droz­do­wicz, dass in Deutsch­land über­all die
    Funk­ti­on des Insti­tuts­di­rek­tors oder geschäfts­füh­ren­den
    Lei­ters durch eine/n W3-Pro­fes­sor/in erfüllt wird und
    die W1- und W2-Pro­fes­su­ren als Hilfs­per­so­nal („socal­led
    auxi­lia­ry aca­de­mic staff“) der W3-Pro­fes­sur hier­ar­chisch
    unter­ge­ord­net sind.5 Und Kehm behaup­tet in
    neue­ren Arbei­ten expli­zit, dass die deut­sche Juni­or­pro­fes­sur
    mit einer Assistant Pro­fes­sor­ship, die W2-Pro­fes­sur
    mit einer Asso­cia­te Pro­fes­sor­ship und die W3-Pro­fes­sur
    mit einer Full Pro­fes­sor­ship und „chair hol­der“ ver­gleich­bar
    wären. Dabei geht Kehm sogar so weit zu behaup­ten,
    dass die W2-Pro­fes­sur die funk­tio­na­le Äqui­va­len­te der
    Asso­cia­te Pro­fes­sor­ship wäre.6
    Die­se Bei­spie­le ent­hal­ten meh­re­re pro­ble­ma­ti­sche
    Behaup­tun­gen, die ich zunächst nur her­vor­he­be und
    dann in den nächs­ten Abschnit­ten die­ses Auf­sat­zes wei­ter
    ver­tie­fen wer­de. So ist Kre­ckels Behaup­tung, dass an
    der Spit­ze der Hier­ar­chie über­all der Lehr­stuhl oder
    Chair steht, fak­tisch unrich­tig. In den USA, z. B., haben
    die meis­ten Full Pro­fes­sors kei­nen Chair inne und kön­nen
    umge­kehrt Asso­cia­te Pro­fes­sors und sogar Assistant
    Pro­fes­sors einen Chair inne­ha­ben. Und auch in Deutsch­land
    haben sehr vie­le W3-Pro­fes­sor/in­nen kei­nen Lehr­stuhl
    inne. Dar­über hin­aus ist die Sug­ges­ti­on, dass es
    sich beim Unter­schied zwi­schen W2- und W3-Pro­fes­su­ren
    um eine Rang­ab­stu­fung han­deln wür­de, pro­ble­ma­tisch,
    weil sie sich nicht mit der Tat­sa­che ver­trägt, dass es
    an deut­schen Uni­ver­si­tä­ten (mit sehr weni­gen Aus­nah­men)
    kei­ne Pro­fes­so­ren­lauf­bahn gibt, die in gut defi­nier­ten
    Beför­de­rungs­schrit­ten von einem nied­ri­gen Rang
    über Zwi­schen­rän­ge zum höchs­ten aka­de­mi­schen Rang
    füh­ren wür­de. Ein sol­ches Beför­de­rungs­sys­tem, in dem
    Per­so­nen auf der Basis von Leis­tung und Erfah­rung zu
    einer höhe­ren Posi­ti­on bei dem glei­chen Arbeit­ge­ber
    auf­stei­gen, ist aller­dings eine Vor­aus­set­zung für die Exis­tenz
    von Rän­gen. Ein sol­cher Auf­stieg ist z. B. im USAme­ri­ka­ni­schen
    Sys­tem expli­zit vor­ge­se­hen, in Deutsch­land
    aller­dings fast über­all expli­zit aus­ge­schlos­sen.
    Wei­ter­hin ist die von Kehm behaup­te­te funk­tio­na­le
    Äqui­va­lenz nicht gege­ben. Wenn W2-Pro­fes­sor/in­nen
    ihrer Funk­ti­on nach mit Asso­cia­te Pro­fes­sors äqui­va­lent
    sein sol­len, ist die Fra­ge, wel­ches Sys­tem dabei über­haupt
    als Refe­renz­sys­tem genom­men ist. Es gibt Assistant,
    Asso­cia­te und Full Pro­fes­sors in den USA, aber es
    Rey­don · Unver­gleich­bar­keit aka­de­mi­scher Sys­te­me 3 5
    gibt sie auch in Groß­bri­tan­ni­en, in Aus­tra­li­en, in Kana­da,
    in den Nie­der­lan­den, in Däne­mark, und in vie­len ande­ren
    Län­dern. Und der Drei­satz bezeich­net sehr unter­schied­li­che
    Stel­len­ar­ten in den ver­schie­de­nen Sys­te­men,
    wobei es oft inner­halb eines Sys­tems noch Unter­schie­de
    zwi­schen ein­zel­nen Uni­ver­si­tä­ten gibt. Auch wird nir­gends
    erwähnt, in wel­chen Aspek­ten eine Ähn­lich­keit
    zwi­schen dem Drei­satz W1-/W2-/W3-Pro­fes­sur und
    dem Drei­satz Assistant-Asso­cia­te-Full Pro­fes­sor bestün­de
    und in wel­chen Aspek­ten die Ebe­nen nicht ver­gleich­bar
    wären. Es bleibt außer­dem unklar, wor­in die angeb­li­che
    funk­tio­na­le Äqui­va­lenz zwi­schen W2-Pro­fes­su­ren und
    Asso­cia­te Pro­fes­sor­ships, von der Kehm spricht, bestehen
    soll. Was ist denn eigent­lich die Funk­ti­on von deut­schen
    W2-Pro­fes­sor/in­nen im Unter­schied zu der Funk­ti­on aller
    W3-Pro­fes­sor/in­nen? Haben denn über­haupt alle
    W2-Pro­fes­sor/in­nen deutsch­land­weit die glei­che Funk­ti­on
    und ist die­se deut­lich von der Funk­ti­on von W3-
    Pro­fes­su­ren abge­trennt? (Die Ant­wort ist: nein.) Was ist
    eigent­lich die Funk­ti­on aller Asso­cia­te Pro­fes­sors in den
    USA und wie ist die­se von der Funk­ti­on aller Full Pro­fes­sors
    abge­grenzt? Gibt es dort über­haupt einen funk­tio­na­len
    Unter­schied? (Die Ant­wort ist wie­der: nein.) Und
    was ist über­haupt die Begrün­dung von Kehms Behaup­tung
    einer funk­tio­na­len Äqui­va­lenz zwi­schen W2-Pro­fes­su­ren
    und Asso­cia­te Pro­fes­sors – wo sind denn die empi­ri­schen
    Bele­ge?
    Der nie­der­län­di­sche Bericht von Berkhout et al. ist
    ein ekla­tan­tes Bei­spiel sol­cher pau­scha­li­sie­ren­den Aus­sa­gen,
    die das kom­pli­zier­te deut­sche Sys­tem zu stark ver­ein­facht
    und z. T. feh­ler­haft darstellen.7 So behaup­ten die
    Autoren fälsch­li­cher­wei­se, dass der nor­ma­le Kar­rie­re­pfad
    die Beför­de­rung vom W1-Juni­or­pro­fes­sor zum
    W2-Pro­fes­sor beinhaltet.8 Auch behaup­ten sie, dass die
    Amts­be­zeich­nung auf der W2-Stu­fe ‚außer­or­dent­li­cher
    Pro­fes­sor‘ und die auf der W3-Stu­fe ‘ordent­li­cher Pro­fes­sor‘
    ist, obwohl die­se Amts­be­zeich­nun­gen schon seit der
    Novel­lie­rung des Hoch­schul­rah­men­ge­set­zes in 1976 kei­ne
    recht­li­che Bedeu­tung mehr haben (mit Bay­ern als
    Aus­nah­me) und sowohl de jure als auch de fac­to nicht
    mehr existieren.9 Dar­über hin­aus waren außer­or­dent­li­che
    Pro­fes­su­ren den ordent­li­chen Pro­fes­su­ren nie aka­de­misch
    unter­ge­ord­net. Außer­or­dent­li­che Pro­fes­su­ren waren
    zwar oft den (von ordent­li­chen Professor/innen besetz­ten)
    Lehr­stüh­len zuge­ord­net, hat­ten meist selbst kei­ne
    Lehr­stüh­le inne (obwohl schon seit den 1930er Jah­ren
    vie­ler­orts außer­or­dent­li­che Lehr­stüh­le ein­ge­rich­tet wur­den,
    deren Inha­ber als Extra­or­di­na­ri­us ihren Lehr­stuhl
    inne­hat­ten) und hat­ten kor­po­ra­ti­ons­recht­lich etwas weni­ger
    Gestal­tungs­macht in der Uni­ver­si­tät als die ordent­li­chen
    Pro­fes­su­ren. Aber sie stan­den in aka­de­mi­scher
    Hin­sicht neben den ordent­li­chen Pro­fes­su­ren als Pro­fes­su­ren
    mit dem glei­chen aka­de­mi­schen Sta­tus. (Die ordent­li­che
    Pro­fes­sur hat­te zwar orga­ni­sa­to­risch das Sagen
    in der Lehr­stuhl­grup­pe oder im Insti­tut, hat­te aka­de­misch
    aller­dings kei­nen höhe­ren Rang als die außer­or­dent­li­che
    Pro­fes­sur.)
    Sol­chen pau­scha­len Abbil­dun­gen gegen­über ste­hen
    Autoren, die aner­ken­nen, dass es kei­nen hier­ar­chi­schen
    oder funk­tio­na­len Unter­schied zwi­schen W2- und W3-
    Pro­fes­su­ren gibt und ‚W2‘ und ‚W3‘ ledig­lich Besol­dungs­grup­pen
    bezeichnen.10 Man­che Autor/innen set­zen
    dabei sowohl die W2- als auch die W3-Pro­fes­sur mit
    der Full Pro­fes­sor­ship im ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen Sys­tem
    gleich. Die­se Bei­spie­le sind inso­fern der tat­säch­li­chen Situa­ti­on
    bes­ser ange­mes­sen als die oben kri­ti­sier­ten Bei­spie­le,
    als sie den aka­de­mi­schen Sta­tus expli­zit von der
    Besol­dungs­grup­pe trennen.11
    In den fol­gen­den Abschnit­ten wer­de ich mei­ne Kri­tik
    ver­tie­fen, indem ich erst das deut­sche Sys­tem und dann
    eini­ge aus­län­di­sche Sys­te­me näher beleuch­te.
    III. Das deut­sche aka­de­mi­sche Sys­tem im Ver­gleich
    Schon bei einer sehr kur­zen Goog­le-Suche nach eng­lisch­spra­chi­gen
    Anzei­gen für in Deutsch­land aus­ge­schrie­be­ne
    Pro­fes­su­ren ist eine über­ra­schend gro­ße
    Diver­si­tät zu finden.12 Es gibt Aus­schrei­bun­gen für Assis-
    7 Berkhout et al. (Fn. 3).
    8 Berkhout et al. (Fn. 3), S. 5.
    9 Dazu: U. Kar­pen, Aka­de­mi­sche Gra­de, Titel, Wür­den, in: C. Flä­mig,
    V. Grel­lert, O. Kim­mi­nich, E.-J. Meu­sel, H.H. Rupp, D. Sche­ven,
    H.J. Schus­ter & F. Graf Sten­bock-Fer­mor (Hg.): Hand­buch
    des Wis­sen­schafts­rechts, Band 1, Ber­lin: Sprin­ger-Ver­lag, 1982,
    854–875, S. 865; R. Rich­ter, Stu­di­um und Leh­re der Wirt­schafts­wis­sen­schaf­ten:
    West­deutsch­land nach 1945, Tübin­gen: Mohr Sie­beck,
    2018, S. vii; F. Becker, Aka­de­mi­sches Per­so­nal­ma­nage­ment,
    Band 1: Grund­la­gen des Per­so­nal­ma­nage­ments an Hoch­schu­len,
    Müns­ter & New York: Wax­mann, 2019, S. 114.
    10 O. Hüt­her & G. Krü­cken, Hig­her Edu­ca­ti­on in Ger­ma­ny – Recent
    Deve­lo­p­ments in an Inter­na­tio­nal Per­spec­ti­ve, Cham: Sprin­ger,
    2018, S. xii, 196; A. Gstött­ner, Hoch­schul­kar­rie­ren in Deutsch­land
    und Skan­di­na­vi­en: Eine qua­li­ta­ti­ve Unter­su­chung der
    Erzie­hungs­wis­sen­schaft unter Gen­der­per­spek­ti­ve, Wies­ba­den:
    Sprin­ger VS, 2014: 49; S.A. Ala­wi, R. Luke­ti­na, N. Krez­dorn, L.F.
    Busch, A. Lim­bourg, L. Bran­ski, P.M. Vogt & A. Jokus­zi­es, How to
    beco­me a medi­cal pro­fes­sor – a com­pa­ra­ti­ve ana­ly­sis of aca­de­mic
    requi­re­ments in Ger­ma­ny and the United Sta­tes, Inno­va­ti­ve
    Sur­gi­cal Sci­en­ces 4, 2019, 108–115, S. 110, 113.
    11 Außer­dem muss her­vor­ge­ho­ben wer­den, dass die Besol­dungs­grup­pe
    W2 auch für Hoch­schul­do­zen­tu­ren ohne Pro­fes­so­ren­ti­tel
    gilt (Gstött­ner, S. 49) und dem­entspre­chend als sol­che über­haupt
    kei­ne aka­de­mi­sche Sta­tuse­be­ne defi­nie­ren kann. Auch Forschungsgruppenleiter/
    innen in Max-Planck-Insti­tu­ten wer­den
    nach W2 bezahlt ohne eine Pro­fes­sur inne­zu­ha­ben.
    12 Der Kür­ze wegen wer­den hier kei­ne Fund­stel­len der Stel­len­an­zei­gen
    ange­ge­ben. Alle erwähn­ten Anzei­gen sind jedoch beim Autor
    die­ses Auf­sat­zes ver­füg­bar.
    3 6 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 1 ( 2 0 2 1 ) , 3 3 – 4 6
    tant Pro­fes­sors in der Besol­dungs­grup­pe W1, Asso­cia­te
    Pro­fes­sors in der Besol­dungs­grup­pe W2 sowie Full Pro­fes­sors
    in der Besol­dungs­grup­pe W3, wel­che die hier kri­ti­sier­te
    Abbil­dungs­pra­xis zu bestä­ti­gen schei­nen. Aber
    auch Aus­schrei­bun­gen für Full Pro­fes­sors in der Besol­dungs­grup­pe
    W2 sowie Full Pro­fes­sors, die abhän­gig von
    der bis­he­ri­gen Erfah­rung und Leis­tung in der Besol­dungs­grup­pe
    W2 oder W3 ein­ge­stellt wer­den kön­nen,
    sind in einer gro­ßen Anzahl zu fin­den. Ver­ein­zelt fin­det
    man sogar Aus­schrei­bun­gen für Asso­cia­te Pro­fes­sors in
    der Besol­dungs­grup­pe W1 und Assistant Pro­fes­sors in
    der Besol­dungs­grup­pe W2. Die­se Pra­xis ist nur ver­ständ­lich
    wenn ein deut­li­cher Unter­schied zwi­schen den
    Ämtern (Juniorprofessor/in, Professor/in an einer Fach­hoch­schu­le,
    Universitätsprofessor/in usw.) und den
    Plan­stel­len (der Besol­dungs­grup­pen W1, W2 und W3)
    gemacht wird.
    Auf­fäl­lig ist wei­ter­hin, dass Erfah­rung und Leis­tung
    in Deutsch­land nicht immer maß­geb­lich sind für die Besol­dungs­stu­fe
    (sodass nicht gesagt wer­den kann, dass
    W3-Pro­fes­su­ren gene­rell eine höhe­re Senio­ri­tät haben
    als W2-Pro­fes­su­ren). So hat die Uni­ver­si­tät Frei­burg 2020
    eine Full Pro­fes­sor­ship (W3) for Epis­te­mo­lo­gy and Theo­ry
    of Sci­ence aus­ge­schrie­ben und dabei spe­zi­fi­ziert, dass
    „This pro­fes­sor­ship is par­ti­cu­lar­ly sui­ta­ble for high­ly
    qua­li­fied ear­ly care­er rese­ar­chers.“ Eine Full Pro­fes­sor­ship
    im ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen Sin­ne wäre jedoch nie­mals
    für Nachwuchswissenschaftler/innen geeig­net –
    eine Full Pro­fes­sor­ship erreicht man in die­sem Sys­tem
    frü­hes­tens mid-care­er und aus­schließ­lich auf der Basis
    lang­jäh­ri­ger Erfah­rung sowie Leis­tun­gen in Leh­re und
    For­schung. In den USA fängt man meis­tens unmit­tel­bar
    nach der Pro­mo­ti­on als Assistant Pro­fes­sor in einem
    Lauf­bahn­sys­tem (dem ten­ure track oder ten­ure stream)
    an. Nach meh­re­ren Jah­ren (typi­scher­wei­se sechs Jah­ren,
    manch­mal frü­her) kann man mit einem umfang­rei­chen
    Dos­sier aller Lehr‑, For­schungs- und Selbst­ver­wal­tungs­tä­tig­kei­ten
    ten­ure bean­tra­gen („going up for ten­ure“), die
    eine fes­te Anstel­lung mit einer Beför­de­rung zum Asso­cia­te
    Pro­fes­sor beinhal­tet. Danach kann man nach einer
    wei­te­ren War­te­zeit von meh­re­ren Jah­ren den glei­chen
    Pro­zess noch ein­mal durch­ma­chen („going up for full“)
    um zum Full Pro­fes­sor beför­dert zu wer­den.
    Wäh­rend also W3-Pro­fes­su­ren in eini­gen Fäl­len als
    Ein­stiegs­pro­fes­su­ren für Nachwuchswissenschaftler/innen
    kon­zi­piert sind, ist umge­kehrt die Juni­or­pro­fes­sur
    nicht mit dem Assistant Pro­fes­sor ver­gleich­bar. Wäh­rend
    im Regel­fall die Stel­le als Assistant Pro­fes­sor unmit­tel­bar
    nach der Pro­mo­ti­on folgt, wird von ange­hen­den Juni­or­pro­fes­so­ren
    oft eine mehr­jäh­ri­ge Lehr- und For­schungs­er­fah­rung
    erwar­tet. So schrieb die Uni­ver­si­tät Ham­burg
    Anfang 2020 eine Juni­or­pro­fes­sur (W1) für Infek­ti­ons­bio­lo­gie
    aus. Im Aus­schrei­bungs­text ist zu lesen: „Von
    den Bewer­be­rin­nen und Bewer­bern wer­den inter­na­tio­na­le
    wis­sen­schaft­li­che Erfah­run­gen sowie Erfah­run­gen
    in der Ein­wer­bung und Durch­füh­rung von Dritt­mit­tel­pro­jek­ten
    erwar­tet.“ Die Uni­ver­si­tät Mag­de­burg schrieb
    Anfang 2020 eine Juni­or­pro­fes­sur (W1) für Ent­zün­dung
    und Immun­me­ta­bo­lis­mus aus und spe­zi­fi­zier­te im Aus­schrei­bungs­text,
    dass „der Abschluss der Pro­mo­ti­on […]
    nicht län­ger als 5 Jah­re und nicht weni­ger als 2 Jah­re zurück­lie­gen“
    sol­le. Auch wird spe­zi­fi­ziert: „Der/Die erfolg­rei­che
    Bewer­ber/-in soll­te exzel­len­te Publi­ka­tio­nen
    im For­schungs­feld vor­wei­sen und bereits erfolg­reich
    kom­pe­ti­ti­ve För­der­mit­tel ein­ge­wor­ben haben. Er/Sie
    soll­te min­des­tens 2 Jah­re Post­dok­to­ran­de­n­er­fah­rung in
    einem inter­na­tio­na­len bzw. kom­pe­ti­ti­ven natio­na­len Labor
    vor­wei­sen kön­nen“. Und die Uni­ver­si­tät Trier spe­zi­fi­zier­te
    Anfang 2020 in einer Aus­schrei­bung einer Juni­or­pro­fes­sur
    (W1) für all­ge­mei­ne und ange­wand­te Pho­ne­tik:
    „Über den durch die Dis­ser­ta­ti­on gesetz­ten Schwer­punkt
    hin­aus muss die Beschäf­ti­gung mit einem wei­te­ren
    Bereich der ange­wand­ten Pho­ne­tik wie bei­spiels­wei­se
    Sozio­pho­ne­tik oder kon­tras­ti­ve Pho­ne­tik z.B. durch Publi­ka­tio­nen,
    Pro­jek­te oder Pro­jekt­an­trä­ge nach­ge­wie­sen
    wer­den.“ In allen drei Fäl­len wer­den Erfah­run­gen und
    Leis­tun­gen erwar­tet, die deut­lich über die einer Pro­mo­ti­on
    hin­aus­ge­hen und eine mehr­jäh­ri­ge Tätig­keit auf einer
    Post­dok­to­ran­den­stel­le erfor­dern.
    Der Logik der hier kri­ti­sier­ten Abbil­dungs­pra­xis fol­gend,
    müss­te der Sta­tus des Asso­cia­te Pro­fes­sors mit dem
    Sta­tus des Pri­vat­do­zen­ten sowie dem Sta­tus des erfolg­reich
    zwi­schen­eva­lu­ier­ten Juni­or­pro­fes­sors über­ein­stim­men.
    Der Schritt vom Assistant zum Asso­cia­te Pro­fes­sor
    beinhal­tet ja eine Eva­lua­ti­on, die fest­stel­len soll, ob
    man „das Zeug zum Pro­fes­sor“ hat. Aber wenn die Juni­or­pro­fes­sur
    pre-Eva­lua­ti­on nicht mit dem Assistant Pro­fes­sor
    ver­gleich­bar ist, kann die Juni­or­pro­fes­sur post-
    Eva­lua­ti­on auch nicht mit dem Asso­cia­te Pro­fes­sor ver­gli­chen
    wer­den. Außer­dem erhal­ten erfolg­reich zwi­schen­eva­lu­ier­te
    Juniorprofessoren/innen in den meis­ten Fäl­len
    kei­ne fes­te Stel­le – dies im Gegen­satz zu Asso­cia­te
    Pro­fes­sors.
    Ten­ure track-Sys­te­me sind lei­der in Deutsch­land
    noch immer die Aus­nah­me und dort wo es sie gibt, fol­gen
    sie meis­tens nicht einem linea­ren Beför­de­rungs­pfad
    W1-W2-W3. Wenn Juni­or­pro­fes­su­ren mit ten­ure track
    aus­ge­schrie­ben wer­den, erfolgt das ten­ure manch­mal auf
    eine W2-Pro­fes­sur, manch­mal auch auf eine W3-Pro­fes­sur.
    Und wenn das ten­ure auf eine W2-Pro­fes­sur erfolgt,
    Rey­don · Unver­gleich­bar­keit aka­de­mi­scher Sys­te­me 3 7
    gibt es danach grund­sätz­lich kei­nen wei­te­ren Beför­de­rungs­schritt
    auf einer W3-Pro­fes­sur mehr: Der Schritt
    zu einer W3-Pro­fes­sur muss im Regel­fall über den Weg
    der Weg­be­wer­bung und Blei­be­ver­hand­lun­gen erlangt
    wer­den, sodass die Erlan­gung einer W3-Pro­fes­sur nicht
    nur von der per­sön­li­chen Erfah­rung und Leis­tung abhän­gig
    ist (wie dies im ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen Sys­tem expli­zit
    der Fall ist) son­dern auch von der zufäl­li­gen Lage
    auf dem aka­de­mi­schen Arbeits­markt. Wissenschaftler/
    innen in Fächern, in denen sehr wenig W3-Pro­fes­su­ren
    aus­ge­schrie­ben wer­den, haben dadurch oft einen sys­te­ma­ti­schen
    Kar­rie­ren­ach­teil im Ver­gleich zu Wissenschaftler/
    innen in Fächern mit vie­len ver­füg­ba­ren
    W3-Pro­fes­su­ren.
    Vor­rei­te­rin bei der Ein­rich­tung eines ten­ure track-
    Sys­tems ist in Deutsch­land die TU Mün­chen. Das dort
    ein­ge­führ­te Modell umfasst – genau wie das ang­lo-ame­ri­ka­ni­sche
    Vor­bild – den Drei­satz Assistant-Asso­cia­te-
    Full Pro­fes­sor und sieht nach sechs Jah­ren eine leis­tungs­ba­sier­te
    Beför­de­rung von der Assistant Pro­fes­sor­ship auf
    eine Asso­cia­te Pro­fes­sor­ship vor, die nach wei­te­ren sechs
    Jah­ren bei aus­rei­chen­der Leis­tung zu einer Beför­de­rung
    zum Full Pro­fes­sor füh­ren kann.13 Dabei gilt ein „up or
    out“-Modell: Bei aus­rei­chen­der Leis­tung wird man beför­dert,
    bei nicht aus­rei­chen­der Leis­tung muss man gehen.
    Die TU Mün­chen selbst spricht von „einem gestuf­ten
    leis­tungs­kon­trol­lier­ten Kar­rie­re­sys­tem“, in dem aller­dings
    Assistant Pro­fes­sors in die Besol­dungs­grup­pe W2
    und die Asso­cia­te und Full Pro­fes­sors bei­de in die Besol­dungs­grup­pe
    W3 ein­ge­stuft werden.14
    Das „Pots­da­mer Modell“ imple­men­tiert den Drei­satz
    W1-W2-W3 auch als eine gestuf­te Laufbahn.15 Dabei gilt
    ein „up or out“-Modell für die Eva­lua­ti­on und ggf. Beför­de­rung
    vom W1-Pro­fes­sor zum W2-Pro­fes­sor, aber nicht
    für den Schritt vom W2-Pro­fes­sor zum W3-Professor.16
    Für den Kon­text die­ses Auf­sat­zes ist die fol­gen­de Anmer­kung
    zum Pots­da­mer Modell inter­es­sant:
    „Für den Wech­sel von W2 nach W3 ohne exter­nen Ruf ist
    eine Ände­rung des bran­den­bur­gi­schen Hoch­schul­ge­set­zes
    not­wen­dig. Eine ent­spre­chen­de Ände­rung wur­de
    bean­tragt, stößt bei der Lan­des­ver­wal­tung aber auf
    grund­sätz­li­che Beden­ken, weil die Pro­fes­sur nicht als
    Lauf­bahn­amt ange­se­hen wird. Bis zur gewünsch­ten Neu­re­ge­lung
    pla­nen wir das Modell über eine Hilfs­kon­struk­ti­on
    umzu­set­zen, in der die W2-Pha­se ersetzt wird durch
    eine Pha­se, in der der Stel­len­in­ha­ber eine W3-Stel­le erhält,
    die nach W3-Basis­ge­halt ohne Zula­gen besol­det ist
    und sich in ihrer Per­so­nal- und Sach­aus­stat­tung an einer
    W2-Stel­le orientiert.“17
    Die­se Anmer­kung zeigt beson­ders deut­lich, dass die
    deut­sche Pro­fes­sur im Gegen­satz zur ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen
    Pro­fes­sor­ship expli­zit nicht als Lauf­bahn­amt kon­zi­piert
    ist. Dem­entspre­chend kön­nen Bezeich­nun­gen
    wie ‚Juni­or­pro­fes­sor‘, ‚Uni­ver­si­täts­pro­fes­sor‘, ‚W2-Pro­fes­sor‘
    usw. im all­ge­mei­nen nicht als aka­de­mi­sche Rän­ge
    oder Dienst­gra­de auf­ge­fasst wer­den. Rän­ge bzw. Dienst­gra­de
    set­zen ein Kar­rie­re­sys­tem vor­aus, das Beför­de­run­gen
    zu höhe­ren Rängen/Dienstgraden auf der Basis von
    klar defi­nier­ten Leis­tun­gen oder Erfah­rung vor­sieht.
