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I. Ein­lei­tung
Seit dem Beschluss des BAG vom 13.9.20221, mit dem das Gericht den Stand­punkt ein­ge­nom­men hat, Arbeit­ge­ber sei­en ver­pflich­tet, ein Sys­tem ein­zu­füh­ren, das Beginn und Ende der täg­li­chen Arbeits­zeit ihrer Arbeit­neh­mer erfasst, ist über die wei­te­ren Kon­se­quen­zen die­ser Ent­schei­dung viel dis­ku­tiert worden.2 Klar­heit besteht dar­über, dass sich die Pflicht zur Arbeits­zeit­er­fas­sung nicht nur auf den pri­vat­wirt­schaft­li­chen Bereich beschränkt, auch öffent­lich-recht­li­che Arbeit­ge­ber sind davon betrof­fen, da auch dort neben Beam­ten Arbeit­neh­mer beschäf­tigt wer­den.
Cas­pers hat sich in der Vor­aus­aus­ga­be mit der Fra­ge befasst, wel­che Aus­wir­kun­gen der Beschluss des BAG für die Arbeits­zeit­er­fas­sung an Hoch­schu­len hat.3 Über­zeu­gend wur­de hier dar­ge­legt, dass sich die Zeit­er­fas­sungs­pflicht auf die (nicht­pro­fes­so­ra­len) wis­sen­schaft­li­chen und nicht­wis­sen­schaft­li­chen Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter erstreckt, die Arbeits­zeit­er­fas­sung dem­ge­gen­über aber nicht für die an den Hoch­schu­len täti­gen Pro­fes­so­rin­nen und Pro­fes­so­ren gilt. Soweit die­se in einem Beam­ten­ver­hält­nis ste­hen, gel­ten ohne­hin weder die Bestim­mun­gen des Arbeits­schutz- noch des Arbeitszeitgesetzes4. Beam­te­te Pro­fes­so­ren sind nach den ein­schlä­gi­gen Bestim­mun­gen der Hoch­schul­ge­set­ze der Länder5 von den Arbeits­zeit­be­stim­mun­gen der Lan­des­be­am­ten­ge­set­ze aus­ge­nom­men, z.T. fin­den sich der­ar­ti­ge Rege­lun­gen auch in den Beam­ten­ge­set­zen der Länder.6 Soweit Pro­fes­so­rin­nen und Pro­fes­so­ren in pri­vat­recht­li­chen Anstel­lungs­ver­hält­nis­sen tätig sind, sind sie eben­falls von den Arbeits­zeit­be­stim­mun­gen aus­ge­nom­men. Wenn etwa § 45 Abs. 2 S. 2 LHG BW bestimmt, dass die Vor­schrif­ten über die Arbeits­zeit auf „Hoch­schul­leh­rer“ nicht anzu­wen­den sind, meint er damit auch die nicht beam­te­ten Hoch­schul­leh­rer und nutzt für die­se die Ermäch­ti­gung in § 19 ArbZG.7
Der Bei­trag von Cas­pers kon­zen­triert sich auf Pro­fes­so­rin­nen und Pro­fes­so­ren, die an den staat­li­chen, dem­nach öffent­lich-recht­lich ver­fass­ten, Hoch­schu­len tätig sind. Ob die hier­zu ver­tre­te­ne Auf­fas­sung auch für die an pri­va­ten Hoch­schu­len täti­gen Hoch­schul­leh­rer gilt, wird nicht expli­zit unter­sucht. Die­ser Fra­ge nach­zu­ge­hen, ist Auf­ga­be die­ses Bei­trags. Zum Zeit­punkt des Erschei­nens der letz­ten OdW-Aus­ga­be, die den Bei­trag von Cas­pers ent­hält, lag auch der Refe­ren­ten­ent­wurf (RefE) des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Arbeit und Sozia­les vom 27.3.2023 noch nicht vor. Wel­che Aus­wir­kun­gen die­ser für die Erfas­sungs­pflicht der Arbeits­zei­ten von an Pri­vat­hoch­schu­len täti­gen Pro­fes­so­rin­nen und Pro­fes­so­ren hat, wird im Fol­gen­den in den Blick genom­men.
