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Die Mög­lich­kei­ten, die Künst­li­che Intel­li­genz (im Weite-

ren: KI) eröff­net, sind der­zeit in aller Mun­de. Dabei wer-

den natür­lich auch Anwen­dungs­fel­der der öffentlichen

Ver­wal­tung bzw. der Hoch­schu­len in den Blick genom-

men, etwa die Stu­di­en­platz­ver­ga­be. Die­ser Bei­trag soll

auf­zei­gen, wel­che Spiel­räu­me der euro­päi­sche wie auch

der deut­sche Rechts­rah­men dafür bie­tet. Es wird sich

her­aus­stel­len, dass das Zulas­sungs­recht eher eine Frage

der Digi­ta­li­sie­rung im enge­ren Sin­ne blei­ben wird und

die Chan­cen der KI mit guten Grün­den – zumin­dest in

Deutsch­land – eher auf dem Gebiet der vorgelagerten

Stu­di­en­be­ra­tung oder der ver­wal­tungs­in­ter­nen Verfah-

rens­über­wa­chung liegen.

I. Ein­lei­ten­des

Eine Stu­die der Har­vard Busi­ness School im Verbund

mit wei­te­ren For­schungs­ein­rich­tun­gen aus dem Septem-

ber 2023 hat gezeigt, dass Men­schen, die bei ihrer wis-

sen­s­ba­sier­ten Arbeit KI nutz­ten, 12,2 % mehr Arbeiten

erle­dig­ten, um 25,1 % schnel­ler und um 40 % erfolgrei-

cher arbei­te­ten als ihre ana­log täti­gen Kol­le­gin­nen und

Kollegen.1 Für die öffent­li­che Ver­wal­tung for­mu­liert der

CIO des Bun­des auf sei­ner Home­page, KI kön­ne „Ver-

wal­tungs­ab­läu­fe effi­zi­en­ter […] gestal­ten, zur Arbeits-

ent­las­tung bei­tra­gen und die Kom­mu­ni­ka­ti­on mit dem

Bür­ger ver­bes­sern“. Auf die­se Wei­se unter­stüt­ze sie „die

Ent­wick­lung einer moder­nen, effi­zi­en­ten und krisenres-

ili­en­ten Ver­wal­tung für die digi­ta­le Gesell­schaft von

morgen“.2 Ins­be­son­de­re mit dem Erfolg des Textgenera-

tors ChatGPT der ame­ri­ka­ni­schen Fir­ma Ope­nAI ist KI

in das Bewusst­sein brei­ter öffent­li­cher Krei­se getreten.3

Der Hype um die KI erfasst nahe­zu alle Bran­chen und

Fach­rich­tun­gen, etwa auch das Bildungssystem.4 KI ist

im grö­ße­ren Kon­text der Digi­ta­li­sie­rung bzw. der „digi-

talen Trans­for­ma­ti­on“ zu betrachten.5 Selbstverständlich

han­delt es sich um eine Ent­wick­lung mit Ambivalenz;

die immer detail­lier­te­re Wahr­neh­mung der Welt und die

damit ein­her­ge­hen­den Daten­flu­ten ber­gen auch die

Gefahr von Über­wa­chung, Fehl­wahr­neh­mung und

Überforderung.6

Der „Algo­rith­mic Turn“ hat inzwi­schen auch das ju-

ris­ti­sche Uni­ver­sum erreicht.7 Im Gesellschaftsrecht

wird etwa gefragt, ob es zuläs­sig ist, dass unternehmeri-

sche Vor­stands­ent­schei­dun­gen auf Algo­rith­men über-

tra­gen werden8, und die verwaltungswissenschaftliche

Lite­ra­tur dis­ku­tiert die The­ma­tik ebenfalls,9 seit Jüngs-

tem sogar mit Blick auf die Hochschulzulassung.10 Laut

Medi­en­be­rich­ten nut­zen in den USA der­zeit bereits etwa

56 Pro­zent der Col­leges KI zur Admi­nis­tra­ti­on ihrer Zu-

las­sungs­ver­fah­ren; über­wie­gend zur Aus­wer­tung der Es-

says, die neben oder anstatt der sons­ti­gen Zulassungskri-

teri­en, etwa Stu­di­en­fä­hig­keits­tests und Interviews,

her­an­ge­zo­gen werden.11 Aller­dings muss vor einer vor-

Mat­thi­as Bode

Zwi­schen Digi­ta­li­sie­rung und Künstlicher

Intel­li­genz: Chan­cen und Risi­ken der digitalen

Trans­for­ma­ti­on für die Hochschulzulassung

1

F. Dell’Acqua/S. Rajendran/E. McFow­land III u.a., Navi­ga­ting the

Jag­ged Tech­no­lo­gi­cal Fron­tier, Working Paper 24–013, 2, www.

hbs.edu (7.5.2024).

2

„Künst­li­che Intel­li­genz in der Ver­wal­tung“, www.cio.bund.de

(7.5.2024).

3

J. J. Vasel, Künst­li­che Intel­li­genz und die Not­wen­dig­keit agiler

Regu­lie­rung, NVwZ 2023, 1298 (1298).

4

C. de Witt/C. Gloerfeld/S. E. Wre­de (Hrsg.), Künst­li­che Intelli-

genz in der Bil­dung, 2023; F. Pas­qua­le, New Laws of Robotics,

2020, S. 60 ff.

5

Vgl. W. Hoff­mann-Riem, Die digi­ta­le Trans­for­ma­ti­on als rechtli-

che Her­aus­for­de­rung, JuS 2023, 617 (617 f.).

6

Vgl. A. Thie­le, § 10 Ver­wal­tung, B. Ver­wal­tungs­ver­fah­ren, in:

K. Chibanguza/C. Kuß/H. Stee­ge, Künst­li­che Intel­li­genz, 2022,

Rn. 1 f., 16; T. Klenk/F. Nullmeier/G. Wewer, Auf dem Weg zum

Digi­ta­len Staat? Stand und Per­spek­ti­ven der Digi­ta­li­sie­rung in

Staat und Ver­wal­tung, in: dies., Hand­buch Digi­ta­li­sie­rung in Staat

und Ver­wal­tung, 2020, S. 3 (10 ff.).

7

N. Let­tie­ri, Law in Turing‘s Cathe­dral, Notes on the Algothmic

Turn of the Legal Uni­ver­se, in: W. Bar­field, The Cambridge

Hand­book of the Law of Algo­rith­ms, 2020, S. 691 (691 ff.);

m.w.N. G. Britz/M. Eifert, § 26 Digi­ta­le Ver­wal­tung, in:

A. Voßkuhle/M. Eifert/C. Möl­lers, Grund­la­gen des Verwaltungs-

rechts, Bd. I, 3. Aufl. 2022, Rn. 84 ff.

8

Vgl. F. Mös­lein, Digi­ta­li­sie­rung im Gesell­schafts­recht, ZIP 2018,

204 (207 ff.).

9

M.w.N. M. Heine/A.-K. Dhungel/T. Schrills/D. Wes­sel, Künstliche

Intel­li­genz in öffent­li­chen Ver­wal­tun­gen, 2023; Klenk/Nullmeier/

Wewer (Fn. 6), 3 ff.; M. Mar­ti­ni, Black­box Algo­rith­mus – Grund-

fra­gen einer Regu­lie­rung Künst­li­cher Intel­li­genz, 2019; H. Hill,

Was bedeu­tet Künst­li­che Intel­li­genz (KI) für die Öffentliche

Ver­wal­tung?, VM, 2018, 287 (287 ff.).

10

T. Rade­ma­cher, Digi­ta­li­sie­rung des Zugangs zu staatlichen

Leis­tun­gen: Darf – oder soll – künst­li­che Intel­li­genz über

die Stu­di­en­zu­las­sung ent­schei­den?, RdJB 2021, 254 (254 ff.);

M. Martini/J. Botta/D. Nink/M. Kolain, Auto­ma­tisch erlaubt?,

2020, S. 16 ff; vgl. aus sozi­al­wis­sen­schaft­li­cher Perspektive

M. Lünich, Der Glau­be an Big Data, 2022, S. 202 ff.

11

„8 in 10 Col­leges Will Use AI in Admis­si­ons by 2024“, 27.9.2023,

in: www.intelligent.com (7.5.2024); vgl. N. Sin­ger, A.I. Tools

Might Hurt or Help When App­ly­ing to Col­lege, New York Times,

Kapi­tel 2, S. 4.

Ord­nung der Wis­sen­schaft 2023, ISSN 2197–9197O R D N U N G D E R W I S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 4 ) , 1 9 3 — 2 0 6

1 9 4

12

G. Groh, Künst­li­che Intel­li­genz, in: K. Weber, Rechtswörterbuch,

31. Ed. 2023, „Künst­li­che Intelligenz“.

13

G. Groh (Fn. 12); vgl. C. Djef­fal, Künst­li­che Intel­li­genz, in: Klenk/

Nullmeier/Wewer (Fn. 6), S. 51 (53).

14

C. Krön­ke, Digi­ta­le Ver­wal­tungs­hil­fe, Die Ver­wal­tung 56 (2023),

31 (36).

15

Mar­ti­ni (Fn. 9), S. 23 f.

16

Mar­ti­ni (Fn. 9), S. 21.; Britz/Eifert (Fn. 7), Rn. 88.

17

Djef­fal (Fn. 13), S. 53.

18

Djef­fal (Fn. 13), S. 56 ff.

19

M.w.N. G. Hor­nung, in: F. Schoch/J.-P. Schnei­der, Verwaltungs-

recht, 3. EL 2022, § 35a Rn. 36 f.

20

M. Reh­bein, Digi­ta­li­sie­rung, Gör­res-Gesell­schaft, Staatslexikon,

8. Auf­la­ge 2017.

21

Klenk/Nullmeier/Wewer (Fn. 6), S. 5 f.

22

L. Micha­el, Rechts­staat­li­che Sys­tem­bil­dung am Bei­spiel des voll-

stän­dig auto­ma­ti­sier­ten Ver­wal­tungs­ak­tes, DVBl 2023, 186 (188).

23

So wohl A. Guckel­ber­ger, Deutsch­lands E‑Go­vern­ment-Per­for-

mance im Ver­gleich zu Öster­reich und der Schweiz, DÖV 2023,

317 (318).

schnel­len Über­tra­gung die­ser Model­le gewarnt werden,

grei­fen sie doch — wie zu zei­gen sein wird — tief in die

Grund­prin­zi­pi­en der kon­ti­nen­tal­eu­ro­päi­schen Verfas-

sungs­ord­nun­gen ein.

Zunächst sol­len die Begriff­lich­kei­ten geklärt werden,

um sodann Poten­tia­le von KI für den Über­gang von der

Schu­le zur Hoch­schu­le auf­zu­zei­gen (III.). Auf dieser

Grund­la­ge sind die euro­pa­recht­li­chen sowie staatsrecht-

lichen Gren­zen zu unter­su­chen (IV.) und Anwendungs-

fel­der für Digi­ta­li­sie­rung (V.) zu beleuchten.

II. Rah­men­be­din­gung und Terminologie

Um die Betrach­tung zu struk­tu­rie­ren, sol­len zunächst

die Begrif­fe KI (1.) und Digi­ta­li­sie­rung (2.) geklärt wer-

den (3.). Zudem ist auf Hoch­schul­zu­gang und Hoch-

schul­zu­las­sung ein­zu­ge­hen (4.).

1. Was ist KI?

KI wird ter­mi­no­lo­gisch ursprüng­lich der Informatik

zuge­rech­net. Sie wird „als auto­ma­ti­sier­tes intelligentes

Ver­hal­ten“ defi­niert und beschreibt „die Fähig­keit von

Maschi­nen, mensch­li­ches Entscheidungsverhalten

durch kom­ple­xe Algo­rith­men zu imitieren.“12 KI schaffe

die Mög­lich­keit, „aus einer anwach­sen­den Basis zutref-

fen­der Daten für die Zukunft stär­ke­re (auch kontextbe-

zoge­ne) Wie­der­erken­nungs­ef­fek­te“ zu gene­rie­ren und

dadurch „rea­le Unsi­cher­hei­ten sta­tis­tisch prä­zi­ser“ zu

redu­zie­ren. Dabei sei sog. „schwa­che KI“, die einzelne

Teil­be­rei­che des Lebens nach­mo­del­lie­re, von „star­ker

KI“ zu unter­schei­den, bei der Maschi­nen „umfas­send

das Niveau mensch­li­chen Den­kens“ erreichen.13 Chris-

toph Krön­ke zieht den Ver­gleich zum Men­schen und ver-

steht unter KI Tech­no­lo­gien, „die in der Lage sind, durch

algo­rith­men­ge­steu­er­te Ver­ar­bei­tung von Daten­in­put in

-out­put eine Auf­ga­be aus­zu­füh­ren, von der man, würde

sie von einem Men­schen aus­ge­führt, behaup­ten würde,

dass sie Intel­li­genz erfordere.“14

Im Gegen­satz zum sog. maschi­nel­len Ler­nen, bei

dem der Mensch über die Hier­ar­chie des Lern­stof­fes ent-

schei­det, erfolgt die­se Bewer­tung im Rah­men des KI-ge-

steu­er­ten sog. Deep Lear­ning durch das Sys­tem selbst,

das star­ke und schwa­che Abhän­gig­kei­ten unterscheiden

und damit Mus­ter erken­nen kann.15 Charakteristikum

der KI ist also das sich selbst erwei­tern­de Fortschreiben

von Wis­sen und die Anwen­dung auf neue Kon­tex­te. Mit

hoher Geschwin­dig­keit kön­nen KI-Anwen­dun­gen „gro-

ße Daten­men­gen nach sub­ti­len Mus­tern oder Typabwei-

chun­gen […] durch­fors­ten“ sowie „Rück­schlüs­se aus er-

kann­ten Mus­tern zie­hen und ihr Ver­hal­ten an diese

Erkennt­nis­se anpassen“.16 Auf der Grund­la­ge von

Wahr­schein­lich­kei­ten und Unsi­cher­hei­ten wer­den Ent-

schei­dun­gen getroffen.17

Allein für den Bereich der Ver­wal­tung kom­men un-

zäh­li­ge Anwen­dungs­fel­der für KI in Betracht. Generati-

ve IT kann Text, Spra­che, Bil­der o.ä. erstel­len, was die

Kom­mu­ni­ka­ti­on erleich­tert und die Entscheidungsfin-

dung unterstützt.18 Auch die Vor­her­sa­ge von Sicherheits-

risi­ken im Rah­men der Poli­zei­ar­beit, die Bedarfs-

pla­nung, etwa im Per­so­nal­be­reich, aber auch die

Anla­gen­über­wa­chung und die Ver­kehrs­lei­tung sind

Anwendungsfälle.19

2. Was ist Digitalisierung?

Nach all­ge­mei­nem Ver­ständ­nis bezeich­net Digitalisie-

rung im enge­ren Sin­ne „die Umwand­lung von her-

kömm­li­chen nicht-digi­ta­len Medi­en und Informations-

ein­hei­ten sowie von kon­ti­nu­ier­li­chen (ana­lo­gen) Signa-

len in dis­kre­te (digi­ta­le) Objek­te“. Im wei­te­ren Sinne

zäh­le dazu die „zuneh­mend all­ge­gen­wär­ti­ge Nutzung

von ver­netz­ter Com­pu­ter­tech­no­lo­gie zur Unterstützung

von Pro­zes­sen im pri­va­ten wie gesellschaftlichen

Leben“.20 Inzwi­schen wird der Begriff zuneh­mend breiter

ver­stan­den und bezeich­net auch die „automatisiert[e]

