Der Beitrag erörtert, inwiefern Studierende, die neben ihrem Studium an einem Institut der Hochschule arbei- ten, Datenschutzpflichten treffen (I.) und welche Folgen Verstöße gegen diese Pflichten für sie haben können (II.).
I. Datenschutzpflichten als studentische Hilfskraft
1. Allgemeine Pflichten als Studierender einer Hoch- schule
Neben zahlreichen Rechten haben Studierende1 an einer Hochschule auch Pflichten.2 Diese ergeben sich aus dem Hochschulgesetz des jeweiligen Bundeslandes und den Studien- und Prüfungsordnungen der einzelnen Hoch- schulen.3 Sie können eingeteilt werden in mitgliedschaft- liche und in studien- und statusbezogene Pflichten (wie z.B. der Besuch von Veranstaltungen oder die Pflicht zur Rückmeldung).4 Eine darüber hinaus gehende Pflichten- ordnung für Studierende existiert heute nicht mehr.5 Das sog. Disziplinarrecht, welches das Ansehen der Hoch- schule und das ihrer Mitglieder wahren und gleichzeitig die Aufgabe erfüllen sollte, die Leistungsfähigkeit zu erhalten, galt nur bis 1969.6 Damals wurden solche Handlungen sanktioniert, welche die Ordnung, Würde, Sitte und das Ansehen des akademischen Lebens bzw. der Hochschule verletzten.7 Ein verurteilter Straftäter galt als nicht würdig ein „akademischer Bürger“ zu sein.8 Das Disziplinarrecht wurde abgelöst vom sog. Ord- nungsrecht, welches lediglich noch diejenigen Störun- gen ahndete, die bei der Aufgabenerfüllung der Hoch- schule entstanden und das den Hochschulbetrieb sowie die Rechtsausübung ihrer Mitglieder sichern sollten.9 Auch dieses Ordnungsrecht, welches beispielsweise in Baden-Württemberg bis 2004 im Landeshochschulge-
1 Sofern im Aufsatz eine männliche Form verwendet wird, ist stets jedes Geschlecht mit einbezogen.
2 Fries, Die Rechtsstellung des Studenten innerhalb der wissen- schaftlichen Hochschule, Hamburg 1974, S. 125.
3 Josef Franz Lindner, in: HSchR-Praxishandbuch, 3. Aufl., Heidel- berg 2017, S. 706.
4 Ebd. S. 707 f..
5 Thieme, Hochschulrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 911.
6 Krause, Das studentische Rechtsverhältnis, in: HdbWissR, Berlin,
Heidelberg, New York 1996, S. 566.
7 Ebd. S. 565; Fries, Die Rechtsstellung des Studenten innerhalb der
wissenschaftlichen Hochschule, Hamburg 1974, S. 135.
8 Ludwig Gehrke, Die Exmatrikulation – Rechtsgrundlagen, Voraus-
setz enthalten war, ist inzwischen ersatzlos weggefal- len.10 Die Pflichten, welche die Studierenden in ihrer Eigenschaft als Studierende einzuhalten haben, sind mit- hin „nur noch“ diejenigen, die für sie auch sonst im bür- gerlichen Leben gelten.11 Aus ihrem Status als Studieren- de ergeben sich somit für studentische Hilfskräfte auch in Bezug auf das Datenschutzrecht keine weitergehen- den Pflichten. Sofern das Datenschutzrecht einschlägig ist, ist es von Studierenden und damit auch von studen- tischen Hilfskräften aber gleichermaßen einzuhalten wie von jeder Privatperson. Auch die Sanktionen sind diesel- ben. Insbesondere gelten die einschlägigen Strafvor- schriften, nämlich § 42 BDSG n.F.,12 § 201 StGB (heimli- che Tonaufnahme und deren Gebrauch), § 201a StGB (unbefugte Bildaufnahme und unbefugte Übertragung einer Bildaufnahme) und § 202b StGB (unbefugtes Abfangen von Daten). Auch Unterlassungs- und Scha- densersatzansprüche wegen Verletzung des Persönlich- keitsrechts kommen in Betracht.
