Am 12. 8. 2021 ist das Gesetz zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (FüPoG II) in Kraft getreten.1 Das Gesetz hat das aus dem Jahr 2015 stammende FüPoG I abgelöst. Sein wesentlicher Inhalt sind Änderungen und Ergänzungen des Bundesgremienbesetzungsgesetzes (BGremBG)2 und des Bundesgleichstellungsgesetzes (BGleiG)3, sowie ebenfalls der Gleichstellung von Frauen und Männern dienende Sondervorschiften für Gesellschaften mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes. Der nachfolgende Beitrag geht der Relevanz der Regelungen des FüPoG II für die Gremienbesetzung in Hochschulen und Forschungseinrichtungen nach. Die Erörterung der Änderungen des BGleiG und deren Relevanz für Hochschulen und Forschungseinrichtungen bleibt einem weiteren Beitrag in OdW vorbehalten.
I. Anwendungsbereich des Bundesgremienbesetzungsgesetzes
- Gesetzliche Regelung
Das BGremBG gilt nach seinem § 2 Satz 1 für Aufsichtsgremien und wesentliche Gremien, für die der Bund Mitglieder bestimmen kann.
–
Aufsichtsgremien sind nach § 3 Nr. 1 Aufsichts- und Verwaltungsräte sowie vergleichbare Aufsicht führende Organe ungeachtet ihrer Bezeichnung und Rechtsgrundlage, auch wenn deren Mitglieder durch Wahl bestimmt werden.
–
Wesentliche Gremien sind nach § 3 Nr. 2 solche, bei denen die Bundesregierung als Gesamtheit die Mitgliedschaft mindestens eines Mitglieds zu beschließen oder zur Kenntnis zu nehmen hat, sowie solche, die wegen ihrer besonderen tatsächlichen, wissenschaftlichen oder zukunftsrelevanten Bedeutung von den in § 3 Nr. 3 näher genannten Institutionen des Bundes (Bundesregierung, Bundeskanzleramt, Bundesministerien, Bundesbeauftragte, bundesunmittelbare juristische Personen des öffentlichen Rechts ohne Recht auf Selbstverwaltung) bestimmt worden sind.
–
Vom Bund zu bestimmen sind nach § 3 Nr. 4 Mitglieder, welche die Institutionen des Bundes einzeln oder gemeinsam in ein Aufsichtsgremium oder in ein wesentliches Gremium unmittelbar und rechtsverbindlich wählen, berufen, entsenden oder für ein solches Gremium vorschlagen können. - Anwendung auf Hochschulen
Für eine Anwendung des BGremBG auf die staatlichen Hochschulen der Länder fehlt es durchweg an der dritten Voraussetzung. Kein Landesrecht sieht bislang ein irgendwie geartetes Bestimmungsrecht des Bundes für Aufsichtsgremien oder andere Gremien vor. Soweit die Landeshochschulgesetze Bestimmungsrechte der Landesregierung für Hochschulräte vorsehen, legen sie regelmäßig auch geschlechterbezogene Quoten für die vom Land zu bestimmenden Mitglieder fest.4
Einen Sonderfall stellt allerdings das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) dar. Das KIT vereinigt in einer Rechtsperson eine Universität des Landes Baden-Württemberg und ein zur Helmholtz-Gemeinschaft gehörendes nationales Forschungszentrum, das aus dem Forschungszentrum Karlsruhe hervorgegangen ist. Nach § 7 Absatz 1 Satz 2 des KIT-Gesetzes des Landes Baden-Württemberg5 benennen Bund und Land jeweils einen Vertreter als Mitglied in dem insgesamt aus elf Mitgliedern bestehenden Aufsichtsrat.
Für ihr Zusammenwirken in Fragen der Finanzierung der Großforschungsaufgabe des KIT haben Bund und Land beim KIT eine staatliche Kommission der Finanzmittelgeber eingerichtet, in der sie nach § 19 Absatz 1 Satz 2 KIT-Gesetz die Großforschungsaufgabe des KIT betreffende gemeinsame Fragen beraten und in der Beschlüsse und Entscheidungen, die finanzielle Auswirkungen für einen der beiden Zuwendungsgeber haben, nicht gegen dessen Stimme getroffen werden dürfen. Der Zustimmung der Kommission bedürfen nach § 19 Absatz 1 Satz 6 Nrn. 1 bis 9 unter anderem allgemeine For1
Gesetz vom 7. August 2021 (BGBl I 2021 S. 3311).
2 Gesetz vom 24. April 2015 (BGBl I S. 642).
3 Gesetz vom 24. April 2015 (BGBl IS. 642, 643) zuvor zuletzt geändert durch Art. 8 des Gesetzes vom 9. Juni 2021 (BGBl I S. 1614).
4 vgl. etwa § 20 Abs. 3 Satz 1 LHG Baden-Württemberg wonach mindestens 40 % der Mitglieder Frauen sein müssen.
5 Gesetz über das Karlsruher Institut für Technologie vom 14. 7. 2019 (GBl. 2009, 317).
Ordnung der Wissenschaft 2022, ISSN 2197–9197
Manfred Löwisch und Jonathan Jocher
Relevanz des FüPoG II für die Gremienbesetzung in Hochschulen und Forschungseinrichtungen
1 4 8 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 2 ) , 1 4 7 — 1 5 4
6 Grundordnung der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung
vom 31. 8. 2018, GMBl 2018, 662.
