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Die Anzahl von com­pu­ter- und daten­ge­stütz­ten Werk­zeu­gen nimmt im Bereich der Onko­lo­gie rasant zu. Ent­spre­chen­de Ver­fah­ren fin­den in nahe­zu allen Anwen­dungs­ge­bie­ten Ein­zug, von Dia­gno­se­sys­te­men, Tumor-Model­lie­run­gen bis hin zur Pro­gno­se von Krank­heits­ver­läu­fen. Die schie­re kom­bi­na­to­ri­sche Kom­ple­xi­tät die­ser Krank­heit, die aus mehr poten­zi­el­len Kom­bi­na­tio­nen von kanz­e­rö­sen Muta­tio­nen als Ato­men im Uni­ver­sum resul­tiert, führt jedoch zu der Not­wen­dig­keit einer für den Pati­en­ten indi­vi­du­ell opti­mier­ten Krebs­be­hand­lung. Die Ver­wen­dung von künst­li­cher Intel­li­genz zur Opti­mie­rung the­ra­peu­ti­scher Inter­ven­tio­nen, die dar­auf abzie­len, Krebs inner­halb kli­nisch sinn­vol­ler Gren­zen zu kon­trol­lie­ren, ist noch immer ein sehr unbe­kann­tes Ter­rain, das sel­ten über rei­ne in sili­co Expe­ri­men­te hin­aus betre­ten wur­de. In die­sem Manu­skript erklä­ren wir die Grund­la­gen der künst­li­chen Intel­li­genz, zei­gen eini­ge bereits heu­te eta­blier­te Anwen­dun­gen, geben eine Visi­on eines KI-kon­trol­lier­ten The­ra­pie­sys­tems und erör­tern kurz eini­ge all­ge­mei­ne ethi­sche Über­le­gun­gen.
I. Ein­lei­tung
Jeder zwei­te Mensch erkrankt im Lau­fe sei­nes Lebens an Krebs, der welt­weit zweit­häu­figs­ten Todes­ur­sa­che. Es gibt mehr als hun­dert ver­schie­de­ne Krebs­ar­ten mit höchst indi­vi­du­el­len Krank­heits­ver­läu­fen, die aus mehr poten­zi­el­len Kom­bi­na­tio­nen von kanz­e­rö­sen Muta­tio­nen resul­tie­ren, als es Ato­me im Uni­ver­sum gibt.1 Dies macht die Suche nach mög­li­chen The­ra­pien (z.B. Anti­kör­per­the­ra­pien) zur Suche nach der Nadel im Heu­hau­fen. Künst­li­che Intel­li­genz (KI) hat in der Ver­gan­gen­heit gro­ßes Poten­ti­al in Anwen­dun­gen mit gro­ßen Such­räu­men gezeigt, wie bei­spiels­wei­se mit dem Algo­rith­mus AlphaGo,2 wel­cher mehr­fach Groß­meis­ter im kom­ple­xen Brett­spiel GO schlug – einem chi­ne­si­schen Spiel mit 10170 mög­li­chen Spiel-Kom­bi­na­tio­nen. Ins­be­son­de­re Maschi­nel­les Ler­nen (ML), ein Teil­ge­biet der KI, kann eine per­so­na­li­sier­te Behand­lung för­dern, indem es Com­pu­tern ermög­licht, aus Erfah­run­gen zu ler­nen, ohne dass Regeln expli­zit von Men­schen vor­ge­ge­ben wer­den. Das Poten­zi­al von ML in der Medi­zin ist enorm und im Ver­gleich zur her­kömm­li­chen Sta­tis­tik bie­tet ML eine Fül­le neu­er Mög­lich­kei­ten.
In der Onko­lo­gie wird KI zuneh­mend ein­ge­setzt, z.B. zur Unter­stüt­zung der Aus­wer­tung von medi­zi­ni­scher Bild­ge­bung, der Pro­gno­se von Krank­heits­ver­läu­fen und in der Medi­ka­men­ten­ent­wick­lung. Hier­für bil­den wach­sen­de Daten­sät­ze und die Digi­ta­li­sie­rung (elek­tro­ni­sche Pati­en­ten­ak­ten) eine Grund­la­ge, um aus gesam­mel­ten Erfah­run­gen zu ler­nen. Die Ent­wick­lung und Qua­li­tät die­ser Anwen­dun­gen sind in den letz­ten Jah­ren vor allem im Bereich der Bild­ge­bung der­art fort­ge­schrit­ten, dass zer­ti­fi­zier­te KI-Pro­duk­te bereits in vie­len Radio­lo­gie­zen­tren und ‑pra­xen ein­ge­führt wur­den.
