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I. Ein­lei­tung

In allen Lebens­be­rei­chen stellt die münd­li­che wie schrift- liche Spra­che ein zen­tra­les Medi­um zur Ver­stän­di­gung dar, sowohl im Aus­tausch mit ande­ren Men­schen als auch mit Medi­en und neu­er­dings auch mit Maschi­nen im Rah­men von Künst­li­cher Intel­li­genz (KI). Das bedeu- tet, dass Spra­che in ganz unter­schied­li­chen Situa­tio­nen und Kon­tex­ten statt­fin­det und je nach­dem eine ande­re Funk­ti­on hat und dem­entspre­chend ange­passt und ein- gesetzt wer­den muss. Man spricht in die­sem Zusam­men- hang von Sprach­re­gis­tern, die je kon­text­be­zo­gen ihre eige­ne Funk­ti­on haben.1 „Ein über­ge­ord­ne­tes Ziel sprach­li­cher Bil­dung ist daher, die Fähig­keit der Ler­nen- den zur Dif­fe­ren­zie­rung zwi­schen den sprach­li­chen Mit- teln, die ihnen zur Ver­fü­gung ste­hen, und zur Aus­wahl der pas­sen­den Mit­tel je nach sprach­li­chem, kul­tu­rel­lem und sozia­lem Kon­text zu erhöhen.“2 Damit ist eine lebens­lan­ge Ent­wick­lungs­auf­ga­be beschrie­ben, in der Spra­che nicht nur Lern­me­di­um ist, son­dern auch zum Lern­ge­gen­stand wird und glei­cher­ma­ßen den Wis­sen- schafts­be­reich betrifft. Bei Spra­che in der Wis­sen­schaft han­delt es sich um ein eige­nes Sprach­re­gis­ter, das bestimm­te Merk­ma­le auf­weist und im spe­zi­fi­schen Kon- text der Sci­en­ti­fic Com­mu­ni­ty genutzt wird. Dies gilt nicht nur für den deutsch­spra­chi­gen Raum, son­dern supra­na­tio­nal, und wird von in- und aus­län­di­schen Wis- sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­lern glei­cher­ma­ßen erwartet.3

Im Fol­gen­den wer­den ver­schie­de­ne zen­tra­le Sprach- regis­ter sowie deren Bedeu­tung für die Spra­che (lan­gua-

  1. 1  Kucharz, Alltags‑, Bil­dungs- und Fach­spra­che bei sach­un­ter- richt­li­chen The­men im Über­gang Kita – Grund­schu­le. Eine Ana­ly­se exem­pla­ri­scher Situa­tio­nen, in: Blumberg/Niederhaus/ Mischen­dahl (Hg.), Mehr­spra­chig­keit in der Schu­le, 2024, S. 39 ff.; Lang-Groth, Regis­ter, 2019, ver­füg­bar unter: https://epub. ub.uni-muenchen.de/61748/1/Lang-Groth_Register.pdf.
  2. 2  Becker-Mrot­zek/Go­go­lin/Ro­th/St­a­nat, Grund­la­gen und nor­ma­ti­ve Per­spek­ti­ven auf Mehr­spra­chig­keit, in: dies. (Hg.), Grund­la­gen der sprach­li­chen Bil­dung, 2023, S. 15.
  3. 3  Stre­cker, Spra­che in der Wis­sen­schaft, WGL-Jour­nal 1998, S. 8–12, ver­füg­bar unter: https://ids-pub.bsz-bw.de/frontdoor/deliver/in-

ge) näher betrach­tet. Die Fra­ge nach dem Erwerb die­ser Sprach­re­gis­ter und der Unter­stüt­zung und För­de­rung dabei schlie­ßen den Bei­trag ab.

II. Zen­tra­le Sprach­re­gis­ter als Aus­druck von Sprach- varietäten

Neben der Unter­schei­dung ver­schie­de­ner Natio­nal­spra- chen (lan­guage) liegt jede Spra­che auch in ver­schie­de­nen Varie­tä­ten vor. Am bekann­tes­ten sind Dia­lek­te, die je nach Regi­on sehr unter­schied­lich sein kön­nen und von der Hoch- oder Stan­dard­spra­che abwei­chen. Dane­ben wird auch zwi­schen All­tags- oder Umgangs­spra­che, Bil- dungs­spra­che und Fach­spra­che unter­schie­den; aber auch Jugend­spra­che etc. sind Varie­tä­ten einer Spra­che. Man nennt die­se Sprach­va­rie­tä­ten auch Sprach­re­gis­ter; jeder Mensch erwirbt im Lau­fe sei­nes Lebens nicht nur meh­re­re Spra­chen, son­dern auch meh­re­re Sprach­re­gis- ter.4 „Eben­so ver­än­dern sich über die Zeit die Vorstel- lun­gen von ‚rich­ti­gem‘, für eine Situa­ti­on pas­sen­den Sprach­ge­brauch. Ein Bei­spiel dafür ist das Ver­hält­nis von ‚Stan­dard­spra­che‘ und ‚Dia­lekt‘: Was als ‚Stan­dard- spra­che‘ bezeich­net wird, erfüllt zumeist Funk­tio­nen im öffent­li­chen und for­mel­len Bereich, wäh­rend ‚Dia­lekt‘ seit dem letz­ten Jahr­hun­dert vor allem im infor­mel­len und pri­va­ten Bereich ver­an­kert ist. Bei­de For­men sind ‚rich­tig‘ – vor­aus­ge­setzt, dass sie im pas­sen­den Kon­text, in der pas­sen­den Kom­mu­ni­ka­ti­ons­si­tua­ti­on ange­wen­det werden.“5

Die Grund­la­ge für die Aus­ein­an­der­set­zung mit Sprach­re­gis­tern lie­fer­te in den frü­hen 1980er Jah­ren der

dex/docId/7186/file/Strecker_Sprache_in_der_Wissenschaft_1999.

pdf.
Becker-Mrot­zek/Go­go­lin/Ro­th/St­a­nat, Grund­la­gen und normative

Per­spek­ti­ven auf Mehr­spra­chig­keit, in: dies. (Hg.), Grund­la­gen der sprach­li­chen Bil­dung, 2023; Lang-Groth, Regis­ter, 2019, ver­füg­bar unter: https://epub.ub.uni-muenchen.de/61748/1/Lang- Groth_Register.pdf.