7 Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung, Kuratorium
https://www.hsbund.de/DE/01_Hochschule/15_Organe_Gremien/
05_Kuratorium/kuratorium-node.html (abgerufen am
14.5.2022)
8 § 62 Absatz 2 Landesgesetz Rheinland-Pfalz in der Fassung vom - 11.2010, GVBl. 2010, 503.
9 Siehe Verwaltungsvereinbarung über die Deutsche Richterakademie
vom 1. 3. 1993.
10 Beteiligungsbericht des Bundes 2020, Seite 6.
schungsziele und wichtige forschungspolitische und finanzielle
Angelegenheiten (Nr. 1), der Struktur- und
Entwicklungsplan (Nr. 2) und die Grundsätze für die
Verwendung der Forschungs- und Entwicklungsergebnisse,
die bei der Wahrnehmung der Großforschungsaufgabe
gewonnen werden (Nr. 6).
Nach § 19 Absatz 1 Satz 3 des Gesetzes werden die
Mitglieder der Kommission vom Bund und vom Land
benannt und vom Wissenschaftsminister Baden-Württemberg
bestellt. Derzeit benennt der Bund zwei
Mitglieder.
Auch auf die beiden Bundeswehruniversitäten in
München und Hamburg ist das Gesetz nicht anwendbar.
Denn für kein Gremium dieser Hochschulen ist ein irgendwie
geartetes Mitgliederbestimmungsrecht des
Bundes gesetzlich vorgesehen. Das Bildungszentrum
der Bundeswehr, das den Bildungs- und Qualifizierungsprozess
unterhalb der ministeriellen Ebene steuert
und koordiniert, ist eine Bundesoberbehörde.
Hingegen besteht bei der Hochschule des Bundes
für öffentliche Verwaltung in Mannheim nach § 22 der
Grundordnung ein Kuratorium, in welches das Bundesministerium
des Innern, das Bundesministerium für Bildung
und Forschung und zuständige Bundesbehörden
Kuratoren entsenden.6 Hauptaufgabe des Kuratoriums
ist die Aufsicht über die Fachbereiche der Hochschule.
Es entscheidet aber auch über grundsätzliche Ziele der
Hochschule in Lehre und anwendungsbezogener
Forschung.7
Der Bund ist einer der Träger der Deutschen Universität
für Verwaltungswissenschaften Speyer. Als solcher
entsendet er nach § 62 des Landesgesetzes Rheinland-
Pfalz über diese Hochschule einen Vertreter in den
Verwaltungsrat der Universität. Der Verwaltungsrat unterstützt
die Hochschule bei der Erfüllung ihrer Aufgaben,
insbesondere der Aus- und Weiterbildung von Angehörigen
des öffentlichen Dienstes, und berät sie in
grundsätzlichen Angelegenheiten, insbesondere durch
Erarbeitung von Konzepten zur Weiterentwicklung.
Zum Erlass von Richtlinien für die wissenschaftliche
Aus- und Weiterbildung ist sein Einvernehmen
erforderlich.8
In der Programmkonferenz der Deutschen Richterakademie
ist das Bundesjustizministerium mit einer
Stimme vertreten. Die Programmkonferenz legt das Arbeitsprogramm
der Richterakademie in seinen Grundzügen
jeweils für ein Kalenderjahr fest und bestimmt
insbesondere Zahl, Dauer und Thematik der durchzuführenden
Tagungen.9
In Deutschland bestehen, soweit zu sehen, keine Privathochschulen,
an denen der Bund unmittelbar oder
mittelbar beteiligt ist. Dementsprechend existieren auch
keine Mitgliederbestimmungsrechte des Bundes. - Anwendung auf Forschungseinrichtungen
Nach dem Beteiligungsbericht 2020 verfügt der Bund
über 14 Beteiligungen aus dem Bereich des Bundesministeriums
für Bildung und Forschung, nämlich
• CISPA- Helmholtz-Zentrum für
Informationssicherheit,
• Deutsches Primatenzentrum –Leibniz-Institut für
Primatenforschung,
• Deutsches Zentrum für Hochschul- und
Wissenschaftsforschung,
• FIZ Karlsruhe – Leibniz-Institut — für
Informationsinfrastruktur,
• Forschungszentrum Jülich,
• Futurium GmbH,
• GSI Helmholtz-Zentrum für Schwerionenforschung,
• Helmholtz-Zentrum München Deutsches Forschungszentrum
für Gesundheit und Umwelt,
• Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und
Energie,
• Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung,
• Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung,
• Helmholtz- Zentrum Hereon (früher: Geesthacht
Zentrum für Material- und Küstenforschung),
• SPRIND GmbH
• Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung.
10
„Bei diesen Beteiligungen handelt es ganz überwiegend
um Mehrheitsbeteiligungen.“ Nur beim Deutschen
Primatenzentrum und beim FIZ Karlsruhe beschränkt
sich die Beteiligung auf 50,00 Prozent.
Die Einrichtungen, an denen diese Beteiligungen bestehen,
sind als GmbHs organisiert. Ihre Gesellschaftsverträge
sehen die Bildung von Aufsichtsräten vor und
Loewisch und Jocher · Relevanz des FüPoG II für die Gremienbesetzung 1 4 9
11 Bundesministerium für Finanzen, Alphabetische Zusammenstellung
der Unternehmen, die mit der Bundesrepublik Deutschland
i.S.d. § 15 AktG verbunden sind sowie Alphabetische Zusammenstellung
der rechtlich unselbständigen Einrichtungen des Bundes,
die dem Bund als herrschendem Unternehmen zuzurechnen
sind, Stand 31. Dezember 2020.
