Die Entscheidung des BAG vom 21. Juni 2023 birgt für
die Hochschulen, Universitätsklinika und außeruniver-
sitären Forschungseinrichtungen im Zusammenhang
mit einer ggf. erforderlichen Personalratsbeteiligung
neue Fallstricke bei der Befristung von Arbeitsverhält-
nissen gemäß den Befristungsgründen des WissZeitVG.
Über die Beteiligung der Personalvertretung hinaus
wirft der Fall zudem auch zahlreiche individualvertragli-
che Themen auf, die insbesondere in den – ebenso
lesenswerten – vorinstanzlichen Entscheidungen ange-
sprochen werden.
Die nachfolgenden Ausführungen gliedern sich da-
her in eine kurze Zusammenfassung der Entscheidun-
gen der Arbeitsgerichte (I) mit einer anschließenden
Würdigung (II), wobei insbesondere Fragen der Perso-
nalratsmitbestimmung für die Befristungsgründe des
WissZeitVG (1.), der Anwendbarkeit des WissZeitVG
n.F. auf Altverträge (2.), der rechtlichen Qualifizierung
des Abschlusses eines Arbeitsvertrages in Bezug auf das
Einverständnis gem. § 2 Abs. 5 Satz 1 WissZeitVG (3.),
der Möglichkeit zur wissenschaftlichen Qualifizierung
nach abgeschlossener Habilitation (4.) und schließlich
der Möglichkeit einer einseitigen Verlängerung des Ar-
beitsverhältnisses ohne weitere Qualifizierungsmöglich-
keit (5.) nachgegangen werden soll. Im Einzelnen:
I. Entscheidungen der Arbeitsgerichte
Die Urteile der Arbeitsgerichte über drei Instanzen zei-
gen anschaulich, welchen Schwierigkeiten sich die Hoch-
schulen, Universitätsklinika und außeruniversitären
Forschungseinrichtungen gegenübersehen. Auch für
kundige Arbeitsjuristen wird die Rechtslage infolge der
immer neuen Facetten des WissZeitVG zusehends
undurchsichtiger. Dies mag zum einen den fortgesetzten
gesetzgeberischen Regelungsversuchen1 einer zugege-
ben schwierigen Interessenlage oder den immer neuen
Anforderungen der Rechtsprechung2 geschuldet sein,
was im Kern darauf zurückgehen dürfte, dass gerade im
Zusammenhang mit der Ausreizung und Ausdehnung
der Höchstbefristungsgrenzen eine rückschauende
Betrachtung oft jahrzehntelang bestehender Arbeitsver-
hältnisse erforderlich wird, wodurch sich dann eine Viel-
zahl von Fehlerquellen ergibt.
Die aus der Dauer des Arbeitsverhältnisses folgende
Komplexität mag schließlich auch dazu beigetragen ha-
ben, dass das ArbG Potsdam die Befristung als wirksam
einstufte, das LAG wiederum die Unwirksamkeit der Be-
fristung aus einer Überschreitung der Höchstbefris-
tungsgrenzen schloss und das BAG schließlich auf der
Grundlage einer fehlenden Personalratsmitbestimmung
zur Unwirksamkeit der Befristung gelangte, was seiner-
seits bereits zu weiteren Voraussetzungen in der Instanz-
rechtsprechung geführt hat.3
1. Sachverhalt
Den Entscheidungen liegt die Entfristungsklage einer –
im Zeitpunkt der Klage – promovierten und im Fach
„Physikalische Biochemie“ habilitierten Naturwissen-
schaftlerin zugrunde, wobei die folgenden Zeiten in den
arbeitsgerichtlichen Entscheidungen Berücksichtigung
fanden:
Tobias Mandler und Hannes Wolff
Personalratsbeteiligung bei Befristungen gemäß
WissZeitVG – zugleich Besprechung von BAG, Urteil
vom 21. Juni 2023 – 7 AZR 88/22, LAG Berlin-
Brandenburg, Urteil vom 9. Dezember 2021 –
21 SA 329/21 und ArbG Potsdam, Urteil vom
15. Dezember 2020 – 4 (5) Ca 1137/19
1
Vgl. Referentenentwurf des Bundesministeriums für Bildung
und Forschung für den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Befristungsrechts für die Wissenschaft vom 6. Juni 2023; vgl auch
BT-Drs. 20/11265; BR-Drs. 156/1/24.
2
Vgl. bspw. BAG NJW 2022, 2354 zum Erfordernis einer eigenen
wissenschaftlichen Qualifizierung des bereits wissenschaftlich
tätigen Personals; zu Recht kritisch Stalberg, Zum Qualifizie-
rungserfordernis nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG — Anmerkung zu
BAG, Urteil vom 2.02.2022 — 7 AZR 573/20, OdW 2022, 277 ff.;
Oehlschläger, jurisPR-ArbR 45/2022 Anm. 1; Hauck-Scholz, öAT
2022, 144; Herrmann, RdA 2023, 50; Jesgarzewski, AA 2022, 189;
Günther, ArbR 2022, 345; Marquardt, ArbRB 2022, 296; Boemke,
jurisPR-ArbR 5/2024 Anm. 2 vgl. bereits Mandler/Banerjee, OdW
2021, S. 193 f.
3
Vgl. LAG Düsseldorf, Urteil vom 7. November 2023 – 14 Sa 526/23
–, juris; vgl. Burger oeAT 2024, 97.
Ordnung der Wissenschaft 2024, ISSN 2197–9197O R D N U N G D E R W I S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 4 ) , 2 1 3 — 2 2 2
2 1 4
4
Zusammenfassende Darstellung, für die Einzelheiten verweisen
wir auf die Entscheidungen der Instanzgerichte und des BAG.
5
Die Befristung vom 17.01.2006 bis zum 31.12.2007 erfolgte noch
auf der Grundlage von § 57f Abs. 2 iVm. § 57b Abs. 1 HRG.
6
In dem Schreiben hierzu heißt es: „Ihre Beschäftigung erfolgt
in einem öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnis eigener
Art. Ein Arbeitsverhältnis oder ein Beamtenverhältnis wird damit
nicht begründet. Eine Anrechnung auf die Höchstbefristungsdauer
nach § 2 Abs. 1 und 3 Wissenschaftszeitvertragsgesetz erfolgt damit
nicht.“; vgl. § 28 TV‑L: „Beschäftigte können bei Vorliegen eines
wichtigen Grundes unter Verzicht auf die Fortzahlung des Entgelts
Sonderurlaub erhalten.“
7
Wissenschaftszeitvertragsgesetz vom 12.4.2007 (BGBl. I S. 506)
i.d.F.d. Änd. durch Art. 1 d. 1. WissZeitVGÄndG v. 11.3.2016
(BGBl. I S. 442).
8
Wissenschaftszeitvertragsgesetz vom 12.4.2007 (BGBl. I S. 506)
i.d.F.d. Änd. durch Art. 6 d. MuSchRNG v. 23.05.2017 (BGBl. I S.
