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Über­sicht

I. Ein bekann­tes Pro­blem nimmt neue Dimen­sio­nen an

II. Rechts­ver­let­zung durch das Hoch­la­den frem­der Werke

1. Urhe­ber­recht­li­che Rele­vanz des Hochladens

2. Mög­li­che Schrankenregelungen

a) Schran­ke für vor­über­ge­hen­de Vervielfältigungshandlun-

gen

b) Text und Data Mining-Schranken

3. Schlich­te Einwilligung

III. Rechts­ver­let­zung durch Über­nah­men aus frem­den Werken

1. Kei­ne gene­rel­le Unzu­läs­sig­keit von Übernahmen

2. Über­nah­me frem­der Ideen

3. Ver­viel­fäl­ti­gung frem­der Werke

4. Bear­bei­tung oder ande­re Umge­stal­tung frem­der Werke

IV. Rechts­ver­let­zung auf­grund frem­der Urheberschaft

1. Urhe­ber­rechts­schutz für KI-gene­rier­te Papers

2. Urhe­ber­schaft an KI-gene­rier­ten Papers

V. Nur punk­tu­el­le Hand­ha­be nach dem Urheberrecht

Wird Künst­li­che Intel­li­genz genutzt, um gefälsch­te wis-

sen­schaft­li­che Aus­ar­bei­tun­gen zu gene­rie­ren, kann das

zwar in ver­schie­de­ner Hin­sicht mit dem Urheberrecht

in Kon­flikt tre­ten. Aus der wis­sen­schaft­li­chen Unred-

lich­keit folgt dabei aber nicht zwin­gend die urheber-

recht­li­che Unzu­läs­sig­keit. Das Urhe­ber­recht kann des-

halb nur punk­tu­ell zur Bekämp­fung der sogenannten

Fake Rese­arch Papers beitragen.

I. Ein bekann­tes Pro­blem nimmt neue Dimensionen

an

Das Phä­no­men der Fake Rese­arch Papers ist nicht neu:

Bereits vor eini­gen Jah­ren wies etwa die Fachzeitschrift

Natu­re auf einen Boom gefälsch­ter Fach­auf­sät­ze hin, die

aus soge­nann­ten „paper mills“ stam­men sollen.1 Wer sei-

ne Dis­ser­ta­ti­on nicht selbst schrei­ben will, kann schon

lan­ge auf einen Ghost­wri­ter zurück­grei­fen. Und auch

Pla­gia­te in Haus- und Abschluss­ar­bei­ten, die als eigene

Leis­tung aus­ge­ge­ben wer­den, ver­är­gern seit je her die

Kor­rek­to­ren. Die all­ge­mei­ne Ver­füg­bar­keit von Syste-

men gene­ra­ti­ver Künst­li­cher Intel­li­genz, mit denen sich

zu jedem belie­bi­gen The­ma in Sekun­den­schnel­le Texte

und Bil­der her­stel­len las­sen, hat auf der einen Seite

jedoch den Auf­wand der wis­sen­schaft­li­chen Fälschung

erheb­lich redu­ziert. Ande­rer­seits wirft der Ein­satz dieser

Tech­nik neue urhe­ber­recht­li­che Fra­gen auf, die sich bei

einem mensch­li­chen wis­sen­schaft­li­chen Fehlverhalten

nicht stel­len.

Die­ser Bei­trag unter­sucht daher, inwie­fern es das Ur-

heber­recht ver­letzt, mit­hil­fe von KI-Sys­te­men Fake Re-

search Papers anzu­fer­ti­gen und ein­zu­set­zen. Unter den

Begriff der Fake Rese­arch Papers wer­den dabei schein-

bar wis­sen­schaft­li­che Aus­ar­bei­tun­gen gefasst, die voll-

stän­dig oder jeden­falls weit über­wie­gend mit­hil­fe einer

KI erstellt wur­den und deren ver­meint­li­cher Autor dies

zu ver­schlei­ern ver­sucht. Sie sind damit ers­tens von wis-

sen­schaft­li­chen Aus­ar­bei­tun­gen abzu­gren­zen, bei deren

Vor­be­rei­tung zwar ein KI-Sys­tem zum Ein­satz kommt –

etwa, um einen fremd­spra­chi­gen Text ins Deut­sche zu

über­set­zen –, deren Gestal­tung aber ein menschlicher

Autor voll­stän­dig in der Hand hat­te. Zwei­tens sind damit

nicht Aus­ar­bei­tun­gen gemeint, deren Gestal­tung zwar

ganz oder in Tei­len auf eine Künst­li­che Intel­li­genz zu-

rück­geht – mit deren Hil­fe z. B. ein Abs­tract verfasst

wur­de –, bei denen der mensch­li­che Autor deren Einsatz

aber offen­legt.

II. Rechts­ver­let­zung durch das Hoch­la­den fremder

Wer­ke

1. Urhe­ber­recht­li­che Rele­vanz des Hochladens

Betrach­tet man die Erstel­lung eines Fake Research

Papers chro­no­lo­gisch, kann es zunächst zu einer Urhe-

ber­rechts­ver­let­zung kom­men, wenn der vermeintliche

Autor frem­de Wer­ke auf den Ser­ver des KI-Anbieters

hoch­lädt. Obwohl gene­ra­ti­ve KI-Sys­te­me wie z. B.

ChatGPT häu­fig bereits über eine brei­te allgemeine

Daten­ba­sis verfügen,2 kann es für das spe­zi­el­le Paper

erfor­der­lich sein, dass der ver­meint­li­che Autor der KI

zusätz­li­che Infor­ma­tio­nen zur Ver­fü­gung stellt. Soll das

Anna K. Bernzen

Urhe­ber­rechts­ver­let­zun­gen bei der Erstel­lung von

Fake Rese­arch Papers

1

Else/Van Noor­den, The Batt­le Agains‌ t Paper Mills, Natu­re 2021,

516 ff.

2

Vgl. ChatGPT kennt künf­tig Ereig­nis­se bis April 2023, https://

www.zeit.de/digital/2023–11/chatgpt-neue-generation-wissen-

april-2023 (16.2.2024).

Ord­nung der Wis­sen­schaft 2024, ISSN 2197–9197O R D N U N G D E R W I S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 4 ) , 1 8 5 — 1 9 2

1 8 6

3

Loewenheim/Leis‌ tner, in: Schricker/Loewenheim (Hrsg.), UrhR,

6. Aufl. 2020, § 2 UrhG Rn. 141; Schul­ze, in: Dreier/Schulze

(Hrsg.), UrhG, 7. Aufl. 2022, § 2 Rn. 94.

4

BGH, 18.9.2014 – I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 (260 Rn. 35) – CT-

Para­dies; Heer­ma, in: Wandtke/Bullinger (Hrsg.), UrhR, 6. Aufl.

2022, § 16 UrhG Rn. 19; Maa­mar, Urhe­ber­recht­li­che Fra­gen beim

Ein­satz von gene­ra­ti­ven KI-Sys‌ temen, ZUM 2023, 481 (487).

5

Heer­ma, in: Wandtke/Bullinger, UrhR, § 16 UrhG Rn. 5; Loe-

wen­heim, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 16 UrhG Rn. 22;

Schul­ze, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 16 Rn. 12.

6

Für ihre Anwen­dung Nägele/Apel, in: Kaulartz/Braegelmann

(Hrsg.), Rechts­hand­buch Arti­fi­ci­al Intel­li­gence und Machine

Lear­ning, 2020, Kap. 7.1 Rn. 32; Raue, Die Freis‌ tel­lung von Da-

ten­ana­ly­sen durch die neu­en Text und Data Mining-Schranken

(§§ 44b, 60d UrhG), ZUM 2021, 793 (794 f.). In die Rich­tung auch

Maa­mar, ZUM 2023, 481 (487 f.).