    Nur die in Deutsch­land bereits eta­blier­ten ten­ure track-
    Sys­te­me sind sol­che Kar­rie­re­sys­te­me. Außer­dem zeigt
    die im Zitat genann­te „Hilfs­kon­struk­ti­on“, dass Kar­rie­re­stu­fe
    und Planstelle/Besoldungsgruppe nicht not­wen­di­ger­wei­se
    zusam­men­ge­hen: behelfs­mä­ßig kann eine
    „nack­te“ W3-Stel­le als W2-Stel­le hin­hal­ten.
    Der Wis­sen­schafts­rat hat 2014 Emp­feh­lun­gen ver­öf­fent­licht,
    in denen die brei­te Ein­füh­rung eines „ech­ten“
    ten­ure track-Sys­tems in Deutsch­land (im Unter­schied zu
    ledig­lich Aus­nah­men vom Haus­be­ru­fungs­ver­bot) emp­foh­len
    wird.18 Auch in die­sen Emp­feh­lun­gen ist eine
    deut­li­che Tren­nung zwi­schen aka­de­mi­schem Sta­tus und
    Besol­dungs­stu­fe sicht­bar. Der Wis­sen­schafts­rat emp­fiehlt
    ein vier­stu­fi­ges Kar­rie­re­sys­tem bestehend aus einer
    Pro­mo­ti­ons­pha­se, einer Post­doc-Pha­se, einer Pha­se der
    befris­te­ten ten­ure-track Pro­fes­sur (ver­gü­tet nach W1
    oder W2) und letzt­lich einer Pha­se der unbe­fris­te­ten
    Pro­fes­sur (ver­gü­tet nach W2 oder W3).19 Die Ver­gü­tungs­stu­fen
    sind dabei inner­halb der Kar­rie­re­stu­fen
    nicht mit Unter­schie­den in Ämtern oder Funk­tio­nen
    ver­bun­den, son­dern mit „bereits erbrach­ten wis­sen­schaft­li­chen
    Leis­tun­gen, Nach­fra­ge und Standort“.20
    Die/der Inhaber/in einer befris­te­ten Pro­fes­sur auf der
    13 TUM Beru­fungs- und Kar­rie­re­sys­tem – Sta­tut zum Qua­li­täts­ma­nage­ment,
    Mün­chen: Tech­ni­sche Uni­ver­si­tät Mün­chen, 2012; W.A.
    Herr­mann, Ten­ure track: The roy­al road to pro­fes­sor­ship?, Ange­wand­te
    Che­mie 52, 2013, 4700–4701; D. Hrzán, Under con­s­truc­tion?!
    – Aka­de­mi­sche Per­so­nal­ent­wick­lung als Bestand­teil akti­ver
    Per­so­nal­po­li­tik an Hoch­schu­len, in: A. Kel­ler, D. Pöschl & A.
    Schütz (Hg.): Bau­stel­le Hoch­schu­le: Attrak­ti­ve Kar­rie­re­we­ge und
    Beschäf­ti­gungs­be­din­gun­gen gestal­ten, Bie­le­feld: W. Ber­tels­mann
    Ver­lag, 2013, 69–82; K. Zim­mer­mann, Blick über den Tel­ler­rand:
    Kar­rie­re­we­ge in der Wis­sen­schaft im inter­na­tio­na­len Ver­gleich,
    in: A. Kel­ler, D. Pöschl & A. Schütz (Hg.): Bau­stel­le Hoch­schu­le:
    Attrak­ti­ve Kar­rie­re­we­ge und Beschäf­ti­gungs­be­din­gun­gen
    gestal­ten, Bie­le­feld: W. Ber­tels­mann Ver­lag, 2013, 39–52, S. 44;
    Wis­sen­schafts­rat (Fn. 1), S. 115.
    14 TUM Beru­fungs- und Kar­rie­re­sys­tem (Fn. 13), S. 5.
    15 O. Gün­ther & R. Seck­ler, Ten­ure-Track nach­hal­tig – Das Pots­da­mer
    Modell, For­schung & Leh­re 2/2014, 114–115
    16 Bei einer nega­ti­ven Eva­lua­ti­on bleibt die Per­son auf der W2-
    Lebens­zeit­stel­le.
    17 Gün­ther & Seck­ler (Fn. 15), S. 115, Her­vor­he­bung hin­zu­ge­fügt.
    18 Wis­sen­schafts­rat (Fn. 1), S. 14.
    19 Wis­sen­schafts­rat (Fn. 1), S. 10–14, 18, 49.
    20 Wis­sen­schafts­rat (Fn. 1), S. 12.
    3 8 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 1 ( 2 0 2 1 ) , 3 3 – 4 6
    drit­ten Stu­fe der Kar­rie­re­lei­ter kann also je nach per­sön­li­cher
    Leis­tung, Situa­ti­on auf dem Arbeits­markt im betref­fen­den
    Fach und Situa­ti­on am Stand­ort in eine nied­ri­ge­re
    oder auch höhe­re Besol­dungs­grup­pe ein­ge­stuft
    wer­den, und das Glei­che gilt für die/der Inhaber/in einer
    Lebens­zeit­pro­fes­sur auf der vier­ten Stu­fe der Kar­rie­re­lei­ter.
    Die Besol­dungs­stu­fe defi­niert dabei weder eine Kar­rie­re­stu­fe
    noch ein Amt oder eine Funk­ti­on.
    Außer­dem wird die vier­stu­fi­ge Lei­ter expli­zit als Kar­rie­re­weg
    zur – undif­fe­ren­zier­ten – Lebens­zeit­pro­fes­sur
    ver­stan­den. Die vier Stu­fen ent­spre­chen dabei den durch
    die EU defi­nier­ten rese­arch care­er stages, wobei die Pha­se
    der befris­te­ten ten­ure-track Pro­fes­sur („Bewäh­rungs­pha­se“)
    der care­er stage R3 („estab­lished rese­ar­cher“) und
    die Pha­se der unbe­fris­te­ten Pro­fes­sur der care­er stage R4
    („lea­ding rese­ar­cher“) entsprechen.21 Weil die Besol­dungs­grup­pe
    W2 sowohl für die drit­te als die vier­te Stu­fe
    gel­ten kann, kann sie kei­ne Stu­fe defi­nie­ren (es kann
    W2-Pro­fes­sor/in­nen geben, die sich noch for­mell bewäh­ren
    müs­sen, und sol­che, die sich bereits bewährt haben
    und in die vier­te Stu­fe ein­zu­ord­nen sind). Neben­bei
    bemerkt wür­de der Vor­schlag des Wis­sen­schafts­rats den
    der­zeit noch exis­tie­ren­den Umstand ändern, dass sich
    der aka­de­mi­sche Sta­tus von Juniorprofessor/innen
    durch die Zwi­schen­eva­lua­ti­on (in der die Bewäh­rung als
    Hochschullehrer/in for­mell fest­ge­stellt wird) in den
    meis­ten Fäl­len nicht ändert: Man bleibt Juniorprofessor/
    in und erfüllt ledig­lich die Vor­aus­set­zun­gen für die Beru­fung
    auf eine Lebens­zeit­pro­fes­sur.
    Fest­zu­hal­ten ist, dass W1, W2 und W3 gesetz­lich fest­ge­leg­te
    Besol­dungs­stu­fen für ver­be­am­te­te Hoch­schul­leh­re­rin­nen
    und Hoch­schul­leh­rer sind – nicht mehr und
    nicht weni­ger. Sie wer­den in kei­nen Geset­zes­tex­ten oder
    Ord­nun­gen als aka­de­mi­sche Rän­ge bzw. Dienst­gra­de,
    Ämter, Titel o. ä. benannt und sind in die­ser Hin­sicht
    schlicht­weg nicht auf ang­lo-ame­ri­ka­ni­sche aca­de­mic
    ranks abbild­bar.
    Juris­tisch ist die Lage aller­dings etwas kom­pli­zier­ter.
    Ers­tens sind die aka­de­mi­schen Titel von sowohl den
    Ämtern als auch den Plan­stel­len zu unter­schei­den: Nach
    der Ruf­an­nah­me fol­gen z. B. die beur­kun­de­te Ernen­nung
    zum/zur Universitätsprofessor/in, die Ver­lei­hung
    des Titels ‚Professor/in‘ (die nicht sepa­rat beur­kun­det
    wird, aber sepa­rat im jeweils gel­ten­den Hoch­schul­ge­setz
    fest­ge­legt ist; die Füh­rung des Titels ist oft unter bestimm­ten
    Vor­aus­set­zun­gen nach dem Aus­schei­den aus
    dem Amt noch erlaubt) sowie die Ein­wei­sung in eine
    Plan­stel­le einer bestimm­ten Besol­dungs­grup­pe. Dabei
    ist der Unter­schied zwi­schen dem Pro­fes­so­ren­amt im
    kor­po­ra­ti­ons­recht­li­chen Sinn, im sta­tus­recht­li­chen Sinn
    und im funk­tio­nel­len Sinn relevant.22
    Kor­po­ra­ti­ons­recht­lich gibt es seit 1976 nur einen ein­heit­li­chen
    Pro­fes­so­ren­be­griff, d. h., als Mit­glie­der ihrer
    Fakul­tät und ihrer Hoch­schu­le haben alle Professor/innen
    den glei­chen aka­de­mi­schen Status.23 Sta­tus­recht­lich
    (d. h. dienst­recht­lich) gibt es rein for­mal eine Dif­fe­ren­zie­rung
    zwi­schen W1‑, W2- und W3-Pro­fes­su­ren, da
    dienst­recht­lich ein Amt „nach all­ge­mei­nem Beam­ten­recht
    durch die Zuge­hö­rig­keit zu einer Lauf­bahn­grup­pe,
    das End­grund­ge­halt und die Amts­be­zeich­nung bestimmt
    [wird]. Dabei kann ein Amt unter einer Amts­be­zeich­nung
    meh­re­ren Besol­dungs­grup­pen zuge­ord­net
    sein“.24 Da die Lauf­bahn­grup­pe für alle Professor/innen
    die glei­che ist (die Lauf­bahn­grup­pe ist der höhe­re
    Dienst), erge­ben sich die Ämter aus den mög­li­chen
    Kom­bi­na­tio­nen der Amts­be­zeich­nun­gen (‚Pro­fes­sor als
    Juni­or­pro­fes­sor‘, ‚Uni­ver­si­täts­pro­fes­sor‘, ‚Pro­fes­sor an einer
    Fach­hoch­schu­le‘ usw.) mit den Besol­dungs­grup­pen.
    Rein dienst­recht­lich gibt es dem­entspre­chend einen Unter­schied
    zwi­schen W2-Uni­ver­si­täts­pro­fes­su­ren und
    W3-Uni­ver­si­täts­pro­fes­su­ren (und auch zwi­schen W2-
    Uni­ver­si­täts­pro­fes­su­ren und W2-Pro­fes­su­ren an einer
    Fach­hoch­schu­le, usw.), der sich manch­mal in einem unter­schied­li­chen
    Recht auf eine bestimm­te Anzahl von
    Mit­ar­bei­ter­stel­len und eine bestimm­te Büro­grö­ße
    mani­fes­tiert.
    Aller­dings ist die­se Dif­fe­ren­zie­rung nicht aka­de­misch
    rele­vant, da sie nicht mit einem Unter­schied in
    21 Wis­sen­schafts­rat (Fn. 1), S. 60; für die rese­arch care­er stages, sie­he
    Euro­pean Com­mis­si­on (DG for Rese­arch & Inno­va­ti­on), Towards
    a Euro­pean Frame­work for Rese­arch Care­ers, 21. Juli 2011, Brüs­sel:
    Euro­päi­sche Kom­mis­si­on; Web­sei­te des Mobi­li­ty Pat­terns and
    Care­er Paths of EU Rese­ar­chers-Pro­jekts, https://www.more3.eu/
    indi­ca­tor-tool/­care­er-stages-r1-to-r4 (Auf­ge­ru­fen am 09.07.2020).
    22 D. Sche­ven, Die Aus­ge­stal­tung des Rechts der Pro­fes­so­ren, in:
    C. Flä­mig, V. Grel­lert, O. Kim­mi­nich, E.-J. Meu­sel, H.H. Rupp,
    D. Sche­ven, H.J. Schus­ter & F. Graf Sten­bock-Fer­mor (Hg.):
    Hand­buch des Wis­sen­schafts­rechts, Band 1, Ber­lin: Sprin­ger-
    Ver­lag, 1982, 423–452; H. Det­mer, Das Recht der (Uni­ver­si­täts-)
    Pro­fes­so­ren, in: H. Det­mer & M. Hart­mer (Hg.): Hoch­schul­recht:
    Ein Hand­buch für die Pra­xis (3. Auf­la­ge), Hei­del­berg: C.F. Mül­ler,
    2017, 139–240, S. 217–218.
    23 Sche­ven (Fn. 22), S. 427; Kar­pen (Fn. 9), S. 866.
    24 Sche­ven (Fn. 22), S. 428.
    Rey­don · Unver­gleich­bar­keit aka­de­mi­scher Sys­te­me 3 9
    aka­de­mi­scher Qua­li­fi­ka­ti­on, aka­de­mi­scher Funk­ti­on,
    aka­de­mi­schen Rech­ten oder aka­de­mi­schen Pflich­ten
    ver­bun­den ist. Wie Sche­ven schreibt:
    „Nach der Rege­lung des HRG ist eine dienst­recht­li­che
    Dif­fe­ren­zie­rung der Pro­fes­so­ren auf­grund der sta­tus­recht­li­chen
    Stel­lung mit dem Gleich­heits­grund­satz
    nicht mehr ver­ein­bar, denn die Pro­fes­so­ren erfül­len glei­che
    Ein­stel­lungs­vor­aus­set­zun­gen und neh­men glei­che Auf­ga­ben
    wahr. […] Soweit sol­che Dif­fe­ren­zie­run­gen auf ande­ren
    Rechts­ge­bie­ten noch bestehen […] wer­den sie
    auf­grund des Pro­fes­so­ren­rechts des HRG auf­ge­ho­ben
    wer­den müs­sen. Damit ist das Pro­fes­so­ren­recht […] unbe­scha­det
    funk­tio­nel­ler Dif­fe­ren­zie­run­gen nach den
    Hoch­schul­auf­ga­ben im sta­tus­recht­li­chen Sin­ne
    einheitlich“.25
    Obwohl Sche­ven die­se Sät­ze bereits lang vor der Ein­füh­rung
    der W‑Besoldung und der Juni­or­pro­fes­sur schrieb,
    gilt der Gleich­heits­grund­satz nach wie vor: Weil alle
    Professor/innen die glei­che Qua­li­fi­ka­ti­on vor­wei­sen
    müs­sen und die glei­chen Auf­ga­ben zu erfül­len haben,
    müs­sen sie auch alle den glei­chen aka­de­mi­schen Sta­tus
    besit­zen.
    Her­vor­ge­ho­ben wer­den muss ers­tens, dass mit den
    funk­tio­nel­len Dif­fe­ren­zie­run­gen in Sche­vens Zitat expli­zit
    nicht einen Unter­schied zwi­schen einer all­ge­mei­nen
    Funk­ti­on von W2-Pro­fes­su­ren und einer all­ge­mei­nen
    Funk­ti­on von W3-Pro­fes­su­ren gemeint wird. Ein sol­cher
    Unter­schied exis­tiert nach dem Gleich­heits­grund­satz ja
    nicht: Bei­de haben als Pro­fes­su­ren die glei­che Funk­ti­on.
    Gemeint sind viel­mehr Unter­schie­de in den Auf­ga­ben
    „vor Ort“ zwi­schen sog. abs­trakt-funk­tio­nel­len Ämtern
    (z. B.: Pro­fes­sor an der Uni­ver­si­tät X, Pro­fes­sor an der
    Kunst­hoch­schu­le Y usw.) und kon­kret-funk­tio­na­len
    Ämtern (z. B.: Pro­fes­sor für theo­re­ti­sche Phi­lo­so­phie an
    der Uni­ver­si­tät X, Pro­fes­sor für Fest­kör­per­phy­sik an der
    Uni­ver­si­tät Y usw.).26 Hier geht es also um kon­kre­te Rol­len
    an bestimm­ten Insti­tu­tio­nen, die funk­tio­nal sehr unter­schied­lich
    sein kön­nen, und nicht um gene­rel­le funk­tio­na­le
    Unter­schie­de, die zwi­schen W2-Pro­fes­su­ren und
    W3-Pro­fes­su­ren bestehen würden.27
    Zwei­tens muss der Qua­li­fi­ka­ti­ons­aspekt her­vor­ge­ho­ben
    wer­den. Sche­ven weist dar­auf hin, dass alle Professor/
    innen die glei­chen Ein­stel­lungs­vor­aus­set­zun­gen erfül­len
    – d. h. die glei­che Qua­li­fi­ka­ti­on vor­wei­sen – müs­sen.
    Dies ist im Ein­klang mit dem im Grund­ge­setz fest­ge­leg­ten
    Leis­tungs­prin­zip. Für Uni­ver­si­täts­pro­fes­su­ren
    gel­ten unab­hän­gig von der Besol­dungs­stu­fe die glei­chen
    Vor­aus­set­zun­gen bezüg­lich Eig­nung, Befä­hi­gung und
    fach­li­cher Leis­tung, sodass die Besol­dungs­stu­fen nicht
    gene­rell Unter­schie­de in der Leis­tung zum Aus­druck
    brin­gen können.28 Umge­kehrt gel­ten für W2-Pro­fes­su­ren
    an einer Fach­hoch­schu­le und für W2-Uni­ver­si­täts­pro­fes­su­ren
    unter­schied­li­che Vor­aus­set­zun­gen (FH-Pro­fes­su­ren
    set­zen Erfah­run­gen in der Berufs­pra­xis vor­aus),
    sodass auch hier die Besol­dungs­stu­fe nicht die fach­li­che
    Leis­tung abbil­det. Dies­be­züg­lich besteht auch ein deut­li­cher
    Unter­schied mit dem ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen Sys­tem,
    in dem bei­de Beför­de­rungs­schrit­te (vom Assistant
    Pro­fes­sur zum Asso­cia­te Pro­fes­sor zum Full Pro­fes­sor) auf
    eine Leis­tungs­be­ur­tei­lung beru­hen. Sowohl für die Beför­de­rung
    vom Assistant Pro­fes­sur zum Asso­cia­te Pro­fes­sor
    als auch für die Beför­de­rung zum Full Pro­fes­sor müs­sen
    wis­sen­schaft­li­che Leis­tun­gen in einem Umfang und
    einer Qua­li­tät erbracht sein, die eine bestimm­te Senio­ri­tät
    (und damit einen aka­de­mi­schen Sta­tus) begrün­den.
    Eine sol­che Leis­tungs­be­ur­tei­lung fin­det im deut­schen
    Sys­tem jedoch nur ein­mal statt, näm­lich bei der Zwi­schen­eva­lua­ti­on
    der Juni­or­pro­fes­sor, der Habi­li­ta­ti­on
    (ver­bun­den mit der Ernen­nung zum Pri­vat­do­zen­ten
    oder der Ver­lei­hung des Titels ‚Dr. habil.‘) oder der Erst­be­ru­fung
    auf eine Pro­fes­sur (unter der Vor­aus­set­zung
    der Habi­li­ta­ti­on oder habi­li­ta­ti­ons­äqui­va­len­ter Leis­tun­gen).
    In allen drei Fäl­len geht es um die Fest­stel­lung, dass
    ein/e Kandidat/in wis­sen­schaft­li­che Leis­tun­gen in einem
    Umfang und einer Qua­li­tät erbracht hat, die einer bestimm­ten
    fach­li­chen Senio­ri­tät (näm­lich der Senio­ri­tät
    der Pro­fes­sur) ent­spre­chen. Weil es im deut­schen Sys­tem
    nur einen sol­chen Qua­li­fi­ka­ti­ons­schritt gibt, der glei­cher­ma­ßen
    für W2- und W3-Pro­fes­su­ren qua­li­fi­ziert,
    kann ein ent­spre­chen­der Sta­tus- oder Senio­ri­täts­un­ter­schied
    zwi­schen W2- und W3-Pro­fes­su­ren auch nicht
    begrün­det wer­den. Die deut­schen Besol­dungs­stu­fen
    sind dem­entspre­chend für den inter­na­tio­na­len Ver­gleich
    ohne Rele­vanz.
    25 Sche­ven (Fn. 22), S. 428; Kur­siv­set­zung ein­ge­fügt.
    26 Sche­ven (Fn. 22), S. 429; Kar­pen (Fn. 9), S. 863–864.
    27 Die­ser kur­ze juris­ti­sche Exkurs zeigt, dass Kehms in Abschnitt
    II erwähn­te Pau­schal­be­haup­tung, dass W2-Pro­fes­su­ren mit
    Asso­cia­te Pro­fes­sor­ships funk­tio­nal äqui­va­lent sei­en, nicht mit der
    Rechts­la­ge über­ein­stimmt und völ­lig fehl­ge­lei­tet ist. Wenn es um
    Pro­fes­so­ren­äm­ter geht, ist der funk­tio­na­le Unter­schied viel­mehr
    mit den Ämtern ‚Pro­fes­sor als Juni­or­pro­fes­sor‘, ‚Uni­ver­si­täts­pro­fes­sor‘,
    ‚Pro­fes­sor an einer Fach­hoch­schu­le‘ usw. ver­bun­den. So
    gibt z. B. es kei­nen funk­tio­na­len Unter­schied zwi­schen einer nach
    W2 ver­gü­te­ten Uni­ver­si­täts­pro­fes­sur und einer nach W3 ver­gü­te­ten
    Uni­ver­si­täts­pro­fes­sur, aber wohl zwi­schen einer nach W2
    ver­gü­te­ten Pro­fes­sur an einer Fach­hoch­schu­le und einer nach W2
    ver­gü­te­ten Uni­ver­si­täts­pro­fes­sur. Das Amt, nicht die Ver­gü­tung,
    macht den Unter­schied.
    28 Art. 33 Abs. 2 GG. Per­sön­li­che Leis­tun­gen kön­nen dem­entspre­chend
    auch nicht durch eine ad hoc Beför­de­rung von einer W2-
    Pro­fes­sur zu einer W3-Pro­fes­sur hono­riert wer­den, aber wer­den
    durch Leis­tungs­zu­la­gen hono­riert.
    4 0 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 1 ( 2 0 2 1 ) , 3 3 – 4 6
    Mit Hin­blick auf eine Abbil­dung der deut­schen Situa­ti­on
    auf die drei ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen aca­de­mic ranks
    müss­te außer­dem zuerst bestimmt wer­den, was es abzu­bil­den
    gilt: das eine, ein­heit­li­che Pro­fes­so­ren­amt; die
    drei Besol­dungs­grup­pen (die selbst kei­ne Ämter sind),
    die Ämter, die sich aus den mög­li­chen Kom­bi­na­tio­nen
    der Amts­be­zeich­nun­gen mit den Besol­dungs­grup­pen
    erge­ben (auf jeden Fall mehr als drei); die (sehr vie­len)
    abs­trakt-funk­tio­nel­le Ämter; oder die (auch sehr vie­len)
    kon­kret-funk­tio­nel­le Ämter. Ein Argu­ment für eine bestimm­te
    Wahl fehlt bis­lang.
    Erwähnt wer­den muss, dass für sta­tis­ti­sche Zwe­cke
    manch­mal ein hier­ar­chi­scher Unter­schied zwi­schen
    W2- und W3-Pro­fes­su­ren auf Basis von Senio­ri­tät gemacht
    wird. Die von der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on
    jähr­lich her­aus­ge­ge­be­nen She Figu­res-Berich­te zur Gen­der­ver­tei­lung
    in aka­de­mi­schen Funk­tio­nen sind ein ein­schlä­gi­ges
    Bei­spiel. Dabei wird eine vier­stu­fi­ge Ein­tei­lung
    von Funk­tio­nen ver­wen­det. Die höchs­te Stu­fe (gra­de
    A) ist defi­niert als die höchs­te Posi­ti­on oder Stel­le, in
    der For­schung betrie­ben wird, und die zweit­höchs­te Stu­fe
    (gra­de B) als die Grup­pe der For­schen­den in Posi­tio­nen
    mit weni­ger Senio­ri­tät als die höchs­te Posi­ti­on (A),
    aber mit höhe­rer Senio­ri­tät als neu pro­mo­vier­te For­schen­de.