1228).
9
Insoweit ist es zumindest ungenau, wenn das BAG lediglich
§ 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 WissZeitVG als „Befristungsgrund“ angibt.
Die Verlängerungstatbestände in Abs. 5 können nur im Falle des
Einverständnisses des Arbeitnehmers zur einseitigen Verlänge-
rung des befristeten Arbeitsverhältnisses führen. Andernfalls
führen die Tatbestände lediglich zur Veränderung der Höchstbe-
fristungsgrenze und ändern an dem Grund der Befristung gem.
§ 2 Abs. 1 WissZeitVG nichts.
10
AG Potsdam, Urteil vom 15. Dezember 2020 – 4 (5) Ca 1137/19
(nicht veröffentlicht, die Autoren haben Akteneinsicht erhalten).
Die Klägerin hatte zudem als wissenschaftliche Mit-
arbeiterin die Beteiligung des Personalrats in personel-
len Angelegenheiten beantragt. Im Anhörungsschreiben
für die zuletzt vorgenommene Verlängerung heißt es
(Hervorhebung hinzugefügt):
„Gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 1, 4 und 9 LPersVG beantrage
ich Ihre Zustimmung zur befristeten Weiterbeschäftigung
vom 01.07.2018 bis zum 16.07.2019 mit einem Umfang von
40 Wochenstunden in der Entgeltgruppe 13 TV‑L (Stufe 5).
Die Befristung des Arbeitsverhältnisses beruht weiterhin
auf § 2 Abs. 1 WissZeitVG i.V.m. § 2 Abs. 5 Nr. 2
WissZeitVG (Verlängerung aufgrund der Inanspruchnah-
me von Sonderurlaub).“
Der Personalrat stimmte der Weiterbeschäftigung
der Klägerin schließlich zu und die Parteien setzten ihre
Zusammenarbeit auf der Grundlage des Arbeitsvertra-
ges vom 22. Juni 2018 fort. Der hierfür abgeschlossene
„Arbeitsvertrag“ wich allerdings in § 3 Abs. 3 bis Abs. 5
und § 7 vom vorangegangenen Vertrag ab und enthielt
eine neue Tätigkeitsbeschreibung mit Qualifizierungs-
ziel. In der Befristungsabrede heißt es wie folgt (Hervor-
hebung hinzugefügt):
„Das Arbeitsverhältnis ist befristet für die Zeit vom
03.07.2018 bis 16.07.2019. Die Befristung beruht auf
§ 2 Abs. 1 WissZeitVG, Verlängerung gem.
§ 2 Abs. 5 Nr. 2 WissZeitVG.“9
Mit der am 6. August 2019 erhobenen Entfristungs-
klage machte die Klägerin die Unwirksamkeit ihrer Be-
fristung und den Bestand eines unbefristeten Arbeits-
verhältnisses geltend.
2. Arbeitsgericht Potsdam10
Das ArbG wies die Klage insgesamt zurück und bestätig-
te die Wirksamkeit der zuletzt geschlossenen Befris-
tungsabrede. Im Kern – und Unterschied zum BAG –
ging das Arbeitsgericht dabei davon aus, dass das Einver-
ständnis der Klägerin in die Verlängerung ihres Arbeits-
vertrages gem. § 2 Abs. 5 WissZeitVG durch den
Abschluss des Arbeitsvertrages erfolgt sei. In der Ent-
scheidung heißt es hierzu:
„Die für die Zeit vom 01.01.2017 bis zum 02.07.2018 ver-
einbarte Verlängerung des Arbeitsverhältnisses (Vertrag
vom 27.07.2016) ist ebenfalls nicht zu beanstanden, da die
Klägerin im Zeitraum vom 01.04.2015 bis 30.09.2016 mitMandler/Wolff · Personalratsbeteiligung bei Befristungen gemäß WissZeitVG 2 1 5
11
Das ist zumindest dahingehend zweifelhaft, als dass § 2 Abs.
3 WissZeitVG auch Beamtenverhältnisse und „befristete
Arbeitsver-hältnisse, die nach anderen Rechtsvorschriften abge-
schlossen wurden“ einbezieht, vgl. Löwisch in AR-Kommentar,
10. Aufl. 2021, § 2 Rn. 6.
12
Vgl. ErfK/Müller-Glöge, 24. Aufl. 2024, WissZeitVG § 2 Rn. 19.
13
LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. Dezember 2021 –
21 Sa 329/21 –, juris.
der Vertretung einer Professur beauftragt war und für ihre
wissenschaftliche Tätigkeit beurlaubt war, der Arbeitsver-
trag ruhte, so dass gem. § 2 Abs. 5 Nr. 2 WissZeitVG das
Arbeitsverhältnis sich verlängerte. Das erforderliche Ein-
vernehmen der Klägerin hat diese mit Unterzeichnung des
entsprechenden Arbeitsvertrages erklärt.“
Die Zeiten der Vertretung einer Professur seien fer-
ner als Zeiten gem. § 2 Abs. 5 Nr. 2 WissZeitVG berück-
sichtigungsfähig, da die Beschäftigung der Klägerin in-
soweit im Rahmen eines „öffentlich-rechtlichen Dienst-
verhältnisses eigener Art“ außerhalb des bestehenden Ar-
beitsvertrages erfolgt sei.11 Eine weitere Verlängerung
„kraft Gesetzes“ folge aus den Zeiten, in denen die Klä-
gerin als stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte zu
mindestens einem Fünftel von ihrer Arbeitsleistung frei-
gestellt war12 und die nicht bereits verbraucht waren. In-
soweit sei die Verlängerung auch nicht auf den Umfang
der konkreten Freistellung beschränkt, sondern erfasse
nach dem Wortlaut und Zweck des Gesetzes den gesam-
ten Zeitraum der Freistellung, wobei auch der Stellver-
treter von der Freistellung profitieren könne, soweit die-
se tatsächlich erfolgt sei. Das Einvernehmen der Kläge-
rin folge wiederum aus dem Abschluss des Arbeitsver-
trages. Die fehlende Nennung von § 2 Abs. 5 WissZeitVG
sei demgegenüber unerheblich, da die „angegebene Zif-
fer“ für „den Befristungs- oder Verlängerungsgrund“ nicht
konstitutiv sei. Entscheidend sei einzig, dass ein entspre-
chender Befristungs- oder Verlängerungsgrund angege-
ben ist und ganz allgemein auf das WissZeitVG als das
die Befristung bzw. Verlängerung tragende Gesetz abge-
stellt werde.