7

Vgl. EuGH, 4.10.2011 – C‑403/08 und C‑429/08, GRURInt 2011,

1063 (1074 Rn. 175) – Foot­ball Asso­cia­ti­on Pre­mie­re League;

EuGH, 17.1.2012 – C‑302/1, GRURInt 2012, 336 (340 f. Rn. 50) –

Info­paq II.

8

Von Wel­ser, in: Wandtke/Bullinger, UrhR, § 44a UrhG Rn. 3.

9

Bern­zen, Fruit of the poi­so­no­us KI? Wel­che Rech­te beim KI-

Trai­ning zu beach­ten sind, K&R 2023, Bei­hef­ter zu Heft 10, 6

(6 f.); Maa­mar, ZUM 2023, 481 (482 f.); Pukas, KI-Trainingsdaten

und erwei­ter­te kol­lek­ti­ve Lizen­zen, GRUR 2023, 614.

10

A.A., jedoch ohne Begrün­dung, Maa­mar, ZUM 2023, 481 (487).

11

Vgl. Lin­ke, in: Kuschel/Asmussen/Golla (Hrsg.), Intelligente

Sys‌ teme – Intel­li­gen­tes Recht, 2021, S. 179 (S. 189 f.).

Fake Rese­arch Paper etwa im Stil einer bestimmten

Fach­au­to­rin ver­fasst sein, wird er deren Publikationen

regel­mä­ßig ein­ge­ben müs­sen. Die­se Publi­ka­tio­nen kann

das KI-Sys­tem dann auf den Stil der Autorin hin analy-

sie­ren. Fach­auf­sät­ze sind aller­dings oft als Sprachwerke

nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG geschützt.3 Indem der ver-

meint­li­che Autor sie auf den KI-Ser­ver hoch­lädt, nimmt

er daher eine Ver­viel­fäl­ti­gung gemäß § 16 Abs. 1 UrhG

vor.4 Es ist dafür uner­heb­lich, wenn die Auf­sät­ze dort

nur flüch­tig zu Ana­ly­se­zwe­cken gespei­chert und sodann

rück­stands­los gelöscht wer­den. Auch eine nur temporä-

re Kopie ist näm­lich urhe­ber­recht­lich relevant.5

Das Recht zur Ver­viel­fäl­ti­gung ist dem Urhe­ber vor-

behal­ten (vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UrhG). Der vermeintliche

Autor darf das frem­de Werk – in die­sem Bei­spiel: die

Fach­auf­sät­ze – des­halb nur auf den Ser­ver des KI-Anbie-

ters hoch­la­den, wenn er sich hier­für ent­we­der auf eine

urhe­ber­recht­li­che Schran­ken­re­ge­lung stüt­zen kann oder

mit Zustim­mung des Urhe­bers han­delt – hier also der

Autorin, die er nach­ah­men will.

2. Mög­li­che Schrankenregelungen

a) Schran­ke für vor­über­ge­hen­de Vervielfältigungs-

hand­lun­gen

Wird nur eine tem­po­rä­re Kopie des Werks hergestellt,

die nach der KI-Ana­ly­se wie­der gelöscht wird, scheint

auf den ers­ten Blick die Schran­ken­re­ge­lung in

§ 44a UrhG passend.6 Danach sind aus­ge­wähl­te flüchtige

Ver­viel­fäl­ti­gun­gen gestat­tet, die tech­nisch erforderlich

sind und kei­ne eigen­stän­di­ge wirt­schaft­li­che Bedeutung

haben. Eine sol­che Bedeu­tung liegt aber nur dann nicht

vor, wenn die tem­po­rä­re Kopie kei­ne iso­liert verwertba-

re Nut­zungs­mög­lich­keit eröffnet.7 Das trifft z. B. auf Ver-

viel­fäl­ti­gun­gen eines Werks im Arbeits­spei­cher eines

Com­pu­ters zu, die für das Brow­sen im Inter­net herge-

stellt wer­den müs­sen, aber spä­tes­tens beim Ausschalten

des Com­pu­ters wie­der gelöscht werden.8

Damit sind Ver­viel­fäl­ti­gun­gen, die zum Zweck der

KI-gestütz­ten Ana­ly­se her­ge­stellt wer­den, nicht ver-

gleich­bar. Die Ana­ly­se, die durch die flüch­ti­ge Kopie er-

mög­licht wird, ist zwar eine auto­ma­ti­sier­te Form des

Werk­ge­nus­ses, der ohne Zustim­mung des Urhe­bers er-

laubt ist.9 Der Werk­ge­nuss wird daher prin­zi­pi­ell nicht

iso­liert ver­wer­tet. Indem die Ana­ly­se auto­ma­ti­siert wird,

wer­den die Wer­ke jedoch erheb­lich schnel­ler gründlich

unter­sucht, als es einem Men­schen mög­lich wäre. Dieser

Vor­teil ver­leiht den Werk­ver­viel­fäl­ti­gun­gen für die KI-

gestütz­te Ana­ly­se eine eigen­stän­di­ge wirt­schaft­li­che Be-

deu­tung, die es aus­schließt, die Schran­ke des § 44a UrhG

dar­auf anzuwenden.

b) Text und Data Mining-Schranken

Zur Anwen­dung kön­nen aller­dings die Text und Data

Mining-Schran­ken kom­men, die Vervielfältigungen

geschütz­ter Wer­ke zum Zweck des Text und Data Mining

(kurz: TDM) erlauben.10 Damit ist die automatisierte

Ana­ly­se von ein­zel­nen oder meh­re­ren Wer­ken gemeint,

die das Ziel ver­folgt, dar­aus Infor­ma­tio­nen zu gewinnen

(§ 44b Abs. 1 UrhG). Auch die KI-gestütz­te Ana­ly­se z. B.

der Fach­auf­sät­ze der nach­ge­ahm­ten Autorin dient die-

sem Ziel. Im Rah­men der Ana­ly­se wer­den näm­lich in

einem ers­ten Schritt Infor­ma­tio­nen etwa zu den genutz-

ten Stil­mit­teln und der Aus­drucks­wei­se der Autorin ext-

rahiert. Dass die­se Infor­ma­tio­nen nicht in Rein­form an

den Nut­zer aus­ge­ge­ben, son­dern in einem zweiten

Schritt zur Gene­rie­rung eines Fake Rese­arch Papers

genutzt wer­den, ändert an die­ser Bewer­tung nichts.11

Dem ein­deu­ti­gen Wort­laut der Legal­de­fi­ni­ti­on nach

setzt eine Sub­sum­ti­on der Ana­ly­se unter den Begriff des

TDM näm­lich nicht vor­aus, dass die dadurch gewonne-

nen Infor­ma­tio­nen nicht wei­ter­ver­ar­bei­tet wer­den. Was­Bern­zen · Urhe­ber­rechts­ver­let­zun­gen bei der Erstel­lung von Fake Rese­arch Papers 1 8 7

12

Dies is‌ t aller­dings für die Fra­ge rele­vant, auf wel­che der TDM-

Schran­ken die Ana­ly­se ges‌ tützt wer­den kann, s. dazu den folgen-

den Absatz.

13

Grüb­ler, in: Göt­tin­g/Lau­ber-Röns­ber­g/Rau­er (Hrsg.), BeckOK

UrhR, 40. Ed., S‌ tand: 1.8.2023, § 60c UrhG Rn. 5.

14

BT-Drs. 19/27426, S. 87.

15

Zu bei­dem BT-Drs. 19/27426, S. 88.

16

S. für die­se For­mu­lie­rung Raue, Text und Data Mining,

CR 2017, 656.

17

Erw­Gr. 18 DSM-RL.

hier­mit pas­siert, ist für die Fra­ge, inwie­fern die Analyse

ein TDM dar­stellt, viel­mehr unerheblich.12

Für die Wis­sen­schaft exis­tiert in § 60d UrhG eine

spe­zi­el­le TDM-Schran­ke. Das TDM ist danach bestimm-

ten Per­so­nen, wie etwa nicht-kom­mer­zi­ell Forschenden

(§ 60d Abs. 3 Nr. 2 UrhG) oder Insti­tu­tio­nen wie z. B.