und autonomisiert[e]“ Ent­schei­dungs­fin­dung; überdies

soll er auch die Effek­te erfas­sen, die die digi­ta­len Medien

auf Poli­tik und Ver­wal­tung haben.21 Digi­ta­li­sie­rung hat

sich zum über­grei­fen­den „Leit­bild“ entwickelt.22

3. Begriff­li­che Über­schnei­dun­gen, Übergänge

Ins­be­son­de­re im poli­ti­schen Bereich verschwimmen

bei­de Begrif­fe zuwei­len. Aber auch in der Wissenschaft

wird KI teil­wei­se der Digi­ta­li­sie­rung zugeordnet.23 Die

Enquete-Kom­mis­si­on „Künst­li­che Intel­li­genz“ des Deut-

schen Bun­des­ta­ges pro­gnos­ti­zier­te, KI wer­de „zu einer

neu­en Stu­fe der Digi­ta­li­sie­rung der Arbeit füh­ren, mit­Bo­de · Zwi­schen Digi­ta­li­sie­rung und Künst­li­cher Intel­li­genz 1 9 5

24

BT-Drs. 19/23700, 300.

25

BM für Wirt­schaft, Was ist Digi­ta­li­sie­rung?, www.de.digital

(7.5.2024).

26

Vgl. Britz/Eifert (Fn. 7), Rn. 5.

27

Mar­ti­ni (Fn. 9), S. 16 f.

28

Vgl. Thie­le (Fn. 6), Rn. 36.

29

Vgl. C. Fun­ke, § 10 Ver­wal­tung, A. Ein­füh­rung, in: K

Chibanguza/C. Kuß/H. Stee­ge, Künst­li­che Intel­li­genz, 2022,

Rn. 12 f.

30

Vgl. m.w.N. M.-E. Geis, Die Recht­spre­chung des BVerfG zum

„Recht auf Bil­dung“ in den Jah­ren 1972–1977, in: WissR, Beiheft

18, 2007, 9 (9 ff.); M. Bode, Nach Nume­rus clau­sus III: Aktuelle

Ent­wick­lun­gen auf dem Gebiet des Hochschulzulassungsrechts,

NVwZ 2022, 1672 (1672 ff.).

31

Vgl. Micha­el (Fn. 22), 189.

32

Vgl. Hoff­mann-Riem (Fn. 5), 618.

33

Vgl. Let­tie­ri (Fn. 7), S. 701 f.

34

S. Hartong/A. Breiter/J. Jarke/A. För­sch­ler, Digi­ta­li­sie­rung von

Schu­le, Schul­ver­wal­tung und Schul­auf­sicht, in: Klenk/Nullmeier/

Wewer (Fn. 6), S. 485 (493).

35

Vgl. N. Luh­mann, Das Recht der Gesell­schaft, 1993, S. 133 f.

deut­li­chen Unter­schie­den zur bis­he­ri­gen Automatisie-

rung und Digitalisierung“.24 Als Ober­be­griff fasst das

Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Wirt­schaft und Kli­ma­schutz die

„Digi­ta­li­sie­rung“ auf; sie bedeu­te „die Ver­wen­dung von

Daten und algo­rith­mi­schen Sys­te­men für neue oder ver-

bes­ser­te Pro­zes­se, Pro­duk­te und Geschäftsmodelle.“25

Die Fra­ge nach den Begriff­lich­kei­ten darf nicht darü-

ber hin­weg­täu­schen, dass es sich in tech­ni­scher Hinsicht

um eine kon­ti­nu­ier­li­che Ent­wick­lung han­delt; begonnen

hat sie bereits in den 1960er Jah­ren mit den frü­hen Stu-

fen der Auto­ma­ti­sie­rung, die heu­te eher der Digitalisie-

rung im enge­ren Sin­ne zuzu­ord­nen wären, etwa der au-

toma­ti­sier­ten Datenerfassung.26 Hin­zu tre­ten Systeme,

die nach vor­ge­ge­be­nen Para­me­tern arbei­ten. Als An-

wen­dungs­fel­der algo­rith­mi­scher Pro­zess­op­ti­mie­rung in

die­sem Sin­ne gel­ten im Bereich der öffent­li­chen Verwal-

tung bei­spiels­wei­se Ver­kehrs­leit­sys­te­me, die Erstellung

und Aus­wer­tung von Geodaten.27 Je stär­ker wei­te­re, nur

der Kate­go­rie nach bekann­te Umstän­de ver­ar­bei­tet wer-

den und eine auto­ma­ti­sier­te, z.T. sich selbst optimieren-

de28 Leis­tungs­er­brin­gung erfolgt, des­to eher han­delt es

sich um KI. Hier­zu kön­nen bereits der automatisierte

Erlass von Steu­er­be­schei­den oder die auto­ma­ti­sier­te und

wohn­ort­na­he Kita-Anmel­dung gezählt wer­den, aber

auch der Ein­satz gene­ra­ti­ver KI etwa bei der Kommuni-

kat­ion mit Bür­ge­rin­nen und Bürgern.29

In die­sem Bei­trag ist unter KI die Nut­zung digitaler

Daten zum Erken­nen von Mus­tern, zur Abga­be von Pro-

gno­sen und zur Ent­schei­dungs­fin­dung zu ver­ste­hen. Als

Digi­ta­li­sie­rung wird – in einem enge­ren Sin­ne – die Um-

wand­lung von Daten und Pro­zes­sen in digi­ta­le, also

nicht-ana­lo­ge Form ver­stan­den, bei der es zur Optimie-

rung von Geschäfts­pro­zes­sen kom­men kann.

4. Hoch­schul­zu­gang und ‑zulas­sung

Die Ver­ga­be von Stu­di­en­plät­zen nach gleichförmigen

Regeln und mit einem hohen Tech­ni­sie­rungs­grad bietet

sich in beson­de­rer Wei­se für den mög­li­chen Ein­satz von

KI bzw. für die Digi­ta­li­sie­rung an. Der Hochschulzugang

ist lan­des­recht­lich aus­ge­stal­tet und regelt, wer zur Auf-

nah­me eines Stu­di­ums berech­tigt ist, vgl. etwa § 49

Hoch­schul­ge­setz NRW (HG NRW). Der Regel­fall ist das

Abitur als all­ge­mei­ne Hochschulzugangsberechtigung.

Ste­hen in einem Stu­di­en­gang weni­ger Stu­di­en­plät­ze zur

Ver­fü­gung als Bewer­be­rin­nen und Bewer­ber vorhanden

sind, so erfolgt eine Zulas­sungs­be­schrän­kung. Bei den

beson­ders stark nach­ge­frag­ten Stu­di­en­gän­gen Human‑,

Zahn- und Tier­me­di­zin sowie der Phar­ma­zie fin­det ein

sog. Zen­tra­les Aus­wahl­ver­fah­ren (ZV) nach weitgehend

ein­heit­li­chen Kri­te­ri­en statt, bei ört­lich zulassungsbe-

schränk­ten Stu­di­en­gän­gen füh­ren die Hoch­schu­len die

Aus­wahl nach eige­nem, die lan­des­recht­li­chen Vorgaben

kon­kre­ti­sie­ren­den Recht durch.30 Um zu verhindern,

dass Plät­ze dop­pelt ver­ge­ben wer­den, erfolgt eine Koor-

dina­ti­on im Rah­men des Dia­log­ori­en­tier­ten Servicever-

fah­rens (DoSV) sei­tens der Stif­tung für Hochschulzulas-

sung (SfH). Die­se IT koor­di­niert die prio­ri­sier­ten Studi-

enwün­sche der Bewer­be­rin­nen und Bewer­ber und

gleicht sie mit den vor­han­de­nen Stu­di­en­plät­zen ab.

Der Pro­zess der Bewer­bung – viel­fach die ers­te eigen-

stän­di­ge Berüh­rung jun­ger Men­schen mit der Verwal-

tung – steht tra­di­tio­nell im Fokus öffent­li­chen Interesses,

sym­bol­haft ver­kör­pert im ambi­va­len­ten Image der frü-

heren Zen­tral­stel­le für die Ver­ga­be von Studienplätzen

(ZVS). Mit ihren auf den ers­ten Blick rigi­den Regelun-

gen, die auf den zwei­ten Blick viel­fach auch gera­de unter

Aspek­ten der Ver­tei­lungs­ge­rech­tig­keit gebo­ten sind,

stellt die Hoch­schul­zu­las­sung ein The­men­ge­biet dar, das

gera­de­zu prä­de­sti­niert ist für Moder­ni­sie­rung bzw. für

die Berück­sich­ti­gung ver­än­der­ter Erwar­tun­gen der Di-

gital Natives.31 Die täg­li­chen Erfah­run­gen, die in der

Online-Welt bzw. der „Ver­wo­ben­heit von Online- und

Offline-Interaktionen“32 gemacht wer­den, beeinflussen

die Erwar­tun­gen, wel­che an sons­ti­ge Berei­che, etwa auch

an Ver­wal­tungs­leis­tun­gen, gestellt werden.33 Dazu gehört

auch die Vor­stel­lung, Unter­schie­de und (ver­meint­li­che)

Unge­rech­tig­kei­ten der Beno­tung im Bildungsbereich

aus­glei­chen zu können.34

Nicht nur dem Recht kommt damit übri­gens die

Funk­ti­on des Unter­schei­ders zwi­schen einer­seits norma-

tiven, also im Ent­täu­schungs­fall auf­recht zu erhaltenden,

und ande­rer­seits kogni­ti­ven, also bei Ent­täu­schung auf-

zuge­ben­den Erwar­tun­gen zu.35 Viel­mehr ist es zuneh-

mend Soft­ware, die die Rol­le des „de fac­to regu­la­tor ofO R D N U N G D E R W I S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 4 ) , 1 9 3 — 2 0 6

1 9 6

36

Let­tie­ri (Fn. 7), S. 703.

37

Anfra­ge an ChatGPT 3.5 v. 21.9.2023; ähn­li­che Ant­wort auf

Anfra­ge an Bard AI v. 21.9.2023.

38

Djef­fal (Fn. 13), S. 54.

39

Vgl. Rade­ma­cher (Fn. 10), 256 ff.; vgl. Hoff­mann-Riem (Fn. 5),

625 f.

40

M.w.N. G. Bor­ges, in: ders./U. Keil, Rechts­hand­buch Big Data,

2024, § 1.

41

Sta­tis­ti­sche Anga­ben zum WiSe 2022/23, www.hochschulstart.de

(Zugriff: 7.5.2024).

42

Vgl. zum Arbeits­recht M. Mohn, Dür­fen Arbeit­neh­mer ChatGPT

zur Erle­di­gung ihrer Auf­ga­ben ein­set­zen?, NZA 2023, 538 (540).

human socie­ties“ einnimmt.36 Im Fol­gen­den sind daher

einer­seits die sich aus den fak­ti­schen bzw. technischen

Mög­lich­kei­ten erge­ben­den Erwar­tun­gen mit den nor-

mativ – ins­be­son­de­re durch Gesetz­ge­ber und Gerichte –

geschaf­fe­nen Grund­la­gen abzugleichen.

III. Out of the box: Chan­cen von KI

Auf der Suche nach Vor­tei­len, die durch KI für die Zulas-

sungs­pro­zes­se ent­ste­hen, bie­tet es sich an, – im Sinne

eines Feld­ver­suchs – zunächst die gene­ra­ti­ve KI selbst zu

befra­gen, bil­det sie doch cum gra­no salis eine Art Quer-

schnitt des im Inter­net ver­tre­te­nen und auslesbaren

Infor­ma­ti­ons­spek­trums ab. Sowohl ChatGPT als auch

sein Kon­kur­rent Bard kom­men zu ähn­li­chen Ergebnis-

sen: Durch die schnel­le Ana­ly­se gro­ßer Datenmengen

kön­ne die Hoch­schul­zu­las­sung schnel­ler und effizienter

wer­den. „Vor­ur­tei­le und Dis­kri­mi­nie­run­gen“ würden

redu­ziert, indem die Ent­schei­dung „auf objektive[n]

Kri­te­ri­en basiert und mensch­li­che Voreingenommen-

heit mini­miert“. Auch zur „Iden­ti­fi­zie­rung von Talenten

und Poten­zia­len“ sol­le KI bei­tra­gen, „indem sie Muster

und Zusam­men­hän­ge in den Bewer­bungs­da­ten erkennt,

die für mensch­li­che Beob­ach­ter mög­li­cher­wei­se schwer

zu erken­nen sind.“37 Da sich die­se Ein­schät­zung mit den

nahe­lie­gen­den und all­ge­mein bekann­ten Vor­tei­len der

KI als Quer­schnitts­tech­no­lo­gie gene­rell deckt38 und

eben­so den Erwar­tun­gen im juris­ti­schen Fach­kreis ent-

spricht,39 sol­len die­se drei Aspek­te im Fol­gen­den näher

unter­sucht werden.

