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Über­sicht

Ein­lei­tung

I. Begriff und Gegen­stand des Kon­kur­ren­ten­streit­ver­fah­rens im öffent­li­chen Dienst

1. Das Kon­kur­ren­ten­streit­ver­fah­ren all­ge­mein und bei der be- set­zung von Hochschulprofessuren

2. Gegen­stand des Konkurrentenstreitverfahrens

II. Siche­rung des Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruchs nach der Aus­wahl­ent­schei­dung im Berufungsverfahren

1. Mit­tei­lungs­pflicht der Hoch­schu­len
a) Zeit­punkt der Mit­tei­lun­gen und War­te­fris­ten
b) Rechts­cha­rak­ter der Mit­tei­lung an die Bewerber*innen c) Umfang der Mit­tei­lungs­pflicht der Hochschulen

2. Akten­ein­sicht a) Allgemein

b) Kein Geheim­hal­tungs­recht der exter­nen Gutachter*innen

III. Pro­zes­sua­le Zuläs­sig­keits­vor­aus­set­zun­gen eines Antrags nach § 123 VwGO

1. Rechts­weg

2. Die Statt­haf­tig­keit des Antrags nach § 123 VwGO in strit­ti- gen Berufungsverfahren

3. Die Antrags­be­fug­nis
4. Das (Eil-) Rechts­schutz­be­dürf­nis
5. Die Hoch­schu­le oder das Land als Antrag­geg­ner 6. Sons­ti­ge Voraussetzungen

IV. Begrün­det­heit des Antrags: Anord­nungs­an­spruch und An- ordnungsgrund

1. Der Anord­nungs­grund
2. Der Anord­nungs­an­spruch
3. Beson­de­re Fall­kon­stel­la­tio­nen / Probleme

a) Befan­gen­heit

aa) Von Geset­zes wegen aus­ge­schlos­se­ne Per­so­nen (abso­lu- te Befan­gen­heit) gem. § 20 VwVfG

* Der vor­lie­gen­de Bei­trag basiert auf dem ent­spre­chen­den Ab- schnitt des Buches von Mathi­as Neu­kir­chen und Eti­en­ne Emm- rich (Hrsg.), Beru­fun­gen, Befan­gen­heit und Bewer­bungs­ver­fah- rens­an­spruch – Ein Kom­pen­di­um für Beru­fungs­kom­mis­sio­nen, Bewer­be­rin­nen und Bewer­ber, erschie­nen 2021 im Nomos Verlag.

bb) Besorg­nis der Befan­gen­heit (real­tive Befan­gen­heit) gem. § 21 VwVfG im Allgemeinen

cc) Fäl­le und Bei­spie­le, in denen nicht per se eine Besorg­nis der Befan­gen­heit besteht

dd) recht­li­che Würdignung

b) Juni­or­profs mit Ten­ure Track

c) Ten­ure Track

d) Zu hohe For­de­run­gen bei den Beru­fungs­ver­hand­lun­gen: Grund für Abbruch?

e) Rechts­wid­rig­keit des Abbruchs des Verfahrens

f) Feh­len­de Pass­ge­nau­ig­keit und Aus­schluss aus dem wei­te- ren Ver­fah­ren bei der 1. Stufe

g) Aka­de­mi­sches Alter: Dis­kri­mi­nie­rung h) Lis­ten­dre­hen durch den Rek­tor
i) Unzu­rei­chen­de Dokumentation

V. Der Beur­tei­lungs­maß­stab des Verwaltungsgerichts

1. Ein­ge­schränkt über­prüf­ba­rer Beur­tei­lungs­spiel­raum der Berufungskommission

2. Min­des­tens poten­ti­el­le Kau­sa­li­tät des Ver­fah­ren­feh­lers für die unter­blie­be­ne Aus­wahl des*der unter­le­ge­nen Bewerber*in**

VI. Die Wir­kung der einst­wei­li­gen Anordnung

VII. Die wei­te­re Ver­fol­gung des Bewer­bungs­ver­fah­ren­san- spruchs vor Gericht

1. Pri­mär­rechts­schutz und Ver­fas­sungs­be­schwer­de
2. Sekun­där­rechts­schutz und Schadensersatzansprüche

a) Amts­haf­tungs­an­spruch
b) Scha­dens­er­satz­an­spruch aus Art. 33 Abs. 2 GG

VIII. Zusam­men­fas­sung

Ein­lei­tung

Beru­fungs­ver­fah­ren sind ein wesent­li­cher Bau­stein der hoch­schu­li­schen Frei­heit von For­schung und Lehre,

** Um eine Gleich­stel­lung der Geschlech­ter auch in der geschrie­be- nen Spra­che zum Aus­druck zu brin­gen, haben sich die Autoren dazu ent­schlos­sen, den vor­lie­gen­den Text unter Ver­wen­dung des Gen­der­sterns zu ver­fas­sen und zuguns­ten einer gen­der­ge­rech­ten Spra­che die gele­gent­lich damit ein­her­ge­hen­den sprach­li­chen Schwie­rig­kei­ten in Kauf zu nehmen.

Mathi­as Neu­kir­chen, Tors­ten Bre­der und Felix Horn­fi­scher
Gericht­li­cher Rechts­schutz zur Siche­rung des Bewer- bungs­ver­fah­rens­an­spruchs von Hoch­schul­leh­re­rin- nen und ‑leh­rern im Berufungsverfahren*

Ord­nung der Wis­sen­schaft 2024, ISSN 2197–9197

252 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 4 (2024), 251–282

denn sie die­nen der Aus­wahl der eigent­li­chen Träger*innen die­ses Grund­rechts gem. Art. 5 Abs. 3 GG.3 Aus Art. 33 Abs. 2 GG folgt, dass die Aus­wahl­entsch­ei- dun­gen der Beru­fungs­kom­mis­sio­nen recht­lich über- prüf­bar sein müs­sen. Sach­frem­de Ein­flüs­se auf die Aus- wahl­ent­schei­dung ver­let­zen nicht nur den Bewer­bungs- ver­fah­rens­an­spruch, son­dern gefähr­den nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts auch unmit­tel­bar die Wissenschaftsfreiheit.4 Ein Lis­ten­platz und viel­mehr noch ein Ruf auf eine Pro­fes­sur sind Qua- litäts­nach­wei­se für eine*n Wissenschaftler*in. Dement- spre­chend hat auch die Nei­gung der Bewerber*innen, Beru­fungs­ver­fah­ren bei sub­jek­tiv unbe­frie­di­gen­dem Ver­lauf gericht­lich über­prü­fen zu las­sen deut­lich zuge- nom­men. Es wird daher eine wach­sen­de Bereit­schaft kon­sta­tiert, gegen ungüns­ti­ge Aus­wahl­ent­schei­dun­gen mit der sog. Kon­kur­ren­ten­kla­ge vorzugehen.5

Die­ser Bei­trag wid­met sich den Rechts­schutz­mög- lich­kei­ten des*der unter­le­ge­nen Konkurrenten*in in Be- rufungs­ver­fah­ren an staat­li­chen Hoch­schu­len in Deutsch­land und beleuch­tet ent­spre­chen­de spe­zi­fi­sche ver­fah­rens­recht­li­che Fra­ge­stel­lun­gen sowie die Ant­wor- ten, die von der ver­wal­tungs­ge­richt­li­chen Rechtsp­re- chung dar­auf bis­lang gege­ben wor­den sind.

Dazu wird zunächst kurz auf das gericht­li­che Kon- kur­ren­ten­streit­ver­fah­ren und sei­ne Bedeu­tung für un- ter­le­ge­ne Konkurrenten*innen in Beru­fungs­ver­fah­ren ein­ge­gan­gen (unter I.), um sodann anhand der Prü- fungs­kri­te­ri­en der Ver­wal­tungs­ge­rich­te zu erläu­tern, wie sich der Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruch der Bewerber*innen vor Gericht im Kon­kur­ren­ten­streit­ver- fah­ren sichern lässt (unter II.). Wei­ter­hin wer­den die pro­zes­sua­len Zuläs­sig­keits­vor­aus­set­zun­gen (unter III.) und die Anfor­de­run­gen an die Begrün­det­heit eines An- trags, also der Anord­nungs­an­spruch und der Anord- nungs­grund (unter IV.) dar­ge­stellt. Sodann wird der Be- urtei­lungs­maß­stab des Ver­wal­tungs­ge­richts erläu­tert (unter V.) und die Wir­kung einer gericht­li­chen Entsch­ei- dung im Eil­rechts­schutz auf das Aus­wahl­ver­fah­ren und die ver­blei­ben­den Hand­lungs­mög­lich­kei­ten der Hoch- schu­len behan­delt (unter VI.), um dann abschlie­ßend noch auf den wei­te­ren gericht­li­chen Instan­zen­zug sowie auf mög­li­che Scha­dens­er­satz­an­sprü­che im Rah­men des

  1. 3  Näher zum Grund­rechts­schutz von Wissenschaftler*innen BVerfG, Urt. v. 29.5.1973, 1 BvR 424/71, 1 BvR 325/72 (= BVerfGE 35, 79), Rn. 92 ff. – juris.
  2. 4  Neukirchen/Emmrich, Beru­fun­gen, Befan­gen­heit und Bewer- bungs­ver­fah­rens­an­spruch, 2021, S. 25; BVerfG, a.a.O., Rn. 115 ff. – juris.

Sekun­där­rechts­schut­zes ein­zu­ge­hen (unter VII.). Der Bei­trag endet mit einer kur­zen Zusam­men­fas­sung (un- ter VIII.).

I. Begriff und Gegen­stand des Kon­kur­ren­ten­streit­ver- fah­rens im öffent­li­chen Dienst

1. Das Kon­kur­ren­ten­streit­ver­fah­ren all­ge­mein und bei der Beset­zung von Hochschulprofessuren

Die Per­so­nal­ge­win­nung im öffent­li­chen Dienst hat sich am Prin­zip der Besten­aus­le­se zu ori­en­tie­ren und unter- liegt dabei stren­gen for­ma­len Kri­te­ri­en für Stel­len­be­set- zungs­ver­fah­ren, die – im Gegen­satz zur fach­li­chen Bewer­tung eines*einer Kandidaten*Kandidatin – auch wei­test­ge­hend gericht­lich über­prüf­bar sind. Wer also bei einer Bewer­bung um ein Ein­gangs- oder Beför­de­rungs- amt gegen eine*n konkurrierende*n Bewerber*in unter- liegt, kann gegen die Aus­wahl­ent­schei­dung der Behör­de gericht­lich vor­ge­hen, um sein*ihr Recht auf ein ord- nungs­ge­mä­ßes Ver­fah­ren best­mög­lich zu wah­ren. In die­sem Zusam­men­hang wird oft von der sog. Kon­kur- ren­ten­kla­ge gespro­chen; sie hat in den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten im Bereich des öffent­li­chen Diens­tes zuneh- mend an Bedeu­tung gewonnen.6 Die Bezeich­nung wird umgangs­sprach­lich häu­fig ver­wen­det, ohne dass sich dabei ohne wei­te­re Erläu­te­run­gen schon ablei­ten lie­ße, was im jewei­li­gen Ein­zel­fall das kon­kre­te Kla­ge­ziel wäre und wel­cher Weg nach der Ver­wal­tungs­ge­richts­ord­nung oder auch nach dem Arbeits­ge­richts­ge­setz zur Errei- chung des Ziels zu beschrei­ten ist.

Unab­hän­gig davon, ob nun von einem Kon­kur­ren- ten­streit­ver­fah­ren, einer Kon­kur­ren­ten­kla­ge, einer Mit- bewer­ber­kla­ge oder auch von einer Kon­kur­ren­ten­ver- drän­gungs­kla­ge die Rede ist, dem begehr­ten gericht­li- chen Rechts­schutz liegt stets die Aus­gangs­si­tua­ti­on zu- grun­de, dass zunächst meh­re­re Per­so­nen einen begüns­ti­gen­den Ver­wal­tungs­akt oder den Abschluss ei- nes Arbeits­ver­tra­ges begehrt haben, der am Ende jedoch nur an eine Per­son erteilt bzw. mit einer Per­son geschlos- sen wer­den kann.7

Die­se Ein­ord­nung und die dahin­ter lie­gen­den Grund­sät­ze lie­gen auch den Aus­wahl­ver­fah­ren und den bestehen­den Rechts­schutz­mög­lich­kei­ten bei der Beset-

Geis, OdW 2020, 23 (23) m. w. N.
6 Vgl. Geis, OdW 2020, 23 (23), oder auch Det­mer, in: Hartmer/

Det­mer, Hoch­schul­recht, 4. Aufl. 2022, Kap. 4, Rn. 103. 7 Brink­tri­ne, JA 2015, 1192 (1192) m.w.N.

Neukirchen/Breder/Hornfischer · Rechts­schutz Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruch 2 5 3

zung von Hoch­schul­pro­fes­su­ren an staat­li­chen Hoch- schu­len – als ein Teil des öffent­li­chen Diens­tes – zugrunde.8 Auch hier geht es in der Regel um ein Ver­fah- ren zur Aus­wahl für ein öffent­li­ches Amt, das mit der Ernen­nung des*der obsie­gen­den Bewerbers*Bewerberin abschließt.

2. Gegen­stand des Konkurrentenstreitverfahrens

Allein die Aus­wahl­ent­schei­dung ist Gegen­stand des dienst­recht­li­chen Konkurrentenstreits.9Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deut­schen ein grund­rechts­glei­ches Recht auf glei­chen Zugang zu öffent­li­chen Ämtern nach Maß­ga­be sei­ner Eig­nung, Befä­hi­gung und fach­li­chen Leistung10– den sog. Bewerbungsverfahrensanspruch11. Damit ist der Aus­wahl­maß­stab des Ver­fas­sungs­rechts abschlie­ßend vor­ge­ge­ben, wobei auf­grund teil­wei­ser inhalt­li­cher Über­schnei­dun­gen der drei Kri­te­ri­en sich die­se auch unter dem Ober­be­griff der Eig­nung im wei­te- ren Sin­ne zusam­men­fas­sen lassen.12 Die­ser Maß­stab gilt auch unein­ge­schränkt, wenn es um die Per­so­nal­aus­wahl der Hochschullehrer*innen für die Beset­zung von Pro- fes­su­ren geht, soweit ein öffent­li­ches Amt im Sin­ne der Norm vorliegt.13 Dabei steht den Hoch­schu­len aus der Wis­sen­schafts­frei­heit des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG jedoch eine beson­de­re Beur­tei­lungs­kom­pe­tenz bzgl. der (fach­li- chen) Qua­li­fi­ka­ti­on von Bewerber*innen zu.14 Die Aus- wahl­ent­schei­dung ist inso­weit als Ermes­sens­entsch­ei- dung nur ein­ge­schränkt gericht­lich überprüfbar,15 ein Feh­ler im Beru­fungs­ver­fah­ren kann aber zu des­sen Rechts­wid­rig­keit und zum Abbruch des (per­so­nal- und zeit­auf­wän­di­gen) Ver­fah­rens füh­ren. Auf­grund die­ser Ein­schät­zungs­prä­ro­ga­ti­ve der Hoch­schu­le in fach­li­cher Hin­sicht und ihres Ermes­sens­spiel­raums zie­len sol­che Kla­gen in der Regel auf die Rüge von Ver­fah­rens­feh­lern, um die Aus­wahl­ent­schei­dung anzu­grei­fen oder deren Umset­zung zeit­lich zu ver­zö­gern, was wie­der­um zu

  1. 8  Zur ent­spre­chen­den Über­trag­bar­keit OVG Ber­lin-Bran­den­burg, Beschl. v. 16.3.2012, 5 S 12/11, Rn. 4 – juris m.w.N. zur über­ein- stim­men­den Rspr. des OVG Müns­ter und des VGH München.
  2. 9  Vgl. Kennt­ner, ZBR 2016, 181 (182) unter Hin­weis auf BGH, Urt. v. 18.11.2004, III ZR 347/03, Rn. 14 bzgl. der ent­spre­chen­den Ein­gren­zung im Rah­men eines Amtshaftungsanspruchs.
  3. 10  Vgl. bspw. BVerwG, Urt. v. 21.08.2003, 2 C 14.02 (= BVerw­GE 118, 370), Rn. 16 – juris m.w.N. zur Rspr. von BVerfG und BVerwG.
  4. 11  Vgl. zur Ter­mi­no­lo­gie etwa BVerwG, a.a.O. oder auch BVerwG, Urt. v. 4.11.2010, 2 C 16.09 (= BVerw­GE 138, 102), Rn. 21 – juris.
  5. 12  Neu­häu­ser, WissR 45 (2012), 248 (251) m.w.N.
  6. 13  Neu­häu­ser, WissR 45 (2012), 248 (252 f.).
  7. 14  Neu­häu­ser, WissR 45 (2012), 248 (253) unter Hin­weis auf BVer-wG, Urt. v. 9.5.1985, 2 C 16.83.
  8. 15  OVG Ber­lin-Bran­den­burg, Beschl. v. 16.3.2012, 5 S 12.11, Rn. 4 –juris.

einer immer stär­ke­ren Ver­recht­li­chung des Ver­fah­rens geführt hat.16

Die gericht­li­che Prü­fung der Aus­wahl­ent­schei­dung wird dabei regel­mä­ßig auf den vor­läu­fi­gen Rechts­schutz vorverlagert.17 Denn mit der beam­ten­recht­li­chen Ernen- nung des*der aus­ge­wähl­ten Bewerbers*Bewerberin wird das Aus­wahl­ver­fah­ren durch den ent­spre­chen­den Ver- wal­tungs­akt for­mal ver­bind­lich abge­schlos­sen – der Be- wer­bungs­ver­fah­rens­an­spruch erlischt.18 Der sog. Grund- satz der Ämter­sta­bi­li­tät steht der Ver­hin­de­rung der Ein- wei­sung in eine ent­spre­chen­de Plan­stel­le und einer Wie- der­ho­lung des Ver­fah­rens auf­grund von vor­an­ge­gan­ge­nen Feh­lern ab die­sem Zeit­punkt regel­mä­ßig entgegen.19 Ei- ner Kla­ge gegen eine bereits erfolg­te Ernen­nung wird daher nur sel­ten zum Erfolg füh­ren, da es in der Regel bereits am Rechts­schutz­be­dürf­nis feh­len dürfte.

Nach der Recht­spre­chung des BVerwG ver­bleibt bei Kon­kur­ren­ten­strei­tig­kei­ten, soweit es um Erst­ein­stel­lun- gen bzw. Erst­be­ru­fun­gen und nicht um Beför­de­run­gen geht, im Wesent­li­chen nur eine Fall­kon­stel­la­ti­on, in der eine Anfech­tungs­kla­ge, mit dem Ziel, die Ernen­nung des*der Konkurrenten*in auf­zu­he­ben, aus­nahms­wei­se als zuläs­si­ger Rechts­be­helf in Betracht kommt: Wenn der Dienst­herr den*die ausgewählte*n Bewerber*in unter Ver­let­zung der Pflicht zur ord­nungs­ge­mä­ßen Kon­kur- ren­ten­mit­tei­lung oder unter Ver­let­zung der War­te­pflicht vor­schnell ernennt, wird das ver­fas­sungs­recht­lich garan- tier­te Recht auf effek­ti­ven Rechts­schutz gem. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verletzt.20 Der Grund­satz der Ämter­sta­bi­li­tät kann dem*der über­gan­ge­nen Bewerber*in dann nicht ent­ge­gen­ge­hal­ten wer­den, son- dern es gilt, dem ver­fas­sungs­recht­lich gebo­te­nen Rechts- schutz auch noch nach der Ernen­nung Gel­tung zu ver- schaf­fen und die­se Ent­schei­dung des Dienst­herrn im Erfolgs­fall auf­zu­he­ben. Allein dann, wenn der*die unter Ver­let­zung der War­te­pflicht vor­schnell ernannte

16 Neukirchen/Emmrich, Beru­fun­gen, Befan­gen­heit und Bewer- bungs­ver­fah­rens­an­spruch, 2021, S. 25.

17 Zu den Anfor­de­run­gen, die von der Recht­spre­chung an den Um- gang mit die­ser beson­de­ren Situa­ti­on geknüpft wer­den, sogleich unter II.; kri­tisch zur herr­schen­den Dog­ma­tik: Scho­ch, in: Schoch/ Schnei­der, Ver­wal­tungs­recht, Band VwGO, 44. EL März 2023, § 123 Rn. 41 ff.

18 BVerwG, Urt. v. 4.11.2010, 2 C 16.09, Rn. 27 – juris.
19 Vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vor­läu­fi­ger Rechts­schutz, 7.

Aufl. 2017, § 61, Rn. 1343.
20 Grund­le­gend BVerwG, Urt. v. 4.11.2010, 2 C 16.09 – juris; vgl.

etwa auch OVG Ber­lin-Bran­den­burg, Beschl. v. 28.11.2018, 4 N 2.16 – juris.

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Bewerber*in die Stel­le wie­der ver­las­sen hat, ist eine Anfech­tung im Haupt­sa­che­ver­fah­ren nicht statt­haft, son­dern der Haupt­sa­che­rechts­be­helf auf die Ver­pf­lich- tung zur Neu­ent­schei­dung über die Bewer­bung zu rich- ten.21

Für den Bereich der Hoch­schu­len deu­tet nichts dar- auf hin, dass ihnen bzw. den zustän­di­gen Minis­te­ri­en der Feh­ler einer unter­blie­be­nen oder nicht ord­nungs­ge­mä- ßen Kon­kur­ren­ten­mit­tei­lung häu­fi­ger unterläuft.22

II. Siche­rung des Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruchs nach der Aus­wahl­ent­schei­dung im Beru­fungs­ver­fah- ren

Sei­nen Aus­gang nimmt ein Kon­kur­ren­ten­streit­ver­fah­ren regel­mä­ßig mit der Infor­ma­ti­on an die Bewerber*innen, dass sie bei der wei­te­ren Aus­wahl nicht berück­sich­tigt wer­den bzw. ein*e andere*r Kandidat*in die Pro­fes­sur erhal­ten soll. Inso­weit stellt sich zunächst die Fra­ge, wel- che Anfor­de­run­gen an die Hoch­schu­len gestellt wer­den, im Hin­blick dar­auf, wann, auf wel­che Wei­se und in wel- chem Umfang unter­le­ge­ne Bewerber*innen zu infor­mie- ren sind, damit sie sich nicht dem Vor­wurf der Verei­te- lung des Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruchs ent­ge­gen­hal- ten las­sen müs­sen (dazu unter 1.). Damit die Bewerber*innen bewer­ten kön­nen, ob die für sie ungüns­ti­ge Aus­wahl­ent­schei­dung feh­ler­haft gewe­sen ist, bedarf es in der Regel der Ein­sicht in die Akten, die von der Hoch­schu­le zu dem Beru­fungs­ver­fah­ren geführt wer­den (dazu unter 2.). Erst dar­an anknüp­fend kön­nen die Erfolgs­aus­sich­ten einer Siche­rung des Bewer­bungs- ver­fah­rens­an­spruchs durch ein gericht­li­ches Ver­fah­ren voll­stän­dig geprüft wer­den, indem bewer­tet wird, ob die pro­zes­sua­len (dazu unter 3.) und mate­ri­el­len (dazu unter 4.) Vor­aus­set­zun­gen für einen ent­spre­chen­den Antrag an das zustän­di­ge Gericht vorliegen.

  1. 21  VG Bay­reuth, Urt. v. 18.7.2023, B 5 K 22.719, UA S. 18 – n.v.; vgl. hier­zu fer­ner die Bespre­chung von Wert­hei­mer, OdW 2025, Heft 1
  2. 22  Vgl. aber zu einem ent­spre­chen­den Fall VG Bay­reuth, Urt. v. 18.7.2023, a.a.O., UA S. 18 f. n.v.
  3. 23  BVerwG, Urt. v. 4.11.2010, 2 C 16.09, Rn. 34 – juris.
  4. 24  BVerwG, a.a.O., Rn. 34 f. – juris.
  5. 25  Vgl. auch Herr­mann, NJW 2011, 653 (654).
  6. 26  Die Ansicht, dass sich die Infor­ma­ti­ons­pflicht in gestuf­ten Aus-wahl­ent­schei­dun­gen auf alle Ver­fah­rens­ab­schnit­te erstreckt

1. Die Mit­tei­lungs­pflicht der Hochschulen

Um zu ver­hin­dern, dass der Bewer­bungs­ver­fah­ren­san- spruch durch die Ernen­nung des*der erfolg­rei­chen Kandidaten*in ver­ei­telt wird, ist das in die­sem Zusam- men­hang aus Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG ableit­ba­re Grund­recht auf effek­ti­ven Rechts­schutz durch die Recht­spre­chung ver­schie­dent­lich gesi­chert wor­den. So ver­pflich­tet die ver­fas­sungs- und ver­wal­tungs­ge­richt- liche Recht­spre­chung die ernen­nen­de Stel­le dazu, nach Abschluss des Aus­wahl­ver­fah­rens den unter­le­ge­nen Bewerbern*Bewerberinnen zur Wah­rung des ver­fas- sungs­recht­lich gebo­te­nen effek­ti­ven Rechts­schut­zes die Aus­wahl­ent­schei­dung und damit ein­her­ge­hend die beab­sich­tig­te Ernen­nung einer ande­ren Per­son mit­zu- teilen23 und die­se Ernen­nung erst nach Ablauf einer Still- hal­te­frist durchzuführen.24

a) Zeit­punkt der Mit­tei­lung und Wartefristen

Die Mit­tei­lung über die Aus­wahl­ent­schei­dung muss jeden­falls so recht­zei­tig vor der Ernen­nung des*der erfolg­rei­chen Bewerbers*in erfol­gen, dass für den*die unterlegene*n Bewer­be­rin noch die Chan­ce besteht, die Ernen­nung durch einen Antrag auf Erlass einer einst- wei­li­gen gericht­li­chen Anord­nung gem. § 123 VwGO (zumin­dest vor­läu­fig) erfolg­reich zu verhindern.25

Im Rah­men von Beru­fungs­ver­fah­ren ist die Mit­tei- lung spä­tes­tens dann abzu­ge­ben, wenn die Beru­fungs­lis- te durch alle zustän­di­gen Stel­len bestä­tigt wur­de und die Ernen­nung des Erst­plat­zier­ten vor­ge­nom­men wer­den soll.26

Die vom Ber­li­ner VG/OVG ver­tre­te­ne Rechts­auf­fas- sung27, dass bereits vor Abschluss des Beru­fungs­ver­fah- rens und ab der Mit­tei­lung eines Sach­stands für den*die Bewerber*in die Frist zur Ein­le­gung eines Rechts­mit­tels zu lau­fen begin­ne, selbst wenn eine Lis­te noch gar nicht erstellt ist, wur­de vom BVerfG verworfen.28 Auch eine

und im Rah­men von Beru­fungs­ver­fah­ren daher schon bei der Ein­la­dung zum Pro­be­vor­trag eine Infor­ma­ti­on an die nicht ein­ge­la­de­nen Kandidaten*Kandidatinnen erfol­gen müss­te, wur­de von der Recht­spre­chung soweit ersicht­lich nicht auf­ge­nom­men. Vgl. dazu Brink­tri­ne, JA 2015, 1192 (1196).

27 VG Ber­lin Beschl. v. 10.6.2013, 5 L 122.13 – juris; OVG Ber­lin- Bran­den­burg, Beschl. v. 5.12.2013, 4 S 53.13 – n.v..

28 BVerfG, Beschl. v. 3.3.2014, 1 BvR 3606/13 – juris.

Neukirchen/Breder/Hornfischer · Rechts­schutz Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruch 2 5 5

Mit­tei­lung der Fakul­tät, dass ein*e Bewerber*in z. B. nicht zum Pro­be­vor­trag ein­ge­la­den wird, erfolgt zu ei- nem Zeit­punkt, in wel­chem das Ver­fah­ren noch nicht abge­schlos­sen ist.29 Es ist ledig­lich ein Zwi­schen­stand und es han­delt sich nach der Recht­spre­chung des BVerfG um „eine blo­ße Wis­sen­s­er­klä­rung und nicht um einen Ver­wal­tungs­akt zum Abschluss eines beam­ten­recht­li- chen Verfahrens“.30 Vor die­sem Hin­ter­grund han­de­le es sich „auch bei der Erstel­lung der Beru­fungs­lis­te um ei- nen recht­lich unselb­stän­di­gen Zwi­schen­schritt“ auf den regel­mä­ßig vie­le wei­te­re Zwi­schen­schrit­te und Entsch­ei- dun­gen fol­gen (Zustim­mung Fach­be­reichs­rat, Aka­de­mi- scher Senat, Hoch­schul­lei­tung) und jede die­ser Ent- schei­dun­gen kön­ne das Ver­fah­ren verändern.31

Erst mit dem voll­stän­di­gen Abschluss des Ver­wal- tungs­ver­fah­rens und durch die Bekannt­ga­be der erfolg- rei­chen Per­son ver­bun­den mit der ableh­nen­den Besch­ei- dung der wei­te­ren Bewer­be­rin­nen und Bewer­ber in der soge­nann­ten „Kon­kur­ren­ten­mit­tei­lung“ kom­me zum Aus­druck, dass das Ver­fah­ren abge­schlos­sen sei.32 Dies gel­te „auch in den zwei­ge­teil­ten Stel­len­be­set­zungs­ver- fah­ren wie dem hoch­schul­in­ter­nen Beru­fungs­ver­fah­ren und der Ernen­nung für Professuren“.