Hoch­schu­len (§ 60d Abs. 2 UrhG), gestat­tet, wenn es für

Zwe­cke der wis­sen­schaft­li­chen For­schung erfolgt. Zu

wis­sen­schaft­li­cher For­schung zäh­len sowohl das metho-

disch-sys­te­ma­ti­sche Stre­ben nach neu­er Erkennt­nis als

auch deren anschlie­ßen­de Vermittlung.13 Es ist zwar

denk­bar, dass TDM mit die­sem Ziel ein­ge­setzt wird,

z. B. um Trends in einer For­schungs­rich­tung zu ermit-

teln, die sich in Fach­pu­bli­ka­tio­nen zei­gen. TDM, das zur

Erstel­lung eines Fake Rese­arch Papers durchgeführt

wird, dient aber im Ergeb­nis nicht der Gewin­nung neu-

er Erkennt­nis­se. Es soll dem ver­meint­li­chen Autor viel-

mehr ermög­li­chen, ein sol­ches Erkennt­nis­stre­ben vor-

zutäu­schen. Die Mühen, die die­ses Stre­ben mit sich

bringt, möch­te er sich dadurch gera­de erspa­ren. Die KI-

gestütz­te Ana­ly­se frem­der Wer­ke, deren Ergeb­nis in ein

Fake Rese­arch Paper ein­fließt, ver­folgt des­halb den

Zweck der Wis­sen­schafts­si­mu­la­ti­on, nicht der wissen-

schaft­li­chen Forschung.

Weil die Wis­sen­schafts­schran­ke nicht ein­greift, kann

der ver­meint­li­che Autor sei­nen Upload frem­der Werke

auf den Ser­ver des KI-Anbie­ters allen­falls auf die allge-

mei­ne TDM-Schran­ke in § 44b UrhG stüt­zen. Diese

Schran­ken­re­ge­lung gestat­tet Ver­viel­fäl­ti­gun­gen für

TDM, das jedem belie­bi­gen Zweck die­nen kann.14 Das

folgt bereits dar­aus, dass sie ihrem Wort­laut nach nicht

auf bestimm­te Zie­le beschränkt ist. Damit unterscheidet

sie sich von der zuvor betrach­te­ten Schran­ke in

§ 60d UrhG, die auf das TDM zu Zwe­cken der wissen-

schaft­li­chen For­schung begrenzt ist. Für die Anwendung

des § 44b UrhG ist es des­halb irrele­vant, dass das Ziel,

mit den durch das TDM extra­hier­ten Infor­ma­tio­nen ein

Fake Rese­arch Paper zu erstel­len, wis­sen­schaft­lich un-

lau­ter ist.

Damit die all­ge­mei­ne TDM-Schran­ke ein­greift, muss

der ver­meint­li­che Autor recht­mä­ßi­gen Zugang zu dem

Werk haben, das er auf den KI-Ser­ver hochlädt

(§ 44b Abs. 2 S. 1 UrhG). Das ist z. B. zu beja­hen, wenn er

das Werk aus einer Daten­bank her­un­ter­ge­la­den hat, die

er im Rah­men sei­ner uni­ver­si­tä­ren Lizenz nut­zen darf.

Auch auf frei im Inter­net ver­füg­ba­re Wer­ke greift er

recht­mä­ßig zu, z. B. wenn er den Pre-Print eines Aufsat-

zes von der Web­sei­te der Autorin herunterlädt.15 Aus sei-

nem „right to read“ für die­se Wer­ke folgt dann sein

„right to mine“.16 Der ver­meint­li­che Autor darf die frem-

den Wer­ke also nicht nur selbst lesen, son­dern auch

durch das KI-Sys­tem „lesen“ lassen.

Anders als auf Basis der Wis­sen­schafts­schran­ke ist

das TDM nach der all­ge­mei­nen Schran­ken­re­ge­lung je-

doch nur erlaubt, wenn der Rech­te­inha­ber sich diese

Nut­zung nicht selbst vor­be­hal­ten hat

(§ 44b Abs. 3 S. 1 UrhG). Dies muss in jedem Einzelfall

geprüft wer­den. Ein­schrän­kend ist zwar zu sagen, dass

der Nut­zungs­vor­be­halt bei online zugäng­li­chen Werken

ledig­lich wirk­sam ist, wenn er maschi­nen­les­bar geäußert

wird (§ 44b Abs. 3 S. 2 UrhG). Die­se Anfor­de­rung ist

nach dem Wil­len des Gesetz­ge­bers aller­dings nicht be-

son­ders schwer zu erfül­len: Es soll z. B. aus­rei­chen, wenn

ein Vor­be­halt in den Meta­da­ten des Werks enthalten

oder in den AGB der Web­sei­te zu fin­den ist, auf der es

abge­ru­fen wer­den kann.17

Ob die all­ge­mei­ne TDM-Schran­ke es rechtfertigt,

dass der ver­meint­li­che Autor frem­de geschütz­te Werke

auf dem Ser­ver des KI-Anbie­ters hoch­lädt, muss also im

kon­kre­ten Fall geprüft wer­den. Hat er recht­mä­ßi­gen Zu-

gang zu den frag­li­chen Wer­ken und wur­de kein Nut-

zungs­vor­be­halt erklärt, greift § 44b UrhG unabhängig

von der wis­sen­schaft­li­chen Unred­lich­keit sei­nes Tuns

ein. Nur wenn eine der bei­den Vor­aus­set­zun­gen fehlt,

kann der ver­meint­li­che Autor sich nicht auf diese

Schran­ken­re­ge­lung stützen.

3. Schlich­te Einwilligung

Für Wer­ke, die im Inter­net frei zugäng­lich sind, kommt

als Recht­fer­ti­gung für das Hoch­la­den auf den Ser­ver des

KI-Anbie­ters auch eine schlich­te Ein­wil­li­gung des Rechteinhabers

in Betracht. Das kann etwa den genannten

Pre-Print betref­fen, den des­sen Autorin auf ihrer Web-

sei­te ver­öf­fent­licht hat. Das Rechts­in­sti­tut der schlichten

Ein­wil­li­gung stammt aus der sog. Vorschaubilder-Recht-

spre­chung des Bun­des­ge­richts­hofs (BGH). Für diese

Bild­nut­zung durch Such­ma­schi­nen kon­sta­tier­te der

BGH, dass der Rech­te­inha­ber hier­ein kon­klu­dent ein-

wil­li­ge, wenn er geschütz­te Bil­der im Inter­net zugänglich

mache, ohne exis­tie­ren­de tech­ni­sche Mög­lich­kei­ten zuO R D N U N G D E R W I S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 4 ) , 1 8 5 — 1 9 2

1 8 8

18

BGH, 29.4.2010 – I ZR 69/08, GRUR 2010, 628 (631 f. Rn. 33 ff.) –

Vor­schau­bil­der I; BGH, 19.10.2011 – I ZR 140/10, GRUR 2012, 602

(604 Rn. 18) – Vor­schau­bil­der II.

19

BGH, 29.4.2010 – I ZR 69/08, GRUR 2010, 628 (632 Rn. 36) –

Vor­schau­bil­der I unter Ver­weis auf BGH, 6.12.2007 – I ZR 94/05,

GRUR 2008, 245 (247 Rn. 27) – Dru­cker und Plotter.

20

Bern­zen, K&R 2023, Bei­hef­ter zu Heft 10, 6 (8).

21

Vgl. OLG Frankfurt/Main, 1.4.2003 – 11 U 47/02, ZUM-RD 2003,

532 (535) – Abs‌ trac‌ ts; OLG Ham­burg, 31.3. 2004 – 5 U 144/03,

GRUR-RR 2004, 285 (286) – Mar­ken­tech­nik; LG Frankfurt/Main,

6.4.2005 – 2/6 O 13/05, AfP 2005, 402.