Becker-Mrot­zek/Go­go­lin/Ro­th/St­a­nat, Grund­la­gen und nor­ma­ti­ve Per­spek­ti­ven auf Mehr­spra­chig­keit, in: dies. (Hg.), Grund­la­gen der sprach­li­chen Bil­dung, 2023, S. 10.

Die­mut Kucharz

Sprach­ver­ständ­nis und Sprach­för­de­rung in der Wissenschaft

Ord­nung der Wis­sen­schaft 2024, ISSN 2197–9197

304 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 4 (2024), 303–308

kana­di­sche Bil­dungs­for­scher Jim Cummins6, der mit BICS und CALP auf sol­che Unter­schie­de hin­wies. Mit Basic Inter­per­so­nal Com­mu­ni­ca­ti­ve Skills (BICS) be- schrieb er die all­täg­li­che Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen Men­schen, mit Cogni­ti­ve Aca­de­mic Lan­guage Pro­fi­ci­en­cy (CALP) aka­de­mi­sche sprach­li­che Kom­pe­ten­zen. Wäh- rend im dama­li­gen deutsch­spra­chi­gen Dis­kurs die­se Un- ter­schei­dung von Cumm­ins mit den Begrif­fen „restrin- gier­ter Code“ und „ela­bo­rier­ter Code“ eher hier­ar­chisch gedacht wur­de, wer­den heu­te die Funk­tio­nen betrach­tet, die das jewei­li­ge Sprach­re­gis­ter in einem bestimm­ten Kon­text hat.7 Das bedeu­tet, dass je nach Kon­text und Si- tua­ti­on ein ande­res Sprach­re­gis­ter ange­mes­sen und pas- send ist. All­tags­sprach­lich kom­mu­ni­ziert man z. B. in der Fami­lie, mit Freun­din­nen und Freun­den; im beruf­li- chen Kon­text kommt eher ein fach­sprach­li­ches Sprach- regis­ter zum Einsatz.

1. Mög­li­che Arten von Sprachregistern

Bei­spiel­haft sol­len im Fol­gen­den eini­ge Sprach­re­gis­ter her­aus­ge­grif­fen und beschrie­ben wer­den, wobei deut­lich wird, dass die­se Regis­ter weder trenn­scharf sind noch immer ein­deu­tig ein­ge­setzt werden.

Wie schon ange­spro­chen gibt es ein zen­tra­les Regis- ter, das der All­tags- oder Umgangs­spra­che zuge­ord­net wird und das im engs­ten Umfeld erwor­ben wird. Hier han­delt es sich also um ein basa­les ers­tes Sprach­re­gis­ter, das alle Men­schen in der Regel in den ers­ten Lebens­jah- ren erwer­ben. Es ermög­licht ihnen, mit ihrem pri­va­ten Umfeld in Kon­takt zu tre­ten und zu kommunizieren.

Für die Kom­mu­ni­ka­ti­on mit Peers (Gleich­alt­ri­gen, Eben­bür­ti­gen) wird meist ein davon (leicht) abwei­chen- des Sprach­re­gis­ter ein­ge­setzt; bei jun­gen Men­schen kann z. B. häu­fig eine sog. Jugend­spra­che beob­ach­tet wer­den, die sich von der Erwach­se­nen­spra­che abgrenzt.

Deut­li­cher lässt sich von die­sen bei­den Sprach­re­gis- tern die sog. Bildungssprache8 unter­schei­den. Damit wird die Spra­che benannt, die vor allem in Bil­dungs­in­sti­tu­tio- nen ver­wen­det wird und am ehes­ten der von Cumm­ins mit CALP bezeich­ne­ten Spra­che ähnelt. Eng damit ver- bun­den ist die sog. Fach­spra­che, die sich jeweils domä-

  1. 6  Cumm­ins, The con­s­truct of lan­guage pro­fi­ci­en­cy in bilin­gu­al edu­ca­ti­on, in: Ala­tis (Hg.), Cur­rent Issues in Bilin­gu­al Edu­ca­ti­on, 1980, S. 81–103.
  2. 7  Kucharz, Sprach­li­che Hete­ro­ge­ni­tät im Klas­sen­zim­mer, in: Ziehm/­Vo­et-Cor­nel­li/­Men­zel/­Goß­mann (Hg.), Schu­le migra­ti- ons­sen­si­bel gestal­ten. Impul­se für die Pra­xis, 2019, S. 62 ff.
  3. 8  Gogolin/Lange, Bil­dungs­spra­che und durch­gän­gi­ge Sprach­bil- dung, in: Fürstenau/Gomolla (Hg.), Migra­ti­on und schu­li­scher Wan­del: Mehr­spra­chig­keit, 2011, S. 107–127.

nen­spe­zi­fisch aus­dif­fe­ren­ziert. Auch die Wis­sen­schafts- spra­che ist ein damit ver­wand­tes Sprach­re­gis­ter, das für wis­sen­schaft­li­che Kon­tex­te erfor­der­lich ist.
Rela­tiv neu sind Sprach­re­gis­ter, die im Zusam­men­hang mit digi­ta­len Tools zum Ein­satz kom­men, ins­be­son­de­re in der Kom­mu­ni­ka­ti­on mit Künst­li­cher Intel­li­genz (KI). Die Gene­rie­rung von Prompts erfor­dert ande­re Sprach- regeln und ‑stra­te­gien als sie bspw. in Bil­dungs­in­sti­tu­tio- nen erfor­der­lich sind. Gleich­zei­tig passt sich text­ba­sier­te KI zuneh­mend der von Men­schen ver­wen­de­ten Spra­che an und kann ver­mut­lich auch in ver­schie­de­nen Sprach- regis­tern agie­ren, wenn sie das mit ent­spre­chen­den Daten erlernt hat.