1. Schnel­le­re Ana­ly­se gro­ßer Datenmengen

Die Ana­ly­se­fä­hig­keit in Bezug auf gro­ße Datenmengen

wird vor allem im Zusam­men­hang mit „Big Data“ schon

lan­ge diskutiert.40 Bei der Hoch­schul­zu­las­sung handelt

es sich tat­säch­lich um eine Mate­rie, bei der gro­ße Daten-

men­gen in kur­zen Zeit­räu­men, näm­lich bis zur Vergabe

der Stu­di­en­plät­ze im Febru­ar und im August eines jeden

Jah­res, erfasst, sor­tiert, vali­diert und ver­ar­bei­tet werden

müs­sen.

So bewar­ben sich zum WiSe 2022/23 beispielsweise

im Zen­tra­len Ver­fah­ren 42.214 Per­so­nen, die insgesamt

1.061.237 Bewer­bun­gen abgaben.41 In den allermeisten

Fäl­len prüf­te die SfH die ein­ge­reich­ten Unter­la­gen. In

Bezug auf sog. Son­der­an­trä­ge, etwa Anträ­ge unter Hin-

weis auf beson­de­re indi­vi­du­el­le Här­te, Zweitstudium

(1.120 Anträ­ge), beruf­lich Qua­li­fi­zier­te (482 Anträge)

oder aus­län­di­sche Bewer­be­rin­nen und Bewer­ber traf die

SfH eige­ne, in der Regel über eine rei­ne Vali­die­rung hin-

aus­ge­hen­de Ent­schei­dun­gen. Glei­ches gilt für Anträge

auf Ver­bes­se­rung der Durch­schnitts­no­te auf­grund indi-

vidu­el­ler Nach­tei­le. Im DoSV koor­di­nier­te die SfH im

sel­ben WiSe insg. 1.818.774 Bewer­bun­gen (inkl. den ge-

nann­ten des Zen­tra­len Ver­fah­rens) von 265.534 Bewer-

berin­nen und Bewer­bern an 164 Hochschulen.

Es han­delt sich also zwei­fels­frei um eine gro­ße Da-

ten­men­ge. Frag­lich ist aller­dings, ob bei deren Auswer-

tung KI hilf­reich sein könn­te. Bereits gegen­wär­tig erfolgt

die Prü­fung der Daten nach gesetz­li­chen bestimmten

Regeln. Auf­wän­dig ist der­zeit vor allem die Validierung.

Um die­se ver­ein­fa­chen zu kön­nen, wäre eine schlichte

Digi­ta­li­sie­rung bzw. Hin­ter­le­gung der Zeug­nis­da­ten er-

for­der­lich, nicht unbe­dingt KI. Auch soweit die intelli-

gen­te Steue­rung von Ein­ga­be­mög­lich­kei­ten in Suchmas-

ken etc. betrof­fen sind, han­delt es sich eher um einen As-

pekt der Digi­ta­li­sie­rung (sie­he Kap. V.).

Soweit es um die Bear­bei­tung von Sonderanträgen

geht, also sol­che auf Zulas­sung wegen beson­de­rer per-

sön­li­cher Här­ten oder auf Zulas­sung zum Zweitstudium,

wäre KI dazu in der Lage, Tex­te zu erfas­sen und Ent-

schei­dun­gen vor­zu­schla­gen. So könn­ten etwa im Bereich

der Här­te­an­trä­ge ärzt­li­che Gut­ach­ten zusammengefasst

und ent­spre­chend der medi­zi­ni­schen Fachterminologie

sor­tiert bzw. beur­teilt wer­den. Dies wür­de dazu beitra-

gen, die Ver­wal­tungs­pra­xis gleich­för­mi­ger zu gestalten

als es Men­schen ange­sichts der Ein­fluss­fak­to­ren Stress,

Tages­form etc. errei­chen kön­nen. Gleich­wohl muss die

Letzt­ent­schei­dung hier beim Men­schen ver­blei­ben, um

Beson­der­hei­ten Rech­nung zu tragen.

Bei der Text­ana­ly­se durch Pro­gram­me wie ChatGPT

ist aller­dings zu beach­ten, dass die datenschutzrechtli-

chen Vor­ga­ben ein­zu­hal­ten sind.42 Dies bedeu­tet, dass

Gesund­heits­da­ten nach Art. 9 Abs. 1 Datenschutzgrund-

ver­ord­nung (DSGVO) höchs­tens dann ver­ar­bei­tet wer-

den dür­fen, wenn eine ent­spre­chen­de Ein­wil­li­gung vor-

liegt oder ein sons­ti­ger Aus­nah­me­grund nach Art. 9

Abs. 2 DSGVO vor­liegt. Dies dürf­te bei Antrags­da­ten re-

gel­mä­ßig aus­schei­den. Ent­spre­chen­de Auswertungssoft-

ware käme also nur in Betracht, soweit sichergestellt

wäre, dass die Daten das Aus­wer­tungs­sys­tem nicht ver-

las­sen bzw. einer Ver­ar­bei­tung zuge­stimmt wird.Bode · Zwi­schen Digi­ta­li­sie­rung und Künst­li­cher Intel­li­genz 1 9 7

43

C. Orwat, Dis­kri­mi­nie­rungs­ri­si­ken durch Ver­wen­dung von Algo-

rith­men, 2019, S. XII; vgl. Rade­ma­cher (Fn. 10), 268 ff.

44

Vgl. m.w.N. Orwat (Fn. 43), S. 8 f.; Britz/Eifert (Fn. 7), Rn. 120 ff.

45

Vgl. m.w.N. G. Wewer, Digi­ta­le Ethik, in: Klenk/Nullmeier/ders.

(Fn. 6), S. 231 (233, 240).; U. Schlies­ky, Digi­ta­le Ethik und Recht,

NJW 2019, 3692 (3695 ff.).

46

Vgl. BVerfGE 33, 303 (303 f.); 43, 291 (317 f.).

47

Vgl. EuGH, Urt. v. 13.2.1985, Rs. 293/83 (Gra­vier),

ECLI:EU:C:1985:69. Dem fol­gen Art. 5 Abs. 2 S. 2 StV über die

Hoch­schul­zu­las­sung sowie die ent­spre­chen­den Nor­men für die

ört­li­chen Zulassungsverfahren.

48

Vgl. etwa § 49 Abs. 9 HG NRW.

49

Vgl. Art. 8 Abs. 4 StV über die Hoch­schul­zu­las­sung. Vgl. statt

vie­ler OVG NRW, Beschl. v. 19.11.2019 – 13 B 1352/19 –, juris,

Ori­en­tie­rungs­satz.

50

Vgl. Bun­des­tier­ärz­te­kam­mer, „Tier­me­di­zin ist weib­lich“, www.

bundestieraerztekammer.de (7.5.2024); aus­führ­lich zu dieser

A.-L. Com­ba, Geschlech­ter­spe­zi­fi­sche Chan­cen und Herausforde-

run­gen in der Vete­ri­när­me­di­zin in Deutsch­land, 2020.

51

Martini/Botta/Nink/Kolain (Fn. 10), S. 16.

52

Vgl. dazu Martini/Botta/Nink/Kolain (Fn. 10), S. 17.

53

Martini/Botta/Nink/Kolain (Fn. 10), S. 17; Rade­ma­cher (Fn. 10),

262.

54

Vgl. M. Langer/V. Lazar, Künst­li­che Intel­li­genz in eignungsdiag-

nos­ti­schen Inter­views, in: S. Schulte/M. Hilt­mann, Eignungsdiag-

nos­ti­sche Inter­views, 2023, S. 311 (314 f.).

55

Vgl. F. Lang/H. Rein­bach, Künst­li­che Intel­li­genz im Arbeitsrecht,

NZA 2023, 1273 (1274 ff.); F. Mal­or­ny, Auswahlentscheidungen

durch künst­lich intel­li­gen­te Sys­te­me, JuS 2022, 289 (292 ff.).

56

Rade­ma­cher (Fn. 10), 257 ff.

2. Reduk­ti­on von Vor­ur­tei­len und Diskriminierungen

Ob algo­rith­mi­sche Ent­schei­dun­gen zur Reduk­ti­on von

Dis­kri­mi­nie­run­gen bei­tra­gen, erscheint zunächst frag-

lich. Bis­lang ist eher das Gegen­teil bewie­sen: So zeigte

eine mit Zuwen­dun­gen der Antidiskriminierungsstelle

des Bun­des erstell­te Stu­die auf, dass algorithmisch

getrof­fe­ne Aus­sa­gen häu­fig sog. „sta­tis­ti­sche

Diskriminierung[en]“ ent­hal­ten. Es wer­den dabei „zur

Dif­fe­ren­zie­rung Ersatz­in­for­ma­tio­nen bzw. Variablen

oder Pro­xies (z. B. Alter) her­an­ge­zo­gen, weil die eigent-

lichen Eigen­schaf­ten, nach denen dif­fe­ren­ziert werden

soll (z. B. Arbeits­pro­duk­ti­vi­tät), für die Entscheidenden

durch Ein­zel­fall­prü­fun­gen nur schwer ermittelbar

sind“.43 Gera­de die durch KI mög­lich gewor­de­ne Erken-

nung von Mus­tern und die Iden­ti­fi­zie­rung von Korrela-

tio­nen beför­dert die­se Gefahr.44 Daher erscheint es nötig,

eine Digi­ta­le Ethik zu eta­blie­ren, die als Bereichsethik

dazu bei­tra­gen kann, dass bereits bei der Konstruktion

von Soft­ware ethi­sche Stan­dards Berück­sich­ti­gung fin-

den (sog. ethics by design) und die ins­be­son­de­re auch der

Ver­wal­tung hel­fen soll­te, die Ver­la­ge­rung von Entschei-

dun­gen auf Maschi­nen in ihren gesell­schaft­li­chen Folgen

abzuschätzen.45

Gera­de bei der Ver­tei­lung öffent­li­cher Güter – hier

Stu­di­en­plät­ze – ist die dis­kri­mi­nie­rungs­freie Normie-

rung der maß­geb­li­chen Rege­lun­gen von grundsätzlicher

Bedeu­tung. Dies folgt aus dem ver­fas­sungs­recht­lich ar-

mier­ten Grund­satz der Chan­cen­of­fen­heit des Zulas-

sungs­sys­tems, wie ihn das BVerfG in sei­ner Rechtspre-

chung 1972 erst­mals aus­drück­lich begrün­det hat und

seit­dem fortschreibt.46 Auch der EuGH und die einfa-

chen Gerich­te betei­li­gen sich hier­an. So dür­fen etwa

sons­ti­ge Staats­an­ge­hö­ri­ge aus EU-Mit­glied­staa­ten beim

Über­tritt in das Stu­di­um nicht anders behan­delt werden

als deut­sche Staatsangehörige,47 es sei denn, es feh­len ih-

nen die erfor­der­li­chen Sprachkenntnisse.48 Hinsichtlich

des Alters ist bei­spiels­wei­se ent­schie­den, dass bis zum

55. Lebens­jahr kei­ne Dif­fe­ren­zie­rung unter den Studien-

bewer­be­rin­nen und ‑bewer­bern erfol­gen darf, jenseits

des­sen jedoch schon.49 Auch eine unter­schied­li­che Be-

hand­lung auf­grund des Geschlechts erfolgt ganz bewusst

nicht, auch wenn dies zuwei­len gefor­dert wird50 und

wohl ver­fas­sungs­recht­lich auch zuläs­sig wäre.51 Vor die-

sem Hin­ter­grund scheint die KI, abge­se­hen von der be-

reits oben ange­spro­che­nen Unter­stüt­zung einer gleich-

för­mi­gen Ent­schei­dungs­pra­xis, wenig zu einem höheren

Maß an Chan­cen­gleich­heit in der Hochschulzulassung

bei­tra­gen zu kön­nen. Ins­be­son­de­re ist das aus anderen

Tei­len der Welt bekann­te Kor­rup­ti­ons­pro­blem bei Zu-

gang zu Eli­te-Uni­ver­si­tä­ten in Deutsch­land angesichts

der eng­ma­schi­gen recht­li­chen Durch­drin­gung des Zu-

las­sungs­pro­zes­ses nicht gegeben.52

3. Iden­ti­fi­zie­rung von Talen­ten und Potenzialen

Auf den ers­ten Blick scheint KI ein wesent­li­ches Problem

der Hoch­schul­zu­las­sung ver­bes­sern zu kön­nen, nämlich

eine indi­vi­du­ell zuge­schnit­te­ne Infor­ma­ti­on über die

Stu­di­en­mög­lich­kei­ten bie­ten zu kön­nen und gleichzeitig

das Pro­fil des Stu­di­en­gangs mit den Fähig­kei­ten und

Vor­bil­dun­gen der Bewer­be­rin­nen und Ber­wer­ber abzu-

glei­chen. Denk­bar wäre etwa, die „Daten­schät­ze aus

beruf­li­chen und pri­va­ten Online­platt­for­men wie

Lin­ke­dIn oder Face­book“ zu erhe­ben, die „tech­nisch

ermög­li­chen, Indi­ka­to­ren dafür zu bestim­men, welche

Bewer­ber sich im Stu­di­um als beson­ders erfolg­reich ent-

puppen“.53 Damit wür­de über die Hochschulzulassung

tat­säch­lich auf einer fun­da­men­tal ande­ren Datengrund-

lage ent­schie­den als bis­lang. Dies greift Erwartungen

etwa aus dem Bereich der Eig­nungs­dia­gnos­tik auf, die

den Ein­satz von KI bei­spiels­wei­se zur „Vor­her­sa­ge von

Berufs­er­folg oder Kar­rie­re­aus­sich­ten“ diskutieren.54

Auch im Arbeits­recht fin­den ent­spre­chen­de Auswahl-

tools bereits Anwendung.55 In vie­len Staa­ten, etwa den

USA, wird Soft­ware zur Pro­gno­se der Studienverläufe,

des Finan­zie­rungs­be­darfs etc. her­an­ge­zo­gen, und auch

in Chi­na wer­den (nicht nur) Bil­dungs­bio­gra­phien per KI

beobachtet.56O R D N U N G D E R W I S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 4 ) , 1 9 3 — 2 0 6

1 9 8

57

Thie­le (Fn. 6), Rn. 7; Djef­fal (Fn. 13), S. 58.

58

M. Mar­ti­ni, Trans­for­ma­ti­on der Ver­wal­tung durch Digitalisie-

rung, DÖV 2017, 443 (443).