22

EuGH, 2.5.2012 − C‑406/10, GRUR 2012, 814 (815 Rn. 40) – SAS

Ins‌ titu­te; BGH, 23.2.2023 – I ZR 157/21, GRUR 2023, 577 (581

Rn. 31) – Ac‌ tion Replay; Loewenheim/Leis‌ tner, in: Schri­cker/­Loe-

wen­heim, UrhR, § 2 UrhG Rn. 73.

23

S. dazu BGH, 21.11.1980 – I ZR 106/78, GRUR 1981, 352 (353) –

Staats­examens­ar­beit; BGH, 27.2.1981 – I ZR 29/79, GRUR 1981,

520 (521 f.) – Fra­gen­samm­lung; BGH, 12.7.1990 – I ZR 16/89,

GRUR 1991, 130 (132 f.) – Themenkatalog.

24

Schack, Wissenschafts‌ pla­gi­at und Urhe­ber­recht, in: Dreier/Ohly

(Hrsg.), Pla­gia­te. Wis­sen­schafts­ethik und Recht, Tübin­gen 2013,

S. 81 (S. 83 f.).

25

Vgl. OLG Ham­burg, 31.3. 2004 – 5 U 144/03, GRUR-RR 2004, 285

(286) – Markentechnik.

26

Vgl. BGH, 7.12.1979 – I ZR 157/77, GRUR 1980, 227 (230) – Mo-

numen­ta Ger­ma­niae His‌ tori­ca; BGH, 21.11.1980 – I ZR 106/78,

GRUR 1981, 352 (353) – Staats­examens­ar­beit; BGH, 27.02.1981 – I

ZR 29/79, GRUR 1981, 520 (522) – Fragensammlung.

27

Schack, in: Dreier/Ohly, Pla­gia­te, S. 81 (S. 83).

ergrei­fen, um sie von der Bil­der­su­che und der Anzeige

als Vor­schau­bild auszuschließen.18 Schließ­lich müssten

Rech­te­inha­ber, die ihre Inhal­te im Inter­net ohne Ein-

schrän­kung zugäng­lich mach­ten, mit allen Nutzungs-

hand­lun­gen rech­nen, die dort nach den Umständen

üblich seien.19

KI-Sys­te­me, die für die auto­ma­ti­sier­te Ana­ly­se frem-

der Wer­ke ein­ge­setzt wer­den kön­nen, haben in jüngster

Zeit eine gro­ße Ver­brei­tung gefun­den. Es lässt sich daher

argu­men­tie­ren, dass der für die Ana­ly­se nöti­ge Upload

der Wer­ke zu den übli­chen Nut­zun­gen gehört, mit de-

nen der Rech­te­inha­ber rech­nen muss. Das kann aller-

dings nicht gel­ten, wenn er tech­ni­sche Schutzmaßnah-

men imple­men­tiert hat, die genau die­se Verwendung

sei­ner Wer­ke ver­hin­dern sol­len. Er hat dann näm­lich die

Mög­lich­keit des Nut­zungs­aus­schlus­ses ergrif­fen, die ei-

ner kon­klu­den­ten Ein­wil­li­gung nach der Rechtspre-

chung des BGH ent­ge­gen­steht. Um Gleich­lauf mit der

all­ge­mei­nen TDM-Schran­ke zu erzie­len, soll­te dasselbe

auch gel­ten, wenn der Rech­te­inha­ber einen maschinen-

les­ba­ren Nut­zungs­vor­be­halt i. S. d. § 44b Abs. 3 S. 2 UrhG

erklärt hat. Auch in die­sem Fall schei­det näm­lich eine

Aus­le­gung als Ein­wil­li­gung aus.20

III. Rechts­ver­let­zung durch Über­nah­men aus frem-

den Wer­ken

1. Kei­ne gene­rel­le Unzu­läs­sig­keit von Übernahmen

Zu Urhe­ber­rechts­ver­let­zun­gen kann es nicht nur bei der

Vor­be­rei­tung des Fake Rese­arch Papers kom­men. Auch

das KI-gene­rier­te Paper selbst kann mit dem Urheber-

recht in Kon­flikt tre­ten, wenn dar­in geschütz­te Werke

Drit­ter ent­hal­ten sind. Nicht alle Über­nah­men aus frem-

den Wer­ken stel­len aller­dings eine Rechts­ver­let­zung dar.

Inwie­fern sie zuläs­sig sind, hängt viel­mehr davon ab,

wel­che Ele­men­te in dem Fake Rese­arch Paper im kon-

kre­ten Fal­le wie wie­der­ge­ge­ben wor­den sind.

2. Über­nah­me frem­der Ideen

Unpro­ble­ma­tisch ist es aus urhe­ber­recht­li­cher Sicht

zunächst, wenn sich das Fake Rese­arch Paper fremder

The­sen oder Argu­men­te bedient.21 Ein Ideenschutz

besteht im Urhe­ber­recht nicht (s. etwa

§ 69a Abs. 2 S. 2 UrhG). Dadurch, dass nur die konkrete

Aus­drucks­form der Idee geschützt wird, soll verhindert

wer­den, dass die Idee zulas­ten der All­ge­mein­heit mono-

poli­siert wird.22 Im Bereich der Wis­sen­schaft, die von der

Aus­ein­an­der­set­zung mit den Erkennt­nis­sen und Überle-

gun­gen Drit­ter lebt, ist dies von beson­de­rer Relevanz.23

Das Frei­hal­te­be­dürf­nis für frem­de Ideen besteht dabei

unab­hän­gig davon, ob die­se allein von einem Menschen

oder mit­hil­fe einer Künst­li­chen Intel­li­genz übernom-

men wer­den. Aus urhe­ber­recht­li­cher Sicht ist es sogar

uner­heb­lich, wenn der ver­meint­li­che Autor die fremden

Ideen im Fake Rese­arch Paper fälsch­lich als sei­ne eige-

nen ausgibt.24 Eine Pflicht zur Quel­len­an­ga­be nach

§ 63 UrhG besteht schließ­lich nur, wenn frem­de geschütz-

te Wer­ke zitiert wer­den. Die frem­de Idee, die im Paper

über­nom­men wird, ist aber gera­de nicht urheberrecht-

lich geschützt.25

3. Ver­viel­fäl­ti­gung frem­der Werke

a) Legi­ti­mie­rung durch die Zitatschranke

Das Urhe­ber­recht kann aber ver­letzt sein, wenn in dem

Fake Rese­arch Paper nicht nur eine frem­de Idee, son-

dern deren kon­kre­te Aus­drucks­form übernommen

wird.26 Dies gilt nicht nur, wenn das gesam­te Werk eines

Drit­ten im Paper wie­der­ge­ge­ben wird,27 z. B. indem eine

frem­de tech­ni­sche Zeich­nung neben dem Text ein­ge­fügt­Bern­zen · Urhe­ber­rechts­ver­let­zun­gen bei der Erstel­lung von Fake Rese­arch Papers 1 8 9

28

EuGH, 16.7.2009 – C‑5/08, GRUR 2009, 1041 (1044 Rn. 39) –

Info­paq; BGH, 10.12.1987 – I ZR 198/85, GRUR 1988, 533 (534)

– Vor­ent­wurf II; BGH, 3.7.2008 – I ZR 204/05, GRUR 2008, 1081

(1082 Rn. 18) – Musi­cal Starlight.

29

Waiblinger/Pukas, Der Pla­gi­ats­vor­wurf bei Schrift­wer­ken im

Lich­te aktu­el­ler Debat­ten – Mehr Schein als Sein?, ZUM 2022, 85

(88).