    29 Wäh­rend gra­de A für Deutsch­land ledig­lich
    die W3- und C4-Pro­fes­su­ren umfasst, ist gra­de B ein
    Sam­mel­be­cken für alle Stel­len­ar­ten zwi­schen der ers­ten
    Stel­le unmit­tel­bar nach der Pro­mo­ti­on (gra­de C) und der
    Posi­ti­on mit der höchs­ten Senio­ri­tät. Aller­dings lässt
    sich die­se Ein­tei­lung dahin­ge­hend kri­ti­sie­ren, dass man­gels
    einer „Kar­rie­re­lei­ter“, die einen Auf­stieg durch Erfah­rung
    von der W2-Ebe­ne auf die W3-Ebe­ne ermög­li­chen
    wür­de, einen Senio­ri­täts­un­ter­schied zwi­schen den
    Ebe­nen nicht sinn­voll gemacht wer­den kann. Außer­dem
    sind die Besol­dungs­ka­te­go­rien W2 und W3 weder de
    jure noch de fac­to mit Senio­ri­tät oder Erfah­rung ver­bun­den:
    Besol­dungs­recht­lich sind kei­ne Erfah­rungs­stu­fen in
    der W‑Besoldung spe­zi­fi­ziert und in der Pra­xis gel­ten
    auch kei­ne unter­schied­li­chen Erfah­rungs­an­for­de­run­gen
    für W2- und W3-Professuren.30 Auch muss dies­be­züg­lich
    erwähnt wer­den, dass die She Figu­res-Berich­te alle
    Gast­pro­fes­su­ren pau­schal in gra­de B ein­ge­ord­nen (wobei
    She Figu­res 2012 expli­zit die Besol­dungs­grup­pen W3 und
    W2 für Gast­pro­fes­su­ren in gra­de B erwähnt, die letz­te
    Aus­ga­be, She Figu­res 2019, aller­dings nicht). Dies ist zumin­dest
    merk­wür­dig, weil Gast­pro­fes­su­ren oft dazu die­nen,
    her­aus­ra­gen­de und eta­blier­te Wissenschaftler/innen
    für einen bestimm­ten Zeit­raum an eine Uni­ver­si­tät
    zu holen. So wird z. B. die Leib­niz-Pro­fes­sur an der Uni­ver­si­tät
    Leip­zig „an beson­ders renom­mier­te und vor­wie­gend
    inter­na­tio­na­le Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­ler
    ver­ge­ben und gehört zu den höchs­ten Aus­zeich­nun­gen
    unse­rer Universität“.31 Wie ein sol­cher Sta­tus
    mit einer nied­ri­ge­ren Senio­ri­täts­stu­fe als die von
    regu­lä­ren W3-Pro­fes­su­ren ver­ein­bar sein soll, ist nicht
    ersicht­lich.
    Fest­zu­hal­ten ist, dass mit dem Amt einer nach W2
    besol­de­ten Pro­fes­sur genau die glei­chen Auf­ga­ben,
    Pflich­ten und Rech­te ver­bun­den sind als mit den Amt einer
    nach W3 besol­de­ten Pro­fes­sur. Die Grün­de für den
    Unter­schied in Ver­gü­tung zwi­schen lie­gen oft dar­in, dass
    nach W3 besol­de­te Professor/innen oft neben ihrem eigent­li­chen
    Amt als Pro­fes­sor wei­te­re Auf­ga­ben über­neh­men,
    wie z. B. die Lei­tung einer Lehr­stuhl­grup­pe, eines
    Labors usw., oder ihre Pro­fes­sur für einen beson­de­ren
    Zweck geschaf­fen wur­de (z. B. als Gast­pro­fes­sur für die
    Stär­kung inter­na­tio­na­ler Koope­ra­tio­nen oder für die
    Stär­kung der Ver­bin­dun­gen mit Wirt­schaft und Indus­trie,
    als Stif­tungs­pro­fes­sur zur Stär­kung eines Lehr- oder
    For­schungs­ge­biets, als Pro­fes­sur mit einer spe­zi­fi­schen
    Auf­ga­be in der Öffent­lich­keits­ar­beit usw.). Aber die­se
    Auf­ga­ben sind eben Auf­ga­ben neben dem eigent­li­chen
    Pro­fes­so­ren­amt, sodass sie kei­nen Unter­schied zwi­schen
    aca­de­mic ranks begrün­den kön­nen. Wer einen Lehr­stuhl
    inne­hat, hat die­sen in „Per­so­nal­uni­on“ neben der Pro­fes­sur
    inne, und wer geschäfts­füh­ren­de Direk­to­rin eines Insti­tuts
    ist, ist dies in „Per­so­nal­uni­on“ neben der Pro­fes­sur.
    Unter­schie­de in Ver­gü­tung kön­nen durch sol­che zusätz­li­che
    Tätig­kei­ten begrün­det wer­den, aber Unter­schie­de
    zwi­schen aca­de­mic ranks fol­gen dar­aus nicht.
    IV. Aspek­te aus­län­di­scher Sys­te­me
    Betrach­ten wir jetzt den Ver­gleich mit dem ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen
    Sys­tem näher. Meis­tens wer­den die US-Ame­ri­ka­ni­schen
    Bezeich­nun­gen als inter­na­tio­nal-eng­lisch­spra­chi­ge
    Stan­dard­be­zeich­nun­gen ver­wen­det ohne
    dabei expli­zit auf das aka­de­mi­sche Sys­tem in den USA
    zu ver­wei­sen. Aller­dings impli­ziert die Ver­wen­dung die­ser
    aca­de­mic ranks sowie Behaup­tun­gen wie die, dass es
    29 Euro­pean Com­mis­si­on, She Figu­res 2012 – Gen­der in Rese­arch
    and Inno­va­ti­on, Luxem­bourg: Publi­ca­ti­ons Office of the Euro­pean
    Uni­on, 2013, S. 87.
    30 Die oben genann­te Aus­schrei­bung in Frei­burg einer für „high­ly
    qua­li­fied ear­ly care­er rese­ar­chers“ geeig­ne­te W3-Pro­fes­sur ist
    viel­leicht das bes­te Bei­spiel in die­sem Kon­text.
    31 Sie­he https://www.ral.uni-leipzig.de/unterstuetzung/leibniz-programm/
    leibniz-professur/#c137414 (Auf­ge­ru­fen am 08.07.2020).
    Rey­don · Unver­gleich­bar­keit aka­de­mi­scher Sys­te­me 4 1
    funk­tio­na­le Äqui­va­len­zen zwi­schen den Stu­fen in den
    ver­schie­de­nen Sys­te­men gibt, sehr wohl, dass die Ver­wen­dung
    eng­lisch­spra­chi­ger Bezeich­nun­gen eine Ver­bin­dung
    mit dem US-Ame­ri­ka­ni­schen Sys­tem her­stel­len
    soll. Es wird in die­ser Pra­xis still­schwei­gend ange­nom­men,
    dass (1) das ame­ri­ka­ni­sche Sys­tem als Maß­stab
    aller ande­ren aka­de­mi­schen Sys­te­me geeig­net wäre und
    (2) die Bezeich­nun­gen Assistant Pro­fes­sor, Asso­cia­te Pro­fes­sor
    und Full Pro­fes­sor auch außer­halb des spe­zi­fisch
    US-ame­ri­ka­ni­schen Kon­texts voll­stän­dig klar defi­niert
    wer­den kön­nen. Für (1) fehlt dabei in der Lite­ra­tur jeg­li­ches
    Argu­ment. Und bezüg­lich (2) wird meis­tens igno­riert,
    dass die aca­de­mic ranks des Assistant, Asso­cia­te
    und Full Pro­fes­sors in einem Sys­tem ein­ge­bet­tet sind, das
    dem deut­schen (oder nie­der­län­di­schen, oder fran­zö­si­schen,
    oder ita­lie­ni­schen, oder bri­ti­schen, oder …) Sys­tem
    kaum ent­spricht.
    Zuerst zu Punkt (1). Ein mög­li­ches Argu­ment dafür,
    die Kate­go­rien Assistant, Asso­cia­te und Full Pro­fes­sor als
    maß­geb­li­che Bezugs­punk­te für die Betrach­tung aller
    aka­de­mi­scher Sys­te­me welt­weit anzu­se­hen, wäre die
    welt­wei­te Domi­nanz der ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen Wis­sen­schaft.
    Man kann dies befür­wor­ten oder ableh­nen, aber
    es lässt sich schlecht leug­nen, dass die eng­lisch­spra­chi­gen
    Län­der eine füh­ren­de Rol­le in der Wis­sen­schaft ein­neh­men.
    Eng­lisch ist die lin­gua fran­ca der Wis­sen­schaft,
    die inter­na­tio­na­len Rang­lis­ten von Uni­ver­si­tä­ten wer­den
    stets von US-Ame­ri­ka­ni­schen und Bri­ti­schen Uni­ver­si­tä­ten
    ange­führt und wenn nach Bei­spie­len für exzel­len­te
    Uni­ver­si­tä­ten gefragt wird, wer­den (zu Recht oder auch
    nicht) Insti­tu­tio­nen wie Har­vard, MIT, Oxford und Cam­bridge
    genannt. Ein Argu­ment ist dies zwar nicht, aber es
    ist ein Sach­ver­halt, der die her­aus­ge­ho­be­ne Stel­lung des
    ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen Sys­tems viel­leicht ver­ständ­lich
    macht.
    Aller­dings folgt aus die­ser Sach­la­ge nicht, dass das
    ang­lo-ame­ri­ka­ni­sche Sys­tem als welt­wei­ter Stan­dard für
    aka­de­mi­sche Sys­te­me gel­ten kann oder soll (Punkt (2)).
    Dage­gen spricht z. B., dass es das ang­lo-ame­ri­ka­ni­sche
    Sys­tem gar nicht gibt. Die Kate­go­rien Assistant, Asso­cia­te
    und Full Pro­fes­sor stam­men aus dem US-Ame­ri­ka­ni­schen
    Sys­tem und haben im Kon­text die­ses Sys­tems sehr
    spe­zi­fi­sche Bedeu­tun­gen. Aller­dings wer­den die­se Bezeich­nun­gen
    auch an eini­gen (aber nicht allen) Uni­ver­si­tä­ten
    in Groß­bri­tan­ni­en, Kana­da, Aus­tra­li­en und Neu­see­land
    ver­wen­det, bezeich­nen dort aller­dings manch­mal
    ande­re Kate­go­rien als in den USA. So kann­te das
    Sys­tem in Groß­bri­tan­ni­en schon immer die Pro­fes­sur als
    höchs­te Ebe­ne, aber haben eini­ge Uni­ver­si­tä­ten erst vor
    Kur­zem die Kate­go­rie Asso­cia­te Pro­fes­sor ein­ge­führt, die
    manch­mal statt der älte­ren Kate­go­rie Rea­der ver­wen­det
    wird, manch­mal aber auch statt der Kate­go­rie Seni­or
    Lec­tu­rer. Die Kate­go­rie des Assistant Pro­fes­sors gibt es typi­scher­wei­se
    nicht und die Kate­go­rie des Asso­cia­te Pro­fes­sors
    wird auch nur durch eine Min­der­heit der Uni­ver­si­tä­ten
    ver­wen­det.
    Auch kennt das US-Ame­ri­ka­ni­sche Sys­tem noch wei­te­re
    ranks, die in der hier kri­ti­sier­ten Abbil­dungs­pra­xis
    typi­scher­wei­se igno­riert wer­den. So gibt es unter­halb des
    Assistant Pro­fes­sors meis­tens den Ins­truc­tor und/oder
    Lec­tu­rer (inner­halb die­ser manch­mal Diver­si­fi­zie­run­gen
    wie Seni­or Lec­tu­rer und Mas­ter Lec­tu­rer), und ober­halb
    des Full Pro­fes­sors oft den Uni­ver­si­ty Pro­fes­sor, Distin­gu­is­hed
    Pro­fes­sor usw. Wäh­rend die drei Kate­go­rien Assistant
    Pro­fes­sor, Asso­cia­te Pro­fes­sor und Full Pro­fes­sor immer
    den Kern des Sys­tems aus­ma­chen, sind die ande­ren
    Kate­go­rien zwi­schen Uni­ver­si­tä­ten sehr unter­schied­lich.
    So hat z. B. die Van­der­bilt Uni­ver­si­ty ein stark diver­si­fi­zier­tes
    Sys­tem, das inner­halb des ten­ure tracks die aka­de­mi­schen
    Titel von Uni­ver­si­ty Distin­gu­is­hed Pro­fes­sor, Distin­gu­is­hed
    Pro­fes­sor, Uni­ver­si­ty Pro­fes­sor, Pro­fes­sor, Asso­cia­te
    Pro­fes­sor, Assistant Pro­fes­sor und Ins­truc­tor kennt,
    sowie außer­halb des ten­ure tracks noch die Titel von
    Prin­ci­pal Seni­or Lec­tu­rer, Seni­or Lec­tu­rer und Lecturer.32
    In die­sem Bei­spiel fällt auf, dass der ein­fa­che Drei­satz
    von Assistant-Asso­cia­te-Full Pro­fes­sor die tat­säch­li­che
    aka­de­mi­sche Hier­ar­chie vor Ort stark ver­kürzt abbil­det.
    Auch fällt auf, dass statt ‚Full Pro­fes­sor‘ die Bezeich­nung
    ‚Pro­fes­sor‘ ver­wen­det wird.33 Außer­dem ist hier ein wei­te­rer
    Unter­schied zum deut­schen Sys­tem sicht­bar: Wäh­rend
    in Deutsch­land der Unter­schied zwi­schen Uni­ver­si­täts­pro­fes­sor
    und Pro­fes­sor typi­scher­wei­se ein Unter­schied
    zwi­schen Ämtern ist (Pro­fes­sor an einer Uni­ver­si­tät
    bzw. Pro­fes­sor an einer Fach­hoch­schu­le), ist in den
    ver­ei­nig­ten Staa­ten der Unter­schied zwi­schen Uni­ver­si­ty
    Pro­fes­sor und Pro­fes­sor ein hier­ar­chi­scher unter­schied
    (ein Pro­fes­sor kann auf­grund her­aus­ra­gen­der Leis­tun­gen
    zum Uni­ver­si­ty Pro­fes­sor ernannt wer­den).
    Der wich­tigs­te Fak­tor aller­dings, der den Ver­gleich
    zwi­schen dem deut­schen und dem US-ame­ri­ka­ni­schen
    Sys­tem höchst pro­ble­ma­tisch macht, ist der leis­tungs­ba­sier­te
    Auf­stieg. Der Nor­mal­fall im US-Ame­ri­ka­ni­schen
    ten­ure track-Sys­tem beinhal­tet die Eva­lua­ti­on der per­sön­li­chen
    Leis­tung und die per­sön­li­che Beför­de­rung
    32 https://www.vanderbilt.edu/faculty-manual/part-ii-appointmentand-
    ten­ure/ch1-aca­de­mic-titles-at-van­der­bil­t/ (Auf­ge­ru­fen am
    09.04.2020).
    33 Tat­säch­lich ist ‚Full Pro­fes­sor‘ in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten eher eine
    umgangs­sprach­li­che Bezeich­nung und ist die offi­zi­el­le Bezeich­nung
    meis­tens nur ‚Pro­fes­sor‘.
    4 2 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 1 ( 2 0 2 1 ) , 3 3 – 4 6
    ohne dass man dabei mit ande­ren in Kon­kur­renz steht
    oder von der Ver­füg­bar­keit einer höher ver­gü­te­ten Plan­stel­le
    abhän­gig wäre. Auch beinhal­tet es sei­tens des Arbeit­ge­bers
    eine expli­zi­te Absicht der Beför­de­rung bei
    aus­rei­chen­der Leis­tung. Im deut­schen Sys­tem, hin­ge­gen,
    kon­kur­riert man mit allen ande­ren Bewerber/innen um
    die eine aus­ge­schrie­be­ne Pro­fes­sur. Es geht dabei nicht
    pri­mär um die per­sön­li­chen Leis­tun­gen der Bewerber/
    innen, son­dern um Pas­sung zum Pro­fil der aus­ge­schrie­be­nen
    Stel­le. Leis­tung ist in Deutsch­land zwar eine not­wen­di­ge
    Vor­aus­set­zung für das aka­de­mi­sche Wei­ter­kom­men,
    aber (anders als im US-Ame­ri­ka­ni­schen Sys­tem)
    kei­ne hin­rei­chen­de Vor­aus­set­zung.
    Zum Schluss die­ser Betrach­tung des US-Ame­ri­ka­ni­schen
    Sys­tems möch­te ich noch kurz auf den Begriff des
    Lehr­stuhls ein­ge­hen. Wie in Abschnitt II bereits erwähnt,
    behaup­tet Kre­ckel, dass „[a]n der Spit­ze […] über­all
    der auf Lebens­zeit besetz­te „Lehr­stuhl“ oder „Chair““
    stünde.34 Kre­ckel und Zim­mer­mann set­zen sogar ‚W3‘
    sys­te­ma­tisch mit ‚Lehr­stuhl­in­ha­ber‘ gleich.35 Und auch
    die Jun­ge Aka­de­mie setzt in ihrem Debat­ten­bei­trag zur
    Depart­ment- statt Lehr­stuhl­struk­tur die Bezeich­nun­gen
    ‚W3‘ und ‚Lehr­stuhl­in­ha­ber‘ gleich, und sug­ge­riert
    gleich­zei­tig eine all­ge­mei­ne hier­ar­chi­sche Unter­ord­nung
    der W1- und W2-Pro­fes­su­ren unter den W3-Pro­fes­su­ren.
    36 Sol­che pau­scha­len Gleich­set­zun­gen sind jedoch
    irre­füh­rend, weil sich die Situa­ti­on zwi­schen den ein­zel­nen
    Bun­des­län­dern und sogar zwi­schen den ein­zel­nen
    Fakul­tä­ten inner­halb einer Uni­ver­si­tät stark unter­schei­den
    kann. Ers­tens gibt es heut­zu­ta­ge in Deutsch­land rein
    for­mell über­haupt kei­ne Lehr­stüh­le mehr und kommt
    der Begriff des Lehr­stuhls in den Lan­des­hoch­schul­ge­set­zen
    nicht mehr vor. Der Begriff ‚Lehr­stuhl‘ wird viel­mehr
    infor­mell als Bezeich­nung für die Orga­ni­sa­ti­ons­ein­heit
    unter der Lei­tung einer Pro­fes­sur ver­wen­det, wobei
    es sich um eine nach W1, W2 oder W3 ver­gü­te­te Pro­fes­sur
    han­deln kann. Insti­tu­te und Semi­na­re umfas­sen
    oft meh­re­re Pro­fes­su­ren und wer­den durch einen mehr­köp­fi­gen
    Vor­stand statt einer Pro­fes­sur gelei­tet, wobei
    die Pro­fes­su­ren des Insti­tuts (W1, W2 und W3) ein­an­der
    neben­ge­ord­net sind. Dabei wer­den oft die the­ma­tisch
    zen­tra­le­re Pro­fes­su­ren nach W3 ver­gü­tet und die the­ma­tisch
    weni­ger zen­tra­len Pro­fes­su­ren nach W2, aber die
    ers­te­ren Plan­stel­len gel­ten nicht als Lehr­stüh­le in einem
    Unter­schied zu den letz­te­ren Plan­stel­len. Sol­che Insti­tu­te
    und Semi­na­re sind zwar kei­ne Depart­ments im Sin­ne
    des Debat­ten­bei­trags der Jun­gen Aka­de­mie, aber sie imple­men­tie­ren
    die Orga­ni­sa­ti­ons­struk­tur von Depart­ments
    dahin­ge­hend, dass alle Juni­or­pro­fes­su­ren und
    Pro­fes­su­ren hier­ar­chisch auf der glei­chen Ebe­ne ste­hen.
    Auch in Fäl­len, in denen sich jemand im Rah­men von
    Blei­be­ver­hand­lun­gen von der Besol­dungs­stu­fe W2 auf
    die Besol­dungs­stu­fe W3 „hoch­ver­han­delt“, ist mit der
    neu­en Plan­stel­le kein Lehr­stuhl ver­bun­den. Man bleibt
    Universitätsprofessor/in und wech­selt ledig­lich die
    Besol­dungs­grup­pe.
    Dar­über hin­aus ist der Ver­gleich mit US-Ame­ri­ka­ni­schen
    Chairs pro­ble­ma­tisch, weil die­se nicht den tra­di­tio­nel­len
    deut­schen Lehr­stüh­len ent­spre­chen. In den USA
    sind Chairs nicht an aca­de­mic ranks gekop­pelt und kön­nen
    Asso­cia­te Pro­fes­sors und sogar ver­ein­zelt Assistant
    Pro­fes­sors einen Chair inne­ha­ben. Ein Chair ist eher mit
    einer Plan­stel­le mit beson­de­rer Aus­stat­tung zu ver­glei­chen,
    die eine Per­son unab­hän­gig vom aca­de­mic rank
    befris­tet oder auch auf Lebens­zeit inne­ha­ben kann. Es
    gibt Chairs die ein bestimm­tes unter­re­prä­sen­tier­tes Fach
    oder Teil­ge­biet ver­tre­ten sol­len, es gibt Chairs für spe­zi­fi­sche
    For­schungs­zwe­cke (ohne Lehr­ver­pflich­tung), es
    gibt Chairs zur För­de­rung des Nach­wuch­ses (die dann
    auch durch Assistant Pro­fes­sors besetzt wer­den kön­nen),
    es gibt Stif­tungs­pro­fes­su­ren (Named Chairs oder Endo­wed
    Chairs) usw. Es gibt dem­entspre­chend Full Pro­fes­sors
    mit Chair, Full Pro­fes­sors ohne Chair (und das ist der
    Nor­mal­fall für Full Pro­fes­sors in den USA), Asso­cia­te
    Pro­fes­sors mit Chair usw. Auch kommt es vor, dass Chairs
    getak­tet inner­halb eines Depart­ments oder eines Col­leges
    neu ver­ge­ben wer­den. Wer eini­ge Jah­re einen Chair
    inne­hat­te und die­sen dann wie­der an die nächs­te Per­son
    wei­ter­ge­ben muss, behält dabei selbst­ver­ständ­lich den
    eige­nen aca­de­mic rank. Und auch wenn es um den Chair
    im Sin­ne des Insti­tuts­lei­ters (Depart­ment Chair) geht,
    passt der Ver­gleich nicht. Vie­le Depart­ments an USAme­ri­ka­ni­schen
    Uni­ver­si­tä­ten wer­den von Asso­cia­te
    Pro­fes­sors gelei­tet (die oft gera­de des­we­gen nicht zum
    Full Pro­fes­sor auf­stei­gen, weil durch die vie­le Ver­wal­tungs­ar­beit
    zu wenig Zeit für die For­schung bleibt).
    34 Kre­ckel (Fn. 4), 2016, 18.
    35 R. Kre­ckel & K. Zim­mer­mann, Hasard oder Lauf­bahn: Aka­de­mi­sche
    Kar­rie­re­struk­tu­ren im inter­na­tio­na­len Ver­gleich, Leip­zig:
    Aka­de­mi­sche Ver­lags­an­stalt, 2014, S. 22–27.
    36 J. Specht, C. Hof, J. Tjus, W. Per­nice & U. Endes­fel­der, Depart­ments
    statt Lehr­stüh­le: Moder­ne Per­so­nal­struk­tur für eine zukunfts­fä­hi­ge
    Wis­sen­schaft, Ber­lin: Die Jun­ge Aka­de­mie an der Ber­lin-Bran­den­bur­gi­schen
    Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten und der Deut­schen
    Aka­de­mie der Natur­for­scher Leo­pol­di­na, 2017, S. 6.
    Rey­don · Unver­gleich­bar­keit aka­de­mi­scher Sys­te­me 4 3
    Kre­ckels “archi­me­di­scher Punkt“ für die ver­glei­chen­de
    Betrachtung37 ist daher als Fik­ti­on zu betrach­ten. Die
    Orga­ni­sa­ti­on der ver­schie­de­nen Grup­pen inner­halb der
    pro­fes­so­ra­len Ebe­ne ist für das Ver­ständ­nis loka­ler aka­de­mi­scher
    Sys­te­me beson­ders wich­tig. Aber gera­de die­se
    Orga­ni­sa­ti­ons­struk­tu­ren sind zwi­schen den ver­schie­de­nen
    Sys­te­men – und manch­mal sogar inner­halb eines
    Sys­tems – sehr unter­schied­lich.
    Sehen wir uns zum Ver­gleich eini­ge ande­re euro­päi­sche
    Sys­te­me an. In den Nie­der­lan­den gibt es drei
    Haupt­ebe­nen in der aka­de­mi­schen hier­ar­chie: uni­ver­si­ta­ir
    docent, uni­ver­si­ta­ir hoofd­do­cent und hoog­leraar. Es
    ist dort gän­gi­ge Pra­xis, die­se auf den drei aca­de­mic ranks
    in den USA abzu­bil­den, wobei uni­ver­si­ta­ir docent übli­cher­wei­se
    mit Assistant Pro­fes­sor, uni­ver­si­ta­ir hoofd­do­cent
    mit Asso­cia­te Pro­fes­sor und hoog­leraar mit Full Pro­fes­sor
    gleich­ge­setzt wird. Aller­dings gibt es auch hier im
    Ver­gleich zu den USA gro­ße Unter­schie­de. So ist eine
    Stel­le als uni­ver­si­ta­ir docent in den Nie­der­lan­den nicht
    unbe­dingt eine Qua­li­fi­ka­ti­ons­stel­le: Wer unmit­tel­bar
    nach der Pro­mo­ti­on eine Stel­le antritt, wird typi­scher­wei­se
    befris­tet als uni­ver­si­ta­ir docent ein­ge­stellt. Wer sich
    bewährt, kann ent­fris­tet wer­den, bleibt dabei aller­dings
    oft uni­ver­si­ta­ir docent und man­che blei­ben ihr gan­zes
    Leben lang uni­ver­si­ta­ir docent. Das nie­der­län­di­sche Sys­tem
    ist dies­be­züg­lich weni­ger ein up or out als ein up or
    not-Sys­tem. Auch sind nie­der­län­di­sche hoog­lera­ren etwas
    Beson­de­res: Nur sie tra­gen Tala­re (die es dort zum
    Glück noch gibt), nur sie hal­ten Antritts­vor­le­sun­gen und
    nur sie haben tra­di­tio­nell das ius pro­mo­ven­di – das
    Recht, Per­so­nen zum Dok­tor zu pro­mo­vie­ren, also als
    Doktormutter/vater auf­zu­tre­ten. Vor Kur­zem hat eine
    Geset­zes­än­de­rung zwar die Mög­lich­keit für uni­ver­si­ta­ir
    hoofd­do­cen­ten eröff­net, das ius pro­mo­ven­di zu erlan­gen,
    aber der Pro­fes­so­ren­sta­tus bleibt hoog­lera­ren vor­be­hal­ten.