II. Arbeits­zeit­er­fas­sungs­pflicht gem. § 16 Abs. 2 – 8 ArbZG RefE

  1. All­ge­mei­nes
    Das BAG hat die Zeit­er­fas­sungs­pflicht – durch­aus über­ra­schend – aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG abge­lei­tet. Der Refe­ren­ten­ent­wurf vom 27.3.2023 regelt die The­ma­tik im Arbeits­zeit­ge­setz, wo sie auch hin­ge­hört. Wäh­rend die Ent­schei­dung des BAG vom 13.9.2022 noch offen ließ, wie die Zeit­er­fas­sung, dem­nach deren Moda­li­tä­ten, zu erfol­gen habe, legt die Neu­fas­sung von § 16 Abs. 2 S. 1 gem. des Refe­ren­ten­ent­wurfs fest, dass Arbeit­ge­ber ver­pflich­tet sind, Beginn, Ende und Dau­er der täg­li­chen Arbeits­zeit der Arbeit­neh­mer jeweils am Tag der Arbeits­leis­tung elek­tro­nisch auf­zu­zeich­nen. Die neu hin­zu­ge­füg­ten Absät­ze 3 – 8 ent­hal­ten sodann Spe­zi­fi­ka­tio­nen, wobei Abs. 7 Nr. 3 Aus­nah­men der Auf­zeich­nungs­pflicht für bestimm­te Arbeit­neh­mer zulässt, wenn dies in einem Tarif­ver­trag oder auf Grund eines Tarif­ver­trags in einer Betriebs- oder Dienst­ver­ein­ba­rung zuge­las­sen wird.
    Frank Wert­hei­mer
    Arbeits­zeit­er­fas­sungs­pflicht an pri­va­ten
    Hoch­schu­len – auch für Pro­fes­so­rin­nen und
    Pro­fes­so­ren?
    1 1 ABR 22/21, NZA 2022, 1616
    2 Sie­he z.B. Schulze/Wetzel, AiB 2022, Nr. 11, S. 47; Spitz, juris­PR-ITR 2/2023 Anm. 4; Düwell, juris­PR-ArbR 17/2023 Anm. 1; Thüsing/Bleckmann, BB 2023, 52–54; Fuhlrott/Fischer, ArbR 2023, 1–5.
    3 Cas pers, Arb­zeits­er­fas­sung an Hoch­schu­len – Anmer­kung zum Beschluss des BAG vom 13.9.2022 – 1 ABR 22/21 — , OdW 2023, 99.
    4 AR/Krauss, 10. Aufl. 2021, § 2 ArbZG Rn. 15.
    5 Vgl. etwa § 45 Abs. 2 S. 2 LHG BW; § 60 Abs. 1 S. 1 Bay­HIG oder § 77 Abs. 1 Säch­si­sches HG.
    6 Z.B. § 123 Abs. 1 S. 1 LBG NRW.
    7 Wertheimer/Meißner, in: Hartmer/Detmer, Hoch­schul­recht, 4. Aufl. 2022, Kapi­tel 11, Rn. 72.
    Ord­nung der Wis­sen­schaft 2023, ISSN 2197–9197
    1 6 2 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 3 ) , 1 6 1 — 1 6 4
    8 Z.B. BAG v. 5.6.2014, 2 AZR 615/13, NZA 2015, 40; Löwisch/Kaiser/
    Kai­ser, BetrVG (Bd. 1), 7. Aufl. 2017, § 5 Rn. 23 mit zahl­rei­chen
    Nach­wei­sen.
    9 Löwisch/Kaiser/Kaiser, a.a.O., § 5 Rn. 24 mwN.
    10 Vgl. BAG v. 16.4.2002, 1 ABR 23/01, BB 2002, 2387; Löwisch/Kaiser/
    Kai­ser, a.a.O., § 5 Rn. 29 mwN.