12 Nachweis wie Fn 10.
13 Gesetz zur Einrichtung des Deutschen Ethikrat vom 16.7.2007
(BGBl. I Seite 1385).
räumen dem Bund in unterschiedlichem Umfang Entsenderechte
ein. So wird von den neun Aufsichtsratsmitgliedern
des CISPA – Zentrums ein Mitglied vom Bund
entsandt. Beim Forschungszentrum Jülich sind von
zwölf Aufsichtsratsmitgliedern drei vom Bund entsandte
Mitglieder, bei Futurium fünf von elf, beim Helmholtz-
Zentrum für Umweltforschung drei von höchstens 13,
beim Hereon Zentrum drei von 16 und bei SPRIND drei
von mindestens drei und höchstens zehn Mitgliedern.
Beim Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung
wird der Vorsitzende des dort bestehenden Kuratoriums
vom Gesellschafter Bundesrepublik Deutschland benannt;
zwei Mitglieder werden im Einvernehmen mit
dem Deutschen Bundestag von der Gesellschafterversammlung
berufen.
Infolge der Entsenderechte des Bundes unterliegen
diese Aufsichtsräte nach dessen § 2 in Verbindung mit
§ 3 Nr. 1 dem BGremBG.
Der Bund ist auch abgesehen von diesen Unternehmen
mit weiteren Unternehmen aus dem Bereich von
Wissenschaft und Forschung im Sinne des § 15 AktG
verbunden. Dies gilt etwa für das Deutsche Biomasseforschungszentrum
gGmbH, die FIM Forschungsgesellschaft
für integrierte Mobilität, die Gesellschaft für Forschung
zu innovativen Höhenwindanlagen mbH, die
WIK Wissenschaftliches Institut für Infrastruktur und
Kommunikationsdienste GmbH und die juris GmbH.11
Auch für diese Gesellschaften bestehen nach den Gesellschaftsverträgen
Entsenderechte des Bundes zum
Aufsichtsrat mit der Folge der Anwendbarkeit des
BGremBG. So setzt sich der aus fünf Mitgliedern bestehende
Aufsichtsrat der juris GmbH aus drei Vertretern
des Gesellschafters Bundesrepublik Deutschland, darunter
einem Angehörigen des Bundesministeriums der Justiz
als Vorsitzenden und je einem von dem Bundesministerium
der Finanzen und dem Bundesministerium
des Innern vorgeschlagenen Mitglied sowie zwei weiteren
Mitgliedern zusammen.
Weiter gibt es unselbständige Einrichtungen, die
dem Bund zuzurechnen sind.12 Aus dem Bereich von
Wissenschaft und Forschung sind das u.a. das Bundesinstitut
für Bevölkerungsforschung, das Bundesinstitut für
Sportwissenschaft, das Paul-Ehrlich-Institut und das Robert-
Koch-Institut. Auch der Deutsche Ethikrat gehört
hierher.13
Soweit bei diesen Einrichtungen Gremien bestehen,
kommt eine Anwendung des BGremBG in Betracht.
Dies gilt etwa für die beim Robert-Koch-Institut gebildete
Ständige Impfkommission und den Deutschen Ethikrat.
So werden nach § 20 Absatz 2 Infektionsschutzgesetz
die Mitglieder der Kommission vom Bundesministerium
für Gesundheit im Benehmen mit den obersten Landesgesundheitsbehörden
berufen. Nach § 5 Absatz 1 Eth-
RG beruft der Präsident des Deutschen Bundestags die
Mitglieder des Deutschen Ethikrats je zur Hälfte auf
Vorschlag des Deutschen Bundestags und der
Bundesregierung.
Die Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der
Wissenschaften ist als eingetragener Verein organisiert.
Bei ihr besteht ein Senat, der nach § 13 der Satzung über
alle Angelegenheiten beschließen kann, die nicht durch
die Satzung der Hauptversammlung vorbehalten sind.
Gemäß § 12 Absatz 7 der Satzung kann die Bundesregierung
zwei Bundesminister oder Staatssekretäre als Mitglieder
des Senats benennen. Diese können im Verhinderungsfall
die Ausübung des Stimmrechts einem Minister
oder Staatssekretär desselben Bundesministeriums
überlassen.
Auch die Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung
der angewandten Forschung ist als eingetragener Verein
organisiert. Bei der Gesellschaft besteht ebenfalls ein Senat,
dem nach § 12 Nr. 2 und Nr. 3 der Satzung umfassende
Zuständigkeiten zukommen. Nach § 10 Nr. 1 b der
Satzung gehören dem Senat vier vom Bund entsandte
Vertreterinnen oder Vertreter an.
II. Besetzung der Aufsichtsräte - Vorgaben des BGremBG
Nach § 4 Absatz Satz 1 BGremBG sollen in jedem Aufsichtsgremium
mit mindestens zwei vom Bund zu
bestimmenden Mitgliedern unter diesen Frauen und
Männer zu gleichen Teilen vertreten sein. Steht dem
Bund eine ungerade Zahl von Sitzen zu, darf das
Ungleichgewicht zwischen Frauen und Männern nur
einen Sitz betragen. Dies gilt für Neuwahlen, Berufungen
und Entsendungen, wobei bestehende Mandate bis
zu ihrem Ende wahrgenommen werden können (Absatz
2).
1 5 0 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 2 ) , 1 4 7 — 1 5 4
14 Jarass/Pieroth, GG 16. Aufl. 2020, Art. 33 Rn 12; weiter Battis in
Sachs, GG 9. Auflage 2021, Art. 33 Rn 24.