Metho­den des Maschi­nel­len Ler­nens sind daten­ge­trie­be­ne Metho­den. Wäh­rend Statistik3 sich auf die Zusam­men­fas­sun­gen von Daten­stich­pro­ben und dem Ver­ständ­nis sta­tis­ti­scher Bezie­hun­gen zwi­schen Varia­blen kon­zen­triert, ist das Haupt­ziel von ML die Gene­ra­li­sie­rung auf zuvor unge­se­he­ne Daten (z.B. durch eine Vor­her­sa­ge für einen neu­en Pati­en­ten). Dabei wer­den Mus­ter und Sub­grup­pen erkannt, indem Reprä­sen­ta­tio­nen aus ver­schie­dens­ten Ein­ga­be­mo­da­li­tä­ten gelernt wer­den, wie zum Bei­spiel von Bil­dern, elek­tro­ni­schen Pati­en­ten­ak­ten, his­topa­tho­lo­gi­schen Daten und gene­ti­schen Infor­ma­tio­nen.
Vor allem Tie­fes Ler­nen, bzw. Deep Lear­ning (DL),4 ein spe­zia­li­sier­tes Teil­ge­biet von ML, das auf künst­li­chen tie­fen neu­ro­na­len Net­zen beruht, hat in den letz­ten Jah­ren durch die erhöh­te Rechen­leis­tung moder­ner Gra­fik­kar­ten beacht­li­che Erfol­ge erzielt, zum Bei­spiel in der Ver­ar­bei­tung von Text,5 Sprache6 und Bildern7. In der
Gabri­el Kal­weit, Maria Kal­weit, Igna­cio Mastro­leo, Josch­ka Böde­cker und Roland Mer­tels­mann
Künst­li­che Intel­li­genz in der Krebs­the­ra­pie
1 Khamsi, R. Com­pu­ting cancer’s weak spots. Sci­ence 368, 1174–1177 (2020).
2 Sil­ver, D. et al. Mas­te­ring the game of Go with deep neu­ral net­works and tree search. Natu­re 529, 484–489 (2016).
3 Bzdok, D., Alt­man, N. & Krzy­win­ski, M. Sta­tis­tics ver­sus machi­ne lear­ning. Nat. Methods 15, 233–234 (2018).
4 LeCun, Y., Ben­gio, Y. & Hin­ton, G. Deep lear­ning. Natu­re 521, 436–444 (2015).
5 Hirsch­berg, J. & Man­ning, C. D. Advan­ces in natu­ral lan­guage pro­ces­sing. Sci­ence 349, 261–266 (2015).
6 Dev­lin, J., Chang, M.-W., Lee, K. & Tou­ta­no­va, K. BERT: Pre-trai­ning of Deep Bidi­rec­tion­al Trans­for­mers for Lan­guage Under­stan­ding. Pre­print at http://arxiv.org/abs/1810.04805 (2019, letz­ter Zugriff am 14.12.2022).
7 Rus­sa­kovs­ky, O. et al. ImageN­et Lar­ge Sca­le Visu­al Reco­gni­ti­on Chall­enge. Int. J. Com­put. Vis. 115, 211–252 (2015).
Ord­nung der Wis­sen­schaft 2023, ISSN 2197–9197
1 8 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 1 ( 2 0 2 3 ) , 1 7 — 2 2
8 Illus­tra­ti­on: Flaticon.com.
Medi­zin hat KI das Poten­ti­al zur Stei­ge­rung der Behand­lungs-
und der Ver­sor­gungs­qua­li­tät. Dia­gno­se und Pro­gnos­tik
sind dabei nur der ers­te Schritt, denn basie­rend
auf den Vor­her­sa­gen des KI-Modells muss der Arzt die
The­ra­pie sei­nen Erfah­run­gen ent­spre­chend anpas­sen,
um die­se zu opti­mie­ren. Der nächs­te Schritt ist das Ziel
der Opti­mie­rung der The­ra­pie selbst, selbst­ver­ständ­lich
unter Ein­hal­tung von ethi­schen und Sicher­heits­be­schrän­kun­gen,
um den Pati­en­ten best­mög­lich auf Basis
eines Erfah­rungs­schat­zes von rie­si­gen elek­tro­ni­schen
Pati­en­ten­da­ten­ban­ken zu behan­deln. Wis­sen und Erfah­rung
sind im Kli­nik­all­tag die wich­tigs­ten Säu­len eines
guten Behand­lungs­plans.
II. Was ist KI?
Künst­li­che Intel­li­genz (KI) ist ein Teil­ge­biet der Infor­ma­tik,
in wel­chem Com­pu­ter kom­ple­xe Pro­ble­me auf
eine Wei­se lösen, die wir Men­schen als intel­li­gent
bezeich­nen wür­den. Dazu gehö­ren z.B. Pla­nung, Wahr­neh­mung
oder Schluss­fol­ge­rung. Pro­ble­me wer­den mit­tels
Algo­rith­men (Sequen­zen von wohl­de­fi­nier­ten Com­pu­ter­an­wei­sun­gen)
gelöst, wel­che mathe­ma­ti­sche
Model­le auf der Grund­la­ge von Daten­men­gen erstel­len.