Die Klägerin habe sich zudem auch weiter qualifizie-
ren können, da „auf den Abschluss des Arbeitsvertrages in
2015 abzustellen“ sei und die Klägerin in diesem Zeit-
punkt „noch nicht habilitiert war“. „Bei einer durch Ge-
setz eintretenden Verlängerung des Arbeitsverhältnisses“
könne zudem „nicht unterschieden werden, ob die Quali-
fikation bereits eingetreten ist oder erst noch erfolgen wird,
da der gesetzliche Automatismus ansonsten nicht greifen
würde.“
Schließlich sei die Befristung auch nicht wegen einer
fehlerhaften Personalratsbeteiligung unwirksam. „Schon
bei Abschluss eines Arbeitsvertrages im wissenschaftlichen
Bereich zur wissenschaftlichen Qualifizierung“ sei dem
Personalrat „bekannt, dass die Arbeitsverträge sich ggf.
bei Vorliegen weiterer Bedingungen wie Beurlaubung zur
wissenschaftlichen Tätigkeit oder Freistellung für ein Man-
dat verlängern können“, weshalb der Personalrat „also
schon bei der Einstellung davon ausgehen [müsse], dass
das Arbeitsverhältnis sich ggf. verlängert“. Darüber hin-
aus trete die Verlängerung mit dem Einverständnis der
Klägerin „kraft Gesetzes“ ein, weshalb eine Beteiligung
des Personalrats mangels Einflussnahme der Beklagten
nur insoweit bestehen könne, wie die Befristung über
das Einverständnis der Klägerin hinausgehe.
3. Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg13
Anders als das ArbG ging das LAG von der Unwirksam-
keit der Befristung aus, da die Voraussetzungen der Ver-
längerungstatbestände gem. § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 und
Nr. 5 WissZeitVG auf der Grundlage des zwischen den
Parteien zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrages nicht
erfüllt gewesen seien.
So könne sich die Klägerin auf ihre Verlängerungs-
zeit durch ihr Amt als stellvertretende Gleichstellungs-
beauftragte schon deshalb nicht berufen, weil ihr Ar-
beitsvertrag vom 30. November 2009 nicht über den 31.
Dezember 2011 hinaus verlängert worden sei. In dem
Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags zum 1. Januar
2012, der sich auf die Kinderbetreuung gem.
§ 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG (a.F.) beziehe, liege daher
ein „Verzicht“ auf die Möglichkeit zur einseitigen Ver-
längerung des Arbeitsverhältnisses, da eine entsprechen-
de Verlängerungserklärung zwar stillschweigend, nicht
aber nach Ablauf des der Verlängerung zugrundeliegen-
den Anstellungsverhältnisses erfolgen könne. Die Zeiten
der Vertretungsprofessur würden mit 18 Monaten allein
schließlich ohnehin nicht ausreichen, um die letzte Be-
fristung zu rechtfertigen.
Infolgedessen sei auch die Höchstbefristungsgrenze
überschritten, denn selbst unter Berücksichtigung der
eventuellen Verlängerungszeiten infolge der 18-monati-
gen Vertretungsprofessur ergäbe sich eine Befristungs-
dauer, die rund 10 Monate über der Befristungshöchst-
grenze der Klägerin liege.
Die Frage, ob der Personalrat der Universität Pots-
dam ordnungsgemäß beteiligt wurde, ließ das LAG
schließlich aus diesem Grund ebenso dahinstehen.O R D N U N G D E R W I S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 4 ) , 2 1 3 — 2 2 2
2 1 6
14
BAG, Urteil vom 21. Juni 2023 – 7 AZR 88/22 = NJW 2024, 105
= NZA 2023, 1527; NJW-Spezial 2023, 756; vgl. Besprechungen
Krieger FD-ArbR 2023, 820557, ArbRAktuell 2023, 625; Laber öAT
2024, 13.
15
Sofern die männliche Form genannt wird, ist stets auch die weib-
liche mit umfasst. Die Ausführungen beziehen sich entsprechend
auch auf künstlerisches Personal.
16
Vgl. zum Spannungsverhältnis schon Schubert/Tarantino, Hoch-
schullehrer im Personalvertretungsrecht, OdW 2015 S. 11 ff.
17
Siehe auch weiterführend OVG NRW, Beschluss vom 26. Februar
2024 – 34 A 67/23.PVL –, juris.
4. Bundesarbeitsgericht14
Auch das BAG gelangte schließlich zur Unwirksamkeit
der Befristung.
So seien die Zeiten der Vertretungsprofessur der Klä-
gerin zwar einer Verlängerung gem. § 2 Abs. 5
Satz 1 Nr. 2 WissZeitVG zu Grunde zu legen und inso-
weit durch die Beschäftigung der Klägerin vom 1. Januar
2017 bis zum 2. Juli 2018 „verbraucht“.
In Bezug auf die Zeiten der Freistellung als stellver-
tretende Gleichstellungsbeauftragte könne sich das be-
klagte Land hingegen nur auf § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2
WissZeitVG (Sonderurlaub) stützen und nicht auf den
an sich einschlägigen § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 WissZeitVG,
da in der Anfrage an den Personalrat nur auf
§ 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 WissZeitVG verwiesen wurde:
„§ 2 Abs. 1 WissZeitVG i.V.m. § 2 Abs. 5 Nr. 2
WissZeitVG (Verlängerung aufgrund der Inanspruchnah-
me von Sonderurlaub).“ Das arbeitgebende Land sei da-
her „durch die typologisierende Bezeichnung des Befris-
tungsgrundes auf diesen festgelegt“ und könne diesen nur
im Rahmen eines neuen Mitbestimmungsverfahrens er-
setzen. Da es sich bei den Zeiten der Freistellung als stell-
vertretende Gleichstellungsbeauftragte nicht um Son-
derurlaub im Sinne von § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Wiss-
ZeitVG handle, war die Höchstbefristungsgrenze über-
schritten und die Befristung unwirksam. Darauf, ob die
Zeiten der Freistellung eine Verlängerung gemäß
§ 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 WissZeitVG gerechtfertigt hätten,
kam es dementsprechend nicht mehr an.
Das Land könne zudem nicht einwenden, dass es zu
einer Zustimmung des Personalrats infolge der „automa-
tischen“ Verlängerung der Befristung durch den Ab-
schluss des Arbeitsvertrages gekommen sei. Zwar spre-
che „einiges dafür“, dass in einem solchen Fall eine Mit-
bestimmung nicht erforderlich sei, die Klägerin habe
aber keine solche Verlängerung erklärt. Vielmehr hand-
le es sich bei dem zuletzt geschlossenen Arbeitsvertrag
vom 22. Juni 2018 um einen neuen Arbeitsvertrag und
keine Verlängerung des bestehenden Arbeitsverhältnis-
ses. Der zuletzt geschlossene Arbeitsvertrag regele in
§ 3 Abs. 3, Abs. 5 und § 7 Abweichendes gegenüber dem
vorherigen Vertrag aus 2013 und enthalte zudem eine
neue Tätigkeitsbeschreibung.