Eine wei­te­re Unter­schei­dung bei der Ver­wen­dung von Spra­che liegt in ihrem münd­li­chen oder schrift­li­chem Gebrauch. Koch und Oes­ter­rei­cher unter­brei­te­ten be- reits 1985 einen Vor­schlag zur Klas­si­fi­zie­rung mit Hil­fe eines Vier­fel­der-Sche­mas. Dem­nach kann münd­li­che und schrift­li­che Spra­che sowohl medi­al als auch kon­zep- tio­nell auf­tre­ten. Die Kom­mu­ni­ka­ti­on inner­halb der Fa- milie oder mit Peers geschieht kon­zep­tio­nell und medi­al münd­lich, wäh­rend bei­spiels­wei­se das Chat­ten kon­zep- tio­nell münd­lich im Medi­um der Schrift erfolgt. Wis­sen- schaft­li­che Vor­trä­ge dage­gen fin­den im Medi­um der Münd­lich­keit statt, sind aber kon­zep­tio­nell schrift­lich gehal­ten, wäh­rend wis­sen­schaft­li­che Arti­kel medi­al und kon­zep­tio­nell schrift­lich ver­fasst sind.9

2. Merk­ma­le ein­zel­ner Sprachregister

Die Beschrei­bung von Sprach­re­gis­tern erfolgt meist „anhand von lexi­ka­li­schen, syn­tak­ti­schen und dis­kur­si- ven (d.h. text­be­zo­ge­nen) Merkmalen“10. Dabei gel­ten die dis­kur­si­ven Merk­ma­le bildungs‑, fach- und wis­sen- schafts­sprach­li­cher Regis­ter weit­ge­hend unab­hän­gig von der Natio­nal­spra­che, wäh­rend die wort­schatz­be­zo­ge­nen (lexi­ka­li­schen) und den Satz­bau betref­fen­den (syn­tak­ti- schen) Merk­ma­le sprach­spe­zi­fisch sind.

Das all­tags­sprach­li­che Regis­ter wird fast aus­schließ- lich münd­lich gebraucht. Es wird im direk­ten Gespräch mit einer oder meh­re­ren Per­so­nen ver­wen­det in einer gemein­sam geteil­ten Situa­ti­on. Ges­tik und Mimik wer-

Koch/Oesterreicher, Spra­che der Nähe – Spra­che der Distanz. Münd­lich­keit und Schrift­lich­keit im Span­nungs­feld von Sprach- theo­rie und Sprach­ge­schich­te, Roma­nis­ti­sches Jahr­buch 1985, S. 15–43.

10 Heppt/Schröder, Bil­dungs­spra­che als über­ge­ord­ne­tes Ziel sprach­li- cher Bil­dung, in: Becker-Mrot­zek/Go­go­lin/Ro­th/St­a­nat (Hg.), Grund­la­gen der sprach­li­chen Bil­dung, 2023, S. 140.

Kucharz · Sprach­ver­ständ­nis und Sprach­för­de­rung in der Wis­sen­schaft 3 0 5

den unter­stüt­zend ein­ge­setzt. Die Ver­wen­dung von Satz- ellip­sen oder Ein­wort­äu­ße­run­gen statt voll­stän­di­ger Sät- ze, Ver­schlei­fung von Wort­endun­gen, Gebrauch von Füll- und Ersatz­wör­tern statt prä­zi­ser Begrif­fe sowie der Ein­satz von Dia­lekt sind wesent­li­che Merk­ma­le all­tags- sprach­li­cher Kommunikation.11 Obwohl hier­bei oft gram­ma­ti­ka­lisch inkor­rekt gespro­chen wird, wird es nicht so emp­fun­den, weil durch den gemein­sa­men Kon- text voll­stän­di­ge Sät­ze nicht not­wen­dig sind, um sich zu ver­stän­di­gen, ja gera­de­zu als merk­wür­dig erschei­nen würden.12 Bsp.: Fra­ge: „Hast du des auch gese­hen?“. Ant- wort: „Ja, klar. Ich glaub’s ja nich!“. Damit geschieht All- tags­kom­mu­ni­ka­ti­on in der Regel sowohl kon­zep­tio­nell als auch medi­al münd­lich. Bil­dungs­spra­che als Sprach- regis­ter in Bil­dungs­in­sti­tu­tio­nen dage­gen ent­spricht den Regeln der Stan­dard­spra­che und ist kon­zep­tio­nell der Schrift zuzu­ord­nen, auch wenn sie medi­al im Münd­li- chen erfolgt. Neben der Ver­wen­dung voll­stän­di­ger Sät­ze und dif­fe­ren­zier­ter Begrif­fe wer­den noch wei­te­re Merk- male von Bil­dungs­spra­che genannt: Pas­siv­kon­struk­tio- nen, Sub­stan­ti­vie­run­gen, Kom­po­si­ta, Attri­bu­te etc. (z. B. das Sichern, Gesetz­ent­wurf, im Ein­zel­nen vor­lie­gen­de Regeln).13 Die­ses Sprach­re­gis­ter dient dazu, Arbeits­auf- gaben und ‑anwei­sun­gen zu ver­ste­hen, an Gesprächs- krei­sen zu par­ti­zi­pie­ren sowie Erkennt­nis­se kohä­rent und kon­text­un­ab­hän­gig zu for­mu­lie­ren und fest­zuhal- ten.14