Die­se mathe­ma­ti­schen Model­le, soge­nann­te Funk­tio­nen,
bil­den Ein­ga­be­da­ten auf gewünsch­te Aus­ga­ben ab.
Ein­ga­ben kön­nen Bil­der (z.B. Rönt­gen­bil­der) und eine
belie­bi­ge Fol­ge nume­ri­scher (z.B. Labor­wer­te) oder kate­go­ria­ler
Daten (z.B. Medi­ka­ti­on) sein. Die aus­ge­wähl­ten
Ein­ga­ben wer­den spä­ter als Ein­ga­be­merk­ma­le bezeich­net.
Um die Abbil­dung dar­zu­stel­len, kön­nen ver­schie­de­ne
Funk­ti­ons­re­prä­sen­ta­tio­nen ver­wen­det wer­den, wie
Poly­nom­funk­tio­nen, Ent­schei­dungs­bäu­me, oder künst­li­che
tie­fe neu­ro­na­le Net­ze.
In der KI gibt es im Wesent­li­chen drei Lern­pa­ra­dig­men:
das Über­wach­te Ler­nen, das Unüber­wach­te Ler­nen
und das Bestär­ken­de Ler­nen, sie­he Abbil­dung 1.
Beim Über­wach­ten Ler­nen wer­den der Maschi­ne die gewünsch­ten
Aus­ga­ben für bestimm­te Daten­punk­te vor­ge­ge­ben.
Das Sys­tem steht dann vor der Auf­ga­be, die­ses
vor­ge­ge­be­ne Wis­sen auf neue Daten­punk­te zur Lauf­zeit
zu über­tra­gen. Das Gegen­stück zum Über­wach­ten Ler­nen
ist das Unüber­wach­te Ler­nen. Beim Unüber­wach­ten
Ler­nen bekommt die Maschi­ne ledig­lich die Daten­punk­te
– ohne Vor­ga­be der gewünsch­ten Aus­ga­be. Viel­mehr
sol­len hier­bei unter­lie­gen­de Struk­tu­ren gefun­den wer­den,
wel­che die Daten­punk­te mög­lichst gut sepa­rie­ren,
jedoch nicht anhand eines vor­ge­ge­be­nen Merk­mals. Etwas
abseits vom Über­wach­ten und Unüber­wach­ten Ler­nen
liegt das Bestär­ken­de Ler­nen. In die­sem letzt­ge­nann­ten
Para­dig­ma ver­sucht die Maschi­ne, ein sequen­ti­el­les
Ent­schei­dungs­pro­blem durch Ver­such und Irr­tum anhand
einer Beloh­nung zu lösen.
ML-Sys­te­me kön­nen ent­we­der auf fixen Daten­sät­zen
trai­niert wer­den, oder anhand eines wach­sen­den Daten­sat­zes,
wel­ches bei­spiels­wei­se im Fal­le des Bestär­ken­den
Abbil­dung 1: Lern­pa­ra­dig­men in der Künst­li­chen Intelligenz.8
Mer­tels­mann ·KI in der Krebs­the­ra­pie 1 9
9 Rose­te-Beas, E., Mees, O., Kal­weit, G., Boe­de­cker, J. & Burgard, W.
Latent Plans for Task Agno­stic Off­line Rein­force­ment Lear­ning.
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10 Degra­ve, J. et al. Magne­tic con­trol of toka­mak plas­mas through
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11 Hüg­le, M., Kal­weit, G., Mir­chevs­ka, B., Wer­ling, M. & Boe­de­cker,
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13 Fari­na, E., Nab­hen, J. J., Daco­re­gio, M. I., Bata­li­ni, F. & Moraes, F.
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15 Kal­weit, M. and Kal­weit, G. and Boe­de­cker, J.. Any­Nets: Adap­ti­ve
Deep Neu­ral Net­works for Medi­cal Data with Miss­ing Values.
IJCAI 2021 Work­shop on Arti­fi­ci­al Intel­li­gence for Func­tion,
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T. Deep Pati­ent: An Unsu­per­vi­sed Repre­sen­ta­ti­on to Pre­dict the
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16 Nar­towt, B. J. et al. Robust Machi­ne Lear­ning for Colo­rec­tal Can­cer
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Stark, G. F., Hart, G. R., Nar­towt, B. J. & Deng, J. Pre­dic­ting breast
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17 Cuplov, V. & André, N. Machi­ne Lear­ning Approach to Fore­cast
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et al. Machi­ne Lear­ning-Based Models for Pre­dic­tion of Toxi­ci­ty
Out­co­mes in Radio­the­ra­py. Front. Oncol. 10, 790 (2020).