15 Jarass/Pieroth, GG 16. Aufl. 2020, Art. 33 Rn 28; vgl. weiter
Brosius-Gersdorf in Dreier, GG, 3. Aufl. 2015, Art. 33 Rn 96.
16 BVerfG vom 14.4.1987, 1 BvR 775/84, BVerfGE 75, 192; BVerfG
vom 10.3.1992, 1 BvR 454 u.a./91, BVerfGE 85, 360; Kempen in
Epping/Hillgruber, Bek’scher Online-Kommentar GG (Stand
15.11.2021) Art. 5 Rn. 185.
17 Zu diesem Gesichtspunkt VGH Kassel, B 27.03.86 — 1 TG 678/86
-, NVwZ 86,766 ‑768 = DVBl 87,425 ‑426; vgl OVG Saarl, U,
30.11.00, — 1_R_10/00 — Dienstliche Beurteilung — SKZ_01,106/26
(L); vgl OVG Saarl, U, 19.11.01, — 1_R_4/01 — Dienstpostenübertragung
- SKZ_02,158/26 (L).
Aufsichtsgremien, für welche der Bund gemäß
§ 3 Nr. 4 BGremBG Mitglieder bestimmen kann, sind bei
den in der Rechtsform einer GmbH geführten Forschungseinrichtungen
deren Aufsichtsräte. Ein Aufsichtsgremium
stellt auch das Kuratorium der Hochschule
für öffentliche Verwaltung des Bundes dar.
An sich ist auch der Aufsichtsrat des KIT ein Aufsichtsgremium.
Doch scheitert die Anwendung der Vorschrift
auf ihn daran, dass der Bund nur ein Mitglied benennt.
Gleiches gilt für das CISPA – Zentrum, in dessen
Aufsichtsrat der Bund ebenfalls nur ein Mitglied
entsendet.
Nicht anwendbar ist die Vorschrift auch auf das Kuratorium
des Wissenschaftszentrums Berlin, weil nach
dem Gesellschaftsvertrag vom 23.09.2021 nur der Vorsitzende
vom Bund als Gesellschafter benannt wird. Zwar
werden zwei weitere Mitglieder von der Gesellschafterversammlung
im Einvernehmen mit dem Deutschen
Bundestag berufen; der Deutsche Bundestag zählt aber
nicht zu den Institutionen des Bundes im Sinne von
§ 3 Nr. 3 BGremBG.
Zur Einhaltung der Vorgaben des § 4 Absatz 1 Satz 1
BGremBG sind je nach ihrer Zuständigkeit die Bundesregierung
oder das Bundesministerium für Bildung und
Forschung nach Art. 20 Absatz 3 GG (Prinzip der Gesetzmäßigkeit
der Verwaltung) verpflichtet. Dabei haben
sie freilich auch möglicherweise widerstreitende Vorgaben
des Grundgesetzes zu beachten. So muss in Rechnung
gestellt werden, dass sich das nach Art. 33 Abs. 2
GG bestehende Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen
Amt auf sämtliche vom Bund zu vergebende
Positionen, gleichgültig ob öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich
ausgestaltet, bezieht14 und damit auch das
Amt als Aufsichtsratsmitglied erfasst. Eine Bevorzugung
wegen des Geschlechts ist damit auch hier nur bei gleichwertiger
oder fast gleichwertiger Eignung für das Amt
des Aufsichtsrats einer Forschungseinrichtung zulässig.
15 Auch bildet die Wissenschaftsfreiheit eine Schranke.
Art. 5 Absatz 3 GG schützt nicht nur die einzelnen
Wissenschaftler, sondern auch die wissenschaftlichen
Einrichtungen und damit neben den Hochschulen auch
privatrechtlich verfasste Wissenschaftseinrichtungen.16
Die Bestimmung wissenschaftsferner Mitglieder findet
hier ihre Grenze.
Wenn nach § 4 Absatz 1 Satz 2 im Falle einer ungeraden
Zahl von Sitzen das Ungleichgewicht nur einen Sitz
betragen darf, bedeutet das nicht, dass Art. 33 Absatz 2
GG und Art. 5 Absatz 3 Satz 1 GG insoweit nicht zu beachten
wären. Richtig ist nur, dass die offen gehaltene
Entscheidung über einen Sitz in der Regel genügend
Spielraum lässt, um sowohl dem Ziel des Gesetzes als
auch diesen Grundrechten Rechnung zu tragen.
Droht bei der Bestimmung der Mitglieder des Bundes
für einen Aufsichtsrat ein Unterschreiten der Vorgaben
des Absatzes 1, hat nach Absatz 3 Satz 2 und 3 je nach
Zuständigkeit die Bundesregierung oder das Bundesministerium
für Bildung und Forschung unverzüglich das
Bundesministerium für Familie, Senioren und Frauen zu
unterrichten und die Gründe für die drohende Unterschreitung
darzulegen.
Weitere Rechtsfolgen einer Unterschreitung sieht das
Gesetz nicht vor. Insbesondere folgt aus der Unterschreitung
nicht die Unwirksamkeit der Bestellung des vom
Bund bestimmten Mitglieds des Aufsichtsrats.