59

Vasel (Fn. 3), 1300.

60

UN SCPV, 78th year, 9381st meeting.

61

Guckel­ber­ger (Fn. 23), 319. Vgl. A. Jüng­ling, Die Digitalstrategie

der EU-Kom­mis­si­on: Regu­lie­rung von Künst­li­cher Intelligenz,

MMR 2020, 440–445 (441).

62

P. Bräu­ti­gam, Die recht­li­che Eman­zi­pa­ti­on der Soft­ware – von der

Loch­kar­te in die Cloud, NJW 2022, 3118 (3120 f.); Hoffmann-

Riem (Fn. 5), 626 f.

63

M.w.N. Vasel (Fn. 3), 1301 f.

64

Schlies­ky (Fn. 45), 3695 ff.

65

EU, Vor­schlag für ein Gesetz über Künst­li­che Intelligenz,

COM(2021) 206 final v. 21.4.2021.

66

Vgl. P. Mül­ler-Pelt­zer/V. Tanc­zik, Künst­li­che Intel­li­genz und Da-

ten, Data-Gover­nan­ce nach der geplan­ten KI-Ver­ord­nung, RDi

2023, 452 (452 f.).

Ähn­lich dem Vor­bild des Online-Shop­pings wäre es

in einem sol­chen Modell denk­bar, den Interessierten –

ggf. sogar unter Berück­sich­ti­gung des gesellschaftlichen

Bedarfs –„entor­tet“ und „ent­zei­tet“ Stu­di­en­an­ge­bo­te an-

zubieten.57 Dies könn­te ein Weg sein, um das „Bezie-

hungs­ge­fü­ge“ des Staa­tes gegen­über sei­nen Bürgern

„trans­pa­ren­ter, par­ti­zi­pa­ti­ver und inter­ak­ti­ver“ zu ge-

stalten.58 Lie­ße sich dies auf Grund­la­ge des geltenden

Rechts ermög­li­chen?

IV. Recht­li­che Gren­zen der Anwen­dung von KI

Es ist zu über­prü­fen, wel­che recht­li­chen Spiel­räu­me für

ein Zulas­sungs­ver­fah­ren bestehen, in dem Talen­te und

Poten­zia­le auto­ma­tisch iden­ti­fi­ziert und ggf. sogar

beschie­den wer­den. Dabei ist zunächst auf die Grundla-

gen der KI-Regu­lie­rung (1.), bzw. die europarechtlichen

(2.) und staats­recht­li­chen Per­spek­ti­ven (3.) einzugehen.

Wel­che Anwen­dungs­fel­der bie­ten sich hier­nach für KI

(4.)?

1. Nor­mie­rung von KI

Der Regu­lie­rung von KI wid­men sich welt­weit derzeit

diver­se Akteu­re, wobei sich eine „Tri­po­la­ri­tät“ aus den

USA, Chi­na und der EU abzu­zeich­nen scheint.59 Hinzu

tre­ten die Ver­ein­ten Natio­nen, deren Sicher­heits­rat sich

auf Betrei­ben Groß­bri­tan­ni­ens mit der The­ma­tik befasst

und die Bil­dung einer eige­nen Behör­de diskutiert.60 Die

EU begreift KI auch als Ergän­zung ihrer Digitalisie-

rungs­stra­te­gie für die öffent­li­che Ver­wal­tung und als

Unter­stüt­zung des gemein­sa­men Binnenmarktes.61

Eine gesetz­li­che Regu­lie­rung von KI ist auch deshalb

kom­pli­ziert, weil Soft­ware sich von der Her­stel­lung ei-

ner, etwa auf Dis­ket­ten, ver­kör­per­ten Ware zunehmend

zum glo­bal und open source ver­füg­ba­ren Ser­vice entwi-

ckelt.62 Außer­dem ist die Ent­wick­lung rasant und unvor-

her­seh­bar. Unsi­cher­hei­ten und künf­ti­ge Entwicklungen

sind daher mög­lichst bereits im Rah­men der Normie-

rung so weit wie mög­lich zu berück­sich­ti­gen; die Nor-

men soll­ten adap­tiv und „ler­nend“ aus­ge­stal­tet werden –

ein Ansatz der als „agi­le Regu­lie­rung“ bezeich­net wird.63

Wei­ter­ge­hend wird sogar ver­sucht wer­den, ethische

Grund­sät­ze im Recht der Digi­ta­li­sie­rung zu

verankern.64

2. Euro­pa­recht­lich: KI-Ver­ord­nung und DSGVO

Der Ent­wurf der KI-Ver­ord­nun­g65 der EU, dem das

Euro­päi­sche Par­la­ment inzwi­schen zuge­stimmt hat,

unter­schei­det sog. ver­bo­te­ne Prak­ti­ken, etwa die biome-

tri­sche Per­so­nen­er­fas­sung oder Social Scoring, Titel 2.

Dane­ben ste­hen Hoch­ri­si­ko-KI, wel­che unter gewissen

Bedin­gun­gen ein­ge­setzt wer­den darf, Titel 3, und

„Bestimm­te KI-Sys­te­me“ mit begrenz­tem Risi­ko, Titel 4.

Als hoch­ris­kant sol­len u.a. sol­che KI-Sys­te­me ange-

sehen wer­den, „die in der all­ge­mei­nen oder beruflichen

Bil­dung ein­ge­setzt wer­den, ins­be­son­de­re um den Zu-

gang von Per­so­nen zu Bil­dungs- und Berufsbildungsein-

rich­tun­gen oder ihrer Zuord­nung dazu zu bestimmen

oder um Per­so­nen im Rah­men von Prü­fun­gen als Teil

ihrer Aus­bil­dung oder als Vor­aus­set­zung dafür zu be-

wer­ten“, denn ihnen kommt ent­schei­den­der Ein­fluss auf

den wei­te­ren Bil­dungs­ver­lauf und das Berufs­le­ben zu.

„Bei unsach­ge­mä­ßer Kon­zep­ti­on und Ver­wen­dung kön-

nen sol­che Sys­te­me das Recht auf all­ge­mei­ne und beruf-

liche Bil­dung sowie das Recht auf Nichtdiskriminierung

ver­let­zen und his­to­ri­sche Dis­kri­mi­nie­rungs­mus­ter fort-

schrei­ben“, wie Erwä­gungs­grund 35 bestimmt.

Sowohl Anbie­ter als auch Nut­zer die­ser Systeme

müs­sen dafür sor­gen, dass im Rah­men eines Risikoma-

nage­ment­sys­tems die kon­ti­nu­ier­li­che Beob­ach­tung des

Pro­gramms erfolgt, Tests vor­ge­se­hen wer­den und ein

Trai­ning mit dis­kri­mi­nie­rungs­frei­en Daten66 stattfindet.

Auch sind Doku­men­ta­ti­ons­pflich­ten ein­zu­hal­ten und

eine mensch­li­che Auf­sicht sicher­zu­stel­len, Artt. 8 ff. E

AI-VO. Nach alle­dem wäre der Ein­satz von KI-gestütz-

ten Zulas­sungs­ver­fah­ren als „Zuord­nung“ zu Bildungs-

ein­rich­tun­gen zwar mög­lich, müss­te aber unter mensch-

licher Auf­sicht, dis­kri­mi­nie­rungs­frei und dokumentiert

erfol­gen.

Wei­ter sind die Vor­ga­ben des euro­päi­schen Daten-

schutz­rechts ein­zu­hal­ten. Eine Ver­ar­bei­tung zur Sicher-

stel­lung der „Wahr­neh­mung einer Auf­ga­be, die im öf-

fent­li­chen Inter­es­se liegt“, wie die Hochschulzulassung,

kann durch eine mit­glied­staat­li­che Rechts­grund­la­ge ge-Bode · Zwi­schen Digi­ta­li­sie­rung und Künst­li­cher Intel­li­genz 1 9 9

67

So auch Rade­ma­cher (Fn. 10), 263.

68

Vgl. dazu M. Ludwigs/A. Vel­ling, Der voll­stän­dig automatisierte

Ver­wal­tungs­akt in den Gren­zen des Euro­pa- und Verfassungs-

rechts, Ver­w­Arch 2023, 71 (88). Wer­den die­se Rech­te nicht aus-

drück­lich erwähnt, so müs­sen sie „in jedem Fall aber zumindest

auf der Voll­zugs­ebe­ne beim voll­stän­dig auto­ma­ti­sier­ten Erlass“

Beach­tung fin­den. W. Lent, Neu­es zum Rundfunkbeitragsrecht,

LKV 2020, 337 (342).

69

Ver­ord­nung (EU) 2016/679 v. 27.4.2016, L 119/1.

70

M.w.N. Britz/Eifert (Fn. 7), Rn. 106 ff.

71

BVerfG, Urt. v. 16.2.2023, 1 BvR 1547/19 u. 2634/20 -,

Rn. 112, 117.

72

M.w.N. Thie­le (Fn. 6), Rn. 35.

73

BVerfGE 147, 253 (253 f.).

74

BVerfG, Urt. v. 16.2.2023, 1 BvR 1547/19 u. 2634/20 -, Rn. 100,

121.

75

J. Eichen­ho­fer, Der voll­au­to­ma­ti­sier­te Ver­wal­tungs­akt zwischen

Effi­zi­enz- und Rechts­schutz­ge­bot, DÖV 2023, 93 (96).

76

M.w.N. Mar­ti­ni (Fn. 9), S. 68.

77

H. P. Bull, Der „voll­stän­dig auto­ma­ti­siert erlas­se­ne“ Verwaltungs-

akt, DVBl 2017, 409 (416).

stat­tet wer­den, die den Zweck fest­legt und die Verhält-

nis­mä­ßig­keit wahrt, Art. 6 Abs. 1 S. 1 e) i.V.m. Art. 6

Abs. 3 DSGVO.67 Wei­ter­hin sieht Art. 22 Abs. 1 DSGVO

das Recht vor, „nicht einer aus­schließ­lich auf einer auto-

mati­sier­ten Ver­ar­bei­tung – ein­schließ­lich Pro­fil­ing – be-

ruhen­den Ent­schei­dung unter­wor­fen zu wer­den, die […]

recht­li­che Wir­kung ent­fal­tet oder […] in ähn­li­cher Weise

erheb­lich beein­träch­tigt.“ Aller­dings darf der Gesetzge-

ber durch Rechts­vor­schrift Aus­nah­men vor­se­hen. Dabei

ist zu beach­ten, dass das Fach­recht, das die automatisier-

te Ent­schei­dung gestat­tet, gem. Art. 22 Abs. 2 Buchst. b

DSGVO „ange­mes­se­ne Maß­nah­men zur Wah­rung der

Rech­te und Frei­hei­ten sowie der berech­tig­ten Interessen

der betrof­fe­nen Per­son ent­hal­ten“ muss.68

Die Norm schließt eine völ­lig auto­ma­ti­sier­te Ent-

schei­dung nicht aus, setzt ihr aber enge Gren­zen. Erwä-

gungs­grund 71 kon­kre­ti­siert dies, indem er vor­sieht, dass

dem Betrof­fe­nen die „Dar­le­gung des eige­nen Stand-

punkts“ ermög­licht wer­den müs­se, die Verarbeitung

habe „fair und trans­pa­rent“ zu erfolgen.69 Je automati-

sier­ter und undurch­schau­ba­rer ein algorithmengesteu-

ertes bzw. ‑gestütz­tes Ver­fah­ren aus­ge­stal­tet wird, umso

kla­rer und nie­der­schwel­li­ger muss der Gesetz­ge­ber die

Ver­fah­rens­rech­te die Betrof­fe­nen aus­ge­stal­ten. Ein KI-

gesteu­er­tes Aus­wahl­sys­tem wäre hier­nach nicht ausge-

schlos­sen, solan­ge es gesetz­lich nor­miert ist.

3. Staats­recht­lich

Staats­recht­lich ist zunächst der Wesentlichkeitsgedanke

zu beach­ten, wenn es um den Ein­satz von KI geht.70 Das

BVerfG hat in jüngs­ter Zeit sei­ne Recht­spre­chung hierzu

kon­kre­ti­siert: Im Zusam­men­hang mit der automatisier-

ten Daten­ana­ly­se zu Poli­zei­zwe­cken führ­te das BVerfG

aus, dass der Gesetz­ge­ber „die wesent­li­chen Grundlagen

zur Begren­zung von Art und Umfang der Daten und der

Ver­ar­bei­tungs­me­tho­den selbst durch Gesetz vorgeben“

müs­se. Der Ver­wal­tung sei­en „Art und Umfang der

Daten und die Ver­ar­bei­tungs­me­tho­den insgesamt

inhalt­lich aus­rei­chend, nor­men­klar und transparent“

vorzugeben.71 Dies gel­te auch für die heranzuziehenden

Daten­be­stän­de; je umfas­sen­der die­se sei­en, des­to stärker

wie­ge der Ein­griff. Eine „umfassend[e]“ Normierung

sei­tens des Gesetz­ge­bers wird auch in der Lite­ra­tur gefor-

dert.72

Beson­de­re Bedeu­tung erfährt der Wesentlichkeitsge-

dan­ke im Zusam­men­hang staat­li­cher Verteilungsent-

schei­dun­gen. Der Gesetz­ge­ber müs­se „die Auswahlkrite-

rien der Art nach selbst fest­le­gen“, wie das BVerfG 2017

aus­führ­te. Zwar kämen den Hoch­schu­len „gewis­se Spiel-

räu­me für die Kon­kre­ti­sie­rung die­ser Auswahlkriterien“

zu, doch kein eige­nes „Kriterienerfindungsrecht“.73 Erst

recht darf der Staat die Ver­tei­lungs­re­geln nicht von pri-

vaten Drit­ten bestim­men lassen.