    Im Übri­gen gibt es auch in den Nie­der­lan­den zwei
    Ver­gü­tungs­stu­fen für hoog­lera­ren, näm­lich hoog­leraar 2
    und hoog­leraar 1, die aller­dings kaum in Stel­len­aus­schrei­bun­gen
    oder Lebens­läu­fen erwähnt wer­den. Die
    Ver­gü­tungs­stu­fe hoog­leraar 1 ist für Pro­fes­so­ren mit einer
    Lei­tungs- oder höhe­ren admi­nis­tra­ti­ven Funk­ti­on gedacht,
    aber sie ist expli­zit nicht mit einem Unter­schied in
    Rang, Dienst­grad oder pro­fes­so­ra­ler Wür­de ver­bun­den.
    Was wür­de dies nun für die Ver­gleich­bar­keit der
    deut­schen und nie­der­län­di­schen Sys­te­me hei­ßen? In
    Deutsch­land kön­nen Juni­or­pro­fes­so­ren eigen­stän­dig als
    Doktormutter/vater auf­tre­ten und haben dem­nach ein
    mit dem nie­der­län­di­schen ius prom­ven­di ver­gleich­ba­res
    Recht. Im Ver­gleich wären daher alle deut­schen Pro­fes­su­ren
    (W1, W2 und W3) auf der nie­der­län­di­schen Ebe­ne
    von hoog­leraar (also: Full Pro­fes­sor) anzusetzen.38 Tat­säch­lich
    ken­nen in den Nie­der­lan­den auch eini­ge Uni­ver­si­tä­ten
    die Kate­go­rie von hoog­leraar auf Pro­be: den
    adjunct hoog­leraar, der in eini­gen Aspek­ten mit der
    deut­schen Juni­or­pro­fes­sur ver­gleich­bar wäre.39 Wenn
    man schon eine Abbil­dung vor­neh­men möch­te, müss­te
    man eigent­lich sagen, dass deut­sche Juni­or­pro­fes­su­ren
    der nie­der­län­di­schen Kate­go­rie adjunct hoog­leraar und
    deut­sche Uni­ver­si­täts­pro­fes­su­ren der nie­der­län­di­schen
    Kate­go­rie hoog­leraar ent­spre­chen. Die Ver­gü­tungs­stu­fen
    W2 und W3 wür­den dabei allen­falls den nie­der­län­di­schen
    Ver­gü­tungs­stu­fen hoog­leraar 2 und hoog­leraar 1
    ent­spre­chen.
    Als wei­te­re Bei­spie­le möch­te ich noch kurz Bel­gi­en,
    Frank­reich und Ita­li­en betrach­ten. In Flan­dern gibt es im
    Unter­schied zu den Nie­der­lan­den vier Ebe­nen: docent,
    hoofd­do­cent, hoog­leraar und gewoon hoog­leraar – oft
    über­setzt als Lec­tu­rer, Asso­cia­te Pro­fes­sor, Pro­fes­sor und
    Full Pro­fes­sor. Ein sol­ches Vier­stu­fi­ges Sys­tem ist kaum
    auf den deut­schen Drei­satz abbild­bar. In der Wal­lo­nie
    gibt es drei Ebe­nen, wobei aller­dings die Asso­cia­te Pro­fes­sor­ship
    als Ein­stiegs­rang gilt! Die Uni­ver­si­té Catho­li­que
    de Lou­vain z. B. spe­zi­fi­ziert:
    „1. Every facul­ty mem­ber with litt­le or no aca­de­mic expe­ri­ence
    will be appoin­ted at the rank of Asso­cia­te Pro­fes­sor
    (ent­ry rank for an aca­de­mic care­er in Bel­gi­um). 2.
    Tho­se with seve­ral years of aca­de­mic expe­ri­ence gai­ned
    sin­ce com­ple­ting their PhD may imme­dia­te­ly be appoin­ted
    at the rank of Pro­fes­sor, based on ana­ly­sis of
    their aca­de­mic care­er to date. 3. The rank of Full Pro­fes­sor,
    on the other hand, is not available upon appoint­ment,
    only by inter­nal promotion.“40
    37 Kre­ckel (Fn. 4), 2016, 18.
    38 Van der Meu­len stellt z. B. fest, dass es im deut­schen aka­de­mi­schem
    Sys­tem kei­ne mit dem uni­ver­si­ta­ir hoofd­do­cent ver­gleich­ba­re
    Ebe­ne gibt und das ius pro­mo­ven­di bei den Juni­or­pro­fes­so­ren
    und Pro­fes­so­ren liegt. Sie­he B. van der Meu­len, Quick Scan
    Inter­na­tio­na­le Ver­ge­li­jking Ius Pro­mo­ven­di, Den Haag: Rathen­au
    Insti­tuut, 2015, S. 4.
    39 Hier zeigt sich übri­gens auch, wie begriff­li­che Ver­glei­che schief­ge­hen
    kön­nen: Wäh­rend in den Nie­der­lan­den ein adjunct hoog­leraar
    den höchs­ten aka­de­mi­schen Rang ein­nimmt (aber ledig­lich
    Pro­fes­sor auf Pro­be ist), sind ame­ri­ka­ni­sche Adjunct Pro­fes­sors
    eher mit deut­schen Lehr­be­auf­trag­ten ver­gleich­bar.
    40 https://onderwijs.vlaanderen.be/nl/graden-academisch-personeel-
    en-admi­nis­tra­tief-en-tech­nisch-per­so­neel (Auf­ge­ru­fen am
    09.04.2020); https://uclouvain.be/en/discover/faq-reponses-auxquestions-
    des-candidats.html (Auf­ge­ru­fen am 09.04.2020).
    4 4 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 1 ( 2 0 2 1 ) , 3 3 – 4 6
    Wegen der Hand­ha­bung des Asso­cia­te Pro­fes­sors als Ein­stiegs­ebe­ne
    und der aus­schließ­li­chen Zugäng­lich­keit des
    Full Pro­fes­sors über den Weg der inter­nen Beför­de­rung
    (und aus­drück­lich nicht über Bewer­bun­gen von außen)
    ist auch hier ein Ver­gleich mit dem deut­schen Sys­tem
    nur schwer mög­lich.
    In Frank­reich und Ita­li­en gibt es gesetz­lich fest­ge­leg­te
    Äqui­va­lenz­ta­bel­len, die aus­län­di­sche aka­de­mi­sche
    Funk­ti­ons­be­zeich­nun­gen auf inlän­di­sche abbil­den. In
    der fran­zö­si­schen Tabel­le wer­den deut­sche W2- und
    W3-Pro­fes­su­ren bei­de auf der höchs­ten Ebe­ne, dem „niveau
    PR“, ange­sie­delt, in der sowohl der flä­mi­sche hoog­leraar
    als auch der gewoon hoog­leraar, der nie­der­län­di­sche
    hoog­leraar und der US-Ame­ri­ka­ni­sche Pro­fes­sor
    und Full Pro­fes­sor ange­sie­delt sind (der Asso­cia­te Pro­fes­sor
    befin­det sich auf der Ebe­ne darunter).41 Die ita­lie­ni­sche
    Tabel­le beinhal­tet eine etwas stär­ker dif­fe­ren­zier­ter
    Einteilung.42 In die­ser Tabel­le sind W3-Pro­fes­su­ren auf
    der höchs­ten Ebe­ne (Gra­de a) zusam­men mit dem USAme­ri­ka­ni­schen
    Pro­fes­sor und dem nie­der­län­di­schen
    hoog­leraar ein­ge­ord­net. W2-Pro­fes­su­ren sind sowohl auf
    der höchs­ten Ebe­ne (Gra­de a) als auch der zweit­höchs­ten
    Ebe­ne ein­ge­ord­net (Gra­de b, wo auch der US-Ame­ri­ka­ni­sche
    Asso­cia­te Pro­fes­sor und der nie­der­län­di­sche
    uni­ver­si­ta­ir hoofd­do­cent ein­ge­ord­net sind). Der Ein­trag
    der W2-Pro­fes­so­ren in der Tabel­le ist mit einer Fuß­no­te
    ver­se­hen, die sagt: „Equi­va­lence to be asses­sed on the basis
    of CV and home insti­tu­ti­on“. Hier ver­sucht man dem
    Umstand Rech­nung zu tra­gen, dass die W2-Pro­fes­sur in
    eini­gen weni­gen Fäl­len (wie an der TU Mün­chen) eher
    als Ein­stieg in die Uni­ver­si­täts­pro­fes­sur gilt, in den meis­ten
    Fäl­len jedoch als „vol­le“ Pro­fes­sur.
    V. Fazit
    In die­sem Auf­satz habe ich die weit ver­brei­te­te Ten­denz,
    die ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen aca­de­mic ranks als Maß­stab
    für deut­sche aka­de­mi­sche Kar­rie­ren zu neh­men und
    deut­sche aka­de­mi­sche Funktions‑, Amts- und Besol­dungs­be­zeich­nun­gen
    auf ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen aca­de­mic
    ranks abzu­bil­den, kri­ti­siert. Ich habe ver­sucht zu zei­gen,
    dass die­se Pra­xis das deut­sche aka­de­mi­sche Sys­tem
    der­ma­ßen stark ver­zerrt dar­stellt, dass sie als wis­sen­schaft­lich
    feh­ler­haft gel­ten muss.
    Ins­ge­samt ergibt sich aus den ange­führ­ten Bei­spie­len
    kei­ne ein­deu­ti­ge Abbil­dung der ver­schie­de­nen aka­de­mi­schen
    Sys­te­me auf ein­an­der. Viel­mehr zei­gen die Bei­spie­le,
    wie schwie­rig es eigent­lich ist, die aka­de­mi­schen
    Sys­te­me ver­schie­de­ner Län­der mit­ein­an­der zu ver­glei­chen.
    Es gibt kei­nen guten Grund, das US-Ame­ri­ka­ni­sche
    Sys­tem als Maß­stab für sol­che Ver­glei­chun­gen zu
    neh­men. Aber selbst wenn man kein Bezugs­sys­tem
    wählt und die Sys­te­me ein­zel­ner Län­der paar­wei­se ver­gleicht,
    stößt man auf gro­ße Pro­ble­me. Aka­de­mi­sche
    Kar­rie­re­sys­te­me sind welt­weit sehr unter­schied­lich und
    las­sen sich nicht auf den ein­fa­chen Drei­satz Assistant-
    Asso­cia­te-Full Pro­fes­sor redu­zie­ren. Sogar das US-Ame­ri­ka­ni­sche
    Sys­tem ist wesent­lich kom­pli­zier­ter als der
    Drei­satz sug­ge­riert und die aca­de­mic ranks in die­sem
    Sys­tem sind wesent­lich mit Bedin­gun­gen und Wer­tun­gen
    ver­knüpft, die es in den meis­ten ande­ren Sys­te­men
    nicht gibt.
    Fest­zu­hal­ten ist auf jeden Fall, dass die gän­gi­ge Pra­xis,
    die drei deut­schen Besol­dungs­stu­fen für Pro­fes­su­ren
    ohne wei­te­re Erläu­te­rung auf die drei ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen
    aca­de­mic ranks abzu­bil­den, in meh­re­ren Hin­sich­ten
    pro­ble­ma­tisch ist. Ers­tens ist die­se Pra­xis wis­sen­schaft­lich
    feh­ler­haft. In den Wis­sen­schaf­ten wer­den Phä­no­me­ne
    immer ver­ein­facht dar­ge­stellt – das muss so sein
    und ist auch nicht das Pro­blem, auf das ich hier auf­merk­sam
    machen möch­te. Aber wer sich bei der Ver­ein­fa­chung
    für ein Modell ent­schei­det, das die Phä­no­me­ne
    zu stark ver­zerrt und wesent­li­che Sub­ti­li­tä­ten in den unter­such­ten
    Phä­no­me­nen ein­fach igno­riert, macht es sich
    zu leicht. Model­le und begriff­li­che Struk­tu­ren sol­len die
    erforsch­ten Phä­no­me­ne so ver­ein­facht dar­stel­len, dass
    sie hand­hab­bar wer­den, ohne jedoch die Phä­no­me­ne zu
    ver­zer­ren oder zu ver­fäl­schen. Aber genau eine sol­che
    Ver­zer­rung bzw. Ver­fäl­schung liegt in der hier kri­ti­sier­ten
    Pra­xis vor. In aka­de­mi­schen Sys­te­men welt­weit gibt
    es eine for­ma­le Tren­nung zwi­schen aka­de­mi­schen Funk­tio­nen
    (Rän­gen, Ämtern usw.) und Gehalts­stu­fen. Zwar
    sind meis­tens bestimm­te Gehalts­stu­fen mit bestimm­ten
    Funk­tio­nen ver­bun­den, aber eine Gehaltstu­fe als defi­nie­rend
    für eine Funk­ti­on oder ein Amt anzu­se­hen, ist ein
    gra­vie­ren­der Feh­ler, wel­che die ver­glei­chen­de Wis­sen­schafts-
    und Hoch­schul­for­schung behin­dert.
    Außer­dem schafft die kri­ti­sier­te Abbil­dungs­pra­xis
    Fak­ten: Je grö­ßer die Anzahl von Publi­ka­tio­nen und
    Vor­trä­gen, in denen die über­ver­ein­fach­te Abbil­dung
    prä­sen­tiert wird, des­to eta­blier­ter wird die Abbil­dung in
    der Lite­ra­tur sowie in der All­tags­pra­xis. Für inter­na­tio­nal
    mobi­le Wissenschaftler/innen heißt dies aller­dings,
    dass sie durch außer­halb des deut­schen Sys­tems ste­hen-
    41 Com­pa­rai­son des Car­ri­e­res des Ens­eig­nants-Cher­cheurs de Pays
    Etran­gers (Arrêté du 10 Février 2011).
    42 Gesetz DM 662/2016.
    Rey­don · Unver­gleich­bar­keit aka­de­mi­scher Sys­te­me 4 5
    de Akademiker/innen und Verwaltungsmitarbeiter/innen
    in Kate­go­rien ein­ge­ord­net wer­den kön­nen, zu denen
    sie for­mell gar nicht gehö­ren. Der aca­de­mic rank
    von Assistant, Asso­cia­te oder Full Pro­fes­sor sagt pri­mär
    etwas über die wis­sen­schaft­li­che Leis­tung einer Per­son
    aus, wäh­rend die Bezeich­nun­gen ‚W2-Pro­fes­sor‘ und
    ‚W3-Pro­fes­sor‘ pri­mär etwas über das Geld, das eine Per­son
    ver­dient, aus­sa­gen. Die mit der Pra­xis, die Begrif­fe
    ‚W2-Pro­fes­sor‘ pau­schal als ‚Asso­cia­te Pro­fes­sor‘ und
    ‚W3-Pro­fes­sor‘ als ‚Full Pro­fes­sor‘ zu über­set­zen, ver­bun­de­ne
    hier­ar­chi­sche Per­spek­ti­ve trägt außer­dem zur impli­zi­ten
    Abwer­tung der Leis­tung aller W2-Pro­fes­sor/in­nen
    bei (durch die Sug­ges­ti­on, dass sie noch kei­ne voll­wer­ti­ge
    Pro­fes­sur inne­hät­ten und noch mehr Leis­tung
    erbrin­gen und Erfah­rung sam­meln müs­sen bevor sie beför­dert
    wer­den) und kann so zu erheb­li­chen Nach­tei­len
    bei inter­na­tio­na­len Bewer­bun­gen und Antrag­stel­lun­gen
    füh­ren. Die Abbil­dungs­pra­xis kann somit für eine Grup­pe
    von Wissenschaftler/innen in Deutsch­land schäd­li­che
    Kon­se­quen­zen haben.
    Aber es gibt in der Lite­ra­tur auch Aus­nah­men. Die
    League of Euro­pean Rese­arch Uni­ver­si­ties ord­net (wie die
    oben bespro­che­ne ita­lie­ni­sche Tabel­le) die Besol­dungs­grup­pe
    W2 sowohl der Ebe­ne des Asso­cia­te Pro­fes­sors als
    auch der des Full Pro­fes­sors zu, um damit die kom­pli­zier­te
    deut­sche Situa­ti­on bes­ser abzubilden.43 Im Eury­di­ce-
    Bericht 2017 der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on kom­men die
    Bezeich­nun­gen ‚W1‘, ‚W2‘ und ‚W3‘ über­haupt nicht
    vor.44 Der Bericht ent­hält Län­der­gra­fi­ken, die die jewei­li­ge
    Situa­ti­on sche­ma­tisch dar­stel­len. Die Län­der­gra­fik
    für Deutsch­land ent­hält nur die Bezeich­nun­gen „Juni­or­pro­fes­so­rin­nen
    und Juni­or­pro­fes­so­ren“ sowie „Pro­fes­so­rin­nen
    und Pro­fes­so­ren (ein­schließ­lich Juni­or­pro­fes­so­rin­nen
    und Juni­or­pro­fes­so­ren)“ ohne dabei eine Über­set­zung
    in die ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen Bezeich­nun­gen zu
    ver­su­chen. Ins­be­son­de­re die Her­an­ge­hens­wei­se der Euro­päi­schen
    Uni­on, die Län­der­sys­te­me für sich spre­chen
    zu las­sen ohne for­cier­te Über­set­zun­gen in ande­re Spra­chen
    vor­zu­neh­men, ist m. E. bei­spiel­haft.
    Das Fazit kann ein­fach sein: Man soll­te nicht ver­su­chen,
    die aka­de­mi­schen Sys­te­me ver­schie­de­ner Län­der
    mit­hil­fe eines ein­fa­chen one size fits all-Modells auf ein­an­der
    abzu­bil­den. Statt­des­sen soll­ten ein­zel­ne Sys­te­me
    in einer sol­chen Wei­se mit ein­an­der ver­gli­chen wer­den,
    die es zulässt, die sub­ti­len Unter­schie­de der Sys­te­me ange­mes­sen
    her­vor­zu­he­ben. Alle aka­de­mi­sche Sys­te­me
    welt­weit pau­schal aus einer ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen Per­spek­ti­ve
    hin­aus zu betrach­ten (die dar­über hin­aus auch
    noch nicht ein­mal das US-Ame­ri­ka­ni­sche Sys­tem adäquat
    abbil­det), ist wis­sen­schaft­lich feh­ler­haft und kann
    außer­dem schäd­li­che Fol­gen für die All­tags­pra­xis
    haben.
    Tho­mas Rey­don ist Pro­fes­sor für Wis­sen­schafts- und
    Tech­nik­phi­lo­so­phie im Insti­tut für Phi­lo­so­phie und im
    Cent­re for Ethics and Law in the Life Sci­en­ces (CELLS)
    der Leib­niz Uni­ver­si­tät Han­no­ver.
    Web: www.reydon.info, Email: reydon@ww.uni-hannover.
    de
    43 LERU, Har­ve­s­t­ing Talent: Streng­thening Rese­arch Care­ers in
    Euro­pe, Leu­ven: LERU Office, 2010, S. 23; G. Boul­ton, Har­ve­s­t­ing
    talent: Streng­thening rese­arch care­ers in Euro­pe, Pro­ce­dia Social
    and Beha­vi­oral Sci­en­ces 13, 2011, 3–34, S. 25.
    44 Euro­pean Com­mis­si­on / EACEA / Eury­di­ce (2017): Moder­ni­sa­ti­on
    of Hig­her Edu­ca­ti­on in Euro­pe: Aca­de­mic Staff – 2017 (Eury­di­ce
    Report), Luxem­bourg: Publi­ca­ti­ons Office of the Euro­pean
    Uni­on.
    4 6 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 1 ( 2 0 2 1 ) , 3 3 – 4 6

Über­sicht
I. Ein­lei­tung
II. Pau­scha­li­sie­ren­de Dar­stel­lun­gen in der For­schungs­li­te­ra­tur
III. Das deut­sche aka­de­mi­sche Sys­tem im Ver­gleich
IV. Aspek­te aus­län­di­scher Sys­te­me
V. Fazit
In der Fach­li­te­ra­tur im Bereich Hoch­schul- und Wis­sen­schafts­for­schung, in Uni­ver­si­täts­ver­wal­tun­gen sowie in aka­de­mi­schen Lebens­läu­fen gibt es eine Ten­denz, deut­sche aka­de­mi­sche Funktions‑, Amts- und Besol­dungs­be­zeich­nun­gen pau­schal auf die ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen aca­de­mic ranks abzu­bil­den. Ins­be­son­de­re der deut­sche Drei­satz W1-/W2-/W3-Pro­fes­sor/in wird dabei oft eins zu eins als Assistant, Asso­cia­te und Full Pro­fes­sor über­setzt. Es scheint auch gut zu pas­sen: Bei­de Sys­te­me haben eine drei-Stu­fen-Hier­ar­chie und die eng­li­schen Bezeich­nun­gen schei­nen sowohl für die inter­na­tio­na­le Dar­stel­lung als auch als Kate­go­ri­en­sys­tem in der Hoch­schul- und Wis­sen­schafts­for­schung gut brauch­bar. Die­ser Arti­kel kri­ti­siert die­se Abbil­dungs­pra­xis dahin­ge­hend, dass sie sowohl das deut­sche als auch aus­län­di­sche aka­de­mi­sche Sys­te­me stark ver­zerrt reprä­sen­tiert und wesent­li­che Aspek­te die­ser Sys­te­me aus­blen­det. Es wird gezeigt, dass die Abbil­dung des deut­schen Drei­sat­zes auf die ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen aca­de­mic ranks sowohl als wis­sen­schaft­li­ches Kate­go­ri­en­sys­tem als auch als Grund­la­ge für infor­mel­le Über­set­zun­gen aka­de­mi­scher Posi­tio­nen unge­eig­net ist.
I. Ein­lei­tung
Auf den ers­ten Blick scheint die Über­set­zung des deut­schen Drei­sat­zes W1-/W2-/W3-Pro­fes­sor/in als Assistant, Asso­cia­te und Full Pro­fes­sor gut zu pas­sen: Sie scheint sowohl eine prak­ti­sche Über­set­zung deut­scher Funk­ti­ons­be­zeich­nun­gen für die inter­na­tio­na­le Dar­stel­lung von Per­so­nen und Insti­tu­tio­nen als auch ein gutes Kate­go­ri­en­sys­tem für die Hoch­schul- und Wis­sen­schafts­for­schung zu lie­fern. Der Schein trügt aller­dings und eine sol­che pau­scha­le Abbil­dung deut­scher Pro­fes­so­ren­äm­ter ist aus meh­re­ren Grün­den pro­ble­ma­tisch.
Ers­tens wird die Viel­zahl von nicht-pro­fes­so­ra­len Funk­tio­nen und Ämtern (akademische/r (Ober)rat/rätin, Hochschuldozent/in, Privatdozent/in usw.) bei einer sol­chen Abbil­dung oft undif­fe­ren­ziert in die Kate­go­rie „übri­ge“ (d. h. wissenschaftliche/r Mitarbeiter/in) ein­sor­tiert. Zwei­tens sind ‚W1‘, ‚W2‘ und ‚W3‘ ledig­lich Bezeich­nun­gen von Besol­dungs­grup­pen in den Besol­dungs­ge­set­zen bzw. ‑ord­nun­gen der Län­der und des Bun­des, und kei­ne Amts- oder Funk­ti­ons­be­zeich­nun­gen oder gar aca­de­mic ranks. Die gesetz­lich gel­ten­den Amts­be­zeich­nun­gen sind ‚Juni­or­pro­fes­sor‘ (for­mal: ‚Pro­fes­sor als Juni­or­pro­fes­sor‘), ‚Pro­fes­sor an einer Fach­hoch­schu­le‘, ‚Pro­fes­sor an einer Kunst­hoch­schu­le‘, ‚Uni­ver­si­täts­pro­fes­sor‘ usw.1 Zwi­schen Amt und Besol­dungs­grup­pe besteht dem­entspre­chend ein grund­le­gen­der Unter­schied, wobei Professor/innen in „Per­so­nal­uni­on“ sowohl ein Amt als auch eine Stel­le in einer bestimm­ten Besol­dungs­grup­pe innehaben.2 Drit­tens ist der Ver­gleich wis­sen­schaft­lich pro­ble­ma­tisch, weil er das For­schungs­sub­jekt viel zu stark ver­ein­facht und ver­zerrt reprä­sen­tiert. Wesent­lich für gute For­schung ist der Gebrauch von Kate­go­rien, die das For­schungs­sub­jekt ange­mes­sen reprä­sen­tie­ren: Die ver­wen­de­ten Kate­go­rien sol­len die erforsch­ten Phä­no­me­ne zwar so ver­ein­facht reprä­sen­tie­ren, dass sie ver­all­ge­mei­nert beschrie­ben und ver­stan­den wer­den kön­nen, aber nicht so weit ver­ein­fa­chen, dass wich­ti­ge Unter­schie­de unsicht­bar wer­den. Letz­te­res ist hier aller­dings der Fall.
In die­sem Arti­kel möch­te ich den oben genann­ten zwei­ten und drit­ten Punkt ver­tie­fen und dafür plä­die­ren, das deut­sche Sys­tem für sich spre­chen zu las­sen, statt zu
Tho­mas A. C. Rey­don
Zur Unver­gleich­bar­keit aka­de­mi­scher Systeme

  • Ich dan­ke Herrn Dr. Simon Loh­se sowie dem Gut­ach­ter­gre­mi­um von Ord­nung der Wis­sen­schaft für hilf­rei­che Kom­men­ta­re zu einer frü­he­ren Fas­sung die­ses Arti­kels.
    1 Sie­he Bun­des­be­sol­dung W (Pro­fes­so­ren­be­sol­dungs­re­form­ge­setz, Art. 1 § 14, Bun­des­ge­setz­blatt Jahr­gang 2002 Teil I Nr. 11, 22. Febru­ar 2002); Wis­sen­schafts­rat, Emp­feh­lun­gen zu Kar­rie­re­zie­len und ‑wegen an Uni­ver­si­tä­ten (Drs. 4009–14), Dres­den: Wis­sen­schafts­rat, 2014, Tabel­le 25, S. 148.