2. Pflichten aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses
Weiterreichende Pflichten können sich für Studierende aus ihrem Beschäftigungsverhältnis ergeben. Für eine Tätigkeit als studentische Hilfskraft wird regelmäßig ein Arbeitsvertrag mit dem jeweiligen Bundesland, vertre- ten durch die Hochschule, geschlossen, sodass die Stu- dierenden Arbeitnehmer sind, die in einem Beschäfti- gungsverhältnis mit der Hochschule stehen.13 Im Rah- men dieser Tätigkeit an einem Institut können Studierende auch in Kontakt mit personenbezogenen Daten nach Art. 4 Nr. 1 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) von anderen Mitstudierenden, Arbeitskolle- gen am eigenen Institut oder anderen Instituten der Hochschule kommen. Als Beschäftigte der Hochschule
setzungen, Verfahren und Rechtsschutz im Bereich des Erlöschens der studentischen Rechtsstellung, in: Europäische Hochschul- schriften, Reihe II, Rechtswissenschaft, Bd. 1837, Frankfurt a.M. 1996, S. 203.
9 Krause, Das studentische Rechtsverhältnis, in: HdbWissR, Berlin, Heidelberg, New York 1996, S. 566.
10 Haug, in: Haug (Hg.), HochschulR BW, 2. Aufl. 2009, Rn. 1186. 11 Thieme, Hochschulrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 911.
12 Hierzu noch unten unter II.
13 Löwisch/Wertheimer, in HSchR-Praxishandbuch, 3. Aufl., Heidel-
berg 2017, S. 563.
Susanne Lutz
Datenschutzpflichten studentischer Hilfskräfte
Ordnung der Wissenschaft 2019, ISSN 2197–9197
244 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 4 (2019), 243–249
haben die Studierenden, wenn der Anwendungsbereich der Datenschutzgrundverordnung nach Art. 2 DSGVO eröffnet ist, die datenschutzrechtliche Pflicht aus Art. 29 DSGVO einzuhalten. Nach Art. 29 DSGVO darf jede einem Verantwortlichen unterstellte Person, die Zugang zu personenbezogenen Daten hat, diese Daten aus- schließlich auf Weisung des Verantwortlichen verarbei- ten, es sei denn, dass sie nach dem Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedstaaten zur Verarbeitung ver- pflichtet ist. Als Verantwortlicher im Sinne dieser Vor- schrift ist nach Art. 4 Nr. 7 DSGVO diejenige Stelle anzu- sehen, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezo- genen Daten entscheidet. Bei einem Arbeitsverhältnis ist dies grundsätzlich der Arbeitgeber14, mithin die Hoch- schule bzw. das Institut, in dem die Studierenden tätig sind. Der Arbeitgeber ist primär für die Einhaltung der Vorschriften der DSGVO verantwortlich.15 Unter den Begriff der „unterstellten Person“ sind sowohl die Mitar- beiter des Arbeitgebers zu fassen, als auch diejenigen, die ihm bei der Erfüllung seiner Aufgaben unterstützen, wie z.B. freie Mitarbeiter, Praktikanten, Dienstleister und Werkunternehmer.16 Die studentische Hilfskraft fällt als Mitarbeitende an der Hochschule unter den Begriff der „unterstellten Person“. Die Weisungen zur Verarbeitung personenbezogener Daten erteilt der Arbeitgeber im Zuge seines Direktionsrechts als Verantwortlicher gegen- über der unterstellten Person.17 Als primär Verantwort- licher darf er jedoch die datenschutzrechtlichen Vor- schriften nicht vollständig auf den Arbeitnehmer verla- gern.18 Es ist nicht möglich, durch eine Weisung den Arbeitnehmer zu verpflichten, dass er selbstständig die datenschutzrechtlichen Vorschriften einhält.19 Vielmehr legt Art. 32 IV DSGVO dem Verantwortlichen noch die Pflicht auf, die erforderlichen Schritte zu unternehmen, um sicherzustellen, dass die ihm unterstellten natürli- chen Personen, die Zugang zu personenbezogenen Daten haben, diese nur auf seine Anweisung verarbeiten,
14 Branz, DS-GVO – Wann haftet der Arbeitnehmer bei datenschutz- widrigem Verhalten?, Schnellinformation für Personalmanage- ment und Arbeitsrecht (im Folgenden: SPA) 2018, 145, 146.