Teilt das Sekre­ta­ri­at eines Fach­be­reichs Bewer­be­rin- nen und Bewer­bern vor einem Beschluss wei­te­rer zu be- teil­i­gen­der Gre­mi­en und der Hoch­schul­lei­tung mit, dass sie nicht zu Anhö­run­gen ein­ge­la­den oder auf einer Lis­te der Beru­fungs­kom­mis­si­on oder des Fach­be­reichs be- rück­sich­tigt wor­den sind, so stellt dies eine Infor­ma­ti­on dar, aber eben kei­ne abschlie­ßen­de Sach­ent­schei­dung gegen die gericht­lich vor­ge­gan­gen wer­den könn­te. Ge- gen die Infor­ma­ti­on selbst kann bereits nach § 44a Satz 1 VwGO nicht selb­stän­dig vor­ge­gan­gen wer- den, weil sei eine behörd­li­che Ver­fah­rens­hand­lung dar- stellt, die nur im Zusam­men­hang mit der Sach­entsch­ei- dung ange­foch­ten wer­den kann. Die Infor­ma­ti­on kann aber auch nicht vor­beu­gend mit Blick auf die noch zu tref­fen­de abschlie­ßen­de Sach­ent­schei­dung gericht­lich über­prüft wer­den. Dies liegt dar­an, dass zu die­sem Zeit- punkt noch wei­te­re Ver­fah­rens­schrit­te fol­gen (kön­nen oder müssen):

29 Teilt etwa das Sekre­ta­ri­at einer Fakul­tät Bewerber*innen vor einem Beschl. wei­te­rer zu betei­li­gen­der Gre­mi­en und der Hoch­schul­lei­tung und ggf. des Minis­te­ri­ums mit, dass sie nicht zu Anhö­run­gen ein­ge­la­den oder auf einer Lis­te der Beru­fungs­kom- mis­si­on oder der Fakul­tät berück­sich­tigt wor­den sind, han­delt es sich um eine blo­ße Wis­sen­s­er­klä­rung und nicht um einen Ver- wal­tungs­akt zum Abschluss eines beam­ten­recht­li­chen Ver­fah­rens, BVerfG, Beschl. v. 3.3.2014, 1 BvR 3606/13, Rn. 20 – juris unter Ver­weis auf OVG Müns­ter, Beschl. v. 3.4.2008, 6 B 159/08, Rn. 6 ff. – juris; VGH Mün­chen, Beschl. v. 30.4.2009, 7 CE 09.661, 7 CE 09.662, Rn. 21 – juris.

– wei­te­re Per­so­nen wer­den zu Anhö­run­gen nach­ge­la- den,

– (wei­te­re) Gut­ach­ten wer­den ein­ge­for­dert,
– die Lis­te muss noch erstellt wer­den,
– die ein­mal erstell­te Lis­te der Berufungskommission

wird durch den Fach­be­reich, oder den Akademi-

schen Senat ver­än­dert.
Der*die Bewerber*in ist nach der Rechtsprechung

des BVerfG und auch nach der „herr­schen­den Mei­nung in Lite­ra­tur und Recht­spre­chung“ daher im Gegen­teil gera­de gehal­ten, die abschlie­ßen­de Aus­wahl­entsch­ei- dung abzu­war­ten, die sich in der Ertei­lung des Rufes ma- nifes­tiert. Erst dann ist die Aus­wahl­ent­schei­dung einer Über­prü­fung zugänglich.33 Dies stimmt auch mit dem all­ge­mei­nen ver­wal­tungs­pro­zess­recht­li­chen Grund­satz über­ein, wonach gegen behörd­li­che Maß­nah­men oder Hand­lun­gen schon aus Grün­den der Ver­fah­rens­öko­no- mie grund­sätz­lich erst nach­träg­lich Rechts­schutz ge- währt wird34 und ein vor­beu­gen­der Rechts­schutz aus­ge- schlos­sen ist.

Das Urteil des BVerwG vom 20.12.201635 hat die­se kla­re Recht­spre­chung des BVerfG lei­der ver­wäs­sert und nicht Klar­heit, son­dern eher Ver­wir­rung geschaffen.36 In der Lite­ra­tur wird erör­tert wie die neue Recht­spre­chung des BVerwG zu der oben erwähn­ten Recht­spre­chung des BVerfG steht.37 Mit Urteil vom 20.10.2016 ver­tritt das BVerwG die Auf­fas­sung, zwar müs­se das hoch­schul­in- ter­ne Beru­fungs­ver­fah­ren abge­schlos­sen sein, jedoch ent­spre­che es

„sowohl dem Gebot des effek­ti­ven Rechts­schut­zes als auch dem Gebot der Effek­ti­vi­tät des Ver­fah­rens zur Be- set­zung der Stel­le eines Hoch­schul­leh­rers, dass vor­läu­fi- ger gericht­li­cher Rechts­schutz im Anschluss an die ver- bind­li­che Bestim­mung der gelis­te­ten Bewer­ber durch das hier­für maß­geb­li­che Gre­mi­um und die Bekannt­ga­be die­ser Ent­schei­dung sowie der maß­geb­li­chen Aus­wahl- erwä­gun­gen in Anspruch zu neh­men ist. Maß­geb­lich ist inso­weit grund­sätz­lich die sog.‚Konkurrentenmitteilung‘, in der die Ver­wal­tung den voll­stän­di­gen Abschluss des Ver­wal­tungs­ver­fah­rens durch die Bekannt­ga­be der er- folg­rei­chen Per­son ver­bun­den mit der ableh­nen­den Be-

30 BVerfG, Beschl. v. 3.3.2014 — 1 BvR 3606/13, Rn. 29 – juris; dazu auch näher sogleich unter b).

31 BVerfG, Beschl. v. 3.3.2014 — 1 BvR 3606/13, Rn. 29 – juris.
32 BVerfG, Beschl. v. 3.3.2014 — 1 BvR 3606/13, Rn. 29 – juris.
33 BVerfG, Beschl. v. 3.3.2014, 1 BvR 3606/13, Rn. 19 – juris unter

Ver­weis auch auf Beaucamp/Seifert, WissR 44, 2011, 24 (37) m. w.

N.
34 VG Osna­brück, Beschl. v. 16.4.2015, 3 B 20/14, Rn. 58 – juris.
35 BVerwG, Urt. v. 20.10.2016, 2 C 30.15.
36 Noack, NVwZ 2018, 1190 (1190).
37 Für eine aus­führ­li­che Dar­stel­lung vgl. Noack, NVwZ 2018, 1190 ff.

256 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 4 (2024), 251–282

schei­dung der wei­te­ren Bewer­ber zum Aus­druck bringt (BVerfG, Kam­mer­be­schluss vom 3. März 2014 — 1 BvR3606/13 — NVwZ 2014, 785 Rn. 19 f.). Durch den Be- schluss des Rek­to­rats über den Beru­fungs­vor­schlag nach § 10 BO bin­det sich die Beklag­te inso­weit, als nur die dort auf­ge­führ­ten Bewer­ber für die Ver­ga­be der Stel­le in Be- tracht kom­men. Füh­ren die nach der Rei­hen­fol­ge der Lis- te zu füh­ren­den Beru­fungs­ver­hand­lun­gen mit den Be- wer­bern nicht zum Erfolg, ist die­se Aus­schrei­bung gescheitert.“38

Dem­nach muss die Hoch­schu­le nach der Rechtsp­re- chung des BVerwG bereits nach dem Beschluss der Lis­te im Rek­to­rat die Kon­kur­ren­ten­mit­tei­lung ver­sen­den. Dies ent­sprä­che der Inter­es­sens­la­ge aller Betei­lig­ten in einem Beru­fungs­ver­fah­ren, und es sei auch aus zeit­li- chen Grün­den rich­tig, nicht erst lang­wie­ri­ge Beru­fungs- ver­hand­lun­gen abzuwarten.39

Dies lässt außer Acht, dass nach der Ent­schei­dung der Hoch­schul­lei­tung über den Beru­fungs­vor­schlag je nach Lan­des­hoch­schul­ge­setz noch die Zustim­mung des Minis­te­ri­ums erfor­der­lich ist. So ist in Ber­lin die Hoch- schu­le zwar als Dienst­herr auch die ernen­nen­de Behör- de, das Minis­te­ri­um (vor­lie­gend das für Hoch­schu­len zustän­di­ge Mit­glied des Senats von Ber­lin) jedoch die rufer­tei­len­de Stel­le, deren Ein­ver­neh­men erfor­der­lich ist.40 Auch wäre der*die zweit­plat­zier­te Bewerber*in bei einem feh­ler­haf­ten Beru­fungs­ver­fah­ren gezwun­gen, um einst­wei­li­gen Rechts­schutz zu ersu­chen, noch bevor der*die erst­plat­zier­te Bewerber*in über­haupt den Ruf ange­nom­men hat.41 Der*die im einst­wei­li­gen Rechts- schutz­ver­fah­ren nach § 65 Abs. 2 VwGO bei­zu­la­den­de erst­plat­zier­te Bewerber*in könn­te durch die Erklä­rung, den Ruf nicht anneh­men zu wol­len, dem Rechts­schutz- antrag des*der zweit­plat­zier­ten Bewerber*in das Rechts- schutz­be­dürf­nis ent­zie­hen, was das Pro­zess­ri­si­ko zusätz- lich erhöht.

Nach alle­dem spricht eini­ges dafür, der Rechtsp­re- chung des BVerfG fol­gend, die bei der Aus­wahl über­g­an- genen Bewerber*innen erst nach Ruf­an­nah­me durch den*die aus­ge­wähl­ten Bewerber*in nach erfolg­rei­chen Beru­fungs­ver­hand­lun­gen und recht­zei­tig vor der Ernen- nung zu infor­mie­ren. Man mag dem aller­dings ent­ge- gen­hal­ten, dass ein Beru­fungs­ver­fah­ren so erst sehr spät gericht­lich über­prüft wer­den kann.

Die Ent­schei­dun­gen des BVerfG und des BVerwG er- öff­nen letzt­lich den Hoch­schu­len einen Spiel­raum, zu

  1. 38  BVerwG, Urt. v. 20.10.2016, 2 C 30.15, Rn. 30 – juris.
  2. 39  BVerwG, Urt. v. 20.10.2016, 2 C 30.15, Rn. 30 – juris.
  3. 40  Neukirchen/Emmrich, Beru­fun­gen, Befan­gen­heit und Bewer-bungs­ver­fah­rens­an­spruch, 2021, S. 80 f.

wel­chem Zeit­punkt sie die Aus­wahl­ent­schei­dung einem pro­zess­recht­li­chen Angriff aus­set­zen wol­len. Sie kön­nen der Recht­spre­chung des BVerwG fol­gend die Mit­tei­lun- gen bereits nach dem Beschluss der Lis­te im Rek­to­rat ver­sen­den und somit das Ver­fah­ren zeit­lich beschleuni- gen. Sie neh­men dann aber in Kauf, dass es ggf. recht­li- che Strei­tig­kei­ten gibt, die hin­fäl­lig sind, wenn sich Än- derun­gen erge­ben, auf die pro­zess­recht­lich gege­be­nen- falls dar­auf zu reagie­ren ist, dass die Betei­lig­ten den Rechts­streit in der Haupt­sa­che über­ein­stim­mend für er- ledigt erklä­ren. Die Hoch­schu­len kön­nen aber auch der Recht­spre­chung des BVerfG fol­gen und erst nach der Ei- nigung in der Beru­fungs­ver­hand­lung und Ernen­nungs- absicht die Kon­kur­ren­ten­mit­tei­lung ver­sen­den. Die­se Unklar­heit ist unmit­tel­ba­re Fol­ge der Recht­spre­chung des BVerwG, wel­ches die Recht­spre­chung des BVerfG zi- tiert, aber sich im Gegen­satz dazu bringt.42

Als ange­mes­se­ne War­te­frist, die von den Hoch­schu- len bzw. Minis­te­ri­en ein­zu­hal­ten ist, bevor sie durch die Ernen­nung des*der erfolg­rei­chen Bewerbers*in die Rechts­la­ge ändern, wer­den mitt­ler­wei­le min­des­tens zwei Wochen ab Zugang der Mit­tei­lung über die Ableh­nung der Bewer­bung angesehen.43 In der Pra­xis dürf­te dies zu- nächst sel­te­ner zu Pro­ble­men füh­ren, da zwi­schen Ruf und Ernen­nung i.d.R. noch Beru­fungs­ver­hand­lun­gen, die offi­zi­el­le Ruf­an­nah­me und wei­te­re beam­ten­recht­li- che Prä­li­mi­na­ri­en lie­gen, die bis­wei­len kom­pli­ziert und lang­wie­rig sein können.

Die War­te­pflicht des Dienst­herrn kann sich jedoch unge­wollt ver­län­gern, wenn tat­säch­lich ein oder meh­re- re unter­le­ge­ne Bewerber*innen gegen die getrof­fe­ne Aus­wahl­ent­schei­dung gericht­lich vor­ge­hen. Nicht nur ergibt sich dann eine Ver­zö­ge­rung für die Dau­er des ge- richt­li­chen Ver­fah­rens, son­dern auch im Fal­le des Obsie- gens des Dienst­herrn in der ers­ten Instanz vor dem Ver- wal­tungs­ge­richt. Denn er ist auch in die­sem Fall gehal- ten, die Ernen­nung frü­hes­tens nach ereig­nis­lo­sem Ver- strei­chen der zwei­wö­chi­gen Beschwer­de­frist gem. §§ 146, 147 VwGO vor­zu­neh­men und bis dahin abzu­war- ten, ob der*die unter­le­ge­ne Bewerber*in Beschwer­de bei der nächs­ten Instanz, dem Ober­ver­wal­tungs­ge­richt, ein- legt.

Unter­liegt der*die Bewerber*in auch vor dem Ober- ver­wal­tungs­ge­richt, ver­län­gert sich die War­te­pflicht des Dienst­herrn ein wei­te­res Mal, in die­sem Fall um den Zeit­raum, inner­halb des­sen dem*der unterlegenen

41 Noack, NVwZ 2018, 1190 (1191).
42 Noack, NVwZ 2018, 1190 (1191).
43 BVerwG, Urt. v. 4.11.2010, 2 C 16.09, Rn. 34 – juris unter Verweis

auf die ver­wal­tungs­ge­richt­li­che Praxis.

Neukirchen/Breder/Hornfischer · Rechts­schutz Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruch 2 5 7

Bewerber*in noch die Erhe­bung einer Ver­fas­sungs­be- schwer­de mög­lich ist. Teilt der*die unter­le­ge­ne Bewerber*in also bereits vor oder spä­tes­tens zwei Wo- chen nach Bekannt­ga­be der ober­ge­richt­li­chen Entsch­ei- dung mit, dass er*sie das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt an- rufen wird, muss ihm*ihr Gele­gen­heit gege­ben wer­den, die Monats­frist für die Ein­le­gung der Ver­fas­sungs­be- schwer­de nach § 93 Abs. 1 BVerfGG auszuschöpfen.44

Je län­ger sich die Ver­fah­ren hin­zie­hen, des­to mehr steigt für den Dienst­herrn also das Risi­ko – auch wenn er am Ende vor Gericht obsie­gen soll­te –, dass der*die ursprüng­lich aus­ge­wähl­te Kandidat*in und evtl. auch wei­te­re Listenkandidaten*innen absprin­gen und das Ver­fah­ren schon aus die­sem Grund wie­der­holt wer­den muss.

b) Rechts­cha­rak­ter der Mit­tei­lun­gen an die Bewerber*innen

Das Aus­wahl­ver­fah­ren an der Hoch­schu­le ist ein dem Ernen­nungs­ver­fah­ren vor­ge­la­ger­tes Ver­fah­ren. Die Mit- tei­lung an die unter­le­ge­nen Bewerber*innen über die getrof­fe­ne Aus­wahl­ent­schei­dung sowie die beab­sich­tig­te Ernen­nung eines*r Konkurrenten*in ent­hält kei­ne recht- lich ver­bind­li­che Rege­lung für die Adressaten*innen, sodass es bereits an die­sem Merk­mal für die Annah­me des Vor­lie­gens eines Ver­wal­tungs­akts i.S.v. § 35 Satz 1 VwVfG fehlt45. Denn sie ent­hält ledig­lich die Mit­tei­lung der Absicht, einen Ver­wal­tungs­akt – in Gestalt der Ernen­nung – adres­siert an eine drit­te Per­son zu erlassen.

Ihr kann daher nicht erfolg­reich mit der Ein­le­gung eines Wider­spruchs bei der Hoch­schu­le oder der Erhe- bung einer Anfech­tungs­kla­ge begeg­net wer­den. Auch

  1. 44  So BVerwG, Beschl. v. 8.12.2011, 2 B 106.11, Rn. 10 – juris.
  2. 45  So bspw. OVG Koblenz, Beschl. v. 18.9.2006, 2 B 10840/06, Rn.4 – juris; eben­falls ver­nei­nend VGH Mün­chen, Beschl. v. 1.2.2022, 3 CE 22.19, Rn. 7 – juris; a.A. unter Bezug­nah­me auf BVerwG, Urt. v. 4.11.2010, 2 C 16.09, noch Kennt­ner, ZBR 2016, 181 (183 ff.) und v. Roet­te­ken, ZBR 2011, 73 (74), die dies aus einer Unschär­fe des BVerwG-Ent­schei­dung ablei­ten. Das BVerwG spricht der aus­ge­wähl­ten Per­son auf­grund der Aus­wahl­ent­schei­dung einen Anspruch auf Ver­lei­hung des ent­spre­chen­den Amtes zu (sie­he dort Rn. 27), das hie­ße auf die als Ver­wal­tungs­akt zu qua­li­fi- zie­ren­de Ernen­nung. Dar­aus wird von den Autoren gefol­gert, dass dann auch die mit der Aus­wahl­ent­schei­dung ver­bun­de­ne Ableh­nung der unter­le­ge­nen Bewerber*innen Rege­lungs­cha- rak­ter habe. Hier dürf­te jedoch viel­mehr infra­ge zu stel­len sein, ob das BVerwG mit sei­ner Aus­sa­ge an der Stel­le tat­säch­lich zum Aus­druck brin­gen woll­te, dass regel­mä­ßig bereits die Aus­wahl- ent­schei­dung einen Ver­wal­tungs­akt dar­stellt, zumal es an glei­cher Stel­le im nach­fol­gen­den Satz aus­führt, dass der Bewer­bungs- ver­fah­rens­an­spruch [erst] durch die Ernen­nung untergehe,wenn die­se das Aus­wahl­ver­fah­ren end­gül­tig abschlie­ße. Wie

die Rufer­tei­lung an den*die erfolgreiche*n Bewerber*in stellt kei­nen Ver­wal­tungs­akt im Sin­ne des Ver­wal­tungs- ver­fah­rens­rechts dar.46 In bei­den Fäl­len han­delt es sich ledig­lich um form­lo­se Mit­tei­lun­gen über die getrof­fe­ne Auswahlentscheidung.47 Auch mit dem Ruf wird zu- nächst nur die Bereit­schaft bekun­det, in Beru­fungs­ver- hand­lun­gen ein­zu­tre­ten; eine rechts­ge­stal­ten­de Wir­kung wohnt ihm nicht inne.48 Die Hoch­schu­len sind daher auch nicht gehal­ten, die­se Mit­tei­lun­gen mit Rechts­be- helfs­be­leh­run­gen zu versehen.49

Den Hoch­schu­len ist jedoch drin­gend zu emp­feh­len, die Mit­tei­lun­gen, auch wenn sie kei­ne Ver­wal­tungs­akt- qua­li­tät haben und ihr Zugang kei­ne förm­li­chen Rechts- behelfs­fris­ten aus­lö­sen, den unter­le­ge­nen Mitbewerber*innen rechts­förm­lich zuzu­stel­len. Denn wegen der Bedeu­tung der Kon­kur­ren­ten­mit­tei­lung für die Wahr­neh­mung des Rechts­schut­zes durch die unter- lege­nen Bewerber*innen liegt die Beweis­last für den Zu- gang der Mit­tei­lung beim Dienst­herrn. Kann der Zu- gang der Kon­kur­ren­ten­mit­tei­lung nicht nach­ge­wie­sen wer­den, kann dies dazu füh­ren, dass zuguns­ten des*der betreffende*n Bewerber*in der Grund­satz der Ämters­ta- bili­tät durch­bro­chen wird und eine kom­bi­nier­te Anfech- tungs- und Ver­pflich­tungs­kla­ge gegen die Ernen­nung des*der bei­gela­de­nen Bewerbers*in zuläs­sig ist.50 Gänz- lich unzu­rei­chend dürf­ten blo­ße münd­li­che oder tele­fo- nische Kon­kur­ren­ten­mit­tei­lun­gen sein, auch wenn es kei­ne gesetz­li­chen Vor­schrif­ten über ihre Form gibt und sie mit­hin grund­sätz­lich form­los, also auch münd­lich er- gehen kön­nen. Denn natur­ge­mäß las­sen sich weder die münd­li­che Mit­tei­lung an sich noch deren kon­kre­ter In- halt in einem spä­te­ren gericht­li­chen Ver­fah­ren hin­rei- chend sicher auf­klä­ren, was zu Las­ten der Hochschule

auch Kennt­ner selbst zutref­fend anmerkt, kann es noch ande­re
– nach der Aus­wahl­ent­schei­dung [bzgl. der fach­li­chen Eig­nung, die durch die Beru­fungs­kom­mis­si­on zu tref­fen ist] lie­gen­de – Fak­to­ren, wie bspw. eine feh­len­de gesund­heit­li­che Eig­nung die Ernen­nung noch ver­hin­dern kön­nen. In sol­chen Fäl­len oder auch, wenn der*die Kandidat*in einem Beru­fungs­ver­fah­ren den erteil­ten Ruf nicht annimmt, wird die Hoch­schu­le möglw. eher auf wei­te­re Lis­ten­kan­di­da­ten zurück­grei­fen wol­len, bevor sie
ein neu­es Ver­fah­ren durch­führt. Inso­weit kön­nen auch zunächst unter­le­ge­ne Bewerber*innen im sel­ben Ver­fah­ren doch noch zum Zuge kom­men, sodass die ursprüng­li­che, nega­ti­ve Mit­tei­lung hin­fäl­lig wird. Auch für die­sem Hin­ter­grund spricht wenig dafür, dass die Hoch­schu­len bereits in die­sem Sta­di­um des Ver­fah­rens ver­bind­li­che Rege­lun­gen tref­fen wollen.

46 BVerwG, Urt. v. 19.2.1998, 2 C 14.97, Rn. 20 – juris.
47 BVerwG, Urt. v. 19.2.1998, 2 C 14.97, Rn. 24 ff. – juris.
48 BVerwG, Urt. v. 19.2.1998, 2 C 14.97, Rn. 25 – juris.
49 Dazu VGH Mün­chen, Beschl. v. 1.2.2022, 3 CE 22.19, Rn. 7 – juris. 50 Vgl. etwa VG Stutt­gart, Urt. v. 30.6.2021, 6 K 1377/20, Rn. 36 –

juris.

258 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 4 (2024), 251–282

geht.51 Aus der Pra­xis ist bekannt, dass blo­ße „Abver­mer- ke“ über die Auf­ga­be zur Post häu­fig nicht zuver­läs­sig Ein­gang in die Ver­wal­tungs­ak­te fin­den. Ein sol­cher „Ab- ver­merk“ kann zwar nach dem Rechts­ge­dan­ken des § 41 Abs. 2 VwVfG bzw. den ent­spre­chen­den lan­des- recht­li­chen Vor­schrif­ten die Ver­mu­tung tra­gen, dass der Ver­wal­tungs­akt – hier das Schrift­stück –, der im Inland durch die Post über­mit­telt wird, am drit­ten Tag nach der Auf­ga­be zur Post als bekannt gege­ben gilt. Die ent­sp­re- chen­de Her­an­zie­hung die­ses Rechts­ge­dan­kens schei­tert jedoch schon dort, wo der*die Mitbewerber*in im Aus- land wohnt.52

Die feh­len­de Ver­wal­tungs­akt­qua­li­tät hat Aus­wir­kun- gen auf die For­mu­lie­rung des Kla­ge- bzw. Antrags­ge­gen- stands; es ist nicht gegen die­se Mit­tei­lung vor­zu­ge­hen, son­dern gegen die (dro­hen­de) Ernen­nung des*der Konkurrenten*in,53 denn die „Ernen­nung eines nach Maß­ga­be des Art. 33 Abs. 2 GG aus­ge­wähl­ten Bewer­bers für ein Amt stellt einen Ver­wal­tungs­akt dar, der dar­auf gerich­tet ist, unmit­tel­ba­re Rechts­wir­kun­gen für die durch Art. 33 Abs. 2 GG gewähr­leis­te­ten Bewer­bungs- ver­fah­rens­an­sprü­che der unter­le­ge­nen Bewer­ber zu entfalten“.54

Bei dem Ruf han­delt es sich auch nicht um eine Zusi- che­rung (der Ernen­nung) im Sin­ne des § 38 VwVfG, so- dass folg­lich auch noch kein Anspruch auf Ernen­nung zum*zur Professor*in durch das Minis­te­ri­um oder die Hoch­schu­le begrün­det wird, der ein­ge­klagt wer­den könnte.55 Auch der*die Zweit­plat­zier­te hat kei­nen An- spruch auf eine Ernen­nung, wenn der* die Erst­plat­zier­te abge­sagt hat, denn auch die Lis­te ent­fal­tet kei­ne recht­li- che Bin­dungs­wir­kung gegen­über den Bewerber*innen.56

c) Umfang der Mit­tei­lungs­pflicht der Hochschulen

Unter­le­ge­ne Bewerber*innen haben, wie ein­gangs unter II.1. dar­ge­legt, Anspruch auf eine ver­bind­li­che Infor­ma- tion des Dienst­herrn über das Ergeb­nis des Aus­wahl­ver- fah­rens, damit er nicht Gefahr läuft, ein Rechts­mit­tel auf unge­si­cher­ter tat­säch­li­cher oder recht­li­cher Grund­la­ge zu ergreifen57. Dar­aus fol­gert z.B. das OVG Lüneburg

  1. 51  Vgl. etwa den bemer­kens­wer­ten Sach­ver­halt bei VG Bay­reuth, Urt. v. 18.7.2023, B 5 K 22.719, UA S. 20 – n.v.
  2. 52  VG Stutt­gart, Urt. v. 30.6.2021, 6 K 1377/20, Rn. 36 – juris.
  3. 53  Vgl. Beaucamp/Seifert, WissR 44, 2011, 24 (27).
  4. 54  BVerwG, Urt. v. 4.11.2010, 2 C 16.09, Rn. 17 – juris.
  5. 55  Wernsmann/Gatzka, DÖV 2017, 609 (611) m.w.N.
  6. 56  VG Gel­sen­kir­chen, Urt. v. 15.10.2008, 4 K 1940/06, Rn. 28 – juris.
  7. 57  Vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 1.4.2004, 2 C 26.03, Rn. 15 und BVerfG,Beschl. v. 9.7.2007, 2 BvR 206/07, Rn. 21 – juris.
  8. 58  OVG Lüne­burg, Urt. v. 25.11.2014, 5 LB 7/14, Rn. 44 – juris.
  9. 59  Zugrun­de lagen hier meh­re­re Beför­de­rungs­ent­schei­dun­gen ein­er­Be­hör­de, bei denen der Klä­ger nicht zum Zuge gekom­men war.

wei­ter, dass es dem Begrün­dungs­er­for­der­nis noch nicht genü­ge, wenn dem*der abge­lehn­ten Bewerber*in die Grün­de für die Aus­wahl­ent­schei­dung durch münd­li­che Aus­kunft oder Ein­sicht­nah­me zugäng­lich gemacht wer- den58. Viel­mehr sei­en dem erfolg­lo­sen Bewer­ber bereits [in der schrift­li­chen Kon­kur­ren­ten­mit­tei­lung] die­je­ni- gen wesent­li­chen Aus­wahler­wä­gun­gen mit­zu­tei­len, die dafür maß­geb­lich waren, dass gera­de dem Adres­sa­ten des ableh­nen­den Bescheides59 der Aus­er­wähl­te vor­ge­zo- gen wurde.60 Bereits die Kon­kur­ren­ten­mit­tei­lung sol­le den Unter­le­ge­nen in die Lage ver­set­zen, sach­ge­recht dar­über ent­schei­den zu kön­nen, ob er gericht­li­chen Eil- rechts­schutz in Anspruch neh­men will.61 Der VGH Kas- sel fol­gert aus dem Sinn und Zweck der Mit­tei­lung, die den unter­le­ge­nen Mit­be­wer­ber in den Stand set­zen soll, gericht­li­chen Rechts­schutz in Anspruch zu nehmen,62 dass die­se Mit­tei­lung mit einer hin­rei­chend aus­sa­ge­kräf- tigen Begrün­dung zu ver­se­hen ist.63

Aller­dings ist zu beach­ten, dass der Ent­schei­dung die Kla­ge gegen einen ableh­nen­den Wider­spruchs­be­scheid zugrun­de lag, nach­dem der Klä­ger bean­tragt hat­te, dem beför­der­ten Kon­kur­ren­ten gleich­ge­stellt zu wer­den. We- niger weit­ge­hend hat inso­weit bspw. das OVG Koblenz das Erfor­der­nis einer Begrün­dung i.S.v. § 39 VwVfG ver- neint, wenn es ledig­lich um die blo­ße Mit­tei­lung über eine beab­sich­tig­te Ernen­nung gehe, da es sich dabei eben nicht um einen Ver­wal­tungs­akt han­de­le (sie­he bereits oben unter b)).64 Selbst wenn die ver­bind­li­che Ableh- nung einer kon­kre­ten Bewer­bung aus­ge­spro­chen wer­de und dann u.U. ein ent­spre­chen­der Rege­lungs­ge­halt an- zuneh­men sei, rei­che der Hin­weis auf wei­te­re Aus­künf­te und Mög­lich­kei­ten der Akten­ein­sicht­nah­me aus.65

Die Aus­füh­run­gen des OVG Lüne­burg geben auf- grund der abwei­chen­den Aus­gangs­la­ge kei­nen Anlass, die Anfor­de­run­gen an die Kon­kur­ren­ten­mit­tei­lung an unter­le­ge­ne Bewerber*innen in Beru­fungs­ver­fah­ren in dem unter b) ver­stan­de­nen Sin­ne aus­zu­wei­ten. Etwa­ige Begrün­dungs­män­gel kön­nen nach dem Rechts­ge­dan­ken des § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG bzw. den ent­spre­chen­den lan­des­recht­li­chen Vor­schrif­ten auch noch wäh­rend des

Dabei sei er auf­grund krank­heits­be­ding­ter dienst­li­cher Abwe- sen­heit gar nicht bzw. unzu­rei­chend und ver­spä­tet infor­miert worden.