    2 Juris­tisch ist die Sache aller­dings noch etwas kom­pli­zier­ter. Sie­he dazu wei­ter unten in Abschnitt III. In den Emp­feh­lun­gen des Wis­sen­schafts­rats zur Ver­bes­se­rung von aka­de­mi­schen Kar­rie­re­we­gen ist die Tren­nung von Amt und Stel­le auch deut­lich sicht­bar. Teil der Emp­feh­lun­gen ist z. B. die Umwid­mung vor­han­de­ner Stel­len in Pro­fes­su­ren (Wis­sen­schafts­rat (Fn. 1), S. 14), was nur bei einer ent­spre­chen­den Tren­nung zwi­schen „Stel­len­hül­sen“, Besol­dungs­grup­pen und Ämtern mög­lich ist.
    Ord­nung der Wis­sen­schaft 2021, ISSN 2197–9197
    3 4 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 1 ( 2 0 2 1 ) , 3 3 – 4 6
    3 Wei­te­re Bei­spie­le sind ein­fach zu fin­den – sie­he z. B.: K. Jan­son,
    H. Schom­burg & U. Teich­ler, Wis­sen­schaft­li­che Wege zur Pro­fes­sur
    oder ins Abseits? Struk­tur­in­for­ma­tio­nen zu Arbeits­markt und
    Beschäf­ti­gung an Hoch­schu­len in Deutsch­land und den USA,
    Kas­sel: Inter­na­tio­na­les Zen­trum für Hoch­schul­for­schung Kas­sel,
    2006, S. 24; E. Berkhout, J. van Leu­ven, W. Sal­ver­da & K. Tij­dens,
    Belo­ning van Wetenschap­pe­li­jk Per­so­neel in Inter­na­tio­naal Per­spec­tief,
    Ams­ter­dam: SEO Eco­no­misch Onderz­oek, 2015, S. 4ff.;
    M. Lut­ter & M. Schrö­der, Who beco­mes a ten­ured pro­fes­sor, and
    why? Panel data evi­dence from Ger­man socio­lo­gy, 1980–2013,
    Rese­arch Poli­cy 45, 2016, 999‑1013; R. Schür­mann, Zwi­schen
    Plu­ra­li­sie­rung und Selek­ti­on: Die Pro­mo­ti­ons­pha­se im Län­der­ver­gleich
    USA, Frank­reich, Deutsch­land, in: S. Metz-Göckel, R.
    Schür­mann, K. Heus­gen & P. Selent (Hg.), Fas­zi­na­ti­on Wis­sen­schaft
    und pas­sa­ge­re Beschäf­ti­gung: Eine Unter­su­chung zum
    Drop-Out aus der Uni­ver­si­tät, Opla­den: Ver­lag Bar­ba­ra Bud­rich,
    2016, 257–290, S. 279; W. Ooms, C. Werk­er & C. Hopp, Moving up
    the lad­der: Hete­ro­gen­ei­ty influen­cing aca­de­mic care­ers through
    rese­arch ori­en­ta­ti­on, gen­der, and men­tors, Stu­dies in Hig­her
    Edu­ca­ti­on 44, 2019, 1268–1289, S. 1270.
    4 R. Kre­ckel, Kar­rie­re­mo­del­le an Uni­ver­si­tä­ten im inter­na­tio­na­len
    Ver­gleich Aka­de­mie Aktu­ell 03–2015, 2015, 36–40, S. 37–38; R.
    Kre­ckel, Zur Lage des wis­sen­schaft­li­chen Nach­wuch­ses an Uni­ver­si­tä­ten:
    Deutsch­land im Ver­gleich mit Frank­reich, Eng­land, den
    USA und Öster­reich, Bei­trä­ge zur Hoch­schul­for­schung 38, 2016,
    12–40, S. 18.
    5 Z. Droz­do­wicz, Hig­her Edu­ca­ti­on Insti­tu­ti­ons in the Pro­cess of
    Trans­for­ma­ti­on and Moder­niza­ti­on: Glo­bal and Local Issues,
    Zürich: LIT Ver­lag, 2018, S. 108.
    6 B.M. Kehm, Ente­ring aca­de­mia: Rea­li­ties for new facul­ty in
    Ger­man hig­her edu­ca­ti­on, in: M. Yud­ke­vich, P.G. Alt­bach &
    L.E. Rum­bley (Hg.), Young Facul­ty in the Twen­ty-First Cen­tu­ry:
    Inter­na­tio­nal Per­spec­ti­ves, Alba­ny: Sta­te Uni­ver­si­ty of New York
    Press, 2015, 111–139, S. 120; B.M. Kehm, Ger­ma­ny: Unpre­dic­ta­ble
    care­er pro­gres­si­on but secu­ri­ty at the top, in: M.J. Fin­kel­stein &
    G.A. Jones (Hg.), Pro­fes­so­ri­al Pathways: Aca­de­mic Care­ers in a
    Glo­bal Per­spec­ti­ve, Bal­ti­more: Johns Hop­kins Uni­ver­si­ty Press,
    2019, 21–42, S. 30.
    ver­su­chen, es durch eine über­ver­ein­fach­te und for­cier­te
    Abbil­dung auf ein völ­lig anders­ge­ar­te­tes Sys­tem zu
    über­set­zen.
    II. Pau­scha­li­sie­ren­de Dar­stel­lun­gen in der For­schungs­li­te­ra­tur
    Eine kur­ze Sich­tung neue­rer Ver­öf­fent­li­chun­gen in der
    Hoch­schul- und Wis­sen­schafts­for­schung zeigt, dass aus­ge­rech­net
    hier manch­mal die not­wen­di­ge Sub­ti­li­tät fehlt
    und Autor/innen zu Pau­scha­li­sie­run­gen nei­gen, die die
    tat­säch­li­che Situa­ti­on schlecht wider­spie­geln. Ich gebe
    hier eini­ge Bei­spie­le um deut­lich zu machen, wor­in die
    Pro­ble­ma­tik besteht.3
    In Bei­trä­gen aus 2015 und 2016 erkennt Kre­ckel die
    Unter­schie­de zwi­schen den ver­schie­de­nen Län­dern zwar
    an, aber behaup­tet, dass „[d]ie Hoch­schul­leh­rer­po­si­tio­nen
    am obe­ren Ende der uni­ver­si­tä­ren Lauf­bahn […] über­all
    sehr ähn­lich struk­tu­riert und des­halb gut ver­gleich­bar“
    sind, sodass die­se als „archi­me­di­scher Punkt“ für die
    ver­glei­chen­de Betrach­tung ver­schie­de­ner Sys­te­me die­nen
    können.4 Kre­ckel behaup­tet, dass in allen Sys­te­men
    der Lehr­stuhl oder Chair an der Spit­ze der Hier­ar­chie
    steht. Dem Chair dem Rang nach unter­ge­ord­net sind die
    Seni­or Lec­tu­rer, Rea­der, Asso­cia­te Pro­fes­sor sowie W2-
    Pro­fes­su­ren, so Kre­ckel. In einer ähn­li­chen Wei­se behaup­tet
    Droz­do­wicz, dass in Deutsch­land über­all die
    Funk­ti­on des Insti­tuts­di­rek­tors oder geschäfts­füh­ren­den
    Lei­ters durch eine/n W3-Pro­fes­sor/in erfüllt wird und
    die W1- und W2-Pro­fes­su­ren als Hilfs­per­so­nal („socal­led
    auxi­lia­ry aca­de­mic staff“) der W3-Pro­fes­sur hier­ar­chisch
    unter­ge­ord­net sind.5 Und Kehm behaup­tet in
    neue­ren Arbei­ten expli­zit, dass die deut­sche Juni­or­pro­fes­sur
    mit einer Assistant Pro­fes­sor­ship, die W2-Pro­fes­sur
    mit einer Asso­cia­te Pro­fes­sor­ship und die W3-Pro­fes­sur
    mit einer Full Pro­fes­sor­ship und „chair hol­der“ ver­gleich­bar
    wären. Dabei geht Kehm sogar so weit zu behaup­ten,
    dass die W2-Pro­fes­sur die funk­tio­na­le Äqui­va­len­te der
    Asso­cia­te Pro­fes­sor­ship wäre.6
    Die­se Bei­spie­le ent­hal­ten meh­re­re pro­ble­ma­ti­sche
    Behaup­tun­gen, die ich zunächst nur her­vor­he­be und
    dann in den nächs­ten Abschnit­ten die­ses Auf­sat­zes wei­ter
    ver­tie­fen wer­de. So ist Kre­ckels Behaup­tung, dass an
    der Spit­ze der Hier­ar­chie über­all der Lehr­stuhl oder
    Chair steht, fak­tisch unrich­tig. In den USA, z. B., haben
    die meis­ten Full Pro­fes­sors kei­nen Chair inne und kön­nen
    umge­kehrt Asso­cia­te Pro­fes­sors und sogar Assistant
    Pro­fes­sors einen Chair inne­ha­ben. Und auch in Deutsch­land
    haben sehr vie­le W3-Pro­fes­sor/in­nen kei­nen Lehr­stuhl
    inne. Dar­über hin­aus ist die Sug­ges­ti­on, dass es
    sich beim Unter­schied zwi­schen W2- und W3-Pro­fes­su­ren
    um eine Rang­ab­stu­fung han­deln wür­de, pro­ble­ma­tisch,
    weil sie sich nicht mit der Tat­sa­che ver­trägt, dass es
    an deut­schen Uni­ver­si­tä­ten (mit sehr weni­gen Aus­nah­men)
    kei­ne Pro­fes­so­ren­lauf­bahn gibt, die in gut defi­nier­ten
    Beför­de­rungs­schrit­ten von einem nied­ri­gen Rang
    über Zwi­schen­rän­ge zum höchs­ten aka­de­mi­schen Rang
    füh­ren wür­de. Ein sol­ches Beför­de­rungs­sys­tem, in dem
    Per­so­nen auf der Basis von Leis­tung und Erfah­rung zu
    einer höhe­ren Posi­ti­on bei dem glei­chen Arbeit­ge­ber
    auf­stei­gen, ist aller­dings eine Vor­aus­set­zung für die Exis­tenz
    von Rän­gen. Ein sol­cher Auf­stieg ist z. B. im USAme­ri­ka­ni­schen
    Sys­tem expli­zit vor­ge­se­hen, in Deutsch­land
    aller­dings fast über­all expli­zit aus­ge­schlos­sen.
    Wei­ter­hin ist die von Kehm behaup­te­te funk­tio­na­le
    Äqui­va­lenz nicht gege­ben. Wenn W2-Pro­fes­sor/in­nen
    ihrer Funk­ti­on nach mit Asso­cia­te Pro­fes­sors äqui­va­lent
    sein sol­len, ist die Fra­ge, wel­ches Sys­tem dabei über­haupt
    als Refe­renz­sys­tem genom­men ist. Es gibt Assistant,
    Asso­cia­te und Full Pro­fes­sors in den USA, aber es
    Rey­don · Unver­gleich­bar­keit aka­de­mi­scher Sys­te­me 3 5
    gibt sie auch in Groß­bri­tan­ni­en, in Aus­tra­li­en, in Kana­da,
    in den Nie­der­lan­den, in Däne­mark, und in vie­len ande­ren
    Län­dern. Und der Drei­satz bezeich­net sehr unter­schied­li­che
    Stel­len­ar­ten in den ver­schie­de­nen Sys­te­men,
    wobei es oft inner­halb eines Sys­tems noch Unter­schie­de
    zwi­schen ein­zel­nen Uni­ver­si­tä­ten gibt. Auch wird nir­gends
    erwähnt, in wel­chen Aspek­ten eine Ähn­lich­keit
    zwi­schen dem Drei­satz W1-/W2-/W3-Pro­fes­sur und
    dem Drei­satz Assistant-Asso­cia­te-Full Pro­fes­sor bestün­de
    und in wel­chen Aspek­ten die Ebe­nen nicht ver­gleich­bar
    wären. Es bleibt außer­dem unklar, wor­in die angeb­li­che
    funk­tio­na­le Äqui­va­lenz zwi­schen W2-Pro­fes­su­ren und
    Asso­cia­te Pro­fes­sor­ships, von der Kehm spricht, bestehen
    soll. Was ist denn eigent­lich die Funk­ti­on von deut­schen
    W2-Pro­fes­sor/in­nen im Unter­schied zu der Funk­ti­on aller
    W3-Pro­fes­sor/in­nen? Haben denn über­haupt alle
    W2-Pro­fes­sor/in­nen deutsch­land­weit die glei­che Funk­ti­on
    und ist die­se deut­lich von der Funk­ti­on von W3-
    Pro­fes­su­ren abge­trennt? (Die Ant­wort ist: nein.) Was ist
    eigent­lich die Funk­ti­on aller Asso­cia­te Pro­fes­sors in den
    USA und wie ist die­se von der Funk­ti­on aller Full Pro­fes­sors
    abge­grenzt? Gibt es dort über­haupt einen funk­tio­na­len
    Unter­schied? (Die Ant­wort ist wie­der: nein.) Und
    was ist über­haupt die Begrün­dung von Kehms Behaup­tung
    einer funk­tio­na­len Äqui­va­lenz zwi­schen W2-Pro­fes­su­ren
    und Asso­cia­te Pro­fes­sors – wo sind denn die empi­ri­schen
    Bele­ge?
    Der nie­der­län­di­sche Bericht von Berkhout et al. ist
    ein ekla­tan­tes Bei­spiel sol­cher pau­scha­li­sie­ren­den Aus­sa­gen,
    die das kom­pli­zier­te deut­sche Sys­tem zu stark ver­ein­facht
    und z. T. feh­ler­haft darstellen.7 So behaup­ten die
    Autoren fälsch­li­cher­wei­se, dass der nor­ma­le Kar­rie­re­pfad
    die Beför­de­rung vom W1-Juni­or­pro­fes­sor zum
    W2-Pro­fes­sor beinhaltet.8 Auch behaup­ten sie, dass die
    Amts­be­zeich­nung auf der W2-Stu­fe ‚außer­or­dent­li­cher
    Pro­fes­sor‘ und die auf der W3-Stu­fe ‘ordent­li­cher Pro­fes­sor‘
    ist, obwohl die­se Amts­be­zeich­nun­gen schon seit der
    Novel­lie­rung des Hoch­schul­rah­men­ge­set­zes in 1976 kei­ne
    recht­li­che Bedeu­tung mehr haben (mit Bay­ern als
    Aus­nah­me) und sowohl de jure als auch de fac­to nicht
    mehr existieren.9 Dar­über hin­aus waren außer­or­dent­li­che
    Pro­fes­su­ren den ordent­li­chen Pro­fes­su­ren nie aka­de­misch
    unter­ge­ord­net. Außer­or­dent­li­che Pro­fes­su­ren waren
    zwar oft den (von ordent­li­chen Professor/innen besetz­ten)
    Lehr­stüh­len zuge­ord­net, hat­ten meist selbst kei­ne
    Lehr­stüh­le inne (obwohl schon seit den 1930er Jah­ren
    vie­ler­orts außer­or­dent­li­che Lehr­stüh­le ein­ge­rich­tet wur­den,
    deren Inha­ber als Extra­or­di­na­ri­us ihren Lehr­stuhl
    inne­hat­ten) und hat­ten kor­po­ra­ti­ons­recht­lich etwas weni­ger
    Gestal­tungs­macht in der Uni­ver­si­tät als die ordent­li­chen
    Pro­fes­su­ren. Aber sie stan­den in aka­de­mi­scher
    Hin­sicht neben den ordent­li­chen Pro­fes­su­ren als Pro­fes­su­ren
    mit dem glei­chen aka­de­mi­schen Sta­tus. (Die ordent­li­che
    Pro­fes­sur hat­te zwar orga­ni­sa­to­risch das Sagen
    in der Lehr­stuhl­grup­pe oder im Insti­tut, hat­te aka­de­misch
    aller­dings kei­nen höhe­ren Rang als die außer­or­dent­li­che
    Pro­fes­sur.)
    Sol­chen pau­scha­len Abbil­dun­gen gegen­über ste­hen
    Autoren, die aner­ken­nen, dass es kei­nen hier­ar­chi­schen
    oder funk­tio­na­len Unter­schied zwi­schen W2- und W3-
    Pro­fes­su­ren gibt und ‚W2‘ und ‚W3‘ ledig­lich Besol­dungs­grup­pen
    bezeichnen.10 Man­che Autor/innen set­zen
    dabei sowohl die W2- als auch die W3-Pro­fes­sur mit
    der Full Pro­fes­sor­ship im ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen Sys­tem
    gleich. Die­se Bei­spie­le sind inso­fern der tat­säch­li­chen Situa­ti­on
    bes­ser ange­mes­sen als die oben kri­ti­sier­ten Bei­spie­le,
    als sie den aka­de­mi­schen Sta­tus expli­zit von der
    Besol­dungs­grup­pe trennen.11
    In den fol­gen­den Abschnit­ten wer­de ich mei­ne Kri­tik
    ver­tie­fen, indem ich erst das deut­sche Sys­tem und dann
    eini­ge aus­län­di­sche Sys­te­me näher beleuch­te.
    III. Das deut­sche aka­de­mi­sche Sys­tem im Ver­gleich
    Schon bei einer sehr kur­zen Goog­le-Suche nach eng­lisch­spra­chi­gen
    Anzei­gen für in Deutsch­land aus­ge­schrie­be­ne
    Pro­fes­su­ren ist eine über­ra­schend gro­ße
    Diver­si­tät zu finden.12 Es gibt Aus­schrei­bun­gen für Assis-
    7 Berkhout et al. (Fn. 3).
    8 Berkhout et al. (Fn. 3), S. 5.
    9 Dazu: U. Kar­pen, Aka­de­mi­sche Gra­de, Titel, Wür­den, in: C. Flä­mig,
    V. Grel­lert, O. Kim­mi­nich, E.-J. Meu­sel, H.H. Rupp, D. Sche­ven,
    H.J. Schus­ter & F. Graf Sten­bock-Fer­mor (Hg.): Hand­buch
    des Wis­sen­schafts­rechts, Band 1, Ber­lin: Sprin­ger-Ver­lag, 1982,
    854–875, S. 865; R. Rich­ter, Stu­di­um und Leh­re der Wirt­schafts­wis­sen­schaf­ten:
    West­deutsch­land nach 1945, Tübin­gen: Mohr Sie­beck,
    2018, S. vii; F. Becker, Aka­de­mi­sches Per­so­nal­ma­nage­ment,
    Band 1: Grund­la­gen des Per­so­nal­ma­nage­ments an Hoch­schu­len,
    Müns­ter & New York: Wax­mann, 2019, S. 114.
    10 O. Hüt­her & G. Krü­cken, Hig­her Edu­ca­ti­on in Ger­ma­ny – Recent
    Deve­lo­p­ments in an Inter­na­tio­nal Per­spec­ti­ve, Cham: Sprin­ger,
    2018, S. xii, 196; A. Gstött­ner, Hoch­schul­kar­rie­ren in Deutsch­land
    und Skan­di­na­vi­en: Eine qua­li­ta­ti­ve Unter­su­chung der
    Erzie­hungs­wis­sen­schaft unter Gen­der­per­spek­ti­ve, Wies­ba­den:
    Sprin­ger VS, 2014: 49; S.A. Ala­wi, R. Luke­ti­na, N. Krez­dorn, L.F.
    Busch, A. Lim­bourg, L. Bran­ski, P.M. Vogt & A. Jokus­zi­es, How to
    beco­me a medi­cal pro­fes­sor – a com­pa­ra­ti­ve ana­ly­sis of aca­de­mic
    requi­re­ments in Ger­ma­ny and the United Sta­tes, Inno­va­ti­ve
    Sur­gi­cal Sci­en­ces 4, 2019, 108–115, S. 110, 113.
    11 Außer­dem muss her­vor­ge­ho­ben wer­den, dass die Besol­dungs­grup­pe
    W2 auch für Hoch­schul­do­zen­tu­ren ohne Pro­fes­so­ren­ti­tel
    gilt (Gstött­ner, S. 49) und dem­entspre­chend als sol­che über­haupt
    kei­ne aka­de­mi­sche Sta­tuse­be­ne defi­nie­ren kann. Auch Forschungsgruppenleiter/
    innen in Max-Planck-Insti­tu­ten wer­den
    nach W2 bezahlt ohne eine Pro­fes­sur inne­zu­ha­ben.
    12 Der Kür­ze wegen wer­den hier kei­ne Fund­stel­len der Stel­len­an­zei­gen
    ange­ge­ben. Alle erwähn­ten Anzei­gen sind jedoch beim Autor
    die­ses Auf­sat­zes ver­füg­bar.
    3 6 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 1 ( 2 0 2 1 ) , 3 3 – 4 6
    tant Pro­fes­sors in der Besol­dungs­grup­pe W1, Asso­cia­te
    Pro­fes­sors in der Besol­dungs­grup­pe W2 sowie Full Pro­fes­sors
    in der Besol­dungs­grup­pe W3, wel­che die hier kri­ti­sier­te
    Abbil­dungs­pra­xis zu bestä­ti­gen schei­nen. Aber
    auch Aus­schrei­bun­gen für Full Pro­fes­sors in der Besol­dungs­grup­pe
    W2 sowie Full Pro­fes­sors, die abhän­gig von
    der bis­he­ri­gen Erfah­rung und Leis­tung in der Besol­dungs­grup­pe
    W2 oder W3 ein­ge­stellt wer­den kön­nen,
    sind in einer gro­ßen Anzahl zu fin­den. Ver­ein­zelt fin­det
    man sogar Aus­schrei­bun­gen für Asso­cia­te Pro­fes­sors in
    der Besol­dungs­grup­pe W1 und Assistant Pro­fes­sors in
    der Besol­dungs­grup­pe W2. Die­se Pra­xis ist nur ver­ständ­lich
    wenn ein deut­li­cher Unter­schied zwi­schen den
    Ämtern (Juniorprofessor/in, Professor/in an einer Fach­hoch­schu­le,
    Universitätsprofessor/in usw.) und den
    Plan­stel­len (der Besol­dungs­grup­pen W1, W2 und W3)
    gemacht wird.
    Auf­fäl­lig ist wei­ter­hin, dass Erfah­rung und Leis­tung
    in Deutsch­land nicht immer maß­geb­lich sind für die Besol­dungs­stu­fe
    (sodass nicht gesagt wer­den kann, dass
    W3-Pro­fes­su­ren gene­rell eine höhe­re Senio­ri­tät haben
    als W2-Pro­fes­su­ren). So hat die Uni­ver­si­tät Frei­burg 2020
    eine Full Pro­fes­sor­ship (W3) for Epis­te­mo­lo­gy and Theo­ry
    of Sci­ence aus­ge­schrie­ben und dabei spe­zi­fi­ziert, dass
    „This pro­fes­sor­ship is par­ti­cu­lar­ly sui­ta­ble for high­ly
    qua­li­fied ear­ly care­er rese­ar­chers.“ Eine Full Pro­fes­sor­ship
    im ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen Sin­ne wäre jedoch nie­mals
    für Nachwuchswissenschaftler/innen geeig­net –
    eine Full Pro­fes­sor­ship erreicht man in die­sem Sys­tem
    frü­hes­tens mid-care­er und aus­schließ­lich auf der Basis
    lang­jäh­ri­ger Erfah­rung sowie Leis­tun­gen in Leh­re und
    For­schung. In den USA fängt man meis­tens unmit­tel­bar
    nach der Pro­mo­ti­on als Assistant Pro­fes­sor in einem
    Lauf­bahn­sys­tem (dem ten­ure track oder ten­ure stream)
    an. Nach meh­re­ren Jah­ren (typi­scher­wei­se sechs Jah­ren,
    manch­mal frü­her) kann man mit einem umfang­rei­chen
    Dos­sier aller Lehr‑, For­schungs- und Selbst­ver­wal­tungs­tä­tig­kei­ten
    ten­ure bean­tra­gen („going up for ten­ure“), die
    eine fes­te Anstel­lung mit einer Beför­de­rung zum Asso­cia­te
    Pro­fes­sor beinhal­tet. Danach kann man nach einer
    wei­te­ren War­te­zeit von meh­re­ren Jah­ren den glei­chen
    Pro­zess noch ein­mal durch­ma­chen („going up for full“)
    um zum Full Pro­fes­sor beför­dert zu wer­den.
    Wäh­rend also W3-Pro­fes­su­ren in eini­gen Fäl­len als
    Ein­stiegs­pro­fes­su­ren für Nachwuchswissenschaftler/innen
    kon­zi­piert sind, ist umge­kehrt die Juni­or­pro­fes­sur
    nicht mit dem Assistant Pro­fes­sor ver­gleich­bar. Wäh­rend
    im Regel­fall die Stel­le als Assistant Pro­fes­sor unmit­tel­bar
    nach der Pro­mo­ti­on folgt, wird von ange­hen­den Juni­or­pro­fes­so­ren
    oft eine mehr­jäh­ri­ge Lehr- und For­schungs­er­fah­rung
    erwar­tet. So schrieb die Uni­ver­si­tät Ham­burg
    Anfang 2020 eine Juni­or­pro­fes­sur (W1) für Infek­ti­ons­bio­lo­gie
    aus. Im Aus­schrei­bungs­text ist zu lesen: „Von
    den Bewer­be­rin­nen und Bewer­bern wer­den inter­na­tio­na­le
    wis­sen­schaft­li­che Erfah­run­gen sowie Erfah­run­gen
    in der Ein­wer­bung und Durch­füh­rung von Dritt­mit­tel­pro­jek­ten
    erwar­tet.“ Die Uni­ver­si­tät Mag­de­burg schrieb
    Anfang 2020 eine Juni­or­pro­fes­sur (W1) für Ent­zün­dung
    und Immun­me­ta­bo­lis­mus aus und spe­zi­fi­zier­te im Aus­schrei­bungs­text,
    dass „der Abschluss der Pro­mo­ti­on […]
    nicht län­ger als 5 Jah­re und nicht weni­ger als 2 Jah­re zurück­lie­gen“
    sol­le. Auch wird spe­zi­fi­ziert: „Der/Die erfolg­rei­che
    Bewer­ber/-in soll­te exzel­len­te Publi­ka­tio­nen
    im For­schungs­feld vor­wei­sen und bereits erfolg­reich
    kom­pe­ti­ti­ve För­der­mit­tel ein­ge­wor­ben haben. Er/Sie
    soll­te min­des­tens 2 Jah­re Post­dok­to­ran­de­n­er­fah­rung in
    einem inter­na­tio­na­len bzw. kom­pe­ti­ti­ven natio­na­len Labor
    vor­wei­sen kön­nen“. Und die Uni­ver­si­tät Trier spe­zi­fi­zier­te
    Anfang 2020 in einer Aus­schrei­bung einer Juni­or­pro­fes­sur
    (W1) für all­ge­mei­ne und ange­wand­te Pho­ne­tik:
    „Über den durch die Dis­ser­ta­ti­on gesetz­ten Schwer­punkt
    hin­aus muss die Beschäf­ti­gung mit einem wei­te­ren
    Bereich der ange­wand­ten Pho­ne­tik wie bei­spiels­wei­se
    Sozio­pho­ne­tik oder kon­tras­ti­ve Pho­ne­tik z.B. durch Publi­ka­tio­nen,
    Pro­jek­te oder Pro­jekt­an­trä­ge nach­ge­wie­sen
    wer­den.“ In allen drei Fäl­len wer­den Erfah­run­gen und
    Leis­tun­gen erwar­tet, die deut­lich über die einer Pro­mo­ti­on
    hin­aus­ge­hen und eine mehr­jäh­ri­ge Tätig­keit auf einer
    Post­dok­to­ran­den­stel­le erfor­dern.