Allerdings sind bei der Bestimmung von Aufsichtsratsmitgliedern
übergangene Bewerberinnen und Bewerber
nicht gehindert, ihr aus Art. 33 Absatz 2 GG folgendes
Recht auf gleichen Zugang zu einem öffentlichen
Amt nach den dafür in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte
und der Arbeitsgerichte entwickelten
Grundsätzen geltend zu machen. So kann der bisherige
Amtsinhaber rügen, dass bei der Neubesetzung des Aufsichtsratsamts
seine gesammelte fachliche Erfahrung
unberücksichtigt geblieben ist.17
- Vorgaben des Gesellschaftsrechts
a. Gesellschaften mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes
Das FüPoG II hat in das Gesellschaftsrecht Sondervorschriften
bei Beteiligung des Bundes an einer Gesellschaft
eingefügt, welche insbesondere auch die gleichmäßige
Beteiligung der Geschlechter in den Aufsichtsräten
fördern sollen: Nach § 96 Absatz 2 Satz 1 AktG muss
sich bei börsennotierten AGs, für die das MitbestimLoewisch
und Jocher · Relevanz des FüPoG II für die Gremienbesetzung 1 5 1
mungsgesetz, das Montan-Mitbestimmungsgesetz oder
das Mitbestimmungsergänzungsgesetz gilt, der Aufsichtsrat
zu mindestens 30 Prozent aus Frauen und zu 30
Prozent aus Männern zusammensetzen. Dieses Mindestanteilsgebot
hat der durch Art. 7 des FüPoG II in das
AktG eingefügte § 393 a in seinem Absatz 2 Nr. 2 für AGs
mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes dahin erweitert,
dass es unabhängig von einer Börsennotierung und
einer Geltung der dort genannten Mitbestimmungsgesetze
gilt. Nach Absatz 3 des durch Art. 10 FüPoG II in
das GmbHG eingefügten neuen § 77a gilt § 96 Absatz 2
AktG entsprechend auch für die Zusammensetzung des
Aufsichtsrats einer GmbH mit Mehrheitsbeteiligung des
Bundes unabhängig von einer Geltung des Mitbestimmungsgesetzes,
des Montan-Mitbestimmungsgesetzes
oder des Mitbestimmungsergänzungsgesetzes.
Ergänzt werden diese Bestimmungen durch Neuregelungen
des Drittelbeteiligungsgesetzes (DrittelbG).
Art. 22 Nr. 1 FüPoG II hat in dessen § 4 einen Absatz 5
eingefügt. Dieser bestimmt, wie das Mindestanteilsgebot
in nach dem DrittelbG mitbestimmten AG- und GmbHAufsichtsräten
mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes zu
erfüllen ist.
Dem Zusammenhang dieser Regelungen ist sicher zu
entnehmen, dass AGs und GmbHs, auch wenn für sie
nicht eines der in § 393 a AktG oder § 77a GmbHG genannten
Mitbestimmungsgesetze sondern nur das DrittelbG
gilt, nunmehr grundsätzlich der Regelung des
§ 96 Absatz 2 AktG unterfallen. Wenn Stöhr demgegenüber
für die GmbH meint, § 96 Absatz 2 AktG gelte danach
„in einer nach dem MitbestG bzw. dem Montan-
MitbestG mitbestimmten GmbH“ entsprechend18, geht
das daran vorbei, dass § 77a AktG die entsprechende
Geltung gerade unabhängig von der Geltung dieser Mitbestimmungsgesetze
anordnet.
Zu klären bleibt, ob § 96 Absatz 2 AktG auch auf AGs
und entsprechend auf GmbHs anzuwenden ist, für die
überhaupt keine Unternehmensmitbestimmung gilt.
Hierzu zählt einmal der Fall, dass eine Gesellschaft die
für die Geltung des DrittelbG notwendige Zahl von 500
Arbeitnehmern gar nicht erreicht, und zum andern der
Fall, dass eine Gesellschaft, wie das auf Forschungseinrichtungen
regelmäßig zutrifft19, nach § 1 Absatz 4 Nr. 1
MitbestG oder § 1 Absatz 2 Nr. 2 a DrittelbG als Tendenzunternehmen
von der Geltung dieser Gesetze ausgenommen
ist.
Zum ersten Fall: Weder der Wortlaut von § 393 a Absatz
2 Nr. 2 AktG noch der Wortlaut von § 77a Absatz 3
GmbHG unterscheiden nach der Unternehmensgröße.
Vielmehr lassen sie die Mehrheitsbeteiligung des Bundes
als Anwendungsvoraussetzung genügen. Mehrheitsbeteiligung
des Bundes liegt nach § 393 a Absatz 1 Nr. 1 und
§ 77 a Absatz 1 Nr. 1 GmbHG aber ohne Differenzierung
nach der Arbeitnehmerzahl immer dann vor, wenn die
Anteile an der Gesellschaft zur Mehrheit vom Bund gehalten
werden. Auf die Arbeitnehmerzahl kommt es nur
in dem in § 393 a Absatz 1 Nr. 3 AktG und § 77 a Absatz 1
Nr. 3 GmbHG geregelten Ausnahmefall einer mittelbaren
Beteiligung des Bundes an.
Vor allem aber das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel
spricht für die Anwendbarkeit unabhängig von der Zahl
der beschäftigten Arbeitnehmer. Das FüPoG II will überall
dort, wo dem Bund Regelungsbefugnisse zukommen,
eine geschlechtergerechte Aufteilung der Aufsichtsratssitze
erreichen. Für das Gewicht dieses Ziels spielt die
Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer keine Rolle.
Dass Aufsichtsräte in nicht mitbestimmten GmbHs
ihre Basis allein im Gesellschaftsvertrag haben, ändert
nichts. Zwar führt die für einen solchen Aufsichtsrat
maßgebende Verweisungsvorschrift des § 52 Absatz 1
GmbHG den § 96 Absatz 2 AktG nicht auf. Doch ist dieser
Verweis in der in das GmbHG eingefügten zwingenden
Bestimmung des § 77a Absatz 3 GmbHG enthalten.