Dahinstehen ließ das BAG, ob Verlängerungszeiten
auch dann nicht auf die Höchstbefristungsgrenze anzu-
rechnen und daher im Rahmen einer Befristungsabrede
genutzt werden könnten, wenn das Arbeitsverhältnis, in
dem die Verlängerungszeit angefallen ist, bereits beendet
wurde und die Verlängerungszeit vor dem Inkrafttreten
des § 2 Abs. 5 Satz 3 WissZeitVG in der Fassung vom
16. März 2016 lag.
II. Rechtliche Würdigung
Die Entscheidungen zeigen, dass bereits ein „Standard-
fall“ eine Vielzahl von Rechtsfragen aufwerfen kann,
deren Beantwortung auch nach drei Instanzen noch
nicht eindeutig ist oder weitere Fragen über den Fall hin-
aus aufwirft.15 Im Einzelnen:
1. Personalratsmitbestimmung
Die Personalratsmitbestimmung bei Wissenschaftlern
ist Sache der Länder und die Vertretung des wissen-
schaftlichen Personals demensprechend unterschiedlich
geregelt.16 Die Entscheidung des BAG stützt sich auf die
– antragsabhängige – Mitbestimmung gem. §§ 90, 63
PersVG (Brandenburg). Ähnliche Regelungen finden
sich bspw. in Mecklenburg-Vorpommern (§ 68 Abs. 3
Satz 1 MVPersVG), im Saarland (§ 81 Abs. 2 lit. a) Saarl-
PersVG) oder Sachsen (§ 82 Abs. 1 S. 1 SächsPersVG).
Nordrhein-Westfalen17 sieht ebenfalls eine Mitbestim-
mung vor (§§ 72, 66, 104 LPVG NW). Andere Länder
schließen eine Mitbestimmung jedenfalls in Teilen aus,
bspw. Baden-Württemberg (§ 99 Abs. 2 LPVG; vgl. aber
im Übrigen Antragsbindung gem. § 76 Abs. 2 LPVG
BW) und Bayern (Art. 78 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 BayPersVG).
Wieder andere Länder schwächen die Mitbestimmung
auf eine Mitwirkung für das Hochschulpersonal ab
(§ 89 Abs. 1 LPVG Berlin).
a) Befristung gem. § 2 Abs. 1 WissZeitVG
Das BAG hat seine Entscheidung damit begründet, dass
der Arbeitgeber durch die „typologisierende Bezeichnung
des Befristungsgrundes auf diesen festgelegt“ sei. Das ist
dem Grunde nach nachvollziehbar und sicher auch rich-
tig. Allerdings stellt sich in Bezug auf § 2 Abs. 5 Wiss-
ZeitVG die berechtigte Frage, ob es sich hierbei über-Mandler/Wolff · Personalratsbeteiligung bei Befristungen gemäß WissZeitVG 2 1 7
18
LAG Düsseldorf, Urteil vom 7. November 2023 – 14 Sa 526/23 –,
juris; vgl. Burger oeAT 2024, 97; ebenso ArbG Wuppertal, Urteil
vom 4. Mai 2023 – 6 Ca 2250/22 –, juris: „Nur wenn der Perso-
nalrat über die konkreten vorangegangenen Beschäftigungszeiten
des Arbeitnehmers unterrichtet wird, ist er in der Lage zu prüfen,
ob die zeitlichen Höchstgrenzen mit der aktuellen Befristung ein-
gehalten werden, mithin wirksam sind, oder darauf hinzuwirken,
weitere zeitliche Befristungsmöglichkeiten gegebenenfalls vollständig
auszuschöpfen.“
haupt noch um einen Teil des „Befristungsgrundes“ han-
deln kann. Das WissZeitVG kennt die sachgrundlose
Befristung gem. § 2 Abs. 1 WissZeitVG für Promotions-
und Post-Doc-Phase, die Drittmittelbefristung in
§ 2 Abs. 2 WissZeitVG als Sachgrundbefristung und die
Befristung in § 6 WissZeitVG. § 2 Abs. 5 WissZeitVG ist
demgegenüber jedenfalls dann kein Befristungsgrund,
wenn die Verlängerung des Arbeitsvertrages nicht ein-
seitig durch das Einverständnis des Arbeitnehmers
erfolgt, sondern zweiseitig durch Vertragsabschluss. In
diesem Fall kommt § 2 Abs. 5 Satz 1 WissZeitVG ledig-
lich die Bedeutung eines Verlängerungstatbestandes im
Rahmen der Berechnung der Höchstbefristungsgrenze
zu. Dass es sich insoweit nicht um einen Befristungs-
grund handeln kann, zeigt sich – neben der Gesetzesbe-
gründung – vor allem auch dann, wenn ein Verlänge-
rungstatbestand innerhalb der Ausgangsbefristungs-
höchstgrenzen anfällt und die bereits eingetretene
Verlängerung für die Befristung nach § 2 Abs. 1 Wiss-
ZeitVG gar nicht erforderlich ist. Auch wenn der Arbeit-
nehmer einseitig das Vertragsverhältnis durch sein Ein-
verständnis verlängert, bleibt fraglich, ob dies § 2 Abs. 5
Satz 1 WissZeitVG in den Rang eines Befristungsgrundes
erhebt, da lediglich das ursprünglich vereinbarte Ver-
tragsende – einseitig – verändert wird, ohne am
ursprünglichen Befristungsgrund aus § 2 Abs. 1 Wiss-
ZeitVG etwas zu ändern. Die Verlängerung der Höchst-
befristungsgrenze folgt jedenfalls nach der derzeitigen
Fassung des Gesetzes automatisch aus dem Gesetz in
dem Zeitpunkt, in dem die jeweilige Verlängerungszeit
eingetreten ist und ist nicht von einem vorherigen Ein-
verständnis abhängig. Ihre Nutzung für eine beiderseiti-
ge Befristungsabrede im Rahmen der Höchstbefris-
tungsgrenzen ist daher nicht von einer vorherigen „Aus-
wahl“ des Verlängerungstatbestands oder seiner
Klarstellung abhängig.
Letztlich hat das BAG in seiner Entscheidung daher
nicht den Befristungsgrund zum Ausgangspunkt der
Mitbestimmungsprüfung erhoben, sondern dessen
Rechtfertigung und Berechnung, die sich aber bereits
kraft Gesetzes automatisch ergeben und daher auch
nicht zur Disposition der Parteien oder des Personalrats
stehen. Hiermit setzt sich das BAG nicht auseinander. In
der Entscheidung heißt es schlicht ohne weitere Begrün-
dung: „Diese Grundsätze finden auch im Geltungsbereich
des WissZeitVG Anwendung.“ Ob dies in dieser Form zu-
treffend ist, bleibt vor dem Hintergrund einer kraft Ge-
setzes eingetretenen Verlängerung der Höchstbefris-
tungsgrenze zumindest zweifelhaft, dürfte aber jeden-
falls mit Blick auf die Aufgabe des Personalrats in Bezug
auf die Prüfung der Wirksamkeit der Befristung und die
weitreichenden Informationspflichten des Arbeitgebers
auch für Umstände außerhalb des eigentlichen Befris-
tungsgrundes gerechtfertigt sein.