Ler­nens durch Explo­ra­ti­on gesam­melt wird. Auf Basis
aktu­el­ler Vor­her­sa­gen wird die Per­for­manz eines MLSys­tems
gemes­sen und anschlie­ßend ver­bes­sert. Model­le
kön­nen ent­we­der auf Echt­welt­da­ten oder in Simu­la­tio­nen
trai­niert und in Appli­ka­tio­nen wie Robotik,9 der
Infrastrukturoptimierung10 oder dem auto­no­men Fahren11
ein­ge­setzt wer­den. Mensch­li­che Krank­hei­ten kön­nen
jedoch nicht zuver­läs­sig simu­liert wer­den, da nicht
alle zugrun­de lie­gen­den kom­ple­xen und mit­ein­an­der
ver­bun­de­nen bio­lo­gi­schen Pro­zes­se berück­sich­tigt wer­den
kön­nen. Da zudem das direk­te Trai­nie­ren von MLSys­te­men
am Pati­en­ten aus ethi­schen Grün­den und
Grün­den der schwa­chen Inter­pre­tier­bar­keit bis­her ver­mie­den
wird, wer­den ML-Sys­te­me haupt­säch­lich auf
his­to­ri­schen Daten­sät­zen trai­niert und aus­ge­wer­tet. Um
die Qua­li­tät der Model­le zu bewer­ten, wer­den die Daten­sät­ze
in ver­schie­de­ne Kon­tin­gen­te auf­ge­teilt, wobei der
größ­te Teil die­ser Daten für das Trai­ning ver­wen­det wird
(Trai­nings­da­ten­satz). Die rest­li­chen Daten wer­den zur
Bewer­tung der Leis­tung ver­wen­det (Vali­die­rungs- und
Test­da­ten­satz). Der Test­da­ten­satz wird für eine abschlie­ßen­de,
unvor­ein­ge­nom­me­ne Leis­tungs­be­wer­tung ver­wen­det,
um die Gene­ra­li­sier­bar­keit des Sys­tems im Hin­blick
auf neue Daten­punk­te aus­zu­wer­ten. Die Per­for­manz
des Modells kann in Bezug auf einen Daten­satz
anhand ver­schie­de­ner Metri­ken wie Genau­ig­keit, Sen­si­ti­vi­tät,
Spe­zi­fi­tät und der Flä­che unter der Grenz­wert­op­ti­mie­rungs­kur­ve
für Klas­si­fi­ka­ti­ons­auf­ga­ben und des
mitt­le­ren qua­dra­ti­schen Feh­lers für Regres­si­ons­auf­ga­ben
bewer­tet wer­den. Bei über­zeu­gen­den Leis­tun­gen eines
KI-Sys­tems kann die­ses dann unter stren­gen Sicher­heits­vor­keh­run­gen
und idea­ler­wei­se als kon­trol­lier­te kli­ni­sche
Stu­die an ech­ten Kon­troll­grup­pen eva­lu­iert wer­den.
Dies geschah bereits bei einer auto­ma­ti­sier­ten
Insu­lin­pum­pe für Diabetes.12
III. Wo KI bereits ein­ge­setzt wird
Die ML-basier­te Insu­lin­pum­pe ist jedoch immer noch
eine gro­ße Aus­nah­me und befin­det sich zum Zeit­punkt
der Erstel­lung die­ses Papiers noch in der End­pha­se der
Bewer­tung durch die ent­spre­chen­den Zulas­sungs­be­hör­den.
Bis­her wer­den ML-Werk­zeu­ge fast aus­schließ­lich in
der KI-assis­tier­ten Ent­schei­dungs­fin­dung bei The­ra­pien
von Medi­zi­nern eingesetzt.13 Ein sehr gro­ßer Bereich ist
die Ana­ly­se von Bild­da­ten, die wäh­rend der rou­ti­ne­mä­ßi­gen
Krebs­be­hand­lung erfasst wer­den, wie bei­spiels­wei­se
MRTs, CTs oder His­topa­tho­lo­gien. Anwen­dun­gen
beinhal­ten die Erken­nung von Krank­hei­ten, wie bei­spiels­wei­se
die Erken­nung von Meta­sta­sen und deren
Seg­men­tie­rung, Klas­si­fi­zie­rung und Cha­rak­te­ri­sie­rung
und Überwachung.14 Außer­dem wird KI für die auto­ma­ti­sier­te
Nut­zung von Pati­en­ten­da­ten aus gro­ßen Daten­ban­ken
mit elek­tro­ni­schen Pati­en­ten­ak­ten, z.B. zur Vor­her­sa­ge
des wei­te­ren Krank­heits­ver­laufs und der Wir­kung
von Medikamenten15 ein­ge­setzt. Elek­tro­ni­sche
Pati­en­ten­ak­ten kön­nen auch zur Risi­ko­stra­ti­fi­zie­rung
genutzt wer­den, also der Ein­schät­zung, ob eine vor­lie­gen­de
fort­schrei­ten­de Erkran­kung zu Kom­pli­ka­tio­nen
oder zum Tod füh­ren kann.16 Außer der Risi­ko­ein­schät­zung
kön­nen auch Behand­lungs­kom­pli­ka­tio­nen und
Neben­wir­kun­gen mit KI vor­her­ge­sagt wer­den, wie bei­spiels­wei­se
die Toxi­zi­tät von Bestrah­lung und Che­mo­the­ra­pie.