Eine wei­te­re Gren­ze stellt das aus dem Rechtsstaats-

prin­zip erwach­sen­de Gebot der Mög­lich­keit einer ge-

richt­li­chen Kon­trol­le dar. Unter Bezug­nah­me auf den

Ein­satz von KI führ­te das BVerfG aus, ihr „Mehr­wert,

zugleich aber auch ihre spe­zi­fi­schen Gefah­ren lie­gen da-

rin, dass nicht nur von den ein­zel­nen Poli­zis­tin­nen und

Poli­zis­ten auf­ge­grif­fe­ne kri­mi­no­lo­gisch fun­dier­te Mus-

ter Anwen­dung fin­den, son­dern sol­che Mus­ter automa-

tisiert wei­ter­ent­wi­ckelt oder über­haupt erst generiert

und dann in wei­te­ren Ana­ly­se­stu­fen wei­ter verknüpft

wer­den.“ Ihr Ein­satz müs­se aber im Bereich der ein-

griffs­in­ten­si­ven Poli­zei­ar­beit aus­ge­schlos­sen bleiben.74

In ähn­li­cher Wei­se wird in der Lite­ra­tur der Einsatz

selbst ler­nen­der Algo­rith­men für die unmit­tel­ba­re Ent-

schei­dungs­fin­dung abge­lehnt, denn die Mustererken-

nung, „ent­zie­he sich der juris­ti­schen Programmierung

weit­ge­hend und kön­ne daher auch nur beschränkt re-

kon­stru­iert und damit erklärt werden“.75

Rechts­staat­lich­keit gebie­tet, „jede Form staatlicher

Macht­aus­übung vor­her­seh­bar und rekon­stru­ier­bar aus-

zugestalten“.76 Dies kor­re­spon­diert mit dem Aktenein-

sichts­recht nach § 29 VwVfG und bezieht sich auf alle

Ver­fah­rens­schrit­te, die zu einer Verwaltungsentschei-

dung füh­ren; umso wich­ti­ger ist die­ses Recht bei auto-

mati­siert getrof­fe­nen Ent­schei­dun­gen, da IT Feh­ler auf-

wei­sen kann.77 Auch beim deter­mi­nis­ti­schen, also nicht

auf das Selbst-Ler­nen aus­ge­leg­ten Ein­satz von Algorith-

men, die zur Aus­wer­tung von Daten ein­ge­setzt werden,

„muss der Gesetz­ge­ber für schüt­zen­de Rege­lun­gen sor‑O R D N U N G D E R W I S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 4 ) , 1 9 3 — 2 0 6

2 0 0

78

BVerfG, Urt. v. 16.2.2023, 1 BvR 1547/19 u. 2634/20 -, Rn. 101.

79

BVerfGE 154, 152 (260 Rn. 192).

80

M.w.N. Rade­ma­cher (Fn. 10), 267 f.

81

Vgl. Rade­ma­cher (Fn. 10), 268.

82

BVerfGE 33, 303 (330); zuvor bereits: BVerw­GE 6, 13 (15); 7, 287

(136).

83

R. Kreyß­ing, Ver­wal­tungs­ent­schei­dun­gen durch KI, DÖV 2024,

266 (269 f.).

84

Zwar kommt dem Bund eine kon­kur­rie­ren­de Gesetzgebungszu-

stän­dig­keit gem. Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 6, Art. 74 Abs. 1 Nr. 33

GG zu, doch erscheint es nicht als wahr­schein­lich, dass er sich

die­ser Mate­rie auf abseh­ba­re Zeit anneh­men möchte.

85

Vgl. m.w.N. Thiele (Fn. 6), Rn. 9.

86

Thie­le (Fn. 6), Rn. 35.

87

Zu den Aus­wahl­tests gene­rell vgl. L. Fleck/A. Fuchs/

I. Schneider/S. C. Her­pertz, Stu­di­en­eig­nungs­test im Auswahlver-

fah­ren“ (AdH), ZBS (3) 2022, 82 (83).

88

Vgl. S. J. Anbro/R. A. Houmanfar/J. Thomas/K. Bax­ter u.a.,

Beha­vi­oral Assess­ment in Vir­tu­al Rea­li­ty: An Eva­lua­ti­on of

Mul­ti-User-Simu­la­ti­ons in Health­ca­re Edu­ca­ti­on, Jour­nal of

Orga­niza­tio­nal Beha­vi­or Manage­ment (43) 2023, 92 (92 ff.); A.

Junga/P. Kockwelp/D. Valkov/B. Mar­schall u.a., Vir­tu­al Reality

based tea­ching – a para­digm shift in edu­ca­ti­on?, in: 73. Jahresta-

gung der Deut­schen Gesell­schaft für Neu­ro­chir­ur­gie, 2022; Uni

Müns­ter, „Vir­tu­el­les Ler­nen, damit es den ech­ten Pati­en­ten umso

bes­ser geht“, 9.7.2021, www.medizin.uni-muenster.de (7.5.2024).

89

Zur Bedeu­tung der Stu­di­en­be­ra­tung vgl. M. Worf/F. Lorz/S. Sei-

del, Brau­chen Hoch­schu­len Bera­tung für ihre Stu­die­ren­den?, ZBS

(1+2) 2021, 40 (41 f.).

gen.“78 Es sei „eine unab­hän­gi­ge Kon­trol­le“ zu

gewährleisten.79

Um algo­rith­misch getrof­fe­ne Ent­schei­dun­gen nach-

voll­zieh­bar zu machen, wird inzwi­schen explainable ari-

fical intel­li­gence entwickelt.80 Auch die Offen­le­gung des

Quell­codes bie­tet nicht unbe­dingt mehr Erhel­len­des, zu-

min­dest soweit die Algo­rith­men unbe­kann­te Datenmen-

gen fil­tern bzw. verarbeiten.81

Die Nut­zung der prä­dik­ti­ven Vor­tei­le von KI wird im

Bereich der Grund­rechts­aus­übung beschränkt. Eine be-

darfs­ge­rech­te staat­li­che „Berufs­len­kung“ ist nach der

Recht­spre­chung des BVerfG im Rah­men der Hochschul-

zulas­sung aus­ge­schlos­sen, da sie die Frei­heit der Berufs-

wahl nach Art. 12 Abs. 1 GG beeinträchtigt.82

Ein Anspruch auf eine Ent­schei­dung durch einen

Men­schen dürf­te – vom Objek­ti­vie­rungs­ver­bot des Art. 1

GG abge­se­hen, das letzt­lich auch in Art. 22 DSGVO zum

Aus­druck kommt, – nicht bestehen. Wenn allerdings

„Neu­tra­li­tät, Objek­ti­vi­tät und Recht­mä­ßig­keit“ der Ver-

wal­tungs­ent­schei­dung durch KI ver­letzt wür­den, käme

dem Telos nach auch ein Ver­stoß gegen den Funktions-

vor­be­halt des Art. 33 Abs. 4 GG in Betracht, nach dem

hoheits­recht­li­che Befug­nis­se durch öffentlich-rechtlich

Bediens­te­te wahr­zu­neh­men sind.83

In der Zusam­men­schau ergibt sich hier­aus, dass der

Gesetz­ge­ber – der­zeit die Länder84 – das Zulassungsrecht

jeden­falls in Bezug auf die Ent­schei­dungs­kri­te­ri­en vor-

geben muss. Dar­un­ter sind alle Umstän­de zu verstehen,

die einer Per­son gegen­über ande­ren Per­so­nen einen

Vor­teil bei der Ver­tei­lung des Stu­di­en­plat­zes einräumen.

Die­se Kri­te­ri­en müs­sen auch belast­bar und im Vorhin-

ein erkenn­bar sein. Ihre Anwen­dung kann maschinell

erfol­gen und muss über­prüf­bar sein.

4. Anwen­dungs­fel­der für KI

Auf die­ser Grund­la­ge sind nun Anwen­dungs­fel­der für

KI im Zulas­sungs­recht zu untersuchen.

a. Nut­zung von Daten aus sozia­len Medien

Die Nut­zung der Pro­fi­le aus sozia­len Medi­en mag im

Ein­zel­fall Hin­wei­se auf Moti­va­ti­on und Nei­gung geben,

ist aber bereits auf­grund der Unbe­stimmt­heit der auszu-

wäh­len­den Kri­te­ri­en und der Inva­li­di­tät der Daten völlig

unge­eig­net für die rechts­si­che­re Ent­schei­dung in einem

Ver­tei­lungs­ver­fah­ren. Dar­über hin­aus sind Daten, die

Pri­va­te – häu­fig zufäl­lig – in sozia­len Medi­en ablegen,

grund­sätz­lich dem staat­li­chen Zugriff entzogen.85 Dass

pri­va­te Head­hun­ter zuwei­len Kund­schaft über soziale

Medi­en, etwa Por­ta­le wie Lin­ke­dIn, akqui­rie­ren, ändert

hier­an nichts. Die feh­len­de Rekon­stru­ier­bar­keit und die

Inva­li­di­tät ste­hen dem Ein­satz von KI entgegen.86 Ihre

Nut­zung zur Erken­nung von Moti­va­ti­ons­mus­tern o.ä.

kommt hier also nicht in Frage.

b. Eig­nungs­tests

In Betracht käme die Her­an­zie­hung von KI im Rahmen

von Eignungstests.87 Ins­be­son­de­re könn­te sie hier das

Ver­hal­ten von Pro­ban­den simu­lie­ren, deren Verfügbar-

keit viel­fach ein erheb­li­ches Res­sour­cen­pro­blem dar-

stellt. In ähn­li­cher Form wird bereits der­zeit an der Uni-

ver­si­tät Müns­ter im Rah­men von Aug­men­ted and Virtu-

al Rea­li­ty Appli­ca­ti­ons in der medi­zi­ni­schen Leh­re mit

vir­tu­el­len Pati­en­ten gearbeitet.88 Solan­ge die von der KI

gestell­ten Auf­ga­ben bzw. Sze­na­ri­en und die vom Prüf-

ling gelie­fer­ten Ant­wor­ten doku­men­tiert und durch

einen Men­schen über­prüft wer­den kön­nen, ist gegen die

Her­an­zie­hung ent­spre­chen­der Pro­gram­me nichts einzu-

wen­den. Nicht in Betracht kom­men hin­ge­gen die auto-

mati­sier­te Aus­wer­tung und die unmit­tel­ba­re Entschei-

dung über einen Studienplatz.

c. Stu­di­en­be­ra­tung

Auch in der Stu­di­en­be­ra­tung kann KI unterstützen.89 Ihr

kom­mu­ni­ka­ti­ve Poten­ti­al, ins­be­son­de­re beim Abgleich

von Erwar­tun­gen mit Fak­ten-basier­ten Zusam­men­hän-Bode · Zwi­schen Digi­ta­li­sie­rung und Künst­li­cher Intel­li­genz 2 0 1

90

Die Ent­schei­dung über den Ein­satz obliegt der Hoch­schu­le; die

erziel­ten Ergeb­nis­se haben jedoch kei­nen Ein­fluss auf die Aus-

wahl­ent­schei­dung. Vgl. § 48 Abs. 9 HG BW; § 60 Abs. 2 Nr. 6 HG

NRW.

91

P. Petri/M. Kers­t­ing, Stu­di­en­platz­ver­ga­be 2.0, ZBS (3) 2022, 77

(78 ff.).

92

Vgl. m.w.N. A.-K. Helten/U. Wienkop/D. Wolff-Gros­ser/C.

Zitz­mann, „Wie kann ich dich unter­stüt­zen?“ Chatbot-basierte

Lern­un­ter­stüt­zung für Studienanfänger:innen, in: T. Schmohl/A.

Watanabe/K. Schel­ling, Künst­li­che Intel­li­genz in der Hochschul-

bil­dung, 2023, S. 145 (146 ff.).

93

A. Lawall, Stei­ge­rung des Lern­erfolgs der Stu­die­ren­den durch

digi­ta­le, inter­ak­ti­ve Umfra­ge- und Feed­back­sys­te­me, HM (1+2)

2022, 55 (57 f.).

94

2022 betraf dies etwa die Goe­the Uni­ver­si­tät Frank­furt a.M.

mit ca. 282 Plät­zen, 2023 die Uni­ver­si­tät Müns­ter mit ca. 1.320

Plät­zen. Vgl. G. Gro­den­sky, Pan­ne bei Stu­di­en­platz­ver­ga­be an der

Goe­the-Uni zieht bun­des­weit Krei­se, Frank­fur­ter Rundschau,

6.9.2022, www.fr.de (7.5.2024); K. Völ­ker, Uni­ver­si­tät sieht bei

sich kei­ne Feh­ler, West­fä­li­sche Nach­rich­ten, 12.10.2023, www.

wn.de (7.5.2024).

95

Vgl. A. Guckel­ber­ger, Deutsch­lands (Rück-)Stand in der Verwal-

tungs­di­gi­ta­li­sie­rung, LTZ 2023, 167 (167 f.); G. De Gre­go­rio, The

rise of digi­tal con­sti­tu­tio­na­lism in the Euro­pean Uni­on, Internati-

onal Jour­nal of Con­sti­tu­tio­nal Law, 19(1), 2021, 41 (41 ff.).

96

Ver­ord­nung (EU) 2018/1724 v. 21.11.2018, L 295/1.

97

Dies wird als „ein­heit­li­ches digi­ta­les Zugangs­tor“ bezeich­net und

befin­det sich im Por­tal „Ihr Europa“.

98

Vgl. Thie­le (Fn. 6), Rn. 29 ff.; J. Bot­ta, Der digi­ta­le Staat als gläser-

ner Staat, DÖV 2023, 421 (422).

gen, etwa Wis­sen über den Stu­di­en­gang, die Hochschule

etc., ist längst erkannt. So sehen Baden-Württemberg

und Nord­rhein-West­fa­len für vie­le Stu­di­en­gän­ge, etwa

im Bereich der Psy­cho­lo­gie, der Wirt­schaft oder des

Rechts, das Absol­vie­ren eines Self-Assess­ment-Tests als

Imma­tri­ku­la­ti­ons­vor­aus­set­zung vor.90 Die­se Tests

ermög­li­chen die „selbst­ver­ant­wort­li­che Erfas­sung stu-

die­n­er­folgs­re­le­van­ter Eig­nungs­merk­ma­le“ und fin­den in

der Pra­xis Anklang.91 In ver­gleich­ba­rer Wei­se können

KI-gelei­te­te Chat­bots etwa Stu­di­en­an­fän­gern Hilfestel-

lung bei der Ana­ly­se von Wis­sens­lü­cken oder bei der

Opti­mie­rung ihrer Lern­me­tho­den bieten.92 Auch inter-

akti­ve Umfra­ge- und Feed­back­sys­te­me stei­gern den

Lernerfolg.93 Eben­so könn­ten intel­li­gen­te berufsspezifi-

sche Bedarfs­kal­ku­la­tio­nen hier Anwen­dung finden.

