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Wie lan­ge ist man eigent­lich Nachwuchs?1 Die­se Fra­ge wirft die Debat­te rund um die Neu­ge­stal­tung der Arbeits­be­din­gun­gen des wis­sen­schaft­li­chen Mit­tel­baus regel­mä­ßig auf. Hoch­schu­len und For­schungs­ein­rich­tun­gen beschäf­ti­gen For­schen­de und Leh­ren­de regel­mä­ßig als „aka­de­mi­schen Nach­wuchs“ bis Mit­te 402 befris­tet. 2021 muss­ten sich das VG Freiburg3 und der VGH Mannheim4 mit die­ser Pro­ble­ma­tik aus recht­li­cher Sicht befas­sen. Der Antrags­stel­ler begehr­te, der Antrags­geg­ne­rin, einer Uni­ver­si­tät, zu unter­sa­gen, eine Ten­ure-Track-Pro­fes­sur ‚Neue­re Deut­sche Lite­ra­tur mit dem Schwer­punkt Inter­kul­tu­rel­le Lite­ra­tur­wis­sen­schaft‘ zu beset­zen. Die Aus­wahl­kom­mis­si­on der Uni­ver­si­tät hielt den pro­mo­vier­ten, zunächst noch nicht habi­li­tier­ten Antrags­stel­ler nicht mehr für einen „Nach­wuchs­wis­sen­schaft­ler in einer frü­hen Karrierephase“.5
Der vor­lie­gen­de Bei­trag will der Fra­ge nach­ge­hen, wie lan­ge man auf Juni­or­pro­fes­su­ren mit und ohne Ten­ure-Track beru­fen wer­den kann. Hier­zu lohnt sich ein Blick zurück: Wie hat sich die Juni­or­pro­fes­sur ent­wi­ckelt (I)? Die Ten­ure-Track-Pro­fes­sur soll­te wesent­li­che Defi­zi­te der Juni­or­pro­fes­sur aus­glei­chen. Hier muss die gesetz­ge­be­ri­sche Inten­ti­on näher betrach­tet wer­den (II). Dabei wer­den ein Kon­flikt der Juni­or­pro­fes­sur mit und ohne Ten­ure-Track mit wesent­li­chen Wer­tun­gen des WissZeitVG und eine Dis­pa­ri­tät der lan­des­recht­li­chen Kon­zep­tio­nen sicht­bar. Mit den Fol­gen hat­ten auch die bei­den Ver­wal­tungs­ge­rich­te zu kämp­fen (III). Die Reform des WissZeitVG könn­te womög­lich dazu bei­tra­gen, die­se Wer­tungs­wi­der­sprü­che auf­zu­lö­sen (IV).
I. Ent­wick­lung der Juni­or­pro­fes­sur
Will man das aka­de­mi­sche Höchst­al­ter zur Beru­fung auf eine Juni­or­pro­fes­sur bestim­men, muss man ihre Wur­zeln ver­ste­hen. Die Juni­or­pro­fes­sur ist Teil einer inten­dier­ten umfas­sen­den Umge­stal­tung der Hochschullandschaft.6 Es wird sich zei­gen: Die­se umfas­sen­de Umge­stal­tung hat nicht stattgefunden.

  1. Die Vor­stel­lun­gen des Bun­des­ge­setz­ge­bers
    Die Juni­or­pro­fes­sur ist eine Erfin­dung des Bun­des. Mit dem Fünf­ten Gesetz zur Ände­rung des Hoch­schul­rah­men­ge­set­zes und ande­rer Vor­schrif­ten (5. HRG­ÄndG) vom 16.02.2002 soll­te ein „neu­er Weg zur Pro­fes­sur an Uni­ver­si­tä­ten und gleich­ge­stell­ten Hoch­schu­len“ geschaf­fen werden.7 Der dar­aus resul­tie­ren­den neu­en Per­so­nal­ka­te­go­rie soll­te ein Recht zu selb­stän­di­ger For­Si­mon
    Pschorr
    Aka­de­mi­sches Höchst­al­ter für die Juni­or­pro­fes­sur
    Zur Ein­ord­nung der Juni­or­pro­fes­sur mit und ohne Ten­ure-Track in das Sys­tem wis­sen­schaft­li­cher
    Qua­li­fi­zie­rung
    1 Die For­mu­lie­rung „wis­sen­schaft­li­cher Nach­wuchs“ beschreibt For­schen­de und Leh­ren­de, die nicht auf eine Pro­fes­sur beru­fen wur­den. Er wird noch immer weit­hin ver­wen­det, vgl. etwa § 72 SHSG; § 33 BbgHG; https://www.bmbf.de/bmbf/de/forschung/wissenschaftlicher-nachwuchs/wissenschaftlicher-nachwuchs.html, zuletzt abge­ru­fen am 06.04.2023; Beck­OK Hoch­schul­recht Niedersachsen/Pautsch § 4 NHG Rn. 15; Epping/Epping § § 24 NHG Rn. 45; Barns tedt, Die Ver­ant­wor­tung der Hoch­schu­len für den wis­sen­schaft­li­chen Nach­wuchs, OdW 2018, 223, 224 ff.; Sie­we­ke, Die Rech­te des wis­sen­schaft­li­chen Nach­wuch­ses im Rah­men der Pro­mo­ti­on, JuS 2009, 283. Der Bun­des­be­richt wis­sen­schaft­li­cher Nach­wuchs selbs t kri­ti­siert dabei die Begriff­lich­keit, vgl. BuWin 2021, abruf­bar unter https://www.buwin.de/dateien/buwin-2021.pdf, zuletzt abge­ru­fen am 06.04.2023, S. 62; sie­he auch BuWin 2017, abruf­bar unter https://www.buwin.de/dateien/buwin-2017.pdf, S. 65; zuletzt abge­ru­fen am 06.04.2023; Döring, Wol­len wir wirk­lich BeStI(e)n sein? Ein Plä­doy­er an und gegen „den wis­sen­schaft­li­chen Nach­wuchs“, abruf­bar unter https://mittelalter.hypotheses.org/9774, zuletzt abge­ru­fen am 06.04.2023; Wilms, Wer wächs t wohin? Zum Begriff des wis­sen­schaft­li­chen Nach­wuch­ses, abruf­bar unter https://www.praefaktisch.de/wissenschaftlicher-nachwuchs/wer-waechs t‑wo­hin-zum-begriff-des-wis­sen­schaft­li­chen-nach­wuch­ses/, zuletzt abge­ru­fen am 06.04.2023. Im Fol­gen­den wird für die Sta­tus­grup­pe der Beschäf­tig­ten unter­halb der Pro­fes­sur des­halb der neu­tra­le­re Ter­mi­nus „wis­sen­schaft­li­cher Mit­tel­bau“ ver­wen­det.
    2 Vgl. BuWin 2021, abruf­bar unter https://www.buwin.de/dateien/buwin-2021.pdf, zuletzt abge­ru­fen am 06.04.2023, S. 196; https://www.s tatis tik-bw.de/Presse/Pressemitteilungen/2023069
    3 VG Frei­burg, Beschluss vom 12.04.2021 – 1 K 348/21 = Beck­RS 2021, 10384.
    4 VGH Mann­heim, Beschluss vom 07.07.2021 – 4 S 1541/21 = Beck­RS 2021, 19932.
    5 VG Frei­burg, Beschluss vom 12.04.2021 – 1 K 348/21 = Beck­RS 2021, 10384 Rn. 63.
    6 Zur Kon­zep­ti­on Hoins, Die Juni­or­pro­fes­sur als Zen­tral­fi­gur der Per­so­nals truk­tur­re­form an den Hoch­schu­len, NVwZ 2003, 1343.
    7 BT-Drs. 14/6853, S. 1.
    Ord­nung der Wis­sen­schaft 2023, ISSN 2197–9197
    1 7 4 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 3 ) , 1 7 3 — 1 8 0
    8 BT-Drs. 14/6853, S. 1; zu den prak­ti­schen Fol­gen im Lehr­de­pu­tat
    vgl. OVG Lüne­burg, Beschluss vom 29.06.2004 — 2 NB 859/04 =
    NJOZ 2004, 3095, 3096.
    9 BT-Drs. 14/6853, S. 14.
    10 BT-Drs. 14/6853, S. 14.
    11 BT-Drs. 14/6853, S. 15, 18 f.
    12 BT-Drs. 14/6853, S. 16.
    13 BT-Drs. 14/6853, S. 16.
    14 BT-Drs. 14/6853, S. 17.
    15 Dem Ver­fas­ser is t bewuss t, dass die Beru­fungs pra­xis den Begriff
    gering­fü­gig anders ver­wen­det. Das aka­de­mi­sche Alter wird
    in Beru­fungs­ver­fah­ren als Kenn­grö­ße der wis­sen­schaft­li­chen
    Leis tun­gen rela­tiv zur Lebens­zeit bzw. akti­ven Publi­ka­ti­ons­zeit
    genutzt. Sie­he hier­zu etwa OVG Müns ter, Beschluss vom
    17.01.2022 – 6 B 1512/21 = Beck­RS 2022, 294 Rn. 20 ff.; VG Min­den,
    Beschluss vom 31.08.2021 – 4 L 265/21 = Beck­RS 2021, 46261 Rn.