60 OVG Lüne­burg, Urt. v. 25.11.2014, 5 LB 7/14, Rn. 44 – juris, unter Hin­weis auf Beschl. v. 14.1.2008, 5 ME 317/07 sowie Beschl. v. 8.4.2010, 5 ME 277/09.

61 OVG Lüne­burg, a.a.O.
62 BVerwG, Beschl. v. 8.12.2011, 2 B 106.11, Rn. 13 – juris.
63 VGH Kas­sel, Beschl. v. 2.10.2014, 1 B 774/14, Rn. 18 – juris.
64 OVG Koblenz, Beschl. v. 18.9.2006, 2 B 10840/06, Rn. 4 – juris. 65 OVG Koblenz, a.a.O.

Neukirchen/Breder/Hornfischer · Rechts­schutz Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruch 2 5 9

gericht­li­chen (Eilrechtsschutz-)Verfahrens nach­träg­lich geheilt werden.66 Eine Ver­kür­zung von Rechts­schutz- mög­lich­kei­ten geht damit nicht ein­her, da bei einem feh- ler­haf­ten Aus­wahl­ver­fah­ren jeden­falls nicht unmit­tel­bar die Ernen­nung der eige­nen Per­son ver­langt wer­den kann, son­dern ledig­lich die Wie­der­ho­lung des Ver­fah- rens. Ent­schei­dend ist viel­mehr, dass die unter­le­ge­nen Bewerber*innen über­haupt und recht­zei­tig über die ge- trof­fe­ne Aus­wahl­ent­schei­dung infor­miert wer­den. Denn die Ein­sicht­nah­me in die Akten der Hoch­schu­le ist oh- nehin uner­läss­lich, wenn die Ent­schei­dung ange­zwei­felt wird; das gilt für die Ent­schei­dungs­fin­dung, gericht­li- chen Rechts­schutz in Anspruch zu neh­men eben­so wie in der wei­te­ren Fol­ge für den Vor­trag einer sub­stan­ti­ier- ten Begrün­dung vor Gericht. Ver­wal­tungs­ver­fah­rens- recht­lich wird ein etwa­iger Begrün­dungs­man­gel wohl auch unbe­acht­lich, wenn der*die unter­le­ge­ne Bewerber*in die Mög­lich­keit hat­te, Akten­ein­sicht zu neh­men und dabei die Begrün­dung für sein*ihr Unter- lie­gen zu entnehmen.67 Ein etwa­iger Begrün­dungs­man- gel bei der Kon­kur­ren­ten­mit­tei­lung birgt daher vor al- lem die Gefahr, dass der Antrags­geg­ner im Ver­fah­ren des vor­läu­fi­gen Rechts­schut­zes nach dem Rechts­ge­dan- ken des § 155 Abs. 4 VwGO die Kos­ten des Ver­fah­rens zu tra­gen hat, wenn ein Begrün­dungs­man­gel vor­liegt und die­ser erst im gericht­li­chen Ver­fah­ren geheilt oder unbe- acht­lich wird und der*die Antragsteller*in dar­auf­hin den Antrag zurück­nimmt oder das Ver­fah­ren für erle- digt erklärt.68

Vor die­sem ver­wal­tungs­ver­fah­rens­recht­li­chen und pro­zess­recht­li­chen Hin­ter­grund dürf­ten die im Schrift- tum gestell­ten und zuneh­mend wach­sen­den Anfor­de- run­gen an eine rechts­kon­for­me Kon­kur­ren­ten­mit­tei- lung69 in der (ver­wal­tungs­ge­richt­li­chen) Pra­xis kei­ne all- zu gro­ße Bedeu­tung haben. Dem­nach soll die Mit­tei­lung so gefasst sein, dass sie bereits aus sich her­aus grund­sätz- lich geeig­net sei, den*die unterlegene*n Bewerber*in die Lage zu ver­set­zen zu erken­nen, ob es Anhalts­punk­te für eine Ver­let­zung des Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruchs gebe.70 Die blo­ße Mit­tei­lung, dass eine*r ande­rer berufen

  1. 66  Vgl. OVG Lüne­burg, Beschluss vom 18.2.2016, 5 ME 2/16, Rn. 8, 12 – juris; VGH Kas­sel, Beschl. v. 2.10.2014, 1 B 774/14, Rn. 18 – juris.
  2. 67  VGH Kas­sel, Beschl. v. 26.2.2016, 1 B 43/16, Rn. 8 – juris.
  3. 68  Vgl. OVG Lüne­burg, Beschluss vom 18.2.2016, 5 ME 2/16, Rn. 12 –juris.
  4. 69  Böh­mann, For­schung & Leh­re 2020, S. 516, 518.
  5. 70  Neukirchen/Emmrich, Beru­fun­gen, Befan­gen­heit und Bewer-bungs­ver­fah­rens­an­spruch, 2021, S. 81.

wer­de, rei­che nicht aus, eben­so wenig der Ver­weis auf das Akteneinsichtsrecht.71

2. Akten­ein­sichts­recht

Neben den all­ge­mei­nen Fra­gen zum Akten­ein­sichts- recht, stell­te sich in hoch­schul­recht­li­chen Ver­fah­ren ins- beson­de­re die Fra­ge, ob es ein Recht der Hoch­schu­le gibt, die Namen von Gutachter*innen geheim zu halten.

a) All­ge­mein

Damit unter­le­ge­ne Bewerber*innen ihre Rech­te sichern kön­nen, kommt es für die Vor­be­rei­tung einer Kla­ge oder eines Antrags auf einst­wei­li­gen Rechts­schutz auf die genaue Kennt­nis des Sach­ver­halts an, der in der Ver­fah- rens­ak­te der Hoch­schu­le nie­der­ge­legt ist.72 Erst nach der Akten­ein­sicht kön­nen von dem*der unter­le­ge­nen Bewerber*in oder einem*einer beauf­trag­ten Rechtsanwalt*Rechtsanwältin die Erfolgs­chan­cen ein­ge- schätzt und sub­stan­ti­ier­te Ein­wän­de gel­tend gemacht werden.73 Das Recht auf Akten­ein­sicht folgt grund­sätz- lich bereits aus § 29 VwVfG bzw. den ent­spre­chen­den Rege­lun­gen in den LVwVfG. Teil­wei­se kann die Anwend- bar­keit von § 29 VwVfG in den LVwVfG oder durch das jewei­li­ge Lan­des­hoch­schul­ge­setz als lex spe­cia­lis aus­ge- schlos­sen sein.74 Im Rah­men des ver­wal­tungs­ge­richt­li- chen Ver­fah­rens ergibt sich das Recht auf Akten­ein­sicht aus § 100 VwGO.75 Es stellt sich in der Regel also nicht die Fra­ge, ob ein Recht auf Akten­ein­sicht für die unter­le- genen Bewerber*innen besteht, son­dern ledig­lich in wel- chem­Sta­di­um­des­Ver­fah­rens­auf­wel­cher­ein­fach­ge­setz- lichen Grund­la­ge das Recht fußt. Letzt­lich folgt es spä- tes­tens aus dem Rechts­staats­prin­zip und Art. 19 Abs. 4 GG.76

Um einen effek­ti­ven Rechts­schutz gewähr­leis­ten zu kön­nen, muss das Recht auf Akten­ein­sicht auch inso­weit umfas­send sein, als dass die für das Aus­wahl­ver­fah­ren doku­men­tier­ten Anga­ben zu den Mitbewerber*innen ein­ge­se­hen wer­den kön­nen, denn nur so kön­nen eige­ne Rech­te in einem Kon­kur­ren­ten­streit­ver­fah­ren sub­stan­ti- iert gel­tend gemacht werden.

71 Böh­mann, For­schung & Leh­re 2020, S. 516, 518 unter Ver­weis auf VG Schles­wig, Beschl. v. 11.11.2019, 12 B 51/19.

72 Vgl. VG Hal­le, Beschl. v. 29.9.2020, 5 B 222/19 -, Rn. 11 – juris. 73 BVerfG, Beschl. v. 9.7.2007, 2 BvR 206/07, Rn. 21 – juris.
74 Bspw. in Ham­burg durch § 2 Abs. 3 Nr. 3 HmbV­wVfG.
75 Neukirchen/Emmrich, Beru­fun­gen, Befan­gen­heit und Bewer-

bungs­ver­fah­rens­an­spruch, 2021, S. 8.
76 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 9.7.2007, 2 BvR 206/07, Rn. 20 ff. – juris

oder auch OVG Müns­ter, Beschl. v. 10.2.2016, 6 B 33/16, Rn.8 juris.

260 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 4 (2024), 251–282

Ver­fah­rens­feh­ler sind unver­züg­lich zu rügen, zudem wird der Hoch­schu­le im Regel­fall dar­an gele­gen sein, ein Beru­fungs­ver­fah­ren nicht län­ger als nötig zu unterb­re- chen. Daher ist in der Pra­xis stets Eile bei der Bereitstel- lung von Unter­la­gen gebo­ten, sodass den zustän­di­gen Beru­fungs­kom­mis­sio­nen eine in jedem Ver­fah­rens­sta­di- um lücken­lo­se und hin­rei­chen­de Doku­men­ta­ti­on anzu- raten ist.77

b) Kein Geheim­hal­tungs­recht der exter­nen Gutachter*innen

Aus dem unter a) Gesag­ten folgt, dass ein­fach­ge­setz­li­che Beschrän­kun­gen des Akten­ein­sichts­rechts sich als ver- fas­sungs­wid­rig und damit nicht anwend­bar erwei­sen können;78 dies kann auch Aus­wir­kun­gen auf die im Rah- men von Beru­fungs­v­er­fah­run­gen bedeut­sa­me Fra­ge haben, ob die Namen der für das Aus­wahl­ver­fah­ren her- ange­zo­ge­nen Gutachter*innen gegen­über den unter­le­ge- nen Bewerber*innen geheim zu hal­ten sind.79

Nicht sel­ten wur­de den Gutachter*innen von der Hoch­schu­le Ver­trau­lich­keit zuge­si­chert, sodass in der Fol­ge bei einer Akten­ein­sicht zwar die Gut­ach­ten, nicht aber die Namen der Gutachter*innen bekannt gege­ben wurden.80 Denn davon, ob die Begut­ach­te­ten den Na- men des*der Gutachters*Gutachterin erfah­ren oder nicht, kön­ne die Deut­lich­keit des Gut­ach­tens abhängen.81

Das BVerwG hat die­se Fra­ge am Maß­stab des § 99 VwGO für die Offen­le­gung im ver­wal­tungs­ge­richt- lichen Ver­fah­ren geklärt und erkennt in der Anony­mi­tät von Gutachter*innen kein aner­kann­tes Prin­zip, wel­ches der­zeit die Qua­li­täts­si­che­rung im Hoch­schul­be­reich garantiere.82 Das Inter­es­se der Gutachter*innen an der Schwär­zung ihres Namens ist auch des­halb von gerin- gem Gewicht, da sie ihre Exper­ti­se in den Dienst der Wis­sen­schafts­ver­wal­tung stel­len und nicht ohne Wei­te- res davon aus­ge­hen dür­fen, dass ihnen die mög­li­cher- wei­se im Ver­wal­tungs­ver­fah­ren noch gewähr­te Anony- mität auch in einem ver­wal­tungs­ge­richt­li­chen Recht- schutz­ver­fah­ren Bestand hat.83 Es ver­weist dazu auf

  1. 77  Zur nicht aus­rei­chen­den Doku­men­ta­ti­on als Ver­fah­rens­feh­ler sie­he unten unter IV 3 j.
  2. 78  Dar­auf wei­sen auch schon Beaucamp/Seifert, WissR 44 (2011), 24 (29) hin. Ähn­lich Geis, OdW 2020, 23 (29).
  3. 79  Näher dazu BVerwG, Beschl. v. 10.1.2017, 20 F 3/16, Rn. 8 ff. – juris.
  4. 80  Ein­ge­hend zu dem The­ma Wolff/Stemmer, WissR 47, 2014, 361.
  5. 81  So etwa Wolff/Stemmer, WissR 47, 2014, 361, 365 f.
  6. 82  BVerwG, Beschl. v. 10.1.2017, 20 F 3/16, Rn. 13.
  7. 83  BVerwG, a.a.O., Rn. 16 – juris.
  8. 84  BVerwG, a.a.O., Rn. 13 – juris.
  9. 85  BVerwG, Beschl. v. 10.1.2017, 20 F 3.16, Rn. 14 – juris.

Gerichts­ent­schei­dun­gen aus ver­schie­de­nen Bun­des­län- dern, wel­che die Beset­zung von Pro­fes­su­ren zum Gegen- stand hat­ten, in denen die Namen der Gutachter*innen offen­ge­legt wor­den waren:84

„Denn von einem Gut­ach­ter ist gera­de in einem sol- chen Ver­fah­ren zu erwar­ten, dass er in der Lage ist, frem- de wis­sen­schaft­li­che Leis­tun­gen auch dann nach Maß­ga- be nach­voll­zieh­ba­rer Kri­te­ri­en hin­rei­chend dif­fe­ren­ziert unter offe­ner Benen­nung von deren Stär­ken und Schwä- chen zu bewer­ten, wenn er spä­ter ins­be­son­de­re auch im grö­ße­ren Kol­le­gen­kreis zu die­ser Beur­tei­lung ste­hen muss. Die Fähig­keit und Bereit­schaft, eine nach gründ­li- cher Prü­fung gewon­ne­ne eige­ne Ein­schät­zung frem­der The­sen und Ansich­ten ihrer­seits einer kri­ti­schen Wür­di- gung durch ande­re aus­zu­set­zen, prägt die Teil­nah­me am wis­sen­schaft­li­chen Diskurs“.85

Knap­per aus­ge­drückt: „Wer sich als Gut­ach­ter öffent- lich­keits­wirk­sam (und repu­ta­ti­ons­för­dernd) zur Ver­fü- gung stellt, soll­te dafür auch mit sei­nem Namen gera­de- ste­hen und sich nicht verstecken“.86

Dem lässt sich kaum wider­spre­chen; beacht­li­che Nach­tei­le, die dem*der Gutachter*in durch den*die Begutachteten*Begutachtete oder sein*ihr Umfeld als Reak­ti­on auf eine ungüns­ti­ge Bewer­tung berei­tet wer­den könn­ten, sind jeden­falls nicht ersicht­lich. Auch wenn ausderBekanntgabedesGutachternamensfolgende„at- mosphä­ri­sche“ Stö­run­gen nicht aus­ge­schlos­sen sein mö- gen,87 recht­fer­ti­ge dies nicht, den Geheim­hal­tungs­in­ter- essen den Vor­rang einzuräumen.88

Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt zieht hier wei­ter­hin den Ver­gleich zur Bewer­tung etwa einer Habi­li­ta­ti­ons- schrift als aka­de­mi­scher Qua­li­fi­ka­ti­ons­schrift. In die­sem Kon­text sei seit lan­gem aner­kannt, dass die Namen der hier­an betei­lig­ten Gutachter*innen jeden­falls im Ver- wal­tungs­pro­zess im Inter­es­se einer umfas­sen­den Sach- ver­halts­auf­klä­rung offen­zu­le­gen seien.89 Da sich das Be- rufungs­ver­fah­ren in Tei­len eben­falls als prü­fungs­ähn­li- ches Ver­fah­ren darstellt,90 lässt das Bei­spiel als wei­te­res Argu­ment für eine Offen­le­gung heranziehen.91 Schließ- lich ist ergän­zend dar­auf hin­zu­wei­sen, dass auch in Ver-

86 Geis, OdW 2020, 23 (29).
87 Dazu Wolff/Stemmer, WissR 47, 2014, 361 (366).
88 BVerwG, Beschl. v. 10.1.2017, 20 F 3.16, Rn. 14 – juris.
89 Dazu bereits BVerwG, Urt. v. 16.3.1994, 6 C 1.93; für den Verwal-

tungs­pro­zess zustim­mend Wolff/Stemmer, WissR 47, 2014, 361

(361 f.).
90 So Det­mer, WissR 28, 1995, 1 (2).
91 Vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.1.2017, 20 F 3.16, Rn. 16 – juris, unter

Ver­weis auf Per­nice-Warn­ke, WissR 47, 2014, 371 (389); krit. in die­sem Punkt Danz in sei­ner Anmer­kung zu BVerwG, Beschl. v. 10.1.2017, 20 F 3.16, in: jM 2017, 384 (386).

Neukirchen/Breder/Hornfischer · Rechts­schutz Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruch 2 6 1

fah­ren wegen des Wider­rufs der Pro­mo­ti­on oder der Ha- bili­ta­ti­on auf­grund eines Pla­gi­ats die in der Regel von der jeweils zustän­di­gen Kom­mis­si­on ein­ge­setz­ten Gutachter*innen zur Fest­stel­lung der Qua­li­tät und des Aus­ma­ßes der Pla­gia­te nicht geheim gehal­ten werden.

Mit dem Beschluss hat der Fach­se­nat des BVerwG die Ent­schei­dung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts bestä­tigt, und die Uni­ver­si­tät ver­pflich­tet die Namen des Fach­gut- ach­ters offen­zu­le­gen; auch damit das Gericht den Ein- wän­den des Klä­gers hin­sicht­lich der (fach­li­chen) Zu- sam­men­set­zung der Kom­mis­si­on und der Aus­wahl des exter­nen Gut­ach­ters nach­ge­hen kann.92 Eine sol­che Fest- stel­lung kann natur­ge­mäß nur getrof­fen wer­den, wenn zuvor die Namen offen­ge­legt wer­den. Die Hoch­schu­len sind zudem im Rah­men sol­cher Ver­fah­ren auf Aus­künf- te und Ein­schät­zung durch Fach­kol­le­gen ange­wie­sen, es kann daher kein (öffent­li­ches) Inter­es­se an Anony­mi­tät geben.93 Es lie­gen auch kei­ne grund­recht­lich geschütz­ten Inter­es­sen vor und auch kei­ne per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten Drit­ter, die ein durch die infor­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim- mung gesi­cher­tes Inter­es­se an Geheim­hal­tung besit­zen. Die (angeb­li­che) „aka­de­mi­sche Regel“, wonach die Ano- nymi­tät von Gut­ach­tern vor­aus­ge­setzt wer­de, genügt sol­chen recht­li­chen Anfor­de­run­gen nicht.94

Anders kann es sich noch im Ver­wal­tungs­ver­fah­ren – also dem Beru­fungs­ver­fah­ren selbst – dar­stel­len; hier wer­den das all­ge­mei­ne Akten­ein­sichts­recht gemäß § 29 VwVfG bzw. ent­spre­chen­de lan­des­recht­li­che Rege- lun­gen oder auch ein unmit­tel­ba­rer ver­fas­sungs­recht­li- cher Anspruch aus Art. 19 Abs. 4 GG nicht ohne Wei­te- res als Rechts­grund­la­gen für eine ent­spre­chen­de Aus- kunfts­pflicht gegen­über Bewerber*innen in Beru­fungs­ver­fah­ren gese­hen, son­dern die Geheimhal- tungs­be­dürf­tig­keit als über­wie­gen­des Inter­es­se beur- teilt.95 Dies beruht auch dar­auf, dass die meis­ten lan­des- recht­li­chen Ver­wal­tungs­ver­fah­rens­ge­set­ze die Anwen- dung des jewei­li­gen § 29 LVwVfG in den Bestim­mun­gen zum Anwen­dungs­be­reich für Beru­fungs­ver­fah­ren der Hoch­schu­len aus­neh­men. Ein wei­ter­ge­hen­der Schutz des objek­ti­ven wis­sen­schaft­li­chen Bewer­tungs­ver­fah- rens als Insti­tu­ti­on lässt sich den bestehen­den recht­li- chen Grund­la­gen nicht ent­neh­men und kann daher auch nicht taug­li­cher Gegen­stand etwa­iger Zusicherun-

  1. 92  Danz, jM 2017, 384 (386).
  2. 93  Danz, jM 2017, 384 (386).
  3. 94  Danz, jM 2017, 384 (386).
  4. 95  So etwa Wolff/Stemmer, WissR 44, 2011, 361 (367 f.) m.w.N. zurRspr.; vgl. dazu auch Danz, jM 2017, 384 (386).
  5. 96  Vgl. Wolff/Stemmer, WissR 44, 2011, 361 (367).

gen einer Hoch­schu­le gegen­über einem*einer Gutachter*in sein, den Namen geheim zu halten.96 Dabei dürf­te wohl auch zu berück­sich­ti­gen sein, dass die betref- fen­den Gutachter*innen auf­grund eines zivil­recht­li­chen Ver­trags mit der Hoch­schu­le tätig wer­den. Dort getrof­fe- ne Zusa­gen über die Geheim­hal­tung des Namens kön- nen ver­wal­tungs­ver­fah­rens- und ver­wal­tungs­pro­zess- recht­li­che Aus­kunfts- und Akten­ein­sichts­rech­te Drit­ter — näm­lich unter­lie­gen­der Bewerber*innen — nicht beschnei­den. Das Zivil­recht kennt kei­ne Ver­trä­ge zu Las­ten Drit­ter und die Hoch­schu­le hat kei­ne Befug­nis, die­se Rech­te ein­sei­tig zu beschneiden.

Es gibt inso­weit kei­nen Gleich­lauf zwi­schen den (lan- des-) recht­li­chen Ver­wal­tungs­ver­fah­rens­re­ge­lun­gen und den bun­des­recht­li­chen Bestim­mun­gen des Pro­zess- rechts. Dies recht­fer­tigt sich aus dem Umstand, dass der Rechts­schutz­su­chen­de durch die Anru­fung des Gerichts mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG ein beson­de­res, ver­fas- sungs­recht­lich ver­bürg­tes Inter­es­se an der Kennt­nis des Akten­in­halts ein­schließ­lich der Gut­ach­ter­na­men hat.

Auch die jewei­li­gen Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­set­ze bie- ten einem*r unter­le­ge­nen Bewerber*in kei­ne Mög­lich- keit, über den dort begrün­de­ten all­ge­mei­nen Infor­ma­ti- ons­frei­heits­an­spruch außer­halb eines gericht­li­chen Ver- fah­rens die Namen der Gutachter*innen zu erfah­ren. So- weit die Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­set­ze der Län­der bzw. des Bun­des Bereichs­aus­nah­men für Ein­rich­tun­gen mit der Auf­ga­be unab­hän­gi­ger wis­sen­schaft­li­cher For­schung sowie Hoch­schu­len nach dem jewei­li­gen LHG for­mu­lie- ren, gel­ten die­se unein­ge­schränkt. Betref­fen die begehr- ten Infor­ma­tio­nen einen Vor­gang, der – wie etwa die Aus­wahl­ent­schei­dung­in­ein­em­Be­ru­fungs­ver­fah­ren­auf eine Hoch­schul­pro­fes­sur – dem Bereich der wis­sen- schaft­li­chen For­schung und Leh­re unter­fällt, wer­den von der Bereichs­aus­nah­me auch die Namen der Gutachter*innen erfasst.97

Kommt es in einem ver­wal­tungs­ge­richt­li­chen Ver- fah­ren dazu, dass die Hoch­schu­le bzw. das Minis­te­ri­um hin­sicht­lich der Namen der Gut­ach­ter eine sog. Sperr- erklä­rung abge­ben, gibt das Ver­wal­tungs­ge­richt auf An- trag eines Betei­lig­ten das Ver­fah­ren gemäß § 99 Abs. 2 Satz 4, § 189 VwGO zur Durch­füh­rung eines Zwi­schen­ver­fah­rens an den zustän­di­gen Fach­se­nat beim

97 Vgl. zu § 2 Abs. 3 Nr. 2 LIFG BW VGH Mann­heim, Urt. v. 25.10.2023, 10 S 314/23, Rn. 51 ff. – juris, wobei Gegen­stand der Ent­schei­dung das Infor­ma­ti­ons­be­geh­ren in Bezug auf die Namen der Gutachter*innen im Rah­men einer Bestel­lung eines Hono­rar- pro­fes­sors war.

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zustän­di­gen Ober­ver­wal­tungs­ge­richt bzw. Ver­wal­tungs- gerichts­hof ab, der dann dar­über zu befin­den hat, ob die Sper­rer­klä­rung rechts­wid­rig ist. Soweit die lan­des­recht- lichen Ver­wal­tungs­ver­fah­rens­ge­set­ze den jewei­li­gen § 29 LVwVfG für Beru­fungs­ver­fah­ren der Hoch­schu­len aus­neh­men, recht­fer­tigt dies nicht die Abga­be einer sog. Sper­rer­klä­rung im Ver­wal­tungs­pro­zess nach § 99 Abs. 1 Satz 3 Alt. 2 VwGO bezüg­lich der Namen der Gutachter*innen. Mit die­sen ver­wal­tungs­ver­fah­rens- recht­li­chen Bestim­mun­gen wird in der Regel nicht beab- sich­tigt gewe­sen sein, ein Akten­vor­la­ge­ver­wei­ge­rungs- recht in ver­wal­tungs­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren zu begrün- den.98

II. Pro­zes­sua­le Zuläs­sig­keits­vor­aus­set­zun­gen eines Antrags nach § 123 VwGO

Wie in der Ein­lei­tung ange­ris­sen und auch in den nach- fol­gen­den Aus­füh­run­gen bereits deut­lich wur­de, spielt im Rah­men von Beru­fungs­ver­fah­ren an Hoch­schu­len für unter­le­ge­ne Bewerber*innen der Rechts­schutz vor den Ver­wal­tungs­ge­rich­ten fak­tisch die größ­te Rol­le. Das rührt letzt­lich schlicht daher, dass die über­wie­gen­de Anzahl an Pro­fes­so­ren­stel­len in Deutsch­land – trotz einer bun­ter wer­den­den Hoch­schul­land­schaft – von staat­li­chen Hoch­schu­len ver­ge­ben wer­den und es sich dabei in der Regel auch um Beam­ten­stel­len han­delt. Gleich­zei­tig hat sich durch die Ent­wick­lung der Recht- spre­chung zum Öffent­li­chen Dienst­recht das Eil­ver­fah- ren als maß­geb­li­che Rechts­schutz­mög­lich­keit in die­sem Zusam­men­hang her­aus­ge­stellt. Des­halb wird hier unter III. und auch anschlie­ßend unter IV. allein auf die not- wen­di­gen Vor­aus­set­zun­gen für einen zuläs­si­gen und begrün­de­ten Antrag auf Eil­rechts­schutz vor den Ver­wal- tungs­ge­rich­ten eingegangen.99

  1. 98  Vgl. etwa zur lan­des­recht­li­chen Rege­lung in Nie­der­sach­sen OVG Lüne­burg, Beschl. v. 8.2.2016, 14 PS 6/15, Rn. 28 f. – juris.
  2. 99  Zu den Vor­aus­set­zun­gen bei pri­vat­recht­li­chen Dienst­ver­trä­gen sie­he Feld­mann, OdW 2019, 55.
  3. 100  So zuletzt etwa BVerwG, Beschl. v. 17.3.2021, 2 B 3.21, Rn. 11 – juris; sie­he auch Brink­tri­ne, JA 2015, 1192 (1198 f.).
  4. 101  Sie­he etwa BAG, Urt. v. 12.4.2016, 9 AZR 673/14, Rn. 16 – juris oder Urt. v. 3.12.2019, 9 AZR 78/19, Rn. 26 – juris.
  5. 102  Sie­he BVerwG, Beschl. v. 17.3.2021, 2 B 3/21, Rn. 12 sowie BAG, Beschl. v. 21.7.2021, 9 AZB 19/21, Rn. 18 – juris.
  6. 103  So BVerwG, Beschl. v. 17.3.2021, 2 B 3.21, Rn. 19 – juris, sowie im Anschluss dar­an BAG, Beschl. v. 21.7.2021, 9 AZB 19/21, Rn. 14 – juris; a.A. zuletzt OVG Koblenz, Beschl. v. 19.1.2018, 2 E 10004/18, Rn. 4 – juris , das den Ver­wal­tungs­recht­weg als eröff­net ansah,

1. Der Rechtsweg

Sofern ein Beru­fungs­ver­fah­ren mit der Ernen­nung des*der obsie­gen­den Bewerbers*in abge­schlos­sen und damit ein Beam­ten­ver­hält­nis begrün­det wer­den soll, wird die Gene­ral­klau­sel des § 40 Abs. 1 VwGO durch die spe­zi­al­ge­setz­li­chen Rege­lun­gen aus dem Beam­ten­recht ver­drängt. Sind die Hoch­schu­len des Bun­des betrof­fen, greift § 126 BBG; für Beam­ten­stel­len der Län­der ist auf § 54 Abs. 1 BeamtStG abzu­stel­len. Denn zu den „Kla­gen aus dem Beam­ten­ver­hält­nis“ zäh­len auch Strei­tig­kei­ten über Maß­nah­men zur Begrün­dung des Beam­ten­ver­hält- nisses.100

Sofern eine staat­li­che Hoch­schu­le oder eine staat­lich aner­kann­te Hoch­schu­le in öffent­li­cher Trä­ger­schaft zur Beset­zung einer Pro­fes­sur ein pri­vat­recht­li­ches Arbeits- ver­hält­nis begrün­den möch­te, bleibt sie gleich­wohl grund­rechts­ge­bun­den und ver­gibt wei­ter­hin ein öffent- liches Amt nach Art. 33 Abs. 2 GG, sodass auch eine Aus­wahl nach des­sen Maß­stä­ben gebo­ten ist.101 Zustän- dig für die Durch­füh­rung von Kon­kur­ren­ten­streit­ver- fah­ren zur Durch­set­zung des Bewer­bungs­ver­fah­ren­san- spruchs unter­le­ge­ner Bewerber*innen sind inso­weit je- doch gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG die Arbeits­ge­rich­te; ihre bis­he­ri­ge Recht­spre­chung zur Rechts­weg­zu­stän­dig- keit in sol­chen Ver­fah­ren haben die Bun­des­ge­rich­te in jüngs­ter Zeit bestä­tigt und wei­ter ausdifferenziert.102 Der von der Recht­spre­chung aus Art. 33 Abs. 2 GG ent­wi- ckel­te Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruch ist danach weder von vorn­her­ein öffent­lich-recht­lich noch bür­ger­lich- recht­lich zu verorten.103 Ob es sich um eine öffent­lich- oder bür­ger­lich-recht­li­che Strei­tig­keit han­de­le, rich­te sich viel­mehr nach dem Cha­rak­ter des Rechts­ver­hält­nis- ses, aus dem der gel­tend gemach­te Anspruch her­ge­lei­tet wird.104 Dass eine zu beset­zen­de Stel­le die Qua­li­tät eines

indem es dar­auf abstell­te, dass Art. 33 Abs. 2 GG eine ein­sei­ti­ge Ver­pflich­tung von Trä­gern staat­li­cher Gewalt dar­stel­le und als anspruchs­be­grün­den­de Norm damit dem öffent­li­chen Recht zu zuord­nen sei; dem OVG sei­ner­zeit fol­gend Feld­mann, OdW 2019, 55 (59). Das BVerwG hat die Auf­fas­sung des OVG Koblenz – der auch das OVG Bre­men in der Vor­in­stanz gefolgt war – in sei­ner Ent­schei­dung expli­zit verworfen.