    Der Logik der hier kri­ti­sier­ten Abbil­dungs­pra­xis fol­gend,
    müss­te der Sta­tus des Asso­cia­te Pro­fes­sors mit dem
    Sta­tus des Pri­vat­do­zen­ten sowie dem Sta­tus des erfolg­reich
    zwi­schen­eva­lu­ier­ten Juni­or­pro­fes­sors über­ein­stim­men.
    Der Schritt vom Assistant zum Asso­cia­te Pro­fes­sor
    beinhal­tet ja eine Eva­lua­ti­on, die fest­stel­len soll, ob
    man „das Zeug zum Pro­fes­sor“ hat. Aber wenn die Juni­or­pro­fes­sur
    pre-Eva­lua­ti­on nicht mit dem Assistant Pro­fes­sor
    ver­gleich­bar ist, kann die Juni­or­pro­fes­sur post-
    Eva­lua­ti­on auch nicht mit dem Asso­cia­te Pro­fes­sor ver­gli­chen
    wer­den. Außer­dem erhal­ten erfolg­reich zwi­schen­eva­lu­ier­te
    Juniorprofessoren/innen in den meis­ten Fäl­len
    kei­ne fes­te Stel­le – dies im Gegen­satz zu Asso­cia­te
    Pro­fes­sors.
    Ten­ure track-Sys­te­me sind lei­der in Deutsch­land
    noch immer die Aus­nah­me und dort wo es sie gibt, fol­gen
    sie meis­tens nicht einem linea­ren Beför­de­rungs­pfad
    W1-W2-W3. Wenn Juni­or­pro­fes­su­ren mit ten­ure track
    aus­ge­schrie­ben wer­den, erfolgt das ten­ure manch­mal auf
    eine W2-Pro­fes­sur, manch­mal auch auf eine W3-Pro­fes­sur.
    Und wenn das ten­ure auf eine W2-Pro­fes­sur erfolgt,
    Rey­don · Unver­gleich­bar­keit aka­de­mi­scher Sys­te­me 3 7
    gibt es danach grund­sätz­lich kei­nen wei­te­ren Beför­de­rungs­schritt
    auf einer W3-Pro­fes­sur mehr: Der Schritt
    zu einer W3-Pro­fes­sur muss im Regel­fall über den Weg
    der Weg­be­wer­bung und Blei­be­ver­hand­lun­gen erlangt
    wer­den, sodass die Erlan­gung einer W3-Pro­fes­sur nicht
    nur von der per­sön­li­chen Erfah­rung und Leis­tung abhän­gig
    ist (wie dies im ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen Sys­tem expli­zit
    der Fall ist) son­dern auch von der zufäl­li­gen Lage
    auf dem aka­de­mi­schen Arbeits­markt. Wissenschaftler/
    innen in Fächern, in denen sehr wenig W3-Pro­fes­su­ren
    aus­ge­schrie­ben wer­den, haben dadurch oft einen sys­te­ma­ti­schen
    Kar­rie­ren­ach­teil im Ver­gleich zu Wissenschaftler/
    innen in Fächern mit vie­len ver­füg­ba­ren
    W3-Pro­fes­su­ren.
    Vor­rei­te­rin bei der Ein­rich­tung eines ten­ure track-
    Sys­tems ist in Deutsch­land die TU Mün­chen. Das dort
    ein­ge­führ­te Modell umfasst – genau wie das ang­lo-ame­ri­ka­ni­sche
    Vor­bild – den Drei­satz Assistant-Asso­cia­te-
    Full Pro­fes­sor und sieht nach sechs Jah­ren eine leis­tungs­ba­sier­te
    Beför­de­rung von der Assistant Pro­fes­sor­ship auf
    eine Asso­cia­te Pro­fes­sor­ship vor, die nach wei­te­ren sechs
    Jah­ren bei aus­rei­chen­der Leis­tung zu einer Beför­de­rung
    zum Full Pro­fes­sor füh­ren kann.13 Dabei gilt ein „up or
    out“-Modell: Bei aus­rei­chen­der Leis­tung wird man beför­dert,
    bei nicht aus­rei­chen­der Leis­tung muss man gehen.
    Die TU Mün­chen selbst spricht von „einem gestuf­ten
    leis­tungs­kon­trol­lier­ten Kar­rie­re­sys­tem“, in dem aller­dings
    Assistant Pro­fes­sors in die Besol­dungs­grup­pe W2
    und die Asso­cia­te und Full Pro­fes­sors bei­de in die Besol­dungs­grup­pe
    W3 ein­ge­stuft werden.14
    Das „Pots­da­mer Modell“ imple­men­tiert den Drei­satz
    W1-W2-W3 auch als eine gestuf­te Laufbahn.15 Dabei gilt
    ein „up or out“-Modell für die Eva­lua­ti­on und ggf. Beför­de­rung
    vom W1-Pro­fes­sor zum W2-Pro­fes­sor, aber nicht
    für den Schritt vom W2-Pro­fes­sor zum W3-Professor.16
    Für den Kon­text die­ses Auf­sat­zes ist die fol­gen­de Anmer­kung
    zum Pots­da­mer Modell inter­es­sant:
    „Für den Wech­sel von W2 nach W3 ohne exter­nen Ruf ist
    eine Ände­rung des bran­den­bur­gi­schen Hoch­schul­ge­set­zes
    not­wen­dig. Eine ent­spre­chen­de Ände­rung wur­de
    bean­tragt, stößt bei der Lan­des­ver­wal­tung aber auf
    grund­sätz­li­che Beden­ken, weil die Pro­fes­sur nicht als
    Lauf­bahn­amt ange­se­hen wird. Bis zur gewünsch­ten Neu­re­ge­lung
    pla­nen wir das Modell über eine Hilfs­kon­struk­ti­on
    umzu­set­zen, in der die W2-Pha­se ersetzt wird durch
    eine Pha­se, in der der Stel­len­in­ha­ber eine W3-Stel­le erhält,
    die nach W3-Basis­ge­halt ohne Zula­gen besol­det ist
    und sich in ihrer Per­so­nal- und Sach­aus­stat­tung an einer
    W2-Stel­le orientiert.“17
    Die­se Anmer­kung zeigt beson­ders deut­lich, dass die
    deut­sche Pro­fes­sur im Gegen­satz zur ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen
    Pro­fes­sor­ship expli­zit nicht als Lauf­bahn­amt kon­zi­piert
    ist. Dem­entspre­chend kön­nen Bezeich­nun­gen
    wie ‚Juni­or­pro­fes­sor‘, ‚Uni­ver­si­täts­pro­fes­sor‘, ‚W2-Pro­fes­sor‘
    usw. im all­ge­mei­nen nicht als aka­de­mi­sche Rän­ge
    oder Dienst­gra­de auf­ge­fasst wer­den. Rän­ge bzw. Dienst­gra­de
    set­zen ein Kar­rie­re­sys­tem vor­aus, das Beför­de­run­gen
    zu höhe­ren Rängen/Dienstgraden auf der Basis von
    klar defi­nier­ten Leis­tun­gen oder Erfah­rung vor­sieht.
    Nur die in Deutsch­land bereits eta­blier­ten ten­ure track-
    Sys­te­me sind sol­che Kar­rie­re­sys­te­me. Außer­dem zeigt
    die im Zitat genann­te „Hilfs­kon­struk­ti­on“, dass Kar­rie­re­stu­fe
    und Planstelle/Besoldungsgruppe nicht not­wen­di­ger­wei­se
    zusam­men­ge­hen: behelfs­mä­ßig kann eine
    „nack­te“ W3-Stel­le als W2-Stel­le hin­hal­ten.
    Der Wis­sen­schafts­rat hat 2014 Emp­feh­lun­gen ver­öf­fent­licht,
    in denen die brei­te Ein­füh­rung eines „ech­ten“
    ten­ure track-Sys­tems in Deutsch­land (im Unter­schied zu
    ledig­lich Aus­nah­men vom Haus­be­ru­fungs­ver­bot) emp­foh­len
    wird.18 Auch in die­sen Emp­feh­lun­gen ist eine
    deut­li­che Tren­nung zwi­schen aka­de­mi­schem Sta­tus und
    Besol­dungs­stu­fe sicht­bar. Der Wis­sen­schafts­rat emp­fiehlt
    ein vier­stu­fi­ges Kar­rie­re­sys­tem bestehend aus einer
    Pro­mo­ti­ons­pha­se, einer Post­doc-Pha­se, einer Pha­se der
    befris­te­ten ten­ure-track Pro­fes­sur (ver­gü­tet nach W1
    oder W2) und letzt­lich einer Pha­se der unbe­fris­te­ten
    Pro­fes­sur (ver­gü­tet nach W2 oder W3).19 Die Ver­gü­tungs­stu­fen
    sind dabei inner­halb der Kar­rie­re­stu­fen
    nicht mit Unter­schie­den in Ämtern oder Funk­tio­nen
    ver­bun­den, son­dern mit „bereits erbrach­ten wis­sen­schaft­li­chen
    Leis­tun­gen, Nach­fra­ge und Standort“.20
    Die/der Inhaber/in einer befris­te­ten Pro­fes­sur auf der
    13 TUM Beru­fungs- und Kar­rie­re­sys­tem – Sta­tut zum Qua­li­täts­ma­nage­ment,
    Mün­chen: Tech­ni­sche Uni­ver­si­tät Mün­chen, 2012; W.A.
    Herr­mann, Ten­ure track: The roy­al road to pro­fes­sor­ship?, Ange­wand­te
    Che­mie 52, 2013, 4700–4701; D. Hrzán, Under con­s­truc­tion?!
    – Aka­de­mi­sche Per­so­nal­ent­wick­lung als Bestand­teil akti­ver
    Per­so­nal­po­li­tik an Hoch­schu­len, in: A. Kel­ler, D. Pöschl & A.
    Schütz (Hg.): Bau­stel­le Hoch­schu­le: Attrak­ti­ve Kar­rie­re­we­ge und
    Beschäf­ti­gungs­be­din­gun­gen gestal­ten, Bie­le­feld: W. Ber­tels­mann
    Ver­lag, 2013, 69–82; K. Zim­mer­mann, Blick über den Tel­ler­rand:
    Kar­rie­re­we­ge in der Wis­sen­schaft im inter­na­tio­na­len Ver­gleich,
    in: A. Kel­ler, D. Pöschl & A. Schütz (Hg.): Bau­stel­le Hoch­schu­le:
    Attrak­ti­ve Kar­rie­re­we­ge und Beschäf­ti­gungs­be­din­gun­gen
    gestal­ten, Bie­le­feld: W. Ber­tels­mann Ver­lag, 2013, 39–52, S. 44;
    Wis­sen­schafts­rat (Fn. 1), S. 115.
    14 TUM Beru­fungs- und Kar­rie­re­sys­tem (Fn. 13), S. 5.
    15 O. Gün­ther & R. Seck­ler, Ten­ure-Track nach­hal­tig – Das Pots­da­mer
    Modell, For­schung & Leh­re 2/2014, 114–115
    16 Bei einer nega­ti­ven Eva­lua­ti­on bleibt die Per­son auf der W2-
    Lebens­zeit­stel­le.
    17 Gün­ther & Seck­ler (Fn. 15), S. 115, Her­vor­he­bung hin­zu­ge­fügt.
    18 Wis­sen­schafts­rat (Fn. 1), S. 14.
    19 Wis­sen­schafts­rat (Fn. 1), S. 10–14, 18, 49.
    20 Wis­sen­schafts­rat (Fn. 1), S. 12.
    3 8 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 1 ( 2 0 2 1 ) , 3 3 – 4 6
    drit­ten Stu­fe der Kar­rie­re­lei­ter kann also je nach per­sön­li­cher
    Leis­tung, Situa­ti­on auf dem Arbeits­markt im betref­fen­den
    Fach und Situa­ti­on am Stand­ort in eine nied­ri­ge­re
    oder auch höhe­re Besol­dungs­grup­pe ein­ge­stuft
    wer­den, und das Glei­che gilt für die/der Inhaber/in einer
    Lebens­zeit­pro­fes­sur auf der vier­ten Stu­fe der Kar­rie­re­lei­ter.
    Die Besol­dungs­stu­fe defi­niert dabei weder eine Kar­rie­re­stu­fe
    noch ein Amt oder eine Funk­ti­on.
    Außer­dem wird die vier­stu­fi­ge Lei­ter expli­zit als Kar­rie­re­weg
    zur – undif­fe­ren­zier­ten – Lebens­zeit­pro­fes­sur
    ver­stan­den. Die vier Stu­fen ent­spre­chen dabei den durch
    die EU defi­nier­ten rese­arch care­er stages, wobei die Pha­se
    der befris­te­ten ten­ure-track Pro­fes­sur („Bewäh­rungs­pha­se“)
    der care­er stage R3 („estab­lished rese­ar­cher“) und
    die Pha­se der unbe­fris­te­ten Pro­fes­sur der care­er stage R4
    („lea­ding rese­ar­cher“) entsprechen.21 Weil die Besol­dungs­grup­pe
    W2 sowohl für die drit­te als die vier­te Stu­fe
    gel­ten kann, kann sie kei­ne Stu­fe defi­nie­ren (es kann
    W2-Pro­fes­sor/in­nen geben, die sich noch for­mell bewäh­ren
    müs­sen, und sol­che, die sich bereits bewährt haben
    und in die vier­te Stu­fe ein­zu­ord­nen sind). Neben­bei
    bemerkt wür­de der Vor­schlag des Wis­sen­schafts­rats den
    der­zeit noch exis­tie­ren­den Umstand ändern, dass sich
    der aka­de­mi­sche Sta­tus von Juniorprofessor/innen
    durch die Zwi­schen­eva­lua­ti­on (in der die Bewäh­rung als
    Hochschullehrer/in for­mell fest­ge­stellt wird) in den
    meis­ten Fäl­len nicht ändert: Man bleibt Juniorprofessor/
    in und erfüllt ledig­lich die Vor­aus­set­zun­gen für die Beru­fung
    auf eine Lebens­zeit­pro­fes­sur.
    Fest­zu­hal­ten ist, dass W1, W2 und W3 gesetz­lich fest­ge­leg­te
    Besol­dungs­stu­fen für ver­be­am­te­te Hoch­schul­leh­re­rin­nen
    und Hoch­schul­leh­rer sind – nicht mehr und
    nicht weni­ger. Sie wer­den in kei­nen Geset­zes­tex­ten oder
    Ord­nun­gen als aka­de­mi­sche Rän­ge bzw. Dienst­gra­de,
    Ämter, Titel o. ä. benannt und sind in die­ser Hin­sicht
    schlicht­weg nicht auf ang­lo-ame­ri­ka­ni­sche aca­de­mic
    ranks abbild­bar.
    Juris­tisch ist die Lage aller­dings etwas kom­pli­zier­ter.
    Ers­tens sind die aka­de­mi­schen Titel von sowohl den
    Ämtern als auch den Plan­stel­len zu unter­schei­den: Nach
    der Ruf­an­nah­me fol­gen z. B. die beur­kun­de­te Ernen­nung
    zum/zur Universitätsprofessor/in, die Ver­lei­hung
    des Titels ‚Professor/in‘ (die nicht sepa­rat beur­kun­det
    wird, aber sepa­rat im jeweils gel­ten­den Hoch­schul­ge­setz
    fest­ge­legt ist; die Füh­rung des Titels ist oft unter bestimm­ten
    Vor­aus­set­zun­gen nach dem Aus­schei­den aus
    dem Amt noch erlaubt) sowie die Ein­wei­sung in eine
    Plan­stel­le einer bestimm­ten Besol­dungs­grup­pe. Dabei
    ist der Unter­schied zwi­schen dem Pro­fes­so­ren­amt im
    kor­po­ra­ti­ons­recht­li­chen Sinn, im sta­tus­recht­li­chen Sinn
    und im funk­tio­nel­len Sinn relevant.22
    Kor­po­ra­ti­ons­recht­lich gibt es seit 1976 nur einen ein­heit­li­chen
    Pro­fes­so­ren­be­griff, d. h., als Mit­glie­der ihrer
    Fakul­tät und ihrer Hoch­schu­le haben alle Professor/innen
    den glei­chen aka­de­mi­schen Status.23 Sta­tus­recht­lich
    (d. h. dienst­recht­lich) gibt es rein for­mal eine Dif­fe­ren­zie­rung
    zwi­schen W1‑, W2- und W3-Pro­fes­su­ren, da
    dienst­recht­lich ein Amt „nach all­ge­mei­nem Beam­ten­recht
    durch die Zuge­hö­rig­keit zu einer Lauf­bahn­grup­pe,
    das End­grund­ge­halt und die Amts­be­zeich­nung bestimmt
    [wird]. Dabei kann ein Amt unter einer Amts­be­zeich­nung
    meh­re­ren Besol­dungs­grup­pen zuge­ord­net
    sein“.24 Da die Lauf­bahn­grup­pe für alle Professor/innen
    die glei­che ist (die Lauf­bahn­grup­pe ist der höhe­re
    Dienst), erge­ben sich die Ämter aus den mög­li­chen
    Kom­bi­na­tio­nen der Amts­be­zeich­nun­gen (‚Pro­fes­sor als
    Juni­or­pro­fes­sor‘, ‚Uni­ver­si­täts­pro­fes­sor‘, ‚Pro­fes­sor an einer
    Fach­hoch­schu­le‘ usw.) mit den Besol­dungs­grup­pen.
    Rein dienst­recht­lich gibt es dem­entspre­chend einen Unter­schied
    zwi­schen W2-Uni­ver­si­täts­pro­fes­su­ren und
    W3-Uni­ver­si­täts­pro­fes­su­ren (und auch zwi­schen W2-
    Uni­ver­si­täts­pro­fes­su­ren und W2-Pro­fes­su­ren an einer
    Fach­hoch­schu­le, usw.), der sich manch­mal in einem unter­schied­li­chen
    Recht auf eine bestimm­te Anzahl von
    Mit­ar­bei­ter­stel­len und eine bestimm­te Büro­grö­ße
    mani­fes­tiert.
    Aller­dings ist die­se Dif­fe­ren­zie­rung nicht aka­de­misch
    rele­vant, da sie nicht mit einem Unter­schied in
    21 Wis­sen­schafts­rat (Fn. 1), S. 60; für die rese­arch care­er stages, sie­he
    Euro­pean Com­mis­si­on (DG for Rese­arch & Inno­va­ti­on), Towards
    a Euro­pean Frame­work for Rese­arch Care­ers, 21. Juli 2011, Brüs­sel:
    Euro­päi­sche Kom­mis­si­on; Web­sei­te des Mobi­li­ty Pat­terns and
    Care­er Paths of EU Rese­ar­chers-Pro­jekts, https://www.more3.eu/
    indi­ca­tor-tool/­care­er-stages-r1-to-r4 (Auf­ge­ru­fen am 09.07.2020).
    22 D. Sche­ven, Die Aus­ge­stal­tung des Rechts der Pro­fes­so­ren, in:
    C. Flä­mig, V. Grel­lert, O. Kim­mi­nich, E.-J. Meu­sel, H.H. Rupp,
    D. Sche­ven, H.J. Schus­ter & F. Graf Sten­bock-Fer­mor (Hg.):
    Hand­buch des Wis­sen­schafts­rechts, Band 1, Ber­lin: Sprin­ger-
    Ver­lag, 1982, 423–452; H. Det­mer, Das Recht der (Uni­ver­si­täts-)
    Pro­fes­so­ren, in: H. Det­mer & M. Hart­mer (Hg.): Hoch­schul­recht:
    Ein Hand­buch für die Pra­xis (3. Auf­la­ge), Hei­del­berg: C.F. Mül­ler,
    2017, 139–240, S. 217–218.
    23 Sche­ven (Fn. 22), S. 427; Kar­pen (Fn. 9), S. 866.
    24 Sche­ven (Fn. 22), S. 428.
    Rey­don · Unver­gleich­bar­keit aka­de­mi­scher Sys­te­me 3 9
    aka­de­mi­scher Qua­li­fi­ka­ti­on, aka­de­mi­scher Funk­ti­on,
    aka­de­mi­schen Rech­ten oder aka­de­mi­schen Pflich­ten
    ver­bun­den ist. Wie Sche­ven schreibt:
    „Nach der Rege­lung des HRG ist eine dienst­recht­li­che
    Dif­fe­ren­zie­rung der Pro­fes­so­ren auf­grund der sta­tus­recht­li­chen
    Stel­lung mit dem Gleich­heits­grund­satz
    nicht mehr ver­ein­bar, denn die Pro­fes­so­ren erfül­len glei­che
    Ein­stel­lungs­vor­aus­set­zun­gen und neh­men glei­che Auf­ga­ben
    wahr. […] Soweit sol­che Dif­fe­ren­zie­run­gen auf ande­ren
    Rechts­ge­bie­ten noch bestehen […] wer­den sie
    auf­grund des Pro­fes­so­ren­rechts des HRG auf­ge­ho­ben
    wer­den müs­sen. Damit ist das Pro­fes­so­ren­recht […] unbe­scha­det
    funk­tio­nel­ler Dif­fe­ren­zie­run­gen nach den
    Hoch­schul­auf­ga­ben im sta­tus­recht­li­chen Sin­ne
    einheitlich“.25
    Obwohl Sche­ven die­se Sät­ze bereits lang vor der Ein­füh­rung
    der W‑Besoldung und der Juni­or­pro­fes­sur schrieb,
    gilt der Gleich­heits­grund­satz nach wie vor: Weil alle
    Professor/innen die glei­che Qua­li­fi­ka­ti­on vor­wei­sen
    müs­sen und die glei­chen Auf­ga­ben zu erfül­len haben,
    müs­sen sie auch alle den glei­chen aka­de­mi­schen Sta­tus
    besit­zen.
    Her­vor­ge­ho­ben wer­den muss ers­tens, dass mit den
    funk­tio­nel­len Dif­fe­ren­zie­run­gen in Sche­vens Zitat expli­zit
    nicht einen Unter­schied zwi­schen einer all­ge­mei­nen
    Funk­ti­on von W2-Pro­fes­su­ren und einer all­ge­mei­nen
    Funk­ti­on von W3-Pro­fes­su­ren gemeint wird. Ein sol­cher
    Unter­schied exis­tiert nach dem Gleich­heits­grund­satz ja
    nicht: Bei­de haben als Pro­fes­su­ren die glei­che Funk­ti­on.
    Gemeint sind viel­mehr Unter­schie­de in den Auf­ga­ben
    „vor Ort“ zwi­schen sog. abs­trakt-funk­tio­nel­len Ämtern
    (z. B.: Pro­fes­sor an der Uni­ver­si­tät X, Pro­fes­sor an der
    Kunst­hoch­schu­le Y usw.) und kon­kret-funk­tio­na­len
    Ämtern (z. B.: Pro­fes­sor für theo­re­ti­sche Phi­lo­so­phie an
    der Uni­ver­si­tät X, Pro­fes­sor für Fest­kör­per­phy­sik an der
    Uni­ver­si­tät Y usw.).26 Hier geht es also um kon­kre­te Rol­len
    an bestimm­ten Insti­tu­tio­nen, die funk­tio­nal sehr unter­schied­lich
    sein kön­nen, und nicht um gene­rel­le funk­tio­na­le
    Unter­schie­de, die zwi­schen W2-Pro­fes­su­ren und
    W3-Pro­fes­su­ren bestehen würden.27
    Zwei­tens muss der Qua­li­fi­ka­ti­ons­aspekt her­vor­ge­ho­ben
    wer­den. Sche­ven weist dar­auf hin, dass alle Professor/
    innen die glei­chen Ein­stel­lungs­vor­aus­set­zun­gen erfül­len
    – d. h. die glei­che Qua­li­fi­ka­ti­on vor­wei­sen – müs­sen.
    Dies ist im Ein­klang mit dem im Grund­ge­setz fest­ge­leg­ten
    Leis­tungs­prin­zip. Für Uni­ver­si­täts­pro­fes­su­ren
    gel­ten unab­hän­gig von der Besol­dungs­stu­fe die glei­chen
    Vor­aus­set­zun­gen bezüg­lich Eig­nung, Befä­hi­gung und
    fach­li­cher Leis­tung, sodass die Besol­dungs­stu­fen nicht
    gene­rell Unter­schie­de in der Leis­tung zum Aus­druck
    brin­gen können.28 Umge­kehrt gel­ten für W2-Pro­fes­su­ren
    an einer Fach­hoch­schu­le und für W2-Uni­ver­si­täts­pro­fes­su­ren
    unter­schied­li­che Vor­aus­set­zun­gen (FH-Pro­fes­su­ren
    set­zen Erfah­run­gen in der Berufs­pra­xis vor­aus),
    sodass auch hier die Besol­dungs­stu­fe nicht die fach­li­che
    Leis­tung abbil­det. Dies­be­züg­lich besteht auch ein deut­li­cher
    Unter­schied mit dem ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen Sys­tem,
    in dem bei­de Beför­de­rungs­schrit­te (vom Assistant
    Pro­fes­sur zum Asso­cia­te Pro­fes­sor zum Full Pro­fes­sor) auf
    eine Leis­tungs­be­ur­tei­lung beru­hen. Sowohl für die Beför­de­rung
    vom Assistant Pro­fes­sur zum Asso­cia­te Pro­fes­sor
    als auch für die Beför­de­rung zum Full Pro­fes­sor müs­sen
    wis­sen­schaft­li­che Leis­tun­gen in einem Umfang und
    einer Qua­li­tät erbracht sein, die eine bestimm­te Senio­ri­tät
    (und damit einen aka­de­mi­schen Sta­tus) begrün­den.