    23; Beck­OK Hoch­schul­recht Bayern/Jaburek Art. 18 BayHSchPG
    Rn. 56; https://gb.uni-koeln.de/e2106/e2113/e37146/Handreichung_
    akad_Alter_UzK_ger.pdf; https://www.ufz.de/export/
    data/2/272592_262666_Infoblatt_Akademisches%20Alter.pdf;
    https://www.tu.berlin/s tabbk/berufungen/berufungsverfahren/
    aka­de­mi­sches-alter; https://www.uni-frankfurt.de/83947891/
    FAQ_de_2020.pdf; https://www.uni-kons tanz.de/forschen/
    aka­de­mi­sche-kar­rie­re­ent­wick­lun­g/­kons tan­zer-kodex/; https://tudresden.
    de/­tu-dres­den/­uni­ver­si­taets­kul­tur/­di­ver­si­taet-inklu­si­on/
    ressourcen/dateien/gleichs tel­lun­g/­be­ru­fun­gen/­chan­cen­gleich­he­it­in-
    berufungsverfahren?lang=de, S. 2, jeweils zuletzt abge­ru­fen am
    06.04.2023.
    16 Mit der Ter­mi­no­lo­gie des Bun­des­ge­setz­ge­bers wird im Fol­gen­den
    die ori­gi­nä­re Pro­fes­sur auf Lebens­zeit als Lebens­zeit­pro­fes­sur
    bezeich­net.
    17 BT-Drs. 14/6853, S. 17.
    18 Dazu nächer BT-Drs. 14/6853, S. 20 ff.
    19 Geis/Krause WissZeitVG Einf. Rn. 4, 7; Erf­Kom­m/­Mül­ler-Glö­ge
    § 1 WissZeitVG Rn. 4; Ascheid/Preis/Schmidt/Schmidt
    § 1 WissZeitVG Rn. 3; Boecken/Düwell/Diller/Hanau/Boemke
    § 1 WissZeitVG Rn. 1; anders aber Nomos­Komm-BR/­Jous­sen
    § 1 Rn. 3; Löwisch, Die Ablö­sung der Befris tungs­bes tim­mun­gen
    des Hoch­schul­rah­men­ge­set­zes durch das Wis­sen­schafts­zeit­ver­trags­ge­setz,
    NZA 2007, 479; zu den Modi­fi­ka­tio­nen des Anwen­dungs­be­reichs
    auch Meiß­ner, Ents tehung und Ent­wick­lung des
    Hoch­schul­be­fris­tungs­rechts, OdW 2016, 181, 184.
    20 Zu den Fol­gen für das Befris tungs­recht der §§ 57a ff. HRG sie­he
    Löwisch, Befris tun­gen im Hoch­schul­be­reich — Rechts­la­ge nach
    dem Urteil des BVerfG zur Juni­or­pro­fes­sur, NZA 2004, 1065 und
    Dieterich/Preis, Das Hoch­schul­ar­beits­recht in der Verfassungsfalle?
  • Erwi­de­rung auf Löwisch, NZA 2004, 1065 ff., NZA 2004, 1241.
    21 BVerfG, Urteil vom 27.07.2004 — 2 BvF 2/02 = NJW 2004, 2803.
    22 BVerfG, Urteil vom 27.07.2004 — 2 BvF 2/02 = NJW 2004, 2803,
    2804.
    23 BVerfG, Urteil vom 27.07.2004 — 2 BvF 2/02 = NJW 2004, 2803,
    2804 f.
    24 BVerfG, Urteil vom 27.07.2004 — 2 BvF 2/02 = NJW 2004, 2803,
    2807.
    25 Janz, Aus für die Juni­or­pro­fes­sur?, JuS 2004, 852, 855.
    26 Zur Ter­mi­no­lo­gie vgl. Löwisch, Die gesetz­li­che Repa­ra­tur des
    Hoch­schul­be­fris tungs­rechts, NZA 2005, 321.
    27 Bezeich­net als Besei­ti­gung von Rechts­un­si­cher­hei­ten, vgl. BT-Drs.
    15/4132, S. 1; beck­link 129957.
    schung und Lehre8 zukom­men, um „die im inter­na­tio­na­len
    Ver­gleich unzu­rei­chen­de Selb­stän­dig­keit der Post­dok­to­ran­din­nen
    und Post­dok­to­ran­den zu beseitigen“.9
    Dar­über hin­aus soll­te sie ein Instru­ment gegen die „lan­ge
    Qua­li­fi­ka­ti­ons­dau­er des wis­sen­schaft­li­chen Nach­wuch­ses“
    und „das hohe Erst­be­ru­fungs­al­ter von Pro­fes­so­rin­nen
    und Pro­fes­so­ren“ sein.10 In Abkehr vom klas­si­schen
    Habilitationsmodell11 soll­te die Juni­or­pro­fes­sur als
    neue „Bewäh­rungs­pha­se für eine Lebens­zeit­pro­fes­sur“
    eta­bliert werden.12 Die Juni­or­pro­fes­sur soll­te nach Vor­stel­lung
    des Bun­des­ge­setz­ge­bers in mög­lichst zeit­na­hem
    Anschluss an die Pro­mo­ti­on ange­tre­ten wer­den, wobei
    die Län­ge der Pro­mo­ti­ons- und Beschäf­ti­gungs­pha­se vor
    der Juni­or­pro­fes­sur ins­ge­samt nicht mehr als sechs Jah­re
    betra­gen sollte.13 Jedoch war kei­ne gesetz­li­che Alters­gren­ze
    vorgesehen.14 Die­se (Vor-)Beschäftigungszeit in
    der Wis­sen­schaft soll im Fol­gen­den als aka­de­mi­sches
    Alter bezeich­net werden.15 Nach einer Zwi­schen­eva­lua­ti­on
    im Rah­men der Juni­or­pro­fes­sur nach drei Jah­ren und
    nach Ablauf von vier bis höchs­tens sechs Jah­ren soll­te
    eine Bewer­bung auf eine Lebenszeitprofessur16 erfol­gen.
    17 Im glei­chen Gesetz wur­de der Grund­stein für das
    Befris­tungs­recht des aka­de­mi­schen Mit­tel­baus gelegt:
    §§ 57a – 57b HRG aF,18 die im Rege­lungs­kern weit­ge­hend
    unmo­di­fi­ziert in das WissZeitVG über­nom­men wur­den.
    19
    Doch die Kon­zep­ti­on des Bun­des­ge­setz­ge­bers hielt
    vor dem Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt nicht stand. Es erklär­te
    die Juniorprofessur20 für mit dem Grund­ge­setz
    unvereinbar.21 Zwar stand dem Bund zu die­sem Zeit­punkt
    (noch) die Rah­men­ge­setz­ge­bungs­kom­pe­tenz zur
    Nor­mie­rung der all­ge­mei­nen Grund­sät­ze des Hoch­schul­we­sens
    gem. Art. 75 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a GG aF zu.
    Doch über­schritt der Bund die­sen Kom­pe­tenz­ti­tel, weil
    er nicht nur eine Rah­men­vor­ga­be setz­te, son­dern den
    Län­dern die Mög­lich­keit ent­zog, die Sach­ma­te­rie ent­spre­chend
    den beson­de­ren Ver­hält­nis­sen des Lan­des zu
    regeln.22 Mit sei­ner detail­lier­ten Rege­lung des neu­en
    Hoch­schul­per­so­nal­mo­dells über­schritt er zugleich Art.
    75 Abs. 2 GG aF.23 Das Dienst­recht erwies sich für den
    Bun­des­ge­setz­ge­ber als ver­fas­sungs­wid­ri­ges Mit­tel, um
    die per­so­nel­le Orga­ni­sa­ti­on der Hoch­schu­len und damit
    das Hoch­schul­we­sen ins­ge­samt grund­le­gend umzu­ge­stal­ten.
    24 Die Lite­ra­tur erkann­te umge­hend, dass der
    Spruch des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts die grund­le­gen­de
    Umstruk­tu­rie­rung der Hoch­schul­land­schaft been­de­te,
    jedoch die Juni­or­pro­fes­sur nicht beerdigte.25
    Dies besie­gel­te spä­tes­tens das „Reparaturgesetz“26 zur
    Ände­rung dienst- und arbeits­recht­li­cher Vor­schrif­ten
    im Hoch­schul­be­reich vom 27.12.2004. Mit die­sem ret­te­te
    der Bund das Kon­zept der Juniorprofessur,27 indem er in
    den §§ 42 S. 1, 47 f. HRG nur noch die Per­so­nal­ka­te­go­rie
    Pschorr · Aka­de­mi­sches Höchst­al­ter für die Juni­or­pro­fes­sur 1 7 5
    28 Näher BT-Drs. 15/4132, S. 13 ff.
    29 BT-Drs. 15/4132, S. 14.
    30 BT-Drs. 15/4132, S. 14.
    31 BT-Drs. 15/4132, S. 15.
    32 beck­link 143916.