17 Das Anschla­gen von The­ra­pien, bei­spiels­wei­se
2 0 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 1 ( 2 0 2 3 ) , 1 7 — 2 2
18 Tre­be­schi, S. et al. Pre­dic­ting respon­se to can­cer immu­no­the­ra­py
using non­in­va­si­ve radio­mic bio­mar­kers. Ann. Oncol. 30,
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19 Bibau­lt, J.-E., Chang, D. T. & Xing, L. Deve­lo­p­ment and vali­da­ti­on
of a model to pre­dict sur­vi­val in colo­rec­tal can­cer using a
gra­di­ent-boos­ted machi­ne. Gut 70, 884–889 (2021); Sen­ders, J.
T. et al. An Online Cal­cu­la­tor for the Pre­dic­tion of Sur­vi­val in
Glio­blasto­ma Pati­ents Using Clas­si­cal Sta­tis­tics and Machi­ne
Lear­ning. Neu­ro­sur­gery 86, E184–E192 (2020).
von kos­ten­in­ten­si­ven Behand­lun­gen wie Immun­the­ra­pien,
kann vor­her­ge­sagt werden.18 Zudem wur­den Über­le­bens­vor­her­sa­gen
für vie­le Krebs­ar­ten ent­wi­ckelt, dar­un­ter
Brust‑, Pro­sta­ta- und Lungenkrebs.19 KI wird auch in
der Medi­ka­men­ten­ent­wick­lung ein­ge­setzt und iden­ti­fi­ziert
schnell poten­zi­el­le neue Kan­di­da­ten zu erschwing­li­chen
Kos­ten und beschleu­nigt so die kli­ni­sche For­schung.
Eine Über­sicht zu aktu­el­len, sowie poten­zi­el­len
Anwen­dungs­fel­dern der KI inner­halb der Onko­lo­gie ist
in Abbil­dung 2 dar­ge­stellt. Was in der rea­len Umset­zung
wei­ter­hin fehlt, ist der Wech­sel von einer KI-assis­tier­ten
hin zu einer KI-opti­mier­ten The­ra­pie des Pati­en­ten.
IV. Die Visi­on einer KI-kon­trol­lier­ten The­ra­pie
Im All­ge­mei­nen wer­den Medi­ka­men­te ent­wi­ckelt, um
mög­lichst vie­len Pati­en­ten eines bestimm­ten Krank­heits­bil­des
zu hel­fen. In kli­ni­schen Stu­di­en wer­den
Dosen gefun­den, indem die maxi­mal mög­li­che Dosis
mit ertrag­ba­ren Neben­wir­kun­gen gesucht wird, um ein
mög­lichst brei­tes Spek­trum an Pati­en­ten mit die­ser einen
Ein­stel­lung abzu­de­cken. Oft gibt es kei­ne wei­te­ren Stu­di­en,
in denen Kom­bi­na­tio­nen mit nied­ri­ge­ren Dosen und
unter­schied­li­chen Fre­quen­zen unter­sucht wer­den, die
Krebs­zel­len bes­ser bekämp­fen und die star­ken Neben­wir­kun­gen
von Krebs­the­ra­pien ver­rin­gern könn­ten. Wie
oben dar­ge­legt, ist dies jedoch genau das, was für die
Behand­lung von Pati­en­ten mit dem Haupt­ziel der Kon­trol­le,
aber nicht der Hei­lung der Krank­heit erfor­der­lich
sein kann: per­so­na­li­sier­te Krebs­the­ra­pie auf Basis von
(geeig­ne­ten) Tumor­mar­kern als indi­vi­du­el­len Indi­ka­tor.
In der Zukunft soll­te daher ein medi­zi­ni­sches Gerät auf
Basis von Mes­sun­gen von aller­lei strom­spa­ren­den Sen­so­ren
den Krebs­pa­ti­en­ten stets über­wa­chen und eine
ziel­ge­rich­te­te The­ra­pie in Form von gera­de not­wen­di­gen
Dosen geeig­ne­ter Medi­ka­men­te zeit­ge­nau durch­füh­ren,
um die Krank­heit inner­halb kli­nisch sinn­vol­ler Gren­zen
für den Pati­en­ten zu kon­trol­lie­ren. Die KI als stets ver­füg­ba­rer
Arzt, der sich den höchst indi­vi­du­el­len Krank­heits­ver­lauf
lücken­los merkt und ana­ly­siert. Eine sol­che
Visi­on einer KI-kon­trol­lier­ten The­ra­pie stellt die com­pu­ter­ge­stütz­te
Medi­zin aller­dings aktu­ell noch vor gro­ße
Abbil­dung 2: Aktu­el­le und poten­zi­el­le Anwen­dungs­fel­der der KI in der Onko­lo­gie. Das »?« dient als Sym­bol für
alle noch zu ent­de­cken­den Anwen­dun­gen in die­sem auf­stre­ben­den Zukunfts­feld.