15 Däubler/Wedde/Weichert/Sommer/Wedde, EU-Datenschutz- grundverordnung und BDSG-neu, Kompaktkommentar, 2018, Art. 32 DSGVO Rn. 59.
16 Plath, in Plath, DSGVO/BDSG, 3. Aufl. 2018, Art. 29 DSGVO Rn. 3.
17 Däubler/Wedde/Weichert/Sommer/Wedde, EU-Datenschutz- grundverordnung und BDSG-neu, Kompaktkommentar, 2018, Art. 32 DSGVO Rn. 59.
18 Ebd.
19 Ebd.
20 Konferenz der unabhängigen Datenschutzbehörde des Bundes
und der Länder (Datenschutzkonferenz). Datenlizenz Deutsch-
es sei denn, sie sind nach dem Recht der Union oder der Mitgliedstaaten zur Verarbeitung verpflichtet. Zu ver- pflichten hat er dabei neben dem Stamm seiner Mitar- beitenden ebenso Auszubildende, Praktikanten, Refe- rendare, Leiharbeiter und ehrenamtlich Tätige.20 Als Mitarbeitende eines Instituts bzw. einer Hochschule sind die studentischen Hilfskräfte auch nach Art. 32 IV DSGVO zu verpflichten.
Im Unterschied zu § 5 BDSG a.F. sieht Art. 29 DS- GVO keine ausdrückliche Pflicht zur Wahrung des Da- tengeheimnisses mehr vor.21 Jedoch kann diese Pflicht aus der Vorgabe der weisungsgebundenen Verarbeitung abgeleitet werden.22 Die Mitarbeiter des Verantwortli- chen werden durch Art. 29 DSGVO ausdrücklich an die Weisungen des Verantwortlichen gebunden, wodurch das frühere „Datengeheimnis“ noch ausgebaut wird.23 Auch die Verpflichtung für den Verantwortlichen aus Art. 32 IV DSGVO reicht nun weiter als die bisherige Verpflichtung auf das Datengeheimnis aus § 5 BDSG a.F..24 Es genügt nun nicht mehr, sich von den Beschäf- tigten eine schriftliche Versicherung geben zu lassen, dass sie die einschlägigen datenschutzrechtlichen Nor- men einhalten, sondern der Arbeitgeber hat für die Ein- haltung aktiv zu werden, wie beispielsweise durch klare, eindeutige Weisungen an die unterstellten Beschäftigten.25
Damit ist festzuhalten, dass grundsätzlich das Institut bzw. die Hochschule als Arbeitgeberin für den Umgang mit den personenbezogenen Daten verantwortlich ist und sich die studentische Hilfskraft an die Weisungen zu halten hat und personenbezogene Daten nur auf und entsprechend der Weisungen verarbeiten darf.
II. Folgen bei Verstößen
1. Ausnahmsweise Haftung als Verantwortlicher?
Nach der DSGVO haftet für einen Verstoß gegen daten- schutzrechtliche Vorgaben grundsätzlich der Verant-
land – Kurzpapier Nr. 19: Unterrichtung und Verpflichtung von Beschäftigten auf Beachtung der datenschutzrechtlichen Anforde- rungen nach der DSGVO – Version 2.0 (www.govdata. de/dl-de/ by‑2–0), S. 2, https://www.datenschutzkonferenz-online. de/media/ kp/dsk_kpnr_19.pdf (abgerufen am 30.07.19).
21 Simitis/Hornung/Spiecker/Petri, Datenschutzrecht, DSGVO mit BDSG, 1. Aufl. 2019, Art. 29 DSGVO Rn. 5 f..
22 Simitis/Hornung/Spiecker/Petri, Datenschutzrecht, DSGVO mit BDSG, 1. Aufl. 2019, Art. 29 DSGVO Rn. 5 f..
23 Auernhammer/Thomale, DSGVO und BDSG, 6. Aufl. 2018, Art. 29 DSGVO Rn. 9.
24 Däubler/Wedde/Weichert/Sommer/Wedde, EU-Datenschutz- grundverordnung und BDSG-neu, Kompaktkommentar, 2018, Art. 32 DSGVO Rn. 53.