    11 Löwisch/Kaiser/Kaiser, a.a.O., § 5 Rn. 29 und 30.
    12 Wertheimer/Meißner, a.a.O., Rn. 78.
    13 S. 14.
  2. Erfass­ter Per­so­nen­kreis
    Wenn § 16 Abs. 2 ArbZG RefE all­ge­mein von der „täg­li­chen
    Arbeits­zeit der Arbeit­neh­mer“ spricht, gilt der
    Arbeit­neh­mer­be­griff in § 2 Abs. 2 ArbZG, d.h. erfasst
    wer­den alle Arbei­ter und Ange­stell­ten sowie die zu ihrer
    Berufs­aus­bil­dung Beschäf­tig­ten. Aus­zu­ge­hen ist damit
    vom all­ge­mei­nen Arbeit­neh­mer­be­griff in
    § 611a Abs. 1 BGB, wonach Arbeit­neh­mer alle Per­so­nen
    sind, die im Diens­te eines ande­ren zur Leis­tung wei­sungs­ge­bun­de­ner,
    fremd­be­stimm­ter Arbeit in per­sön­li­cher
    Abhän­gig­keit ver­pflich­tet sind.
    a) Pro­fes­so­rin­nen und Pro­fes­so­ren
    Pro­fes­so­ren an pri­va­ten Hoch­schu­len ste­hen regel­mä­ßig
    in einem pri­vat­recht­li­chen Anstel­lungs­ver­hält­nis, wes­halb
    das in den Lan­des­hoch­schul- oder Lan­des­be­am­ten­ge­set­zen
    gere­gel­te Pri­vi­leg für Beam­te, nicht unter das
    Arbeits­zeit­recht zu fal­len, für sie nicht gilt. Auch
    § 19 ArbZG hilft hier nicht wei­ter, weil es an einer hoheit­li­chen
    Tätig­keit im öffent­li­chen Dienst fehlt. Dass sich
    die Tätig­keit von Hoch­schul­leh­rern an pri­va­ten Hoch­schu­len
    inhalt­lich nicht von der Tätig­keit eines Hoch­schul­leh­rers
    an einer staat­li­chen Hoch­schu­le unter­schei­det,
    ändert dar­an nichts.
    Kei­ne Ver­pflich­tung zur Erfas­sung ihrer Arbeits­zeit
    bestün­de, wenn Pro­fes­so­rin­nen und Pro­fes­so­ren an pri­va­ten
    Hoch­schu­len lei­ten­de Ange­stell­te wären, es wür­de
    dann die Bereichs­aus­nah­me des § 18 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG
    grei­fen. Maß­geb­lich sind für den Begriff des lei­ten­den
    Ange­stell­ten die Defi­ni­tio­nen in § 5 Abs. 3 BetrVG. Ob
    sie erfüllt sind, lässt sich nicht pau­schal beant­wor­ten, es
    bedarf dazu jeweils einer Ein­zel­fall­be­trach­tung. Vor­aus­set­zung
    ist zunächst, dass ein Ange­stell­ter sowohl nach
    sei­nem Arbeits­ver­trag als auch nach sei­ner Stel­lung im
    Unter­neh­men oder Betrieb lei­ten­der Ange­stell­ter ist,
    d.h. er muss einer­seits zu den lei­ten­den Funk­tio­nen nach
    Abs. 3 S. 2 Nr. 1–3 recht­lich befugt sein, ande­rer­seits muss
    er sie auch tat­säch­lich ausüben.8 Schließ­lich muss die
    Aus­übung die­ser Befug­nis­se einen wesent­li­chen Teil sei­ner
    Tätig­keit aus­ma­chen und sei­ne Stel­lung im Unter­neh­men
    oder Betrieb damit prägen.9
    Von den Kate­go­rien des § 5 Abs. 3 BetrVG kommt für
    das pro­fes­so­ra­le Lehr­per­so­nal nur die Nr. 1 in Betracht,
    d.h. Pro­fes­so­ren müss­ten zur selb­stän­di­gen Ein­stel­lung
    und Ent­las­sung von im Betrieb oder in der Betriebs­ab­tei­lung
    beschäf­tig­ten Arbeit­neh­mern berech­tigt sein. An
    pri­va­ten Hoch­schu­len fehlt es – wie auch an den staat­li­chen
    Hoch­schu­len – zumeist schon an der arbeits­ver­trag­li­chen
    Berech­ti­gung, Ent­schei­dun­gen über Ein­stel­lung
    und Ent­las­sung eigen­ver­ant­wort­lich tref­fen zu dür­fen.