Auch für die Wis­sen­schafts­spra­che gel­ten sol­che Merk­ma­le. Sie zeich­net sich in der Regel durch eine häu- fige­re Ver­wen­dung kom­ple­xer und pas­si­ver Satz­struk­tu- ren und von Fremd­wör­tern aus, wes­halb sie sich immer wie­der dem Vor­wurf einer man­geln­den Ver­ständ­lich­keit aus­ge­setzt sieht.15 Wis­sen­schafts­spra­che ist meist stark

  1. 11  Kucharz, Alltags‑, Bil­dungs- und Fach­spra­che bei sach­un­ter­richt- lichen The­men im Über­gang Kita – Grund­schu­le. Eine Ana­ly­se exem­pla­ri­scher Situa­tio­nen, in: Blum­ber­g/­Nie­der­haus/­Mi­schen- dahl (Hg.), Mehr­spra­chig­keit in der Schu­le, 2024, S. 39 ff.
  2. 12  Heppt/Schröder, Bil­dungs­spra­che als über­ge­ord­ne­tes Ziel sprach- licher Bil­dung, in: Becker-Mrot­zek/Go­go­lin/Ro­th/St­a­nat (Hg.), Grund­la­gen der sprach­li­chen Bil­dung, 2023, S. 139–151.
  3. 13  Heppt/Schröder, Bil­dungs­spra­che als über­ge­ord­ne­tes Ziel sprach­li- cher Bil­dung, in: Becker-Mrot­zek/Go­go­lin/Ro­th/St­a­nat (Hg.), Grund­la­gen der sprach­li­chen Bil­dung, 2023, S. 139–151.
  4. 14  Kucharz, Alltags‑, Bil­dungs- und Fach­spra­che bei sach­un­ter­richt- lichen The­men im Über­gang Kita – Grund­schu­le. Eine Ana­ly­se exem­pla­ri­scher Situa­tio­nen, in: Blum­ber­g/­Nie­der­haus/­Mi­schen- dahl (Hg.), Mehr­spra­chig­keit in der Schu­le, 2024, S. 39 ff.
  5. 15  Stre­cker, Spra­che in der Wis­sen­schaft, WGL-Jour­nal 1998, S. 8–12, ver­füg­bar unter: https://ids-pub.bsz-bw.de/frontdoor/deliver/in- dex/docId/7186/file/Strecker_Sprache_in_der_Wissenschaft_1999. pdf.

for­ma­li­siert und normiert.16 Da sie der For­mu­lie­rung von Erkennt­nis­sen und Defi­ni­tio­nen, der Theo­rie­bil- dung und Klas­si­fi­zie­rung etc. dient, ist der Anspruch „nach Ver­läss­lich­keit und Klarheit“17 beson­ders hoch. Die­se text­be­zo­ge­nen Merk­ma­le sind von supra­na­tio­na- ler Bedeutung.18

Die Fach­spra­che als Teil des bil­dungs- und wis­sen­schafts- sprach­li­chen Regis­ters schließt dar­an unmit­tel­bar an. Fach­ter­mi­ni als über­wie­gend lexi­ka­li­sche Merk­ma­le (z. B. Onko­lo­gie, empi­ri­sche Evi­denz) wer­den zur Klas­si­fi­ka- tion und Dar­le­gung ver­wen­det, wei­chen aber teil­wei­se vom all­tags­sprach­li­chen Ver­ständ­nis ab (z. B. die Begrif- fe Kraft oder Ener­gie). Damit zeigt die Ver­wen­dung einer spe­zi­fi­schen Fach­spra­che gleich­zei­tig die Zuge­hö­rig­keit zur Fach-Com­mu­ni­ty an und schließt ande­re eher aus. Mit Hil­fe des fach­sprach­li­chen Regis­ters sol­len fach­wis- sen­schaft­li­che Erkennt­nis­se prä­zi­se und unmiss­ver- ständ­lich aus­ge­drückt, begrün­det und fest­ge­hal­ten wer- den.19

Ein für unse­re Gesell­schaft rela­tiv neu­es Sprach­re­gis- ter wird für die Kom­mu­ni­ka­ti­on mit KI gestütz­ten digi- talen Tools benö­tigt. Bis­her umfass­te das vor allem das Fin­den und Ein­ge­ben pas­sen­der Such­be­grif­fe, um eine gewünsch­te Infor­ma­ti­on zu erhal­ten („goo­geln“). Eine neue Ära ist durch die Soft­ware ChatGPT ent­stan­den, die es mit­hil­fe gene­ra­ti­ver KI erlaubt, dass man mit ihr kom­mu­ni­zie­ren kann. Die­se Soft­ware reagiert nicht mehr auf vor­ge­fer­tig­te Text­bau­stei­ne, son­dern ihr liegt unser Sprach­sys­tem in sei­ner Viel­falt zugrun­de. Die Qua­li­tät der Ant­wor­ten von einer Soft­ware wie ChatG- PT hängt von der Art und Wei­se ab, wie man mit ihr kom­mu­ni­ziert. Die dabei genutz­ten Befeh­le und Stra­te- gien, das Promp­ting, steu­ern die­se Qualität.20 So zeigen

16 Graefen/Moll, Wis­sen­schafts­spra­che Deutsch. Lesen – ver­ste­hen – schrei­ben, 2011.

17 Stre­cker, Spra­che in der Wis­sen­schaft, WGL-Jour­nal 1998, S. 9, ver­füg­bar unter: https://ids-pub.bsz-bw.de/frontdoor/deliver/in- dex/docId/7186/file/Strecker_Sprache_in_der_Wissenschaft_1999. pdf.