30

Bern­zen, in: Küns‌ tner/Louven (Hrsg.), Plattform-Governance

und Recht, 2024, Kap. V. Urhe­ber­recht und Küns‌ tli­che Intelligenz

Rn. 30; Kon­ertz, Urhe­ber­recht­li­che Fra­gen der Textgenerierung

durch Küns‌ tli­che Intel­li­genz: Ins­be­son­de­re Schöp­fun­gen und

Rechts­ver­let­zun­gen durch GPT und ChatGPT, WRP 2023, 796

(802); Schack, Aus­le­sen von Web­sei­ten zu KI-Trainingszwecken

als Urhe­ber­rechts­ver­let­zung de lege lata et feren­da, NJW 2024,

113 (114). A.A. aber Käde, Krea­ti­ve Maschi­nen und Urheberrecht,

2021, S. 74 f.

31

Gern­hardt, Urhe­ber­rechts­ver­let­zun­gen durch küns‌ tli­che Intelli-

genz am Beis‌ piel der bil­den­den Küns‌ te; Werk ohne Autor einmal

anders, GRUR-Prax 2022, 69 (71); Hof­mann, Zehn The­sen zu

Küns‌ tli­cher Intel­li­genz (KI) und Urhe­ber­recht, WRP 2024, 11 (17);

Kon­ertz, WRP 2023, 796 (804).

32

EuGH, 29.7.2019 – C‑516/17, GRUR 2019, 940 (945 Rn. 78) – Re-

formis‌ tischer Auf­bruch; EuGH, 29.7.2019 – C‑476/17, GRUR 2019,

929 (933 Rn. 71) – Pel­ham. S. auch BGH, 30.4.2020 – I ZR 115/16,

GRUR 2020, 843 (848 Rn. 53 f.) – Metall auf Metall IV.

33

BGH, 23.5.1985 – I ZR 28/83, GRUR 1986, 59 (60) – Geis‌ tchris‌ ten-

tum; BGH, 17.12.2015 – I ZR 69/14, GRUR 2016, 369 (370 f. Rn. 25)

– Exklu­siv­in­ter­view; BGH, 30.4.2020 – I ZR 228/15, GRUR 2020,

859 (867 Rn. 82 f.) – Reformis‌ tischer Auf­bruch II.

34

So Fin­ke, Urhe­ber­recht­li­che Zuläs­sig­keit der Nut­zung des Out-

puts einer Küns‌ tli­chen Intel­li­genz, ZGE 2023, 414 (435 f.).

35

S. oben II. 2. b).

36

BGH, 12.6.1981 — I ZR 95/79, GRUR 1982, 37 (40) – WK-Doku-

men­ta­ti­on; BGH, 23.5.1985 – I ZR 28/83, GRUR 1986, 59 (60) –

Geist­chris­ten­tum; BGH, 30.6.1994 – I ZR 32/92, GRUR 1994, 800

(803) – Museumskatalog.

37

Schack, in: Dreier/Ohly, Pla­gia­te, S. 81 (S. 88) unter Ver­weis auf

BGH, 21.11.1991 – I ZR 190/89, GRUR 1992, 382 (384) – Leitsätze.

38

Vgl. KG, 13.1.1970 — 5 U 1457/69, GRUR 1970, 616 (618) – Eintän-

zer; KG, 6.4. 2011 – 24 U 1/11, ZUM 2011, 661 (663) – Editorial.

39

Waiblinger/Pukas, ZUM 2022, 85 (90).

40

OLG Mün­chen, 26.3.1998 – 29 U 5758/97, NJW 1999, 1975 (1976) –

Stim­me Brecht; OLG Köln, 31.7.2009 – 6 U 52/09, ZUM 2009, 961

(962) – Wie ein Tier im Zoo; Spind­ler, in: Schricker/Loewenheim,

UrhR, § 51 UrhG Rn. 31.

wird. Auch die Über­nah­me ein­zel­ner Tei­le eines Werks

kann eine Rechts­ver­let­zung begrün­den, wenn die Teile

für sich genom­men eine per­sön­li­che geis­ti­ge Schöpfung

i. S. d. § 2 Abs. 2 UrhG sind.28 Das kommt z. B. für Absät-

ze eines wis­sen­schaft­li­chen Auf­sat­zes in Betracht.29

Frem­de Wer­ke oder Werk­tei­le unver­än­dert in das Fake

Rese­arch Paper zu über­neh­men, stellt eine urheberrecht-

lich rele­van­te Ver­viel­fäl­ti­gung dar, die einer Rechtferti-

gung bedarf.30

Die­se Ver­viel­fäl­ti­gung kann zunächst in der Form

auf­tre­ten, dass das frem­de Werk oder der Werk­teil wis-

sen­schaft­lich kor­rekt dem Urhe­ber zuge­schrie­ben wer-

den. So könn­te die tech­ni­sche Zeich­nung aus dem obi-

gen Bei­spiel ord­nungs­ge­mäß mit einer Fuß­no­te verse-

hen wer­den. In die­sem Fall kann sich der vermeintliche

Autor unter Umstän­den auf die Zitier­schran­ke in

§ 51 UrhG berufen.31 Sie erlaubt die Ver­viel­fäl­ti­gung eines

ver­öf­fent­lich­ten Werks zum Zweck des Zitats. Ein Zitat

liegt vor, wenn ein frem­des Werk genutzt wird, „um Aus-

sagen zu erläu­tern, eine Mei­nung zu ver­tei­di­gen oder

eine geis­ti­ge Aus­ein­an­der­set­zung [zwi­schen dem zitier-

ten Werk und den Aus­sa­gen des Zitie­ren­den] zu ermög-

lichen“.32 Nötig ist dem­nach eine „inne­re Verbindung“

zwi­schen dem zitier­ten Werk und den eigenen

Überlegungen.33

Auf den ers­ten Blick kommt die Zitat­schran­ke für

Über­nah­men in KI-gene­rier­ten Fake Rese­arch Papers

nicht in Betracht, weil kei­ne Über­le­gun­gen vor­lie­gen, zu

denen eine Ver­bin­dung her­ge­stellt wer­den könnte.34

Ähn­lich wie für die Wis­sen­schafts­schran­ke in

§ 60d UrhG lie­ße sich argu­men­tie­ren, der vermeintliche

Autor wol­le sich die geis­ti­ge Aus­ein­an­der­set­zung mit

dem frem­den Werk gera­de ersparen.35 Ein sol­ches Ver-

ständ­nis des Zitat­zwecks ver­kennt aber des­sen Funktion.

Die­se Vor­aus­set­zung des § 51 UrhG soll gewährleisten,

dass das frem­de Werk nur als Hilfs­mit­tel eingesetzt

wird.36 Wer die­ses Hilfs­mit­tel ein­setzt, gibt sie nicht vor.

Ent­spre­chend kann die Zitat­schran­ke z. B. auf ein Paper,

das sich allein aus Absät­zen frem­der Veröffentlichungen

zusam­men­setzt, nicht ange­wen­det werden.37 Die Werk-

tei­le wer­den dar­in näm­lich nicht zum Zweck des Zitats,

son­dern als Ersatz für eige­ne Aus­füh­run­gen übernom-

men.38 Das ist aber unab­hän­gig davon der Fall, ob das

Paper men­schen­ge­macht oder KI-gene­riert ist. Anders-

her­um gilt das­sel­be: Wür­de die Über­nah­me eines Werks

einen Zitat­zweck ver­fol­gen, wenn sie ein Mensch vor-

neh­men wür­de, ist eine KI-gesteu­er­te Über­nah­me eben-

so zu bewer­ten. Wird im Fake Rese­arch Paper also z. B.

eine frem­de tech­ni­sche Zeich­nung ana­ly­siert, kommt ihr

im Ver­hält­nis zur Ana­ly­se nur eine Hilfsmittelfunktion

zu. Bei teleo­lo­gi­scher Betrach­tung gibt es daher keinen

Anlass, die Anwen­dung der Zitat­schran­ke auf KI-gene-

rier­te Ver­viel­fäl­ti­gun­gen pau­schal zu verneinen.