104 BVerwG, Beschl. v. 17.3.2021, 2 B 3.21, Rn. 17 – juris; hat sich der „staat­li­che Arbeit­ge­ber“ noch nicht fest­ge­legt, ob ein öffent­li ches Amt mit­tels Arbeits­ver­trag oder durch Über­tra­gung eines Sta­tus­am­tes ver­lie­hen wer­den soll, ist auf das Bewer­ber­feld bzw. den*die Betroffene*n zu schau­en, vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.3.2021, 2 B 3.21, Rn. 19 f. – juris.

Neukirchen/Breder/Hornfischer · Rechts­schutz Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruch 2 6 3

öffent­li­chen Amtes im Sin­ne von Art. 33 Abs. 2 GG habe, sei für die Bestim­mung des Rechts­wegs unerheblich.105

Unzwei­fel­haft gilt die Zustän­dig­keit der Arbeits­ge- rich­te auch für Kon­kur­ren­ten­streit­ver­fah­ren bei der Be- set­zung von Pro­fes­su­ren an pri­va­ten Hoch­schu­len, für die von vorn­her­ein nur der Sta­tus als Ange­stell­ter zur Ver­fü­gung steht.106

2. Die Statt­haf­tig­keit des Antrags nach § 123 VwGO in strit­ti­gen Berufungsverfahren

Ob ein Antrag nach § 123 VwGO statt­haft ist, beur­teilt das Gericht nach dem Begeh­ren des*der Antragstellers*in unter ver­stän­di­ger Wür­di­gung der Sach- und Rechts­la- ge.107 Bei einem Kon­kur­ren­ten­streit geht es dem*der unter­le­ge­nen Bewerber*in kurz­fris­tig zunächst um die Bei­be­hal­tung des Sta­tus quo, indem die Ernen­nung des*der Konkurrenten*in ver­hin­dert wird. Somit kommt im Wesent­li­chen nur der Antrag auf Erlass einer einst- wei­li­gen Siche­rungs­an­ord­nung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO108 in Betracht.

Denn eine Ver­pflich­tungs­kla­ge auf Ernen­nung der eige­nen Per­son ergä­be nur dann Sinn, wenn der*die un- ter­le­ge­ne Bewerber*in zwei­fels­frei dar­le­gen kann, dass er*sie eigent­lich der*die Bes­se­re sei und dies­be­züg­lich für die Hoch­schu­le bzw. das zustän­di­ge Minis­te­ri­um bei der Ent­schei­dung über die Ernen­nung eine Ermes­sens- reduzierungaufNullvorliegt.109DaeinesolcheKonstel- lati­on so gut wie nie vor­kom­men dürfte,110 spielt sie in der Judi­ka­tur letzt­lich kei­ne Rolle.

Eine Anfech­tungs­kla­ge ist vor der Ernen­nung des*der aus­ge­wähl­ten Konkurrenten*in unstatt­haft, da es ohne die wirk­sa­me Ernen­nung am Vor­lie­gen eines Ver­wal- tungs­akts und damit an einem taug­li­chen Kla­ge­ge­gen- stand man­gelt. Wie bereits dar­ge­legt, bleibt die die An- fech­tungs­kla­ge auf­grund des Grund­sat­zes der Ämters­ta- bili­tät auch nach der Ernen­nung im Regel­fall unzulässig.

  1. 105  BVerwG, Beschl. v. 17.3.2021, 2 B 3/21, Rn. 18 – juris.
  2. 106  Wertheimer/Meißner, in: Hartmer/Detmer, Hoch­schul­recht, 4.Aufl. 2022, Kap. 11, Rn. 4; in die­sen Fäl­len sieht das BAG die Hoch­schu­le auch nicht an Art. 33 Abs. 2 GG gebun­den, vgl. BAG, Urt. v. 12.10.2010, 9 AZR 554/09, Rn. 44 ff., wobei über das Bestehen eines Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruch gegen­über einer kirch­li­chen Hoch­schu­le zu ent­schei­den war.
  3. 107  Vgl. §§ 88, 122 Abs. 1 VwGO.
  4. 108  Vgl. dazu allg. sowie zum Anwen­dungs­fall ‚Kon­kur­ren­ten­rechts-streit‘ Scho­ch, in: Schoch/Schneider, Ver­wal­tungs­recht, BandVw­GO, 44. EL März 2023, § 123 Rn. 52 f.
  5. 109  Sie­he Brink­tri­ne, JA 2015, 1192 (1198).
  6. 110  Ähn­lich Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vor­läu­fi­ger Rechts-schutz, 7. Aufl. 2017, § 61, Rn. 1361.
  7. 111  Sie­he BVerwG, Urt. v. 4.11.2010, 2 C 16.09, Rn. 31 ff. – juris.
  8. 112  Vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vor­läu­fi­ger Rechts­schutz, 7.Aufl. 2017, § 61, Rn. 1349 auch zu Fäl­len, in denen eine Stel­le nicht aus­ge­schrie­ben wur­de; inso­weit sei­en die­je­ni­gen antrags­be­fugt, die der Dienst­herr in die Aus­wahl hät­te ein­be­zie­hen müssen.

Es sei denn, der*die unter­le­ge­ne Bewerber*in wur­de, etwa durch eine unter­las­se­ne Kon­kur­ren­ten­mit­tei­lung, an der Wahr­neh­mung ande­rer effek­ti­ver Rechts­schutz- maß­nah­men gehindert.111

Um in der Pra­xis die für ihn*sie rele­van­te Siche­rung des Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruchs zu gewähr­leis­ten, ist der*die in einem Beru­fungs­ver­fah­ren unter­le­ge­ne Bewerber*in gehal­ten, einen Eil­an­trag nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu stellen.

3. Die Antragsbefugnis

Antrags­be­fugt sind die Bewerber*innen und Bewer­ber, die sich in einem Beru­fungs­ver­fah­ren zur Aus­wahl gestellt haben und in die­sem Zusam­men­hang die Ver­let- zung des Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruchs als ein ihnen sub­jek­tiv zuste­hen­des Recht gel­tend machen können.112

Dies­be­züg­lich hat das OVG Baut­zen in einer sei­ner Ent­schei­dun­gen die Fra­ge auf­ge­wor­fen, inwie­weit der aus Art. 33 Abs. 2 GG her­ge­lei­te­te Bewer­bungs­ver­fah- rens­an­spruch auch von Per­so­nen als sub­jek­ti­ves Recht gel­tend gemacht wer­den kann, die kei­ne Deut­schen i.S.d. Art. 116 GG sind.113 Das OVG lehnt – wenig über­zeu­gend – einen sub­jek­tiv ein­klag­ba­ren Anspruch auf chan­cen- glei­che Teil­nah­me am Bewer­bungs­ver­fah­ren für Per­so- nen ab, die nicht deut­sche Staats­an­ge­hö­ri­ge oder Sta­tus- deut­sche sind und ver­neint in die­sem Zusam­men­hang auch die Her­lei­tung des Bewer­bungs­ver­fah­ren­san- spruchs aus § 9 i. V. m. § 7 Abs. 3 Nr. 2 BeamtStG, wenn es vor­ran­gig um die Aus­wahl­ent­schei­dung gehe und nicht die beam­ten­recht­li­che Ernen­nung in Streit ste­he, um letzt­lich einen mög­li­chen Anspruch im Lan­des­hoch- schul­recht zu erblicken.114 Dabei bleibt offen, inwie­weit die­se ein­fach­ge­setz­li­chen Nor­men dann noch mit Art. 33 Abs. 2 GG im Ein­klang stün­den; und es bleibt wei­ter­hin außer Betracht, dass § 7 Abs. 3 Nr. 2 BeamtStG leer lie­fe, wenn Per­so­nen, die kei­ne Deut­schen im Sinne

113 OVG Baut­zen, Beschl. v. 8.4.2022, 2 B 41/22, Rn. 10 – juris. Die Fra­ge wird vom OVG vor dem Ein­stieg in die Beur­tei­lung, ob (mate­ri­ell-recht­lich) ein Anord­nungs­an­spruch bestand, geprüft und im Ergeb­nis offen­ge­las­sen, weil ein sol­cher Anspruch man­gels Feh­lern im Beru­fungs­ver­fah­ren in dem kon­kre­ten Fall nicht bestehe. Inso­weit erscheint die dog­ma­ti­sche Ein­ord­nung der Aus­füh­run­gen zumin­dest zwei­fel­haft; wenn jemandem

der Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruch nicht als sub­jek­ti­ves Recht zuste­hen soll, kann es viel­mehr umge­kehrt in Bezug auf den*die Rechts­schutz Suchende*n dahin­ste­hen, ob das Beru­fungs­ver­fah- ren feh­ler­haft gewe­sen ist oder nicht.

114 OVG Baut­zen, Beschl. v. 8.4.2022, 2 B 41/22, Rn. 11 f. Gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 2 BeamtStG kön­nen aus­nahms­wei­se Per­so­nen in ein Beam­ten­ver­hält­nis beru­fen wer­den, die kei­ne Deut­schen i. S. v. Art. 116 Abs. 1 GG sind, wenn bei der Beru­fung von Hoch­schul- leh­re­rin­nen und Hoch­schul­leh­rern […] ande­re wich­ti­ge Grün­de vor­lie­gen. Zu den ent­spre­chend hohen Hür­den vgl. OVG Bre­men, Beschl. v. 5.8.2019, 2 B 130/19, Rn. 6 ff. – juris.

264 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 4 (2024), 251–282

des Art. 116 Abs. 1 GG sind, schon kein Anspruch auf Teil­nah­me an einem Bewer­bungs­ver­fah­ren zuge­spro- chen wür­de, das sich an den Maß­stä­ben des Art. 33 Abs. 2 GG aus­zu­rich­ten hat – unab­hän­gig davon, ob am Ende ein Beam­ten­ver­hält­nis oder ein pri­vat­recht- liches Arbeits­ver­hält­nis begrün­det wer­den soll.

4. Das (Eil-)Rechtsschutzbedürfnis

Durch die Ankün­di­gung in der Kon­kur­ren­ten­mit­tei- lung, den*die aus­ge­wähl­te Bewerber*in als­bald ernen- nen zu wol­len, sind die unter­le­ge­nen Bewerber*innen gehal­ten, kurz­fris­tig einen Antrag auf Eil­rechts­schutz zu stel­len, wenn sie Anhalts­punk­te für ein feh­ler­haf­tes Aus- wahl­ver­fah­ren sehen und ihren Bewer­bungs­ver­fah­rens- anspruch recht­zei­tig vor der Ernen­nung sichern wol­len. Wie bereits erwähnt, kommt hier­für regel­mä­ßig ein Antrag gem. § 123 VwGO in Betracht. Das hier­für u.a. erfor­der­li­che all­ge­mei­ne Rechts­schutz­be­dürf­nis liegt auf­grund der beson­de­ren Eil­be­dürf­tig­keit in der Regel vor, wenn eine Aus­wahl des*der Antragstellers*in im Fal­le einer erneu­ten Ent­schei­dung immer­hin mög­lich erscheint bzw. nicht aus­ge­schlos­sen ist.115 Ein feh­len­des Rechts­schutz­be­dürf­nis dürf­te das zustän­di­ge Gericht daher allen­falls anneh­men, wenn der Antrag sinn­los ist und das Ziel des*der Antragsteller*in aus recht­li­chen oder tat­säch­li­chen Grün­den nicht erreich­bar ist.116

In die­sem Zusam­men­hang wäre die­se Annah­me ge- geben, wenn ein Antrag auf Eil­rechts­schutz noch gestellt wird, obwohl die War­te­frist für den Dienst­herrn bereits ver­stri­chen und die Ernen­nung schon erfolgt ist.

5. Die Hoch­schu­le oder das Land als Antragsgegner

Es gilt, den rich­ti­gen Antrags­geg­ner, eine juris­ti­sche Per- son des öffent­li­chen Rechts, zu ermit­teln, gegen den der Antrag auf Erlass einer einst­wei­li­gen Anord­nung zu rich­ten ist. Jener ist zugleich der Kla­ge­geg­ner in der Hauptsache.

Zwar strei­ten sich in der Sache auch zwei Bewerber*innen dar­um, wer das Amt bekommt, recht- lich betrach­tet steht jedoch der*die unter­le­ge­ne Bewerber*in als Antragsteller*in im Eil­ver­fah­ren und als Kläger*in der Haupt­sa­che einer Behör­de bzw. deren

  1. 115  BVerfG, Beschl. v. 1.8.2006, 2 BvR 2364/03, Rn. 17 – juris.
  2. 116  Brink­tri­ne, JA 2015, 1192 (1200).
  3. 117  Lau­bin­ger, ZBR 2010, 289 (291).
  4. 118  Zum Dienst­herrn Epping/Nölle, in: Epping, NHG-Kom­men­tar, 2.Aufl. 2023, § 26 Rn. 255.
  5. 119  Vgl. zur Mehr­stu­fig­keit des Stel­len­be­set­zungs­ver­fah­rens etwaOVG Müns­ter, Urt. v. 22.7.2014, 6 A 815/11, Rn. 67 – juris.
  6. 120  BVerwG, Urt. v. 4.11.2010, 2 C 16.09, Rn. 17 – juris.

Rechts­trä­ger gegenüber.117
Hier­bei stellt sich nun regel­mä­ßig die Fra­ge, ob dies

die Hoch­schu­le selbst oder das jewei­li­ge Lan­des­mi­nis­te- rium ist. Sie lässt sich nur durch einen Blick in das jewei- lige Lan­des­hoch­schul­ge­setz (und ggf. auch die Grund- ord­nung der Hoch­schu­le) beant­wor­ten; es kommt dar- auf an, wer von bei­den den*die Professor*in ernennt.118 Dies ist ins­be­son­de­re dann beacht­lich, wenn rufer­tei­len- de und ernen­nen­de Behör­de aus­ein­an­der­fal­len. Wie be- reits aus­ge­führt, ist die Mit­tei­lung der ernen­nen­den Be- hör­de über die Nicht­be­rück­sich­ti­gung kein Ver­wal- tungs­akt; sie wird daher auch nicht Gegen­stand des ge- richt­li­chen Verfahrens.119 Ledig­lich die Ernen­nung des*der Konkurrenten*in stellt einen Ver­wal­tungs­akt dar, und zwar mit Dritt­wir­kung gegen­über den nicht be- rück­sich­tig­ten Bewerber*innen.120 Daher hat sich der ge- richt­li­che Eil­an­trag – je nach Zustän­dig­keit für die Vor- nah­me der Ernen­nung – nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO (Rechts­trä­ger­prin­zip) ent­we­der gegen die Hoch­schu­le als Kör­per­schaft des öffent­li­chen Rechts oder gegen das jewei­li­ge Bun­des­land als Rechts­trä­ger des Minis­te­ri­ums zu richten.121 Hat das betref­fen­de Bun­des­land von der Er- mäch­ti­gung des § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO (Behör­den­prin- zip) Gebrauch gemacht,122 ist die Kla­ge unmit­tel­bar ge- gen die Behör­de als gesetz­li­chen Pro­zess­stand­schaf­ter der jewei­li­gen Kör­per­schaft zu erheben.

Dass Antrags­geg­ner zwar die ernen­nen­de Behör­de ist, ändert jedoch nichts dar­an, dass gericht­li­cher Prü- fungs­ge­gen­stand im Wesent­li­chen die end­gül­ti­ge Aus- wahl­ent­schei­dung der Hoch­schu­le ist, die in der Regel durch das Prä­si­di­um erfolgt. Aus hoch­schul­recht­li­cher Sicht betrach­tet han­delt es sich – sofern das Lan­des­hoch- schul­ge­setz oder die Grund­ord­nung nichts Abwei­chen- des regeln – um die Ent­schei­dung der Hoch­schul­lei­tung, die unter Betei­li­gung der gesetz­lich vor­ge­schrie­be­nen Gre­mi­en (Beru­fungs­kom­mis­si­on, Fakul­täts­rat) zu erfol- gen hat.123

6. Sons­ti­ge Voraussetzungen

Das Gericht prüft die Betei­lig­ten- und Pro­zess­fä­hig­keit des*der Antragstellers*in gemäß §§ 61 f. VwGO, was in der Pra­xis sel­ten zu Pro­ble­men füh­ren dürf­te, sowie über

121 Vgl. OVG Baut­zen, Beschl. v. 16.12.2015, 2 B 300/15, Rn. 8 – juris. 122 Dies sind Bran­den­burg, das Saar­land, Meck­len­burg-Vor­pom- mern, Nie­der­sa­chen, Sach­sen-Anhalt und Schleswig-Holstein,

vgl. Kintz, in: Posser/Wolff/Decker, Beck­OK VwGO, 67. Ed, Stand:

01.04.2023, § 78 Rn. 34, 36 m.w.N.
123 Näher dazu Neukirchen/Emmrich, Beru­fun­gen, Befan­gen­heit und

Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruch, 2021, S. 154 f.

Neukirchen/Breder/Hornfischer · Rechts­schutz Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruch 2 6 5

die Bei­la­dung des*der erfolg­rei­chen Bewerbers*in, dem*der die Hoch­schu­le bzw. das Minis­te­ri­um die Pro- fes­sur über­tra­gen möchte.

Nicht zuletzt muss sich das Gericht für sach­lich und ört­lich zustän­dig erklä­ren. Sofern es den Ver­wal­tungs- rechts­weg in der Sache für eröff­net hält, ist die sach­li­che Zustän­dig­keit des Ver­wal­tungs­ge­richts in ers­ter Instanz gemäß § 45 VwGO gege­ben. § 52 Nr. 4 VwGO regelt die ört­li­che Zustän­dig­keit für alle Kla­gen aus einem gegen- wär­ti­gen oder frü­he­ren Beamten‑, Richter‑, Wehr- pflicht‑, Wehr­dienst- oder Zivil­dienst­ver­hält­nis und für Strei­tig­kei­ten, die sich auf die Ent­ste­hung eines sol­chen Ver­hält­nis­ses bezie­hen und kennt inso­weit die fol­gen­den Alter­na­ti­ven: Ent­we­der ist das Gericht ört­lich zustän­dig, in des­sen Bezirk der Klä­ger oder Beklag­te sei­nen dienst- lichen Wohn­sitz oder in Erman­ge­lung des­sen sei­nen Wohn­sitz hat. Oder es ist das Gericht zustän­dig, in des- sen Bezirk die betref­fen­de Behör­de ihren Sitz hat. Letz­te- res gilt in den Fäl­len, in denen der*die Kläger*in oder Beklag­te kei­nen dienst­li­chen Wohn­sitz oder kei­nen Wohn­sitz inner­halb des Zustän­dig­keits­be­reichs der Be- hör­de hat. In der Regel wer­den unter­le­ge­ne Bewerber*innen, die Rechts­schutz gegen die Ernen­nung des*der erfolg­rei­chen Konkurrenten*in suchen, noch kei­nen „dienst­li­chen“ Wohn­sitz mit Bezug auf den po- ten­ti­el­len Dienst­herrn haben, der das Beru­fungs­ver­fah- ren durch­ge­führt hat. Lie­gen der Wohn­sitz des*der Antragstellers*in und die Hoch­schu­le bzw. das Minis­te- rium also nicht zufäl­lig im glei­chen Gerichts­be­zirk, bleibt der Sitz der Hoch­schu­le bzw. des zustän­di­gen Mi- nis­te­ri­ums für die Bestim­mung der ört­li­chen Zustän­dig- keit maßgeblich.

IV. Begrün­det­heit des Antrags: Anord­nungs­an­spruch und Anordnungsgrund

Gem. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO sind neben der beson­de­ren Eil­be­dürf­tig­keit (Anord- nungs­grund) die tat­säch­li­chen Vor­aus­set­zun­gen für das Bestehen eines zu sichern­den Rechts (Anord­nungs­an- spruch) glaub­haft zu machen.

1. Der Anordnungsgrund

Um einen Anord­nungs­grund anneh­men zu kön­nen, muss die Aus­wahl­ent­schei­dung bereits getrof­fen wor­den sein; bei Hochschulprofessor*innen ist dies der Fall,

  1. 124  Vgl. BVerfG, Beschl. v. 3.3.2014, 1 BvR 3606/13, Rn. 19 f. – juris; dem fol­gend: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vor­läu­fi­ger Rechts­schutz, 7. Aufl. 2017, § 61, Rn. 1348.
  2. 125  Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vor­läu­fi­ger Rechts­schutz, 7. Aufl. 2017, § 61 Rn. 1348, m.w.N. zur Rspr.

wenn das Ver­wal­tungs­ver­fah­ren mit Aus­nah­me der Ernen­nung abge­schlos­sen ist.124 Vor­beu­gen­der Rechts- schutz kommt nicht ohne Wei­te­res in Betracht, son­dern nur, wenn bspw. durch ein abge­schich­te­tes Ver­fah­ren ein­zel­ne Bewerber*innen vor­ab aus­ge­schie­den wer- den.125 Das Bestehen eines Anord­nungs­grun­des ist übli- cher­wei­se also (erst) dann anzu­neh­men, wenn die Gefahr besteht, dass der Bewer­bungs­ver­fah­ren­san- spruch durch die dro­hen­de Ernen­nung untergeht.126 Das wird regel­mä­ßig der Fall sein. Die Glaub­haft­ma­chung des Anord­nungs­grun­des kann im Rah­men der Antrag- stel­lung bei Gericht etwa durch Vor­la­ge der Kon­kur­ren- ten­mit­tei­lung erfolgen.

2. Der Anordnungsanspruch

Auch wenn zu unter­stel­len ist, dass der*die unter­le­ge­ne Bewerber*in dar­um kämp­fen möch­te, die Pro­fes­sur zu bekom­men, durch­set­zen lässt sich mit der Gel­tend­ma- chung seines*ihres aus Art. 33 Abs. 2 GG abge­lei­te­ten Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruchs regel­mä­ßig nur die feh­ler­freie Berück­sich­ti­gung seiner*ihrer Bewer­bung, sodass im Erfolgs­fall das Aus­wahl­ver­fah­ren zu wie­der- holen ist. In beam­ten­recht­li­chen Kon­kur­ren­ten­streit­ver- fah­ren wird daher vom Bestehen eines Anord­nungs­an- spruchs des*der im Stel­len­be­set­zungs­ver­fah­ren unter­le- genen Bewerbers*in aus­ge­gan­gen, wenn die getrof­fe­ne Aus­wahl zu seinen*ihren Las­ten feh­ler­haft erscheint und die Erfolgs­aus­sich­ten bei einer erneu­ten Aus­wahl offen sind, seine*ihre Aus­wahl also mög­lich erscheint.127 Dies gilt auch bei Kon­kur­ren­ten­strei­tig­kei­ten im Rah­men von Berufungsverfahren.

3. Beson­de­re Fall­kon­stel­la­tio­nen / Probleme

Vie­le Fall­kon­stel­la­tio­nen sind für eine Kon­kur­ren­ten- strei­tig­keit bei Beru­fungs­ver­fah­ren denk­bar. Eini­ge beson­de­re sind unten­ste­hend auf­ge­führt. All­ge­mein gilt für alle Ver­fah­ren das oben Gesag­te, das kurz zusam- men­ge­fasst wer­den soll:

Art. 33 Abs. 2 des Grund­ge­set­zes gewährt jedem Deut­schen ein grund­rechts­glei­ches Recht auf Zugang zu jedem öffent­li­chen Amt nach Eig­nung, Befä­hi­gung und fach­li­cher Leis­tung. Das hier­in zum Aus­druck kom­men- de Leis­tungs­prin­zip, wel­ches auch bei der mit der Ernen- nung zum Pro­fes­sor ver­bun­de­nen Beset­zung von Lehr- stüh­len an Uni­ver­si­tä­ten gilt,128 eröff­net dem Ein­zel­nen kei­nen Anspruch auf Beför­de­rung bzw. auf Übertragung

126 Brink­tri­ne, JA 2015, 1192 (1205).
127 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 1.8.2006, 2 BvR 2364/03, Rn. 17 – juris. 128 Vgl. etwa BVerfG, Beschl. vom 1.8.2006, 2 BvR 2364/03 – juris

Rn. 17.

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des begehr­ten Amtes, son­dern gibt ihm ledig­lich An- spruch dar­auf, dass über sei­ne Bewer­bung ermes­sens- und beur­tei­lungs­feh­ler­frei nach Maß­ga­be die­ser Kri­te­ri- en ent­schie­den wird (sog. Bewer­bungs­ver­fah­ren­san- spruch).129 Die kon­kre­te Stel­len­aus­schrei­bung und das dar­an anschlie­ßen­de Aus­wahl­ver­fah­ren die­nen der ver- fah­rens­mä­ßi­gen Absi­che­rung des Bewer­bungs­ver­fah- rens­an­spruchs der Bewerber,130 der eine ange­mes­se­ne Gestal­tung des Aus­wahl­ver­fah­rens erfordert.131

a) Befan­gen­heit

Ein rele­van­ter Ver­fah­rens­feh­ler liegt vor, wenn ein Ver- fah­rens­feh­ler die Rechts­wid­rig­keit der streit­ge­gen­ständ- lichen Aus­wahl­ent­schei­dung bewirkt. Dies ist dann der Fall, wenn ein Mit­glied oder der Vor­sit­zen­de der Beru- fungs­kom­mis­si­on, wegen Besorg­nis der Befan­gen­heit nicht an der Beru­fungs­ent­schei­dung hät­te mit­wir­ken dür­fen. Hin­sicht­lich der hier rele­van­ten Fra­gen sei aus- führ­lich auf das Werk von Neukirchen/Emmrich zu Beru­fun­gen, Befan­gen­heit und Bewer­ber­ver­fah­ren­san- spruch verwiesen.132

Nur unpar­tei­ische und neu­tra­le Per­so­nen dür­fen in der Ver­wal­tung tätig sein133, ergän­zend nor­mie­ren §§ 20 f. VwVfG die Zie­le der Neu­tra­li­tät und Objek­ti­vi­tät des Verwaltungshandelns.134 Dar­aus erge­ben sich ent- spre­chen­de Kon­se­quen­zen für die (Mit-) Arbeit in der Berufungskommission.135

Jedes Mit­glied einer Beru­fungs­kom­mis­si­on ist ver- pflich­tet, dem*der Vor­sit­zen­den der Beru­fungs­kom­mis- sion sowohl Sach­ver­hal­te aus der abschlie­ßen­den Auf- zäh­lung des § 20 VwVfG von sich aus mit­zu­tei­len als auch sol­che Sach­ver­hal­te, die geeig­net sind, die Besorg- nis der Befan­gen­heit gem. § 21 VwVfG zu begründen.136 Das Mit­glied muss also pro­ak­tiv han­deln und der*die Vor­sit­zen­de der Beru­fungs­kom­mis­si­on ist verpflichtet,

  1. 129  BVerfG, Beschl. v. 28.11.2011, 2 BvR 1181/11 – juris Rn. 20.
  2. 130  Vgl. BVerfG, Beschl. v. 28.2.2007, 2 BvR 2494/06 – juris Rn. 7.
  3. 131  BVerfG, Beschl. v. 28.11.2011, 2 BvR 1181/11 – juris Rn. 21.
  4. 132  Neukirchen/Emmrich, Beru­fun­gen, Befan­gen­heit und Bewer-bungs­ver­fah­rens­an­spruch, 2021, S. 25
  5. 133  Kopp/Ramsauer, VwVfG, 24. Aufl 2023, § 20 Rn. 6. Für eineuni­ons­recht­li­che Ein­ord­nung des Gebots der Unbe­fan­gen­heit als Aus­fluss von Art. 41 Abs. 1 der Char­ta der Grund­rech­te der EU vgl. Kunt­ze/­Bei­chel-Bene­det­ti, in: Ober­may­er/­Fun­ke-Kai­ser, VwV fG, 6. Aufl. 2021, § 20 Rn. 158 ff. und § 21 Rn. 2 sowie Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 20 Rn. 67 und § 21 Rn. 27 m. w. N.
  6. 134  Hoff­mann-Rie­m/­Schmidt-Aßmann, Ver­wal­tungs­ver­fah­ren und Ver­wal­tungs­ver­fah­rens­ge­setz, 2002, S. 172 m. w. N.
  7. 135  Sie­he hier­zu all­ge­mein Neukirchen/Emmerich, a.a.O. S. 92. ff.
  8. 136  Neukirchen/Emmrich, a.a.O. S. 92 ff..
  9. 137  Wernsmann/Gatzka, DÖV 2017, 609 (616).
  10. 138  Vgl. auch Kunt­ze/­Bei­chel-Bene­det­ti, in: Obermayer/Funke-Kaiser,VwVfG, 6. Aufl. 2021, § 21 Rn. 23.

die Mit­glie­der auf­zu­for­dern, ent­spre­chen­de Anga­ben zu machen. Dies ist in den Beru­fungs­ord­nun­gen oder den Beru­fungs­leit­fä­den der meis­ten Hoch­schu­len nor- miert137. Der*die Vor­sit­zen­de der Beru­fungs­kom­mis­si­on hat den Sach­ver­halt aufzuklären.138 Hin­sicht­lich der Vor- aus­set­zun­gen der §§ 20 f. VwVfG kön­nen die im Fol­gen- den behan­del­ten Sach­ver­hal­te unter­schie­den werden.139

aa) Von Geset­zes wegen aus­ge­schlos­se­ne Per­so­nen (abso­lu­te Befan­gen­heit) gem. § 20 VwVfG

Damit die Neu­tra­li­tät der Ver­wal­tung, in die­sem Fall der Hoch­schu­le, gesi­chert ist, ent­hal­ten § 20 VwVfG des Bun­des und die inhalts­glei­chen LVwVfG die unwi­der- leg­ba­re Ver­mu­tung, dass bei bestimm­ten Inter­es­sen­kol- lisio­nen und Sach­ver­hal­ten eine neu­tra­le Amts­füh­rung unmög­lich ist und daher bestimm­te Per­so­nen qua Gesetz vom Ver­fah­ren aus­ge­schlos­sen sind.140

bb) Besorg­nis der Befan­gen­heit (rela­ti­ve Befan­gen­heit) gem. § 21 VwVfG im Allgemeinen

Es kann zudem die Besorg­nis der Befan­gen­heit gem. § 21 VwVfG bestehen.141 Aus­rei­chend hier­für ist der böse Anschein. Dies ist dann der Fall, wenn ein Grund vor- liegt, der geeig­net ist, Zwei­fel an der Unpar­tei­lich­keit zu recht­fer­ti­gen. Maß­geb­lich ist, ob bei ver­nünf­ti­ger Wür- digung aller Umstän­de aus der Sicht eines*r Bewerbers*in Anlass besteht, an der Unvor­ein­ge­nom­men­heit zu zwei- feln.142

Die Besorg­nis der Befan­gen­heit kann auch erst im Zuge des Ver­fah­rens ein­tre­ten, bei­spiels­wei­se durch un- sach­li­che Äuße­run­gen oder Ver­hal­tens­wei­sen eines Kom­mis­si­ons­mit­glieds, die geeig­net sind, Zwei­fel an der Unvor­ein­ge­nom­men­heit des*der Betref­fen­den aus­zu­lö- sen.143 Fer­ner kann die (bewusst) feh­ler­haf­te Durch­füh- rung des Ver­wal­tungs­ver­fah­rens die Besorg­nis der Be-

139 Neukirchen/Emmrich, a.a.O., S. 93.ff..
140 Sie­he hier­zu aus­führ­lich Neukirchen/Emmrich, a.a.O., S. 92 ff. 141 § 20 ent­fal­tet auch kei­ne Sperr­wir­kung gegen­über § 21 für

ver­gleich­ba­re Umstän­de, so Rit­gen, in: Knack/Henneke, 11. Aufl.