Mer­tels­mann ·KI in der Krebs­the­ra­pie 2 1
20 Rit­chie, H., Spoo­ner, F. & Roser, M. Cau­ses of death. Our World in
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21 World Health Orga­niza­ti­on Inter­na­tio­nal Agen­cy for Rese­arch
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22 Sung, H. et al. Glo­bal Can­cer Sta­tis­tics 2020: GLOBOCAN Esti­ma­tes
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23 Muk­her­jee, S. The emper­or of all mala­dies: a bio­gra­phy of can­cer.
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Her­aus­for­de­run­gen: (1) Gege­ben eine höchst töd­li­che
Form von Krebs wie ein Befall der Bauch­spei­chel­drü­se,
was sind geeig­ne­te Tumor­mar­ker, die (i) kos­ten­güns­tig
und akku­rat mess­bar sind und (ii) eine hohe Kor­re­la­ti­on
zum Krank­heits­ver­lauf haben, sowie (2) gege­ben die­se
Tumor­mar­ker, wie kann ein solch hoch­kom­ple­xes kom­bi­na­to­ri­sches
Pro­blem anhand weni­ger Daten­punk­te
indi­vi­du­ell opti­mal und sicher gelöst wer­den? Um zu
Ant­wor­ten zu die­sen so wich­ti­gen und grund­le­gen­den
Fra­gen zu gelan­gen, schla­gen wir vor, das Kon­zept auf
zwei gro­ße Mei­len­stei­ne auf­zu­tei­len (vgl. Abbil­dung 3).
Zunächst könn­ten und soll­ten ers­te Erkennt­nis­se in vitro
gesam­melt wer­den. Sen­so­ren wie bild­ge­ben­de Mikro­sko­pe
oder Fluid­sen­so­ren könn­ten Zel­len in einem Medi­um
unter gege­be­nen Medi­ka­men­ten auf­zeich­nen und
Pro­ben auf etwa­ige Inhalts­stof­fe unter­su­chen. Ist ein Sys­tem
erst mal auf­ge­setzt, wel­ches sol­che Unter­su­chun­gen
unter einem hohen Durch­lass erlaubt, könn­te auf die­se
Art ein ers­ter Daten­satz auf­ge­zeich­net wer­den, wel­cher
in Fol­ge durch Bestär­ken­des Ler­nen opti­miert wer­den
könn­te. Durch eine wohl­sor­tier­te Aus­wahl an Medi­ka­men­ten
und wahr­schein­lich inter­es­san­ten Mess­punk­ten,
zusam­men­ge­stellt und aus­ge­wählt von mensch­li­chen
Exper­ten, könn­ten hier­bei die Daten­ef­fi­zi­enz und damit
die Rea­li­sier­bar­keit erhöht wer­den. In einem Fol­ge­schritt
müss­ten die gefun­de­nen Tumor­mar­ker auf ihre
Trans­fe­rier­bar­keit in Bezug auf in vivo Sys­te­me unter­sucht
wer­den. Wenn es gelingt, eine ver­all­ge­mei­nern­de
Grup­pe von Tumor­mar­kern zu fin­den, könn­te man z.B.
ver­su­chen, in Ein­zel­fall­stu­di­en bei Pati­en­ten mit Bauch­spei­chel­drü­sen­krebs,
denen durch ande­re The­ra­pie­for­men
nicht gehol­fen wer­den kann, eine geziel­te Gabe von
Fol­säu­re und Metho­tre­xat inner­halb von gesi­cher­ten
Dosis­gren­zen, ana­log zur Lang­zeit­ga­be bei rheu­ma­ti­schen
Erkran­kun­gen, durch­zu­füh­ren und den Krank­heits­ver­lauf
zu erfas­sen.
V. Ethi­sche Über­le­gun­gen der KI-gestütz­ten Krebs­the­ra­pie
Wie genannt, ist Krebs die zweit­häu­figs­te Todes­ur­sche
weltweit.20 Im Jahr 2020 gab es 10 Mil­lio­nen krebs­be­ding­te
Todes­fäl­le – 70 % davon in Län­dern mit nied­ri­gem
und mitt­le­rem Einkommen21 – und bis 2040 wird
ein Anstieg auf 16,3 Mil­lio­nen Todes­fäl­le erwartet.22
Krebs wird auf­grund sei­ner bio­lo­gi­schen Kom­ple­xi­tät
auch als »Köni­gin aller Krankheiten«23 bezeich­net und
ist daher ein geeig­ne­ter Bereich für die Anwen­dung von
künst­li­chen Lern­sys­te­men, die dazu bei­tra­gen kön­nen,
die­se glo­ba­le Belas­tung der öffent­li­chen Gesund­heit zu
Abbil­dung 3: Sche­ma­ti­sche Dar­stel­lung eines Regel­krei­ses zur KI-opti­mier­ten, indi­vi­du­el­len Krebs­the­ra­pie. Kon­zep­te
für Sys­te­me agiernd in vitro (rechts) und in vivo (links).