    33 2018 waren 276 von ins­ge­samt 1580 Juni­or­pro­fes­su­ren Teil des
    Ten­ure-Track-Pro­gramms, sie­he BuWin 2021, abruf­bar unter
    https://www.buwin.de/dateien/buwin-2021.pdf, zuletzt abge­ru­fen
    am 06.04.2023, S. 93.
    34 Sta­tis tisches Bun­des­amt, Anzahl der Juni­or­pro­fes­so­rin­nen und
    -Pro­fes­so­ren nach Geschlecht in Deutsch­land in den Jah­ren von
    2005 bis 2018, abruf­bar unter https://de.s tatis ta.com/s tatis tik/
    daten/s tudie/1244537/­um­fra­ge/­ju­ni­or­pro­fes­so­rin­nen-und-pro­fes­so­ren-
    nach-geschlech­t/, zuletzt abge­ru­fen am 06.04.2023.
    35 Näher sowie zum hohen Frau­en­an­teil sie­he BuWin 2021, abruf­bar
    unter https://www.buwin.de/dateien/buwin-2021.pdf, zuletzt
    abge­ru­fen am 06.04.2023, S. 88 ff.
    36 Die maß­geb­li­chen Nor­men sind § 51 BWLHG; § 54 RPF­HocSchG;
    § 42 SHSG; § 30 NHG; Art. 14 ff. BayHSchPersG aF bzw. Art. 63 ff.
    Bay­HIG nF; §§ 45 f. BbgHG; § 64 S‑HHSG; §§ 101, 102a f. BerlHG;
    § 89 ThürHG; §§ 18 f. HmbHG; § 62 M‑VLHG; § 63 SächsHSFG;
    §§ 40 f. LSAHSG; §§ 17 f. BremHG; §§ 36, 39 Abs. 5 f. NRWHG.
    37 Die­se Aus­nah­me soll als Über­brü­ckungs­mög­lich­keit bei nega­ti­ver
    Eva­lua­ti­on die­nen, vgl. Beck­OK Hoch­schul­recht Hessen/Globuschütz
    § 70 HessHG Rn. 2. Hier­für is t sie dis­funk­tio­nal – is t bei
    Eva­lua­ti­on ja bereits eine Qua­li­fi­ka­ti­ons pro­fes­sur begrün­det.
    38 Der Begriff der Juni­or­pro­fes­sur wur­de auf­grund der Stig­ma­ti­sie­rungs­wir­kung
    ver­mie­den, vgl. Beck­OK Hoch­schul­recht Hessen/
    Glo­buschütz § 70 HessHG Rn. 2.
    39 Auch hier is t die Lebens­zeit­pro­fes­sur gemeint. Das Gesetz soll
    jedoch wört­lich wie­der­ge­ge­ben wer­den.
    40 So auch § 51 Abs. 1 S. 1 BWLHG; § 42 Abs. 1 SHSG;
    § 30 Abs. 1 S. 1 NHG; Art. 63 Abs. 6 S. 1 Bay­PersHG;
    § 64 Abs. 1 SHSG; § 89 Abs. 1 S. 1 ThürHG.
    41 So auch § 49 Abs. 2 S. 1 RPF­Hoch­SchG; § 41 Abs. 2 S. 1 BbgHG;
    § 100 Abs. 2 S. 1 BerlHG; § 15 Abs. 2 HmbHG.
    42 Näher Hartmer/Detmer/Hartmer Kap. 5 Rn. 115.
    43 Zu den anrech­nungs­fä­hi­gen Zei­ten vgl. OVG Ham­burg, Beschlus
    vom 06.07.2005 — 1 Bs 190/05 = NVwZ-RR 2006, 186, 187.
    44 So auch § 42 Abs. 4 SHSG; § 102a S. 4 BerlHG;
    § 89 Abs. 3 S. 1 ThürHG; § 18 Abs. 4 S. 1 HmbHG;
    § 63 Abs. 3 S. 1 SächsHSFG.
    als sol­che und weni­ge Beru­fungs­vor­aus­set­zun­gen nor­mier­te.
    28 Den­noch schien er das umfas­sen­de Reform­vor­ha­ben
    nicht auf­ge­ge­ben zu haben. Das zeigt sich, wenn
    man die Aus­füh­run­gen in den Geset­zes­ma­te­ria­li­en zum
    Rege­lungs­zweck näher betrach­tet: Erneut wird die spä­te
    Beru­fung auf die Lebens­zeit­pro­fes­sur betont.29 Neu­er­lich
    wird ein erheb­li­cher Ver­lust klu­ger Köp­fe an den aus­län­di­schen
    Wis­sen­schafts­ar­beits­markt beklagt.30 Anders als
    2002 wur­de nun­mehr sogar das aka­de­mi­sche Höchst­al­ter
    von sechs Jah­ren als Soll-Rege­lung in § 47 S. 2 HRG
    auf­ge­nom­men. Dies sei durch das „Ziel der frü­he­ren
    Selb­stän­dig­keit des wis­sen­schaft­li­chen Nach­wuch­ses in
    For­schung und Leh­re gerechtfertigt“.31 Als Aus­nah­me
    wur­de auf neue Rege­lun­gen zur fami­li­en- und behin­der­ten­po­li­ti­schen
    Kom­po­nen­te ver­wie­sen (heu­te
    § 2 Abs. 5 WissZeitVG).
    Die zustän­di­ge Bun­des­bil­dungs­mi­nis­te­rin Buhl­mann
    erklär­te die Juni­or­pro­fes­sur zum Erfolgsmodell.32 Doch
    wur­den bis 2018 nur 1304 Juni­or­pro­fes­su­ren ohne Ten­ure-
    Track33 bun­des­weit eta­bliert – die Zahl ist rückläufig.34
    In den unter­schied­li­chen Fach­rich­tun­gen wird unter­schied­lich
    oft auf die Juni­or­pro­fes­sur zurückgegriffen.35
  1. Die Kon­zep­ti­on der Län­der
    Die Bun­des­län­der haben die Juni­or­pro­fes­sur in ihre
    Lan­des­hoch­schul­ge­set­ze aufgenommen.36 Mit der Föde­ra­lis­mus­re­form
    II ver­lor der Bun­des­ge­setz­ge­ber sei­ne
    Rege­lungs­kom­pe­tenz des Hoch­schul­rechts völ­lig, sodass
    die Lan­des­nor­men gem. Art. 125a Abs. 1 S. 1 GG fort­gel­ten­des
    Bun­des­recht ablös­ten. Das neue Hes­si­sche Hoch­schul­ge­setz
    bil­det inso­weit die Aus­nah­me. Hier ist in
    § 70 Abs. 3 ff. HessHG eine sog. Qua­li­fi­ka­ti­ons­pro­fes­sur
    vor­ge­se­hen, die nur ausnahmsweise37
    (§ 70 Abs. 5 S. 1 HessHG) ohne eine sog. Ent­wick­lungs­zu­sa­ge
    gem. § 70 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1 HessGH begrün­det
    wer­den darf. Obschon ande­re Begriff­lich­kei­ten ver­wen­det
    werden,38 han­delt es sich inhalt­lich um Juni­or­pro­fes­su­ren
    mit und ohne Ten­ure-Track.
    Auf­ga­be der Juni­or­pro­fes­sur ist es, sich durch die
    selbst­stän­di­ge Wahr­neh­mung der ihrer Uni­ver­si­tät oblie­gen­den
    Auf­ga­ben in For­schung, Kunst, Leh­re und
    Wei­ter­bil­dung für die Beru­fung auf eine Professur39 an
    einer Uni­ver­si­tät zu qua­li­fi­zie­ren. So for­mu­liert es
    § 35 Abs. 4 S. 2 NRWHG ausdrücklich.40 In ande­ren Bun­des­län­dern,
    bei­spiels­wei­se Sach­sen-Anhalt, ergibt sich
    dies impli­zit aus den Beru­fungs­vor­aus­set­zun­gen auf eine
    Lebens­zeit­pro­fes­sur (§ 35 Abs. 3 S. 1 LSAHSG).41 In allen
    Bun­des­län­dern kann man sich auf eine Lebens­zeit­pro­fes­sur
    bewer­ben, auch wenn man zuvor kei­ne Juni­or­pro­fes­sur
    beklei­de­te. Dem Grun­de nach haben somit alle
    Bun­des­län­der das Rege­lungs­kon­zept des Bun­des, auf
    dem die Juni­or­pro­fes­sur basiert, über­nom­men.