2019, VwVfG, § 21 Rn. 4.
142 Vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 5.12.2019, 1 BvL 7/18, zur Besorgnis

der Befan­gen­heit eines Rich­ters; VG Müns­ter, Beschl. v. 22.4.2015, 5 K 2799/12. Vgl. allg. zum Maß­stab Kopp/Ramsauer, VwVfG,
24. Aufl. 2023, § 21 Rn. 13, 16; Epping/Nölle, in: Epping, NHG, 2. Aufl. 2023, § 26 Rn. 61 mit Ver­weis auf OVG Koblenz Beschl. v. 28.9.2007, 2 B 10825/07, Rn. 5 ff. – juris.

143 Kunt­ze/­Bei­chel-Bene­det­ti, in: Ober­may­er/­Fun­ke-Kai­ser, VwVfG, 6. Aufl. 2021, § 21 Rn. 20. Es ist fer­ner davon abzu­ra­ten, jede Mei­nung ein­zel­ner Mit­glie­der einer Beru­fungs­kom­mis­si­on zu bestimm­ten Bewerber*innen zu pro­to­kol­lie­ren. Ein abwei- chen­des Sach­ur­teil und des­sen fach­li­che Begrün­dung dage­gen kann Ein­gang in das Pro­to­koll fin­den, vgl. auch Kunt­ze/­Bei­chel- Bene­det­ti, in: Ober­may­er/­Fun­ke-Kai­ser, VwVfG, 6. Aufl. 2021, § 21 Rn. 23.

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fan­gen­heit recht­fer­ti­gen, sofern aus dem jewei­li­gen Ver- fah­rens­feh­ler auf eine man­geln­de Objek­ti­vi­tät und Dis- tanz des Amts­trä­gers gegen­über dem Betei­lig­ten geschlos­sen wer­den kann.144 Allein auf die Art und Wei- se der Ver­fah­rens­füh­rung des Amts­trä­gers kann im All- gemei­nen eine Befan­gen­heit zwar nicht gestützt wer­den. Ent­fernt sich indes die Gestal­tung des Ver­fah­rens so weit von den aner­kann­ten recht­li­chen Grund­sät­zen, dass für den davon betrof­fe­nen Betei­lig­ten der Ein­druck einer sach­wid­ri­gen, auf Vor­ein­ge­nom­men­heit beru­hen­de Be- nach­tei­li­gung ent­steht, gilt dies nicht.145 Dies kann etwa der Fall sein, wenn das Ver­hal­ten des Amts­trä­gers dar­auf abzielt, Betei­lig­te in der Wahr­neh­mung ihrer Rech­te zu behin­dern oder das Ver­fah­ren intrans­pa­rent zuguns­ten oder zulas­ten ein­zel­ner Betei­lig­ter zu gestalten.146

cc) Fäl­le und Bei­spie­le, in denen nicht per se eine Besorg­nis der Befan­gen­heit besteht

Nicht hin­rei­chend für die Besorg­nis der Befan­gen­heit sind bei­spiels­wei­se die Staats­an­ge­hö­rig­keit, das Geschlecht oder die Zuge­hö­rig­keit zu einer bestimm­ten Kon­fes­si­on – eben­so wenig die Zuge­hö­rig­keit zu einer bestimm­ten wis­sen­schaft­li­chen Schule.

Die Ver­wal­tungs­ge­rich­te dif­fe­ren­zie­ren hin­sicht­lich einer mög­li­chen Par­tei­lich­keit zwi­schen zuläs­si­gem „ge- legent­li­chem beruf­li­chen Zusam­men­wir­ken“ und unzu- läs­si­ger „beson­de­rer kol­le­gia­ler Nähe“ in dienst­li­cher Hin­sicht und zwi­schen zuläs­si­gen „gele­gent­li­chen pri­va- ten Kon­tak­ten“ und unzu­läs­si­gen „freund­schaft­li­chen Kontakten“.147 Dabei kön­nen auch wis­sen­schaft­li­che Kon­kur­renz oder Kon­flik­te eine beson­de­re kol­le­gia­le Nähe dar­stel­len. Den freund­schaft­li­chen Kon­tak­ten ste- hen per­sön­li­che Anfein­dun­gen hin­sicht­lich der Besorg- nis der Befan­gen­heit gleich.
Neukirchen/Emmrich haben hier­bei fol­gen­de Aspek­te sorg­fäl­tig aufgearbeitet:148

– Lehrer*innen-Schüler*innen-Verhältnis oder dienst­li­ches Abhängigkeitsverhältnis

– Gemein­sa­me Assis­tenz­zei­ten oder glei­che aka­de- mische Schule

– Wis­sen­schaft­li­che Koope­ra­ti­on oder Kon­kur­renz oder Konflikt

– Schei­den­de Stelleninhaber*innen

  1. 144  Vgl. Schul­er-Harms, in: Schoch/Schneider, Ver­wal­tungs­recht, Band VwVfG, 4. EL. Novem­ber 2023, § 21 Rn. 24.
  2. 145  Vgl. OLG Düs­sel­dorf, Beschl. v. 21.12.2015, VI‑W(Kart) 8/15, Rn. 3 – juris.
  3. 146  Vgl. Stein­küh­ler, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 21 Rn. 40; VG Frei­burg Beschl. v. 12.12.2023, 2 K

– Beson­de­re per­sön­li­che Nähe
– Wirt­schaft­li­che Geschäfts­be­zie­hun­gen – Wei­te­re schäd­li­che Sachverhalte

Unschäd­lich ist nach Neukirchen/Emmrich folgendes:149 – Die blo­ße Mit­wir­kung an einer für eine*n

Bewerber*in frü­her ergan­ge­nen Ent­schei­dung
– die Mit­wir­kung eines*r wis­sen­schaft­li­chen Mitarbeiters*in der Beru­fungs­kom­mis­si­on, der*die dem Fach- oder Lehr­ge­biet der Pro­fes­sur zugeord-

net ist
– „eine par­al­le­le Autoren­schaft in einem wissenschaft-

lichen Sam­mel­band;
– eine gewöhn­li­che Her­aus­ge­ber-Autoren-Bezie­hung; – gele­gent­li­ches beruf­li­ches Zusam­men­wir­ken, etwa

in Kom­mis­sio­nen oder Arbeits­grup­pen, bei par­la- men­ta­ri­schen Anhö­run­gen oder bei Begeg­nun­gen auf Tagungen;

– auch die Mit­wir­kung des Ehe­gat­ten des*der vorhe- rigen Stelleninhabers*in in der Beru­fungs­kom­mis­si- on begrün­det ohne Hin­zu­tre­ten wei­te­rer Umstän­de kei­ne Befan­gen­heit, des­glei­chen nicht die gemein­sa- me Mit­wir­kung von Ehe­gat­ten in der Beru­fungs- kom­mis­si­on, auch nicht von geschie­de­nen, weil inso­fern kei­ne gestei­ger­te Bezie­hung zum*zur Bewerber*in vorliegt;

– auch die frü­he­re Mit­wir­kung an einem wegen Ver- fah­rens­feh­lers abge­bro­che­nen und wie­der­hol­ten Ver­fah­rens begrün­det für sich kei­ne Befan­gen­heit, da inso­weit zum einen von einem pro­fes­sio­nel­len Umgang der Kom­mis­si­ons­mit­glie­der mit Ver­fah- rens­rügen aus­zu­ge­hen ist und ansons­ten ein Ersatz- ver­fah­ren unmög­lich wäre“

– 15 Jah­re zurück­lie­gen­des Lehrer*innen- Schüler*innen-Verhältnis150

dd) Recht­li­che Würdigung

Die Fra­ge, ob Mit­glie­der der Beru­fungs­kom­mis­si­on einer Hoch­schu­le an der Mit­wir­kung in die­sem Gre­mi- um gehin­dert sind, rich­tet sich je nach lan­des­ge­setz­li- chen Vor­schrif­ten nach dem lan­des­recht­li­chen Ver­wal- tungs­ver­fah­rens­recht und bzw. aus­schließ­lich nach dem jewei­li­gen LHG und kann in der Beru­fungs­ord­nung oder Beru­fungs­leit­fa­den der Hoch­schu­le konkretisiert

3207/23, Rn. 48 – juris.
147 Sie­he OVG Greifs­wald, Beschl. v. 21.4.2010, 2 M 14/10, Rn. 26 –

juris.
148 Sie­he hier­zu aus­führ­lich Neukirchen/Emmrich, a.a.O., S. 111 f. 149 Sie­he hier­zu aus­führ­lich Neukirchen/Emmrich, a.a.O., S. 111 f. 150 VG Bre­men, Beschl. v. 12.6.2019, 6 V 596/19, Rn. 34 ff. – juris.

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sein.151 Ein Mit­glied der Beru­fungs­kom­mis­si­on ist nach die­sen Rege­lun­gen in der Regel dann an der Mit­wir­kung gehin­dert, wenn ein Grund vor­liegt, der geeig­net ist, Miss­trau­en gegen eine unpar­tei­ische Amts­füh­rung zu rechtfertigen.152

Ver­säumt es ein Mit­glied der Beru­fungs­kom­mis­si­on einen ent­spre­chen­den Hin­weis anzu­zei­gen und ver­hin- dert damit, dass die Beru­fungs­kom­mis­si­on eine Ein­zel- fall­ent­schei­dung über die Fra­ge des Aus­schlus­ses tref­fen kann, liegt ein Ver­stoß gegen die ent­spre­chen­den Vor- schrif­ten vor. Die Rechts­wid­rig­keit der Aus­wahl­ent- schei­dung folgt jedoch nicht bereits allein aus dem Ver- stoß gegen eine unter­ge­setz­li­che Norm wie zum Bei­spiel einer „Prä­si­di­ums­hand­rei­chung Befan­gen­hei­ten“, denn nicht jede Ver­let­zung der Offen­ba­rungs­pflicht stellt ohne Wei­te­res zugleich einen selbst­stän­di­gen wei­te­ren Befan- gen­heits­grund dar.153

Die rela­ti­ven Aus­schluss­grün­de des § 21 VwVfG un- ter­schei­den sich von den abso­lu­ten Aus­schluss­grün­den des § 20 VwVfG dadurch, dass das Mit­wir­kungs­ver­bot nicht schon kraft Geset­zes ein­tritt, son­dern es hier­für zunächst einer kon­sti­tu­ti­ven Ent­schei­dung des Aus- schus­ses bedarf.

Sobald die Beru­fungs­kom­mis­si­on Kennt­nis von objek­ti- ven Umstän­den erhält, die poten­ti­ell geeig­net ersch­ei- nen, eine Besorg­nis der Befan­gen­heit zu begrün­den, hat die Kom­mis­si­on über die Fra­ge eines Aus­schlus­ses des Betrof­fe­nen zu bera­ten und zu ent­schei­den. Im Rah­men des­sen hat sie zu prü­fen, ob die Besorg­nis der Befan­gen- heit tat­säch­lich begrün­det ist.154

Die Ent­schei­dung ist gericht­lich voll über­prüf­bar; ein Ermes­sens- oder Beur­tei­lungs­spiel­raum besteht inso- weit nicht.155 Die Beur­tei­lung der Recht­mä­ßig­keit des Ver­fah­rens sowie der getrof­fe­nen End­ent­schei­dung hängt somit letzt­lich nicht von dem Beschluss der Beru- fungs­kom­mis­si­on ab, son­dern davon, ob tat­säch­lich eine (begrün­de­te) Besorg­nis der Befan­gen­heit bestand.156

  1. 151  OVG Lüne­burg, Beschl. v. 28.6.2021, 5 ME 50/21, Rn. 30 – juris.
  2. 152  Eine Besorg­nis der Befan­gen­heit liegt vor, wenn auf­grund objek tiv fest­stell­ba­rer Tat­sa­chen nach den Gesamt­um­stän­den aus der­Sicht eines ver­nünf­ti­gen Betei­lig­ten des Ver­fah­rens die Besorg­nis nicht aus­zu­schlie­ßen ist, ein bestimm­ter Amts­trä­ger wer­de in der Sache nicht unpar­tei­isch, unvor­ein­ge­nom­men oder unbe­fan­gen ent­schei­den, OVG Greifs­wald, Beschl. v. 21.4.2010, 2 M 14/10, Rn. 25 – juris; Ram­sau­er, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 24. Aufl. 2023, § 21 Rn. 13, 16.
  3. 153  Vgl. OVG Bre­men, Beschl. v. 12.5.2015, 2 B 40/15, Rn. 12 – juris.
  4. 154  VGH Mün­chen, Beschl. v. 1.2.2022, 3 CE 22.19 unter Ver­weis aufHerrmann/Tietze, LKV 2015, 337, 342.
  5. 155  VGH Mün­chen, Beschl. v. 1.2.2022, 3 CE 22.19 unter Ver­weis aufSchul­er-Harms, in: Schoch/Schneider, Ver­wal­tungs­recht, Band VwVfG, 4. EL Novem­ber 2023, § 21 VwVfG Rn. 36, 45.

Eine tat­säch­li­che Befan­gen­heit ist hier­für nicht erfor­der- lich. Es genügt — wie schon aus­ge­führt — bereits der „böse Schein“.

Die (begrün­de­te) Besorg­nis der Befan­gen­heit kann sich aus einer beson­de­ren per­sön­li­chen Bezie­hung erge- ben; Bekannt­schaft, beruf­li­che oder fach­li­che Zusam- men­ar­beit oder auch ein kol­le­gia­les Ver­hält­nis rei­chen für sich allein nicht aus, um die Unpar­tei­lich­keit in Zwei- fel zu ziehen157. Dem­entspre­chend kann etwa allein die Zuge­hö­rig­keit zu ein und der­sel­ben Dienst­stel­le die Be- sorg­nis der Befan­gen­heit nicht begrün­den. Auch gele- gent­li­che pri­va­te Kon­tak­te sind inso­weit unschädlich.158 In die­sem Sin­ne gilt für aka­de­mi­sche Beru­fungs­ver­fah- ren, dass nicht jede Form von wis­sen­schaft­li­cher Zusam- men­ar­beit oder jede (frü­he­re) beruf­li­che oder aka­de­mi- sche Ver­bun­den­heit eines Mit­glieds der Beru­fungs­kom- mis­si­on mit einem Bewer­ber gleich­sam auto­ma­tisch die Annah­me der Befan­gen­heit begrün­det, weil ein gewis­ser wis­sen­schaft­li­cher oder beruf­li­cher Kon­takt im wis­sen- schaft­li­chen und uni­ver­si­tä­ren Bereich üblich ist.159 Et- was ande­res kann aber dann gel­ten, wenn sich aus dem beruf­li­chen bzw. fach­li­chen Zusam­men­wir­ken eine be- son­de­re kol­le­gia­le Nähe, ein beson­de­res kol­le­gia­les Nä- hever­hält­nis ent­wi­ckelt hat.160 Umge­kehrt ver­mag auch eine per­sön­li­che Abnei­gung oder gar Feind­schaft nach den Umstän­den des Ein­zel­falls eine Besorg­nis der Befan- gen­heit zu recht­fer­ti­gen, sofern sie sich in nach­prüf­ba- ren Tat­sa­chen mani­fes­tiert hat.161 Ent­schei­dend sind letzt­lich immer die Umstän­de des kon­kre­ten Ein­zel­falls, d. h. es ist danach zu fra­gen, ob in der Per­son des betref- fen­den Kom­mis­si­ons­mit­glieds indi­vi­du­el­le Grün­de vor- lie­gen, die sei­ne Mit­wir­kung hin­sicht­lich eines Bewer- bers angreif­bar machen.162

Die Ent­schei­dung der Beru­fungs­kom­mis­si­on ist rechts­wid­rig, wenn gegen die Regeln der Befan­gen­heit ver­sto­ßen wird, wenn also ein Mit­glied mit­wirkt, ob- gleich inso­weit die Besorg­nis der Befan­gen­heit besteht.

156 VGH Mün­chen 1.2.2022, 3CE 22.19 unter Ver­weis auf Stein­küh­ler, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG Kom­men­tar, 2. Aufl. 2019, § 21 Rn. 45, 55; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 24. Aufl. 2023, § 21 Rn. 25b f.

157 Kopp/Ramsauer, VwVfG, 24. Aufl. 2023, § 21 Rn. 17.
158 OVG Greifs­wald, Beschl. v. 21.4.2010, 2 M 14/10, Rn. 26 – juris. 159 Vgl. OVG Ham­burg, Beschl. v. 8.7.2005, 1 Bs 89/05, Rn. 16 – juris. 160 OVG Greifs­wald, Beschl. v. 21.4.2010, 2 M 14/10, Rn. 26 – juris;

OVG Lüne­burg, Beschl. v. 28.6.2021, 5 ME 50/21, Rn. 32 – juris;

Kopp/Ramsauer, VwVfG, 24. Aufl. 2023, § 21 Rn. 17.
161 Kopp/Ramsauer, VwVfG, 24. Aufl. 2023, § 21 Rn. 17.
162 OVG Ham­burg, Beschl. v. 9.10.1998, 1 Bs 214/98, Rn. 3 – juris und

Beschl. v. 8.6.2005 — 1 Bs 89/05, Rn. 16 – juris; OVG Lüne­burg, Beschl. v. 28.6.2021, 5 ME 50/21, Rn. 32 – juris.

Neukirchen/Breder/Hornfischer · Rechts­schutz Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruch 2 6 9

Die Befan­gen­heit kann sich auch aus einem mit Schär­fe aus­ge­tra­ge­nen wis­sen­schaft­li­chen Dis­put in sozia­len Medi­en nebst der Andro­hung recht­li­cher Schrit­te erge- ben.163 Dar­aus ergibt sich der Anschein, dass der Betrof- fene in einem Beru­fungs­ver­fah­ren nicht unpar­tei­isch, unvor­ein­ge­nom­men oder unbe­fan­gen ent­schei­den wer- de. Maß­stab ist dabei weder die Fra­ge, ob das betref­fen- de Mit­glied der Beru­fungs­kom­mis­si­on tat­säch­lich be- fan­gen gewe­sen ist und zum Bei­spiel der Bei­gela­de­nen Erst­plat­zier­ten Vor­tei­le im Beru­fungs­ver­fah­ren ver- schafft hat oder nicht; die rei­ne Besorg­nis der Befan­gen- heit gegen­über dem Antrag­stel­ler ist ausreichend.164

Die Mit­wir­kung eines befan­ge­nen Mit­glieds der Be- rufungs­kom­mis­si­on hat dann die Feh­ler­haf­tig­keit aller Ent­schei­dun­gen der Beru­fungs­kom­mis­si­on zur Fol­ge, weil das Mit­glied der Beru­fungs­kom­mis­si­on dies pflicht- wid­rig nicht mit­ge­teilt hat und sein Aus­schluss rechts- wid­rig unter­blie­ben ist. Der Man­gel kann unter Umstän- den spä­ter im Ver­fah­ren geheilt wer­den, z.B. durch den Aus­tausch und die Wie­der­ho­lung ver­schie­de­ner Ver­fah- rens­schrit­te. Eine Unbe­acht­lich­keit im Sin­ne von § 46 VwVfG oder ent­spre­chen­der lan­des­recht­li­cher Nor- men greift jedoch expli­zit nicht, weil sich nicht ver­läss- lich ein­schät­zen lässt, ob und wie sich die Mit­wir­kung des befan­ge­nen und betei­lig­ten Aus­schuss­mit­glieds auf die Ergeb­nis­fin­dung im Kol­le­gi­al­or­gan aus­ge­wirkt hat. Es ist viel­mehr offen, zu wel­chem Ergeb­nis die Beru- fungs­kom­mis­si­on ohne das befan­ge­ne Mit­glied und ggf. mit einem Ersatz­mit­glied gekom­men wäre. Dies gilt ins- beson­de­re für den Vor­sit­zen­den der Beru­fungs­kom­mis- sion.165 Bei einem sol­chen Man­gel im Aus­wahl­ver­fah­ren erscheint es daher ernst­haft mög­lich, dass der Antrag- stel­ler bei rechts­feh­ler­frei­em Ver­lauf des Beru­fungs­ver- fah­rens bei der Antrags­geg­ne­rin zu ernen­nen wäre.166

Wenn die Beru­fungs­kom­mis­si­on unter Berück­sich­ti- gung die­ser Grund­sät­ze ein Mit­glied wegen der Besorg- nis der Befan­gen­heit im Beschluss­we­ge von der wei­te­ren Mit­wir­kung hät­te aus­schlie­ßen müs­sen, ist die Beru- fungs­kom­mis­si­on feh­ler­haft besetzt. Die­ser Ver­fah­rens- feh­ler hat auch die Feh­ler­haf­tig­keit der Aus­wahl­ent- schei­dung zur Folge.167 Damit bestün­de ein Anspruch auf Erlass einer einst­wei­li­gen Anord­nung. Entsprechen-

  1. 163  VG Müns­ter, Beschl. v. 24.8.2022, 5 L 414/22, Rn. 5 ff.
  2. 164  VG Müns­ter, Beschl. v. 24.8.2022, 5 L 414/22, Rn. 20 ff.
  3. 165  VG Müns­ter, Beschl. v. 24.8.2022, 5 L 414/22, Rn. 20 ff.
  4. 166  VG Müns­ter, Beschl. v. 24.8.2022, 5 L 414/22, Rn. 20 ff unter­Ver­weis auf das Erfor­der­nis der Mög­lich­keit der Aus­wahl nach der Rspr. des BVerfG, Beschl. v. 16.12.2015, 2 BvR 1958/13, Rn. 57 – juris; OVG Müns­ter, Beschlüs­se v. 17.4.2018 — 1 B 189/18, Rn. 15 ff. – juris, und vom 22.7.2019 — 6 B 708/19, Rn. 18 – juris.
  5. 167  OVG Lüne­burg Beschl. v. 10.6.2022, 5 ME 4/22.

des gilt, wenn die Beru­fungs­kom­mis­si­on ein Mit­glied von der Mit­wir­kung wegen einer feh­ler­haft ange­nom- menen Besorg­nis der Befan­gen­heit aus­schließt, etwa weil sie ein kol­le­gia­les Ver­hält­nis des Mit­glieds zum*zur Bewerber*in überbewertet.

Selbst wenn die Ent­schei­dung, dass der*die Antragsteller*in nicht lis­ten­fä­hig sei, ein­stim­mig getrof- fen wur­de kann nicht aus­ge­schlos­sen wer­den, dass eine von der Mit­wir­kung aus­ge­schlos­se­ne Per­son schon durch ihre Teil­nah­me an der Bera­tung Ein­fluss auf die ande­ren Organ­mit­glie­der aus­übt und die­se zu einem be- stimm­ten Abstim­mungs­ver­hal­ten veranlasst.168

Der*die Antragsteller*in kann in einem sol­chen Fall daher bean­spru­chen, dass über seine*ihre Bewer­bung erneut rechts­feh­ler­frei ent­schie­den wird.

Dem ent­spre­chen­den Anord­nungs­an­spruch steht nur dann eine feh­len­de Erfolgs­aus­sicht ent­ge­gen, wenn bei einer erneu­ten Aus­wahl­ent­schei­dung die Aus­wahl des*der unter­le­ge­nen Bewerbers*in voll­kom­men aus­ge- schlos­sen erscheint.169
Eine ent­spre­chen­de Rüge ist jedoch aus­ge­schlos­sen, wenn der*die Antragsteller*in die ihm*ihr oblie­gen­den Mit­wir­kungs­pflich­ten im Ver­wal­tungs­ver­fah­ren ver­letzt hat, indem er*sie einen ihm*ihr bekann­ten Ableh­nungs- grund z.B. die Befan­gen­heit eines Mit­glieds der Beru- fungs­kom­mis­si­on nicht unver­züg­lich, d.h. ohne schuld- haf­tes Zögern vor der Ver­wal­tungs­ent­schei­dung oder einer bestimm­ten Ver­fah­rens­hand­lung gerügt hat. Dies ist in den ver­wal­tungs­ver­fah­rens­recht­li­chen Bestim- mun­gen der Län­der nor­miert und wird von der Recht- spre­chung mit Ver­weis auf § 71 Abs. 3 Satz 3 VwVfG bzw. sei­nen lan­des­recht­li­chen Parallelvorschriften170 daher abgelehnt.171 Es ist aller­dings strei­tig, ob § 71 Abs. 3 Satz 3 VwVfG und sei­ne lan­des­recht­li­chen Ent­spre­chun­gen auch eine mate­ri­el­le Prä­k­lu­si­on im Pro­zess bewir­ken. Im Schrift­tum wird von beacht­li­chen Stim­men die Auf­fas- sung ver­tre­ten, ein Ver­stoß gegen §§ 20, 21 VwVfG und die lan­des­recht­li­chen Par­al­lel­be­stim­mun­gen sei­en vom Ver­wal­tungs­ge­richt ggf. auch von Amts wegen zu berücksichtigen.172

Der Bewer­ber ist jedoch immer gehal­ten, einen ihm bekann­ten Ableh­nungs­grund unver­züg­lich, d.h. ohne

168 OVG Müns­ter, Beschl. v. 26.5.2014, 19 B 203/14, Rn. 31 – juris.
169 OVG Lüne­burg, Beschl. v. 10.6.2022, 5 ME 4/22.
170 Mit Ver­weis auf Schmitz, in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl.

2018, § 21 Rn. 6, 15 m.w.N., dem wider­spricht jedoch Sachs/Kamp,

in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 71 Rn. 32. 171 BVerwG, Urt. v. 2.7.1992, 5 C 51.90, VGH Mün­chen, Beschl. v.

1.2.22, 3 CE 22.19, Rn. 5 bzgl. Befan­gen­heit.
172 Vgl. etwa Sachs/Kamp, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl.

2023, § 71 Rn. 32; Rei­mer, in: Schoch/Schneider, Ver­wal­tungs­recht, 4. EL Novem­ber 2023, § 71 VwVfG Rn. 28.

270 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 4 (2024), 251–282

schuld­haf­tes Zögern zu rügen; die­ser all­ge­mei­ne Ver­fah- rens­grund­satz gilt unab­hän­gig davon, ob die Rege­lung des jewei­li­gen Lan­des­ver­wal­tungs­ver­fah­rens­rechts für hoch­schul­recht­li­che Beru­fungs­ver­fah­ren direkt anwend- bar ist173 oder nicht.174 Die­se Rüge­o­b­lie­gen­heit ent­spricht dem aus dem Prü­fungs­recht bekann­ten Grund­satz, dass sich der*die Betref­fen­de nicht in Wider­spruch zu seinem*ihren eige­nen Ver­hal­ten set­zen darf. Ins­be­son- dere ist es treu­wid­rig, einen erkann­ten Ver­fah­rens­feh­ler zunächst hin­zu­neh­men, um ihn anschlie­ßend nur dann gel­tend zu machen, wenn das Ergeb­nis des Ver­fah­rens dem*der Betref­fen­den missfällt.175

Im Übri­gen muss die Besorg­nis über die Vor­ein­ge- nom­men­heit der Beru­fungs­kom­mis­si­ons­mit­glie­der je- den­falls im zeit­li­chen Zusam­men­hang mit der Beru- fungs­ver­an­stal­tung ste­hen und darf nicht erst über ein Jahr spä­ter im gericht­li­chen Ver­fah­ren zu Tage treten.176 Denn in die­sem Fall scheint es als aus­ge­schlos­sen, dass sich die Besorg­nis der Befan­gen­heit auf das weit ver­gan- gene Ver­fah­rens­er­geb­nis aus­ge­wirkt hat.

b) Juni­or­profs mit Ten­ure Track

Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Koblenz hat mit Beschluss vom 3. März 2022177 ent­schie­den, dass ein zum Juni­or- pro­fes­sor mit Ten­ure-Track-Opti­on ernann­ter Bewer­ber gegen­über der Hoch­schu­le einen Anspruch auf Aus- schrei­bungs­ver­zicht für die (spä­te­re) Lebens­zeit­pro­fes- sur erwer­be und inso­weit „kon­kur­renz­los“ gestellt sei, sofern er für die vor­han­de­ne Stel­le nach­weis­lich geeig­net sei.178 Das Ten­ure-Eva­lu­ie­rungs­ver­fah­ren stel­le ein beson­ders aus­ge­stal­te­tes Beru­fungs­ver­fah­ren dar.