18 Stre­cker, Spra­che in der Wis­sen­schaft, WGL-Jour­nal 1998, S. 8–12, ver­füg­bar unter: https://ids-pub.bsz-bw.de/frontdoor/deliver/in- dex/docId/7186/file/Strecker_Sprache_in_der_Wissenschaft_1999. pdf.

19 Stre­cker, Spra­che in der Wis­sen­schaft, WGL-Jour­nal 1998, S. 8–12, ver­füg­bar unter: https://ids-pub.bsz-bw.de/frontdoor/deliver/in- dex/docId/7186/file/Strecker_Sprache_in_der_Wissenschaft_1999. pdf.

20 Kalweit/Kalweit, War­um wir neu ler­nen müs­sen, mit Maschi­nen zu spre­chen – eine Moment­auf­nah­me der Gene­ra­ti­ven KI im Janu­ar 2024, ODW 2024, S. 125 ff.

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Kal­weit und Kal­weit in ihrem Auf­satz bei­spiels­wei­se: Durch kla­re Anwei­sun­gen in der Art der For­ma­tie­rung oder der Län­ge der erwar­te­ten Ant­wort kann man auch die Qua­li­tät und den Detail­grad anpassen“,21 was an der Art des Algo­rith­mus liegt. Das bedeu­tet, dass der Mensch in der Inter­ak­ti­on mit einer tech­ni­schen Maschi­ne durch auf gene­ra­ti­ve KI gestütz­te Text­soft­ware eine spe­zi­fi­sche Spra­che erler­nen muss, um mit KI sinn­voll zu kom­mu- nizie­ren, wobei sich die Art der Inter­ak­ti­on, sei­ne Mög- lich­kei­ten und Erträ­ge durch immer neue­re Model­le auch ver­än­dert und wei­ter­ent­wi­ckelt. So zei­gen Stu­di­en, dass die Art und Wei­se, wie höf­lich oder direk­tiv man mit der KI kom­mu­ni­ziert, Aus­wir­kun­gen auf die Qua­li- tät der Ant­wor­ten hat. „Gene­rell gilt es, die Anfra­gen so struk­tu­riert wie mög­lich zu stel­len und durch krea­ti­ve Zusät­ze die Ant­wor­ten in die rich­ti­ge Ecke zu len­ken. Und nicht immer die erst­bes­te Ant­wort zu akzep­tie- ren.“22 Im Gegen­satz zu den ande­ren auf­ge­führ­ten Sprach­re­gis­tern haben wir es bei der gene­ra­ti­ven KI mit einer rasan­ten Ent­wick­lung zu tun, so dass sich die Art der Kom­mu­ni­ka­ti­on lau­fend ändern wird und damit auch das Promp­ting – nicht nur durch die Mög­lich­keit der münd­li­chen zusätz­lich zur schrift­li­chen Kom­mu­ni- kat­ion, son­dern auch durch die Wei­ter­ent­wick­lung der den Algo­rith­men zugrun­de­lie­gen­den Model­le. Somit befin­det sich das Sprach­re­gis­ter in stän­di­gem Wandel.

III. Bedeu­tung für Men­schen mit Deutsch als Fremd- sprache

Die oben beschrie­be­nen Sprach­va­rie­tä­ten gibt es in jeder Natio­nal­spra­che (lan­guage) in je spe­zi­fi­schen For­men. Über­all wird unter­schie­den zwi­schen kon­zep­tio­nell münd­li­cher und kon­zep­tio­nell schrift­li­cher Spra­che. Man­che Sprach­va­rie­tä­ten lie­gen nur kon­zep­tio­nell münd­lich vor wie bei­spiels­wei­se das Schwy­zer­dütsch oder Ber­ber­spra­chen. Bei der Bil­dungs­spra­che han­delt es sich um ein Sprach­re­gis­ter, das sowohl Medi­um als auch Lern­ge­gen­stand von Bil­dungs­ein­rich­tun­gen ist, unab­hän­gig von der Natio­nal­spra­che. Das bedeu­tet, dass Men­schen, die eine Bil­dungs­ein­rich­tung besucht haben, über ein ent­spre­chen­des Sprach­re­gis­ter ver­fü­gen, das prin­zi­pi­ell auf eine ande­re Lan­guage über­trag­bar ist hin-

  1. 21  Kalweit/Kalweit, War­um wir neu ler­nen müs­sen, mit Maschi­nen zu spre­chen – eine Moment­auf­nah­me der Gene­ra­ti­ven KI im Janu­ar 2024, ODW 2024, S. 129.
  2. 22  Kalweit/Kalweit, War­um wir neu ler­nen müs­sen, mit Maschi­nen zu spre­chen – eine Moment­auf­nah­me der Gene­ra­ti­ven KI im Janu­ar 2024, ODW 2024, S. 134.
  3. 23  Graefen/Moll, Wis­sen­schafts­spra­che Deutsch. Lesen – ver­ste­hen – schrei­ben, 2011.
  4. 24  Stre­cker, Spra­che in der Wis­sen­schaft, WGL-Jour­nal 1998, S. 8–12,

sicht­lich text­be­zo­ge­ner Merk­ma­le wie voll­stän­di­ge und kom­ple­xe­re Sät­ze, Kohä­renz, Dekon­tex­tua­li­tät, Ori­en­tie- rung an der Schrift­spra­che, dif­fe­ren­zier­te Begrif­fe, Auf- bau einer Argu­men­ta­ti­on etc. In der All­tags- bzw. Umgangs­spra­che ist eine sol­che Über­trag­bar­keit weni- ger mög­lich, weil jede Lan­guage über typi­sche Idi­oms ver­fügt, die sich von ande­ren unterscheiden.