    Span­nend wird es aller­dings, wenn man die lan­des­recht­li­chen
    Rege­lun­gen zum aka­de­mi­schen Höchst­al­ter
    betrach­tet. Trotz iden­ti­scher Grund­kon­zep­ti­on nor­mie­ren
    die Län­der unter­schied­li­che Höchst­vor­be­schäf­ti­gungs­zei­ten
    in der Wis­sen­schaft. In Baden-Würt­tem­berg
    etwa soll42 eine Beru­fung auf eine Juni­or­pro­fes­sur
    nur erfol­gen, wenn auf­sum­mier­te Beschäftigungszeiten43
    an deut­schen Hoch­schu­len oder wis­sen­schaft­li­chen Ein­rich­tun­gen
    (vgl. den Ver­weis in § 51 Abs. 3 S. 3 BWLHG
    auf § 2 Abs. 3 S. 1 WissZeitVG) vor und nach der Pro­mo­ti­on
    sechs Jah­re nicht überschreiten.44 Die­se zeit­li­che Begren­zung
    lei­tet Fren­zel aus der Funk­ti­on als Qualifikati1
    7 6 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 3 ) , 1 7 3 — 1 8 0
    45 Beck­OK Hoch­schul­recht Baden-Würt­tem­ber­g/F­ren­zel § 51 Rn. 14.
    46 § 64 Abs. 3 S. 1 S‑HHSG.
    47 § 62 Abs. 1 S. 4 M‑VLHG.
    48 So auch § 45 Abs. 2 S. 1 BbgHG.
    49 BayLT-Drs. 18/22504, S. 119.
    50 In der Medi­zin neun Jah­re.
    51 So auch § 40 S. 2 LSAHSG.
    52 § 70 Abs. 3 S. 3 Hs. 2, Abs. 4 S. 2 HessHG; § 45 Abs. 2 S. 3 BbgHG;
    Art. 63 Abs. 1 S. 7 Bay­HIG; § 102a S. 4 Hs. 2 BerlHG;
    § 51 Abs. 3 S. 2 BWLHG, § 89 Abs. 3 S. 2 ThürHG,
    § 18 Abs. 4 S. 2 HmbHG, § 62 Abs. 1 S. 5 M‑VLHG,
    § 63 Abs. 3 S. 2 SächsHSFG und § 64 Abs. 3 S. 2 S‑HHSG jeweils
    i.V.m. § 2 Abs. 5 S. 1 Nr. 1, 3 WissZeitVG.
    53 § 42 Abs. 4 S. 2 SHSG und § 63 Abs. 3 S. 2 SächsHSFG i.V.m.
    § 2 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 WissZeitVG
    54 § 51 Abs. 3 S. 2 BWLHG, § 64 Abs. 3 S. 2 SH-HSG,
    § 89 Abs. 3 S. 2 ThürHG, § 18 Abs. 4 S. 2 HmbHG,
    § 62 Abs. 1 S. 5 M‑VLHG, § 63 Abs. 3 S. 2 SächsHSFG und
    § 42 Abs. 4 S. 2 SHSG jeweils i.V.m. § 2 Abs. 5 S. 1 Nr. 4, 5 WissZeitVG.
    55 Geis/Krause WissZeitVG Einf. Rn. 4.
    56 Meck­len­burg-Vor­pom­mern hat die­ses Sys tem im Wesent­li­chen
    über­nom­men, da auch bei Aus­schöp­fung der Höchs tbe­fris tungs­dau­er
    in der Pro­mo­ti­ons pha­se nach § 2 Abs. 1 S. 1 WissZeitVG
    noch drei Jah­re Pos tdoc-Pha­se ver­blei­ben, bevor die Bewer­bung
    auf die Juni­or­pro­fes­sur regel­wei­se ges perrt is t.
    57 Sie­he expli­zit Beck­OK Hoch­schul­recht Hessen/Globuschütz
    § 70 Rn. 2.
    58 Wis­sen­schafts­rat, Emp­feh­lun­gen zu Kar­rie­re­zie­len und ‑wegen
    an Uni­ver­si­tä­ten, Drs. 400 9 ‑14, abruf­bar unter https://
    www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/4009–14.pdf?__
    blob=publicationFile&v=2, zuletzt abge­ru­fen am 06.04.2023, S. 18.
    ons­stel­le ab.45 In Schles­wig-Hol­stein (sie­ben Jahre)46 und
    in Meck­len­burg-Vor­pom­mern (neun Jahre)47 wur­den
    höhe­re Gren­zen gewählt.
    Bay­ern hat kürz­lich eine ver­gleich­ba­re Vor­schrift
    (Art. 14 S. 3 BayHSchPersG) abge­schafft und durch
    Art. 63 Abs. 1 S. 5 Bay­HIG ersetzt. Hier­nach soll auf eine
    Juni­or­pro­fes­sur beru­fen wer­den, wes­sen Pro­mo­ti­on zum
    Ende der Aus­schrei­bungs­pflicht nicht mehr als vier Jah­re
    zurückliegt.48 Auch dies wird mit der Eigen­schaft der
    Juni­or­pro­fes­sur als Qua­li­fi­ka­ti­ons­stel­le begründet.49
    Hier wird also nicht auf das gesam­te aka­de­mi­sche Alter,
    son­dern nur auf die Län­ge der Post­doc-Pha­se zurück­ge­grif­fen.
    In Rhein­land-Pfalz kön­nen gem.
    § 54 Abs. 1 S. 4 RPF­Hoch­SchG sogar sechs Jahre50 seit der
    Pro­mo­ti­on ver­gan­gen sein.51
    Schließ­lich hat Hes­sen ein Zwit­ter­mo­dell nor­miert.
    Dort soll gem. § 70 Abs. 3 S. 3, Abs. 5 S. 2 HessHG eine
    Beru­fung nur bis zu einem aka­de­mi­schen Gesamt­höchst­al­ter
    von 9 Jah­ren und einer Post­doc-Pha­se von
    bis zu vier Jah­ren erfol­gen. Nur Bre­men
    (§ 18 Abs. 4 BremHG), Nord­rhein-West­fa­len und Nie­der­sach­sen
    haben kei­ne aus­drück­li­che Rege­lung.
    Alle Bun­des­län­der mit aka­de­mi­scher Höchst­al­ters­be­gren­zung
    berück­sich­ti­gen Kin­der­er­zie­hungs­zei­ten expli­zit.
    52 Ein­schrän­kun­gen durch Behin­de­rung bzw. lan­ge
    Krank­heit wer­den in eini­gen Lan­des­ge­set­zen durch Bezug­nah­me
    auf das WissZeitVG expli­zit Rech­nung getragen53
    und kön­nen ansons­ten als Aus­nah­me­kon­stel­la­ti­on
    in der „Soll-Rege­lung“ ver­or­tet wer­den. Schließ­lich brin­gen
    eini­ge Bun­des­län­der auch Wehr­dienst- und Gre­mi­en­zei­ten
    in Abzug.54 Dadurch ent­steht ein sog. berei­nig­tes
    aka­de­mi­sches Alter.
  2. Ver­gleich der lan­des­ge­setz­li­chen Kon­zep­ti­on mit dem
    WissZeitVG
    Unter der Lupe der Rege­lungs­zie­le des Bun­des­ge­setz­ge­bers
    2002 und 2004 wirkt das Rege­lungs­mo­dell des aka­de­mi­schen
    Höchst­al­ters von sechs Jah­ren kohä­rent: Wie
    oben skiz­ziert soll­te der Weg zur Pro­fes­sur umge­stal­tet
    wer­den und die Juni­or­pro­fes­sur an die Stel­le der Habi­li­ta­ti­on
    tre­ten. Die Habi­li­ta­ti­ons­schrift wur­de regel­mä­ßig
    wäh­rend einer Beschäf­ti­gung als Post­doc auf einer Stel­le
    als wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter ange­fer­tigt. Für die­se
    Tätig­keit soll­te ein zeit­li­cher Höch­st­rah­men von sechs
    Jah­ren gesetzt wer­den (sog. Qualifikationsphase).55 Die
    sechs­jäh­ri­ge Juni­or­pro­fes­sur soll­te der bevor­zug­te Qua­li­fi­ka­ti­ons­weg
    für zukünf­ti­ge Lebens­zeit­pro­fes­su­ren
    sein. Damit wird ein drei­stu­fi­ger Kar­rie­re­auf­bau vor­ge­zeich­net:
    Pro­mo­ti­ons­pha­se (R1), Qua­li­fi­ka­ti­ons­pha­se als
    wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter oder Juni­or­pro­fes­sor
    (R2), Lebens­zeit­pha­se (R3).
    Die­je­ni­gen Länder,56 wel­che sich vom aka­de­mi­schen
    Gesamt­höchst­al­ter gelöst haben und nur noch oder auch
    die Post­doc-Pha­se betrach­ten, fol­gen einem ande­ren Rege­lungs­mo­dell:
    Sie ori­en­tie­ren sich57 an einem vier­stu­fi­gen
    Kar­rie­re­auf­bau, den der Wis­sen­schafts­rat 2014 bewarb.