    Die­se recht­li­che Befug­nis wird regel­mä­ßig bei der
    Lei­tung der Per­so­nal­ab­tei­lung lie­gen. Pro­fes­so­ren wäh­len
    zwar die in ihren Berei­chen täti­gen wis­sen­schaft­li­chen
    Mit­ar­bei­ter und idR auch die nicht­wis­sen­schaft­li­chen
    Mit­ar­bei­ter selbst aus und geben zudem den maß­geb­li­chen
    Anstoß für eine Kün­di­gung. Die Ent­schei­dung
    selbst sowie der Voll­zug von Ein­stel­lung und Ent­las­sung
    liegt aber im Regel­fall nicht in ihren Hän­den. Selbst
    dann, wenn der mit ihnen geschlos­se­ne Arbeits­ver­trag
    die­se Befug­nis ein­räu­men wür­de oder sie dort als lei­ten­de
    Ange­stell­te bezeich­net wären, wür­de das noch nicht
    aus­rei­chen. Die for­ma­le Befug­nis des
    § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BetrVG begrün­det den Sta­tus als lei­ten­der
    Ange­stell­ter nur, wenn sie von erheb­li­cher unter­neh­me­ri­scher
    Bedeu­tung ist.10 Ange­nom­men wird dies,
    wenn sich die Ein­stel­lungs- und Ent­las­sungs­be­rech­ti­gung
    auf eine bedeu­ten­de Anzahl von Arbeit­neh­mern
    erstreckt oder einen qua­li­ta­tiv bedeut­sa­men Per­so­nen­kreis
    erfasst.11 Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind im Nor­mal­fall
    nicht erfüllt, der Sta­tus als lei­ten­der Ange­stell­ter wird im
    Pro­fes­so­ren­be­reich eher bei Lei­te­rin­nen oder Lei­tern
    von grö­ße­ren For­schungs­ein­rich­tun­gen anzu­neh­men
    sein.12
    Der Refe­ren­ten­ent­wurf des Minis­te­ri­ums für Arbeit
    und Sozia­les sieht für die Pflicht zur Auf­zeich­nung von
    Beginn, Ende und Dau­er der täg­li­chen Arbeits­zeit in
    § 16 Abs. 7 Nr. 3 ArbZG eine Aus­nah­me für Arbeit­neh­mer
    vor, bei denen die gesam­te Arbeits­zeit wegen der beson­de­ren
    Merk­ma­le der aus­ge­üb­ten Tätig­keit nicht gemes­sen
    oder nicht im Vor­aus fest­ge­legt wird oder von
    den Arbeit­neh­mern selbst fest­ge­legt wer­den kann. In der
    Begründung13 wird aus­ge­führt, dass die Vor­aus­set­zun­gen
    für die Anwen­dung die­ser Aus­nah­me­re­ge­lung bei
    Füh­rungs­kräf­ten, her­aus­ge­ho­be­nen Exper­ten oder Wis­sen­schaft­lern
    gege­ben sein kön­nen, die nicht ver­pflich­tet
    sind, zu fest­ge­setz­ten Zei­ten am Arbeits­platz anwe­send
    zu sein, son­dern über den Umfang und die Ein­tei­lung
    ihrer Arbeits­zeit selbst ent­schei­den kön­nen. Die­ser Gedan­ke
    trifft auf Pro­fes­so­rin­nen und Pro­fes­so­ren an pri­va­ten
    Hoch­schu­len zu. Eben­so wie bei Hoch­schul­leh­Wert­hei­mer
    · Arbeits­zeit­er­fas­sungs­pflicht 1 6 3
    14 Det­mer, in: Hartmer/Detmer, Hoch­schul­recht, 4. Aufl. 2022, Kapi­tel
    4, Rn. 209; Cas pers, OdW 2023, 102.