Die Auswirkungen der Entscheidung sind für die
Praxis weitreichend, da auf diesem Weg auch an sich
wirksame Befristungen mit einem validen Befristungs-
grund aufgrund eines Schreibversehens oder Fehlers bei
der Begründung der Höchstbefristungsgrenzen unwirk-
sam werden können. Die Hochschulen, Universitätskli-
nika und außeruniversitären Forschungseinrichtungen
sind daher gut beraten, entsprechende Erläuterungen
ganz wegzulassen und lediglich pauschal auf
„§ 2 Abs. 1, Abs. 5 WissZeitVG“ zu verweisen oder – ohne
Angabe einer bestimmten Ziffer aus § 2 Abs. 5 Satz 1
WissZeitVG – die tatsächlichen Umstände zu umschrei-
ben, die eine Verlängerung rechtfertigen können, um bei
der Begründung der Verlängerungstatbestände flexibel
zu bleiben. Selbiges gilt für die Angabe des Verlänge-
rungsgrundes im Arbeitsvertrag selbst, da sich auch hier
durch eine versehentliche Falschangabe Abweichungen
gegenüber der Personalratsbeteiligung und damit die
Unwirksamkeit der Befristung ergeben können. Kleinste
Fehler können sich andernfalls noch Jahre später fatal
auswirken, wie der entschiedene Fall zeigt.
Bei der Information des Personalrats ist allerdings
auch die Entscheidung des LAG Düsseldorf zu berück-
sichtigen nach der der Arbeitgeber den Personalrat je-
denfalls nach § 72 LPVG NRW so zu informieren hat,
„dass dieser sein Mitbestimmungsrecht wahrnehmen
kann“, wobei der Personalrat anhand der Angaben prü-
fen können soll, „ob die beabsichtigte Befristung nach den
Grundsätzen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle
wirksam ist“. Bei § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG ist die Be-
rücksichtigung von Vorbeschäftigungszeiten als Be-
standteil der Überprüfung der Wirksamkeit der beab-
sichtigten Befristung erforderlich. Das Mitbestim-
mungsrecht diene dem Schutz des Arbeitnehmers und
soll dem Interesse an dauerhaften arbeitsvertraglichen
Bindungen Rechnung tragen.18 Zu diesen Angaben seiO R D N U N G D E R W I S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 4 ) , 2 1 3 — 2 2 2
2 1 8
19
Eine derart weitgehende Informationspflicht erscheint jeden-
falls in Anbetracht der „partnerschaftlichen Zusammenarbeit“
zwischen Arbeitgeber und dem Personalrat zweifelhaft, wenn der
Personalrat der Beschäftigung auf der Grundlage der vorhan-
denen Informationen zustimmt, da er hierdurch zum Ausdruck
bringt, dass gerade keine Bedenken gegen die angedachte Be-
schäftigung bestehen.
20
Vgl. zum Rechtsmissbrauchseinwand unlängst LAG Sachsen-An-
halt, Urteil vom 5. Dezember 2022 – 8 Sa 425/20 –, juris; Mandler,
Rechtsmissbrauch bei Drittmittelbefristungen gem. § 2 Abs. 2
WissZeitVG, OdW 2015, 221.
21
Vgl. Mandler/Meißner, Entwurfsdiskussion WissZeitVG, OdW
2016, 46.
der Arbeitgeber auch ohne besondere Aufforderung des
Personalrats verpflichtet, ohne dass den Personalrat eine
Verpflichtung zur Nachfrage treffe. Der Personalrat müs-
se über alle Informationen verfügen, die er zur ord-
nungsgemäßen Wahrnehmung seines Mitbestimmungs-
rechts benötigt und daher über sämtliche „Vorbeschäfti-
gungszeiten vollständig“ informiert werden.19 Im ent-
schiedenen Fall genügte die Anfrage des Arbeitgebers
den Anforderungen nicht, da es an konkreten Angaben
zu den Zeiten der Vorbeschäftigung des Klägers fehlte.
Eine Information des Personalrats sollte daher jeden-
falls dann, wenn die Ausgangshöchstbefristungsgrenzen
durch die Befristung überschritten werden und infolge-
dessen eine Prüfung der verschiedenen Verlängerungs-
tatbestände nach § 2 Abs. 5 WissZeitVG in Betracht
kommt, auf die gesamte Historie des Arbeitnehmers ver-
weisen, um eine Beanstandung aufgrund fehlender In-
formationen auszuschließen.
Ob sich durch die Entscheidung des BAG langfristig
die gewünschte Klarheit bei der Mitbestimmung einstel-
len wird, die das Urteil sicher vor Augen hatte, bleibt ab-
zuwarten. Wahrscheinlicher dürfte hingegen eine
„Flucht“ der arbeitgebenden Länder in die vorstehend
skizzierten Verallgemeinerungen oder eine Neuregelung
in den Landespersonalvertretungsgesetzen sein, um das
Risiko einer ohnehin komplizierten Berechnung und
Handhabung der Höchstbefristungsgrenzen jedenfalls
mit Blick auf das Personalvertretungsrecht in den betrof-
fenen Ländern abzumildern.
Dies vorausgeschickt, bleibt den Hochschulen, Uni-
versitätsklinika und außeruniversitären Forschungsein-
richtungen natürlich die Option, eine einseitige Verlän-
gerungserklärung des Arbeitnehmers vor Ablauf des je-
weiligen Vertrages zu erwirken oder diese in der jeweili-
gen Vertragsverlängerung klarzustellen. Zwar hat das
BAG die Frage der Mitbestimmung im Falle einer einsei-
tigen Verlängerungserklärung des Arbeitnehmers offen-
gelassen, die – zutreffende – Überlegung, wonach schon
keine mitbestimmungspflichtige Maßnahme des Arbeit-
gebers im Sinne des Personalvertretungsrechts vorliegt,
aber anerkannt.
b) Befristung gem. § 2 Abs. 2 WissZeitVG
Die Entscheidung des BAG dürfte auch Auswirkungen
auf die Anforderungen an eine Drittmittelbefristung
haben. Die Beteiligung des Personalrats nach den jewei-
ligen Landesgesetzen vorausgesetzt, ist zu erwarten, dass
die Arbeitsgerichte für eine wirksame Drittmittelbefris-
tung auch vollständige Informationen über das jeweilige
Drittmittelprojekt im Rahmen der Tatbestandsmerkma-
le des Befristungstatbestands fordern werden und eine
unzureichende Information hier ebenfalls zur Unwirk-
samkeit der Befristungsabrede führen kann.20
c) Befristung gem. § 6 WissZeitVG
Für Befristungen nach § 6 WissZeitVG stellt sich das
Problem einer fehlerhaften Beteiligung des Personalrats
nicht im selben Umfang, da hier die Verlängerungstatbe-
stände aus § 2 WissZeitVG nicht greifen.