    Eine sol­che Leis­tungs­be­ur­tei­lung fin­det im deut­schen
    Sys­tem jedoch nur ein­mal statt, näm­lich bei der Zwi­schen­eva­lua­ti­on
    der Juni­or­pro­fes­sor, der Habi­li­ta­ti­on
    (ver­bun­den mit der Ernen­nung zum Pri­vat­do­zen­ten
    oder der Ver­lei­hung des Titels ‚Dr. habil.‘) oder der Erst­be­ru­fung
    auf eine Pro­fes­sur (unter der Vor­aus­set­zung
    der Habi­li­ta­ti­on oder habi­li­ta­ti­ons­äqui­va­len­ter Leis­tun­gen).
    In allen drei Fäl­len geht es um die Fest­stel­lung, dass
    ein/e Kandidat/in wis­sen­schaft­li­che Leis­tun­gen in einem
    Umfang und einer Qua­li­tät erbracht hat, die einer bestimm­ten
    fach­li­chen Senio­ri­tät (näm­lich der Senio­ri­tät
    der Pro­fes­sur) ent­spre­chen. Weil es im deut­schen Sys­tem
    nur einen sol­chen Qua­li­fi­ka­ti­ons­schritt gibt, der glei­cher­ma­ßen
    für W2- und W3-Pro­fes­su­ren qua­li­fi­ziert,
    kann ein ent­spre­chen­der Sta­tus- oder Senio­ri­täts­un­ter­schied
    zwi­schen W2- und W3-Pro­fes­su­ren auch nicht
    begrün­det wer­den. Die deut­schen Besol­dungs­stu­fen
    sind dem­entspre­chend für den inter­na­tio­na­len Ver­gleich
    ohne Rele­vanz.
    25 Sche­ven (Fn. 22), S. 428; Kur­siv­set­zung ein­ge­fügt.
    26 Sche­ven (Fn. 22), S. 429; Kar­pen (Fn. 9), S. 863–864.
    27 Die­ser kur­ze juris­ti­sche Exkurs zeigt, dass Kehms in Abschnitt
    II erwähn­te Pau­schal­be­haup­tung, dass W2-Pro­fes­su­ren mit
    Asso­cia­te Pro­fes­sor­ships funk­tio­nal äqui­va­lent sei­en, nicht mit der
    Rechts­la­ge über­ein­stimmt und völ­lig fehl­ge­lei­tet ist. Wenn es um
    Pro­fes­so­ren­äm­ter geht, ist der funk­tio­na­le Unter­schied viel­mehr
    mit den Ämtern ‚Pro­fes­sor als Juni­or­pro­fes­sor‘, ‚Uni­ver­si­täts­pro­fes­sor‘,
    ‚Pro­fes­sor an einer Fach­hoch­schu­le‘ usw. ver­bun­den. So
    gibt z. B. es kei­nen funk­tio­na­len Unter­schied zwi­schen einer nach
    W2 ver­gü­te­ten Uni­ver­si­täts­pro­fes­sur und einer nach W3 ver­gü­te­ten
    Uni­ver­si­täts­pro­fes­sur, aber wohl zwi­schen einer nach W2
    ver­gü­te­ten Pro­fes­sur an einer Fach­hoch­schu­le und einer nach W2
    ver­gü­te­ten Uni­ver­si­täts­pro­fes­sur. Das Amt, nicht die Ver­gü­tung,
    macht den Unter­schied.
    28 Art. 33 Abs. 2 GG. Per­sön­li­che Leis­tun­gen kön­nen dem­entspre­chend
    auch nicht durch eine ad hoc Beför­de­rung von einer W2-
    Pro­fes­sur zu einer W3-Pro­fes­sur hono­riert wer­den, aber wer­den
    durch Leis­tungs­zu­la­gen hono­riert.
    4 0 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 1 ( 2 0 2 1 ) , 3 3 – 4 6
    Mit Hin­blick auf eine Abbil­dung der deut­schen Situa­ti­on
    auf die drei ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen aca­de­mic ranks
    müss­te außer­dem zuerst bestimmt wer­den, was es abzu­bil­den
    gilt: das eine, ein­heit­li­che Pro­fes­so­ren­amt; die
    drei Besol­dungs­grup­pen (die selbst kei­ne Ämter sind),
    die Ämter, die sich aus den mög­li­chen Kom­bi­na­tio­nen
    der Amts­be­zeich­nun­gen mit den Besol­dungs­grup­pen
    erge­ben (auf jeden Fall mehr als drei); die (sehr vie­len)
    abs­trakt-funk­tio­nel­le Ämter; oder die (auch sehr vie­len)
    kon­kret-funk­tio­nel­le Ämter. Ein Argu­ment für eine bestimm­te
    Wahl fehlt bis­lang.
    Erwähnt wer­den muss, dass für sta­tis­ti­sche Zwe­cke
    manch­mal ein hier­ar­chi­scher Unter­schied zwi­schen
    W2- und W3-Pro­fes­su­ren auf Basis von Senio­ri­tät gemacht
    wird. Die von der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on
    jähr­lich her­aus­ge­ge­be­nen She Figu­res-Berich­te zur Gen­der­ver­tei­lung
    in aka­de­mi­schen Funk­tio­nen sind ein ein­schlä­gi­ges
    Bei­spiel. Dabei wird eine vier­stu­fi­ge Ein­tei­lung
    von Funk­tio­nen ver­wen­det. Die höchs­te Stu­fe (gra­de
    A) ist defi­niert als die höchs­te Posi­ti­on oder Stel­le, in
    der For­schung betrie­ben wird, und die zweit­höchs­te Stu­fe
    (gra­de B) als die Grup­pe der For­schen­den in Posi­tio­nen
    mit weni­ger Senio­ri­tät als die höchs­te Posi­ti­on (A),
    aber mit höhe­rer Senio­ri­tät als neu pro­mo­vier­te For­schen­de.
    29 Wäh­rend gra­de A für Deutsch­land ledig­lich
    die W3- und C4-Pro­fes­su­ren umfasst, ist gra­de B ein
    Sam­mel­be­cken für alle Stel­len­ar­ten zwi­schen der ers­ten
    Stel­le unmit­tel­bar nach der Pro­mo­ti­on (gra­de C) und der
    Posi­ti­on mit der höchs­ten Senio­ri­tät. Aller­dings lässt
    sich die­se Ein­tei­lung dahin­ge­hend kri­ti­sie­ren, dass man­gels
    einer „Kar­rie­re­lei­ter“, die einen Auf­stieg durch Erfah­rung
    von der W2-Ebe­ne auf die W3-Ebe­ne ermög­li­chen
    wür­de, einen Senio­ri­täts­un­ter­schied zwi­schen den
    Ebe­nen nicht sinn­voll gemacht wer­den kann. Außer­dem
    sind die Besol­dungs­ka­te­go­rien W2 und W3 weder de
    jure noch de fac­to mit Senio­ri­tät oder Erfah­rung ver­bun­den:
    Besol­dungs­recht­lich sind kei­ne Erfah­rungs­stu­fen in
    der W‑Besoldung spe­zi­fi­ziert und in der Pra­xis gel­ten
    auch kei­ne unter­schied­li­chen Erfah­rungs­an­for­de­run­gen
    für W2- und W3-Professuren.30 Auch muss dies­be­züg­lich
    erwähnt wer­den, dass die She Figu­res-Berich­te alle
    Gast­pro­fes­su­ren pau­schal in gra­de B ein­ge­ord­nen (wobei
    She Figu­res 2012 expli­zit die Besol­dungs­grup­pen W3 und
    W2 für Gast­pro­fes­su­ren in gra­de B erwähnt, die letz­te
    Aus­ga­be, She Figu­res 2019, aller­dings nicht). Dies ist zumin­dest
    merk­wür­dig, weil Gast­pro­fes­su­ren oft dazu die­nen,
    her­aus­ra­gen­de und eta­blier­te Wissenschaftler/innen
    für einen bestimm­ten Zeit­raum an eine Uni­ver­si­tät
    zu holen. So wird z. B. die Leib­niz-Pro­fes­sur an der Uni­ver­si­tät
    Leip­zig „an beson­ders renom­mier­te und vor­wie­gend
    inter­na­tio­na­le Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­ler
    ver­ge­ben und gehört zu den höchs­ten Aus­zeich­nun­gen
    unse­rer Universität“.31 Wie ein sol­cher Sta­tus
    mit einer nied­ri­ge­ren Senio­ri­täts­stu­fe als die von
    regu­lä­ren W3-Pro­fes­su­ren ver­ein­bar sein soll, ist nicht
    ersicht­lich.
    Fest­zu­hal­ten ist, dass mit dem Amt einer nach W2
    besol­de­ten Pro­fes­sur genau die glei­chen Auf­ga­ben,
    Pflich­ten und Rech­te ver­bun­den sind als mit den Amt einer
    nach W3 besol­de­ten Pro­fes­sur. Die Grün­de für den
    Unter­schied in Ver­gü­tung zwi­schen lie­gen oft dar­in, dass
    nach W3 besol­de­te Professor/innen oft neben ihrem eigent­li­chen
    Amt als Pro­fes­sor wei­te­re Auf­ga­ben über­neh­men,
    wie z. B. die Lei­tung einer Lehr­stuhl­grup­pe, eines
    Labors usw., oder ihre Pro­fes­sur für einen beson­de­ren
    Zweck geschaf­fen wur­de (z. B. als Gast­pro­fes­sur für die
    Stär­kung inter­na­tio­na­ler Koope­ra­tio­nen oder für die
    Stär­kung der Ver­bin­dun­gen mit Wirt­schaft und Indus­trie,
    als Stif­tungs­pro­fes­sur zur Stär­kung eines Lehr- oder
    For­schungs­ge­biets, als Pro­fes­sur mit einer spe­zi­fi­schen
    Auf­ga­be in der Öffent­lich­keits­ar­beit usw.). Aber die­se
    Auf­ga­ben sind eben Auf­ga­ben neben dem eigent­li­chen
    Pro­fes­so­ren­amt, sodass sie kei­nen Unter­schied zwi­schen
    aca­de­mic ranks begrün­den kön­nen. Wer einen Lehr­stuhl
    inne­hat, hat die­sen in „Per­so­nal­uni­on“ neben der Pro­fes­sur
    inne, und wer geschäfts­füh­ren­de Direk­to­rin eines Insti­tuts
    ist, ist dies in „Per­so­nal­uni­on“ neben der Pro­fes­sur.
    Unter­schie­de in Ver­gü­tung kön­nen durch sol­che zusätz­li­che
    Tätig­kei­ten begrün­det wer­den, aber Unter­schie­de
    zwi­schen aca­de­mic ranks fol­gen dar­aus nicht.
    IV. Aspek­te aus­län­di­scher Sys­te­me
    Betrach­ten wir jetzt den Ver­gleich mit dem ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen
    Sys­tem näher. Meis­tens wer­den die US-Ame­ri­ka­ni­schen
    Bezeich­nun­gen als inter­na­tio­nal-eng­lisch­spra­chi­ge
    Stan­dard­be­zeich­nun­gen ver­wen­det ohne
    dabei expli­zit auf das aka­de­mi­sche Sys­tem in den USA
    zu ver­wei­sen. Aller­dings impli­ziert die Ver­wen­dung die­ser
    aca­de­mic ranks sowie Behaup­tun­gen wie die, dass es
    29 Euro­pean Com­mis­si­on, She Figu­res 2012 – Gen­der in Rese­arch
    and Inno­va­ti­on, Luxem­bourg: Publi­ca­ti­ons Office of the Euro­pean
    Uni­on, 2013, S. 87.
    30 Die oben genann­te Aus­schrei­bung in Frei­burg einer für „high­ly
    qua­li­fied ear­ly care­er rese­ar­chers“ geeig­ne­te W3-Pro­fes­sur ist
    viel­leicht das bes­te Bei­spiel in die­sem Kon­text.
    31 Sie­he https://www.ral.uni-leipzig.de/unterstuetzung/leibniz-programm/
    leibniz-professur/#c137414 (Auf­ge­ru­fen am 08.07.2020).
    Rey­don · Unver­gleich­bar­keit aka­de­mi­scher Sys­te­me 4 1
    funk­tio­na­le Äqui­va­len­zen zwi­schen den Stu­fen in den
    ver­schie­de­nen Sys­te­men gibt, sehr wohl, dass die Ver­wen­dung
    eng­lisch­spra­chi­ger Bezeich­nun­gen eine Ver­bin­dung
    mit dem US-Ame­ri­ka­ni­schen Sys­tem her­stel­len
    soll. Es wird in die­ser Pra­xis still­schwei­gend ange­nom­men,
    dass (1) das ame­ri­ka­ni­sche Sys­tem als Maß­stab
    aller ande­ren aka­de­mi­schen Sys­te­me geeig­net wäre und
    (2) die Bezeich­nun­gen Assistant Pro­fes­sor, Asso­cia­te Pro­fes­sor
    und Full Pro­fes­sor auch außer­halb des spe­zi­fisch
    US-ame­ri­ka­ni­schen Kon­texts voll­stän­dig klar defi­niert
    wer­den kön­nen. Für (1) fehlt dabei in der Lite­ra­tur jeg­li­ches
    Argu­ment. Und bezüg­lich (2) wird meis­tens igno­riert,
    dass die aca­de­mic ranks des Assistant, Asso­cia­te
    und Full Pro­fes­sors in einem Sys­tem ein­ge­bet­tet sind, das
    dem deut­schen (oder nie­der­län­di­schen, oder fran­zö­si­schen,
    oder ita­lie­ni­schen, oder bri­ti­schen, oder …) Sys­tem
    kaum ent­spricht.
    Zuerst zu Punkt (1). Ein mög­li­ches Argu­ment dafür,
    die Kate­go­rien Assistant, Asso­cia­te und Full Pro­fes­sor als
    maß­geb­li­che Bezugs­punk­te für die Betrach­tung aller
    aka­de­mi­scher Sys­te­me welt­weit anzu­se­hen, wäre die
    welt­wei­te Domi­nanz der ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen Wis­sen­schaft.
    Man kann dies befür­wor­ten oder ableh­nen, aber
    es lässt sich schlecht leug­nen, dass die eng­lisch­spra­chi­gen
    Län­der eine füh­ren­de Rol­le in der Wis­sen­schaft ein­neh­men.
    Eng­lisch ist die lin­gua fran­ca der Wis­sen­schaft,
    die inter­na­tio­na­len Rang­lis­ten von Uni­ver­si­tä­ten wer­den
    stets von US-Ame­ri­ka­ni­schen und Bri­ti­schen Uni­ver­si­tä­ten
    ange­führt und wenn nach Bei­spie­len für exzel­len­te
    Uni­ver­si­tä­ten gefragt wird, wer­den (zu Recht oder auch
    nicht) Insti­tu­tio­nen wie Har­vard, MIT, Oxford und Cam­bridge
    genannt. Ein Argu­ment ist dies zwar nicht, aber es
    ist ein Sach­ver­halt, der die her­aus­ge­ho­be­ne Stel­lung des
    ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen Sys­tems viel­leicht ver­ständ­lich
    macht.
    Aller­dings folgt aus die­ser Sach­la­ge nicht, dass das
    ang­lo-ame­ri­ka­ni­sche Sys­tem als welt­wei­ter Stan­dard für
    aka­de­mi­sche Sys­te­me gel­ten kann oder soll (Punkt (2)).
    Dage­gen spricht z. B., dass es das ang­lo-ame­ri­ka­ni­sche
    Sys­tem gar nicht gibt. Die Kate­go­rien Assistant, Asso­cia­te
    und Full Pro­fes­sor stam­men aus dem US-Ame­ri­ka­ni­schen
    Sys­tem und haben im Kon­text die­ses Sys­tems sehr
    spe­zi­fi­sche Bedeu­tun­gen. Aller­dings wer­den die­se Bezeich­nun­gen
    auch an eini­gen (aber nicht allen) Uni­ver­si­tä­ten
    in Groß­bri­tan­ni­en, Kana­da, Aus­tra­li­en und Neu­see­land
    ver­wen­det, bezeich­nen dort aller­dings manch­mal
    ande­re Kate­go­rien als in den USA. So kann­te das
    Sys­tem in Groß­bri­tan­ni­en schon immer die Pro­fes­sur als
    höchs­te Ebe­ne, aber haben eini­ge Uni­ver­si­tä­ten erst vor
    Kur­zem die Kate­go­rie Asso­cia­te Pro­fes­sor ein­ge­führt, die
    manch­mal statt der älte­ren Kate­go­rie Rea­der ver­wen­det
    wird, manch­mal aber auch statt der Kate­go­rie Seni­or
    Lec­tu­rer. Die Kate­go­rie des Assistant Pro­fes­sors gibt es typi­scher­wei­se
    nicht und die Kate­go­rie des Asso­cia­te Pro­fes­sors
    wird auch nur durch eine Min­der­heit der Uni­ver­si­tä­ten
    ver­wen­det.
    Auch kennt das US-Ame­ri­ka­ni­sche Sys­tem noch wei­te­re
    ranks, die in der hier kri­ti­sier­ten Abbil­dungs­pra­xis
    typi­scher­wei­se igno­riert wer­den. So gibt es unter­halb des
    Assistant Pro­fes­sors meis­tens den Ins­truc­tor und/oder
    Lec­tu­rer (inner­halb die­ser manch­mal Diver­si­fi­zie­run­gen
    wie Seni­or Lec­tu­rer und Mas­ter Lec­tu­rer), und ober­halb
    des Full Pro­fes­sors oft den Uni­ver­si­ty Pro­fes­sor, Distin­gu­is­hed
    Pro­fes­sor usw. Wäh­rend die drei Kate­go­rien Assistant
    Pro­fes­sor, Asso­cia­te Pro­fes­sor und Full Pro­fes­sor immer
    den Kern des Sys­tems aus­ma­chen, sind die ande­ren
    Kate­go­rien zwi­schen Uni­ver­si­tä­ten sehr unter­schied­lich.
    So hat z. B. die Van­der­bilt Uni­ver­si­ty ein stark diver­si­fi­zier­tes
    Sys­tem, das inner­halb des ten­ure tracks die aka­de­mi­schen
    Titel von Uni­ver­si­ty Distin­gu­is­hed Pro­fes­sor, Distin­gu­is­hed
    Pro­fes­sor, Uni­ver­si­ty Pro­fes­sor, Pro­fes­sor, Asso­cia­te
    Pro­fes­sor, Assistant Pro­fes­sor und Ins­truc­tor kennt,
    sowie außer­halb des ten­ure tracks noch die Titel von
    Prin­ci­pal Seni­or Lec­tu­rer, Seni­or Lec­tu­rer und Lecturer.32
    In die­sem Bei­spiel fällt auf, dass der ein­fa­che Drei­satz
    von Assistant-Asso­cia­te-Full Pro­fes­sor die tat­säch­li­che
    aka­de­mi­sche Hier­ar­chie vor Ort stark ver­kürzt abbil­det.
    Auch fällt auf, dass statt ‚Full Pro­fes­sor‘ die Bezeich­nung
    ‚Pro­fes­sor‘ ver­wen­det wird.33 Außer­dem ist hier ein wei­te­rer
    Unter­schied zum deut­schen Sys­tem sicht­bar: Wäh­rend
    in Deutsch­land der Unter­schied zwi­schen Uni­ver­si­täts­pro­fes­sor
    und Pro­fes­sor typi­scher­wei­se ein Unter­schied
    zwi­schen Ämtern ist (Pro­fes­sor an einer Uni­ver­si­tät
    bzw. Pro­fes­sor an einer Fach­hoch­schu­le), ist in den
    ver­ei­nig­ten Staa­ten der Unter­schied zwi­schen Uni­ver­si­ty
    Pro­fes­sor und Pro­fes­sor ein hier­ar­chi­scher unter­schied
    (ein Pro­fes­sor kann auf­grund her­aus­ra­gen­der Leis­tun­gen
    zum Uni­ver­si­ty Pro­fes­sor ernannt wer­den).
    Der wich­tigs­te Fak­tor aller­dings, der den Ver­gleich
    zwi­schen dem deut­schen und dem US-ame­ri­ka­ni­schen
    Sys­tem höchst pro­ble­ma­tisch macht, ist der leis­tungs­ba­sier­te
    Auf­stieg. Der Nor­mal­fall im US-Ame­ri­ka­ni­schen
    ten­ure track-Sys­tem beinhal­tet die Eva­lua­ti­on der per­sön­li­chen
    Leis­tung und die per­sön­li­che Beför­de­rung
    32 https://www.vanderbilt.edu/faculty-manual/part-ii-appointmentand-
    ten­ure/ch1-aca­de­mic-titles-at-van­der­bil­t/ (Auf­ge­ru­fen am
    09.04.2020).
    33 Tat­säch­lich ist ‚Full Pro­fes­sor‘ in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten eher eine
    umgangs­sprach­li­che Bezeich­nung und ist die offi­zi­el­le Bezeich­nung
    meis­tens nur ‚Pro­fes­sor‘.
    4 2 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 1 ( 2 0 2 1 ) , 3 3 – 4 6
    ohne dass man dabei mit ande­ren in Kon­kur­renz steht
    oder von der Ver­füg­bar­keit einer höher ver­gü­te­ten Plan­stel­le
    abhän­gig wäre. Auch beinhal­tet es sei­tens des Arbeit­ge­bers
    eine expli­zi­te Absicht der Beför­de­rung bei
    aus­rei­chen­der Leis­tung. Im deut­schen Sys­tem, hin­ge­gen,
    kon­kur­riert man mit allen ande­ren Bewerber/innen um
    die eine aus­ge­schrie­be­ne Pro­fes­sur. Es geht dabei nicht
    pri­mär um die per­sön­li­chen Leis­tun­gen der Bewerber/
    innen, son­dern um Pas­sung zum Pro­fil der aus­ge­schrie­be­nen
    Stel­le. Leis­tung ist in Deutsch­land zwar eine not­wen­di­ge
    Vor­aus­set­zung für das aka­de­mi­sche Wei­ter­kom­men,
    aber (anders als im US-Ame­ri­ka­ni­schen Sys­tem)
    kei­ne hin­rei­chen­de Vor­aus­set­zung.
    Zum Schluss die­ser Betrach­tung des US-Ame­ri­ka­ni­schen
    Sys­tems möch­te ich noch kurz auf den Begriff des
    Lehr­stuhls ein­ge­hen. Wie in Abschnitt II bereits erwähnt,
    behaup­tet Kre­ckel, dass „[a]n der Spit­ze […] über­all
    der auf Lebens­zeit besetz­te „Lehr­stuhl“ oder „Chair““
    stünde.34 Kre­ckel und Zim­mer­mann set­zen sogar ‚W3‘
    sys­te­ma­tisch mit ‚Lehr­stuhl­in­ha­ber‘ gleich.35 Und auch
    die Jun­ge Aka­de­mie setzt in ihrem Debat­ten­bei­trag zur
    Depart­ment- statt Lehr­stuhl­struk­tur die Bezeich­nun­gen
    ‚W3‘ und ‚Lehr­stuhl­in­ha­ber‘ gleich, und sug­ge­riert
    gleich­zei­tig eine all­ge­mei­ne hier­ar­chi­sche Unter­ord­nung
    der W1- und W2-Pro­fes­su­ren unter den W3-Pro­fes­su­ren.
    36 Sol­che pau­scha­len Gleich­set­zun­gen sind jedoch
    irre­füh­rend, weil sich die Situa­ti­on zwi­schen den ein­zel­nen
    Bun­des­län­dern und sogar zwi­schen den ein­zel­nen
    Fakul­tä­ten inner­halb einer Uni­ver­si­tät stark unter­schei­den
    kann. Ers­tens gibt es heut­zu­ta­ge in Deutsch­land rein
    for­mell über­haupt kei­ne Lehr­stüh­le mehr und kommt
    der Begriff des Lehr­stuhls in den Lan­des­hoch­schul­ge­set­zen
    nicht mehr vor. Der Begriff ‚Lehr­stuhl‘ wird viel­mehr
    infor­mell als Bezeich­nung für die Orga­ni­sa­ti­ons­ein­heit
    unter der Lei­tung einer Pro­fes­sur ver­wen­det, wobei
    es sich um eine nach W1, W2 oder W3 ver­gü­te­te Pro­fes­sur
    han­deln kann. Insti­tu­te und Semi­na­re umfas­sen
    oft meh­re­re Pro­fes­su­ren und wer­den durch einen mehr­köp­fi­gen
    Vor­stand statt einer Pro­fes­sur gelei­tet, wobei
    die Pro­fes­su­ren des Insti­tuts (W1, W2 und W3) ein­an­der
    neben­ge­ord­net sind. Dabei wer­den oft die the­ma­tisch
    zen­tra­le­re Pro­fes­su­ren nach W3 ver­gü­tet und die the­ma­tisch
    weni­ger zen­tra­len Pro­fes­su­ren nach W2, aber die
    ers­te­ren Plan­stel­len gel­ten nicht als Lehr­stüh­le in einem
    Unter­schied zu den letz­te­ren Plan­stel­len. Sol­che Insti­tu­te
    und Semi­na­re sind zwar kei­ne Depart­ments im Sin­ne
    des Debat­ten­bei­trags der Jun­gen Aka­de­mie, aber sie imple­men­tie­ren
    die Orga­ni­sa­ti­ons­struk­tur von Depart­ments
    dahin­ge­hend, dass alle Juni­or­pro­fes­su­ren und
    Pro­fes­su­ren hier­ar­chisch auf der glei­chen Ebe­ne ste­hen.
    Auch in Fäl­len, in denen sich jemand im Rah­men von
    Blei­be­ver­hand­lun­gen von der Besol­dungs­stu­fe W2 auf
    die Besol­dungs­stu­fe W3 „hoch­ver­han­delt“, ist mit der
    neu­en Plan­stel­le kein Lehr­stuhl ver­bun­den. Man bleibt
    Universitätsprofessor/in und wech­selt ledig­lich die
    Besol­dungs­grup­pe.