Sie kann aller­dings nicht ein­grei­fen, wenn der ver-

meint­li­che Autor das über­nom­me­ne frem­de Werk oder

den Werk­teil als sei­ne eige­ne Krea­ti­on ausgibt.39 Ein Zi-

tat liegt schließ­lich nicht vor, wenn das zitier­te Werk un-

unter­scheid­bar in die eige­nen Aus­füh­run­gen eingefügt

wur­de. Es muss dar­in viel­mehr als fremd zu erkennen

sein.40 In dem Punkt lau­fen die wis­sen­schaft­li­chen und

urhe­ber­recht­li­chen Anfor­de­run­gen also gleich: Erst die

Kenn­zeich­nung eines zitier­ten Werks oder Werk­teils alsO R D N U N G D E R W I S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 4 ) , 1 8 5 — 1 9 2

1 9 0

41

Peu­kert, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 13 UrhG Rn. 9;

Schack, in: Dreier/Ohly, Pla­gia­te, S. 81 (S. 86); Waiblinger/Pukas,

ZUM 2022, 85 (89).

42

Vgl. Ger­ecke, Social Media und Recht: Eini­ge urheberrechtliche

Gedan­ken zu gene­ra­ti­ven KI-Model­len, GRUR-Prax 2023, 381

(382 f.); Hof­mann, WRP 2024, 11 (18).

43

Bern­zen, in: Künstner/Louven, Platt­form-Gover­nan­ce und Recht,

Kap. V Rn. 31; Nor­de­mann, Gene­ra­ti­ve Künst­li­che Intelligenz:

Urhe­ber­rechts­ver­let­zun­gen und Haf­tung, GRUR 2024, 1. Eher

ableh­nend aber Gern­hardt, GRUR-Prax 2022, 69 (70).

44

S. zum Werk­cha­rak­ter sogleich IV. 1.

45

BT-Drs. 19/27426, S. 78 unter Bezug­nah­me auf BGH, 11.3.1993 – I

ZR 264/91, GRUR 1994, 191 (193) – Asterix-Persiflagen.

46

Bern­zen, in: Künstner/Louven, Platt­form Gover­nan­ce und

Recht, Kap. V Rn. 31. A.A. Fin­ke, ZGE 2023, 414 (429 ff.); Peifer,

Robo­ter als Schöp­fer – Wird das Urhe­ber­recht im Zeit­al­ter der

künst­li­chen Intel­li­genz noch gebraucht?, in: von Lewin­s­ki/­Witt-

mann (Hrsg.), Urhe­ber­recht! Fes‌ tschrift für Michel Wal­ter zum

80. Geburts­tag, 2018, S. 222 (S. 229 f.). Zwei­felnd auch Heinze/

Wen­dorf, in: Ebers/Heinze/Krügel/Steinrötter (Hrsg.), Künstliche

Intel­li­genz und Robo­tik, 2020, § 9 Rn. 83.

47

Waiblinger/Pukas, ZUM 2022, 85 (92). Vgl. dazu auch OLG

Ham­burg, 31.3. 2004 – 5 U 144/03, GRUR-RR 2004, 285 (286 f.) –

Mar­ken­tech­nik.

frem­der Gedan­ke ermög­licht dem ver­meint­li­chen Autor,

sich für die Über­nah­me im Fake Rese­arch Paper auf die

Schran­ke in § 51 UrhG zu beru­fen. Die Ana­ly­se der tech-

nischen Zeich­nung aus dem obi­gen Bei­spiel ist davon

also nicht gedeckt, wenn die­se Zeich­nung im Paper als

eige­ne Zeich­nung aus­ge­ge­ben wird.

b) Ver­let­zung des Urheberpersönlichkeitsrechts

Stellt der ver­meint­li­che Autor das Fake Rese­arch Paper

inklu­si­ve des frem­den Werks oder Werk­teils als eigene

Krea­ti­on dar, liegt außer­dem eine Ver­let­zung des Urhe-

ber­per­sön­lich­keits­rechts vor. § 13 UrhG schreibt nämlich

vor, dass die Urhe­ber­schaft an einem Werk anzuerken-

nen ist. Dar­an fehlt es bei einem Plagiat.41 Ob die­ses Pla-

giat allein von einem Men­schen oder mit­tels einer Künst-

lichen Intel­li­genz geschaf­fen wur­de, ist dafür unerheb-

lich. Der Urhe­ber ver­dient in bei­den Fällen

glei­cher­ma­ßen Schutz davor, dass Drit­te sein Werk als

ihr eige­nes ausgeben.42

4. Bear­bei­tung oder ande­re Umge­stal­tung frem­der Wer-

ke

Denk­bar ist zuletzt, dass frem­de Wer­ke oder Werkteile

im Fake Rese­arch Paper nicht eins zu eins, son­dern in

ver­än­der­ter Form ent­hal­ten sind. Die Über­nah­me kann

in die­sem Fall eine Bear­bei­tung oder ande­re Umgestal-

tung darstellen.43 Sie darf dann nach § 23 Abs. 1 S. 1 UrhG

zwar im Grund­satz frei her­ge­stellt, kann jedoch nur mit

Zustim­mung des Urhe­bers des bear­bei­te­ten bzw. umge-

stal­te­ten Werks ver­öf­fent­licht oder ver­wer­tet werden.

Die unge­frag­te Publi­ka­ti­on des Fake Rese­arch Papers

z. B. in einer Fach­zeit­schrift wäre eine sol­che Veröffentli-

chung und wür­de daher das Urhe­ber­recht verletzen.

Eine Bear­bei­tung oder ande­re Umge­stal­tung liegt ge-

mäß § 23 Abs. 1 S. 2 UrhG jedoch nicht vor, wenn das neu

geschaf­fe­ne Werk44 – also das Fake Rese­arch Paper – ei-

nen hin­rei­chen­den Abstand zum benutz­ten Werk wahrt.

Es kann dann ohne Zustim­mung von des­sen Urheber

ver­öf­fent­licht wer­den. Ein sol­cher Abstand ist zu beja-

hen, wenn die „eigen­per­sön­li­chen Züge“, die aus dem

benutz­ten Werk ent­lehnt wur­den, „dem Gesamtein-

druck nach gegen­über der Eigen­art des neu­en Wer­kes so

stark „ver­blas­sen“, dass das [benutz­te] Werk nicht mehr

oder nur noch rudi­men­tär zu erken­nen ist“.45 Ob das der

Fall ist, hängt nicht davon ab, ob ein Mensch das neue

Werk allein oder mit­tels eines KI-Sys­tems geschaffen

hat.46 Es kommt ein­zig dar­auf an, inwie­fern die individu-

ellen Merk­ma­le des frem­den Werks bei objek­ti­ver Be-

trach­tung in dem Fake Rese­arch Paper noch zu erken-

nen sind. Das ist eine Fra­ge des Ein­zel­fal­les. So können

die eigen­per­sön­li­chen Züge einer über­nom­me­nen Text-

stel­le etwa ver­blas­sen, wenn sie sprach­lich neu gefasst

wird.47 Dage­gen ver­blas­sen die indi­vi­du­el­len Merkmale

einer tech­ni­schen Zeich­nung z. B. nicht bereits, wenn

deren Far­be geän­dert wird.

IV. Rechts­ver­let­zung auf­grund frem­der Urheber-

schaft

1. Urhe­ber­rechts­schutz für KI-gene­rier­te Papers

Eine Ver­wer­tung des Fake Rese­arch Papers kann das

Urhe­ber­recht Drit­ter auch dann ver­let­zen, wenn das

Paper sich nicht aus frem­den Wer­ken zusammensetzt,

son­dern voll­stän­dig neu gene­riert wur­de. Dies ist denk-

bar, wenn ein Drit­ter und nicht der ver­meint­li­che Autor

des­sen Urhe­ber ist. Dem Drit­ten wäre es in die­sem Fall

näm­lich vor­be­hal­ten, das Paper zu ver­wer­ten (vgl.