2 2 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 1 ( 2 0 2 3 ) , 1 7 — 2 2
24 Mastro­leo, I. List of report­ing gui­de­lines for AI inter­ven­ti­ons for
human health. https://zenodo.org/record/7007570 (2022, letz­ter
Zugriff am 14.12.2022); World Health Orga­niza­ti­on (WHO). Ethics
and gover­nan­ce of arti­fi­ci­al intel­li­gence for health. https://www.
who.int/publications-detail-redirect/9789240029200 (2021, letz­ter
Zugriff am 14.12.2022).
25 Com­mis­si­on on Social Deter­mi­nants of Health. Clo­sing the gap in
a gene­ra­ti­on : health equi­ty through action on the social deter­mi­nants
of health : final report of the com­mis­si­on on social deter­mi­nants
of health. https://apps.who.int/iris/handle/10665/43943
(2008, letz­ter Zugriff am 14.12.2022); Mar­mot, M. The health gap:
the chall­enge of an une­qual world (Bloomsbu­ry, 2016).
26 Ame­ri­can Can­cer Socie­ty (ACS). The Glo­bal Can­cer Bur­den.
(2022); Ward, E. et al. Can­cer Dis­pa­ri­ties by Race/Ethnicity and
Socioe­co­no­mic Sta­tus. CA. Can­cer J. Clin. 54, 78–93 (2004).
27 Mastro­leo, I. List of report­ing gui­de­lines for AI inter­ven­ti­ons for
human health. https://zenodo.org/record/7007570 (2022, letz­ter
Zugriff am 14.12.2022) doi:10.5281/zenodo.7007570; Mins­sen, T.,
Ger­ke, S., Aboy, M., Pri­ce, N. & Cohen, G. Regu­la­to­ry respon­ses to
medi­cal machi­ne lear­ning. J. Law Bio­sci. 7, lsaa002 (2020); Smith,
M. J., Axler, R., Bean, S., Rud­zicz, F. & Shaw, J. Four equi­ty con­side­ra­ti­ons
for the use of arti­fi­ci­al intel­li­gence in public health.
Bull. World Health Organ. 98, 290–292 (2020).
28 Hüg­le, M., Omou­mi, P., van Laar, J. M., Boe­de­cker, J. & Hüg­le, T.
Appli­ed machi­ne lear­ning and arti­fi­ci­al intel­li­gence in rheu­ma­to­lo­gy.
Rheu­ma­tol. Adv. Pract. 4.
ver­rin­gern. In die­sem Manu­skript haben wir ein Kon­zept
für einen neu­ar­ti­gen The­ra­pie­an­satz auf Basis von
KI beschrie­ben, wel­cher die Behand­lung von Bauch­spei­chel­drü­sen­krebs
gegen­über Stan­dard­tech­ni­ken ver­bes­sern
könn­te und das Poten­zi­al hat, kos­ten­ef­fek­tiv und
ska­lier­bar zu sein. Mit Blick auf die Zukunft soll­te eine
dia­gnos­ti­sche und the­ra­peu­ti­sche Inter­ven­ti­on, die auf
die­sem Kon­zept basiert, die übli­chen ethi­schen Sicher­heits­vor­keh­run­gen
für For­schung und Ent­wick­lung
durch­lau­fen, bevor sie von den Gesund­heits­sys­te­men in
der Öffent­lich­keit ein­ge­führt wird. Geeig­ne­te Auf­sichts­gre­mi­en
soll­ten z.B. eine unab­hän­gi­ge ethi­sche Prü­fung
durch eine For­schungs­ethik­kom­mis­si­on, die auf die spe­zi­fi­schen
Anfor­de­run­gen von KI-Gesund­heits­in­ter­ven­tio­nen
zuge­schnit­ten ist,24 oder eine staat­li­che Gesund­heits­tech­no­lo­gie­be­wer­tung
sein. Die­se oben beschrie­be­nen
ethi­schen Stan­dard­schutz­maß­nah­men
berück­sich­ti­gen jedoch nur teil­wei­se die gesund­heit­li­che
Ungleich­heit bei neu­en Inter­ven­tio­nen. Unter gesund­heit­li­chen
Ungleich­hei­ten ver­ste­hen wir gesund­heit­li­che
Ungleich­hei­ten zwi­schen rele­van­ten Grup­pen von Men­schen
inner­halb und zwi­schen Län­dern, die als unfair