Anders als in den oben betrach­te­ten Sze­na­ri­en werden

dabei kei­ne unmit­tel­bar recht­lich ver­bind­li­chen Ent-

schei­dun­gen getrof­fen, son­dern nur Informationen

gebo­ten.

d. Tech­ni­sche Unter­stüt­zung, etwa im Überbuchungs-

pro­zess

Wei­ter kommt in Betracht, per KI die Funk­tio­na­li­tät der

IT zu unter­stüt­zen. Ein Anwen­dungs­fall könn­te die Kon-

trol­le von Über­bu­chungs­ent­schei­dun­gen sein. In der

Ver­gan­gen­heit hat sich die Über­bu­chung von Studien-

plät­zen mit dem Ziel, eine mög­lichst passgenaue

Erschöp­fung der Stu­di­en­platz­ka­pa­zi­tä­ten zu erreichen,

hin und wie­der als feh­ler­an­fäl­lig erwiesen.94

Hier kann KI dazu bei­tra­gen, aus den bekannten

Über­bu­chungs­wer­ten der Ver­gan­gen­heit einer­seits und

aus der Anzahl an Bewer­bun­gen und an Studienplätzen

ande­rer­seits eine Pro­gno­se des erwart­ba­ren Ergebnisses

zu erstel­len. Der­ar­ti­ge Kal­ku­la­tio­nen abs­trak­ter Art

ohne die Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Daten sind

recht­lich unangreifbar.

V. Digi­ta­li­sie­rung

Damit ist der Blick auf die Digi­ta­li­sie­rung im engeren

Sin­ne zu rich­ten, also die Fra­ge, wel­che Maßnahmen

jen­seits von KI in Fra­ge kom­men, um Hochschulzulas-

sungs­pro­zes­se zu opti­mie­ren. Hier kann zwischen

Zulas­sungs-exter­nen Vor­ga­ben, also allgemeinen

Anfor­de­run­gen an die Ver­wal­tungs­di­gi­ta­li­sie­rung, und

Zulas­sungs-imma­nen­ten Bedar­fen unter­schie­den wer-

den. Wäh­rend die exter­nen Vor­ga­ben vor allem auf die

EU und den Bund zurück­ge­hen (1.), ori­en­tie­ren sich die

Bedar­fe an den bereits exis­tie­ren­den verwaltungsrecht-

lichen Gestal­tungs­spiel­räu­men (2.).

1. Zulas­sungs-exter­ne Vor­ga­ben für die Digitalisierung

Im Rah­men ihrer Digi­ta­li­sie­rungs­stra­te­gie entwickelt

die EU Leit­li­ni­en und Vor­ga­ben für Verwaltungsdienst-

leistungen,95 die unter ande­rem den Bereich der Bildung

betref­fen. Die Sin­gle Gate­way Verordnung96 verpflichtet

die Mit­glied­staa­ten, einen ein­heit­li­chen Zugang zu ver-

schie­de­nen Ver­wal­tungs­leis­tun­gen vor­zu­se­hen. So muss

etwa der Antrag auf die „Zulas­sung zu einer öffentlichen

Hoch­schul­ein­rich­tung“ elek­tro­nisch gestellt werden

kön­nen; glei­ches gilt für aka­de­mi­sche Zeugnis-Aner-

ken­nungs­ent­schei­dun­gen, Anhang II, Artt. 6, 14 Single

Gate­way VO. Dafür rich­ten Kom­mis­si­on und Mitglied-

staa­ten ein öffent­li­ches Portal97 ein, das die einmalige

Erfas­sung von Benut­zer­da­ten („Once Only Principle“)

ermög­licht und mit den Por­tal­ver­bün­den von Bund und

Län­dern in Deutsch­land kom­pa­ti­bel ist.

Der Bund hat mit dem Online­zu­gangs­ge­setz (OZG)

die Grund­la­ge für die Bund­ID bzw. das Nutzerkonto

Bund geschaf­fen, § 3 Abs. 2 OZG.98 Im Rah­men der Re-

gis­trie­rung für die Teil­nah­me am DoSV kann die Bund-

ID, also das Nut­zer­kon­to Bund, ver­wen­det wer­den, vgl.O R D N U N G D E R W I S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 4 ) , 1 9 3 — 2 0 6

2 0 2

99

Ver­ord­nung (EU) 910/2014 v. 28.8.2014, L 257/73.

100

Vgl. § 3 Abs. 4 E‑OZG, BT-Drs. 20/8093, 9.

101

Bot­ta (Fn. 98), 423.

102

Bedenk­lich wäre die umfas­sen­de Ver­wen­dung der neu­en ID um,

„umfas­sen­de Per­sön­lich­keits­pro­fi­le“ zu erstel­len. Bot­ta (Fn. 98),

424; vgl. E. Peu­ker, Ein­füh­rung einer ein­heit­li­chen Bürger-Identi-

fika­ti­ons­num­mer, ZRP 2024, 83 (84 f.).

103

BT-Drs. 19/24226, 82.

104

D. Herr­mann, in: J. Bader/M. Ronel­len­fitsch, Beck­OK VwVfG,

62. Ed. 2024, § 25 VwVfG Rn. 1.

105

Vgl. Let­tie­ri (Fn. 7), S. 703 f.

106

OVG HH, Beschl. v. 5.2.2010 – 3 Bs 179/09 –, juris, Rn. 19; OVG

NRW, Beschl. v. 4.10.2021 – 13 B 1272/21 –, juris, Rn. 12.

etwa § 4 Abs. 1 S. 2 2. Ts. Ver­ga­be­ver­ord­nung NRW (Ver-

gabe­VO NRW). Dies ermög­licht die Über­nah­me der

dort hin­ter­leg­ten Stamm­da­ten. Inner­halb der EU sieht

die eIDAS Verordnung99 eine ein­heit­li­che Identifikation

u.a. für natür­li­che Per­so­nen vor. Dem trägt die aktuelle

OZG-Novel­le Rechnung.100 Die EU-wei­te Übernahme

bewer­bungs­spe­zi­fi­scher Daten stellt für alle Beteiligten

eine Erleich­te­rung dar.

Der Bund sieht über­dies – ohne dass dies EU-recht-

lich zwin­gend wäre101 – eine ein­heit­li­che Identifikations-

num­mer vor, „um Daten einer natür­li­chen Per­son in ei-

nem Ver­wal­tungs­ver­fah­ren ein­deu­tig zuzu­ord­nen“, um

die Daten­qua­li­tät der Regis­ter zu ver­bes­sern und Mehr-

auf­wän­de zu redu­zie­ren. Hier­für wird die Steuer-ID

nach § 139b AO genutzt, § 1 Identifikationsnummernge-

setz (IDNrG). Auch Hoch­schu­len sind hin­sicht­lich der

„sys­te­ma­tisch geführ­ten per­so­nen­be­zo­ge­nen Datenbe-

stän­de zu Bil­dungs­teil­neh­men­den“ sog. registerführende

Stel­len, müs­sen also bis Ende 2026 ihre Daten mit der

zen­tra­len Daten­bank abglei­chen und die ein­heit­li­che ID

vor­se­hen, Anla­ge zu § 1 IDNrG Nr. 25. Die SfH ist hierzu

nicht ver­pflich­tet, könn­te die Num­mer aber als öffentli-

che Stel­le für ihre digi­ta­len Verwaltungsdienstleistungen

über­neh­men, § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 IDNrG. Zwar begegnet

eine aus­ufern­de Nut­zung der ID in Hin­blick auf das all-

gemei­ne Per­sön­lich­keits­recht der Betrof­fe­nen gem.

Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 GG ver­fas­sungs­recht­li­chen Be-

denken.102 Im Bereich der Hoch­schul­zu­las­sung könnte

eine ein­heit­li­che Nut­zung der ID das Pro­blem unzulässi-

ger Mehr­fach­re­gis­trie­run­gen lösen, das der­zeit über die

Anga­be der E‑Mail-Adres­se zu ver­rin­gern ver­sucht wird,

vgl. § 4 Ab. 1 S. 2 Ver­ga­be­VO NRW.

Zwar kön­nen nun­mehr auch Per­so­nen eine Steuer-

ID erhal­ten, die „bis­lang noch nicht steu­er­lich in Er-

schei­nung getre­ten“ sind,103 aller­dings nur auf Veranlas-

sung der Mel­de­be­hör­den, § 5 Abs. 2 IDNrG, was einen

Auf­ent­halt im Bun­des­ge­biet vor­aus­setzt. Damit dürfte

die ID für eine Her­an­zie­hung im vor­ge­la­ger­ten Zulas-

sungs­pro­zess aus­schei­den. Wün­schens­wert wäre, dass

künf­tig auch aus­län­di­sche Stu­di­en­be­wer­be­rin­nen und

-bewer­ber ent­spre­chend iden­ti­fi­ziert wer­den könnten.

2. Zulas­sungs­im­ma­nen­te Bedar­fe für Digitalisierung

In Bezug auf eini­ge Aspek­te bringt das Zulassungsver-

fah­ren Digi­ta­li­sie­rungs­be­dar­fe mit sich, die z.T. bereits

erkannt sind und im Rah­men des bestehen­den Rechts

berück­sich­tigt wer­den können.

a. Nut­zer­freund­li­che Aus­ge­stal­tung von Formularen

Gera­de im Zusam­men­hang mit digi­ta­len Formularen

und Ein­ga­be­mög­lich­kei­ten ist ent­spre­chend der aus dem

Rechts­staats­prin­zip abzu­lei­ten­den Betreuungspflicht

her­aus geboten,104 mög­lichst nutzerunterstützende

Lösun­gen zu wäh­len. Gem. § 25 Abs. 1 S. 1 VwVfG soll

die Behör­de „die Abga­be von Erklä­run­gen […] oder die

Berich­ti­gung von Erklä­run­gen oder Anträ­gen anregen,

wenn die­se offen­sicht­lich nur ver­se­hent­lich oder aus

Unkennt­nis“ unter­blei­ben oder feh­ler­haft abgegeben

wer­den. Algo­rith­misch gesteu­er­tes „Tech­no-Nud­ging“

kann hier dazu bei­tra­gen, Falsch­an­ga­ben zu reduzie-

ren.105 Die Recht­spre­chung erkennt dabei frei­lich gewisse

Mit­wir­kungs­pflich­ten der Bewer­be­rin­nen und Bewerber

an: So gilt es etwa für künf­ti­ge Stu­die­ren­de als zumutbar,

sich eine E‑Mail-Adres­se zuzu­le­gen; auch die besonders

sorg­fäl­ti­ge Lek­tü­re von Hin­weis­tex­ten in Por­ta­len sei zu

erwar­ten, da im Rah­men der Zulas­sung eine „bedeut­sa-

me Lebens­ent­schei­dung“ getrof­fen werde.106 Überdies

kommt der Behör­de – gera­de in mas­sen­haf­ten Verfahren

– kei­ne Amts­er­mitt­lungs­pflicht zu, vgl. etwa § 6 Abs. 2

S. 4 Ver­ga­be­VO NRW.

b. Digi­ta­li­sie­rung der Bildungsnachweise

Bei der mas­sen­haf­ten Erfas­sung von Daten im Rahmen

elek­tro­ni­scher For­mu­la­re kön­nen sowohl bei der Antrag-

stel­lung als auch bei der Bear­bei­tung Feh­ler unterlaufen.

Im eige­nen Inter­es­se wird die Behör­de soweit wie mög-

lich auf bereits vor­han­de­ne und vali­dier­te Daten zurück-

grei­fen. Dies ist auch vor­teil­haft für die Studienbewerbe-

rin­nen und ‑bewer­ber und ver­ein­facht den Daten-

trans­fer, etwa im Bewer­bungs­pro­zess oder beim Stu-

dienortwechsel.Bode · Zwi­schen Digi­ta­li­sie­rung und Künst­li­cher Intel­li­genz 2 0 3

107

Vgl. C. Krön­ke, Infor­ma­ti­on als Vor­aus­set­zung des Verwaltungs-

han­delns, DVBl 2023, 1044 (1048).

108

Bun­des­amt für Sicher­heit in der Infor­ma­ti­ons­tech­nik, Handrei-

chung „Digi­ta­le Zeug­nis­se“, 2024, www.bsi.bund.de (7.5.2024);

vgl. M. Bode, Zwi­schen Öff­nung und Digi­ta­li­sie­rung, Aktuelle

Ent­wick­lun­gen auf dem Gebiet des Hochschulzugangsrechts,

OdW 2022, 181 (196 f.).

109

Bis Ende 2022 waren erst 22 der vor­ge­se­he­nen 575 Verwaltungs-

leis­tun­gen digi­ta­li­siert. Guckel­ber­ger (Fn. 23), 322 f.

110

BVerfGE 147, 253 (338 Rn. 184).

111

Vgl. M. Bode, Zwi­schen Rea­li­tät und Uto­pie: Die „Nume­rus

clau­sus III“-Entscheidung des BVerfG, OdW 2018, 173 (180 ff.).

112

Vgl. Bode (Fn. 30), 1676.

113

Vgl. KMK, Schnell­mel­dung Abitur­no­ten 2023, 2024, www.kmk.

org (7.5.2024).

114

Hartong/Breiter/Jarke/Förschler (Fn. 34), 486 f.

115

Vgl. etwa Art. 5 Abs. 2 StV über die Hochschulzulassung.

116

Vgl. zum geschei­ter­ten Pro­jekt einer sog. Prozentrangtransforma-

tion der KMK Bode (Fn. 108), 192.

117

Das BVerfG for­der­te „eine annä­hern­de Ver­gleich­bar­keit der

Noten“. BVerfGE 147, 253 (337 Rn. 182).

118

M.w.N. Bode (Fn. 108), 191 f.

119

Vgl. J. Bergerhoff/L. Bergholz/P. Seegers/S. Segt, Sta­tis­ti­sche Kor-

rek­tu­ren ver­bes­sern die Aus­sa­ge­kraft der Bache­lor­no­ten, in: HM

(1+2), 2022, 49 (50 f.).

120

Vgl. zur inzwi­schen wie­der abge­schaff­ten Rege­lung in Branden-

burg M. Bode, in: L. Knopp/F.-J. Peine/H. Top­el, Brandenburgi-

sches Hoch­schul­ge­setz, 3. Aufl. 2018, BbgHZG, § 2 Rn. 12 ff.