2. Anwendbares Recht bei Altverträgen
Ausdrücklich offen gelassen hat das BAG die schwierige,
aber folgenreiche Frage, ob § 2 Abs. 5 Satz 3 WissZeitVG
in der Fassung vom 16. März 2016 auch auf Verlänge-
rungszeiten Anwendung findet, die vor dem Inkrafttre-
ten der Novelle liegen. Der Autor Mandler hatte auf die-
ses Problem bereits im Vorfeld der Novellierung hinge-
wiesen und die Aufnahme einer klärenden
Übergangsregelung angeregt.21 Eine entsprechende
Regelung wurde jedoch schließlich nicht in das Gesetz
aufgenommen. Letztendlich wird man – unter Inkauf-
nahme des Risikos einer abweichenden Rechtsprechung
– aber davon ausgehen müssen, dass eine Berücksichti-
gung von Verlängerungszeiten vor dem 16. März 2016
möglich sein muss.
In § 2 Abs. 5 Satz 2 WissZeitVG a.F. hieß es: „Eine
Verlängerung nach Satz 1 wird nicht auf die nach Absatz 1
zulässige Befristungsdauer angerechnet“, wobei die Geset-
zesbegründung hierzu erläuterte: „Satz 2 verdeutlicht,
dass mit der Regelung des Absatzes 5 sichergestellt werden
soll, dass die Qualifizierungsphase insgesamt ausgeschöpft
werden kann. Für die Anwendbarkeit der Regelung kommt
es nicht darauf an, dass die Beurlaubung oder sonstigeMandler/Wolff · Personalratsbeteiligung bei Befristungen gemäß WissZeitVG 2 1 9
22
BT-Drs. 16/3438 S. 16.
23
BT-Drs. 18/6489 S. 12 f. „Die Änderung des künftigen Satz 3 zielt
auf die Schließung einer Regelungslücke im Zusammenhang mit
den in Satz 1 geregelten sogenannten Unterbrechungszeiten (zum
Beispiel Elternzeit). Diese bewirken im Einverständnis mit der Mit-
arbeiterin oder dem Mitarbeiter eine automatische Verlängerung
des Vertrages, für die das WissZeitVG bislang ausdrücklich regelt,
dass die Verlängerungszeit nicht auf den Befristungsrahmen des
§ 2 Absatz 1 angerechnet wird. Nicht ausdrücklich geregelt ist je-
doch, wie sich eine Unterbrechungszeit auf den Befristungsrahmen
auswirkt, wenn keine Vertragsverlängerung gewollt ist (beispiels-
weise wegen Wechsels zu einer anderen Hochschule im Anschluss an
die Inanspruchnahme von Elternzeit). Mit der jetzt vorgesehenen
Änderung wird für die Nichtanrechnung auf den Befristungsrah-
men ausdrücklich an den die Verlängerung nach Satz 1 auslösenden
Unterbrechungstatbestand angeknüpft. Damit wird klargestellt,
dass eine Unterbrechung der wissenschaftlichen oder künstlerischen
Qualifizierung beispielsweise wegen Kinderbetreuung oder Pflege
sich auch im Falle eines Arbeitsplatzwechsels nach der Unterbre-
chungszeit nicht nachteilig auf den Befristungsrahmen auswirkt.“
24
Eine rückwirkende Anerkennung von Verlängerungszeiten
aufgrund der neugeschaffenen Verlängerungstatbestände vor dem
Inkrafttreten der Novelle im März 2016 ist freilich nicht möglich.
25
Vgl. hierzu sowie zu den vertraglichen und tariflichen Formvor-
schriften bereits Mandler, Die Verlängerung von Arbeitsverhält-
nissen gem. § 2 Abs. 5 WissZeitVG, OdW 2014, 225 f.
26
Mandler, Die Verlängerung von Arbeitsverhältnissen gem. § 2
Abs. 5 WissZeitVG, OdW 2014, 225 f.
27
Mandler, Die Verlängerung von Arbeitsverhältnissen gem. § 2
Abs. 5 WissZeitVG, OdW 2014, 225 f.
Freistellung nicht länger als zwei Jahre gedauert hat.“22 Be-
zugspunkt ist daher die „Verlängerung nach Satz 1“. Kei-
ne Probleme ergeben sich daher, wenn ein Arbeitneh-
mer sein Einverständnis im Sinne von § 2 Abs. 5 Satz 1
WissZeitVG abgegeben hat oder – bei Fortsetzung des-
selben Arbeitsverhältnisses – nach dem 16. März 2016 er-
klärt. In diesem Fall sind die Voraussetzungen für eine
Nichtanrechnung jedenfalls gewahrt.
Dasselbe dürfte (in analoger Anwendung) aber auch
dann gelten, wenn die Verlängerungszeiten in einem be-
reits abgeschlossenen Arbeitsverhältnis angefallen sind
und daher nach dem 16. März 2016 nicht mehr für eine
einseitige Verlängerung des Arbeitnehmers zur Verfü-
gung stehen. Sinn und Zweck der Anrechnungsregelung
a.F. war die „Ausschöpfung der Qualifizierungsphase ins-
gesamt“. Der Begriff der „Verlängerung in Satz 1“ ist da-
nach teleologisch dahingehend reduziert zu verstehen,
dass lediglich die „Verlängerungs“-zeit in Satz 1 a.F. ge-
meint ist, ohne dass es einer Verlängerungserklärung be-
dürfte. Nur so kann die Qualifizierungsphase „insge-
samt“ sicher ausgeschöpft werden. Ebenso in Betracht
käme eine analoge Anwendung, denn planwidrige Rege-
lungslücke und Vergleichbarkeit der Interessenlage dürf-
ten gegeben sein. Es kann für die Ausschöpfung der
Qualifizierungsphase keinen Unterschied machen, wann
die Verlängerungszeit vorlag.
Das gleiche Verständnis wird sich auch aus einer ent-
sprechenden Anwendung von Satz 3 n.F. folgern lassen.
Die Regelung stellt abstrakt auf „Zeiten“ ab, die (künftig)
zu einer Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages
„führen können“ und soll nach dem Willen des Gesetzge-
bers eine Nichtanrechnung gerade auch für Zeiten si-
cherstellen, die in bereits beendeten Arbeitsverhältnis-
sen/Verträgen angefallen sind.23 Dass Satz 3 n.F. insoweit
ausdrücklich auf die Tatbestände in Ziff. 1–6 Bezug
nimmt und diese von der Altfassung abweichen, dürfte
demgegenüber unschädlich sein. Die Verlängerungstat-
bestände der Altfassung sind jedenfalls mitumfasst.24
Ebenso unschädlich dürfte es sein, dass der Wortlaut von
„führen können“ und nicht von „führen konnten“ spricht.