Ver­gleich­ba­res gilt für die Fach- und Wis­sen­schafts- spra­che. Ein wis­sen­schaft­li­ches Sprach­re­gis­ter folgt, was die Funk­ti­on und die text­be­zo­ge­nen Merk­ma­le angeht, in jeder Lan­guage einem ver­gleich­ba­ren Mus­ter, es ist also qua­si supra­na­tio­nal. Nichts­des­to­trotz unter­liegt die Bil­dung kom­ple­xer Sät­ze den Regeln der jewei­li­gen Lan- guage, eben­so der erfor­der­li­che Wort­schatz und die Aussprache.23

Die Fach­spra­che als eine stär­ker nor­mier­te Spra­che ist dage­gen in vie­len Dis­zi­pli­nen noch deut­li­cher inter- natio­nal. Ins­be­son­de­re die Natur­wis­sen­schaf­ten und ihnen ver­wand­te Dis­zi­pli­nen haben häu­fig inter­na­tio­nal nor­mier­te Fach­be­grif­fe und kom­mu­ni­zie­ren gene­rell auf Eng­lisch. Geis­tes­wis­sen­schaft­li­che Fach­dis­zi­pli­nen ver- fügen – bis­lang – noch stär­ker über eine natio­nal­sprach- lich nor­mier­te Fach­spra­che, ins­be­son­de­re auch über Fach­be­grif­fe, die für aus­län­di­sche Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­ler eine Über­trag­bar­keit nicht immer ein­fach machen.24

IV. Sprach­li­che Unter­stüt­zung und Förderung

All­tags­spra­che erwirbt ein Mensch in den ers­ten Lebens- jah­ren in sei­nem natür­li­chen Umfeld „neben­bei“ (in der Fami­lie, Kita, Schu­le und von Peers). Hier­bei gelingt bei aus­rei­chen­dem und qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­gem Input in der Regel auch der Erwerb meh­re­rer Spra­chen pro­blem- los und ohne Zusatzunterricht.25

In den schu­li­schen Bil­dungs­ein­rich­tun­gen wird er- war­tet, dass die Schü­le­rin­nen und Schü­ler ein bil­dungs- sprach­li­ches Regis­ter auf­bau­en, was benö­tigt wird, um z. B. Arbeits­an­wei­sun­gen und Schul­buch­tex­te ver­ste­hen, selbst Tex­te pro­du­zie­ren und Erkennt­nis­se ver­ba­li­sie­ren zu können.26

Meist wird Bil­dungs­spra­che nicht expli­zit ver­mit­telt, son­dern vor­aus­ge­setzt. Dies benach­tei­ligt Schülerinnen

ver­füg­bar unter: https://ids-pub.bsz-bw.de/frontdoor/deliver/in- dex/docId/7186/file/Strecker_Sprache_in_der_Wissenschaft_1999. pdf.

25 Tra­cy, Wie Kin­der Spra­chen ler­nen. Und wie wir sie dabei unter- stüt­zen kön­nen, 2008.

26 Gib­bons, Unter­richts­ge­sprä­che und das Erler­nen neu­er Regis­ter in der Zweit­spra­che, in: Mecheril/Quehl (Hg.), Die Macht der Spra­chen. Eng­li­sche Per­spek­ti­ven auf die mehr­spra­chi­ge Schu­le, 2006, S. 269–290.

Kucharz · Sprach­ver­ständ­nis und Sprach­för­de­rung in der Wis­sen­schaft 3 0 7

und Schü­ler aus bil­dungs­fer­ne­ren Fami­li­en. Hier liegt eine bedeut­sa­me Auf­ga­be für schu­li­schen Unter­richt vor, um das Bil­dungs­po­ten­ti­al von Kin­dern und Jugend­li- chen voll aus­schöp­fen zu können.27

Im uni­ver­si­tä­ren Kon­text wird von Stu­die­ren­den er- war­tet, dass sie ein wis­sen­schaft­li­ches Sprach­re­gis­ter er- wer­ben, wobei sie teil­wei­se dabei unter­stützt wer­den. Aber auch hier wird in der Regel davon aus­ge­gan­gen, dass durch die ste­ti­ge Beschäf­ti­gung mit wis­sen­schaft­li- cher Spra­che die­se auch bei­läu­fig erwor­ben wird. Expli- ziter wird dage­gen der Erwerb von Fach­spra­che gesteu- ert und unterstützt.28 Zu erwer­ben sind vor allem der spe­zi­fi­sche wis­sen­schaft­li­che und fach­li­che Wort­schatz (Lexik) sowie typi­sche Merk­ma­le der Syn­tax (Satz­bau). Wort­schatz umfasst hier­bei sowohl die Voka­bel als auch die Bedeutung(en) die­ses Wor­tes; es geht also um Be- griffs­bil­dung, die sowohl neue Wor­te (z. B. Gra­vi­ta­ti­on) her­vor­bringt als auch all­tags­sprach­li­chen Wör­tern neue Bedeutung(en) zuweist (z. B. Kraft). Bzgl. der Syn­tax ste- hen kom­ple­xe Satz­struk­tu­ren, die durch Ver­schach­te- lun­gen und Attri­bu­tio­nen etc. logi­sche Bezie­hun­gen ver- deut­li­chen (z. B. „Wenn die­se Bedin­gun­gen unter einer be- son­de­ren Aus­prä­gung gege­ben sind, dann folgt dar­aus je- nes, es sei denn …“).29