§ 15 UrhG). Zudem müss­te sei­ne Urhe­ber­schaft aner-

kannt wer­den (§ 13 UrhG). Wenn der vermeintliche

Autor das Fake Rese­arch Paper unter sei­nem eigenen

Namen publi­ziert, wür­de das in bei­der­lei Hin­sicht das

Urhe­ber­recht des Drit­ten verletzen.

Das setzt zunächst aller­dings vor­aus, dass an einem

KI-gene­rier­ten Fake Rese­arch Paper über­haupt ein Ur-

heber­recht ent­ste­hen kann. Pro­ble­ma­tisch ist auf den

ers­ten Blick, dass § 2 Abs. 2 UrhG hier­für for­dert, dass es

sich bei dem Paper um eine per­sön­li­che geis­ti­ge Schöp-

fung han­delt. Schöp­fun­gen kön­nen näm­lich nur von ei-Bern­zen · Urhe­ber­rechts­ver­let­zun­gen bei der Erstel­lung von Fake Rese­arch Papers 1 9 1

48

Loewenheim/Leistner, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 2 UrhG

Rn. 41; Thum, in: Wandtke/Bullinger, UrhR, § 7 UrhG Rn. 18.

49

Bul­lin­ger, in: Wandtke/Bullinger, UrhR, § 2 UrhG Rn. 16; Loe-

wenheim/Leistner, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 2 UrhG

Rn. 40; Schul­ze, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 2 Rn. 8.

50

Bern­zen, in: Künstner/Louven, Platt­form Gover­nan­ce und Recht,

Kap. V Rn. 18.

51

Bern­zen, in: Künstner/Louven, Platt­form Gover­nan­ce und Recht,

Kap. V Rn. 19; Specht-Rie­men­schnei­der, Urheberrechtlicher

Schutz für Algo­rith­men­er­zeug­nis­se? – Pha­sen­mo­dell de lege lata,

Inves­ti­ti­ons­schutz de lege feren­da?, in: Specht-Riemenschneider/

Buchner/Heinze/Thomsen (Hrsg.), IT-Recht in Wissenschaft

und Pra­xis. Fes‌ tschrift für Jür­gen Tae­ger, 2020, S. 711 (S. 718). In

die Rich­tung auch Ger­ecke, GRUR-Prax 2023, 381 (382); Krone,

Urhe­ber­recht­li­cher Schutz von ChatGPT-Tex­ten?, RDi 2023, 117

(122 f.); Lau­ber-Röns­berg, Auto­no­me „Schöp­fung“ – Urheber-

schaft und Schutz­fä­hig­keit, GRUR 2019, 244 (247). Die­sen Ansatz

ableh­nend aber Heinze/Wendorf, in: Eber­s/Hein­ze/­Krü­gel/Stein-

röt­ter, Künst­li­che Intel­li­genz und Robo­tik, § 9 Rn. 64. Die h.M.

ist ins­ge­samt zurück­hal­ten­der bei der Annah­me der Schutzfähig-

keit, s. exem­pla­risch Bau­mann, Gene­ra­ti­ve KI und Urheberrecht

– Urhe­ber und Anwen­der im Span­nungs­feld, NJW 2023, 3673

(3676); Maa­mar, Com­pu­ter als Schöp­fer, S. 189 ff.; Nägele/Apel,

in: Kaulartz/Braegelmann, Rechts­hand­buch Arti­fi­ci­al Intelligence

und Machi­ne Lear­ning, Kap. 7.1 Rn. 42.

52

Für die Unter­schei­dung in die­se zwei Pha­sen, aller­dings mit

ande­rer Grenz­zie­hung, bereits Specht-Rie­men­schnei­der, in: Fes‌ t-

schrift Tae­ger, S. 711 (S. 718).

53

Bern­zen, in: Künstner/Louven, Platt­form Gover­nan­ce und Recht,

Kap. V Rn. 20; Käde, Krea­ti­ve Maschi­nen und Urhe­ber­recht, S.

187 f.; Olbrich/Bongers/Pampel, Urhe­ber­rechts­schutz für Kunst-

wer­ke künst­li­cher Intel­li­genz?, GRUR 2022, 870 (872). A.A. aber

Dor­nis, Die „Schöp­fung ohne Schöp­fer“ – Klar­stel­lun­gen zur „KI-

Auto­no­mie“ im Urhe­ber- und Patent­recht, GRUR 2021, 784 (788

f.); Fin­ke, ZGE 2023, 414 (431); Maa­mar, Com­pu­ter als Schöpfer,

S. 196.

54

Bern­zen, in: Künstner/Louven, Platt­form Gover­nan­ce und Recht,

Kap. V Rn. 20; Specht-Rie­men­schnei­der, in: Fes‌ tschrift Tae­ger, S.

711 (S. 717 f.).

55

Bern­zen, in: Künstner/Louven, Platt­form Gover­nan­ce und Recht,

Kap. V Rn. 20.

56

Bern­zen, in: Künstner/Louven, Platt­form Gover­nan­ce und Recht,

Kap. V Rn. 21. Anschau­lich stellt die ver­schie­de­nen Möglichkei-

ten mensch­li­cher Ein­fluss­nah­me Käde, Krea­ti­ve Maschi­nen und

Urhe­ber­recht, S. 193 ff. dar.

57

Bern­zen, in: Künstner/Louven, Platt­form Gover­nan­ce und Recht,

Kap. V Rn. 21; Drei­er, Crea­ti­on and Invest­ment: Artis­tic and Le-

gal Impli­ca­ti­ons of Com­pu­ter-gene­ra­ted Works, in: Leser/I­so­mu-

ra (Hrsg.), Wege zum japa­ni­schen Recht. Fes‌ tschrift für Zentaro

Kitag­awa, 1992, S. 869 (S. 884); Lau­ber-Röns­berg, GRUR 2019, 244

(248).