    15 Sie­he hier­zu Cas pers, a.a.O., S. 102.
    16 Löwisch, BB 47.2018, Die ers­te Sei­te; ders., Dis­kri­mi­nie­rung nicht
    tarif­ge­bun­de­ner Arbeit­ge­ber im neu­en AÜG, DB Rechts­board,
    15.05.2017.
    17 Löwisch, a.a.O.
    18 Grzes­zick, in: Geis, Hoch­schul­recht in Bay­ern, 2. Aufl. 2017, Kapi­tel
    3, Rn. 235; Cas pers, OdW 2023, 102.
    19 OdW 2023, 102.
    20 BAG v. 5.5.2010, 7 ABR 97/08, AP Nr. 74 zu § 5 BetrVG 1972; LAG
    Nürn­berg v. 24.8.2016, 2 Sa 201/16, juris; Wertheimer/Meißner,
    a.a.O., Kapi­tel 11, Rn. 80.
    rern an staat­li­chen Hoch­schu­len trägt er dem Umstand
    Rech­nung, dass Zeit­sou­ve­rä­ni­tät eine wesent­li­che Vor­aus­set­zung
    für wis­sen­schaft­li­ches Arbei­ten ist, es geht
    dar­um, die für das wis­sen­schaft­li­che Arbei­ten erfor­der­li­che
    Krea­ti­vi­tät zu wah­ren und zu fördern.14 Gedeckt ist
    die­se Aus­nah­me­re­ge­lung von Art. 17 Abs. 1 der Richt­li­nie
    2003/88/EG.15
    Der Refe­ren­ten­ent­wurf ver­langt aller­dings, dass die
    Her­aus­nah­me der in § 16 Abs. 7 Nr. 3 ArbZG genann­ten
    Arbeit­neh­mer von der Auf­zeich­nungs­pflicht in einem
    Tarif­ver­trag oder auf Grund eines Tarif­ver­tra­ges in einer
    Betriebs­ver­ein­ba­rung (oder Dienst­ver­ein­ba­rung) zuge­las­sen
    ist. Damit läuft die Norm für pri­va­te Hoch­schu­len
    ins Lee­re, da Tarif­ver­trä­ge dort bis­lang kei­ne Rol­le spie­len.
    Ganz abge­se­hen davon wür­de ein Tarif­ver­trag für
    pri­va­te Hoch­schu­len vor­nehm­lich auch die nicht­wis­sen­schaft­li­chen
    sowie die nach­ge­ord­ne­ten wis­sen­schaft­li­chen
    Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter im Blick­feld haben,
    wie dies auch im staat­li­chen Bereich der Fall ist.
    Dort sind Pro­fes­so­ren gem. § 1 Abs. 3 lit. a) aus dem Gel­tungs­be­reich
    des TV‑L aus­ge­nom­men.
    Dass die im Refe­ren­ten­ent­wurf vor­ge­se­he­ne Aus­nah­me­re­ge­lung
    für die Auf­zeich­nungs­pflicht eine Rege­lung
    in einem Tarif­ver­trag oder auf Grund eines Tarif­ver­tra­ges
    in einer Betriebs­ver­ein­ba­rung vor­aus­setzt, bedeu­tet
    eine wei­te­re Pri­vi­le­gie­rung tarif­ge­bun­de­ner Arbeits­ver­hält­nis­se.