    58 Auf die Pro­mo­ti­ons­pha­se (R1) soll­te eine Post­doc-
    Pha­se (R2) fol­gen, die die Eva­lua­ti­ons­pha­se (R3)
    vor­be­rei­tet, die schließ­lich in der Lebens­zeit­pha­se (R4)
    enden soll. Die Juni­or­pro­fes­sur wird so zum Bau­stein
    der Eva­lua­ti­ons­pha­se (R3). Statt also nach der Vor­stel­lung
    des Bun­des­ge­setz­ge­bers von 2002 bzw. 2004 die
    Lauf­zeit bis zur Lebens­zeit­pro­fes­sur zu ver­kür­zen, ver­län­gert
    die­ses Sys­tem den wis­sen­schaft­li­chen Kar­rie­re­weg
    um vier bis sechs Jah­re.
    Pschorr · Aka­de­mi­sches Höchst­al­ter für die Juni­or­pro­fes­sur 1 7 7
    59 Wis­sen­schafts­rat, Emp­feh­lun­gen zu Kar­rie­re­zie­len und ‑wegen
    an Uni­ver­si­tä­ten, Drs. 400 9 ‑14, abruf­bar unter https://
    www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/4009–14.pdf?_ blob=publicationFile&v=2, zuletzt abge­ru­fen am 06.04.2023, S. 11. 60 Nähe­res sie­he https://www.tenuretrack.de/de/tenure-trackprogramm/ das-bund-laen­der-pro­gramm, zuletzt abge­ru­fen am 06.04.2023. 61 https://www.tenuretrack.de/de/tenure-track-programm/das-bundlaender- pro­gramm, zuletzt abge­ru­fen am 06.04.2023. 62 https://www.tenuretrack.de/de/tenure-track-programm/die-tenure- track-pro­fes­sur, zuletzt abge­ru­fen am 06.04.2023. 63 Ver­wal­tungs­ver­ein­ba­rung zwi­schen Bund und Län­dern gemäß Arti­kel 91b Absatz 1 des Grund­ge­set­zes über ein Pro­gramm zur För­de­rung des wis­sen­schaft­li­chen Nach­wuch­ses vom 19.10.2016, abruf­bar unter https://www.tenuretrack.de/de/dateien/ ten­ure-track/­ver­wal­tungs­ver­ein­ba­rung-wis­sen­schaft­li­cher-nach­wuchs- 2016.pdf, zuletzt abge­ru­fen am 06.04.2023. 64 Zum inter­na­tio­na­len Vor­bild Kau­haus, Pos tdoc Fore­ver: Is t das Wis­sen­schafts­zeit­ver­trags­ge­setz zu groß­zü­gig?, https://www.almameta. de/pos tdoc-fore­ver-is t‑das-wis­sen­schafts­zeit­ver­trags­ge­setz­zu- grosszuegig/, zuletzt abge­ru­fen am 06.04.2023. 65 Wis­sen­schafts­rat, Emp­feh­lun­gen zu Kar­rie­re­zie­len und ‑wegen an Uni­ver­si­tä­ten, Drs. 4009 ‑14, abruf­bar unter https:// www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/4009–14.pdf?_
    blob=publicationFile&v=2, zuletzt abge­ru­fen am 06.04.2023, S. 11.
    66 https://www.dfg.de/foerderung/programme/einzelfoerderung/
    emmy_noether/index.html, zuletzt abge­ru­fen am 06.04.2023.
    67 In Baden-Würt­tem­berg liegt das Ers tbe­ru­fungs­al­ter auf eine
    Lebens­zeit­pro­fes­sur aktu­ell bei durch­schnitt­lich 42 Jah­ren,
    sie­he unter https://www.s tatis tik-bw.de/Presse/Pressemitteilungen/
    2023069, zuletzt abge­ru­fen am 06.04.2023.
    68 Sie­he auch VG Frei­burg, Beschluss vom 12.04.2021 – 1 K 348/21 =
    Beck­RS 2021, 10384 Rn. 6.
    69 § 51b BWLHG; § 43 Abs. 2 S. 8 SHSG; § 55 Abs. 1 RPF­Hoch-
    SchG; § 30 Abs. 4 S. 4 NHG; Art. 63 Abs. 4 S. 1 Bay­HIG;
    § 62a Abs. 1 S. 1 S‑HHSG; § 45 Abs. 2 S. 1 BbgHG; § 102c BerlHG;
    § 85 Abs. 1 S 4 Nr. 4 ThürHG; § 14 Abs. 6 Nr. 3 HmbHG;
    § 62a Abs. 1 S 1 M‑VLHG; § 59 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SächsHSFG;
    § 36 Abs. 2 S. 4 Nr. 2 LSAHSG; § 18a BremHG;
    § 38a Abs. 1 NRWHG.
    II. Der Ten­ure-Track als „Juni­or­pro­fes­sur Plus“
    Die­ser vier­stu­fi­ge Kar­rie­re­auf­bau des Wis­sen­schafts­rats
    von 2014 sieht jedoch in der Eva­lua­ti­ons­pha­se (R3) eine
    wei­te­re Modi­fi­ka­ti­on vor: Den Ten­ure-Track. Die­ser sol­le
    eine kon­zep­tio­nel­le Wei­ter­ent­wick­lung der Juni­or­pro­fes­sur
    sein.59 Die recht­li­che Rege­lungs­struk­tur die­ser
    Beschäf­ti­gungs­form wird im Fol­gen­den betrachtet.
  3. Kon­zep­ti­on des Ten­ure-Track-Pro­gramms
    Auch das Instru­ment des Ten­ure-Tracks wur­de durch
    den Bund initi­iert, aller­dings man­gels Kom­pe­tenz nicht
    als Gesetz­ge­ber, son­dern mit dem Ten­ure-Track-Pro­gramm
    des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Bil­dung und For­schung
    2016.60 Hier­mit för­dert der Bund die Ein­rich­tung
    von ins­ge­samt 1000 sog. Ten­ure-Track-Pro­fes­su­ren für
    ins­ge­samt 15 Jah­re. Auch die­ses Pro­gramm zielt auf einen
    „Kul­tur­wan­del an den deut­schen Uni­ver­si­tä­ten“ ab und
    soll „ein[en] zusätzliche[n] Kar­rie­re­weg zur Pro­fes­sur“
    etablieren.61 Dane­ben spielt nun­mehr aber auch die man­geln­de
    Sicher­heit der Kar­rie­re­ent­wick­lung eine Rolle.62
    Bund und Län­der haben hin­sicht­lich der Details des
    Pro­gramms eine Ver­wal­tungs­ver­ein­ba­rung gem.
    Art. 91b Abs. 1 GG getroffen.63 Sog. „jun­gen“ Wis­sen­schaft­le­rin­nen
    und Wis­sen­schaft­lern sol­le nach der Prä­am­bel
    die­ser Ver­ein­ba­rung frü­her als bis­her eine Ent­schei­dung
    über den dau­er­haf­ten Ver­bleib im Wis­sen­schafts­sys­tem
    ermög­licht wer­den. Die
    Ten­ure-Track-Pro­fes­sur sol­le als eigen­stän­di­ger Kar­rie­re­weg
    neben dem her­kömm­li­chen Beru­fungs­ver­fah­ren
    auf eine Pro­fes­sur an deut­schen Uni­ver­si­tä­ten stär­ker
    eta­bliert wer­den.
    Die Idee lau­te­te also schein­bar: Die Ten­ure-Track-
    Pro­fes­sur sol­le neben die bereits ein­ge­führ­ten Instru­men­te
    Post­doc-Pha­se im gem. § 2 Abs. 1 S. 2 WissZeitVG
    befris­te­ten Arbeits­ver­hält­nis und Juni­or­pro­fes­sur ohne
    Ten­ure-Track tre­ten. Dies deu­te­te dar­auf hin, die Ten­ure-
    Track-Pro­fes­sur sei der Qua­li­fi­ka­ti­ons­pha­se (R2) in
    einem drei­stu­fi­gen Kar­rie­re­auf­bau zuzu­ord­nen. In eine
    ande­re Rich­tung weist jedoch bereits § 4 Abs. 1 der Ver­wal­tungs­ver­ein­ba­rung,
    die ein Haus­be­ru­fungs­ver­bot als
    Soll-Vor­schrift regelt. Dem­nach sol­len Beschäf­tig­te die
    Uni­ver­si­tät wech­seln oder zwei Jah­re außer­halb der Pro­mo­ti­ons­hoch­schu­le
    tätig gewe­sen sein, bevor sie sich auf
    eine hie­si­ge Ten­ure-Track-Pro­fes­sur bewer­ben. Ansons­ten
    ist im fünf­ten Spie­gel­strich von § 4 Abs. 1 der Ver­wal­tungs­ver­ein­ba­rung
    nur von einer „frü­hen Kar­rie­re­pha­se“
    die Rede. Des Wei­te­ren soll­ten gem. § 4 Abs. 2 S. 1 der
    Ver­wal­tungs­ver­ein­ba­rung Beschäf­tig­te berück­sich­tigt
    wer­den, die bereits auf einem ande­ren Qua­li­fi­zie­rungs­pfad
    unter­wegs sei­en. Blickt man in den vor­bild­ge­ben­den
    Bericht des Wis­sen­schafts­rats, wird die Ten­ure-
    Track-Pro­fes­sur der Eva­lua­ti­ons­pha­se (R3) zuge­ord­net
    und soll auf eine bis zu vierjährige64 Post­doc-Pha­se (R2)
    folgen.65 An die­ser Kar­rie­re­struk­tur ori­en­tiert sich auch
    das Emmy-Noe­ther-Pro­gramm der DFG.66 Das heißt im
    Ergeb­nis: bis zu 6+4+6 = 16 Jah­re bis zur Beru­fung auf
    die Lebenszeitprofessur;67 deut­lich län­ger als der Bun­des­ge­setz­ge­ber
    2002 und 2004 zu nor­mie­ren
    beab­sich­tig­te.