Der Juni­or­pro­fes­sor habe zwar einen Anspruch auf die Durch­füh­rung eines for­mell und mate­ri­ell recht­mä- ßigen Eva­lu­ie­rungs­ver­fah­rens, auf des­sen Grund­la­ge die Hoch­schu­le ermes­sens- und beur­tei­lungs­feh­ler­frei über die Bewer­bung ent­schei­den müs­se. Ein dar­über­hin­aus- gehen­der Anspruch bestehe jedoch nicht.179

  1. 173  So für das jewei­li­ge Lan­des­recht aus­drück­lich VGH Mün­chen, Beschl. v. 1.2.2022, 3 CE 22.19, Rn. 5 – juris; OVG Koblenz, Beschl. v. 28.9.2007, 2 B 10825/07, Rn. 11 – juris.
  2. 174  offen gelas­sen von OVG Greifs­wald, Beschl. v. 21.4.2010, 2 M 14/10, Rn. 21, 31 f. – juris.
  3. 175  Vgl. nur Jere­mi­as, in: Fischer/Jeremias/Dietrich, Prü­fungs­recht, 8. Aufl. 2022, Rn. 216 m.w.N.
  4. 176  VGH Mann­heim, Beschl. v. 27.7.2022, 4 S 713/22.
  5. 177  OVG Koblenz, Beschl. v. 3.3.2022, 2 B 10062/22.
  6. 178  OVG Koblenz, Beschl. v. 3.3.2022, 2 B 10062/22, sie­he Leitsatz.
  7. 179  Auch unter Ver­weis auf ver­glei­che Ober­ver­wal­tungs­ge­rich­teOVG Müns­ter, Beschl. v. 24.6.2019, 6 B 401/19 und BVerfG,Beschl. 12.7.2011, 1 BvR 1616/11.
  8. 180  OVG Koblenz Beschl. vom 3.3.2022, 2 B 10062/22, auch unter­Ver­weis auf VGH Mün­chen, Beschl. v. 25.10.2021, 7 CE 21.2503,

Ein Anord­nungs­grund kann dann glaub­haft gemacht wer­den, wenn in einem lang andau­ern­den und ggf. sogar schon ein­mal unter­bro­che­nen Eva­lu­ie­rungs- und Beru- fungs­ver­fah­rens die Gefahr besteht, dass das Recht des Antrag­stel­lers auf Erhalt der Kon­kur­renz­frei­heit ver­ei­telt wer­den könnte.180

Ein Anord­nungs­an­spruch kann jedoch nur dann glaub­haft gemacht wer­den, wenn der Anspruch auf Durch­füh­rung eines for­mell und mate­ri­ell recht­mä­ßi­gen Eva­lu­ie­rungs­ver­fah­rens ver­letzt wur­de. Das Ten­ure Track-Ver­fah­ren ist ein spe­zi­el­les hoch­schul­be­am­ten- recht­li­ches „Ver­fah­ren zur Anstel­lung“, dass die recht­lich garan­tier­te Chan­ce beinhal­tet, nach einer befris­te­ten Be- wäh­rungs­zeit eine Lebens­zeit­pro­fes­sur zu erhal­ten. Der zunächst zum Juni­or­pro­fes­sor ernann­te Bewer­ber er- wirbt daher gegen­über der Hoch­schu­le zunächst einen „Anspruch auf Aus­schrei­bungs-Ver­zicht“ für die Le- bens­zeit­pro­fes­sur und damit das Recht das Beru­fungs- ver­fah­ren (Abschlus­seva­lua­ti­on) ohne unmit­tel­ba­re Kon­kur­renz zu durchlaufen.181

Die Ten­ure-Eva­lu­ie­rung stellt somit ein „wis­sen- schafts­ad­äqua­tes Äqui­va­lent zu einem Beru­fungs­ver­fah- ren“ dar. Sie ver­mit­telt aber eben nicht mehr als den An- spruch auf die Durch­füh­rung eines for­mell und mate­ri- ell recht­mä­ßi­gen Eva­lu­ie­rungs­ver­fah­rens, auf des­sen Grund­la­ge die Hoch­schu­le ermes­sens- und beur­tei- lungs­feh­ler­frei über die Bewer­bung ent­schei­den muss.182

Hier­aus ergibt sich zugleich, dass die Hoch­schu­le das Bewer­bungs­ver­fah­ren abbre­chen kann, wenn sich der im Ten­ure Track-Ver­fah­ren ein­zi­ge Bewer­ber im Rah- men des Eva­lu­ie­rungs­ver­fah­rens als unge­eig­net für die ange­streb­te Plan­stel­le erweist.183 Dies­be­züg­lich ist die ver­wal­tungs­ge­richt­li­che Kon­troll­dich­te zurück­ge­nom- men, da der Hoch­schu­le ver­fas­sungs­recht­lich eine ge- schütz­te Beur­tei­lungs­kom­pe­tenz über die Qua­li­fi­ka­ti­on eines Bewer­bers für eine Hoch­schul­leh­rer­stel­le zusteht. Die Aus­wahl­ent­schei­dung kann dem­entspre­chend ge-

Rn. 10 – juris.
181 OVG Koblenz Beschl. v. 3.3.2022, 2 B 10062/22, auch unter

Ver­weis auf Her­kom­mer, WissR 40, 2007, 36, (53); Hart­mer, in: Hartmer/Detmer, Hoch­schul­recht, 4. Aufl. 2022, Kap. 5 Rn. 122. Zur Fra­ge, ob dies eine Dis­kri­mi­nie­rung ande­rer (habi­li­tier­ter) Bewer­ber dar­stellt, und hin­sicht­lich ver­fas­sungs­recht­li­chen Zwei- fel an einer sol­chen Pra­xis sie­he Her­kom­mer, WissR 40, 2007, S. 36, 59 ff.; Neu­häu­ser, WissR 45, 2012, S. 248, 271; Hart­mann, DÖV 2020, 137 ff.; Det­mer, in: Hartmer/Detmer, Hoch­schul­recht, 4. Aufl. 2022, Kap. 4 Rn. 91.

182 OVG Koblenz, Beschl. v. 3.3.2022, 2 B 10062/22.
183 Auch unter Ver­weis auf BVerwG, Urt. v. 26.1.2012, 2 A 7.09, Rn.

27 – juris; OVG Müns­ter, Beschl. v. 24.6.2019, 6 B 401/19, Rn. 7 – juris m.w.N.

Neukirchen/Breder/Hornfischer · Rechts­schutz Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruch 2 7 1

richt­lich nur dar­auf­hin über­prüft wer­den, ob sie ver­fah- rens­feh­ler­frei zustan­de gekom­men und ob der Beur­tei- lungs­spiel­raum über­schrit­ten wor­den ist.

In der erwähn­ten Ent­schei­dung wur­de die gerüg­te Befan­gen­heit als nicht belegt erach­tet. Auch auf die feh- len­de Betei­li­gung der Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­ten des Fach­be­reichs, und deren nicht ord­nungs­ge­mä­ße Betei­li- gung konn­te der Antrag­stel­ler sich nicht mit Erfolg be- rufen, da die­se das Ver­fah­ren nicht bean­stan­det hat­te. Eben­so wenig wur­de vom Gericht bean­stan­det, dass die Doku­men­ta­ti­on der Lehr­pro­be und des Gespräch mit der Kom­mis­si­on nicht voll­stän­dig sei, da eine recht­li­che Pflicht zur nahe­zu lücken­lo­sen Pro­to­kol­lie­rung die­ser ein­zel­nen Prü­fungs­tei­le nicht bestehe.184 Hin­sicht­lich der inhalt­li­chen Kri­tik an der kri­ti­schen Wer­tung der Leis- tun­gen und Publi­ka­tio­nen ver­wies das Gericht auf den wei­ten Beur­tei­lungs­spiel­raum der Hoch­schu­le und dass sich die ver­wal­tungs­ge­richt­li­che Kon­trol­le dar­auf be- schrän­ke, ob der Beur­tei­lungs­spiel­raum über­schrit­ten wor­den sei, etwa weil die Ent­schei­dung ersicht­lich auf der Ver­ken­nung von Tat­sa­chen oder auf sach­frem­den Erwä­gun­gen beruhe.

c) Ten­ure Track

Das Ten­ure-Track-Ver­fah­ren ist mit beam­ten- und hoch­schul­recht­li­chen Beson­der­hei­ten ver­bun­den, die regel­mä­ßig im LHG ange­legt und in der Grund­ord­nung oder Beru­fungs­ord­nung oder spe­zi­el­len Ten­ure-Track- Ord­nung der Hoch­schu­le recht­lich nor­miert sind. Die Ten­ure-Track-Pro­fes­sur beginnt regel­mä­ßig in der Besol­dungs­grup­pe W2 und in einem Beam­ten­ver­hält­nis auf Zeit i.d.R. für die Dau­er von sechs Jah­ren. Nach der Recht­spre­chung des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs Baden- Würt­tem­berg kann im Beru­fungs­ver­fah­ren auf eine als Ten­ure-Track-Juni­or­pro­fes­sur aus­ge­schrie­be­ne Stel­le ohne Ver­stoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG ein habi­li­tier­ter Pri­vat­do­zent aus­ge­schlos­sen wer­den, wenn und weil er auf­grund sei­ner Qua­li­fi­ka­ti­on ohne Wei­te­res für eine W3-Pro­fes­sur beru­fungs­fä­hig und in einem Ten­ure- Track-Ver­fah­ren damit nicht (mehr) för­der­fä­hig ist.185

Bei erfolg­rei­chem Ver­lauf durch­lau­fen die Ten­ure- Pro­fes­su­ren vor Ablauf der sechs Jah­re in einem geson- der­ten Ver­fah­ren und ohne Aus­schrei­bung und unmit- tel­ba­re Kon­kur­renz ein Beru­fungs­ver­fah­ren auf eine Pro­fes­sur der Besol­dungs­grup­pe W3. Es han­delt sich

  1. 184  OVG Koblenz, Beschl. v. 3.3.2022, 2 B 10062/22.
  2. 185  VGH Mann­heim, Beschl. v. 7.7.2021, 4 S 1541/21, Rn. 7 – juris; vgl.auch Saigner/Schneider, WissR 55, 2022, 141 ff.
  3. 186  Gestützt wur­de die­se Ent­schei­dung auf das LHG, das BayHSchPG, die Ten­ure-Sat­zung und ent­spre­chen­de Ver­stö­ße, die zum

also um eine Ent­fris­tung ver­bun­den mit einem Kar­rie- reauf­stieg, der jedoch eine posi­ti­ve Ten­ure-Eva­lu­ie­rung vor­aus­setzt. Die Ent­schei­dung erfolgt in einem spe­ziel- len Eva­lu­ie­rungs­ver­fah­ren, das je nach Sat­zung mit ei- nem Selbst­be­richt beginnt und mit einer Ent­schei­dung der Hoch­schul­lei­tung nach Anhö­rung des*r Antragsteller*in endet. Im Fal­le einer nega­ti­ven Ten­ure- Eva­lu­ie­rung endet das Beam­ten­ver­hält­nis und die Pro- fes­sur auf Zeit, sofern nicht eine Anschluss­be­schäf­ti­gung gewährt wird.

Als Rechts­mit­tel kann bei nega­ti­ver Ent­schei­dung zunächst Wider­spruch ein­ge­legt wer­den und gegen den Wider­spruchs­be­scheid Kla­ge vor dem VG erho­ben wer- den. Dann stellt sich die Fra­ge, wie sich dies auf die Be- schäf­ti­gung und den aka­de­mi­schen Titel auswirkt.

In einem baye­ri­schen Fall hat das VG Mün­chen auf Antrag der Hoch­schul­leh­re­rin die Hoch­schu­le im Wege der einst­wei­li­gen Anord­nung nach § 123 Abs. 1 VwGO ver­pflich­tet, die Pro­fes­so­rin unter Bei­be­hal­tung ihres Rechts, den Titel „Pro­fes­so­rin“ zu füh­ren, wei­ter im An- gestell­ten­ver­hält­nis der Besol­dungs­grup­pe W2 zu be- schäf­ti­gen, bis die Wie­der­ho­lung der Ten­ure-Eva­lu­ie- rung erfolgt ist, jeden­falls aber bis zum Abschluss des ver­wal­tungs­ge­richt­li­chen Verfahrens.186 Der VGH Mün- chen ent­schied jedoch über­zeu­gend anders und ver­nein- te einen Anspruch auf Wei­ter­be­schäf­ti­gung, da zur Si- che­rung des Anspruchs auf erneu­te Durch­füh­rung des Ten­ure Ver­fah­rens eine Wei­ter­be­schäf­ti­gung weder er- for­der­lich sei, weil die Leis­tung außer­halb der Ten­ure Zeit nicht zu berück­sich­ti­gen sei, noch sei sie beam­ten- recht­lich zulässig.187

Erfolg­reich kann sich ein Antrag­stel­ler daher nur ge- gen Ver­fah­rens­feh­ler und gegen eine erneu­te und offe­ne Aus­schrei­bung der eige­nen Stel­le weh­ren. Droht die Be- set­zung der vor­ge­se­he­nen Stel­le durch eine ander­wei­ti­ge Bewer­be­rin ist ein Antrag auf einst­wei­li­gen Rechts­schutz gerecht­fer­tigt, bis sicher­ge­stellt ist, dass der Anspruch auf Durch­füh­rung eines for­mell und mate­ri­ell recht­mä- ßigen Eva­lu­ie­rungs­ver­fah­rens gesi­chert ist. Ist der An- trag sol­cher­ma­ßen zuläs­sig und begrün­det, muss das Ver­wal­tungs­ge­richt die Hoch­schu­le ver­pflich­ten, sicher- zustel­len, dass für den Antrag­stel­ler eine haus­halts­recht- liche Plan­stel­le zur Ver­fü­gung steht, um dar­auf gege­be- nen­falls die begehr­te W3-Pro­fes­sur füh­ren zu können.188

Erfolg in der Haupt­sa­che führ­ten, vgl. VG Mün­chen, Beschl. v. 16.9.2021, M 3 E 21.4116 – juris.

187 VGH Mün­chen, Beschl. v. 25.10.2021, 7 CE 21.2503 – juris. 188 VGH Mün­chen, Beschl. v. 25.10.2021, 7 CE 21.2503 – juris.

272 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 4 (2024), 251–282

d) Zu hohe For­de­run­gen bei den Beru­fungs­ver­hand­lun- gen: Grund für Abbruch?

Es stellt sich die Fra­ge, ob „über­zo­ge­ne“ For­de­run­gen des zu Beru­fen­den in der Beru­fungs­ver­hand­lung eine Recht­fer­ti­gung dafür sind, mit dem Nächst­plat­zier­ten zu ver­han­deln und die­sen zu berufen.

Bei einer im Jahr 2020 aus­ge­schrie­be­nen, unbe­fris­te- ten Pro­fes­sur mit der Besol­dung nach W 2 wur­de in ei- nem Bewer­bungs­ver­fah­ren eine Bewer­be­rin auf Platz 1 des Beru­fungs­vor­schlags gesetzt und eine wei­te­re Be- wer­be­rin auf Platz 2. Nach Betei­li­gung der Gre­mi­en er- teil­te der Rek­tor der Erst­plat­zier­ten mit Schrei­ben vom 1. Juli 2021 den Ruf. In den fol­gen­den Beru­fungs­ver­hand- lun­gen kam es zu einem Dis­sens ins­be­son­de­re bezüg­lich der Aus­stat­tung und Besol­dung. In der Fol­ge brach der Rek­tor daher die Beru­fungs­ver­hand­lung „aus sach­li­chen Grün­den“ ab und infor­mier­te die Antrag­stel­le­rin in der Fol­ge, dass das Beru­fungs­ver­fah­ren mit einer Rufer­tei- lung und Ein­la­dung zu einer Beru­fungs­ver­hand­lung an die wei­te­re Plat­zier­te fort­ge­setzt wer­de. Den Antrag der Antrag­stel­le­rin auf Eil­rechts­schutz lehn­te das Ver­wal- tungsgericht189 ab. Der Rek­tor habe die Beru­fungs­ver- hand­lung rechts­wirk­sam abge­bro­chen, da die Antrag- stel­le­rin bei der Beru­fungs­ver­hand­lung und in der Fol- gezeit auf ihren For­de­run­gen beharrt habe und dies ei- nen hin­rei­chen­den sach­li­chen Grund für den Abbruch der Beru­fungs­ver­hand­lung darstelle.190 Das OVG Baut- zen gab der Beschwer­de der Antrag­stel­le­rin jedoch statt,191 da der Rek­tor die Vor­schrif­ten der Beru­fungs­ord- nung nicht ein­ge­hal­ten habe, son­dern unter deren Miss- ach­tung kein Pro­to­koll der Beru­fungs­ver­hand­lun­gen mit Frist­set­zung zur Rück­äu­ße­rung an die Erst­plat­zier­te gesandt und ohne erneu­te Anhö­rung des Senats der Zweit­plat­zier­ten den Ruf erteilt habe. Durch die­se Vor- schrift wer­de aber aus­ge­schlos­sen, dass die von der Be- rufungs­kom­mis­si­on und den wei­te­ren betei­lig­ten Gre- mien getrof­fe­ne Aus­wahl­ent­schei­dung nach­träg­lich (durch den Rek­tor) geän­dert wer­de. Bei Dis­sens (bzgl. der Aus­stat­tung und Besol­dung) müs­se die Hoch­schu­le auf­grund der Beru­fungs­ord­nung die Beru­fungs­ver­hand- lung ord­nungs­ge­mäß been­den, indem die Hoch­schu­le der Erst­plat­zier­ten, mit der ver­han­delt wur­de, ein ab- schlie­ßen­des Ange­bot unter­brei­te, das die­se anneh­men oder ableh­nen kön­ne. Da die Abbruch­ent­schei­dung den Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruch der Antrag­stel­le­rin ver-

189 VG Chem­nitz, Beschl. v. 21.12.2021, 3 L 513/21, n.v.
190 Eben­da.
191 OVG Baut­zen, Beschl. v. 18.3.2022, 2 B 20/22 – juris.
192 OVG Baut­zen, Beschl. v. 22.3.2023, 2 B 22/23 – juris unter Verweis

auf BVerwG, Urt. v. 3.12.2014, 2 A 3.13, Rn. 22 ff. – juris; OVG

letzt habe, war dem Antrag auf Erlass einer einst­wei­li­gen Anord­nung in der Beschwer­de stattzugeben.

e) Rechts­wid­rig­keit des Abbruchs des Verfahrens

Ein rechts­wid­ri­ger Abbruch des Aus­wahl­ver­fah­rens ver- letzt den grund­rechts­glei­chen Bewer­bungs­ver­fah­rens- anspruch. Die Bewer­ber kön­nen daher bereits die­se Maß­nah­me, obwohl sie nur vor­be­rei­ten­den Cha­rak­ter besitzt, einer gericht­li­chen Kon­trol­le zufüh­ren. Effek­ti- ver Rechts­schutz (Art. 19 Abs. 4 GG) gegen den unbe- rech­tig­ten Abbruch eines Aus­wahl­ver­fah­rens kann nur im Wege des vor­läu­fi­gen Rechts­schut­zes erlangt wer­den. Der Bewer­ber begehrt die zeit­na­he Fort­füh­rung des begon­ne­nen Aus­wahl­ver­fah­rens mit dem bestehen­den Bewer­ber­kreis. Dies kann selbst im Erfolgs­fall durch eine Kla­ge in der Haupt­sa­che nicht erreicht werden.

Auch bei einem Abbruch des Ver­fah­rens kann das Gericht eine einst­wei­li­ge Anord­nung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO nur dann erlas­sen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Ver­än­de­rung des bes­te- hen­den Zustands die Ver­wirk­li­chung eines Rechts des Antrag­stel­lers ver­ei­telt oder wesent­lich erschwert wer- den könn­te. Dies setzt einen Anord­nungs­an­spruch und die Not­wen­dig­keit einer vor­läu­fi­gen Rege­lung (Anord- nungs­grund) vor­aus, die glaub­haft zu machen sind.

Der Anord­nungs­grund kann bei einem Abbruch des Beru­fungs­ver­fah­rens nur glaub­haft gemacht wer­den, wenn im Inter­es­se der Rechts­si­cher­heit umge­hend zu klä­ren ist, ob die betref­fen­de Stel­le nicht doch in dem von der Antrags­geg­ne­rin abge­bro­che­nen Aus­wahl­ver- fah­ren zu ver­ge­ben ist.192 Dabei ergibt sich die Dring­lich- keit der gericht­li­chen Ent­schei­dung aus dem Inhalt des Rechts­schutz­be­geh­rens selbst, das auf eine sofor­ti­ge Ver- pflich­tung des Dienst­herrn gerich­tet ist und bereits aus struk­tu­rel­len Grün­den nur im Wege des Eil­rechts­schut- zes ver­wirk­licht wer­den kann.193 Ein Anord­nungs­an- spruch kann sich allein aus einer Ver­let­zung des dem Antrag­stel­ler zuste­hen­den Bewer­bungs­ver­fah­ren­san- spruchs aus Art. 33 Abs. 2 GG erge­ben. Auf­grund des der Hoch­schu­le ver­fas­sungs­recht­lich zuste­hen­den Beur­tei- lungs­kom­pe­tenz über die Qua­li­fi­ka­ti­on eines*einer Bewerber*in für eine Hochschullehrerstelle194 kann die Aus­wahl­ent­schei­dung gericht­lich nur dar­auf­hin über- prüft wer­den, ob sie ver­fah­rens­feh­ler­frei zustan­de ge- kom­men und ob der Beur­tei­lungs­spiel­raum über­schrit- ten wor­den ist, etwa weil die Ent­schei­dung ersichtlich

Baut­zen, Beschl. v. 29.5.2020 — 2 B 97/20, Rn. 9 – juris.
193 VG Gel­sen­kir­chen, Beschl. v. 23.06.2022, 12 L 237/22, Rn. 14 ff.

– juris.Vgl. BVerwG, Urt. v. 3.12.2014, 2 A 3/13, Rn. 22 f. – juris;

OVG Müns­ter, Beschl. v. 12.7.2018,1 B 1160/17, Rn. 50 – juris. 194 BVerwG, Urt. v. 9.5.1985, 2 C 16.83 – juris.

Neukirchen/Breder/Hornfischer · Rechts­schutz Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruch 2 7 3

auf der Ver­ken­nung von Tat­sa­chen oder auf sach­frem- den Erwä­gun­gen beruht.195
Nach der vom BVerfG gebil­lig­ten Recht­spre­chung des BVerwG kommt dem Dienst­herrn hin­sicht­lich der Been- digung eines ein­ge­lei­te­ten Bewer­bungs- und Aus­wahl- ver­fah­rens ein wei­tes orga­ni­sa­ti­ons- und ver­wal­tungs­po- liti­sches Ermes­sen zu.196 Der Abbruch des Beset­zungs- ver­fah­rens bedarf jedoch eines sach­li­chen Grun­des. Nach der Recht­spre­chung des BVerwG197 kann der Abbruch des Aus­wahl­ver­fah­rens in mate­ri­el­ler Hin­sicht sowohl aus der Orga­ni­sa­ti­ons­ge­walt des Dienst­herrn als auch aus Grün­den gerecht­fer­tigt wer­den, die aus Art. 33 Abs. 2 GG her­ge­lei­tet wer­den. Der Dienst­herr kann das Aus­wahl­ver­fah­ren abbre­chen, wenn es feh­ler- haft ist und nicht mehr zu einer ord­nungs­ge­mä­ßen Aus- wahl­ent­schei­dung füh­ren kann oder wenn eine erneu­te Aus­schrei­bung erfor­der­lich wird, um eine hin­rei­chen­de Anzahl leis­tungs­star­ker Bewer­ber zu erhal­ten. Genügt die Abbruch­ent­schei­dung die­sen Vor­ga­ben nicht, ist sie unwirk­sam und das in Gang gesetz­te Aus­wahl­ver­fah­ren ist fort­zu­füh­ren. Eine Abbruch und eine Neu­aus­schrei- bung dür­fen dann nicht erfolgen.198

In for­mel­ler Hin­sicht müs­sen die Bewer­ber vom Ab- bruch recht­zei­tig und in geeig­ne­ter Form Kennt­nis er- lan­gen; erfor­der­lich ist in der Regel die hin­rei­chen­de schrift­li­che Doku­men­ta­ti­on der Gründe.199 Wenn die Abbruch­ent­schei­dung dem Bewer­ber mit­ge­teilt wur­de und schrift­lich doku­men­tiert ist, sind die Grün­de mate- riell-recht­lich zu prüfen.

Sofern der Abbruch auf einem Beschluss der Beru- fungs­kom­mis­si­on basiert, weil die Beru­fungs­kom­mis­si- on alle Bewer­ber für unge­eig­net hält und auch die bes­ten Kan­di­da­ten von z.B. auch auf­grund exter­ner Gut­ach­ten nicht über die fach­li­che Brei­te und Pass­fä­hig­keit ver­fü- gen, um die aus­ge­schrie­be­ne Pro­fes­sur voll­um­fäng­lich in Leh­re und For­schung zu ver­tre­ten, sind die­se Grün­de mate­ri­ell-recht­lich ausreichend.

Nur wenn eine Ver­let­zung des Beur­tei­lungs­spiel- raums etwa durch sach­frem­de Erwä­gun­gen oder die Ver­ken­nung von Tat­sa­chen vor­liegt, ist die Abbruchent-

  1. 195  BVerwG, Urt. v. 20.10.2016, 2 C 30.15, Rn. 20 – juris m. w. N.
  2. 196  OVG Baut­zen, Beschl. v. 22.3.2023, 2 B 22/23, – juris unter­Ver­weis auf BVerwG, Urt. v. 22.7.1999, 2 C 14.98, Rn. 26 – juris;BVerfG, Beschl. v. 28.11.2011, 2 BvR 1181/11, Rn. 22 – juris.
  3. 197  BVerwG, Urt. v. 29.11.2012, 2 C 6.11, Rn. 18 – juris; Urt. v.3.12.2014, 2 A 3.13, Rn. 16 – juris; Beschl. v. 10.5.2016, 2 VR 2.15, –juris.
  4. 198  Vgl. BVerfG, Beschl. v. 28.11.2011, 2 BvR 1181/11, – juris
  5. 199  Vgl. BVerwG, Urt. v. 29.11.2012, 2 C 6.11, Rn. 19 – juris; Urt. v.3.12.2014, 2 A 3.13, Rn. 20 – juris.
  6. 200  OVG Baut­zen, Beschl. v. 22.3.2023, 2 B 22/23, – juris.

schei­dung mate­ri­ell-recht­lich angreifbar.200
Die recht­li­che Ein­ord­nung unter­schei­det sich je

nach­dem, ob die kon­kre­te Stel­le – auf der Grund­la­ge ei- nes neu­en Aus­wahl­ver­fah­rens – wei­ter besetzt wer­den soll oder nicht.201
Soll die kon­kre­te Stel­le nach dem Abbruch nicht mehr besetzt wer­den, ist der Dienst­herr, auch wenn er das Stel- len­be­set­zungs­ver­fah­ren bereits begon­nen hat­te, kei­nen stren­ge­ren­Bin­dun­gen­un­ter­wor­fen­als­bei­den­sons­ti­gen per­so­nal­wirt­schaft­li­chen Ent­schei­dun­gen. Eine sol­che Ent­schei­dung unter­fällt sei­nem wei­ten, dem Anwen- dungs­be­reich des Art. 33 Abs. 2 GG vor­ge­la­ger­ten Orga- nisa­ti­ons­er­mes­sen. Denn die Aus­schrei­bung begrün­det nicht das schutz­wür­di­ge Ver­trau­en der Betrof­fe­nen, dass sich der Dienst­herr mit der Aus­schrei­bung hin­sicht­lich sei­ner Orga­ni­sa­ti­ons­ge­walt unwi­der­ruf­lich bin­det. Da die Ent­schei­dung, einen bereits aus­ge­schrie­be­nen Dienst­pos­ten nicht mehr wie ursprüng­lich geplant beset- zen zu wol­len, der per­so­nal­wirt­schaft­li­chen Ein­schät- zung der Hoch­schu­le obliegt, ist die gericht­li­che Kont- rol­le inso­weit auf die Prü­fung beschränkt, ob sich die Ent­schei­dung als will­kür­lich oder rechts­miss­bräuch­lich erweist.203

Wenn der Dienst­herr unbe­scha­det der getrof­fe­nen Abbruch­ent­schei­dung die Stel­le aber wei­ter­hin ver­ge­ben will, und hier­für ein neu­es Aus­wahl­ver­fah­ren für erfor- der­lich hält, bleibt Art. 33 Abs. 2 GG Prü­fungs­maß­stab. Die Ent­schei­dung, das in Gang gesetz­te Aus­wahl­ver­fah- ren abzu­bre­chen, bezieht sich inso­fern nicht auf Zu- schnitt und Gestal­tung des Amtes, son­dern auf die orga- nisa­to­ri­sche Aus­ge­stal­tung sei­ner Ver­ga­be, die als we- sent­li­che Wei­chen­stel­lung für die nach­fol­gen­de Aus­wah- lent­schei­dung bereits selbst den Anfor­de­run­gen des Art. 33 Abs. 2 GG Rech­nung tra­gen muss. Des­we­gen bedarf es in einer sol­chen Fall­ge­stal­tung für die Abbruch- ent­schei­dung in mate­ri­el­ler Hin­sicht eines sach­li­chen Grun­des, der den Vor­ga­ben des Art. 33 Abs. 2 GG genügt.204

Unsach­lich sind Grün­de für einen Abbruch, die das Ziel ver­fol­gen, einen uner­wünsch­ten Kan­di­da­ten aus leis-

201 VG Gel­sen­kir­chen, Urt. v. 23.6.2022, 12 L 237/22, – juris.
202 VG Gel­sen­kir­chen, Urt. v. 23.6.2022, 12 L 237/22, Rn. 5 ff. – juris

unter Ver­weis auf BVerwG, Urt. v. 3.12.2014, 2 A 3.13, Rn. 26, 37 –

juris; OVG Müns­ter, Beschl. v. 26.4.2018, 6 B 355/28, Rn. 11 – juris. 203 VG Gel­sen­kir­chen, Urt. v. 23.06.2022, 12 L 237/22, Rn. 14 ff. –

juris.
204 VG Gel­sen­kir­chen, Urt. v. 23.06.2022, 12 L 237/22, Rn. 17 ff. – juris

unter Ver­weis auf BVerwG, Beschl. v. 10.5.2016, 2 VR 2.15, Rn. 16 ff.; OVG Müns­ter, Beschl. v. 14.6.2019, 1 B 346/19, Rn. 9 ff.; Beschl. vom 5.2.2021, 1 B 1256/20, Rn. 6 ff. sowie Beschl. v. 2.12.2020, 6 B 840/20, Rn. 9 ff.; jeweils juris.