nem Men­schen stam­men, nicht von einer Künstlichen

Intelligenz.48 Das schließt jedoch nicht aus, dass dieser

Mensch sich bei der Erstel­lung des Papers eines Hilfs-

mit­tels bedient.49 Ein sol­ches Hilfs­mit­tel kann ein KI-

Sys­tem sein, wenn das damit gene­rier­te Fake Research

Paper im Ergeb­nis auf die Ent­schei­dun­gen des Men-

schen zurück­zu­füh­ren ist.50 Dafür muss die­ser Mensch

nicht kon­kret dar­über ent­schie­den haben, wie das Paper

struk­tu­riert, illus­triert oder for­mu­liert sein soll. Er muss

nur steu­ern­de Vor­ein­stel­lun­gen für sei­nen Gestaltungs-

pro­zess getrof­fen haben, die sich in aus­rei­chen­dem Maße

auf die Aus­ge­stal­tung des Papers aus­ge­wirkt haben.51

Durch den Ein­satz des KI-Sys­tems wird die mensch-

liche Krea­ti­vi­tät in die­sem Fall schließ­lich nicht ver-

drängt; der Schwer­punkt des Krea­ti­ons­pro­zes­ses ver-

schiebt sich nur. Der Mensch wird eher in der Pha­se der

Vor­be­rei­tung des Fake Rese­arch Papers tätig. In der Ge-

stal­tungs­pha­se, in der des­sen Inhalt gene­riert wird, ist

dann der Anteil des KI-Sys­tems größer.52 Zu keinem

Zeit­punkt trifft die­ses Sys­tem aber wirk­lich autonome

Ent­schei­dun­gen, die einer Rück­füh­rung des Fake Re-

search Papers auf die gestal­te­ri­schen Entscheidungen

des Men­schen ent­ge­gen­stün­den. Es gibt schließ­lich noch

kei­ne soge­nann­te star­ke KI, die eigen­mäch­tig gestaltend

tätig wer­den und dadurch die­sen Zusam­men­hang unter-

bre­chen könnte.53

Dem Werk einer heu­te ein­zig ver­füg­ba­ren „schwa-

chen“ KI – oder prä­zi­ser: dem Werk des Men­schen, der

die­se KI ver­wen­det – den Schutz durch das Urheber-

recht zuzu­ge­ste­hen, gebie­tet des­sen Schutz­zweck. Der

Mensch, der ein KI-Sys­tem ein­setzt, um ein Fake Re-

search Paper zu erstel­len, for­dert die­ses Sys­tem schließ-

lich dazu her­aus, das Paper zu generieren.54 Die­ser Pro-

zess mag dann mehr oder weni­ger auto­ma­ti­siert ablau-

fen, sodass der Mensch die fina­le Fas­sung des Papers

nicht im Detail vor­her­se­hen kann. Trotz­dem han­delt es

sich bei die­sem Paper nor­ma­tiv betrach­tet doch um sein,

also: ein mensch­li­ches Erzeugnis.55

2. Urhe­ber­schaft an KI-gene­rier­ten Papers

Inwie­fern die Nut­zung die­ses Erzeug­nis­ses das Urheber-

recht ver­letzt, hängt davon ab, wel­chem Men­schen das

Erzeug­nis zuzu­rech­nen ist. Neben dem vermeintlichen

Autor kommt auch der Ent­wick­ler des ein­ge­setz­ten KI-

Sys­tems als Urhe­ber des Fake Rese­arch Papers in

Betracht. Die Fra­ge, wer von ihnen bei­den die erforder-

lichen steu­ern­den Vor­ein­stel­lun­gen vor­ge­nom­men hat,

lässt sich nur mit Blick auf die Aus­ge­stal­tung der einge-

setz­ten Künst­li­chen Intel­li­genz beantworten.56

Wenn der Ent­wick­ler bereits so umfas­sen­de Vorein-

stel­lun­gen getrof­fen hat, dass der ver­meint­li­che Autor

die KI nur noch in Betrieb neh­men muss­te, ist das damit

gene­rier­te Paper dem Ent­wick­ler zuzurechnen.57 Ein

(wohl hypo­the­ti­sches) Bei­spiel hier­für wäre ein KI-Sys-

tem, das spe­zi­ell dafür genutzt wird, wissenschaftliche

Auf­sät­ze auf einem bestimm­ten Fach­ge­biet zu verfassen

und bei dem der ver­meint­li­che Autor ledig­lich einen

Prompt ein­ge­ben muss, um ein fer­tig for­mu­lier­tes Fake

Rese­arch Paper zu erhal­ten. Der Urhe­ber jenes Papers

wäre der KI-Ent­wick­ler, der das pas­sen­de Modell erstell­tO R D N U N G D E R W I S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 4 ) , 1 8 5 — 1 9 2

1 9 2

58

Bern­zen, in: Künstner/Louven, Platt­form Gover­nan­ce und Recht,

Kap. V Rn. 21; Drei­er, in: Fes‌ tschrift Kitag­awa, S. 869 (S. 884);

Lau­ber-Röns­berg, GRUR 2019, 244 (248).

59

Bern­zen, in: Künstner/Louven, Platt­form Gover­nan­ce und Recht,

Kap. V Rn. 21.

60

So schon für die Bekämp­fung klas­si­scher Pla­gia­te Schack, in:

Dreier/Ohly, Pla­gia­te, S. 81 (S. 82).

und mit den rele­van­ten Publi­ka­tio­nen trai­niert sowie va-

lidiert hat. Die­se Vor­ein­stel­lun­gen haben schließ­lich ent-

schei­den­den Ein­fluss auf die Abfas­sung des Papers. Dass

der ver­meint­li­che Autor die KI mit sei­nem Prompt in

Gang gesetzt hat, wirkt sich dem­ge­gen­über nicht ausrei-

chend auf die Aus­ge­stal­tung des Papers aus.

Star­tet der ver­meint­li­che Autor den Kreationsprozess

dage­gen nicht nur, son­dern gestal­tet er die­sen Prozess

erst im Ein­zel­nen aus, ist das Fake Rese­arch Papers ihm

zuzurechnen.58 Das kommt ins­be­son­de­re für ein KI-Sys-

tem mit brei­tem Anwen­dungs­feld in Betracht,59 z. B. für

ChatGPT. Der Ent­wick­ler die­ser KI hat näm­lich keine

aus­rei­chen­den steu­ern­den Vor­ein­stel­lun­gen getroffen,

die sich im kon­kre­ten Paper nie­der­schla­gen könnten.

Die­se Vor­ein­stel­lun­gen nimmt viel­mehr der vermeintli-

che Autor vor, bspw. indem er ein­schlä­gi­ge Auf­sät­ze und

Urtei­le hoch­lädt, die in das Paper ein­flie­ßen sol­len, die

Text­gat­tung „juris­ti­scher Fach­auf­satz“ und die Struktur

sowie den Sprach­stil des Tex­tes vor­gibt. Denk­bar ist

auch, dass er sei­nen Prompt in einem ite­ra­ti­ven Prozess

so lan­ge modi­fi­ziert, bis das aus­ge­ge­be­ne Paper seinen

Vor­stel­lun­gen ent­spricht. All dies wirkt sich maßgeblich

auf des­sen fer­ti­ge Fas­sung aus.

Es ist damit zwar eine Fra­ge des Ein­zel­fal­les, wer der

Urhe­ber eines Fake Rese­arch Papers ist und die­ses Paper

daher ver­wer­ten darf. Auf dem aktu­el­len Stand der Tech-

nik ist aller­dings davon aus­zu­ge­hen, dass die steuernden

Vor­ein­stel­lun­gen in aller Regel vom ver­meint­li­chen Au-

tor vor­ge­nom­men wer­den. Ver­wer­tet er das Fake Re-

search Paper sodann z. B. durch Publi­ka­ti­on in einer

Fach­zeit­schrift, ver­letzt er damit kei­ne Urheberrechte

Drit­ter.

V. Nur punk­tu­el­le Hand­ha­be nach dem Urheberrecht

Wer ein Fake Rese­arch Paper mit­hil­fe eines KI-Systems

gene­riert, kann dabei in ver­schie­de­ner­lei Hin­sicht das

Urhe­ber­recht ver­let­zen. Teil­wei­se schlägt die wissen-

schaft­li­che Unlau­ter­keit sei­nes Tuns dabei auf die urhe-

ber­recht­li­che Bewer­tung durch. So kann sich der ver-

meint­li­che Autor für das Hoch­la­den frem­der Wer­ke auf

den Ser­ver des KI-Anbie­ters zu Ana­ly­se­zwe­cken z. B.

nicht auf die wis­sen­schafts­spe­zi­fi­sche TDM-Schranke

beru­fen. Eben­so ver­letzt er sowohl Ver­wer­tungs- als

auch Per­sön­lich­keits­rech­te des Urhe­bers, wenn er dessen

Werk unver­än­dert und unge­kenn­zeich­net in sein Fake

Rese­arch Paper über­nimmt. Die wis­sen­schaft­li­che und

die urhe­ber­recht­li­che Bewer­tung lau­fen aller­dings nicht

voll­stän­dig par­al­lel. So kann der ver­meint­li­che Autor

sich für den Upload frem­der Wer­ke auf den KI-Server

auch dann auf die all­ge­mei­ne TDM-Schran­ke berufen,

wenn er damit ein gefälsch­tes Paper gene­rie­ren will.

Genau­so ist es ihm urhe­ber­recht­lich erlaubt, fremde

The­sen oder Argu­men­te ohne Quel­len­an­ga­be in sein

Fake Rese­arch Paper über­neh­men. Das Urheberrecht

kann mit­hin nur punk­tu­ell einen Bei­trag zur Bekämp-

fung die­ses Phä­no­mens leisten.60 Vor­ran­gig bleibt dies

eine Auf­ga­be für die Wis­sen­schafts­ethik und das Wis-

sen­schafts­recht.

Prof. Dr. Anna K. Bern­zen ist Juni­or­pro­fes­so­rin für Bür-

ger­li­ches Recht, Wirt­schafts­recht und Recht der Digita-

lisie­rung an der Uni­ver­si­tät Regensburg.