Die Gesetzesbegründung stellt hier klar, dass auch Zei-
ten, die bspw. infolge eines Arbeitgeberwechsels nicht
mehr für eine einseitige Verlängerung des Arbeitneh-
mers zur Verfügung stehen, nicht anzurechnen sind.
3. Abschluss des Arbeitsvertrags als Einverständnis oder
Verzicht
Das Arbeitsgericht hat die Frage aufgeworfen, ob im
Abschluss eines Arbeitsvertrages – bei bestehenden Ver-
längerungszeiten – gleichzeitig immer eine einseitige
Verlängerungserklärung des Arbeitnehmers vorliegt
und dies bejaht. Dem dürfte jedoch nur im Einzelfall
zuzustimmen sein.
Die Einverständniserklärung ist als Gestaltungser-
klärung bedingungsfeindlich, unwiderruflich und kann
ohne bestimmte Form auch stillschweigend oder teilwei-
se abgegeben werden.25 Die Weiterarbeit nach dem Ab-
lauf eines Arbeitsvertrages kann daher durchaus ein ent-
sprechendes Einverständnis begründen.26 Anderes gilt
aber, wenn tatsächlich ein Arbeitsvertrag oder eine Ver-
längerung desselben zwischen Arbeitnehmer und Ar-
beitgeber vereinbart wurde, da es in diesen Fällen – vor-
behaltlich abweichender Umstände im Einzelfall – am
erforderlichen Rechtsbindungswillen des Arbeitneh-
mers fehlen dürfte.27 Die Fortsetzung der Beschäftigung
setzt in diesem Fall das Einverständnis gerade nicht vor-
aus, weshalb ein solches auch nicht „vorsorglich“ vermu-
tet werden kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn die
Vertragslaufzeit hinter einer möglichen Verlängerung
kraft Einverständnisses zurückbleibt oder sonst von die-
ser abweicht und infolgedessen schon tatsächlich keine
Umstände für ein abgegebenes Einverständnis sprechen
können. Selbiges gilt, wenn sich die arbeitsvertraglichen
Regelungen ändern. Das Einverständnis des Arbeitneh‑O R D N U N G D E R W I S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 4 ) , 2 1 3 — 2 2 2
2 2 0
28
Mandler, Die Verlängerung von Arbeitsverhältnissen gem. § 2
Abs. 5 WissZeitVG, OdW 2014, 225 ff.
29
Vgl. bereits Mandler, Die Verlängerung von Arbeitsverhältnissen
gem. § 2 Abs. 5 WissZeitVG, OdW 2014, 222 f..
30
Vgl. BAG NJW 2022, 2354; zu Recht kritisch Stalberg, Zum Qua-
lifizierungserfordernis nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG — Anmerkung
zu BAG, Urteil vom 2.02.2022 — 7 AZR 573/20, OdW 2022, 277 ff.;
Oehlschläger, jurisPR-ArbR 45/2022 Anm. 1; Hauck-Scholz, öAT
2022, 144; Herrmann, RdA 2023, 50; Jesgarzewski, AA 2022, 189;
Günther, ArbR 2022, 345; Marquardt, ArbRB 2022, 296; Boemke,
jurisPR-ArbR 5/2024 Anm. 2 zu LArbG Chemnitz 4. Kammer,
Urteil vom 25.11.2022 — 4 Sa519/21; siehe auch LAG Köln, Urteil
vom 7. Oktober 2020 – 5 Sa 451/20 –, juris; vgl. bereits Mandler/
Banerjee, OdW 2021, S. 193 f.
31
Vgl. ebenso für eine bereits habilitierte Klägerin ArbG Mann-
heim BeckRS 2023, 16018: „Bereits nach der Dienstaufgabenbe-
schreibung hatte sie mindestens 50 % Forschungsarbeit zu erbrin-
gen. Hinzu kommt der Anteil der von der Klägerin geschuldeten
Lehrtätigkeit, denn es hat sich hier um wissenschaftliche Lehre
gehandelt…; Müller NZA-RR 2023, 619
32
Noch strenger LAG Köln, Urteil vom 7. Oktober 2020 – 5 Sa
451/20 –, juris: „Zu dem wissenschaftlichen Gepräge müssen
Tätigkeiten hinzukommen, die eine wissenschaftliche Qualifizie-
rung fördern und sich nicht in der bloßen Gewinnung zusätzlicher
Berufserfahrung erschöpfen“; Pschorr, RdA 2021, 237 ff.
mers verlängert den bestehenden Arbeitsvertrag mit den
im Zeitpunkt des Einverständnisses geltenden Bestim-
mungen. Werden hierzu abweichende Regelungen ge-
troffen, bedarf es einer eigenständigen Übereinkunft
zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Für ein gleich-
zeitiges Einverständnis spricht in diesem Fall auch nicht
– wie hier – der Hinweis auf einen der Verlängerungstat-
bestände in § 2 Abs. 5 WissZeitVG im Befristungsgrund.
§ 2 Abs. 5 Satz 3 WissZeitVG stellt den Parteien die Nut-
zung der Verlängerungszeiten im Rahmen einer beider-
seitigen Vereinbarung gerade frei. Ein Einverständnis ist
daher nicht zwingend erforderlich und wird – außerhalb
besonderer Umstände – nicht angenommen werden
können.
Demgegenüber wird die Erklärung eines Einver-
ständnisses durch den Abschluss eines Arbeitsvertrages
auch nicht ausgeschlossen. Es ist daher zulässig, die Be-
fristung gleichzeitig auch durch ein Einverständnis des
Arbeitnehmers abzusichern. Dies kann entweder aus-
drücklich im Arbeitsvertrag, einem gesonderten Einver-
ständnisschreiben oder auch nach Vertragsabschluss er-
folgen28, wobei die entsprechende Erklärung schriftlich
dokumentiert wird. Diese Lösung gibt jedenfalls ein wei-
teres Argument für die Wirksamkeit der Befristung im
Falle einer zweifelhaften Beteiligung des Personalrats. Es
ist allerdings zu erwarten, dass die Gerichte gerade im
Falle AGB-mäßiger Einverständniserklärungen strenge
Anforderungen stellen werden. Entsprechende Erklä-
rungen sollten daher mit größter Sorgfalt und unter voll-
ständiger Information des Arbeitnehmers verfasst
werden.
Schließlich hat das LAG im Abschluss eines neuen
Arbeitsvertrages den „Verzicht“ auf eine Verlängerung
gem. § 2 Abs. 5 WissZeitVG gesehen. Dies dürfte im Er-
gebnis für den entschiedenen Fall noch zutreffend sein,
da die Parteien hier in erheblichem Umfang abweichen-
de Regelungen und eine abweichende Tätigkeitsbe-
schreibung getroffen haben und infolge des Neuab-
schlusses eine einseitige Verlängerung nicht mehr mög-
lich war, was einem Verzicht zumindest ähnlich ist. Die-
ses Ergebnis ist aber nicht zwingend.