25 Ebd.
Lutz · Datenschutzpflichten studentischer Hilfskräfte 2 4 5
wortliche bzw. der Auftragsverarbeiter (Art. 82 DSGVO).26 Grundsätzlich sind Verstöße von Mitarbei- tenden derjenigen Organisation zuzurechnen, für die sie arbeiten.27 Im Außenverhältnis haftet ein Arbeitnehmer nicht, wenn er sich im Rahmen der ihm erteilten Wei- sungen verhält.28 Wie bereits erläutert, ist bei einem Beschäftigungsverhältnis zwischen einem Studierenden und einer Hochschule letztere die verantwortliche Ins- tanz, sodass die studentische Hilfskraft, die bei der Ver- arbeitung personenbezogener Daten datenschutzrechtli- che Vorschriften verletzt, im Außenverhältnis nicht nach der DSGVO haftet. Für den Fall, dass der Arbeitgeber von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird, kommt im Innenverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer ein Regress in Betracht.29 In dieser Konstellation sind dann auch die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs anzuwenden.30
Die Zurechnung der Verarbeitung personenbezoge- ner Daten allein an den Arbeitgeber könnte möglicher- weise ihre Grenze finden, wenn ein Mitarbeitender ei- genverantwortlich, im eigenen Interesse und verdeckt handelt.31
Ob eine unterstellte Person, die eigenmächtig perso- nenbezogene Daten verarbeitet, selbst als Verantwortli- cher behandelt werden kann, ist noch weithin unge- klärt.32 Entscheidend dürfte sein, inwiefern sich die un- terstellte Person anmaßt, über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung der personenbezogenen Daten selbst zu entscheiden.33
Nimmt man an, dass eine eigene Haftung der studen- tischen Hilfskraft möglich ist, wenn sie personenbezoge- ne Daten ohne Weisung eigenmächtig verarbeitet und somit gegen Art. 29 DSGVO verstoßen hat, kommt als Sanktion unter anderem die Zahlung von Bußgeldern (Art. 83 IV a) DSGVO) in Betracht.34
26 Branz, DS-GVO – Wann haftet der Arbeitnehmer bei datenschutz- widrigem Verhalten?, SPA 2018, 145, 145.
27 Kühling/Klar/Sackmann, Datenschutzrecht, 4. Aufl. 2018, Rn. 763.
28 Branz, DS-GVO – Wann haftet der Arbeitnehmer bei datenschutz-
widrigem Verhalten?, SPA 2018, 145, 146.
29 Ebd.
30 Branz, DS-GVO – Wann haftet der Arbeitnehmer bei datenschutz- widrigem Verhalten?, SPA 2018, 145, 146 f..
31 Kühling/Klar/Sackmann, Datenschutzrecht, 4. Aufl. 2018, Rn. 763.
32 Simitis/Hornung/Spiecker/Petri, Datenschutzrecht, DSGVO mit
BDSG, 1. Aufl. 2019, Art. 29 Rn. 21; Branz, DS-GVO – Wann haftet der Arbeitnehmer bei datenschutzwidrigem Verhalten?, SPA 2018, 145, 146.
2. Haftung aus dem Arbeitsvertrag
Der Arbeitsvertrag beinhaltet als Nebenpflicht auch die Einhaltung von datenschutzrechtlichen Vorschriften.35 Die Verletzung dieser Nebenpflicht kann eine verhal- tensbedingte Kündigung rechtfertigen, wenn deren wei- tere Voraussetzungen für eine Arbeitgeberkündigung, zu denen regelmäßig eine Abmahnung gehört, vorliegen.36 Der studentischen Hilfskraft als Beschäftigte kann somit bei einem solchen Verstoß gekündigt werden, wenn auch die übrigen Voraussetzungen dafür gegeben sind.