Es wäre ja auch widersprüchlich, könnte sich der Bund
in Gesellschaften, an denen er mit Mehrheit beteiligt ist,
dem von ihm aufgestellten Mindestanteilsgebot durch
eine abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag
entziehen.
Zum zweiten Fall: Auch der Tendenzcharakter von
Forschungseinrichtungen bietet angesichts dieses Ziels
keinen Anlass, die direkte oder entsprechende Anwendung
von § 96 Absatz 2 AktG auszuschließen. Das zeigt
schon der Umstand, dass § 3 Nr. 2 a BGremBG Gremien
besonderer wissenschaftlicher Bedeutung ausdrücklich
in seine Regelung wesentlicher Gremien einbezieht. Für
Aufsichtsräte von Forschungseinrichtungen kann nichts
Anderes gelten. Deren begründeten wissenschaftlichen
Belangen kann und muss jedoch bei den konkreten Besetzungsentscheidungen
Rechnung getragen werden
(siehe unter 1).
Die entsprechende Geltung von § 96 Absatz 2 AktG
hat zur Folge, dass sich auch die Aufsichtsräte von Forschungseinrichtungen,
die als GmbH organisiert sind,
zu mindestens 30 Prozent aus Frauen und zu mindestens
30 Prozent aus Männern zusammensetzen müssen. Dabei
ist nach § 96 Absatz 2 Satz 4 auf volle Personenzahlen
18 Stöhr, Die Auswirkungen des FüPoG II auf das GmbHG: Eine
kritische Bestandsaufnahme, ZIP 2021, 2267, 2271.
19 Löwisch/Kaiser/Klumpp/Klumpp, BetrVG 7. Auflage 2020, § 118
Rn. 25 mit weiteren Nachweisen.
1 5 2 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 2 ) , 1 4 7 — 1 5 4
mathematisch auf- bzw. abzurunden. Unter fünf bis acht
Aufsichtsratsmitgliedern müssen damit mindestens zwei
Frauen und mindestens zwei Männer sein, unter neun
bis elf mindestens jeweils drei, unter zwölf bis 14 jeweils
vier, unter 15 bis 18 jeweils fünf, unter 19 bis 21 jeweils
sechs und unter 22 bis 24 jeweils sieben.
Dass nach § 4 Absatz 1 BGremBG unter den vom
Bund zu bestimmenden Mitgliedern Frauen und Männer
zu gleichen Teilen vertreten sein sollen, erleichtert
die Erfüllung des Mindestanteilsgebots, kann je nach der
Größe des Aufsichtsrats aber auch nicht ausreichen.
Reicht die Regelung des § 4 Absatz 1 nicht aus, muss das
Mindestanteilsgebot bei der Wahl oder sonstigen Bestimmung
der übrigen Mitglieder erfüllt werden.
Nicht anders als bei der Bestimmung der Mitglieder
des Bundes nach § 4 Absatz 1 BGremBG ist bei der Quotenregelung
des § 96 Absatz 2 AktG die durch Art. 5 Absatz
3 GG geschützte Wissenschaftsfreiheit zu beachten.
Würde im konkreten Fall die Erfüllung einer 30 – Prozent
– Quote dazu führen, dass eine für die wissenschaftsrelevante
Arbeit des Aufsichtsrats benötigte Person
dem Aufsichtsrat nicht angehören könnte, muss das
Mindestanteilsgebot zurücktreten.
Anders als die Nichteinhaltung der Vorgaben des
§ 4 Absatz 1 BGremBG hat der Verstoß gegen das Mindestanteilsgebot
eine unmittelbare rechtliche Konsequenz:
Nach § 96 Absatz 2 Satz 6 AktG sind dann Wahl
und Entsendung der Mitglieder des Aufsichtsrats nichtig.
Nichtigkeit bedeutet dabei, dass für das unterrepräsentierte
Geschlecht vorzusehende Sitze unbesetzt bleiben
(„leerer Stuhl“).20 Wird die Unterrepräsentation
nicht behoben, erfolgt nach Maßgabe von § 104 AktG
eine Bestellung durch das Gericht. Die insoweit bei der
GmbH entstandene Lücke muss durch analoge Anwendung
von § 104 AktG geschlossen werden.
b. Zielgrößenbestimmung
AktG wie GmbHG enthalten für Gesellschaften, die börsennotiert
sind oder der Mitbestimmung unterliegen,
Bestimmungen über die Festlegung von Zielgrößen des
Frauenanteils in den Aufsichtsräten. Diese gelten unabhängig
davon, ob und in welcher Höhe der Bund an den
Gesellschaften beteiligt ist. Voraussetzung ist aber die
Geltung der Mitbestimmung mindestens nach dem DrittelbG.
Nach der Neufassung von § 111 Absatz 5 AktG, der
nach § 52 Absatz 2 GmbHG auch für die GmbH gilt,
müssen Vorstand bzw. Geschäftsführung eine Zielgröße
auch für den Aufsichtsrat festlegen, die den angestrebten
Frauenanteil beschreiben und bei Angaben in Prozent
vollen Personenzahlen entsprechen muss. Die Festlegung
einer Zielgröße Null ist klar und verständlich zu
begründen. Liegt der Frauenanteil bei der Festlegung der
Zielgröße unter 30 Prozent, darf eine später erneut festgelegte
Zielgröße den jeweils erreichten Anteil nicht
mehr unterschreiten.