Wie auch bei der elek­tro­ni­schen Akten­füh­rung bedeutet

Digi­ta­li­sie­rung hier „nicht ein­fach nur, Papierdokumen-

te ein­zu­scan­nen und in Form von PDFs abzuspeichern“,

son­dern es ist ein Kon­zept zu ent­wi­ckeln, das „die bruch-

und ver­lust­freie Wei­ter­ver­ar­bei­tung ermög­lichst, insbe-

son­de­re auch durch ande­re Behörden“.107 Dabei sind

gemein­sa­me Stan­dards für die Vali­die­rung und Authen-

tifi­zie­rung von Daten zu erar­bei­ten. Hier­zu lau­fen gegen-

wär­tig eini­ge Pro­jek­te, doch lässt sich ein Ersteinsatz

nicht absehen.108

Auch hin­sicht­lich der Abitur­zeug­nis­se dürf­te ein

Grund für die schlep­pen­de Digi­ta­li­sie­rung in den unter-

schied­li­chen Län­der­re­ge­lun­gen lie­gen und dem Fehlen

aus­rei­chen­der finan­zi­el­ler Mit­tel sowie hinreichender

Pro­jekt­kom­pe­tenz. Hier zeigt sich beson­ders auffällig,

dass sich „Deutsch­land mit der Digi­ta­li­sie­rung schwer

tut“, wie es Annet­te Guckel­ber­ger ausdrückt.109

c. Unter­stüt­zung bei der „Berei­ni­gung“ von Schul-

oder Hoch­schul­no­ten

In sei­nem Nume­rus clau­sus III-Urteil ent­schied das

BVerfG 2017, dass die „man­geln­de Aus­sa­ge­kraft der

unbe­rei­nig­ten, nomi­nel­len Abitur­no­te hin­sicht­lich einer

Beur­tei­lung der Eig­nung der Stu­di­en­be­wer­ber“ zu einem

„Ver­gleich­bar­keits­de­fi­zit“ führ­te und die Noten daher

zumin­dest in Stu­di­en­gän­gen mit einem erhöh­ten Nach-

fra­ge­über­hang aus­zu­glei­chen seien.110 Die­ser Ausgleich

wirft aller­dings vie­le Fra­gen auf; etwa, wer zur Ver-

gleichs­ko­hor­te gehört, wie unter föde­ra­lis­ti­schen Aspek-

ten gewünsch­te unter­schied­li­che Tra­di­tio­nen beim

Über­gang in die Sekun­dar­stu­fe II abge­bil­det werden

kön­nen und wie weit auch inter­tem­po­ra­le Aspek­te, etwa

der frü­he­re Erwerbs­zeit­punkt des Abiturs und ein zeit-

gebun­den ande­res Noten­ni­veau, berück­sich­tigt werden

sollen.111 Der­zeit wird, um die Ver­gleich­bar­keit herzustel-

len, auf die Kohor­te der Per­so­nen zurück­ge­grif­fen, die

sich auf min­des­tens einen der in das ZV einbezogenen

Stu­di­en­gän­ge bewerben.112 Um die Repräsentationskraft

zu erhö­hen und auch die – ver­fas­sungs­recht­lich gebote-

ne – Anwen­dung auf ört­lich zulas­sungs­be­schränk­te Stu-

dien­gän­ge mit erhöh­tem Bewer­ber­über­hang zu ermögli-

chen, läge ein Rück­griff auf die länderübergreifenden,

jähr­lich ver­öf­fent­lich­ten und Dezi­mal-genau­en KMK-

Statistiken113 nahe. Der­zeit erwei­sen sich die analogen

Ermitt­lungs­pro­zes­se als zu lang­wie­rig; hier könn­te Digi-

tali­sie­rung durch Ver­net­zung der Schul­be­hör­den bzw.

zeit­na­he Erstel­lung der Refe­renz­sta­tis­ti­ken nütz­lich sein

und sich zu einem Anwen­dungs­fall für „daten­ba­sier­te

Schul­steue­rung“ entwickeln.114 Es lie­ße sich auch an die

Ein­be­zie­hung von Noten aus dem EU-Umfeld denken.

Da die­se Stu­di­en­be­wer­be­rin­nen und ‑bewer­ber Deut-

schen bun­des­weit zulas­sungs­recht­lich gleichgestellt

sind,115 ist es als bedenk­lich abzu­se­hen, dass hier­zu der-

zeit116 kei­ne belast­ba­ren Umrech­nungs­re­fe­ren­zen beste-

hen.117

Eine ver­gleich­ba­re Rele­vanz wei­sen – je nach landes-

recht­li­cher Aus­ge­stal­tung – die Bache­lor-Noten bei Zu-

gang und Zulas­sung zum Mas­ter auf.118 Es ist inzwischen

in der Eig­nungs­dia­gnos­tik aner­kannt, dass die absoluten

Not­en­er­geb­nis­se wenig vali­de sind und sie idealerweise

unter Her­an­zie­hung des im Stu­di­en­gang an der Hoch-

schu­le erreich­ten Noten­per­zen­tils bzw. ggf. unter Be-

rück­sich­ti­gung wei­te­rer Lebens­lauf­da­ten kor­ri­giert wer-

den sollten.119 Gleich­wohl haben sich auch hier

die Ver­su­che, „rela­ti­ve Noten“ aus­zu­wei­sen, nicht

durchgesetzt.120 Eine sol­che Kor­rek­tur könn­te eine bun-

des­wei­te stu­di­en­gang­spe­zi­fi­sche Referenzdatenbank

ermög­li­chen.

d. Auto­ma­ti­sier­ter Erlass von Verwaltungsakten

Frag­lich ist, ob sich die Hoch­schul­zu­las­sung für den

auto­ma­ti­sier­ten Erlass von Ver­wal­tungs­ak­ten eig­net. Seit

dem Jahr 2017 sehen der Bund und die meis­ten Länder

den „voll­stän­dig durch auto­ma­ti­sche Einrichtungen“

erfol­gen­den Erlass von Ver­wal­tungs­ak­ten vor, „sofern

dies durch Rechts­vor­schrift zuge­las­sen ist und weder ein

Ermes­sen noch ein Beur­tei­lungs­spiel­raum besteht“,

§ 35a VwVfG des Bun­des. Ent­spre­chen­de Nor­men beste-

hen mit § 155 Abs. 4 AO für den Steu­er­be­scheid bzw. mit

§ 31a SGB X für das Sozi­al- sowie mit § 10a Rundfunk‑O R D N U N G D E R W I S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 4 ) , 1 9 3 — 2 0 6

2 0 4

121

Umfas­send Bull (Fn. 77), 411.

122

Hoff­mann-Riem (Fn. 5), 619.

123

A. Ber­ger, in: H. J. Knack/H.-G. Hen­ne­ke, VwVfG, 11. Aufl. 2020,

§ 35a Rn. 56.; kri­tisch: N. Braun Bin­der, Voll­stän­dig automa-

tisier­ter Erlass eines Ver­wal­tungs­ak­tes und Bekannt­ga­be über

Behör­den­por­ta­le, DÖV 2016, 891 (895).

124

Vgl. Bull (Fn. 77), 410 f.; U. Stel­kens, in: P. Stelkens/H. J. Bonk,

VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 35 a Rn. 19 f.

125

Die­se wur­den bereits vor Erlass des § 35 a VwVfG unter § 35

VwVfG sub­su­miert. Stel­kens (Fn. 124), § 35 a Rn. 22; N. Braun

Bin­der, Voll­stän­dig auto­ma­ti­sier­ter Erlass eines Verwaltungsaktes

und Bekannt­ga­be über Behör­den­por­ta­le, DÖV 2016, 891 (894).

126

Stel­kens (Fn. 124), § 35 a Rn. 21.

127

Stel­kens (Fn. 124), § 35 a Rn. 21; Ber­ger (Fn. 123), § 35a Rn. 37 f.

128

Braun Bin­der (Fn. 125), 893.

129

M.w.N. Guckel­ber­ger (Fn. 23), 321; vgl. dies., Automatisierte

Ver­wal­tungs­ent­schei­dun­gen: Stand und Per­spek­ti­ven, DÖV 2021,

566 (569).

130

Lent (Fn. 68), 343.

131

Bull (Fn. 77), 411.

132

VG Mün­chen, Beschl. v. 24.2.2022 – M 4 E 21.6611 –, juris.

133

VG Köln, Urt. v. 9.2.2021 – 6 K 444/20 –, juris.

134

Micha­el (Fn. 22), 190.

135

Bull (Fn. 77), 414, 417.

bei­tragStV für das Rund­funk­bei­trags­recht. Die­se „algo-

rith­men­de­ter­mi­nier­te Ent­schei­dung“ erfolgt sei­tens der

Behör­de ohne mensch­li­ches Tun; aus­ge­löst wird sie

durch die vom Ver­wal­tungs­han­deln betrof­fe­ne Person

selbst, etwa durch das Ein­rei­chen der elektronischen

Steuererklärung.121 Dem­ge­gen­über wer­den bei bloß

„algo­rith­men­ba­sier­ten Ent­schei­dun­gen“ – die den Regel-

fall dar­stel­len – Men­schen bei der Entscheidungsfindung

durch tech­ni­sche Hilfs­mit­tel, etwa Textverarbeitungs-

pro­gram­me, ledig­lich unterstützt.122 Sol­che „mit Hilfe

auto­ma­ti­scher Ein­rich­tun­gen erlassene[r]“ Verwaltungs-

akte ließ bereits § 35 VwVfG zu, wie die Gesamt­schau mit

§§ 28 Abs. 2 Nr. 4 und § 37 Abs. 5 bzw. § 39 Abs. 2 Nr. 3

VwVfG ergibt. Bei bei­den Arten von Verwaltungsakten

kann gem. § 28 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG auf die Anhörung

ver­zich­tet werden.123

Der Unter­schied zwi­schen teil- und vollautomatisier-

ten Ver­wal­tungs­ak­ten liegt zum einen in dem Maß der

Ent­schei­dungs­ho­heit, die dem Men­schen als Verant-

wort­li­chen für die zu tref­fen­de Ent­schei­dung zukommt;

über­prüft er etwa im Rah­men der (auto­ma­ti­sier­ten)

Sach­ver­halts­er­mitt­lung Tat­sa­chen auf ihre Glaubhaftig-

keit, so liegt ledig­lich eine Teil­au­to­ma­ti­sie­rung vor.124

Zum ande­ren ent­schei­det „der Sach­ver­halt und dessen

Sub­sum­ti­on unter das mate­ri­el­le Recht“; als vollautoma-

tisiert kann eine Ent­schei­dung gel­ten, bei der kei­ne „ech-

te“ Sach­ver­halts­er­mitt­lung statt­fin­det, etwa bei Ampeln

im Stra­ßen­ver­kehr oder Streckenbeeinflussungsanla-

gen.125 Dage­gen erfolgt beim voll­au­to­ma­ti­sier­ten Verwal-

tungs­akt die „Samm­lung, Aus­wer­tung und Verifizierung

der Sach­ver­halts­da­ten“ ohne oder nur unter nahe­zu irre-

levan­tem Dazwi­schen­tre­ten des Menschen.126 Der Voll-

auto­ma­ti­sie­rung steht jedoch nicht ent­ge­gen, dass aus-

nahms­wei­se das „Aus­steu­ern“ eines Fal­les zur menschli-

chen Ent­schei­dung vor­ge­se­hen wird.127

Das Fach­recht muss die auto­ma­ti­sier­te Entscheidung

nach § 35a VwVfG aus­drück­lich (min­des­tens per Rechts-

ver­ord­nung oder Satzung128) gestat­ten, was der Wertung

des Art. 22 Abs. 2 Buchst. b DSGVO ent­spricht. Sein Er-

lass soll über den ein­schrän­ken­den Wort­laut für Ermes-

sen und Beur­tei­lungs­spiel­raum auch dann ausgeschlos-

sen sein, „wenn sich unbe­stimm­te Rechts­be­grif­fe nicht

in die IT-Spra­che über­set­zen las­sen oder eine automati-

sier­te Sach­ver­halts­auf­klä­rung unzu­läng­lich wäre“.129 Aus

die­sem Grund wird etwa die Beschei­dung von Härtefall-

anträ­gen, bei­spiels­wei­se im Bereich des Rund­funks, in

auto­ma­ti­sier­ter Form für unzu­läs­sig gehalten.130 „Be-

fremd­lich“ unterschiedlich131 und ent­schei­dend behör-

den­freund­li­cher erlaubt das Steu­er­recht die Vollautoma-

tisie­rung gem. § 155 Abs. 4 AO, „soweit kein Anlass dazu

besteht, den Ein­zel­fall durch Amts­trä­ger zu bearbeiten“.

Im ZV bei der SfH erfolgt der­zeit eine antragsindivi-

duel­le Frei­ga­be der geprüf­ten Unter­la­gen durch Sachbe-

arbei­te­rin­nen und Sach­be­ar­bei­ter; bei sog. Wiederbe-

wer­be­rin­nen und ‑bewer­bern, die bereits einen Zulas-

sungs- oder Ableh­nungs­be­scheid erhal­ten haben, wer-

den die Daten auto­ma­tisch über­nom­men. Sog.