3. Strafrechtliche Sanktionen
Der nationale Gesetzgeber hat aufgrund von Art. 84 DSGVO zusätzlich Strafvorschriften für den Fall der Missachtung der DSGVO-Vorschriften geschaffen.37 Relevant ist hier insbesondere § 42 BDSG. Diese Vor- schrift ist nicht begrenzt auf die Adressaten der DSGVO und des BDSG n.F., sondern erfasst jeden, der einen der dort genannten Tatbestände erfüllt.38
§ 42 I BDSG bezieht sich auf eine rechtswidrige und gewerbsmäßige Übermittlung oder Überlassung von Daten von einer Großzahl an Personen an Dritte.39 § 42 II BDSG betrifft den Fall der unberechtigten Datenverar- beitung oder das Erschleichen von Daten durch unrich- tige Angaben, wobei jeweils gegen Entgelt oder mit Be- reicherungs- oder Schädigungsabsicht gehandelt wur- de.40 Sanktioniert werden somit besonders grobe Ver- stöße, die mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren (bei § 42 II BDSG) oder bis zu drei Jahren (bei § 42 I BDSG) bestraft werden.41
Eine studentische Hilfskraft kann sich somit nach § 42 BDSG n.F. strafbar machen, wenn sie dessen Voraus- setzungen erfüllt, unabhängig von der Frage, ob sie als Verantwortliche im Sinne der DSGVO anzusehen ist.
33 Simitis/Hornung/Spiecker/Petri, Datenschutzrecht, DSGVO mit BDSG, 1. Aufl. 2019, Art. 29 Rn. 21.
34 Branz, DS-GVO – Wann haftet der Arbeitnehmer bei datenschutz- widrigem Verhalten?, SPA 2018, 145, 146.
35 Ebd.
36 Löwisch/Wertheimer, in: HSchR-Praxishandbuch, 3. Aufl., Heidel-
berg 2017, S. 623.
37 Kühling/Klar/Sackmann, Datenschutzrecht, 4. Aufl. 2018, Rn. 767. 38 Gola/Gola, Datenschutzgrundvorordnung, Kommentar, 2. Aufl.
2018, Art. 84 Rn. 10.
39 Becker, in Plath, DSGVO/BDSG, 3. Aufl. 2018, § 42 BDSG Rn. 2. 40 Ebd.
41 Ebd.
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4. Mögliche Folgen für die Stellung als Studierende
a) Studierende an einer Hochschule
Weiter stellt sich die Frage, welche Auswirkungen ein Datenschutzverstoß bei der Tätigkeit als studentische Hilfskraft auf ihre Stellung als Studierende haben und ob der Verstoß auch eine Exmatrikulation von der Hoch- schule rechtfertigen kann. Relevant ist deshalb die Über- legung, ob ein Datenschutzverstoß, der eventuell sogar eine Straftat nach § 42 BDSG darstellt, Folgen für die Stellung als Studierende haben kann. Richtschnur muss dabei sein, dass eine studentische Hilfskraft innerhalb einer Hochschule in gleicher Weise behandelt wird wie ein Studierender, der neben seinem Studium eine Hilfs- tätigkeit außerhalb einer Hochschule ausübt.
Zur Zeit des Disziplinarrechts galt ein verurteilter Straftäter als nicht würdig ein „akademischer Bürger“ zu sein und es bestand deshalb auch die Möglichkeit, ihn zu exmatrikulieren.42 Für das spätere Ordnungsrecht war die Aufrechterhaltung der inneren Ordnung der Hoch- schule für einen geregelten Wissenschaftsbetrieb ent- scheidend, sodass Straftaten, die außerhalb der Universi- tät begangen wurden, in der Regel keine Exmatrikulati- on mehr rechtfertigen konnten.43 Auch eine strafbare Handlung, die keinen spezifischen Bezug zur Hochschu- le hat, kann für sich allein noch keine Exmatrikulation rechtfertigen.44 Von diesem Grundsatz gehen auch die meisten Hochschulgesetze der Bundesländer aus, die die Voraussetzungen für eine zwangsweise Exmatrikulation selbst festlegen. Mit dieser Maßgabe können folgende Regelungen zur Exmatrikulation in Landeshochschulge- setzen von Bundesländern bei einem Datenschutzver- stoß einschlägig sein:
– In Brandenburg ist eine Exmatrikulation u.a. mög- lich, wenn der Studierende einen Ordnungsverstoß be- gangen hat (§ 14 BbgHG). Ein Ordnungsverstoß ist dabei nicht jedes Fehlverhalten, sondern nur dasjenige, das den originären Universitätsbetrieb, die akademische Selbstverwaltung oder die Freiheit von Lehre und For- schung betrifft.45 Verstöße gegen datenschutzrechtliche Vorgaben müssen dagegen nach den Vorschriften außer- halb des Hochschulrechts, nach den Bestimmungen des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts sanktioniert werden.46
42 Ludwig Gehrke, Die Exmatrikulation – Rechtsgrundlagen, Voraus- setzungen, Verfahren und Rechtsschutz im Bereich des Erlöschens der studentischen Rechtsstellung, in: Europäische Hochschul- schriften, Reihe II, Rechtswissenschaft, Bd. 1837, Frankfurt a.M. 1996, S. 203.