    Der­ar­ti­ge Pri­vi­le­gie­run­gen fin­det man bei­spiels­wei­se
    bei der Arbeit­neh­mer­über­las­sung: Tarif­ge­bun­de­ne
    Arbeit­ge­ber kön­nen die dort vor­ge­se­he­ne
    Höchst­dau­er der Über­las­sung aus­deh­nen, nicht tarif­ge­bun­de­nen
    Arbeit­ge­bern ist das nur bis zur Höchst­dau­er
    von 24 Mona­ten gestat­tet und auch nur dann, wenn tarif­lich
    ent­spre­chen­de Betriebs- oder Dienst­ver­ein­ba­run­gen
    vor­ge­se­hen sind.16 In die glei­che Rich­tung geht
    § 9a Abs. 6 TzBfG zur sog. Brü­cken­teil­zeit, nach der
    durch einen Tarif­ver­trag der Rah­men für den Zeit­raum
    der Arbeits­zeit­ver­rin­ge­rung abwei­chend von
    § 9a Abs. 1 S. 2 TzBfG auch zuun­guns­ten des Arbeit­neh­mers
    gere­gelt wer­den kann. Ver­fas­sungs­recht­lich sind
    der­ar­ti­ge Bestim­mun­gen und damit auch die Rege­lung
    des Refe­ren­ten­ent­wurfs in 16 Abs. 7 nicht halt­bar. Ver­sagt
    der Gesetz­ge­ber den nicht tarif­ge­bun­de­nen Arbeit­ge­bern
    eine Rege­lung, die er den tarif­ge­bun­de­nen eigens
    erlaubt, liegt dar­in eine Dis­kri­mi­nie­rung, wel­che der nega­ti­ven
    Koali­ti­ons­frei­heit nach Art. 9 Abs. 3 GG zuwi­der­läuft.
    17 Dass das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Arbeit und
    Sozia­les die Aus­nah­me­re­ge­lung in § 16 Abs. 7 des Refe­ren­ten­ent­wurfs
    dafür ein­set­zen möch­te, mehr Tarif­bin­dung
    zu errei­chen, liegt auf der Hand.
    Eine Ver­pflich­tung zur Arbeits­zeit­er­fas­sung bei Pro­fes­so­ren
    an pri­va­ten Hoch­schu­len begeg­net im Übri­gen
    auch im Hin­blick auf Art. 5 Abs. 3 GG Bedenken.18 Auch
    mit Art. 3 Abs. 1 GG wäre sie nicht ver­ein­bar, da kein
    sach­li­cher Grund ersicht­lich ist, Pro­fes­so­rin­nen und
    Pro­fes­so­ren an pri­va­ten Hoch­schu­len arbeits­zeit­recht­lich
    anders zu behan­deln als deren Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen
    an staat­li­chen Hoch­schu­len.
    Wie Caspers19 zuletzt auf­ge­zeigt hat, ist die Her­aus­nah­me
    von Pro­fes­so­ren aus dem Arbeits­zeit­schutz uni­ons­recht­lich
    zuläs­sig. Somit wäre eine Erwei­te­rung der
    Bereichs­aus­nah­men in § 18 Abs. 1 ArbZG, die das BAG
    in sei­nem Beschluss vom 13.9.2022 als zuläs­si­ge Aus­nah­me­re­ge­lung
    iSd Art. 17 Abs. 1 RL 2003/88/EG sieht, auf
    Pro­fes­so­rin­nen und Pro­fes­so­ren, die an pri­va­ten Hoch­schu­len
    tätig sind, mög­lich und auch der rich­ti­ge Weg.
    Die Ergän­zung um die­sen Per­so­nen­kreis wür­de dort
    auch sys­te­ma­tisch hin­ein­pas­sen. Außer­halb der lei­ten­den
    Ange­stell­ten nennt § 18 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG Chef­ärz­te.
    Auch wenn sie in den Kran­ken­häu­sern eine her­aus­ge­ho­be­ne
    Funk­ti­on ein­neh­men, sind sie in aller Regel kei­ne
    lei­ten­den Angestellten.20 Der Rege­lungs­ge­halt von
    Art. 17 Abs. 1 RL 2003/88/EG trifft auf sie aber in glei­chem
    Maße zu wie auf Hoch­schul­leh­rer, mögen auch die
    Grün­de, wes­halb das Arbeits­zeit­recht auf Chef­ärz­te und
    Hoch­schul­leh­rer nicht passt, unter­schied­lich aus­ge­prägt
    sein.
