Bund und Länder haben im Juni 2016 eine Verwaltungsver- einbarung zur Förderung des wissenschaftlichen Nach- wuchses1 abgeschlossen. Auf der Basis dieser Vereinbarung werden in zwei Tranchen insgesamt 1000 W1 bzw. W2-Tenure-Track-Professuren für die Dauer von jeweils bis zu acht Jahren ausgelobt und an mit ihren Anträgen erfolgreichen Universitäten und diesen durch das Landes- recht gleichgestellten Hochschulen (nachfolgend Hoch- schulen) im Umfang von insgesamt 1 Milliarde Euro finan- ziert. Da nur W1- bzw. W2-Tenure Track-Professuren damitgeschaffenwerden,erstauntbeimerstenHinsehen der Titel der Verwaltungsvereinbarung: „Zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses“, denn die Gruppe der W1- und W2-Professuren ist (bisher) nur ein kleiner Anteil des wissenschaftlichen Nachwuchses. Jedoch haben Bund und Länder mit diesem Inzentiv, durch W1- bzw. W2-Tenu- re-Track-Stellen „für junge Wissenschaftler/innen.… frü- her als bisher eine Entscheidung über den dauerhaften Ver- bleib im Wissenschaftssystem“2 zu ermöglichen, mit den Antragsbedingungen Maßnahmen initiiert, die den gesam- ten wissenschaftlichen Nachwuchs erfassen. So sind:
– als Ziel des Programms in § 1 e) der Verwaltungs- vereinbarung vorgesehen, dass mit der Etablierung der Tenure-Track-Professur ein Kulturwandel in den Hoch- schulen zu fördern ist und die Personalstruktur des wis- senschaftlichen Personals an der gesamten Universität3,4 so weiterzuentwickeln ist, dass diese den neuen Karrie- reweg optimal ergänzt und auch Karrierewege außerhalb der Professur aufzeigt;
– mit dem Antrag („Gesamtkonzept“) gem. § 5 Abs. 2 a) der Verwaltungsvereinbarung eine Bestand- aufnahme der Personalstruktur und des Berufungs- und Karrieresystems vorzulegen, die auch den aktuellen Stand der Implementierung von Tenure-Track-Modellen um- fassen müssen;
– gem. § 5 Abs. 2 b) der Verwaltungsvereinbarung die
Weiterentwicklung der Personalstruktur und der Karrie- rewege des wissenschaftlichen Nachwuchses darzustellen; darin sollen auch Aussagen über die Zusammenhänge zwischen den strategischen Zielen für die Implementie- rung der Tenure-Track-Professur und den Zielen und
- 1 http://www.gwk-bonn.de/fileadmin/Papers/Verwaltbsatz, ungs- vereinbarung-wissenschaftlicher-Nachwuchs-2016.pdf, zukünftig: Verwaltungsvereinbarung.
- 2 Verwaltungsvereinbarung, siehe Fußn. 2, Präambel 2. Absatz, Satz 2.
Maßnahmen der Nachwuchsförderung und der Personal- entwicklungsplanung von den Universitäten im Antrag enthalten sein;
– nachzuweisen, dass Personalentwicklung für den wissenschaftlichen Nachwuchs und das gesamte wissen- schaftliche Personal ein strategisches Handlungsfeld der Universitätsleitung ist und darüber hinaus, dass die Uni- versität über ein Personalentwicklungskonzept verfügt (§ 5 Abs. 1 der Verwaltungsvereinbarung).
Diese Anforderungen gehen weit über den mit der Verwaltungsvereinbarung geförderten Personenkreis der W1- bzw. W2-Tenure-Track-Professuren hinaus. Vielmehr müssen die Hochschulen sich bei einer Beteili- gung an diesem Programm mit dem gesamten wissen- schaftlichen Nachwuchs befassen und für diesen Perso- nenkreis eine Personalentwicklung und Weiterentwick- lung der Personalstruktur sowie der Karrierewege in An- griff nehmen. Damit steckt in dem Programm auch das, was der Name des Programms verheißt: eine Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses insgesamt.
Ergänzend sei erwähnt, dass in dem Programm dar- über hinaus noch mehr steckt: Soweit gem. § 1 e) der Verwaltungsvereinbarung die Personalstruktur des wis- senschaftlichen Personals an der gesamten Universität weiterentwickelt werden soll und gem. § 5 Abs. 1 der Ver- waltungsvereinbarung gefordert wird, dass Personalent- wicklung für den wissenschaftlichen Nachwuchs und das gesamte wissenschaftliche Personal ein strategisches Handlungsfeld der Universitätsleitung ist und darüber hinaus die Universität über ein Personalentwicklungs- konzept verfügen muss, beziehen sich die Anforderun- gen für die Antragstellung auf das gesamte wissenschaft- liche Personal. Damit initiiert die Verwaltungsvereinba- rung zugleich Maßnahmen (so etwa eine Personalent- wicklung und ein Personalentwicklungskonzept) in den Hochschulen und damit der Hochschulleitungen für Personen, die nicht mehr wissenschaftlicher Nachwuchs sind. Dazu zählen etwa auch die Professoren/Professo- rinnen sowie die wissenschaftlichen Mitarbeiter/innen, sei es im Angestellten oder Beamtenverhältnis, die eben nicht mehr zum wissenschaftlichen Nachwuchs zählen,
3 Die Veraltungsvereinbarung verwendet den Begriff Universität für Universitäten und die nach Landesrecht gleichgestellten Hoch- schulen.