43 Ludwig Gehrke, Die Exmatrikulation – Rechtsgrundlagen, Voraus- setzungen, Verfahren und Rechtsschutz im Bereich des Erlöschens
– In Rheinland-Pfalz kann die Einschreibung von Studierenden widerrufen und in Thüringen kann die Ordnungsmaßnahme der Exmatrikulation verhängt werden, wenn ein Studierender der Hochschule oder dem Land durch schweres schuldhaftes Fehlverhalten oder die Begehung von Straftaten erheblichen Schaden zugefügt hat (§ 69 III Nr. 4 HochSchG Rheinland Pfalz; § 76 I 2 Nr. 3, II Nr. 4 ThürHG). In Hamburg kann ein Stu- dierender exmatrikuliert werden, wenn er der Hoch- schule durch schweres schuldhaftes Fehlverhalten einen erheblichen Schaden zugefügt hat (§ 42 III Nr. 3 HmbHG). Erforderlich wäre somit hier, dass ein Verstoß der studentischen Hilfskraft gegen § 42 BDSG zur Folge hat, dass nicht nur das einzelne Institut, sondern die ge- samte Hochschule betroffen ist und einen großen Scha- den erleidet. Dies ist in Ausnahmefällen vorstellbar.
– Im Saarland kann die Einschreibung eines Studie- renden dann widerrufen werden, wenn der Studierende die Einrichtungen der Hochschule zu strafbaren Hand- lungen nutzt oder zu nutzen versucht (§ 82 IV Nr. 4 SHSG). In Mecklenburg-Vorpommern können Studie- rende exmatrikuliert werden, die Einrichtungen der Hochschule zu strafbaren Handlungen nutzen oder ge- genüber Mitgliedern und Angehörigen der Hochschule strafbare Handlungen begehen (§ 17 X LHG M‑V).
– In Niedersachsen und in Sachsen-Anhalt hingegen kann eine Straftat nach § 42 BDSG nicht zu einer Exma- trikulation führen, da Niedersachsen für eine Exmatri- kulation eine Straftat gegen das Leben, die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit oder die persönliche Freiheit voraussetzt (§ 19 V 1 Nr. 3, VI 1 NHG) und in Sachsen-Anhalt eine Exmatrikulation dann erfolgen kann, wenn der Studierende gegenüber Mitgliedern, Angehörigen, Gästen oder Frühstudieren- den einer Hochschule Gewalt anwendet, eine Bedro- hung vornimmt oder eine sexuelle Belästigung iSd § 3 IV AGG ausübt (§ 30 III 1 HSG-LSA).
– Ebenso kann in Hessen ein Studierender u.a. nur exmatrikuliert und im Saarland die Einschreibung wi- derrufen werden, wenn der Studierende durch Anwen- dung von Gewalt, durch Aufforderung zur Gewalt oder Bedrohung mit Gewalt den bestimmungsgemäßen Be- trieb einer Hochschuleinrichtung, die Tätigkeit eines Hochschulorgans oder die Durchführung einer Hoch- schulveranstaltung behindert oder dadurch ein Mitglied
der studentischen Rechtsstellung, in: Europäische Hochschul- schriften, Reihe II, Rechtswissenschaft, Bd. 1837, Frankfurt a.M. 1996, S. 203.
44 Thieme, Hochschulrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 915.
45 Knopp/Peine/Albrecht, Kommentar zum Brandenburgischen
Hochschulgesetz, 1. Aufl. 2010, § 14 Rn. 6. 46 Ebd.