274 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 4 (2024), 251–282

tungs­frem­den Erwä­gun­gen von der wei­te­ren Aus­wahl für die Stel­le aus­zu­schlie­ßen oder einen bestimm­ten Bewer­ber bei der spä­te­ren Aus­wahl­ent­schei­dung zu bevor­zu­gen. Der Dienst­herr kann das Aus­wahl­ver­fah­ren hin­ge­gen abbre­chen, wenn es feh­ler­haft ist und nicht mehr zu einer ord­nungs­ge­mä­ßen Aus­wahl­ent­schei­dung füh­ren kann, wenn eine erneu­te Aus­schrei­bung erfor- der­lich wird, um eine hin­rei­chen­de Anzahl leis­tungs- star­ker Bewer­ber zu erhal­ten, oder wenn kein Bewer­ber sei­nen Erwar­tun­gen ent­spricht bzw. er sämt­li­che Bewer- ber nach sach­ge­rech­ter Prü­fung für unzu­rei­chend gee­ig- net erachtet.205

f) Feh­len­de Pass­ge­nau­ig­keit und Aus­schluss aus dem wei­te­ren Ver­fah­ren bei der 1. Stufe

Wie bereits dar­ge­legt, hat sich auch die Aus­wahl­ent- schei­dung bei dem Sta­tus­amt eines Hoch­schul­pro­fes­sors nach den in Art. 33 Abs. 2 GG206 genann­ten Kri­te­ri­en der Eig­nung, Befä­hi­gung und fach­li­chen Leis­tung zu rich- ten.207

Aus dem Zusam­men­spiel der hoch­schul­recht­li­chen Bestim­mun­gen wird deut­lich, dass die Beru­fungs­kom- mis­si­on ihre Aus­wahl nach Maß­ga­be von fach­li­cher und per­sön­li­cher Eig­nung und Leis­tung der Bewer­ber, mit- hin nach dem Grund­satz der Besten­aus­le­se trifft. Ent- spre­chen­des gilt für die Ent­schei­dung des*der Rektors*in bei der Ruferteilung.

Die Ent­schei­dung, eine Bewer­bung bereits auf der ers­ten Stu­fe nicht wei­ter zu berück­sich­ti­gen, ist recht­lich nicht zu bean­stan­den, wenn die Beru­fungs­kom­mis­si­on im Rah­men ihrer ver­fas­sungs­recht­lich (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG) geschütz­ten Beur­tei­lungs­kom- petenz über die Qua­li­fi­ka­ti­on der Bewerber*innen208 ihre Ent­schei­dung getrof­fen hat und nach dem ein­ge- schränk­ten gericht­li­chen Prü­fungs­maß­stab kei­ne Feh­ler erken­nen lässt. Die von der Beru­fungs­kom­mis­si­on getrof­fe­ne Vor­auswahl lässt kei­ne Ver­fah­rens­feh­ler erken­nen, wenn die von dem*der Antragsteller*in ein­ge- reich­ten Bewer­bungs­un­ter­la­gen der Uni­ver­si­tät voll­stän- dig vor­lie­gen und den Mit­glie­dern der Beru­fungs­kom- mis­si­on voll­stän­dig zur Ein­sicht­nah­me zur Ver­fü­gung stan­den. Des­wei­te­ren ist auch erfor­der­lich, dass die Beru­fungs­kom­mis­si­on ihre Bewer­tung, hin­sicht­lich der

  1. 205  VG Gel­sen­kir­chen, Beschl. v. 23.06.2022, 12 L 237/22, Rn. 17 ff. unter Ver­weis auf OVG Müns­ter, Beschlüs­se vom 18.5.2022, 6 B 231/22, Rn. 36 f. und vom 22.9.2021, 6 B 583/21, Rn. 24 f.; jeweils juris, m.w.N.
  2. 206  Und ggf. eben­so in den kor­re­spon­die­ren­den Arti­keln der jeweili-

Aus­schrei­bungs­kri­te­ri­en wie zum Bei­spiel der fach­li- chen Pass­fä­hig­keit auf­grund einer aus­rei­chen­den Tat­sa- chen­grund­la­ge getrof­fen und die­se aus­rei­chend doku- men­tiert hat. Hin­sicht­lich der Doku­men­ta­ti­on reicht auch einen knap­pe Begrün­dung in stich­punkt­ar­ti­ger tabel­la­ri­scher Form,209 solan­ge hier­bei nicht ein­schlä­gi­ge Qua­li­fi­ka­tio­nen über­se­hen werden.

Ein*e auf die­ser Stu­fe des Ver­fah­rens abgelehnte*r Bewerber*in hat dann kei­nen Anspruch auf eine erneu­te Ent­schei­dung über seine*ihre Bewer­bung. Wenn der*die Antragsteller*in bei der Aus­wahl aber nach Entsch­ei- dung der Beru­fungs­kom­mis­si­on das in der Aus­schrei- bung erstell­te Anfor­de­rungs­pro­fil nicht erfüllt, ergibt sich kein wei­te­rer Anspruch, selbst wenn der*die Erst- plat­zier­te unzu­tref­fend aus­ge­wählt wor­den wäre.210

g) Aka­de­mi­sches Alter: Diskriminierung?

Das OVG Müns­ter hat mit Beschluss vom 17.1.2022, 6 B 1512/21, u.a. auch über die Fra­ge des aka­de- mischen Alters entschieden.

Dort stell­te sich die Fra­ge, ob mit der Argu­men­ta­ti­on zum aka­de­mi­schen Alter der Bewerber*innen eine Par- alle­le zu dem aus dem Lauf­bahn­be­reich bekann­ten Aus- wahl­kri­te­ri­um des Dienst­al­ters gezo­gen wer­de. Das OVG ver­neint dies, wenn die Her­an­zie­hung des Dienst- alters ledig­lich als Hilfs­kri­te­ri­um bei einem Qua­li­fi­ka­ti- ons­gleich­stand in Betracht kommt. Auf das Dienst­al­ter oder Beför­de­rungs­dienst­al­ter darf nicht abge­stellt wer- den, soweit sich die dabei gewon­ne­ne Erfah­rung nicht leis­tungs­stei­gernd aus­ge­wirkt hat. Als Hilfs­kri­te­ri­um bei einem Qua­li­fi­ka­ti­ons­gleich darf das aka­de­mi­sche Alter jedoch her­an­ge­zo­gen wer­den, um den Umfang der Lehr- und For­schungs­leis­tun­gen, der Publi­ka­tio­nen, Zita­tio- nen, etc. ins Ver­hält­nis zur hier­für zur Ver­fü­gung ste- hen­den bzw. auf­ge­wand­ten Zeit zu set­zen. Ein gerin­ge­res Alter wirkt sich inso­fern hier güns­tig aus. „Die Berück- sich­ti­gung des Zeit­raums, der für die Erbrin­gung der Leis­tun­gen zur Ver­fü­gung stand, ermög­licht eine trag­fä- hige Beur­tei­lung der für die Eig­nung der Kan­di­da­ten maß­geb­li­chen Fra­ge, was von die­sen in Zukunft zu er- war­ten ist, und ver­mei­det die Begüns­ti­gung von Bewer- bern am Ende ihrer wis­sen­schaft­li­chen Lauf­bahn bzw. mit nur gerin­gen etwa fami­li­en­be­ding­ten Ausfallzeiten.

gen Lan­des­ver­fas­sung.
207 BVerwG, Urt. v. 20.10.2016, 2 C 30.15, Rn. 17 – juris.

208 BVerwG, Urt. v. 20.10.2016, 2 C 30.15, Rn. 20 – juris m. w. N. 209 OVG Baut­zen, Beschl. v. 8.4.2022, 2B 41/22 – juris.
210 OVG Baut­zen, Beschl. v. 8.4.2022, 2B 41/22 – juris.

Neukirchen/Breder/Hornfischer · Rechts­schutz Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruch 2 7 5

Inso­weit ist die Ein­be­zie­hung des aka­de­mi­schen Alters in die Betrach­tung nach­voll­zieh­bar und aus Rechts­grün- den nicht zu beanstanden.“211

h) Lis­ten­dre­hen durch den Rektor

Es stellt sich die Fra­ge inwie­weit sich ein Bewer­ber gegen die Ent­schei­dung des Rek­tors wen­den kann, von dem Vor­schlag der Beru­fungs­kom­mis­si­on hin­sicht­lich der Rei­hung abzuweichen.

Ein*e Hochschulrektor*in ist regel­mä­ßig an die Be- wer­tung der Beru­fungs­kom­mis­si­on gebun­den und kann hier­von nur in begrün­de­ten Fäl­len abwei­chen und ist auf­grund der insti­tu­tio­nel­len Wis­sen­schafts­frei­heit und der dies­be­züg­li­chen Selbst­ver­wal­tung der Hoch­schu­len auf weni­ge Aus­nah­me­kon­stel­la­tio­nen beschränkt.212 Die Aus­wahl­ent­schei­dung bzw. Abwei­chung von der Rei- hung wahrt nur dann die fach­li­che Ein­schät­zungs­prä­ro- gati­ve der in der Beru­fungs­kom­mis­si­on und im Fakul- täts­rat betei­lig­ten Hochschullehrer*innen, wenn der*die Rektor*in seinen*ihren Ent­schei­dungs­spiel­raum nicht über­schrei­tet und sich ins­be­son­de­re nicht in Wider- spruch zur Bewer­tung des Beru­fungs­aus­schus­ses setzt.213 Dies setzt vor­aus, dass er*sie eben­so wie der Beru­fungs- aus­schuss an alle zuvor auf­ge­stell­ten Aus­wahl­kri­te­ri­en gebun­den ist, die­se voll­stän­dig in sei­ne Ent­schei­dungs- fin­dung ein­be­zie­hen muss und den gege­be­nen­falls ab- wei­chen­den Beru­fungs­vor­schlag sach­ge­recht begrün­den und doku­men­tie­ren muss. Es genügt nicht, dass sich der*die Rektor*in nur auf die Gut­ach­ten stützt und z.B. Pro­be­lehr­ver­an­stal­tun­gen außer Betracht lässt. Andern- falls bestün­de die Gefahr, dass die Abwei­chungs­ent- schei­dung die fach­li­che Ein­schät­zungs­prä­ro­ga­ti­ve des Beru­fungs­aus­schus­ses aushebelt.214

Der*die Rektor*in kann ins­be­son­de­re nicht kon­sti­tu- tive Anfor­de­rungs­merk­ma­le wie z.B. “habi­li­ta­ti­ons­glei- che Leis­tun­gen“ selbst aus­le­gen und – ent­ge­gen der Be- rufungs­kom­mis­si­on – ver­nei­nen. Die­se Beur­tei­lung un- ter­liegt not­wen­di­ger­wei­se einem Bewer­tungs­spiel­raum, der in ers­ter Linie der Beru­fungs­kom­mis­si­on zukommt, und die der Rek­tor nicht an sich zie­hen dür­fe. Dies über- zeugt schon des­halb, weil der*die Rektor*in regel­mä­ßig selbst aus einer ande­ren Fakul­tät bzw. Fach­rich­tung kommt. Dabei ist uner­heb­lich, dass der*die Rektor*in in

  1. 211  OVG Müns­ter, Beschl. v. 17.1.2022, 6 B 15/12, – juris.
  2. 212  VGH Mann­heim, Beschl. v. 1.7.2022, 4 S 483/22, Rn. 1 – juris.
  3. 213  VGH Mann­heim, Beschl. v. 1.7.2022, 4 S 483/22, Rn. 1 – juris; VGBay­reuth, Urt. v. 18.7.2023, B 5 K 22.719, UA S. 23 – n.v.
  4. 214  VG Bay­reuth, Urt. v. 18.7.2023, a.a.O.
  5. 215  VGH Mann­heim, Beschl. v .1.7.2022, 4 S 483/22, Rn. 1 – juris.
  6. 216  VGH Kas­sel, Beschl. v. 28.11.2022, 1 B 1620/22, – juris.
  7. 217  VGH Kas­sel, Beschl. v. 28.11.2022, 1 B 1620/22, – juris unter­Ver­weis auf: OVG Müns­ter, Beschl. v. 20.4.2020, 6 B 1700/19, Rn.

seiner*ihrer Eigen­schaft als Organ der Hoch­schu­le selbst Grundrechtsträger*in nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG ist, und ob ent­spre­chen­de Gut­ach­ten die­se Auf­fas­sung stüt- zen, da dies nicht seine*ihre Auf­ga­be sei.215

i) Unzu­rei­chen­de Dokumentation

Soweit es um die Doku­men­ta­ti­on eines Beru­fungs­ver- fah­rens für eine Pro­fes­so­ren­stel­le geht, ist in ers­ter Linie eine sorg­fäl­ti­ge, d.h. nach­voll­zieh­ba­re und ein­ge­hen­de Begrün­dung der Ent­schei­dung der Beru­fungs­kom­mis­si- on erfor­der­lich. Die­se muss dem Gericht auch im Lich­te des oben dar­ge­leg­ten ver­fas­sungs­recht­lich geschütz­ten (Art. 5 Abs. 3 GG) und gericht­lich daher nur ein­ge- schränkt über­prüf­ba­ren Beur­tei­lungs­spiel­raums der Hoch­schu­le eine Über­prü­fung ermög­li­chen, ob die Gren­zen des Beur­tei­lungs­spiel­raums ein­ge­hal­ten wur- den oder ob die Ent­schei­dung auf fal­schen Tat­sa­chen oder sach­frem­den Erwä­gun­gen beruht.216

Hier­aus folgt jedoch kei­ne Pflicht zur gleich­sam lü- cken­lo­sen Pro­to­kol­lie­rung sämt­li­cher Abläu­fe – Pro­be- vor­le­sung, Pro­be­vor­trag, Ein­zel­ge­sprä­che – im Rah­men eines Aus­wahl­ver­fah­rens. Es genügt regel­mä­ßig eine Pro­to­kol­lie­rung der Sit­zun­gen der Beru­fungs­kom­mis­si- on oder ein Besetzungsbericht.217 Dabei darf sich die Do- kumen­ta­ti­on auf ein ver­tret­ba­res Maß beschrän­ken und Gesprächs­in­hal­te zusam­men­fas­sen, den Fokus auf be- stimm­te Aspek­te legen oder weni­ger gewich­ti­ge Aspek­te uner­wähnt lassen.218 Eine die­sen Anfor­de­run­gen genü- gen­de Doku­men­ta­ti­on der die Beschluss­fas­sung der Be- rufungs­kom­mis­si­on tra­gen­den Aus­wahler­wä­gun­gen ist ausreichend.

V. Der Beur­tei­lungs­maß­stab des Verwaltungsgerichts

Anders als in ande­ren Eil­ver­fah­ren sind die Gerich­te nach der Recht­spre­chung des BVerfG gehal­ten, in Kon- kur­ren­ten­streit­ver­fah­ren nicht ledig­lich eine sum­ma­ri- sche Prü­fung mög­li­cher Ansprü­che vor­zu­neh­men; viel- mehr hat – wie in dem hier regel­mä­ßig nicht mehr durch­führ­ba­ren Haupt­sa­che­ver­fah­ren – eine ein­ge­hen- de tat­säch­li­che und recht­li­che Prü­fung zu erfol­gen, ohne dabei die Anfor­de­run­gen an einen Erfolg des unter­le­ge- nen Bewer­bers zu überspannen.219 Da das Eilverfahren

17 – juris; OVG Koblenz, Beschl. v. 6.8.2018, 2 B 10742/18, Rn. 15 f. – juris; VGH Mün­chen, Beschl. v. 18.4.2012, 7 CE 12.166, Rn. 33 – juris.

218 VGH Kas­sel, Beschl. v. 28.11.2022, 1 B 1620/22, – juris unter Ver­weis auf OVG Müns­ter, Beschl. v. 20.4.2020, 6 B 1700/19, Rn. 1 – juris.

219 BVerfG, Beschl. v. 29.7.2003, 2 BvR 311/03, Rn. 12 – juris; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 4.11.2010, 2 C 16.09, Rn. 32 – juris.

276 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 4 (2024), 251–282

vor der Ernen­nung die Funk­ti­on des Haupt­sa­che­ver­fah- rens über­nimmt, darf es im Hin­blick auf das Gebot der Gewäh­rung effek­ti­ven Rechts­schut­zes i.S.v. Art. 19 Abs. 4 GG nach der Recht­spre­chung des BVerwG „nachPrüfungsmaßstab,-umfangund-tiefenichthinter einem Haupt­sa­che­ver­fah­ren zurückbleiben“.220

1. Ein­ge­schränkt über­prüf­ba­rer Beur­tei­lungs­spiel­raum der Berufungskommission

Auf­grund der in Art. 5 Abs. 3 GG ver­fas­sungs­recht­lich geschütz­ten Beur­tei­lungs­kom­pe­tenz der Beru­fungs- kom­mis­si­on und der betei­lig­ten Hoch­schul­or­ga­ne über die fach­li­che Qua­li­fi­ka­ti­on eines*r Bewerbers*in besteht hier ein Beur­tei­lungs­spiel­raum, der gericht­lich nur ein- geschränkt über­prüf­bar ist.221 Inso­weit ver­bleibt dem Ver­wal­tungs­ge­richt im Kern ledig­lich die Über­prü­fung, ob die Ent­schei­dung ver­fah­rens­feh­ler­frei zustan­de gekom­men ist und ob der Beur­tei­lungs­spiel­raum nicht über­schrit­ten wur­de. Letz­te­res ist nur dann nicht der Fall, wenn die Aus­wahl­ent­schei­dung ersicht­lich auf der Ver­ken­nung von Tat­sa­chen oder auf sach­frem­den Erwä- gun­gen beruht hat.222 Dies gilt in beson­de­rer Wei­se für die Fest­stel­lung und Beur­tei­lung der wis­sen­schaft­li­chen Eig­nung und der not­wen­di­gen Lehr­be­fä­hi­gung der Bewerber*innen. Die Bewer­tung, ob ein*e Bewerber*in bes­ser geeig­net ist als ein*e ande­rer*, hat das Gericht gene­rell nicht vorzunehmen.223 Vor dem Hin­ter­grund der Wis­sen­schafts­frei­heit ist der Beur­tei­lungs­spiel­raum der Beru­fungs­kom­mis­si­on dort beson­ders weit, wo es dar­um geht, die Stär­ken und Schwä­chen der ein­zel­nen Bewerber*innen um eine Pro­fes­sur zu gewich­ten. Die­ser wei­te Spiel­raum schließt die Mög­lich­keit ein, die Eig- nung eines*r Kandidaten*in nur auf­grund ange­nom­me- ner Defi­zi­te in ein­zel­nen Berei­chen als im Ver­gleich mit ande­ren Bewerbern*innen schwä­cher zu qualifizieren224.

2. Min­des­tens poten­ti­el­le Kau­sa­li­tät des Ver­fah­rens­feh- lers für die unter­blie­be­ne Aus­wahl des*der unter­le­ge- nen Bewerber*in

Ein Feh­ler im Aus­wahl­ver­fah­ren kann am Ende jedoch auch nur dann zuguns­ten des*der unter­le­ge­nen Bewerber*in zum begehr­ten Erlass einer einstweiligen

  1. 220  BVerwG, Urt. v. 4.11.2010, a.a.O., Rn. 32 – juris.
  2. 221  Vgl. bzgl. der Aus­wahl von Hochschullehrer*innen etwa VGH­Mün­chen, Beschl. v. 5.1.2012, 7 CE 11.1432, Rn. 18 – juris; OVG Ber­lin-Bran­den­burg, Beschl. v. 16.3.2012, 5 S 12.11, Rn. 4 – juris; näher dazu auch Per­nice-Warn­ke, WissR 47 (2014), 371 (374 f.).
  3. 222  VGH Mün­chen, Beschl. v. 5.1.2012, a.a.O., Rn. 18 – juris. OVG Ber­lin-Bran­den­burg, Beschl. v. 16.3.2012, a.a.O., Rn. 4.
  4. 223  Vgl. OVG Müns­ter, Beschl. v. 20.4.2020, 6 B 1700/19, Rn. 3 – juris.

Anord­nung füh­ren, wenn die­ser Feh­ler berück­sich­ti- gungs­fä­hig und poten­ti­ell kau­sal für das Aus­wahl­er­geb- nis war. Nicht jeder Ver­fah­rens­feh­ler wird von den Gerich­ten als Ver­let­zung des Anspruchs auf eine beur- tei­lungs- und ermes­sens­feh­ler­freie Aus­wahl­entsch­ei- dung bewer­tet, die einen Ver­stoß gegen den Grund­satz der Besten­aus­le­se beinhaltet.225

Grund­sätz­lich kommt auch im Eil­rechts­schutz nach § 123 VwGO bei der Prü­fung des Anord­nungs­an­spruchs der in § 46 VwVfG kodi­fi­zier­te Grund­satz zum Tra­gen, wonach die Auf­he­bung eines Ver­wal­tungs­akts nicht al- lein des­halb bean­sprucht wer­den kann, weil es Ver­fah- rens­feh­ler gab, wenn offen­kun­dig ist, dass die­se Feh­ler die Ent­schei­dung nicht beein­flusst haben. Dies schränkt die Recht­spre­chung wie­der­um in der Wei­se ein, dass ein for­mel­ler Feh­ler nur dann offen­kun­dig bzw. offen­sicht- lich im Sin­ne des § 46 VwVfG ohne Ein­fluss auf die Ent- schei­dung gewe­sen ist, wenn bei hypo­the­ti­scher Be- trach­tung zwei­fels­frei anzu­neh­men ist, dass auch ohne die­sen Feh­ler die­sel­be Ent­schei­dung getrof­fen wor­den wäre.226 Die Ver­let­zung von Ver­fah­rens­vor­schrif­ten kann eine Wie­der­ho­lung des Aus­wahl­ver­fah­rens daher ‚nur‘ bzw. – je nach Per­spek­ti­ve ‚schon‘ dann recht­fer­ti­gen, wenn die Aus­wahl des*der unter­le­ge­nen Bewerbers*in tat­säch­lich mög­lich erscheint und seine*ihre Chan­cen, bei einem erneu­ten Aus­wahl­ver­fah­ren zum Zuge zu kom­men, zumin­dest offen sind.227

VI. Die Wir­kung der einst­wei­li­gen Anordnung

Wird der Erlass einer einst­wei­li­gen Anord­nung gem. § 123 VwGO von dem*der unter­le­ge­nen Bewerber*in recht­zei­tig bean­tragt, darf die Ernen­nung des*der aus­ge- wähl­ten Kandidaten*in nicht bzw. erst nach Abschluss des gericht­li­chen Ver­fah­rens vor­ge­nom­men werden.228

Hält das Ver­wal­tungs­ge­richt den Antrag des*der un- ter­le­ge­nen Bewerber*in für zuläs­sig und begrün­det, wird es die Hoch­schu­le bzw. das Minis­te­ri­um im Regel- fall ver­pflich­ten, die Ernen­nung zu unter­las­sen und die Aus­wahl­ent­schei­dung bzgl. der aus­ge­schrie­be­nen Pro- fes­sur unter Berück­sich­ti­gung von Art. 33 Abs. 2 GG so- wie der dies prä­zi­sie­ren­den Rechts­auf­fas­sung des Ge-

224 Vgl. OVG Müns­ter, Beschl. v. 20.4.2020, a.a.O., Rn. 24 f. – juris; VGH Mün­chen, Beschl. v. 3.7.2018, 7 C 17.2340, Rn. 62 – juris. 225 OVG Ber­lin-Bran­den­burg, Urt. v. 1.3.2016, 4 N 59.14, Rn. 12 –

juris.
226 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 9.11.2022, 1 BvR 2263/21, Rn. 33 – juris. 227 VGH Mün­chen, Beschl. v. 10.1.2017, 7 CE 16.1838, Rn. 14 – juris. 228 Vgl. Badu­ra, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Werk­stand: 101. EL

Mai 2023, Art. 33 Rn. 38.

Neukirchen/Breder/Hornfischer · Rechts­schutz Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruch 2 7 7

richts erneut zu treffen.229 Erlangt die einst­wei­li­ge An- ord­nung auf vor­läu­fi­ge Unter­sa­gung der Ernen­nung Rechts­kraft, muss die Hoch­schu­le das Aus­wahl­ver­fah­ren also „je nach Inhalt und Reich­wei­te des Ver­sto­ßes gegen Art. 33 Abs. 2 GG voll­stän­dig oder teil­wei­se wie­der­ho­len und auf der Grund­la­ge des wie­der­hol­ten Ver­fah­rens eine neue Aus­wahl­ent­schei­dung treffen“.230

Je län­ger das gericht­li­che Ver­fah­ren bis zum Erlass ei- ner sol­chen Anord­nung dau­ert, des­to mehr erhöht sich am Ende auch die Wahr­schein­lich­keit, dass der*die ur- sprüng­lich aus­ge­wähl­te Kandidat*in sowie mög­li­cher- wei­se auch wei­te­re Listenkandidat*innen ihre Bewer- bun­gen zurück­zie­hen, sodass sich für die Hoch­schu­le bereits dadurch die Ent­schei­dung auf­drängt, das unter- bro­che­ne Ver­fah­ren abzu­bre­chen und gege­be­nen­falls ein neu­es Ver­fah­ren durch­zu­füh­ren, soweit an dem Zu- schnitt der Pro­fes­sur in der ursprüng­lich aus­ge­schrie­be- nen Art fest­ge­hal­ten wer­den soll.

VII. Die wei­te­re Ver­fol­gung des Bewer­bungs­ver­fah- rens­an­spruchs vor Gericht

1. Pri­mär­rechts­schutz und Verfassungsbeschwerde

Wird der Antrag auf Erlass einer einst­wei­li­gen Anord- nung durch das Ver­wal­tungs­ge­richt abge­lehnt, steht dem*der unter­le­ge­nen Bewerber*in das Recht­mit­tel der Beschwer­de an das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt bzw. zum Ver­wal­tungs­ge­richts­hof zur Ver­fü­gung . Die Über­prü- fung durch das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt bzw. den Ver- wal­tungs­ge­richts­hof beschränkt sich dabei gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die Grün­de, die von dem*der Antragsteller*in dar­ge­legt werden.232 Erfor­der- lich ist dabei ins­be­son­de­re die Aus­ein­an­der­set­zung mit den Grün­den der ange­foch­te­nen Ent­schei­dung. Hier­an fehlt es etwa, wenn allein – wört­lich oder nur dem Sinn nach – das Vor­brin­gen aus dem erst­in­stanz­li­chen Ver- fah­ren wie­der­holt wird. Dies kann nach § 146 Abs. 4 Satz 3 und 4 VwGO sogar zur Ver­wer­fung der Beschwer­de als unzu­läs­sig füh­ren. Fer­ner ist aus Sicht des*der unter­le­ge­nen Bewerbers*in dar­auf zu ach-

  1. 229  VG Ans­bach, Beschl. v. 24.2.2019, AN 2 E 1900164, Rn. 43 – juris.
  2. 230  BVerwG, Urt. v. 4.11.2010, 2 C 16.09, Rn. 31 – juris; VG Münster,Urt. v. 22.4.2015, 5 K 2799/12, Rn. 69 – juris.
  3. 231  Da die Anru­fung des BVerwG im vor­läu­fi­gen Rechts­schutz nicht­zu­läs­sig ist und Haupt­sa­che­ver­fah­ren prak­tisch nie statt­fin­den, gelan­gen Kon­kur­ren­ten­strei­tig­kei­ten von Hochschullehrer*innen a.E. nur sel­ten an das BVerwG, vgl. Lau­bin­ger, ZBR 2010, 289 (299).
  4. 232  Zu den Schwie­rig­kei­ten der Aus­le­gung und Anwen­dung die­ser Rege­lung sowie zu den Hür­den für eine dar­über­hin­aus­ge­hen­de Prü­fung im Ein­zel­nen Rudi­si­le, in: Schoch/Schneider, Ver­wal- tungs­recht, Band VwGO, 44. EL März 2023, § 146 Rn. 13f ff.

ten, dass mit der Beschwer­de­be­grün­dung alle vom Ver- wal­tungs­ge­richt auf­ge­führ­ten, die Ent­schei­dung jeweils selb­stän­dig tra­gen­den Grün­de ange­foch­ten wer­den. Andern­falls läuft man Gefahr, dass die Beschwer­de allein des­halb zurück­ge­wie­sen wird, weil sich die erst­in­stanz­li- che Ent­schei­dung aus den nicht ange­foch­te­nen, die Ent- schei­dung selb­stän­dig tra­gen­den Grün­den als rich­tig dar­stellt. Grei­fen die dar­ge­leg­ten Grün­de ander­wei­tig nicht durch, ist die Beschwer­de eben­falls als unbe­grün- det zurück­zu­wei­sen. Erst wenn die dar­ge­leg­ten Grün­de durch­grei­fen, steigt das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt bzw. der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof – qua­si in einer zwei­ten Stu- fe – in eine eigen­stän­di­ge Voll­prü­fung der Begrün­det­heit des Antrags auf vor­läu­fi­gen Rechts­schutz ein.233 Auch die­see­igen­stän­di­ge­Voll­prü­fung­des­Be­schwer­de­ge­richts kann – dann ggf. aus ande­ren Grün­den – zu dem Ergeb- nis kom­men, dass der Antrag auf vor­läu­fi­gen Rechts- schutz in der Sache unbe­grün­det und die Beschwer­de damit zurück­zu­wei­sen ist.

