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In der Sit­zung der Zwei­ten Kam­mer der Badi­schen Landstände1 vom 10. Mai 1819 bean­trag­te der Frei­bur­ger Abge­ord­ne­te Johann Joseph Adrians2, die Finan­zie­rung der Frei­bur­ger Uni­ver­si­tät sol­le in ver­gleich­ba­rer Wei­se, wie die der Hei­del­ber­ger Uni­ver­si­tät erfolgen:

„Ich habe ange­regt, dass die Dota­tio­nen der Lan- des­uni­ver­si­tät Frei­burg nicht hin­rei­chen, ihr jene Ein- rich­tung zu geben, die dem Bedürf­nis der Zeit ange­mes- sen ist … und dar­auf den Antrag gemacht, die hochan- sehn­li­che Kam­mer wol­le Se. Königl. Hoheit den Groß- her­zog um den Vor­schlag eines Geset­zes bit­ten, wodurch der Lan­des­uni­ver­si­tät Frei­burg aus der all­ge­mei­nen Staats­kas­se ein hin­rei­chen­der Zuschuss zuteil wird.

Dass die Uni­ver­si­tät Frei­burg so wie jene in Hei­del- berg als con­sti­tu­tio­nel­le Lan­des­an­stalt zu betrach­ten und in ihrem Fort­be­stand gesi­chert sei, spricht der § 21 der Ver­fas­sungs­ur­kun­de aus.3 Auch ist die­ses die Vor- aus­set­zung, .…dass sie eine gemein­nüt­zi­ge Anstalt sei, die dem Land den meis­ten und edels­ten – dem Staats- zweck vor­zugs­wei­se ent­spre­chen­den – Gewinn brin­ge, näm­lich Bil­dung des Geis­tes und Her­zens, Reli­gi­on und Sitt­lich­keit, Kunst und Wis­sen­schaft, Über­flus an tüch­ti- gen Män­nern für alle Staats­diens­te und Wir­kungs­krei­se geis­ti­ger Tätigkeit.

Ich kom­me auf die Ange­le­gen­heit der Uni­ver­si­tät Frei­burg: Die jähr­li­che Ein­nah­me der­sel­ben beläuft sich auf 36.000 fl. … Dass die­se Ein­nah­me nicht hin­reicht, um die zum frucht­brin­gen­den Dasein der Uni­ver­si­tät not- wen­di­gen Aus­ga­ben zu decken, ist wohl ohne Erör­te- rung klar. Ich bemer­ke nur, dass gemäß des mir vor­lie- gen­den Etats … ein jähr­li­ches Defi­zit von 2 bis 3.000 fl. sich ergibt.

Dage­gen hat die Hei­del­ber­ger Uni­ver­si­tät eine jähr­li- che Ein­nah­me aus der Staats­kas­se von 70.000 fl., bei­na- he das Dop­pel­te von den Ein­künf­ten der Frei­bur­ger. Wel­cher Baden’scher Bür­ger und wel­cher Freund der Wis­sen­schaf­ten soll­te sich nicht freu­en über Hei­del­bergs Wohl­stand, der so herr­li­che Früch­te fort­wäh­rend er- zeugt. … Auch heischt es die Ehre des Staa­tes, dass eine Anstalt, die sei­nen Namen trägt, an den Mit­teln zur Er-

  1. 1  Ver­hand­lun­gen der Zwei­ten Kam­mer der Stän­de­ver­samm­lung des Groß­her­zogs­tums Baden, 3. Heft, 1819, S. 109 ff. – Der Text ist sprach­lich etwas geglättet.
  2. 2  Ober­bür­ger­meis­ter der Stadt Frei­burg; vgl. den Arti­kel in Wiki­pe- dia.
  3. 3  Nach § 21 der Badi­schen Ver­fas­sung von 1818 sol­len „die Do-

rei­chung ihres Zwe­ckes kei­nen Man­gel lei­de. … Es sei er- laubt, die­se Betrach­tun­gen auf die Uni­ver­si­tät Frei­burg anzu­wen­den. Die­ses einst blü­hen­de lite­ra­ri­sche Gemein- wesen hat durch unse­li­ge Unbil­de der Zeit die här­tes­ten Schlä­ge erfah­ren. Es hat, wie Hei­del­berg, sei­ne Besit­zun- gen auf dem lin­ken Rhein­ufer ver­lo­ren, aber es ist nicht, wie sei­ne Schwes­ter­schu­le, so glück­lich gewe­sen, dafür den rei­chen Ersatz in der Groß­mut eines neu­en Stif­ters zu fin­den. … (Kurz­um) es ist kein freu­di­ger Fort­be­stand des Gedei­hens und des Glan­zes, son­dern ein küm­mer­li- cher der Beschrän­kung und der durch öko­no­mi­sche Sor­gen gehemm­ten Wirk­sam­keit: Lehr­stel­len sind unbe- setzt, berühm­te Män­ner kön­nen nicht beru­fen wer­den, die Biblio­thek lei­det an Dürf­tig­keit der Zuflüs­se usw.