Son­der­an­trä­ge, etwa bei Bewer­bun­gen auf ein Zweitstu-

dium, auf einen Platz in der sog. Här­te­quo­te oder unter

Bei­fü­gung einer Hoch­schul­zu­gangs­be­rech­ti­gung aus

Dritt­staa­ten, wer­den eben­falls manu­ell geprüft. An vie-

len Hoch­schu­len wird es ähn­lich gehand­habt. Eine ge-

wis­se Aus­nah­me stel­len Zulas­sungs­ver­fah­ren, vor allem

an der TU Mün­chen dar, bei denen im Rah­men von Eig-

nungs­fest­stel­lungs­ver­fah­ren bestimm­te Seg­men­te an of-

fen­kun­dig beson­ders geeig­ne­ten bzw. unge­eig­ne­ten Be-

wer­bun­gen abhän­gig von einem erreich­ten Punktewert

auto­ma­tisch beschie­den werden.132 Ähn­li­ches ist bei der

auto­ma­ti­siert gesteu­er­ten Exma­tri­ku­la­ti­on bei unvoll-

stän­di­ger Über­wei­sung des Semes­ter­bei­trags an der Uni-

ver­si­tät zu Köln zu beobachten.133

Die rechts­po­li­ti­sche Sym­bol­wir­kung, die

§ 35a VwVfG zukommt,134 spricht dafür, auch in der Mas-

sen­ver­wal­tung voll­au­to­ma­ti­sier­te Verwaltungslösungen

zuzu­las­sen. Wie Hans Peter Bull betont, soll­ten bei der

Beur­tei­lung der Fra­ge, wel­che Beschei­de elek­tro­nisch er-

las­sen wer­den dür­fen, die „Beson­der­hei­ten der verschie-

denen Ver­wal­tungs­auf­ga­ben“ sowie die „Inter­es­sen [sic]

der ver­schie­de­nen Betei­lig­ten“ berück­sich­tigt werden.135

So obliegt es dem Fach­ge­setz­ge­ber zu ent­schei­den, wel-

che Arten von Ver­wal­tungs­ent­schei­dun­gen automati-

ons­ge­eig­net sind; je gerin­ger der „Real­an­teil“ einer Ent-Bode · Zwi­schen Digi­ta­li­sie­rung und Künst­li­cher Intel­li­genz 2 0 5

136

Ber­ger (Fn. 123), § 35a Rn. 59 ff.; vgl. T. Stuhl­fauth, in: M. Funke-

Kaiser/K. Ober­may­er, VwVfG, 6. Aufl. 2021, § 35a Rn. 8.

137

§ 21 Abs. 5 Ver­ga­be­VO NRW.

138

Stel­kens (Fn. 124), § 41 Rn. 134s.

139

H. Schmitz/L. Prell, Rechts­staat­li­che Stan­dards für E‑Ver­wal­tungs-

akt und E‑Bekanntgabe im VwVfG, NVwZ 2016, 1273 (1279).

140

Ein­fa­ches Bestrei­ten lässt das BVerwG im Bereich der postali-

schen Bekannt­ga­be nach § 41VwVfG grund­sätz­lich ausreichen.

BVerwG, Urt. v. 29.11.2023 – 6 C 3/22 –, juris, Rn. 19 ff.

141

C. Tege­thoff, Die Dog­ma­tik der Bekannt­ga­be­fik­ti­on von Verwal-

tungs­ak­ten auf dem Prüf­stand, in: C. Brüning/W. Ewer/S. Schla-

cke/ders., Fes‌ tschrift U. Ram­sau­er, 2023, S. 215 (229 f.); ders.,

in: U. Ram­sau­er, VwVfG, 24. Aufl. 2023, § 41 Rn. 88; vgl. auch

H. Schmitz/L. Prell, in: Stelkens/Bonk (Fn. 124), § 3a Rn. 5g.

142

Die Behör­de muss die Authen­ti­fi­zie­rung des Nut­zers und die

Spei­cher­bar­keit des Doku­ments gewähr­leis­ten, das dann am

Tag nach dem Abruf als bekannt­ge­ge­ben gilt. Vgl. auch zu den

Vor­aus­set­zun­gen der Öffent­lich­keit D. Couzinet/D. Fröh­lich, in:

T. Mann/C. Sennekamp/M. Uech­tritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 41

Rn. 101 f., 105 f.

143

Tege­thoff (Fn. 141), § 41 Rn. 43 f.

144

Stel­kens (Fn. 124), § 41 Rn. 134a.

145

Couzinet/Fröhlich (Fn. 142), § 41 Rn. 106.

146

Der Nut­zungs­zwang wird ergänzt um das Ange­bot der Assistenz

für „Bewer­be­rin­nen und Bewer­ber, die glaub­haft machen, dass

ihnen die Kom­mu­ni­ka­ti­on über die Web­por­ta­le der Hochschule

und der Stif­tung nicht mög­lich ist“. §§ 4 Abs. 1, 3 S. 3 VergabeVO

NRW. Vgl. Britz/Eifert (Fn. 7), Rn. 55.

schei­dung, also die Bewer­tung umwelt­be­zo­ge­ner Um-

stän­de, aus­fällt und je weni­ger Abwä­gung sie erfordert,

des­to höher ist ihr „Automationspotential“.136

Der Ver­tei­lungs­al­go­rith­mus des DoSV trifft klar nor-

mier­te Ver­tei­lungs­ent­schei­dun­gen; kei­nem Menschen

wäre es mög­lich, die Viel­zahl der Verteilungsentschei-

dun­gen, die sich ins­be­son­de­re aus dem Nachrücken

oder Umbu­chen zwi­schen Quo­ten erge­ben, gleichzeitig

zu über­se­hen oder gar selbst zu beschei­den. Auch be-

steht hin­sicht­lich der aller­meis­ten zu prü­fen­den Doku-

men­te (von den Son­der­an­trä­gen abge­se­hen) im Rahmen

der Antrags­prü­fung kei­ner­lei über die Veri­fi­zie­rung hin-

aus­ge­hen­de Bewer­tungs­ent­schei­dung. Mag man auch

die Beschei­de in der der­zei­ti­gen Aus­ge­stal­tung des ZV

auf­grund die­ser Veri­fi­zie­rungs­diens­te nur als teilauto-

mati­siert anse­hen, so spricht vie­les dafür, dass diejenigen

Zulas­sungs­pro­zes­se, die zumin­dest in den sog. Haupt-

quo­ten kei­ne Antrags­prü­fung mehr vor­se­hen, vollauto-

mati­sier­te Beschei­de her­vor­brin­gen. Spä­tes­tens mit Ein-

bin­dung digi­ta­ler Bil­dungs­nach­wei­se dürf­te dies der Re-

gel­fall wer­den. Dies ist auch inter­es­sen­ge­recht, da eine

gleich­för­mi­ge, IT-gesteu­er­te Ent­schei­dungs­pra­xis im

Mas­sen­ver­fah­ren dem Gleichbehandlungsgrundsatz

ent­spricht. Dem steht nicht ent­ge­gen, dass Sonderanträ-

ge bis auf Wei­te­res manu­ell zu beschei­den wären. Die er-

for­der­li­che fach­recht­li­che Berech­ti­gungs­norm liegt je-

den­falls bereits vor.137

e. Auto­ma­ti­sier­te Bekannt­ga­be von Bescheiden

Das Ver­wal­tungs­recht stellt ver­schie­de Metho­den bereit,

anhand derer in Ver­fah­ren mit mas­sen­haf­tem Bescheid-

auf­kom­men eine rechts­si­che­re Bekannt­ga­be erfolgen

kann. Die sichers­te Vari­an­te, näm­lich die Zustel­lung mit

Zustel­l­ur­kun­de, ist zugleich die auf­wän­digs­te bzw. teu-

ers­te und kommt daher fak­tisch nur im Ausnahmefall

zum Ein­satz. Auf dem Gebiet der elek­tro­ni­schen Verwal-

tungs­ak­te hat der Norm­ge­ber zwei unterschiedliche

Model­le vor­ge­se­hen: Zum einen Rege­lun­gen, die auf den

tat­säch­li­chen – und nachweisbaren138 – Abruf des Betrof-

fenen abstel­len, etwa § 41 Abs. 2a VwVfG,

§ 37 Abs. 2a SGB X (sog. Abruf­va­ri­an­te); zum anderen

kann auch die Bereit­stel­lung des Beschei­des sei­tens der

Behör­de genü­gen, wobei die fik­ti­ve Mög­lich­keit der

Kennt­nis­nah­me aus­reicht, vgl. etwa § 122a AO, § 9 OZG

(sog. Fiktionsvariante).139 § 9 OZG ist als am „behör­den-

freund­lichs­ten“ ange­se­hen, da er anders als § 122a AO für

den Ein­tritt der Fik­ti­ons­wir­kung nicht auf den schwierig

zu erbrin­gen­den Nach­weis des „Zugang[s] der Benach-

rich­ti­gung“ über die Bereit­stel­lung, son­dern auf den

Nach­weis der „Bereit­stel­lung und den Zeit­punkt der

Bereit­stel­lung“ abstellt. Hier dürf­te ein ein­fa­ches Bestrei-

ten der bzw. des Betrof­fe­nen unter Beru­fung dar­auf, der

Bescheid sei nicht bereit­ge­stellt worden,140 zwar möglich

sein; es kann aber sei­tens der Behör­de schnell widerlegt

werden.141

Bei­de Vari­an­ten sind tech­ni­kof­fen gefasst und kön-

nen durch Abruf „über öffent­lich zugäng­li­che Net­ze“, in

der Pra­xis also das Inter­net oder Hochschulportale,142 er-

fol­gen, wobei die Fik­ti­ons­va­ri­an­te aber zumin­dest ein

Nut­zer­kon­to voraussetzt.143 Die Kom­mu­ni­ka­ti­on über

Por­ta­le ist inzwi­schen „üblich geworden“.144 Die­se Vari-

anten sind nicht abschlie­ßend, wie der Wort­laut des § 37

Abs. 2 S. 1 VwVfG zeigt („[…] oder in ande­rer Weise

[…]“) zeigt. Alle denk­ba­ren Model­le müs­sen in ihrer

Aus­ge­stal­tung jeden­falls dem Rechts­staats­ge­bot entspre-

chen, unter ande­rem also recht­li­ches Gehör bie­ten und

trans­pa­rent bzw. ver­ständ­lich aus­ge­stal­tet sein.145 Ent-

spre­chend haben die Lan­des­ge­setz­ge­ber bereits 2012 ein

an der Fik­ti­ons­va­ri­an­te ori­en­tier­tes Modell eingeführt,

bei dem zulas­sungs­recht­li­che Beschei­de im DoSV-Be-

nut­zer­kon­to, des­sen Nut­zung ver­pflich­tend ist,146 zum

Abruf bereit­ge­stellt wer­den. Sie gel­ten „am drit­ten Tag

nach Absen­dung der E‑Mail über die Bereit­stel­lung“ als

bekannt gege­ben. Den Zugang der Benachrichtigungs-

mail müs­sen im Zwei­fel SfH bzw. Hoch­schu­len nachwei-

sen, § 21 Abs. 6 Ver­ga­be­VO NRW. Da der Zugang vonO R D N U N G D E R W I S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 4 ) , 1 9 3 — 2 0 6

2 0 6

147

Vgl. aber OVG Bre­men, Beschl. v. 19.4.2023 – 8 B 321/22 –, juris.

148

De Gre­go­rio (Fn. 95), 56 ff.; vgl. Vasel (Fn. 3), 1303.

149

Vgl. S. Braun/N. Dwenger/D. Kübler/A. West­kamp, Implement-

ing quo­tas in uni­ver­si­ty admis­si­ons, An expe­ri­men­tal analysis,

Games and Eco­no­mic Beha­vi­or, Vol. 85, 2014, 232 (232 ff.).

150

Zu die­sem „com­pu­ta­ti­on-enhan­ced legal empi­ri­cism“ vgl. Lettieri

(Fn. 7), 719.

Beschei­den aller­dings in der Pra­xis des Zulassungsrechts

eher sel­ten bestrit­ten wird,147 erscheint es mög­lich, aber

nicht unbe­dingt gebo­ten, auf das OZG-Modell

umzu­stel­len.

VI. Fazit

Die Vor­stel­lung, dass KI – ganz ent­spre­chend den gro-

ßen an sie gestell­ten Erwar­tun­gen – die Verteilungsver-

fah­ren für Stu­di­en­plät­ze ersetzt, dürf­te bis auf Weiteres

eine Illu­si­on blei­ben. Die Anwen­dung von KI scheidet

für Ver­wal­tungs­ver­fah­ren mit Grund­rechts­be­zug derzeit

weni­ger des­we­gen aus, weil die Aus­wer­tung der erfor-

der­li­chen Daten oder die Berech­nun­gen zu kompliziert

wären, son­dern weil ihr der Grund­satz der Verfahrens-

trans­pa­renz ent­ge­gen­steht. Erst wenn KI – eben­so wie

digi­ta­le Ser­vices – ihre Ent­schei­dun­gen erklä­ren kön-

nen, nicht nur tech­nisch rekon­stru­ier­bar, son­dern auch

recht­lich plau­si­bi­li­sier­bar wer­den, schei­nen hier Fort-

schrit­te mög­lich. Der sich all­mäh­lich herausbildende

„Digi­ta­le Kon­sti­tu­tio­na­lis­mus“, wie er etwa in der KI-

Ver­ord­nung der EU zum Aus­druck kommt,148 ebenso

wie die staats­recht­li­chen Grund­sät­ze hal­ten an diesen

Prin­zi­pi­en fest.

Dass aber bestimm­te Teil­aspek­te des Verfahrens

durch KI, vor allem aber auch Digi­ta­li­sie­rung im enge-

ren Sin­ne, evi­dent ver­bes­sert wer­den könn­ten, ist unbe-

strit­ten. Dies beginnt bei elek­tro­ni­schen Bildungsnach-

wei­sen, geht über kom­mu­ni­ka­ti­ve Erleich­te­run­gen und

endet beim Erlass auto­ma­ti­sier­ter Bescheide.

Lang­fris­tig könn­te KI aller­dings zu einer Optimie-

rung der Ver­tei­lungs­ge­rech­tig­keit in Bezug auf Studien-

plät­ze bei­tra­gen. Denn sie ermög­licht der For­schung, das

tat­säch­li­che Ver­hal­ten auf die­sen non-profit-Märkten

bes­ser zu ver­ste­hen und auch auszuwerten.149 Dies hat

Rück­wir­kung auf die recht­li­che Theo­rie­bil­dung. Hier ist

mit Nico­la Let­tie­ri ein neu­er, IT-gestütz­ter Empirismus

zu beob­ach­ten, der sich für die kogni­ti­ven und sozialen

Mecha­nis­men inter­es­siert, durch die das Recht seine

Wir­kung entfaltet.150 Auf die­se Wei­se kann KI zur theo-

reti­schen Reflek­ti­on und inter­es­sen­ge­rech­ten Gestaltung

von Ver­wal­tungs­ver­fah­ren beitragen.

Dr. iur., M.A. Mat­thi­as Bode ist Pro­fes­sor für Staats- und

Euro­pa­recht an der Hoch­schu­le für Poli­zei und öffent-

liche Ver­wal­tung (HSPV) NRW.