Letztlich kommt es darauf an, ob zwischen dem Alt-
und Neuvertrag ein qualifizierter innerer Zusammen-
hang besteht, der die Arbeitsverhältnisse als ein Einziges
erscheinen lässt.29 Auch hier ist eine entsprechende Klar-
stellung im Arbeitsvertrag als „Neubefristung“ oder
„Weiterbeschäftigung“ sinnvoll und geboten. Ebenso
möglich ist eine gesonderte Regelung der Verlängerung
mit anschließender Anpassung der inhaltlichen Rege-
lungen, wie dies bei der Verlängerung gem.
§ 14 Abs. 2 TzBfG bereits praktiziert wird. Jedenfalls ste-
hen entsprechende Verlängerungszeiten aber für eine
Berechnung der Höchstbefristungsgrenzen weiterhin
zur Verfügung, was das LAG infolge des angenommenen
„Verzichts“ anscheinend für die Zeiten der Stellvertre-
tung der Gleichstellungsbeauftragten übergangen hat.
4. Qualifizierung bei abgeschlossener Habilitation
Ebenso nicht entschieden wurde die Frage, ob eine Qua-
lifizierung bei abgeschlossener Habilitation noch mög-
lich ist. Abseits einer Neu-Qualifizierung in einem ande-
ren Fachgebiet stellt sich diese Frage in der Tat vor dem
Hintergrund der Entscheidung des BAG vom 2. Februar
2022, in der das Gericht die wissenschaftliche Qualifizie-
rung – neben der ohnehin erforderlichen wissenschaftli-
chen Tätigkeit gem. § 1 Satz 1 WissZeitVG – zum eigenen
Tatbestandsmerkmal erhoben hat.30 Die Frage wird man
nicht pauschal beantworten können, allerdings spricht
viel dafür, dass sich auch ein habilitierter Arbeitnehmer
in seinem Bereich weiter qualifizieren kann und sei es
auch nur zum Zwecke der Erlangung weiteren Fachwis-
sens in einem bestimmten Gebiet.31 Ein formales Qualifi-
zierungsziel wird gerade nicht verlangt und neben einer
angestrebten Promotion oder Habilitation ist jede För-
derung der wissenschaftlichen Kompetenz, die in irgend-
einer Form zu einer beruflichen Karriere auch außerhalb
der Hochschule befähigt, ausreichend.32 § 2 Abs. 1 Satz 2
WissZeitVG stellt lediglich auf eine bereits abgeschlosse-Mandler/Wolff · Personalratsbeteiligung bei Befristungen gemäß WissZeitVG 2 2 1
33
Vgl. bereits Mandler/Banerjee, OdW 2021, S. 193 f.
ne Promotion ab, was eine weitere Befristung auch nach
dem Abschluss der Habilitation nicht per se ausschließt.
5. Verlängerung bei fehlender Qualifizierung
Eine Schwachstelle der Überlegungen des BAG zum
Erfordernis einer Qualifizierung im Rahmen von
§ 2 Abs. 1 WissZeitVG zeigt sich freilich im Falle einer
Verlängerungserklärung des Arbeitnehmers bei – nun-
mehr – fehlender Qualifizierung. § 2 Abs. 5 WissZeitVG
erlaubt auch in diesem Fall eine Verlängerung, wobei die
Weiterbeschäftigung – ohne Qualifizierung – den
Zwecken der Verlängerungstatbestände gerade zuwider-
liefe. Ob dies hinzunehmen ist oder hier durch eine
teleologische Reduktion des Verlängerungstatbestands
eingegriffen werden müsste, bleibt demgemäß offen.
Derartiger Fälle dürfte man aber durch ein entsprechend
weites Verständnis der „Qualifizierung“ habhaft werden,
was letztlich darauf hinausläuft, dass zwischen der wis-
senschaftlichen Tätigkeit in § 1 Abs. 1 WissZeitVG und
der Qualifizierung in § 2 Abs. 1 WissZeitVG keine spür-
baren Unterschiede mehr bestehen und durch das weite-
re Erfordernis lediglich der Begründungsaufwand –
auch mit Blick auf eine ggf. erforderliche Personalratsan-
hörung – erhöht wurde.33
III. Zusammenfassung
Selbst bei der Zustimmung des Personalrats und der
Einhaltung der zeitlichen Grenzen des WissZeitVG kann
eine Befristung aufgrund einer fehlerhaften Mitteilung
an den Personalrat unwirksam sein, sofern in dieser
Anfrage ein unzutreffender Verlängerungsgrund ange-
geben wurde. Dies entbindet die Hochschulen, Universi-
tätsklinika und außeruniversitären Forschungseinrich-
tungen jedoch nicht von ihrer Verantwortung, sondern
erfordert – zumindest in den Ländern, in denen der Per-
sonalrat bei der Befristung wissenschaftlichen Personals
zu beteiligen ist – eine gesteigerte Sorgfalt und Vorsicht.
Die Folgeentscheidung des LAG Düsseldorf demons-
triert darüber hinaus, dass die Entscheidung bereits jetzt
in der Praxis Anwendung findet. Die Unwirksamkeit
einer Befristung kann demnach nicht nur aus der Be-
nennung eines unzutreffenden Verlängerungstatbestan-
des, sondern auch aus einer nicht vollständigen Informa-
tion des Personalrats resultieren.
Die betroffenen Dienststellen sind folglich gut bera-
ten, die Entscheidung im Einzelnen nachzuvollziehen
und praktisch handhabbare Prozesse aufzusetzen, um
das Risiko künftiger Entfristungsklagen zumindest ein-
zugrenzen. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil
auch für die Gerichte mit der Berechnung der Höchstbe-
fristungsgrenzen oft ein erheblicher Aufwand einher-
geht, der sich durch eine einfachere Prüfung der ord-
nungsgemäßen Personalratsbeteiligung leicht vermei-
den lässt. Es ist daher nicht zu erwarten, dass die Recht-
sprechung eventuelle Informationspflichten gegenüber
dem Personalrat restriktiv einordnen wird.
Schließlich offenbaren die Entscheidungen der Ins-
tanzgerichte, dass selbst bei der Lösung eines „Standard-
falls“ eine Vielzahl ungeklärter Rechtsfragen verbleibt,
welche den „risikofrei nutzbaren Bewegungsspielraum“
der Hochschulen, Universitätskliniken und außeruni-
versitären Forschungseinrichtungen weiter einschrän-
ken dürften.
Dr. Tobias Mandler ist Rechtsanwalt bei Jones Day in
München. Hannes Wolff ist Rechtsreferendar eben-
dort.O R D N U N G D E R W I S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 4 ) , 2 1 3 — 2 2 2
2 2 2