Dass die Geltung der Mitbestimmung mindestens
nach dem DrittelbG Voraussetzung ist, hat zur Folge,
dass Tendenzunternehmen und damit auch Forschungseinrichtungen
von dieser Regelung nicht erfasst
werden (§ 1 Absatz 4 Nr. 1 MitbestG, § Absatz 2 Nr. 2a
DrittelbG). Aufgrund ihrer Satzungsautonomie steht es
den Gesellschaftern aber frei, im Gesellschaftsvertrag
solche Zielgrößen festzulegen. Dafür kann der Bund,
wenn er an der Gesellschaft beteiligt ist, seinen Einfluss
nutzen. - Exkurs: Regelungen für Vorstände und Geschäftsführer
Das FüPoG II hat auch die Vorschiften für die Besetzung
der Vorstände von AGs und der Geschäftsführungen
von GmbHs weiterentwickelt. Nach § 393 a Absatz 2 in
Verbindung mit § 76 a AktG müssen bei Mehrheitsbeteiligung
des Bundes in Vorständen, die aus mehr als drei
Personen bestehen, mindestens eine Frau und ein Mann
Mitglied sein. Gleiches gilt nach § 77a Absatz 2 GmbHG
für eine aus mehr als zwei Personen bestehende
Geschäftsführung.
Eingeführt worden ist auch eine „Stay on Board“-
Regelung, welche Führungspersonen ihr Amt auch in
Fällen sichern soll, in denen sie wegen Schwangerschaft,
Elternzeit, Sorge für Familienangehörige oder Krankheit
ausfallen: Gemäß § 84 Absatz 3 AktG hat das Mitglied eines
Vorstands, der aus mehreren Mitgliedern besteht,
das Recht den Aufsichtsrat um den Widerruf seiner Bestellung
verbunden mit der Zusicherung der Wiederbestellung
nach Ablauf der Schutzfristen zu ersuchen,
wenn es wegen Mutterschutz, Elternzeit, der Pflege eines
Familienangehörigen oder Krankheit seinen mit der Bestellung
verbundenen Pflichten vorübergehend nicht
nachkommen kann. Gleiches gilt nach § 38 Absatz 3
GmbHG für die Geschäftsführer einer GmbH, soweit
mindestens ein weiterer Geschäftsführer bestellt ist. - Übernahme durch die Länder
Nach § 393 a Absatz 3 AktG und § 77a Absatz 4 GmbHG
können die Länder die Vorgaben auf die Gesellschaften
erstrecken, an denen eine Mehrheitsbeteiligung des Landes
besteht.
20 Hüffer/Koch, Aktiengesetz 14. Aufl. 2020, § 96 Rn. 23.
Loewisch und Jocher · Relevanz des FüPoG II für die Gremienbesetzung 1 5 3
Diese Öffnungsklauseln tragen der mit dem AktG
und dem GmbHG als Teil der konkurrierenden Gesetzgebung
des Bundes nach Art. 72 Abs. 1 GG an sich verbundenen
Sperrwirkung Rechnung. Erfasst werden alle
AGs und GmbHs, an denen eine Mehrheitsbeteiligung
des betreffenden Landes besteht. Ob die Gesellschaft in
dem betreffenden Land auch ihren Sitz hat, ist
unerheblich.
III. Besetzung wesentlicher Gremien - Bestimmung von mindestens zwei Mitgliedern
Wie die Bezugnahme auf § 4 Absatz 1 Satz 1 BGremBG
ergibt, setzt die in § 4 Absatz 1 Satz 3 BGremBG festgelegte
Pflicht, auf paritätische Besetzung hinzuwirken,
voraus, dass der Bund mindestens zwei Mitglieder des
Gremiums zu bestimmen hat. Einen zu bestimmenden
Sitz aufzuteilen oder alternierend mit einer Frau und
einem Mann zu besetzen, ist nicht vorgesehen.
Dementsprechend ist das BGremBG auf die Vertretung
des Bundes im Verwaltungsrat der Deutschen Universität
für Verwaltungswissenschaften und die Entsendung
des Bundesvertreters in die Programmkonferenz
der Deutschen Richterakademie nicht anwendbar. - Bestimmung der Wesentlichkeit
Kraft Gesetzes als wesentlich gelten nach § 3 Nr. 2 a
BGremBG Gremien, bei denen die Bundesregierung als
Gesamtheit die Mitgliedschaft mindestens eines Mitglieds
zu beschließen oder zur Kenntnis zu nehmen hat.
Das trifft auf den Senat der Max-Planck-Gesellschaft
zu: Die beiden Mitglieder des Bundes im Senat
sind nach § 12 Absatz 7 der Satzung von der Bundesregierung
zu benennen und damit im Sinne von § 3 Nr. 4
BGremBG von ihr zu bestimmen.
Auch der Deutsche Ethikrat gehört hierher, da seine
26 Mitglieder zwar vom Präsidenten des Deutschen
Bundestages berufen, aber die Hälfe von Ihnen von der
Bundesregierung als Institution des Bundes im Sinne
von § 3 Nr. 3 BGremBG vorgeschlagen werden.
Die Wesentlichkeit anderer Gremien setzt nach § 3
Nr. 2 b BGremBG voraus, dass sie wegen ihrer besonderen
tatsächlichen, wissenschaftlichen oder zukunftsrelevanten
Bedeutung von der zuständigen Institution des
Bundes als wesentliches Gremium bestimmt worden
sind.