  4. Lan­des­recht­li­che Umset­zung
    Bun­des­ge­setz­lich oder in einer Ver­wal­tungs­ver­ein­ba­rung
    ver­an­kert ist die­se Kar­rie­re­struk­tur nicht.68 Ein
    Blick in die Lan­des­ge­set­ze zeigt: Die Kon­zep­ti­on bil­det
    sich im Recht nur teil­wei­se ab. Zwar ist die Ten­ure-
    Track-Pro­fes­sur in allen Lan­des­hoch­schul­ge­set­zen geregelt69
    – in Hes­sen unter dem Namen Qualifikationspro1
    7 8 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 3 ) , 1 7 3 — 1 8 0
    70 Aus­nahms­wei­se W2-Pro­fes­su­ren, zB gem.
    § 55 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 RPF­Hoch­SchG in Rhein­land-Pfalz und gem.
    § 62a Abs. 1 S. 1 S‑HHSG in Schles­wig-Hols tein.
    71 So auch § 18a Abs. 3 BremHG.
    72 Zur Über­tra­gung der Vor­aus­set­zun­gen der Juni­or­pro­fes­sur auf die
    Ten­ure-Track-Pro­fes­sur auch Beck­OK Hoch­schul­recht Nord­rhein-
    Wes tfa­len/­Per­nice-Warn­ke § 36 Rn. 24; offen las­send Hartmer/
    Dettmer/Hartmer Kap. 5 Rn. 113.
    73 Zu den feh­len­den Rege­lun­gen in Bre­men, Nie­der­sach­sen und
    Nord­rhein-Wes tfa­len s.o.
    74 VG Frei­burg, Beschluss vom 12.04.2021 – 1 K 348/21 = Beck­RS
    2021, 10384.
    75 Wobei das aka­de­mi­sche Alter des Bewer­bers wäh­rend des lang­wie­ri­gen
    Beset­zungs­ver­fah­rens deut­lich ange­wach­sen war VG
    Frei­burg, Beschluss vom 12.04.2021 – 1 K 348/21 = Beck­RS 2021,
    10384 Rn. 57.
    76 VG Frei­burg, Beschluss vom 12.04.2021 – 1 K 348/21 = Beck­RS
    2021, 10384 Rn. 49.
    77 VG Frei­burg, Beschluss vom 12.04.2021 – 1 K 348/21 = Beck­RS
    2021, 10384 Rn. 51.
    78 Sie­he BWLT-Drs. 16/3248, S. 41.
    79 VG Frei­burg, Beschluss vom 12.04.2021 – 1 K 348/21 = Beck­RS
    2021, 10384 Rn. 30.
    80 VG Frei­burg, Beschluss vom 12.04.2021 – 1 K 348/21 = Beck­RS
    2021, 10384 Rn. 6 f.
    fes­sur gem. § 70 Abs. 3 HessHG. Aller­dings hat das aka­de­mi­sche
    Höchst­al­ter für die Ten­ure-Track-Pro­fes­sur
    nur in Bran­den­burg eine Son­der­re­ge­lung gefun­den. Hier
    kann man sich gem. § 45 Abs. 2 S. 2 BbgHG bis zu sechs
    Beschäf­ti­gungs­jah­re, also zwei Jah­re län­ger als nach der
    Kon­zep­ti­on des Wis­sen­schafts­rats, nach der Pro­mo­ti­on
    auf eine sol­che Stel­le bewer­ben.
    In den ande­ren Bun­des­län­dern sind Ten­ure-Track-
    Pro­fes­su­ren im Regelfall70 Juni­or­pro­fes­su­ren mit Zusa­ge
    einer spä­te­ren Über­nah­me auf eine Lebens­zeit­pro­fes­sur,
    sofern eine Eva­lua­ti­on posi­tiv aus­fällt. In Baden-Würt­tem­berg
    wird in § 51b Abs. 1 S. 1 BWLHG dezi­diert auf
    § 51 LHG ver­wie­sen. In Rhein­land-Pfalz wird aus­drück­lich
    das aka­de­mi­sche Höchst­al­ter für Juni­or­pro­fes­su­ren
    gem. § 54 Abs. 1 S. 4 RPF­Hoch­SchG in Bezug genom­men.
    71 Das bedeu­tet: Das aka­de­mi­sche Höchst­al­ter der
    Juni­or­pro­fes­sur begrenzt unmit­tel­bar auch den Bewer­ber­kreis
    der Tenure-Track-Professur.72 In Bay­ern, Bran­den­burg,
    Hes­sen, Meck­len­burg-Vor­pom­mern und
    Rhein­land-Pfalz kor­re­spon­diert die­ses mit dem vier­stu­fi­gen
    Karrieremodell.73 In den ande­ren Bun­des­län­dern
    nicht. Mit­hin hat sich dort das Kon­zept des Wis­sen­schafts­rats
    nicht nor­ma­tiv nie­der­ge­schla­gen. Viel­mehr
    wird ein dem Grund­satz drei­stu­fi­ger Kar­rie­re­auf­bau und
    zugleich das Ten­ure-Track-Modell ver­folgt, wobei letz­te­res
    der Logik des vier­stu­fi­gen Kar­rie­re­auf­baus folgt.
    III. Aka­de­mi­sches Höchst­al­ter zur Beru­fung auf die
    Ten­ure-Track-Pro­fes­sur nach der ver­wal­tungs­recht­li­chen
    Judi­ka­tur
    Das VG Freiburg74 muss­te in Anwen­dung die­ses wider­sprüch­li­chen
    Lan­des­rechts über den Antrag auf Erlass
    einer einst­wei­li­gen Anord­nung eines erfolg­lo­sen Bewer­bers
    um eine Ten­ure-Track-Pro­fes­sur an der Uni­ver­si­tät
    Frei­burg ent­schei­den. Der Antrag hat­te erst­in­stanz­lich
    Erfolg.
    Der Bewer­ber blick­te zum Entscheidungszeitpunkt75
    auf eine Vor­be­schäf­ti­gungs­zeit von 11 Jah­ren zurück, wobei
    das Gericht offen las­sen konn­te, ob die­ses aka­de­mi­sche
    Alter nach § 51 Abs. 3 S. 2, 3 BWLHG i.V.m.
    § 2 Abs. 5 S. 1 Nr. 1, 3–5 WissZeitVG zu kor­ri­gie­ren war.76
    Jeden­falls über­schritt der Bewer­ber das aka­de­mi­sche
    Höchst­al­ter von sechs Jah­ren deut­lich. Den­noch hielt
    das Gericht den Bewer­ber nicht grund­sätz­lich für unge­eig­net.
    Das Gericht nahm an, das Ten­ure-Track-Ver­fah­ren
    sei als sys­te­mi­sche Aus­nah­me von der Soll-Rege­lung
    des aka­de­mi­schen Höchst­al­ters anzusehen.77
    Dem ist nicht zu fol­gen. Wie gezeigt, hat Baden-
    Würt­tem­berg zwar das Ten­ure-Track-Pro­gramm, jedoch
    nicht die Wer­tun­gen des Wis­sen­schafts­rats in das Gesetz
    imple­men­tiert. Statt­des­sen ver­weist die Son­der­re­ge­lung
    des § 51b Abs. 1 S. 1 BWLHG dezi­diert auf § 51 LHG. Hät­te
    der Lan­des­ge­setz­ge­ber für das Ten­ure-Track-Ver­fah­ren
    ein von § 51 BWLHG abwei­chen­des aka­de­mi­sches
    Höchst­al­ter regeln wol­len, so hät­te er dies in
    § 51b BWLHG ver­an­kert oder jeden­falls den Ver­weis
    ein­ge­grenzt. Dies ist nicht der Fall. Durch die Ver­an­ke­rung
    der Ten­ure-Track-Pro­fes­sur im Gesetz kann auch
    nicht von einer Aus­nah­me­kon­stel­la­ti­on gespro­chen wer­den
    – viel­mehr han­delt es sich um einen Stan­dard­fall der
    Beset­zung einer Juni­or­pro­fes­sur. Schließ­lich bestehen
    auch kei­ne Anhalts­punk­te dafür, dass der Lan­des­ge­setz­ge­ber
    die Rege­lungs­pro­ble­ma­tik über­se­hen hat, es sich
    mit­hin um eine plan­wid­ri­ge über­schie­ßen­de Rege­lung
    handelte.78
    Sodann frag­te sich das Ver­wal­tungs­ge­richt, ob der
    Bewer­ber habe aus­schei­den müs­sen, weil er kein „Nach­wuchs­wis­sen­schaft­ler
    in einer frü­hen Kar­rie­re­pha­se“
    sei.79 Aus die­sem Grun­de hat­te die Beru­fungs­kom­mis­si­on
    den zunächst auf Platz eins ein­ge­ord­ne­ten Bewer­ber
    for­mal ausgeschieden.80 Dabei war die­ses Kri­te­ri­um
    nicht Teil des Aus­schrei­bungs­tex­tes gewe­sen – dort war
    nur von „hoch­qua­li­fi­zier­ten Nach­wuchs­wis­sen­schaft­lePs­chorr
    · Aka­de­mi­sches Höchst­al­ter für die Juni­or­pro­fes­sur 1 7 9
    81 VG Frei­burg, Beschluss vom 12.04.2021 – 1 K 348/21 = Beck­RS
    2021, 10384 Rn. 4.