Um sowohl den eher „bei­läu­fi­gen“ Erwerb von Wis- sen­schafts­spra­che als auch den expli­zi­te­ren Erwerb von Fach­spra­che zu unter­stüt­zen, ist ein häu­fi­ger Kon­takt mit die­sen Sprach­re­gis­tern notwendig.30 Durch die stän- dige Kon­fron­ta­ti­on damit wer­den die­se Sprach­re­gis­ter ent­wi­ckelt, indem sie zuneh­mend imi­tiert wer­den. Ex- per­tin­nen, Exper­ten und Dozie­ren­de kön­nen zusätz­lich unter­stüt­zen durch den Ein­satz soge­nann­ter Model­lie- rungs­stra­te­gien. Das bedeu­tet, dass unzu­rei­chen­de oder feh­ler­haf­te Äuße­run­gen auf­ge­grif­fen wer­den und im Sin­ne eines posi­ti­ven kor­rek­ti­ven Feed­backs wis­sen- schafts- und fach­sprach­lich erwei­tert und ver­än­dert wer­den. Auf die­se Wei­se erfah­ren die Ler­nen­den direkt auf ihre Gedan­ken­gän­ge bezo­gen eine Rück­mel­dung, die sie sprach­lich wei­ter­bringt und ihnen eine Umset­zung erleichtert.31

  1. 27  Heppt/Schröder, Bil­dungs­spra­che als über­ge­ord­ne­tes Ziel sprach­li- cher Bil­dung, in: Becker-Mrot­zek/Go­go­lin/Ro­th/St­a­nat (Hg.), Grund­la­gen der sprach­li­chen Bil­dung, 2023, S. 139–151; Feil­ke, Bil­dungs­spra­che, 2019, ver­füg­bar unter: https://epub.ub.uni- muenchen.de/61963/1/Feilke_Bildungssprache.pdf.
  2. 28  Stre­cker, Spra­che in der Wis­sen­schaft, WGL-Jour­nal 1998, S. 8–12, ver­füg­bar unter: https://ids-pub.bsz-bw.de/frontdoor/deliver/in- dex/docId/7186/file/Strecker_Sprache_in_der_Wissenschaft_1999. pdf.
  3. 29  Graefen/Moll, Wis­sen­schafts­spra­che Deutsch. Lesen – ver­ste­hen – schrei­ben, 2011.
  4. 30  Feil­ke, Bil­dungs­spra­che, 2019, ver­füg­bar unter: https://epub. ub.uni-muenchen.de/61963/1/Feilke_Bildungssprache.pdf.

Sol­che Stra­te­gien kön­nen auch bei Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­lern aus dem Aus­land ein­ge­setzt wer- den, die die Umge­bungs­spra­che, also in unse­rem Fall die deut­sche Spra­che, noch nicht aus­rei­chend beherr­schen. Wenn sie in ihrer Her­kunfts­spra­che über wis­sen­schaft­li- che und fach­li­che Sprach­re­gis­ter ver­fü­gen, fällt der Trans­fer in der Regel nicht schwer. Her­aus­for­de­run­gen lie­gen im Erwerb typi­scher deut­scher Sprach­struk­tu­ren wie bei­spiels­wei­se Kom­po­si­ta, aber auch von Fach­be­grif- fen auf Deutsch mit gege­be­nen­falls abwei­chen­der Bedeu- tung (z. B. Bil­dung).32 Hier­für sind bei­spiels­wei­se die Ange­bo­te der Goe­the-Insti­tu­te oder der an Uni­ver­si­tä- ten ange­sie­del­ten Sprach­in­sti­tu­te von Bedeu­tung, die sich u.a. dar­auf spe­zia­li­sie­ren, Erwach­se­nen berufs­be­zo- gen deut­sche Spra­che zu vermitteln.33 Hier wer­den gezielt neben all­ge­mein­sprach­li­chen Lern­an­ge­bo­ten Kur­se zur Wis­sen­schafts- und Fach­spra­che für Wis­sen- schaft­ler und Stu­die­ren­de aus Aus- und Inland gemacht.34

Gera­de beim Fremd­spra­chen­ler­nen wer­den bereits seit meh­re­ren Jah­ren KI-gestütz­te Tools ein­ge­setzt, die vor allem adap­ti­ves Ler­nen z. B. bei Voka­beln etc. unterstützen.

Aber auch das Promp­ting zur Kom­mu­ni­ka­ti­on mit KI-gene­rier­ten Chat­bots muss erlernt und geübt wer­den, denn zukünf­tig wird der Gebrauch die­ses Sprach­re­gis- ters gera­de in Bil­dungs- und Wis­sen­schafts­kon­tex­ten vo- raus­ge­setzt werden.