Gleich­wohl hat Frei­burg die näm­li­chen Ansprü­che auf die Sorg­falt des Staa­tes wie Hei­del­berg: bei­de sind Lan­des­uni­ver­si­tä­ten, bei­der Ruhm und Gedei­hen gerei- chen gleich­mä­ßig dem Staat zur Ehre und zum Nut­zen. Die eine ist für die obe­ren Pro­vin­zen so wich­tig und viel- leicht wich­ti­ger, als die ande­re für die unte­re; die eine wird von den Katho­li­ken, die ande­re von den Pro­te­stan- ten als ein kost­ba­res Besitz­tum geach­tet. Und wenn dar- in ein Unter­schied lie­ge, dass Hei­del­berg unmit­tel­bar aus der Staats­kas­se und Frei­burg aus eige­nen Stif­tungs­gü­tern sei­ne Ein­nah­men zieht, so möch­te gera­de die­ser Um- stand zur Recht­fer­ti­gung des Anspruchs wenigs­tens auf eini­ge Unter­stüt­zung aus der­sel­ben Staats­kas­se die­nen. Wird doch die­se Staats­kas­se aus Bei­trä­gen aller Bür­ger gebil­det, die Bür­ger Frei­burgs und des Ober­lan­des tra- gen also mit an der Unter­hal­tung der Uni­ver­si­tät Hei­del- berg bei; soll­ten nicht auch die Unter­län­der geneigt sein und es bil­lig fin­den, wenigs­tens ein Sechs­teil von dem, was zu ihren Guns­ten vom Ober­lan­de bezahlt wird, auch zu Guns­ten die­ses Ober­lan­des zurückzuzahlen? .….

Ich will bemer­ken, dass mit einem Zuschuss von jähr­li­chen 15 bis 18.000 fl. die Uni­ver­si­tät Frei­burg nach den beson­de­ren Vor­tei­len ihrer Lage und Ver­hält­nis­se ganz gewiss in einen blü­hen­den, dem Inter­es­se, wie der Ehre des Baden’schen und des Deut­schen Vater­lan­des ent­spre­chen­den Zustand wür­de ver­setzt wer­den. Glei-

tatio­nen der bey­den Lan­des­uni­ver­si­tä­ten und ande­rer höhe­rer Lehr­an­stal­ten, sie mögen in eigent­hüm­li­chen Gütern und Gefäl­len oder in Zuschüs­sen aus der all­ge­mei­nen Staats­cas­se bestehen, … unge­schmä­lert blei­ben“, ein Wort­laut, dem Adri­ans eine Bestands- garan­tie der bei­den Lan­des­uni­ver­si­tä­ten entnimmt.

Land­stän­di­sche For­de­run­gen einer aus­rei­chen­den Finan­zie­rung der Uni­ver­si­tät Freiburg

Ord­nung der Wis­sen­schaft 2023, ISSN 2197–9197

252 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2023), 251–252

ches Inter­es­se am Wohl­stand aller Bade­ner und eines je- den – ist die Frucht der voll­kom­me­nen Ver­bin­dung sei- ner Tei­le durch die Con­sti­tu­ti­on, die wir hier ja so in Ein- tracht pfle­gen, und mich hof­fen lässt, dass mei­ne Moti­on nicht umsonst war“.

Die Beru­fung auf die Uni­ver­si­täts­ga­ran­tie der Badi- sche Ver­fas­sung, auf die glei­che Finanz­aus­stat­tung der badi­schen katho­li­schen und pro­tes­tan­ti­schen Uni­ver­si- tät, auf die uni­ver­si­tä­te Finan­zie­rung aus dem unter­län- dischen und ober­län­di­schen Steu­er­auf­kom­men und auf hier­aus her­ge­lei­tet die finan­zi­el­le Gleich­be­hand­lung der bei­den Lan­des­uni­ver­si­tä­ten brach­te die in der Sit­zung der Zwei­ten Kam­mer anwe­sen­den Ver­tre­ter der Lan­des- regie­rung in Zug­zwang. Ihr dila­to­ri­scher Vor­schlag bot die Ein­set­zung einer Kom­mis­si­on an, die in ers­ter Linie

prü­fen sol­le, ob die Admi­nis­tra­ti­on der Frei­bur­ger Uni- ver­si­tät so ver­bes­sert wer­den kön­ne, dass sie kei­nes Lan- des­zu­schus­ses bedürfe.4

Die Abge­ord­ne­ten Duttlinger5 und Kern6 stimm­ten in ihren Rede­bei­trä­gen der Ein­set­zung einer Kom­mis­si- on zu, aber nicht der Begren­zung ihres Prüf­auf­tra­ges. Kern ver­lang­te sehr deut­lich: „Die Ehre der Regie­rung und der Stän­de for­dert, die Frei­bur­ger Uni­ver­si­tät so zu stel­len, dass sie wie ihre Schwes­ter allen For­de­run­gen ent­spre­chen kön­ne, wel­che die Zeit an ein sol­ches wis- sen­schaft­li­ches Insti­tut mache“.7

Beschlos­sen wur­de: „Bei jetzt erfog­ter Abstim­mung wur­de mit Stim­men­ein­hel­lig­keit die Bera­tung des An- trags und die Ver­wei­sung auf die Abtei­lun­gen beschlossen“.8

4 Ver­hand­lun­gen aaO, S. 105
5 Dutt­lin­ger war Pro­fes­sor an der Uni­ver­si­tät Frei­burg und reprä-

sen­tier­te den Wahl­kreis von Walds­hut, St. Bla­si­en, Tien­gen; zu ihm von Weech, All­ge­mei­ne Deut­sche Bio­gra­phie, Bd. 5, 1877, S. 498 f.

6 Kern war Regie­rungs­rat in Frei­burg und reprä­sen­tier­te in der Zwei­ten Kam­mer die Stadt Freiburg.

7 Ver­hand­lun­gen aaO, S. 107 8 Ver­hand­lun­gen aaO, S. 107.