oder unge­recht ange­se­hen wer­den, weil sie mit rea­lis­ti­schen
Mit­teln ver­meid­bar sind.25 Gesund­heit­li­che
Ungleich­hei­ten bei Krebs zei­gen sich in unge­rech­ten
Unter­schie­den bei Inzi­denz, Tod und Lebens­qua­li­tät
sowie bei der Teil­nah­me an kli­ni­schen Stu­di­en und dem
Zugang zu wirk­sa­mer Behandlung.26 Ohne ein wei­te­res
ange­mes­se­nes Bün­del von Sicher­heits­vor­keh­run­gen, zu
denen ethi­sches Design, die Aus­bil­dung von Fach­kräf­ten,
gesell­schaft­li­ches Enga­ge­ment, das regu­la­to­ri­sche
Umfeld und glo­ba­le Anrei­ze gehö­ren, wer­den KIGe­sund­heits­maß­nah­men
höchst­wahr­schein­lich die der­zei­ti­gen
gesund­heit­li­chen Ungleich­hei­ten auf­recht­erhal­ten
oder ver­schär­fen, anstatt sie zu ver­rin­gern, wie in der
Lite­ra­tur über die Ethik der KI im Gesund­heits­we­sen
aner­kannt wird.27 Erfreu­li­cher­wei­se wer­den die­se mach­ba­ren
und rea­lis­ti­schen brei­te­ren ethi­schen Schutz­maß­nah­men,
wenn auch in unter­schied­li­chem Aus­maß, par­al­lel
zu den KI-Gesund­heits­in­ter­ven­tio­nen bei Krebs
ent­wi­ckelt. Das Haupt­ziel sol­cher Schutz­maß­nah­men ist
die För­de­rung der gesund­heit­li­chen Chan­cen­gleich­heit
und der Gesund­heits­er­geb­nis­se, ins­be­son­de­re für Bevöl­ke­rungs­grup­pen
und Gemein­schaf­ten in pre­kä­ren Situa­tio­nen,
um das sozia­le Ver­spre­chen zu erfül­len, das mit
jeder Ein­füh­rung neu­er Tech­no­lo­gien im Gesund­heits­we­sen
ein­her­geht.
Gabri­el Kal­weit, Col­la­bo­ra­ti­ve Rese­arch Insti­tu­te Intel­li­gent
Onco­lo­gy (CRIION) und am Depart­ment of Com­pu­ter
Sci­ence, Uni­ver­si­ty of Frei­burg. Maria Kal­weit,
Col­la­bo­ra­ti­ve Rese­arch Insti­tu­te Intel­li­gent Onco­lo­gy
(CRIION) und am Depart­ment of Com­pu­ter Sci­ence,
Uni­ver­si­ty of Frei­burg. Igna­cio Mastro­leo, Col­la­bo­ra­ti­ve
Rese­arch Insti­tu­te Intel­li­gent Onco­lo­gy (CRIION), Frei­burg,
Pro­gram of Bio­e­thics, Facul­tad Lati­no­ame­ri­ca­na
de Cien­ci­as Socia­les (FLACSO), Bue­nos Aires, Argen­ti­na
und Natio­nal Sci­en­ti­fic and Tech­ni­cal Rese­arch Coun­cil
(CONICET), Bue­nos Aires, Argen­ti­na. Josch­ka Böde­cker
Col­la­bo­ra­ti­ve Rese­arch Insti­tu­te Intel­li­gent Onco­lo­gy
(CRIION) und am Depart­ment of Com­pu­ter Sci­ence,
Uni­ver­si­ty of Frei­burg. Prof. em. Dr. Dr. h.c. mult. Roland
Mer­tels­mann, Vor­stands­vor­sit­zen­der der Mer­tels­mann
Foun­da­ti­on. Die Arbeit an die­sem Papier wur­de von
der Mer­tels­mann-Stif­tung unter­stützt. Igna­cio Mastro­leo
dankt auch für die finan­zi­el­le Unter­stüt­zung durch
den Natio­na­len For­schungs­rat Argen­ti­ni­ens (CONICET)
und UBA­CyT 20020220400007BA. Die im Text zum Aus­druck
gebrach­ten Mei­nun­gen sind aus­schließ­lich die
der Autoren und nicht unbe­dingt die der unter­stüt­zen­den
Insti­tu­tio­nen. Rela­ti­on zu vor­he­ri­gen Publi­ka­tio­nen:
In dem Abschnitt “Was ist KI?” fin­den sich gene­rel­le
Aus­sa­gen und Erklä­run­gen über KI in der Medi­zin
aus der Publi­ka­ti­on “Appli­ed Machi­ne Lear­ning and Arti­fi­ci­al
Intel­li­gence in Rheu­ma­to­lo­gy” von Hüg­le et. al
(2020.).28 Maria Kal­weit geb. Hüg­le ist Co-Autorin die­ses
Manu­skripts.