Lutz · Datenschutzpflichten studentischer Hilfskräfte 2 4 7
einer Hochschule von der Ausübung seiner Rechte und Pflichten abhält oder abzuhalten versucht (§ 59 III Nr, 1, Nr. 2 HHG und § 82 IV Nr. 3 SHSG). Der Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorschriften würde diese Voraus- setzungen nicht erfüllen.
Ob die Begehung einer Straftat nach § 42 BDSG auch zu einer Exmatrikulation führen kann, hängt, wie man aus den genannten Vorschriften erkennen kann, davon ab, ob ein direkter Zusammenhang zur Hochschule, ih- ren Veranstaltungen und Einrichtungen besteht. Dies wird in der Regel abzulehnen sein, da der Studierende zwar Mitarbeitender eines hochschulangehörigen Insti- tuts ist, jedoch der reguläre Hochschulbetrieb mit seinen Veranstaltungen und Einrichtungen weder unmittelbar gestört noch gefährdet wird.
Die Frage, ob die Begehung einer Straftat eine Exma- trikulation rechtfertigen kann, ist strikt zu trennen von der Frage, ob die Möglichkeit besteht, dass ein Studie- render deshalb exmatrikuliert werden kann, weil er eine Freiheitsstrafe verbüßt.47 In letzterem Fall kann der Stu- dierende sein Studium bei einer Präsenzhochschule in der Regel nicht weiter verfolgen und muss das Studium unterbrechen.48 Dies haben einige Bundesländer aufge- griffen und in ihren Hochschulgesetzen geregelt.
– So kann in Baden-Württemberg und Mecklenburg- Vorpommern ein Studierender exmatrikuliert werden, wenn er eine Freiheitsstrafe verbüßt (§§ 60 III Nr. 5, 62 III Nr. 1 LHG; § 17 IX, VI Nr. 2 LHG M‑V).
– Auch in Bayern ist eine Exmatrikulation möglich, wenn der Studierende infolge Richterspruchs die Fähig- keit zur Bekleidung öffentlicher Ämter verliert (Art. 49 II Nr. 2, Art. 46 Nr. 2 BayHSchG). Gem. § 45 StGB ist dies bei einem Verbrechen der Fall, aufgrund dessen man zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verur- teilt wurde.
– Ebenso ist in Schleswig-Holstein eine Exmatrikula- tion möglich, wenn der Studierende die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzt (§ 40 II Nr. 4 HSG Schleswig-Holstein).
–In Sachsen kann ein Studierender exmatrikuliert werden, wenn er wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem
47 Ludwig Gehrke, Die Exmatrikulation – Rechtsgrundlagen, Voraus- setzungen, Verfahren und Rechtsschutz im Bereich des Erlöschens der studentischen Rechtsstellung, in: Europäische Hochschul- schriften, Reihe II, Rechtswissenschaft, Bd. 1837, Frankfurt a.M. 1996, S. 149.
48 Ludwig Gehrke, Die Exmatrikulation – Rechtsgrundlagen, Voraus- setzungen, Verfahren und Rechtsschutz im Bereich des
Erlöschens der studentischen Rechtsstellung, in: Europäische
Jahr rechtskräftig verurteilt worden ist, die Verurteilung noch der unbeschränkten Auskunft unterliegt und nach der Art der Straftat eine Gefährdung oder Störung des Studienbetriebs zu befürchten ist (§§ 18 III Nr. 6, 21 III Nr. 1 SächsHG).
Wenn folglich ein Studierender aufgrund einer Verurtei- lung wegen Verstoßes gegen § 42 BDSG eine Freiheits- strafe verbüßen muss, so kann nach den Hochschulge- setzen dieser aufgeführten Bundesländer eine Exmatri- kulation in Betracht gezogen werden.
b) Besonderheit an einer dualen Hochschule
Bei einem dualen Hochschulstudium haben Studierende einen Doppelstatus, denn sie sind sowohl Studierende als auch Auszubildende in einer Ausbildungsstätte.49 Wenn ein solcher Studierender bei seiner Ausbildungs- stätte gegen datenschutzrechtliche Vorschriften verstößt, so ist anzunehmen, dass eine verhaltensbedingte Kündi- gung des Ausbildungsvertrages, gleich wie bei einer Tätigkeit als studentische Hilfskraft, möglich ist. Inwie- fern sich diese Kündigung des Ausbildungsvertrags dann auch auf das Studium auswirkt, ist in manchen Hoch- schulgesetzen geregelt.