Lehnt auch das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt bzw. der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof den Erlass einer einst­wei­li­gen Anord­nung gegen­über der Hoch­schu­le bzw. dem Minis- teri­um ab, ist der Rechts­weg erschöpft und dem*der un- ter­le­ge­nen Bewerber*in bleibt nur noch die Erhe­bung ei- ner Verfassungsbeschwerde.234 Mit der Ver­fas­sungs­be- schwer­de wird bei Kon­kur­ren­ten­strei­tig­kei­ten regel­mä- ßig eine Ver­let­zung von Art. 19 Abs. 4 und Art. 33 Abs. 2 GG durch die ange­grif­fe­nen Gerichts­ent- schei­dun­gen gerügt.

Stellt das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt eine sol­che Ver- let­zung fest, hebt es die bei­den ver­wal­tungs­ge­richt­li­chen Ent­schei­dun­gen auf und ver­weist den Fall zur erneu­ten Ent­schei­dung an das Ver­wal­tungs­ge­richt zurück.235

Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt kann – eben­so wie die Fach­ge­rich­te – im Wege einer einst­wei­li­gen Anord­nung in dem Fall gemäß § 32 BVerfGG unter­sa­gen, den*die ausgewählte*n Bewerber*in zu ernen­nen. Die­ser Um- stand wur­de in der Ver­gan­gen­heit nicht immer beach­tet, sodass sich das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt ver­an­lasst sah, eine War­te­frist zu postulieren.236 Das heißt, die Ernen-

233 Vgl. zum Gan­zen a.a.O., Rn. 15 f.
234 Neben der Beschwer­de zum BVerfG kann alter­na­tiv auch die

Beschwer­de zu den Lan­des­ver­fas­sungs­ge­rich­ten mög­lich sein, vgl. etwa Art. 19 Abs. 2 Ver­fas­sung von Ber­lin i.V.m. § 49 Abs. 1 und § 31 VerfGHG.

235 Vgl. z.B. BVerfG, Beschl. v. 3.3.2014, 1 BvR 3606/13, Rn. 23 ff. Das Sitz­land der Gerich­te hat dann dem*der Beschwerdeführer*in die not­wen­di­gen Aus­la­gen zu erstat­ten, vgl. § 34a BVerfGG. Die Fest­set­zung des Gegen­stands­werts der anwalt­li­chen Tätig­keit für das Ver­fas­sungs­be­schwer­de­ver­fah­ren bemisst sich dabei nach

§ 37 Abs. 2 i .V. m. § 14 Abs. 1 RVG.
236 BVerfG, Beschl. v. 9.7.2007, 2 BvR 206/07, Rn . 18 – juris.

278 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 4 (2024), 251–282

nung des*der Konkurrenten*in kann auf die­se Wei­se ein wei­te­res Mal zumin­dest zeit­wei­se ver­zö­gert werden.

Der Pri­mär­rechts­zug dürf­te bei über­schlä­gi­ger Be- trach­tung und unter Berück­sich­ti­gung der jewei­li­gen Begrün­dungs- und Erwi­de­rungs­fris­ten nebst der Vor­la- ge der Ver­wal­tungs­ak­ten je Rechts­zug drei bis fünf Mo- nate in Anspruch neh­men, so dass für die Aus­schöp­fung des Rechts­wegs ein Zeit­raum von sechs bis zehn Mona- ten zu ver­an­schla­gen sein wird. Hin­zu tritt gege­be­nen- falls die Zeit­span­ne, die das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt für sei­ne Ent­schei­dung bedarf.

Die Gerichts­kos­ten des Pri­mär­rechts­zugs im Eil- rechts­schutz (aus­schließ­lich der Ver­fas­sungs­be­schwer- de) rich­ten sich nach dem für die jewei­li­ge Instanz fest- gesetz­ten Streit­wert. Die Fest­set­zung bestimmt sich nach § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 GKG. In Ver­fah­ren, die die Begrün­dung, die Um- wand­lung, das Bestehen, das Nicht­be­stehen oder die Be- endi­gung eines besol­de­ten öffent­lich-recht­li­chen Dienst- oder Amts­ver­hält­nis­se betref­fen ist Streit­wert die Sum- me der für ein Kalen­der­jahr zu zah­len­den Bezü­ge mit Aus­nah­me nicht ruhe­ge­halts­fä­hi­ger Zula­gen, wenn Ge- gen­stand des Ver­fah­rens ein Dienst- oder Amts­ver­hält- nis auf Lebens­zeit ist (Nr. 1), im Übri­gen die Hälf­te der für ein Kalen­der­jahr zu zah­len­den Bezü­ge mit Aus­nah- me nicht ruhe­ge­halts­fä­hi­ger Zula­gen. Der Streit­wert hängt also maß­geb­lich davon ab, ob es sich um ein Dienst­ver­hält­nis auf Lebens­zeit oder auf Pro­be han­delt, und auf wel­cher Besol­dungs­stu­fe die Stel­le ein­grup­piert ist. In der Regel wird in den Ver­fah­ren des vor­läu­fi­gen Rechts­schut­zes zur Durch­set­zung des Bewer­bungs­ver- fah­rens­an­spruchs der Streit­wert nicht – wie sonst üblich – hal­biert, weil der Sache nach eine Vor­weg­nah­me der Haupt­sa­che begehrt wird.237 Im Ver­fah­ren des vor­läu­fi- gen Rechts­schut­zes fal­len nach Nr. 5210 der Anla­ge 1 zum GKG (Kos­ten­ver­zeich­nis) beim Ver­wal­tungs­ge­richt 1,5 Gebüh­ren und nach Nr. 5220 der Anla­ge 1 zum GKG beim Ober­ver­wal­tungs­ge­richt 2,0 Gebüh­ren an.

Bei­spiel­haft betra­gen bei einer W3-Pro­fes­sur auf Le- bens­zeit und einer monat­li­chen Besol­dung von etwa 7.220,00 EUR der jewei­li­ge Streit­wert 86.640,00 EUR (12 x 7.220,00 EUR), so dass für die ers­te Instanz Gerichtsge-

237 Vgl. Streit­wert­ka­ta­log für die Ver­wal­tungs­ge­richts­bar­keit 2013, Zif­fer 1.7.

238 Näher etwa zu Scha­dens­er­satz­an­sprü­chen bei Ver­fah­rens­ab­bruch Herr­mann, LKV 2015, 97 (104 f.).

büh­ren i.H.v. 1.495,50 EUR (1,5 x 997,00 EUR [Anla­ge 2 zum GKG]) und für die zwei­te Instanz wei­te­re Gerichts- gebüh­ren i.H.v. 1.994,00 EUR (2,0 x 997,00 EUR [Anla- ge 2 zum GKG]) anfal­len. Indes ist dar­auf hin­zu­wei­sen, dass in Ver­fah­ren des einst­wei­li­gen Rechts­schut­zes zur Durch­set­zung des Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruchs re- gel­mä­ßig (Fach-)Anwälte hin­zu­ge­zo­gen wer­den, wobei es vor dem Ver­wal­tungs­ge­richt – anders als vor dem Ober­ver­wal­tungs­ge­richt – kei­nen Anwalts­zwang gibt. Hoch­qua­li­fi­zier­te Anwäl­te aus dem Bereich des öffent­li- chen Dienst- und / oder Hoch­schul­rechts wer­den in al- ler Regel auf Hono­rar­ba­sis tätig. Es ist daher davon aus- zuge­hen, dass die anfal­len­den Anwalts­kos­ten die Ge- richts­kos­ten in der Regel bei wei­tem über­stei­gen wer­den und die­se, soweit sie die Sät­ze nach dem Rechts­an­walts- ver­gü­tungs­ge­setz über­stei­gen, vom*von der Antragsteller*in selbst zu tra­gen sind, auch wenn er*sie obsiegt.

2. Sekun­där­rechts­schutz und Schadensersatzansprüche

Los­ge­löst davon, dass es in Fäl­len in denen zuvor effek­ti- ver Rechts­schutz ver­ei­telt wur­de unter Durch­bre­chung des Grund­sat­zes der Ämter­sta­bi­li­tät dazu kom­men kann, eine bereits erfolg­te Ernen­nung im Rah­men des Pri­mär­rechts­schutz anzu­fech­ten, kön­nen auch Scha- den­s­er­satz­an­sprü­che im Rau­me stehen.238

Wenn der Dienst­herr die aus­ge­wähl­te Per­son ent­ge- gen einer einst­wei­li­gen Anord­nung des Ver­wal­tungs­ge- richts oder ganz ohne Kon­kur­ren­ten­mit­tei­lung „vor­zei- tig“ ernennt, eröff­net Art 19 IV GG i.V.m. Art 33 II GG gleich­wohl den Rechtsschutz.239 Unter­bleibt eine erneu­te Aus­wahl­ent­schei­dung steht der über­gan­ge­nen Per­son unter bestimm­ten Umstän­den Scha­dens­er­satz zu.

Bleibt bei­spiels­wei­se auf­grund des Zeit­ab­laufs wegen der ver­fas­sungs­recht­lich geschütz­ten Posi­ti­on des*der aus­ge­wähl­ten Bewerbers*in eine Anfech­tungs­kla­ge er- folg­los, kann aus dem unter­ge­gan­ge­nen Bewer­bungs­ver- fah­rens­an­spruch ein Scha­dens­er­satz­an­spruch entste- hen.240 Die­ser Umstand führt jedoch nicht zu einem Wahl­recht zwi­schen Pri­mär- und Sekundärrechtsschutz.241

239 Her­mann, NJW 2011, S. 653, 655.
240 OVG Ber­lin-Bran­den­burg, Beschl. v. 1.3.2016, 4 N 59.14, Rn. 3 ff. –

juris.
241 BVerwG, Urt. v. 20.10.2016, 2 C 30.15, Rn. 27 – juris.

Neukirchen/Breder/Hornfischer · Rechts­schutz Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruch 2 7 9

Dabei muss zwi­schen dem Amts­haf­tungs­an­spruch gem. Art. 34 Satz 1 GG i.V.m. § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB und dem Anspruch auf Ersatz des Scha­dens, der durch schuld­haf­te Ver­let­zung des aus Art. 33 Abs. 2 GG fol­gen- den Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruch ent­steht, unter- schie­den wer­den. Letz­te­rer folgt mate­ri­ell und ver­fah- rens­recht­lich unmit­tel­bar aus Art. 33 Abs. 2 GG242 — auch bei der Beset­zung einer Professur.243 Eine Rang­fol­ge der Scha­dens­er­satz­an­sprü­che besteht nicht; sie kön­nen un- abhän­gig neben­ein­an­der bestehen.

a) Amts­haf­tungs­an­spruch

Der Scha­dens­er­satz­an­spruch aus Art. 34 Satz 1 GG i.V.m. § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auf dem Zivil­rechts­weg gel- tend zu machen. Sach­lich zustän­dig ist gem. § 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG das Land­ge­richt in ers­ter Instanz; ört­lich gem. § 18 ZPO jenes Land­ge­richt, in des­sen Bezirk der Sitz der Kör­per­schaft liegt, die dem*der die Pflicht ver­let­zen­den Amtsträger*in das Amt anver­traut hat (Sitz der Hoch­schu­le oder des Landes).244

Hier lässt sich eine gewis­se Zurück­hal­tung von in Be- rufungs­ver­fah­ren unter­le­ge­nen Bewerber*innen feststel- len, denn bis­lang sind – soweit ersicht­lich – im Kon­text von Stel­len­be­set­zungs­ver­fah­ren an Hoch­schu­len nur weni­ge ober­ge­richt­li­che Ent­schei­dun­gen bekannt. Vor- lie­gend sind dies eine Ent­schei­dung des OLG Dresden245 sowie zwei älte­ren Ent­schei­dun­gen des OLG Koblenz.246 In allen Fäl­len fehl­te es nach der Beur­tei­lung der Gerich- te schon an einer haf­tungs­be­grün­den­den Pflicht­ver­let- zung im Sin­ne von § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB bzw. zum Teil bereits an einer dritt­schüt­zen­den Amts­pflicht. Zum ei- nen wur­de her­vor­ge­ho­ben, dass sich aus Erklä­run­gen und Ein­schät­zun­gen ein­zel­ner Kom­mis­si­ons­mit­glie­der gegen­über ein­zel­ner Bewerber*innen vor Abschluss des Ver­fah­rens noch kein Ver­trau­en­s­tat­be­stand ergebe.247 Zum ande­ren fehlt es an einem pflicht­wid­ri­gen Verhal- ten, wenn ein*eine Professurinhaber*in kurz vor Ein­tritt in den Ruhe­stand nicht auf eine neu geschaf­fe­ne, höher dotier­te Plan­stel­le beför­dert wird.248 Schließ­lich hat das OLG Dres­den fest­ge­stellt, dass es auch dann an einer Pflicht­ver­let­zung fehlt, wenn ein Berufungsverfahren

  1. 242  BVerwG, Urt. v. 25.2.2010, 2 C 22.09, Rn. 13 ff. – juris.
  2. 243  Sie­he etwa BVerfG, Beschl. v. 3.3.2014, 1 BvR 3606/13, Rn. 15 ff. –juris sowie BVerwG, Urt. v. 20.10.2016, 2 C 30.15, Rn. 17 – juris; dem fol­gend OVG Müns­ter, Urt. v. 3.5.2018, 6 A 815/11, Rn. 69 ff. – juris.

244 Neukirchen/Emmrich, Beru­fun­gen, Befan­gen­heit und Bewer- bungs­ver­fah­rens­an­spruch, 2021, S. 169 ff.

245 OLG Dres­den, Urt. v. 20.6.2018, 1 U 880/17, – juris.
246 OLG Koblenz, Urt. v. 24.6.1998, 1 U 307/97 und Urt. v. 25.11.1998,

1 U 1127/97, jeweil juris.

um die Beset­zung einer Pro­fes­sur in recht­mä­ßi­ger Wei­se abge­bro­chen wur­de, da sich ein anspruchs­be­grün­den­der Ver­stoß bei der Begrün­dung der Zurück­wei­sung einer Bewer­bung erst erge­ben kann, wenn eine Ernen­nung vor­ge­nom­men wird.249

b) Scha­dens­er­satz­an­spruch aus Art. 33 Abs. 2 GG

Der Scha­dens­er­satz­an­spruch aus Art. 33 Abs. 2 GG ist vor den Ver­wal­tungs­ge­rich­ten zu ver­fol­gen. So hat ein*e Kläger*in unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen bei­spiels- wei­se Anspruch dar­auf, im Wege des Scha­dens­er­sat­zes besol­dungs- und ver­sor­gungs­recht­lich so gestellt zu wer- den, als wäre er*sie zum*zur Professor*in ernannt wor- den.250

Danach kann ein*e Bewerber*in nach der Rechtsp­re- chung des BVerwG251 vom Dienst­herrn Ersatz des ihm durch die Nicht­be­rück­sich­ti­gung bei der Aus­wahl ent- stan­de­nen Scha­dens ver­lan­gen, wenn

– der Dienst­herr bei der Ver­ga­be des Amtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG fol­gen­den Anspruch des*der über- gan­ge­nen Bewerbers*in auf leis­tungs­rech­te Ein­be- zie­hung in die Bewerber*innenauswahl schuld­haft ver­letzt hat und

– die­se Rechts­ver­let­zung für sei­ne *ihre Nicht­be­rück- sich­ti­gung kau­sal war und

– der*die Bewerber*in es nicht schuld­haft unter­las­sen hat, den Scha­den durch Gebrauch eines Recht­mit- tels abzuwenden252.

Hin­sicht­lich des Ver­schul­dens bei der Ver­let­zung des Anspruchs auf leis­tungs­ge­rech­te Ein­be­zie­hung in die Bewerber*innenauswahl als Pflicht aus dem Beam­ten- ver­hält­nis gilt der all­ge­mei­ne Maß­stab des § 276 Abs. 1 BGB ent­spre­chend. Danach hat der Schuld- ner bereits fahr­läs­si­ges Tun oder Unter­las­sen zu vert­re- ten, wobei gem. § 276 Abs. 2 BGB fahr­läs­sig han­delt, wer die im Ver­kehr übli­che Sorg­falt außer Acht lässt. Das OVG Müns­ter defi­niert hier­zu ein­gren­zend wie folgt:

„Nach die­sem objek­tiv-abs­trak­ten Sorg­falts­maß­stab ist auf die Anfor­de­run­gen abzu­stel­len, deren Beach­tung von dem ver­ant­wort­li­chen Beam­ten gene­rell erwar­tet wer­den kann. […] Wird eine behörd­li­che Maß­nah­me ge-

247 OLG Koblenz, Urt. v. 24.6.1998, 1 U 307/97, Rn. 21 f. – juris.
248 OLG Koblenz, Urt. v. 25.11.1998., 1 U 1127/97, Rn. 10 ff. – juris. 249 OLG Dres­den, Urt. v. 20.6.2018, 1 U 880/17, Rn. 56 f. – juris.
250 Vgl. näher dazu Wert­hei­mer, OdW 2016, 51 ff. mit einer Bespre-

chung des Urteils des OVG Müns­ter, Urt. v. 3.5.2018, 6 A 815/11,

– juris.
251 BVerwG, Urt. v. 20.10.2016, 2 C 30.15, Rn. 18 – juris.
252 Neukirchen/Emmrich, Beru­fun­gen, Befan­gen­heit und Bewer-

bungs­ver­fah­rens­an­spruch, 2021, S. 171.

280 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 4 (2024), 251–282

richt­lich miss­bil­ligt, so kann dar­aus ein Ver­stoß des ver- ant­wort­li­chen Amts­in­ha­bers gegen Sorg­falts­pflich­ten nicht her­ge­lei­tet wer­den, wenn er die zugrun­de lie­gen­de Rechts­auf­fas­sung auf­grund recht­li­cher und tat­säch­li- cher­Prü­fung gewon­nen hat und sie im Ergeb­nis als ver- tret­bar ange­se­hen wer­den kann“.253

Im Hin­blick auf die Kau­sa­li­tät muss sich gericht­lich fest­stel­len las­sen kön­nen, dass dem*der unter­le­ge­nen Bewerber*in die ange­streb­te Hoch­schul­leh­rer­stel­le ohne den Rechts­ver­stoß vor­aus­sicht­lich über­tra­gen wor­den wäre.254 Die Recht­spre­chung for­dert inso­weit einen ad- äquat kau­sa­len Zusam­men­hang zwi­schen der Rechts­ver- let­zung und dem Scha­den, d.h. der unter­blie­be­nen Er- nen­nung. Das Gericht ver­sucht dem­ge­mäß im Ein­zel­fall den hypo­the­ti­schen Kau­sal­ver­lauf zu ermit­teln, den das Aus­wahl­ver­fah­ren ohne den Ver­stoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG vor­aus­sicht­lich genom­men hät­te. Das erfor­dert die Beur­tei­lung, welchem*welcher Bewerber*in der Dienst­herr den Vor­zug gege­ben hät­te, wenn er eine recht­mä­ßi­ge Aus­ge­stal­tung des Aus­wahl­ver­fah­rens vor- genom­men hätte.255 Danach wird ein Anspruch auf Scha- den­s­er­satz regel­mä­ßig in Betracht zu zie­hen sein, wenn der*die unter­le­ge­ne Bewerber*in bei einer Ent­schei­dung nach leis­tungs­be­zo­ge­nen Aus­wahl­kri­te­ri­en zumin­dest reel­le Chan­cen gehabt hät­te, wenn also die Aus­wahl ohne den schuld­haf­ten Ver­stoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG ernst­haft mög­lich gewe­sen wäre.256 Die Dar­le­gung und Ermitt­lung eines der­ar­ti­gen hypo­the­ti­schen Kau­sal­ver- laufs ist dabei des­to schwie­ri­ger, je feh­ler­haf­ter das Aus- wahl­ver­fah­ren im kon­kre­ten Fall gewe­sen ist.257 Be- weis­erleich­te­run­gen bis hin zur Beweis­last­um­kehr zuguns­ten des*der Kläger*in sind mög­lich, wenn die Ermitt­lung des hypo­the­ti­schen Kau­sal­ver­laufs gera­de wegen der Zahl und der Trag­wei­te der Ver­fah­rens­feh­ler auf Schwie­rig­kei­ten stößt oder gar unmög­lich ist.258 Lässt sich anhand der vor­han­de­nen Doku­men­ta­ti­on auch nicht mehr auf­klä­ren, wie bei der Ver­mei­dung der Feh­ler im Bewer­bungs­ver­fah­ren der Bewer­tungs- und Ent- schei­dungs­spiel­raum aus­ge­füllt wor­den wäre, so kann eine reel­le bzw. ernst­haf­te Ernen­nungs­chan­ce ausrei-

  1. 253  OVG Müns­ter, Urt. v. 3.5.2018, 6 A 815/11, Rn. 130 – juris, unter Ver­weis auf BVerwG, Urt. v. 11.2.2009, 2 A 7.06, Rn. 21 f. – juris. Sie­he auch Neukirchen/Emmrich, Beru­fun­gen, Befan­gen­heit und Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruch, 2021, S. 171.
  2. 254  OVG Müns­ter, Urt. v. 3.5.2018, 6 A 815/11, Rn. 134 – juris.
  3. 255  OVG Müns­ter, Urt. v. 3.5.2018, 6 A 815/11, Rn. 134 – juris unter Ver­weis auf BVerwG, Urt. v. 19.3.2015, 2 C 12.14, Rn. 27 – juris.
  4. 256  OVG Müns­ter, Urt. v. 3.5.2018, 6 A 815/11, Rn. 137 – juris unter­Ver­weis auf BVerwG, Urt. v. 26.1.2012, 2 A 7.09 – juris.
  5. 257  BVerwG, Urt. v. 26.1.2012, 2 A 7.09, Rn. 43 – juris.

chen259 – ohne dass es dabei auf die (nach­träg­li­che) Auf- fas­sung eines ein­zel­nen Mit­glieds oder meh­re­rer Mit- glie­der der Beru­fungs­kom­mis­si­on ankäme.

Aus­ge­schlos­sen ist der Scha­dens­er­satz­an­spruch, wenn das Beru­fungs­ver­fah­ren in recht­mä­ßi­ger Wei­se aus sach­li­chen Grün­den vor der Ernen­nung eines*r Bewerber*in abge­bro­chen wurde.260

Ein schuld­haf­tes Unter­las­sen hin­sicht­lich der Inan- spruch­nah­me des Pri­mär­rechts­schut­zes liegt dann nicht vor, wenn es dem*der unter­le­ge­nen Bewerber*in durch die Ver­fah­rens­ge­stal­tung unmög­lich oder erheb­lich er- schwert wor­den ist, um Pri­mär­rechts­schutz in Gestalt ei- nes Antrags auf Erlass einer einst­wei­li­gen Anord­nung nach­zu­su­chen. Ins­be­son­de­re kann dies der Fall sein, wenn ihm*ihr eine Kon­kur­ren­ten­mit­tei­lung nicht zuge- gan­gen ist oder ihm*ihr Akten­ein­sicht ver­wehrt oder er- schwert wurde.261

Wird ein Scha­dens­er­satz­an­spruch bejaht, besteht in der Regel auch ein Anspruch auf Ver­zin­sung des sich da- raus erge­ben­den Nach­zah­lungs­be­trags ab des jewei­li­gen Fäl­lig­keits­zeit­punkts in ent­spre­chen­der Anwen­dung der §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.262 Die Anwend­bar­keit die- ser Vor­schrif­ten auch im Öffent­li­chen Recht wird in die- sem Zusam­men­hang jeden­falls dann ange­nom­men, wenn das Begeh­ren des Klä­gers gera­de auf die (Nach-) Zah­lung des besol­dungs­recht­li­chen Dif­fe­renz­be­tra­ges und damit unmit­tel­bar und aus­schließ­lich auf die Leis- tung einer fäl­li­gen Geld­for­de­rung gerich­tet ist.263

VIII. Zusam­men­fas­sung

Das Beru­fungs­ver­fah­ren auf Hoch­schul­pro­fes­su­ren ist für aus­schrei­ben­de und beru­fen­de Hoch­schu­len Aus- druck ihrer ihnen als Insti­tu­ti­on zuste­hen­den Wis­sen- schafts­frei­heit. Für den*die einzelne*n Bewerber*in kommt ein Erfolg bzw. Miss­erfolg in einem Beru­fungs- ver­fah­ren einer zen­tra­len Wei­chen­stel­lung in der beruf- lichen Ent­wick­lung und in der Ver­wirk­li­chung der eige- nen, eben­falls grund­recht­lich geschütz­ten wis­sen­schaft- lichen For­schungs- und Lehr­zie­le gleich. Über­formt ist

258 Vgl. BVerwG, Urt. v. 26.1.2012, 2 A 7.09, Rn. 44 f. – juris.
259 Vgl. OVG Müns­ter, Urt. v. 3.5.2018, 6 A 815/11, Rn. 144 ff. – juris. 260 BVerwG, Urt. v. 31.3.2011, 2 A 2.09, Urt. v. 29.11.2012, 2 C 6.11; krit.

Herr­mann LKV 2015, 97 (104 f.). Sie­he auch Neukirchen/Emmrich, Beru­fun­gen, Befan­gen­heit und Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruch, 2021, S. 173.

261 Vgl. VG Bay­reuth, Urt. v. 18.7.2023, B 5 K 22.719, UA S. 27 – n.v. 262 Sie­he OVG Müns­ter, Urt. v. 3.5.2018, 6 A 815/11, Rn. 148 – juris. 263 BVerwG, Beschl. v. 25.1.2006, 2 B 36.05, Rn. 18 – juris sowie OVG

Lüne­burg, Urt. v. 10.1.2015, 5 LB 105/14, Rn. 76 – juris m.w.N.

Neukirchen/Breder/Hornfischer · Rechts­schutz Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruch 2 8 1

die­ses Span­nungs­feld durch die ver­fas­sungs­recht­li­chen Anfor­de­run­gen des Art. 33 Abs. 2 GG – dem Prin­zip der Besten­aus­le­se – und die Anfor­de­run­gen an das Ver­fah- ren, um einem*r unter­le­ge­nen Bewerber*in den ver­fas- sungs­recht­lich nach Art. 19 Abs. 4 GG garan­tier­ten effek- tiven Rechts­schutz zu gewährleisten.

Aus­ge­hend hier­von zei­gen die vor­an­ste­hen­den Aus­füh- run­gen auf, in wel­chen gericht­li­chen Ver­fah­rens­for­men eine recht­li­che Kon­trol­le unter Wah­rung des Beur­tei- lungs­spiel­raums der Hoch­schu­len im Hin­blick auf die wis­sen­schaft­li­che Eig­nung der Bewerber*innen mög­lich ist. Die nahe­zu voll­stän­di­ge Vor­ver­la­ge­rung des effek­ti- ven Rechts­schut­zes in das Ver­fah­ren des vor­läu­fi­gen Rechts­schut­zes ist dabei eine Beson­der­heit des (wis­sen- schaft­li­chen) Beam­ten­rechts. Die detail­lier­te Dar­stel­lung poten­ti­el­ler Ver­fah­rens­feh­ler sowie die Skiz­zie­rung ver- wal­tungs­ge­richt­li­cher Pro­blem­stel­lun­gen sol­len dabei allen an einem Rechts­schutz­ver­fah­ren Betei­lig­ten – sei­en es Rechtsanwält*innen, Jus­ti­zia­re der Hoch­schu­len oder die zur Ent­schei­dun­gen beru­fe­nen Richter*innen – eine Hil­fe­stel­lung bieten.

Hier­aus lässt sich auch die Emp­feh­lung ablei­ten, trotz eines feh­len­den Anwalts­zwangs in der ers­ten ver­wal- tungs­ge­richt­li­chen Instanz, fach­pro­fes­sio­nel­le Hil­fe in Anspruch zu neh­men, wenn man als unterlegene*r Be- wer­be­rin um Rechts­schutz wegen der Ver­let­zung des Be- wer­bungs­ver­fah­rens­an­spruchs nachsucht.

Dr. Mathi­as Neu­kir­chen ist der­zeit als Direc­tor Aca­de- mic Ser­vice am Euro­pean Uni­ver­si­ty Insti­tu­te in Flo- renz beschäftigt.

Dr. Tors­ten Bre­der ist Jus­ti­ti­ar an der Hel­mut-Schmidt- Universität/Universität der Bun­des­wehr Ham­burg und neben Mathi­as Neu­kir­chen, Eti­en­ne Emm­rich, Hen­drik Büg­geln, Hans Kur­le­mann und Hen­ning Rock­mann eben­falls als Autor an dem ein­gangs genann­ten „Kom- pen­di­um für Beru­fungs­kom­mis­sio­nen, Bewer­be­rin­nen und Bewer­ber“ betei­ligt gewesen.

Dr. Felix Horn­fi­scher ist Rich­ter am Ver­wal­tungs­ge­richt Frei­burg i. Br. und Mit­her­aus­ge­ber der Zeit­schrift Ord- nung der Wis­sen­schaft (OdW).

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