    82 VG Frei­burg, Beschluss vom 12.04.2021 – 1 K 348/21 = Beck­RS
    2021, 10384 Rn. 33.
    83 VG Frei­burg, Beschluss vom 12.04.2021 – 1 K 348/21 = Beck­RS
    2021, 10384 Rn. 42.
    84 VG Frei­burg, Beschluss vom 12.04.2021 – 1 K 348/21 = Beck­RS
    2021, 10384 Rn. 45.
    85 VGH Mann­heim, Beschluss vom 07.07.2021 – 4 S 1541/21 = Beck­RS
    2021, 19932 Rn. 9.
    86 VGH Mann­heim, Beschluss vom 07.07.2021 – 4 S 1541/21 = Beck­RS
    2021, 19932 Rn. 9 f.
    87 VGH Mann­heim, Beschluss vom 07.07.2021 – 4 S 1541/21 = Beck­RS
    2021, 19932 Rn. 11.
    88 aA Herr­mann, Kein Ten­ure Track wegen „Über­qua­li­fi­ka­ti­on“,
    For­schung & Leh­re 2020, 218, 219 f., ver­ken­nend, dass der Wis­sen­schafts­rat
    nur aktu­ell qua­li­fi­zie­ren­den, nicht aber qua­li­fi­zier­ten
    Wis­sen­schaft­lern einen zusätz­li­chen Weg zur Pro­fes­sur eröff­nen
    woll­te – unge­ach­tet der Nicht-Berück­sich­ti­gungs­fä­hig­keit die­ser
    Wer­tun­gen man­gels Umset­zungs­wil­le des Gesetz­ge­bers. So wohl
    auch Beck­OK Hoch­schul­recht Nord­rhein-Wes tfa­len/­Per­nice-
    Warn­ke § 36 Rn. 18; widers prüch­lich Hartmer/Dettmer/Hartmer
    Kap. 5 Rn. 113.
    89 VGH Mann­heim, Beschluss vom 01.07.2022 – 4 S 483/22 = Beck­RS
    2022, 17418 Rn. 5, bezug­neh­mend auf BVerfG, Beschluss vom
    05.02.2020 – 1 BvR 1586/14 = NVwZ 2020, 1829, 1831 Rn. 23.
    90 In die­se Rich­tung auch Hartmer/Dettmer/Hartmer Kap. 5 Rn. 113.
    91 Nicht auf­ge­lös t bei Hartmer/Dettmer/Hartmer Kap. 5 Rn. 113.
    rin­nen und ‑wis­sen­schaft­lern“ die Rede.81 Auch auf die
    Ver­wal­tungs­ver­ein­ba­rung zum Bund-Län­der-Pro­gramm
    war nicht ver­wie­sen worden.82 Das Ver­wal­tungs­ge­richt
    hielt die­ses Kri­te­ri­um schließ­lich nicht für geeig­net,
    weil die dar­aus resul­tie­ren­den Anfor­de­run­gen an
    die Bewer­bung nicht kon­kre­ti­sier­bar seien.83
    Inso­fern ist dem Gericht zuzu­stim­men. Wie lan­ge die
    „frü­he Kar­rie­re­pha­se“ dau­ert, ist man­gels gesetz­li­cher
    Kon­zi­pie­rung einer Kar­rie­re­pha­se vor der Ten­ure-Track-
    Pro­fes­sur (R2) in Baden-Würt­tem­berg nicht auf­grund
    eines kon­tu­rier­ten Gesetz­ge­ber­wil­lens bestimm­bar. Die
    Über­le­gun­gen des Wis­sen­schafts­rats kön­nen man­gels
    demo­kra­ti­scher Legi­ti­ma­ti­on nicht her­an­ge­zo­gen wer­den,
    zumal es an einem gesetz­li­chen Anker fehlt, zu des­sen
    Aus­le­gung sie her­an­ge­zo­gen wer­den könn­ten.
    Schließ­lich kon­sta­tier­te das Ver­wal­tungs­ge­richt,
    auch der Begriff des „Nach­wuchs­wis­sen­schaft­lers“ kön­ne
    nicht bestimmt wer­den, sodass auch die­ser nicht als
    for­ma­les Aus­schluss­kri­te­ri­um geeig­net sei.84 Dem aller­dings
    wider­sprach der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof. Die­ser
    stell­te fest, dass der Bewer­ber wegen sei­ner zwi­schen­zeit­li­chen
    Habi­li­ta­ti­on nicht mehr im Rah­men des Ten­ure-
    Track-Pro­gramms för­der­fä­hig und nicht mehr „auf
    dem Kar­rie­re­weg zur Pro­fes­sur“ i.S.d. § 4 Abs. 2 der Ver­wal­tungs­ver­ein­ba­rung
    zum Bund-Län­der-Pro­gramm
    war, son­dern die­sen viel­mehr abge­schlos­sen habe.85 Mit
    der Beru­fungs­fä­hig­keit sei der Bewer­ber kein Adres­sat
    des Ten­ure-Track-Pro­gramms mehr.86 Dies wer­de dadurch
    bestä­tigt, dass die Ten­ure-Track-Pro­fes­sur lan­des­recht­lich
    eine Juni­or­pro­fes­sur sei, zu deren Auf­ga­ben es
    gehö­re, sich zu qualifizieren.87 Des­halb muss­te sich der
    Ver­wal­tungs­ge­richts­hof zur Anwen­dung des
    § 51 Abs. 3 S. 1 LHG nicht äußern.
    Wäh­rend das ers­te­re Argu­ment des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs
    man­gels kla­rer Ver­an­ke­rung der Anfor­de­run­gen
    des Ten­ure-Track-Pro­gramms in der Aus­schrei­bung
    nicht ver­fängt, greift der zwei­te Begrün­dungs­an­satz. Die
    Juni­or­pro­fes­sur ist nach der Kon­zep­ti­on des Gesetz­ge­bers
    Bau­stein der Qua­li­fi­ka­ti­ons­pha­se (R2). Die Juni­or­pro­fes­sur
    auch für die Lebens­zeit­pha­se im drei­stu­fi­gen
    Kar­rie­re­auf­bau (R3) zu öff­nen, wider­spricht die­sem Gesetz­ge­ber­wil­len.
    Durch das Qua­li­fi­zie­rungs­ziel fin­det
    die­ser Gesetz­ge­ber­wil­le auch einen Anker im Geset­zes­text.
    Mit­hin schei­den habi­li­tier­te Per­so­nen aus dem Bewer­ber­kreis
    um die Juni­or­pro­fes­sur mit und ohne Ten­ure-
    Track aus.88 Glei­ches gilt für Per­so­nen, die habi­li­ta­ti­ons­äqui­va­len­te
    Leis­tun­gen erbracht haben. Dies ist aller­dings
    dahin­ge­hend unglück­lich, als bei der Bewer­tung,
    ob sol­che vor­lie­gen, einer Beru­fungs­kom­mis­si­on ein erheb­li­cher
    Ein­schät­zungs­spiel­raum zukommt.89 Um
    Art. 33 Abs. 2 GG Rech­nung zu tra­gen, kön­nen des­we­gen
    nur evi­dent beru­fungs­fä­hi­ge Per­so­nen ausscheiden.90
    Habi­li­tie­ren­de sind noch auf dem Kar­rie­re­weg zur Pro­fes­sur
    und des­halb geeig­ne­te Bewerber.91
    IV. Ver­ein­heit­li­chungs­im­puls durch die Reform des
    WissZeitVG
    Wie gezeigt kor­re­spon­diert die lan­des­recht­li­che Aus­ge­stal­tung
    der Juni­or­pro­fes­sur mit Ten­ure-Track in vie­len
    Bun­des­län­dern nicht mit dem zugrun­de­lie­gen­den vier­stu­fi­gen
    Kar­rie­re­auf­bau. Dies ver­ur­sacht Aus­le­gungs­kon­flik­te
    und Rechts­un­si­cher­heit in Beru­fungs­ver­fah­ren.