– So ist in Baden-Württemberg ein Studierender gem. § 62 II LHG zwingend zu exmatrikulieren, wenn der Ausbildungsvertrag mit seiner Ausbildungsstätte ge- kündigt wurde und nicht innerhalb von acht
Wochen ein neuer Vertrag vorgelegt wird.50
– In Thüringen ist gem. § 75 II Nr. 11 ThürHG ein Stu- dierender zu exmatrikulieren, wenn beim Studium an der Dualen Hochschule das Ausbildungsverhältnis mit dem Praxispartner rechtswirksam beendet wird und er nicht innerhalb von zwölf Wochen einen neuen Ausbil- dungsvertrag mit einem anderen Praxispartner abschließt.
– In Schleswig-Holstein ist ein Studierender gem. § 42 II Nr. 4 HSG Schleswig-Holstein zu entlassen, wenn in dualen Studiengängen das Ausbildungsverhältnis mit dem Praxispartner rechtswirksam beendet wird und nicht innerhalb von drei Monaten ein neuer Ausbil- dungsvertrag geschlossen worden ist.
– In Brandenburg kann gem. § 14 III Nr. 4, IV BbgHG
Hochschulschriften, Reihe II, Rechtswissenschaft, Bd. 1837, Frank- furt a.M. 1996, S. 149; Thieme, Hochschulrecht, 3. Aufl. 2014, Rn. 920.
49 Gerber, in Haug (Hg.), HochschulR BW, 2. Aufl. 2009, Rn. 1011. 50 Haug, in Haug (Hg.), HochschulR BW, 2. Aufl. 2009, Rn. 1181.
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nachträglich herausstellt, dass ein Immatrikulationshin- dernis vorliegt: Ein Versagungsgrund ist gegeben, wenn der Studierende für einen ausbildungsintegrierten dua- len Studiengang keinen Ausbildungsvertrag mit einer von der Hochschule zugelassenen Ausbildungsstätte nachweist, obwohl dies durch Satzung der Hochschule vorgeschrieben ist.
Wo solche Regelungen nicht bestehen, können sich Fol- gen aus den einschlägigen Ausbildungs- und Prüfungs- ordnungen ergeben. Kann ein zum Abschluss des Studi- engangs erforderlicher Ausbildungsnachweis endgültig nicht erbracht werden, führt das regelmäßig zum Verlust des Prüfungsanspruchs, was nach den Landeshoch- schulgesetzen wiederum die Exmatrikulation zur Folge haben kann.
III. Ergebnis
In der Zusammenschau ist festzuhalten, dass Studieren- de aufgrund ihres Status als Studierende keine besonde- ren Datenschutzpflichten haben, sondern den allgemei-
nen, für jedermann geltenden Pflichten unterliegen. Bei der Tätigkeit als studentische Hilfskraft sind die Daten- schutzpflichten einzuhalten, die sich für unterstellte Per- sonen aus der Datenschutzgrundverordnung ergeben. Verstöße gegen die allgemeinen Datenschutzpflichten können arbeitsrechtliche Folgen, insbesondere Abmah- nungen und verhaltensbedingte Kündigungen zur Folge haben und strafrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Hochschulrechtliche Vorschriften zur Exmatrikulation können greifen, wenn sich Verstöße unmittelbar und gravierend auf den Hochschulbetrieb auswirken oder wenn sie zur Verbüßung von Freiheitsstrafen führen. Löst im Fall eines dualen Hochschulstudiums die Aus- bildungsstätte wegen dort begangener Verstöße den Ausbildungsvertrag auf, kann das bei Bestehen entspre- chender Regelungen im einschlägigen Landeshoch- schulgesetz ebenfalls die Exmatrikulation zur Folge haben.
Susanne Lutz arbeitet seit dem 1. August 2019 als Regierungsrätin auf Probe beim Regierungspräsidium Karlsruhe