V. Fazit

Spra­che liegt in viel­fäl­ti­gen Varie­tä­ten vor, auf die man in sog. Sprach­re­gis­tern in den jeweils pas­sen­den Kon­tex­ten zurück­greift. Dabei gibt es ange­mes­se­ne und weni­ger pas­sen­de Regis­ter, die die jewei­li­ge Funk­ti­on bes­ser oder weni­ger gut erfül­len. Die Akzep­tanz der Sprach­re­gis­ter ver­än­dert sich sowohl gesell­schaft­lich bedingt als auch über das Lebens­al­ter und den Kon­text. Inzwi­schen wer- den Dia­lek­te als schüt­zens­wert ange­se­hen, wäh­rend sie in der Mit­te des letz­ten Jahr­hun­derts eher mar­gi­na­li­siert wur­den. Sprach­re­gis­ter unter­lie­gen einem ständigen

31 Kucharz, All­tags­in­te­grier­te sprach­li­che Bil­dung und För­de­rung im Ele­men­tar­be­reich, in: Titz/Geyer/Ropeter/Wagner/Weber/ Has­sel­horn (Hg.), Kon­zep­te zur Sprach- und Schrift­sprach­för­de- rung ent­wi­ckeln, 2018, S. 214 ff.

32 Graefen/Moll, Wis­sen­schafts­spra­che Deutsch. Lesen – ver­ste­hen – schrei­ben, 2011.

33 Goe­the-Insti­tut Deutsch­land, Auf­ga­ben und Zie­le, https://www. goethe.de/ins/de/de/uun/auf.html.

34 S. z. B. Spra­chen­zen­trum Uni­ver­si­tät Stutt­gart, Ange­bot, www. sz.uni-stuttgart.de.

308 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 4 (2024), 303–308

Wan­del, ins­be­son­de­re Regis­ter wie die Jugend­spra­che, oder ent­ste­hen neu wie bei­spiels­wei­se zur Kom­mu­ni­ka- tion mit KI-gene­rier­ten Chat­bots. Je bes­ser ein jewei­li­ges Sprach­re­gis­ter beherrscht wird, also je genau­er kon­text- und regel­an­ge­mes­sen agiert wird, umso gewinn­brin­gen- der kann kom­mu­ni­ziert wer­den. Auch die auf der Grund­la­ge von Lar­ge Lan­guage Models trai­nier­ten Chat- bots ver­fü­gen über ver­schie­den Sprach­re­gis­ter, was für den erwar­te­ten Out­put rele­vant ist. Soll z. B. ein wis­sen- schaft­li­cher Out­put gene­riert wer­den, kann es entsch­ei- dend sein, ent­spre­chen­de sprach­li­che Mit­tel für das Promp­ting zu verwenden.

Für die Kom­mu­ni­ka­ti­on im wis­sen­schaft­li­chen Kon- text ist ein ent­spre­chen­des Sprach­re­gis­ter not­wen­dig, das neben dis­kur­si­ven Ele­men­ten über die rele­van­ten fach­spe­zi­fi­schen Ter­mi­ni und nor­mier­ten For­mu­lie­run- gen ver­fügt. Durch die star­ke Stan­dar­di­sie­rung wis­sen- schaft­li­cher Fach­spra­che ist eine inter­na­tio­na­le Ver­stän- digung erleich­tert, so dass es für Wis­sen­schaft­ler mit grund­le­gen­den Kennt­nis­sen in der jewei­li­gen Fremd- spra­che mög­lich ist, fach­lich mit Kol­le­gen in Aus­tausch zu tre­ten. Dies gelingt unter Umstän­den leich­ter als in ei- nem umgangs­sprach­li­chen Kon­text, weil dort ver­wen­de- te Idi­oms und dia­lek­ta­le Ein­fär­bun­gen etc. typisch für jede Spra­che (lan­guage) sind und eine Ver­stän­di­gung unter Umstän­den erschweren.

Die Mög­lich­kei­ten, die sich durch die mit Lar­ge Lan­gua- ge Models gene­rier­ten Chat­bots bie­ten wer­den, las­sen sich bis­lang eher mutmaßen.35 So ist es denk­bar, dass sich sowohl die Bedeu­tung von Natio­nal­spra­chen als auch von Sprach­re­gis­tern ver­än­dert und abnimmt, weil KI- gene­rier­te Tex­te in jeweils ande­re Natio­nal­spra­chen und Sprach­re­gis­ter über­tra­gen bzw. über­setzt wer­den kön- nen. Damit wür­de sich die Zuge­hö­rig­keit z. B. zu einer Fach-Com­mu­ni­ty nicht mehr über die fach­spe­zi­fi­sche Wis­sen­schafts­spra­che erwei­sen, denn Men­schen mit ande­ren­Na­tio­nal­spra­chen­un­dan­der­en­Sprach­re­gis­tern könn­ten einen erleich­ter­ten Zugang erhal­ten. Wel­che Vor- und Nach­tei­le bzgl. Ver­ständ­lich­keit, Par­ti­zi­pa­ti­on einer­seits und Ver­wäs­se­rung, Unein­deu­tig­keit ande­rer- seits dar­aus fol­gen, wird zu dis­ku­tie­ren sein.

Die­mut Kucharz, Pro­fes­so­rin für Erzie­hungs­wis­sen- schaft mit den Schwer­punk­ten Grund­schul­päd­ago­gik und Sach­un­ter­richt an der Goe­the-Uni­ver­si­tät Frank- furt, forscht u.a. im Bereich all­tags­in­te­grier­te Sprach- bil­dung und ‑för­de­rung in Kin­der­ta­ges­ein­rich­tun­gen und Grundschulen.

35 Ver­schie­de­ne Insti­tu­tio­nen, die sich mit Kul­tur und Spra­che beschäf­ti­gen, set­zen sich der­zeit mit der Bedeu­tung von KI für
die Spra­che aus­ein­an­der: neben Uni­ver­si­tä­ten, Goe­the-Insti­tu­ten, Zeit­schrif­ten und Ver­la­gen auch kul­tu­rel­le Ein­rich­tun­gen wie z. B. die Stif­tung Lyrik Kabi­nett Mün­chen (https://www.lyrik-kabinett. de/veranstaltungen).