    In den Bun­des­län­dern, die die­se Pro­ble­ma­tik adres­sier­ten,
    passt die Juni­or­pro­fes­sur ohne Ten­ure-Track
    jedoch nicht mehr zum drei­stu­fi­gen Kar­rie­re­auf­bau, der
    den befris­tungs­recht­li­chen Rege­lun­gen des WissZeitVG
    zugrun­de­liegt. Die Juni­or­pro­fes­sur schafft mit­hin in
    allen Bun­des­län­dern Frik­tio­nen im Kar­rie­re­auf­bau.
    Ange­sichts des­sen zeich­net sich eine Ten­denz an den
    Hoch­schu­len ab, die Rege­lun­gen zum aka­de­mi­schen
    Gesamt­höchst­al­ter oder zur Beschäf­ti­gungs­dau­er nach
    der Pro­mo­ti­on schlicht zu igno­rie­ren und die Juni­or­pro­fes­sur
    als Kar­rie­re­op­ti­on nach Aus­schöp­fung der
    Höchst­be­fris­tungs­dau­er nach § 2 Abs. 1 S. 2 WissZeitVG
    zu sehen. Das führt ent­ge­gen des Gesetz­ge­ber­wil­lens
    1 8 0 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 3 ) , 1 7 3 — 1 8 0
    92 Vgl. zu den Eck­punk­ten der bis­her geplan­ten Reform https://
    www.bmbf.de/SharedDocs/Downloads/de/2023/230317-wisszeitvg.
    pdf?__blob=publicationFile&v=1, zuletzt abge­ru­fen am
    06.04.2023.
    93 Sie­he hier­zu Pschorr, Ein Kom­pro­miss, der sei­nen Namen ver­dient,
    abruf­bar unter https://www.jmwiarda.de/2023/03/28/einkompromiss-
    der-sei­nen-namen-ver­dien­t/, zuletzt abge­ru­fen am
    06.04.2023.
    94 Zwar wird nicht über­se­hen, dass die Juni­or­pro­fes­sur als Alter­na­ti­ve
    zur Habi­li­ta­ti­on kon­zi­piert war. In der Beru­fungs pra­xis
    wird das erfolg­reich eva­lu­ier­te Durch­lau­fen der Juni­or­pro­fes­sur
    jedoch noch nicht all­ge­mein als habi­li­ta­ti­ons­äqui­va­len­te Leis tung
    aner­kannt, wes­halb noch immer „zur Sicher­heit“ in die­ser Pha­se
    habi­li­tiert wird.
    95 Dar­über hin­aus könn­te ange­dacht wer­den, auch ein aka­de­mi­sches
    Höchs tal­ter für die Bewer­bung auf die Ent­wick­lungs pha­se zu
    nor­mie­ren, um Bewer­bun­gen aus dem Aus­land bzw. von Pos tdocs,
    die nach einer die Ori­en­tie­rungs pha­se über­schrei­ten­den Aus­lands­pha­se
    mit Wett­be­werbs­vor­tei­len zurück­keh­ren. Dies kann aller­dings
    Aus­wir­kun­gen auf die Durch­läs­sig­keit der Kar­rie­re­pfa­de
    unter­ein­an­der haben. Inso­weit is t Beschäf­tig­ten­fle­xi­bi­li­tät gegen
    Ega­li­tät bei der Stel­len­be­set­zung abzu­wä­gen.
    nicht zu einer schnel­le­ren und trans­pa­ren­te­ren Wis­sen­schafts­kar­rie­re,
    son­dern zur Zuord­nung von Wis­sen­schaft­lern
    zum Mit­tel­bau bis in das fünf­ten Lebens­jahr­zehnt.
    Mög­li­cher­wei­se könn­te die Reform des WissZeitVG92
    einen Impuls zur Ver­ein­heit­li­chung der Kar­rie­re­we­ge in
    allen Bun­des­län­dern set­zen. Hier ist das sog. Anschluss­zu­sa­ge­mo­dell
    in Diskussion.93 Die­ses sieht in sei­ner Vari­an­te
    als „Drei-Pha­sen-Modell“ eine maxi­mal zwei­jäh­ri­ge
    Ori­en­tie­rungs­pha­se vor. Hier­auf soll eine Ent­wick­lungs­pha­se
    fol­gen, die (wie die Ten­ure-Track-Pro­fes­sur)
    bei posi­ti­ver Eva­lua­ti­on anhand einer Ziel- und Leis­tungs­ver­ein­ba­rung
    auf eine unbe­fris­te­te Beschäf­ti­gung
    füh­ren soll. Unter­schied: Hier wird eine Beschäf­ti­gung
    im aka­de­mi­schen Mit­tel­bau ange­strebt, wäh­rend die
    Ten­ure-Track-Pro­fes­sur auf eine Lebens­zeit­pro­fes­sur
    führt. Mit die­sem Modell wird ein ver­läss­li­cher Kar­rie­re­pfad
    nach der Pro­mo­ti­on ange­strebt, um die nach­hal­ti­ge
    Pre­ka­ri­sie­rung Pro­mo­vier­ter durch Ket­ten­be­fris­tun­gen
    zu bekämp­fen. Das­sel­be Ziel ver­folgt die
    Ten­ure-Track-Pro­fes­sur.
    Anschluss­zu­sa­ge­mo­dell, sowie Juni­or­pro­fes­sur ohne
    und mit Ten­ure-Track kön­nen in einem kohä­ren­ten Kar­rie­re­mo­dell
    ver­ein­bart wer­den: Ver­steht man die Ori­en­tie­rungs­pha­se
    i.S.d. Anschluss­zu­sa­ge­mo­dells als Post­doc-
    Pha­se (R2), könn­te die Ten­ure-Track-Pro­fes­sur der
    „schnel­le“ Weg zur Lebens­zeit­pro­fes­sur (Eva­lua­ti­ons­pha­se
    R3) für risi­ko­be­rei­te Bewer­ber dar­stel­len, wäh­rend
    das Durch­lau­fen der Ent­wick­lungs­pha­se (i.S.d. Eva­lua­ti­ons­pha­se
    R3) von den­je­ni­gen favo­ri­siert wer­den könn­te,
    die nicht unbe­dingt eine Pro­fes­sur anstre­ben oder den
    Weg der klas­si­schen Habi­li­ta­ti­on beschrei­ten wol­len. Die
    Juni­or­pro­fes­sur ohne Ten­ure-Track könn­te schließ­lich
    für die­je­ni­gen ver­blei­ben, die erwar­ten, eine Habilitation94
    oder habi­li­ta­ti­ons­äqui­va­len­te Leis­tun­gen in sechs
    Jah­ren erbrin­gen zu kön­nen bzw. kei­ne dau­er­haf­te Beschäf­ti­gung
    in der Wis­sen­schaft anstre­ben. Es ergä­be
    sich mit­hin ein „Drei-Pfa­de-Kar­rie­re­mo­dell“ nach der
    Pro­mo­ti­on.
    Schlüs­sig wird die­ses „Drei-Pfa­de-Kar­rie­re­mo­dell“,
    wenn die Lan­des­ge­setz­ge­ber das aka­de­mi­sche Höchst­al­ter
    zur Bewer­bung auf eine Juni­or­pro­fes­sur par­al­lel zu
    den Pha­sen des Anschluss­zu­sa­ge­mo­dells normierten.95
    Das bedeu­te­te: Auf eine Juni­or­pro­fes­sur sol­le sich bewer­ben
    kön­nen, wer ein berei­nig­tes aka­de­mi­sches
    Höchst­al­ter von maxi­mal acht Jah­ren auf­weist. Nach der
    Ori­en­tie­rungs­pha­se ste­hen sodann drei Wege offen: Von
    der Juni­or­pro­fes­sur (1) mit und (2) ohne Ten­ure-Track
    unmit­tel­bar auf die Lebens­zeit­pro­fes­sur („up or out“)
    und (3) über die Ent­wick­lungs­pha­se auf eine ent­fris­te­te
    Stel­le im aka­de­mi­schen Mit­tel­bau, von der aus man sich
    auf eine Füh­rungs­po­si­ti­on in Wis­sen­schaft und For­schung
    – ein­schließ­lich der Lebens­zeit­pro­fes­sur – bewer­ben
    kann. Die­ses neue Kar­rie­re­mo­dell wür­de eine
    Selbst­ver­ständ­lich­keit des all­ge­mei­nen Arbeits­markts
    auch im Wis­sen­schafts­sys­tem eta­blie­ren: Nicht alle wol­len
    Füh­rungs­kraft wer­den und trotz­dem auf siche­rer Beschäf­ti­gungs­grund­la­ge
    mit ihrem Fleiß und ihrem
    Know-How zum Erfolg des Arbeit­ge­bers bei­tra­gen.
    Simon Pschorr ist Staats­an­walt und Abge­ord­ne­ter
    Prak­ti­ker an der Uni­ver­si­tät Kon­stanz. Er lehrt und pro­mo­viert
    im Straf­recht. Dar­über hin­aus forscht er im
    Hoch­schul­ar­beits­recht.