    Bedenkt man, dass aktu­ell an 113 Pri­va­ten Hoch­schu­len
    in Deutsch­land über 350.000 Stu­die­ren­de von einer
    gro­ßen Anzahl an pri­vat­recht­lich ange­stell­ten Pro­fes­so­rin­nen
    und Pro­fes­so­ren auf ihren aka­de­mi­schen Abschluss
    vor­be­rei­tet wer­den, täte der Gesetz­ge­ber gut dar­an,
    bei der jetzt anste­hen­den Anpas­sung des Arbeits­zeit­ge­set­zes
    kla­re Ver­hält­nis­se zu schaf­fen und die Pro­fes­so­ren
    aus dem Anwen­dungs­be­reich des Arbeits­zeit­schut­zes
    her­aus­zu­neh­men. Blie­be es bei der Rege­lung im Refe­ren­ten­ent­wurf
    vom 27.3.2023 und einer dar­aus fol­gen­den
    Auf­zeich­nungs­pflicht, wird eine Ver­fas­sungs­be­schwer­de
    nicht lan­ge auf sich war­ten las­sen. Das ist ver­meid­bar.
    1 6 4 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 3 ) , 1 6 1 — 1 6 4
    21 z.B. EuGH v. 11.11.2010, C‑232/09, DB 2011, 2270 – Dano­sa.
    22 Löwisch/Kaiser/Kaiser, § 5 Rn. 24 mwN.
    23 BAG v. 5.3.1974, 1 ABR 19/73, BB 1974, 553.
    24 Z.B. BAG v. 5.6.2014, 2 AZR 615/13, NZA 2015, 40; Löwisch/Kaiser/
    Kai­ser, § 5 Rn. 36.
    b) Wis­sen­schaft­li­che und nicht­wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­ter
    Ohne dies wei­ter ver­tie­fen zu müs­sen, fal­len die wis­sen­schaft­li­chen
    und nicht­wis­sen­schaft­li­chen Mit­ar­bei­te­rin­nen
    und Mit­ar­bei­ter pri­va­ter Hoch­schu­len unter den
    Arbeit­neh­mer­be­griff von § 2 Abs. 2 ArbZG und
    § 611a BGB. Deren Arbeits­zeit ist zukünf­tig eben­so zu
    erfas­sen ist wie bei den ent­spre­chen­den Mit­ar­bei­ter­grup­pen
    an staat­li­chen Hoch­schu­len, unab­hän­gig davon,
    ob es sich um staat­li­che Uni­ver­si­tä­ten, Hoch­schu­len für
    Ange­wand­te Wis­sen­schaf­ten, Päd­ago­gi­sche Hoch­schu­len
    oder Kunst- und Musik­hoch­schu­len han­delt.
    c) Organ­mit­glie­der
    Pri­va­te Hoch­schu­len wer­den in den Rechts­for­men der
    GmbH, gGmbH, des Ver­eins (e. V.), der Akti­en­ge­sell­schaft
    (AG) oder als Stif­tungs­hoch­schu­le geführt. Deren
    Orga­ne, etwa die Geschäfts­füh­rer einer GmbH, Vor­stands­mit­glie­der
    einer Akti­en­ge­sell­schaft oder die Vor­stän­de
    eines Ver­eins sind kei­ne Arbeit­neh­mer gem.
    § 2 Abs. 2 ArbZG, deren Arbeits­zeit ist dem­nach nach
    § 16 Abs. 2 ArbZG RefE nicht zu erfas­sen. Dass der
    EuGH z.T. Richt­li­ni­en auch auf Orga­ne einer Gesell­schaft
    anwendet21, hat für den Arbeit­neh­mer­be­griff des
    Arbeits­zeit­ge­set­zes kei­ne Außen­wir­kun­gen.
    d) Prä­si­di­ums- oder Rek­to­rats­mit­glie­der
    Eben­falls nicht zu erfas­sen ist die Arbeits­zeit der Prä­si­di­ums-
    oder Rek­to­rats­mit­glie­der einer pri­va­ten Hoch­schu­le.