    Dar­über hin­aus ist der Ver­gleich mit US-Ame­ri­ka­ni­schen
    Chairs pro­ble­ma­tisch, weil die­se nicht den tra­di­tio­nel­len
    deut­schen Lehr­stüh­len ent­spre­chen. In den USA
    sind Chairs nicht an aca­de­mic ranks gekop­pelt und kön­nen
    Asso­cia­te Pro­fes­sors und sogar ver­ein­zelt Assistant
    Pro­fes­sors einen Chair inne­ha­ben. Ein Chair ist eher mit
    einer Plan­stel­le mit beson­de­rer Aus­stat­tung zu ver­glei­chen,
    die eine Per­son unab­hän­gig vom aca­de­mic rank
    befris­tet oder auch auf Lebens­zeit inne­ha­ben kann. Es
    gibt Chairs die ein bestimm­tes unter­re­prä­sen­tier­tes Fach
    oder Teil­ge­biet ver­tre­ten sol­len, es gibt Chairs für spe­zi­fi­sche
    For­schungs­zwe­cke (ohne Lehr­ver­pflich­tung), es
    gibt Chairs zur För­de­rung des Nach­wuch­ses (die dann
    auch durch Assistant Pro­fes­sors besetzt wer­den kön­nen),
    es gibt Stif­tungs­pro­fes­su­ren (Named Chairs oder Endo­wed
    Chairs) usw. Es gibt dem­entspre­chend Full Pro­fes­sors
    mit Chair, Full Pro­fes­sors ohne Chair (und das ist der
    Nor­mal­fall für Full Pro­fes­sors in den USA), Asso­cia­te
    Pro­fes­sors mit Chair usw. Auch kommt es vor, dass Chairs
    getak­tet inner­halb eines Depart­ments oder eines Col­leges
    neu ver­ge­ben wer­den. Wer eini­ge Jah­re einen Chair
    inne­hat­te und die­sen dann wie­der an die nächs­te Per­son
    wei­ter­ge­ben muss, behält dabei selbst­ver­ständ­lich den
    eige­nen aca­de­mic rank. Und auch wenn es um den Chair
    im Sin­ne des Insti­tuts­lei­ters (Depart­ment Chair) geht,
    passt der Ver­gleich nicht. Vie­le Depart­ments an USAme­ri­ka­ni­schen
    Uni­ver­si­tä­ten wer­den von Asso­cia­te
    Pro­fes­sors gelei­tet (die oft gera­de des­we­gen nicht zum
    Full Pro­fes­sor auf­stei­gen, weil durch die vie­le Ver­wal­tungs­ar­beit
    zu wenig Zeit für die For­schung bleibt).
    34 Kre­ckel (Fn. 4), 2016, 18.
    35 R. Kre­ckel & K. Zim­mer­mann, Hasard oder Lauf­bahn: Aka­de­mi­sche
    Kar­rie­re­struk­tu­ren im inter­na­tio­na­len Ver­gleich, Leip­zig:
    Aka­de­mi­sche Ver­lags­an­stalt, 2014, S. 22–27.
    36 J. Specht, C. Hof, J. Tjus, W. Per­nice & U. Endes­fel­der, Depart­ments
    statt Lehr­stüh­le: Moder­ne Per­so­nal­struk­tur für eine zukunfts­fä­hi­ge
    Wis­sen­schaft, Ber­lin: Die Jun­ge Aka­de­mie an der Ber­lin-Bran­den­bur­gi­schen
    Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten und der Deut­schen
    Aka­de­mie der Natur­for­scher Leo­pol­di­na, 2017, S. 6.
    Rey­don · Unver­gleich­bar­keit aka­de­mi­scher Sys­te­me 4 3
    Kre­ckels “archi­me­di­scher Punkt“ für die ver­glei­chen­de
    Betrachtung37 ist daher als Fik­ti­on zu betrach­ten. Die
    Orga­ni­sa­ti­on der ver­schie­de­nen Grup­pen inner­halb der
    pro­fes­so­ra­len Ebe­ne ist für das Ver­ständ­nis loka­ler aka­de­mi­scher
    Sys­te­me beson­ders wich­tig. Aber gera­de die­se
    Orga­ni­sa­ti­ons­struk­tu­ren sind zwi­schen den ver­schie­de­nen
    Sys­te­men – und manch­mal sogar inner­halb eines
    Sys­tems – sehr unter­schied­lich.
    Sehen wir uns zum Ver­gleich eini­ge ande­re euro­päi­sche
    Sys­te­me an. In den Nie­der­lan­den gibt es drei
    Haupt­ebe­nen in der aka­de­mi­schen hier­ar­chie: uni­ver­si­ta­ir
    docent, uni­ver­si­ta­ir hoofd­do­cent und hoog­leraar. Es
    ist dort gän­gi­ge Pra­xis, die­se auf den drei aca­de­mic ranks
    in den USA abzu­bil­den, wobei uni­ver­si­ta­ir docent übli­cher­wei­se
    mit Assistant Pro­fes­sor, uni­ver­si­ta­ir hoofd­do­cent
    mit Asso­cia­te Pro­fes­sor und hoog­leraar mit Full Pro­fes­sor
    gleich­ge­setzt wird. Aller­dings gibt es auch hier im
    Ver­gleich zu den USA gro­ße Unter­schie­de. So ist eine
    Stel­le als uni­ver­si­ta­ir docent in den Nie­der­lan­den nicht
    unbe­dingt eine Qua­li­fi­ka­ti­ons­stel­le: Wer unmit­tel­bar
    nach der Pro­mo­ti­on eine Stel­le antritt, wird typi­scher­wei­se
    befris­tet als uni­ver­si­ta­ir docent ein­ge­stellt. Wer sich
    bewährt, kann ent­fris­tet wer­den, bleibt dabei aller­dings
    oft uni­ver­si­ta­ir docent und man­che blei­ben ihr gan­zes
    Leben lang uni­ver­si­ta­ir docent. Das nie­der­län­di­sche Sys­tem
    ist dies­be­züg­lich weni­ger ein up or out als ein up or
    not-Sys­tem. Auch sind nie­der­län­di­sche hoog­lera­ren etwas
    Beson­de­res: Nur sie tra­gen Tala­re (die es dort zum
    Glück noch gibt), nur sie hal­ten Antritts­vor­le­sun­gen und
    nur sie haben tra­di­tio­nell das ius pro­mo­ven­di – das
    Recht, Per­so­nen zum Dok­tor zu pro­mo­vie­ren, also als
    Doktormutter/vater auf­zu­tre­ten. Vor Kur­zem hat eine
    Geset­zes­än­de­rung zwar die Mög­lich­keit für uni­ver­si­ta­ir
    hoofd­do­cen­ten eröff­net, das ius pro­mo­ven­di zu erlan­gen,
    aber der Pro­fes­so­ren­sta­tus bleibt hoog­lera­ren vor­be­hal­ten.
    Im Übri­gen gibt es auch in den Nie­der­lan­den zwei
    Ver­gü­tungs­stu­fen für hoog­lera­ren, näm­lich hoog­leraar 2
    und hoog­leraar 1, die aller­dings kaum in Stel­len­aus­schrei­bun­gen
    oder Lebens­läu­fen erwähnt wer­den. Die
    Ver­gü­tungs­stu­fe hoog­leraar 1 ist für Pro­fes­so­ren mit einer
    Lei­tungs- oder höhe­ren admi­nis­tra­ti­ven Funk­ti­on gedacht,
    aber sie ist expli­zit nicht mit einem Unter­schied in
    Rang, Dienst­grad oder pro­fes­so­ra­ler Wür­de ver­bun­den.
    Was wür­de dies nun für die Ver­gleich­bar­keit der
    deut­schen und nie­der­län­di­schen Sys­te­me hei­ßen? In
    Deutsch­land kön­nen Juni­or­pro­fes­so­ren eigen­stän­dig als
    Doktormutter/vater auf­tre­ten und haben dem­nach ein
    mit dem nie­der­län­di­schen ius prom­ven­di ver­gleich­ba­res
    Recht. Im Ver­gleich wären daher alle deut­schen Pro­fes­su­ren
    (W1, W2 und W3) auf der nie­der­län­di­schen Ebe­ne
    von hoog­leraar (also: Full Pro­fes­sor) anzusetzen.38 Tat­säch­lich
    ken­nen in den Nie­der­lan­den auch eini­ge Uni­ver­si­tä­ten
    die Kate­go­rie von hoog­leraar auf Pro­be: den
    adjunct hoog­leraar, der in eini­gen Aspek­ten mit der
    deut­schen Juni­or­pro­fes­sur ver­gleich­bar wäre.39 Wenn
    man schon eine Abbil­dung vor­neh­men möch­te, müss­te
    man eigent­lich sagen, dass deut­sche Juni­or­pro­fes­su­ren
    der nie­der­län­di­schen Kate­go­rie adjunct hoog­leraar und
    deut­sche Uni­ver­si­täts­pro­fes­su­ren der nie­der­län­di­schen
    Kate­go­rie hoog­leraar ent­spre­chen. Die Ver­gü­tungs­stu­fen
    W2 und W3 wür­den dabei allen­falls den nie­der­län­di­schen
    Ver­gü­tungs­stu­fen hoog­leraar 2 und hoog­leraar 1
    ent­spre­chen.
    Als wei­te­re Bei­spie­le möch­te ich noch kurz Bel­gi­en,
    Frank­reich und Ita­li­en betrach­ten. In Flan­dern gibt es im
    Unter­schied zu den Nie­der­lan­den vier Ebe­nen: docent,
    hoofd­do­cent, hoog­leraar und gewoon hoog­leraar – oft
    über­setzt als Lec­tu­rer, Asso­cia­te Pro­fes­sor, Pro­fes­sor und
    Full Pro­fes­sor. Ein sol­ches Vier­stu­fi­ges Sys­tem ist kaum
    auf den deut­schen Drei­satz abbild­bar. In der Wal­lo­nie
    gibt es drei Ebe­nen, wobei aller­dings die Asso­cia­te Pro­fes­sor­ship
    als Ein­stiegs­rang gilt! Die Uni­ver­si­té Catho­li­que
    de Lou­vain z. B. spe­zi­fi­ziert:
    „1. Every facul­ty mem­ber with litt­le or no aca­de­mic expe­ri­ence
    will be appoin­ted at the rank of Asso­cia­te Pro­fes­sor
    (ent­ry rank for an aca­de­mic care­er in Bel­gi­um). 2.
    Tho­se with seve­ral years of aca­de­mic expe­ri­ence gai­ned
    sin­ce com­ple­ting their PhD may imme­dia­te­ly be appoin­ted
    at the rank of Pro­fes­sor, based on ana­ly­sis of
    their aca­de­mic care­er to date. 3. The rank of Full Pro­fes­sor,
    on the other hand, is not available upon appoint­ment,
    only by inter­nal promotion.“40
    37 Kre­ckel (Fn. 4), 2016, 18.
    38 Van der Meu­len stellt z. B. fest, dass es im deut­schen aka­de­mi­schem
    Sys­tem kei­ne mit dem uni­ver­si­ta­ir hoofd­do­cent ver­gleich­ba­re
    Ebe­ne gibt und das ius pro­mo­ven­di bei den Juni­or­pro­fes­so­ren
    und Pro­fes­so­ren liegt. Sie­he B. van der Meu­len, Quick Scan
    Inter­na­tio­na­le Ver­ge­li­jking Ius Pro­mo­ven­di, Den Haag: Rathen­au
    Insti­tuut, 2015, S. 4.
    39 Hier zeigt sich übri­gens auch, wie begriff­li­che Ver­glei­che schief­ge­hen
    kön­nen: Wäh­rend in den Nie­der­lan­den ein adjunct hoog­leraar
    den höchs­ten aka­de­mi­schen Rang ein­nimmt (aber ledig­lich
    Pro­fes­sor auf Pro­be ist), sind ame­ri­ka­ni­sche Adjunct Pro­fes­sors
    eher mit deut­schen Lehr­be­auf­trag­ten ver­gleich­bar.
    40 https://onderwijs.vlaanderen.be/nl/graden-academisch-personeel-
    en-admi­nis­tra­tief-en-tech­nisch-per­so­neel (Auf­ge­ru­fen am
    09.04.2020); https://uclouvain.be/en/discover/faq-reponses-auxquestions-
    des-candidats.html (Auf­ge­ru­fen am 09.04.2020).
    4 4 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 1 ( 2 0 2 1 ) , 3 3 – 4 6
    Wegen der Hand­ha­bung des Asso­cia­te Pro­fes­sors als Ein­stiegs­ebe­ne
    und der aus­schließ­li­chen Zugäng­lich­keit des
    Full Pro­fes­sors über den Weg der inter­nen Beför­de­rung
    (und aus­drück­lich nicht über Bewer­bun­gen von außen)
    ist auch hier ein Ver­gleich mit dem deut­schen Sys­tem
    nur schwer mög­lich.
    In Frank­reich und Ita­li­en gibt es gesetz­lich fest­ge­leg­te
    Äqui­va­lenz­ta­bel­len, die aus­län­di­sche aka­de­mi­sche
    Funk­ti­ons­be­zeich­nun­gen auf inlän­di­sche abbil­den. In
    der fran­zö­si­schen Tabel­le wer­den deut­sche W2- und
    W3-Pro­fes­su­ren bei­de auf der höchs­ten Ebe­ne, dem „niveau
    PR“, ange­sie­delt, in der sowohl der flä­mi­sche hoog­leraar
    als auch der gewoon hoog­leraar, der nie­der­län­di­sche
    hoog­leraar und der US-Ame­ri­ka­ni­sche Pro­fes­sor
    und Full Pro­fes­sor ange­sie­delt sind (der Asso­cia­te Pro­fes­sor
    befin­det sich auf der Ebe­ne darunter).41 Die ita­lie­ni­sche
    Tabel­le beinhal­tet eine etwas stär­ker dif­fe­ren­zier­ter
    Einteilung.42 In die­ser Tabel­le sind W3-Pro­fes­su­ren auf
    der höchs­ten Ebe­ne (Gra­de a) zusam­men mit dem USAme­ri­ka­ni­schen
    Pro­fes­sor und dem nie­der­län­di­schen
    hoog­leraar ein­ge­ord­net. W2-Pro­fes­su­ren sind sowohl auf
    der höchs­ten Ebe­ne (Gra­de a) als auch der zweit­höchs­ten
    Ebe­ne ein­ge­ord­net (Gra­de b, wo auch der US-Ame­ri­ka­ni­sche
    Asso­cia­te Pro­fes­sor und der nie­der­län­di­sche
    uni­ver­si­ta­ir hoofd­do­cent ein­ge­ord­net sind). Der Ein­trag
    der W2-Pro­fes­so­ren in der Tabel­le ist mit einer Fuß­no­te
    ver­se­hen, die sagt: „Equi­va­lence to be asses­sed on the basis
    of CV and home insti­tu­ti­on“. Hier ver­sucht man dem
    Umstand Rech­nung zu tra­gen, dass die W2-Pro­fes­sur in
    eini­gen weni­gen Fäl­len (wie an der TU Mün­chen) eher
    als Ein­stieg in die Uni­ver­si­täts­pro­fes­sur gilt, in den meis­ten
    Fäl­len jedoch als „vol­le“ Pro­fes­sur.
    V. Fazit
    In die­sem Auf­satz habe ich die weit ver­brei­te­te Ten­denz,
    die ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen aca­de­mic ranks als Maß­stab
    für deut­sche aka­de­mi­sche Kar­rie­ren zu neh­men und
    deut­sche aka­de­mi­sche Funktions‑, Amts- und Besol­dungs­be­zeich­nun­gen
    auf ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen aca­de­mic
    ranks abzu­bil­den, kri­ti­siert. Ich habe ver­sucht zu zei­gen,
    dass die­se Pra­xis das deut­sche aka­de­mi­sche Sys­tem
    der­ma­ßen stark ver­zerrt dar­stellt, dass sie als wis­sen­schaft­lich
    feh­ler­haft gel­ten muss.
    Ins­ge­samt ergibt sich aus den ange­führ­ten Bei­spie­len
    kei­ne ein­deu­ti­ge Abbil­dung der ver­schie­de­nen aka­de­mi­schen
    Sys­te­me auf ein­an­der. Viel­mehr zei­gen die Bei­spie­le,
    wie schwie­rig es eigent­lich ist, die aka­de­mi­schen
    Sys­te­me ver­schie­de­ner Län­der mit­ein­an­der zu ver­glei­chen.
    Es gibt kei­nen guten Grund, das US-Ame­ri­ka­ni­sche
    Sys­tem als Maß­stab für sol­che Ver­glei­chun­gen zu
    neh­men. Aber selbst wenn man kein Bezugs­sys­tem
    wählt und die Sys­te­me ein­zel­ner Län­der paar­wei­se ver­gleicht,
    stößt man auf gro­ße Pro­ble­me. Aka­de­mi­sche
    Kar­rie­re­sys­te­me sind welt­weit sehr unter­schied­lich und
    las­sen sich nicht auf den ein­fa­chen Drei­satz Assistant-
    Asso­cia­te-Full Pro­fes­sor redu­zie­ren. Sogar das US-Ame­ri­ka­ni­sche
    Sys­tem ist wesent­lich kom­pli­zier­ter als der
    Drei­satz sug­ge­riert und die aca­de­mic ranks in die­sem
    Sys­tem sind wesent­lich mit Bedin­gun­gen und Wer­tun­gen
    ver­knüpft, die es in den meis­ten ande­ren Sys­te­men
    nicht gibt.
    Fest­zu­hal­ten ist auf jeden Fall, dass die gän­gi­ge Pra­xis,
    die drei deut­schen Besol­dungs­stu­fen für Pro­fes­su­ren
    ohne wei­te­re Erläu­te­rung auf die drei ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen
    aca­de­mic ranks abzu­bil­den, in meh­re­ren Hin­sich­ten
    pro­ble­ma­tisch ist. Ers­tens ist die­se Pra­xis wis­sen­schaft­lich
    feh­ler­haft. In den Wis­sen­schaf­ten wer­den Phä­no­me­ne
    immer ver­ein­facht dar­ge­stellt – das muss so sein
    und ist auch nicht das Pro­blem, auf das ich hier auf­merk­sam
    machen möch­te. Aber wer sich bei der Ver­ein­fa­chung
    für ein Modell ent­schei­det, das die Phä­no­me­ne
    zu stark ver­zerrt und wesent­li­che Sub­ti­li­tä­ten in den unter­such­ten
    Phä­no­me­nen ein­fach igno­riert, macht es sich
    zu leicht. Model­le und begriff­li­che Struk­tu­ren sol­len die
    erforsch­ten Phä­no­me­ne so ver­ein­facht dar­stel­len, dass
    sie hand­hab­bar wer­den, ohne jedoch die Phä­no­me­ne zu
    ver­zer­ren oder zu ver­fäl­schen. Aber genau eine sol­che
    Ver­zer­rung bzw. Ver­fäl­schung liegt in der hier kri­ti­sier­ten
    Pra­xis vor. In aka­de­mi­schen Sys­te­men welt­weit gibt
    es eine for­ma­le Tren­nung zwi­schen aka­de­mi­schen Funk­tio­nen
    (Rän­gen, Ämtern usw.) und Gehalts­stu­fen. Zwar
    sind meis­tens bestimm­te Gehalts­stu­fen mit bestimm­ten
    Funk­tio­nen ver­bun­den, aber eine Gehaltstu­fe als defi­nie­rend
    für eine Funk­ti­on oder ein Amt anzu­se­hen, ist ein
    gra­vie­ren­der Feh­ler, wel­che die ver­glei­chen­de Wis­sen­schafts-
    und Hoch­schul­for­schung behin­dert.
    Außer­dem schafft die kri­ti­sier­te Abbil­dungs­pra­xis
    Fak­ten: Je grö­ßer die Anzahl von Publi­ka­tio­nen und
    Vor­trä­gen, in denen die über­ver­ein­fach­te Abbil­dung
    prä­sen­tiert wird, des­to eta­blier­ter wird die Abbil­dung in
    der Lite­ra­tur sowie in der All­tags­pra­xis. Für inter­na­tio­nal
    mobi­le Wissenschaftler/innen heißt dies aller­dings,
    dass sie durch außer­halb des deut­schen Sys­tems ste­hen-
    41 Com­pa­rai­son des Car­ri­e­res des Ens­eig­nants-Cher­cheurs de Pays
    Etran­gers (Arrêté du 10 Février 2011).
    42 Gesetz DM 662/2016.
    Rey­don · Unver­gleich­bar­keit aka­de­mi­scher Sys­te­me 4 5
    de Akademiker/innen und Verwaltungsmitarbeiter/innen
    in Kate­go­rien ein­ge­ord­net wer­den kön­nen, zu denen
    sie for­mell gar nicht gehö­ren. Der aca­de­mic rank
    von Assistant, Asso­cia­te oder Full Pro­fes­sor sagt pri­mär
    etwas über die wis­sen­schaft­li­che Leis­tung einer Per­son
    aus, wäh­rend die Bezeich­nun­gen ‚W2-Pro­fes­sor‘ und
    ‚W3-Pro­fes­sor‘ pri­mär etwas über das Geld, das eine Per­son
    ver­dient, aus­sa­gen. Die mit der Pra­xis, die Begrif­fe
    ‚W2-Pro­fes­sor‘ pau­schal als ‚Asso­cia­te Pro­fes­sor‘ und
    ‚W3-Pro­fes­sor‘ als ‚Full Pro­fes­sor‘ zu über­set­zen, ver­bun­de­ne
    hier­ar­chi­sche Per­spek­ti­ve trägt außer­dem zur impli­zi­ten
    Abwer­tung der Leis­tung aller W2-Pro­fes­sor/in­nen
    bei (durch die Sug­ges­ti­on, dass sie noch kei­ne voll­wer­ti­ge
    Pro­fes­sur inne­hät­ten und noch mehr Leis­tung
    erbrin­gen und Erfah­rung sam­meln müs­sen bevor sie beför­dert
    wer­den) und kann so zu erheb­li­chen Nach­tei­len
    bei inter­na­tio­na­len Bewer­bun­gen und Antrag­stel­lun­gen
    füh­ren. Die Abbil­dungs­pra­xis kann somit für eine Grup­pe
    von Wissenschaftler/innen in Deutsch­land schäd­li­che
    Kon­se­quen­zen haben.
    Aber es gibt in der Lite­ra­tur auch Aus­nah­men. Die
    League of Euro­pean Rese­arch Uni­ver­si­ties ord­net (wie die
    oben bespro­che­ne ita­lie­ni­sche Tabel­le) die Besol­dungs­grup­pe
    W2 sowohl der Ebe­ne des Asso­cia­te Pro­fes­sors als
    auch der des Full Pro­fes­sors zu, um damit die kom­pli­zier­te
    deut­sche Situa­ti­on bes­ser abzubilden.43 Im Eury­di­ce-
    Bericht 2017 der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on kom­men die
    Bezeich­nun­gen ‚W1‘, ‚W2‘ und ‚W3‘ über­haupt nicht
    vor.44 Der Bericht ent­hält Län­der­gra­fi­ken, die die jewei­li­ge
    Situa­ti­on sche­ma­tisch dar­stel­len. Die Län­der­gra­fik
    für Deutsch­land ent­hält nur die Bezeich­nun­gen „Juni­or­pro­fes­so­rin­nen
    und Juni­or­pro­fes­so­ren“ sowie „Pro­fes­so­rin­nen
    und Pro­fes­so­ren (ein­schließ­lich Juni­or­pro­fes­so­rin­nen
    und Juni­or­pro­fes­so­ren)“ ohne dabei eine Über­set­zung
    in die ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen Bezeich­nun­gen zu
    ver­su­chen. Ins­be­son­de­re die Her­an­ge­hens­wei­se der Euro­päi­schen
    Uni­on, die Län­der­sys­te­me für sich spre­chen
    zu las­sen ohne for­cier­te Über­set­zun­gen in ande­re Spra­chen
    vor­zu­neh­men, ist m. E. bei­spiel­haft.
    Das Fazit kann ein­fach sein: Man soll­te nicht ver­su­chen,
    die aka­de­mi­schen Sys­te­me ver­schie­de­ner Län­der
    mit­hil­fe eines ein­fa­chen one size fits all-Modells auf ein­an­der
    abzu­bil­den. Statt­des­sen soll­ten ein­zel­ne Sys­te­me
    in einer sol­chen Wei­se mit ein­an­der ver­gli­chen wer­den,
    die es zulässt, die sub­ti­len Unter­schie­de der Sys­te­me ange­mes­sen
    her­vor­zu­he­ben. Alle aka­de­mi­sche Sys­te­me
    welt­weit pau­schal aus einer ang­lo-ame­ri­ka­ni­schen Per­spek­ti­ve
    hin­aus zu betrach­ten (die dar­über hin­aus auch
    noch nicht ein­mal das US-Ame­ri­ka­ni­sche Sys­tem adäquat
    abbil­det), ist wis­sen­schaft­lich feh­ler­haft und kann
    außer­dem schäd­li­che Fol­gen für die All­tags­pra­xis
    haben.
    Tho­mas Rey­don ist Pro­fes­sor für Wis­sen­schafts- und
    Tech­nik­phi­lo­so­phie im Insti­tut für Phi­lo­so­phie und im
    Cent­re for Ethics and Law in the Life Sci­en­ces (CELLS)
    der Leib­niz Uni­ver­si­tät Han­no­ver.
    Web: www.reydon.info, Email: reydon@ww.uni-hannover.
    de
    43 LERU, Har­ve­s­t­ing Talent: Streng­thening Rese­arch Care­ers in
    Euro­pe, Leu­ven: LERU Office, 2010, S. 23; G. Boul­ton, Har­ve­s­t­ing
    talent: Streng­thening rese­arch care­ers in Euro­pe, Pro­ce­dia Social
    and Beha­vi­oral Sci­en­ces 13, 2011, 3–34, S. 25.
    44 Euro­pean Com­mis­si­on / EACEA / Eury­di­ce (2017): Moder­ni­sa­ti­on
    of Hig­her Edu­ca­ti­on in Euro­pe: Aca­de­mic Staff – 2017 (Eury­di­ce
    Report), Luxem­bourg: Publi­ca­ti­ons Office of the Euro­pean
    Uni­on.
    4 6 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 1 ( 2 0 2 1 ) , 3 3 – 4 6