Das gilt einmal für die Fraunhofer-Gesellschaft. Deren
Satzung macht in § 10 Nr.1 b die Mitgliedschaft der
Vertreter des Bundes nicht davon abhängig, dass die
Bundesregierung über die Entsendung entscheidet. Deshalb
muss die zuständige Institution des Bundes, hier
das Bundesministerium für Bildung und Forschung,
über die Bestimmung als wesentlich entscheiden. Dass
dem Senat der Fraunhofer-Gesellschaft angesichts seiner
umfassenden Zuständigkeit einerseits und angesichts
der Bedeutung der Fraunhofer-Institute für die angewandte
Forschung in Deutschland andererseits besondere
tatsächliche, wissenschaftliche und zukunftsrelevante
Bedeutung im Sinne von § 3 Nr. 2 b BGremBG zukommt,
ist zweifelsfrei. Dementsprechend ist das Bundesministerium
für Bildung und Forschung gehalten, den Senat
als wesentliches Gremium zu bestimmen.
Auch die staatliche Kommission der Finanzmittelgeber
für das KIT hat angesichts ihrer Beratungs- und Entscheidungsbefugnisse
für die Großforschungseinrichtung
KIT besondere tatsächliche, wissenschaftliche und
zukunftsrelevante Bedeutung. Die Anwendung des
BGremBG auf die Kommission setzt nach § 3 Nr. 2 des
Gesetzes ebenfalls voraus, dass die zuständige Institution
des Bundes, also das Bundesministerium für Bildung
und Forschung, sie als wesentlich bestimmt. Das ist
erfolgt.21 - Hinwirkungspflicht
Nach § 4 Absatz 1 Satz 3 BGremBG haben die Institutionen
des Bundes bei jedem wesentlichen Gremium darauf
hinzuwirken, dass eine paritätische Vertretung von
Frauen und Männern nach § 4 Absatz 1 Sätze 1 und 2
geschaffen oder erhalten wird. Wie aus der Bezugnahme
auf Satz 1 folgt, ist Ziel eine jeweils gleiche Anzahl von
Frauen und Männern in dem betreffenden Gremium.
Steht dem Bund eine ungerade Zahl von Sitzen zu, darf
das Ungleichgewicht zwischen Frauen und Männern nur
einen Sitz betragen (Satz 2). Die Hinwirkungspflicht
trifft je nach ihrer Zuständigkeit die Bundesregierung
oder das Bundesministerium für Bildung und Forschung.
Beim Deutschen Ethikrat ist das für die Hälfte
der Mitglieder die Bundesregierung.
Durch Bezugnahme auf Satz 1 ist die Hinwirkungspflicht
als Sollvorschrift ausgestaltet. Das bedeutet nach
allgemeinen Grundsätzen, dass die Verpflichtung im Regelfall
strikt einzuhalten ist und Abweichungen nur in
atypischen Fällen zulässig sind, in denen konkrete Gründe
für das Abweichen von der Norm sprechen.22 Solche
Gründe sind auch hier das nach Art. 33 Absatz. 2 GG bestehende
Recht auf gleichen Zugang zu einem öffentli-
21 Auskunft des Bundesministeriums für Bildung und Forschung
vom 16. 3. 2022.
22 Vgl. Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 20. Aufl.
2019, § 40 Rn. 64.
1 5 4 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 2 ) , 1 4 7 — 1 5 4
chen Amt, das eine Bevorzugung wegen des Geschlechts
nur bei gleichwertiger oder fast gleichwertiger Eignung
zulässt23, sowie die Wissenschaftsfreiheit der betroffenen
Einrichtung, welche der Bestimmung wissenschaftsferner
Mitglieder Grenzen zieht.24 Andere Gründe, etwa
das Bestreben nach ausgewogener Vertretung der in einer
Koalition vertretenen Parteien, reichen nicht aus. - Vorlage an das Frauenministerium
Droht bei der Bestimmung der Mitglieder des Bundes
für ein wesentliches Gremium ein Unterschreiten der
Vorgaben des Absatzes 1, habe nach Absatz 3 Satz 2 und
3 auch hier je nach Zuständigkeit die Bundesregierung
oder das Bundesministerium für Bildung und Forschung
unverzüglich das Bundesministerium für Familie, Senioren
und Frauen zu unterrichten und die Gründe für die
drohende Unterschreitung darzulegen.
Weitere Rechtsfolgen einer Unterschreitung sieht das
Gesetz auch hier nicht vor. Insbesondere folgt aus der
Unterschreitung nicht die Unwirksamkeit der Bestellung
des vom Bund bestimmten Mitglieds des wesentlichen
Gremiums.
Allerdings sind auch bei der Bestimmung von Gremienmitgliedern
übergangene Bewerberinnen und Bewerber
nicht gehindert, ihr aus Art. 33 Absatz 2 GG folgendes
Recht auf gleichen Zugang zu einem öffentlichen
Amt nach den dafür in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte
und der Arbeitsgerichte entwickelten
Grundsätzen geltend zu machen, etwa zu rügen, dass bei
der Neubesetzung eines Aufsichtsratsamts die vom bisherigen
Amtsinhaber gesammelte fachliche Erfahrung
unberücksichtigt geblieben ist.25
Manfred Löwisch ist Professor an der Albert-Ludwig-
Universität Freiburg und Leiter der Forschungsstelle
für Hochschulrecht und Hochschularbeitsrecht.
Jonathan Tim Jocher ist Rechtsreferendar am Landgericht
Freiburg
23 Oben unter II 1 iVm Fn 15.
24 Oben unter II 1 iVm Fn 16.
25 Oben unter II 1 iVm Fn 17.