    Die­se fal­len als lei­ten­de Ange­stell­te unter die
    Bereichs­aus­nah­me des § 18 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG, auf die
    das Arbeits­zeit­ge­setz ins­ge­samt nicht anwend­bar ist.
    Prä­si­di­ums- oder Rek­to­rats­mit­glie­der einer pri­va­ten
    Hoch­schu­le erfül­len zunächst die all­ge­mei­nen Vor­aus­set­zun­gen
    des § 5 Abs. 3 S. 2, da sie einer­seits zu ihrer lei­ten­den
    Funk­ti­on recht­lich befugt sind, die­se ande­rer­seits
    auch tat­säch­lich aus­üben. Schließ­lich macht die Aus­übung
    die­ser Befug­nis­se einen wesent­li­chen Teil ihrer
    Tätig­keit aus und prägt ihre Stel­lung in der Hoch­schu­le.
    22 Regel­mä­ßig ein­schlä­gig sein wird bei ihnen
    § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 BetrVG: Lei­ten­der Ange­stell­ter ist
    danach, wer regel­mä­ßig sons­ti­ge Auf­ga­ben wahr­nimmt,
    die für den Bestand und die Ent­wick­lung des Unter­neh­mens
    oder eines Betriebs von Bedeu­tung sind und deren
    Erfül­lung beson­de­re Erfah­run­gen und Kennt­nis­se vor­aus­setzt,
    wenn er dabei ent­we­der die Ent­schei­dun­gen im
    Wesent­li­chen frei von Wei­sun­gen trifft oder sie maß­geb­lich
    beein­flusst. Vor­aus­set­zung dafür ist, dass die dem
    Arbeit­neh­mer über­tra­ge­ne Auf­ga­be ein sol­ches Gewicht
    hat, dass sie sich von den Auf­ga­ben abhebt, die eine nor­ma­le
    Ange­stell­ten-Tätig­keit ausmacht.23 Das ist der Fall,
    wenn die betref­fen­de Per­son maß­geb­li­chen Ein­fluss auf
    die wirt­schaft­li­che, tech­ni­sche, kauf­män­ni­sche, orga­ni­sa­to­ri­sche
    oder wis­sen­schaft­li­che Lei­tung des Unter­neh­mens
    oder Betriebs hat, sich dem­nach in einer Schlüs­sel­po­si­ti­on
    befindet.24 In einer der­ar­ti­gen Ver­ant­wor­tung
    ste­hen die Mit­glie­der der Lei­tung einer pri­va­ten Hoch­schu­le.
    Eines Zugriffs auf den Hilfs­tat­be­stand des
    § 5 Abs. 4 BetrVG bedarf es daher nicht. Rich­tig dürf­te es
    auch sein, Deka­ne oder Fach­be­reichs­lei­ter einer pri­va­ten
    Hoch­schu­le unter den Anwen­dungs­be­reich des
    § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 BetrVG zu sub­su­mie­ren, auf die die
    Bereichs­aus­nah­me des § 18 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG dann
    eben­falls anzu­wen­den ist. Auch deren Arbeits­zei­ten
    müss­ten somit nicht erfasst wer­den.
    Frank Wert­hei­mer ist Part­ner der Kanz­lei KRAUSS LAW
    in Lahr/Schwarzwald. Zuvor war er 17 Jah­re im Uni­ver­si­täts­be­reich,
    davon über 10 Jah­re in der Hoch­schul­me­di­zin
    tätig. Zu sei­nen Bera­tungs­fel­dern gehört im
    Bereich des Arbeits­rechts auch das Hoch­schul­recht. Er
    ist Gast­mit­glied der For­schungs­stel­le für Hoch­schul­recht
    und Hoch­schul­ar­beits­recht an der Rechts­wis­sen­schaft­li­chen
    Fakul­tät der Uni­ver­si­tät Freiburg