4 Die und die folgenden Hervorhebungen erfolgen durch die Verfas- serin.
Elke Luise Barnstedt
Die Verantwortung der Hochschulen für den wissenschaftlichen Nachwuchs
Ordnung der Wissenschaft 2018, ISSN 2197–9197
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so etwa jene, die eine dauerhafte Anstellung haben. Vie- le Hochschulen haben bereits in den vergangenen Jahren begonnen, Personalentwicklung z. B. in Form von Fort- und Weiterbildungsangeboten, Zielvereinbarungen, Mitarbeiter/-innen-Gespräche und zum Teil auch in Ge- stalt von Personalentwicklungsplänen aktiv zu gestalten. Durch diese Antragsvoraussetzungen werden diese Ak- tivitäten bestärkt bzw. es müssen im Vorfeld einer An- tragstellung derartige Aktivitäten ergriffen werden. Und immerhin haben 75 Hochschulen einen Antrag gestellt.
I. Definition des wissenschaftlichen Nachwuchses
Auf der Basis der Verwaltungsvereinbarung „zur Förde- rung des wissenschaftlichen Nachwuchses“ werden W1- und W2-Professuren gefördert. Während mit einer W1-Tenure-Track-Professur Nachwuchswissenschaftler/ innen nach einer Post-Doc-Phase gewonnen werden sol- len, sehen die meisten Hochschulgesetze für W2-Professu- ren die gleichen Einstellungsvoraussetzungen wie für W3-Professuren5 und damit für die Spitzenposition von Wissenschaftler/innen in den Hochschulen vor. Außerdem wird in der Regel eine Habilitation als Einstellungsvoraus- setzung verlangt. Dies spricht dafür, dass W2-Stelleninha- ber/innen nicht unbedingt Nachwuchswissenschaftler/ innen sind, auch wenn das zu Grund liegende Beamtenver- hältnis befristet ist. Stellt man aber die Frage nach der Ver- antwortung der Hochschulen für den wissenschaftlichen Nachwuchs die Festlegung voraus, so setzt dieses vor, dass klar umrissen wird, welche Personen und Personengrup-
5 § 47 Gesetz über die Hochschulen in Baden-Württemberg (Lan- deshochschulgesetz — LHG) vom 1. Januar 2005 (GBl. 2005, S. 1)
in der Fassung des Gesetzes vom 7. November 2017 (GBl. S. 584); Art.7 Bayerisches Hochschulpersonalgesetz (BayHSchPG) vom 23. Mai 2006 (GVBl. S. 230, BayRS 2030–1‑2-K), in der Fassung von § 2 des Gesetzes vom 13. Dezember 2016 (GVBl. S. 369); § 100 Gesetz über die Hochschulen im Land Berlin (Berliner Hochschulgesetz — BerlHG) in der Fassung vom 26. Juli 2011 (GVBl. 2011, S. 378) in der Fassung des Artikel 6 des Gesetzes vom 02.02.2018 (GVBl. S. 160); § 41 Brandenburgisches Hochschulgesetz (BbgHG) vom 28. April 2014 (GVBl.I/14, [Nr. 18]) in der Fassung von Artikel 2 des Gesetzes vom 1. Juli 2015 (GVBl.I/15, [Nr. 18]); § 116 Bremisches Hochschulgesetz (BremHG vom 9. Mai 2007 (Brem.GBl. S. 339) in der Fassung von Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Juni 2017 (Brem. GBl. S. 263); § 15 Hamburgisches Hochschulgesetz (HmbHG) vom 18. Juli 2001 (HmbGVBl. 2001, S. 171) in der Fassung von Artikel
2 des Gesetzes vom 28. November 2017 (HmbGVBl. S. 365)6); § 62 Hessisches Hochschulgesetz (HHG) vom 14. Dezember 2009 (GVBl. I S. 666) in der Fassung von Artikel 2 des Gesetzes vom 18. Dezember 2017 (GVBl. S. 482); § 58 Gesetz über die Hochschulen des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Landeshochschulgesetz — LHG M‑V) vom 25. Januar 2011 (GVOBl. M‑V 2011, S. 18) in der Fassung von Artikel 3 des Gesetzes vom 11. Juli 2016 (GVOBl. M‑V S. 550, 557);
§ 25 Niedersächsisches Hochschulgesetz (NHG) vom 26. Februar 2007 (Nds. GVBl. S. 69), in der Fassung von Artikel 1 des Gesetzes vom 15. Dezember 2015 (Nds. GVBl. S. 384); § 36 Gesetz über die
pen unter dem Begriff des wissenschaftlichen Nachwuchses zu fassen sind.
Der Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2017 befasst sich ausführlich mit den verschiedenen Definitio- nen des Begriffes wissenschaftlicher Nachwuchs.6 Es wird darin zunächst festgestellt, dass mit dem Begriff des wissen- schaftlichen Nachwuchses im „engeren“ Sinne Personen gemeint sind, „die sich wissenschaftlich qualifizieren, das heißt eine Promotion anstreben oder das Karriereziel der Professur beziehungsweise einer wissenschaftlichen Lei- tungsposition“.7 Was dann aber unter wissenschaftlichem Nachwuchs im „weiteren“ Sinne zu verstehen ist, sagt der Bericht nicht ausdrücklich. Es wird aber darin nur wenige Zeilen später unter der These, der Begriff des wissenschaft- lichen Nachwuchses erscheine „per se problematisch“,8 aus- geführt, dass zum wissenschaftlichen Nachwuchs oftmals auch solche gezählt werden, „die keine Professur oder wis- senschaftliche Leitungsposition anstreben beziehungsweise bei denen das Qualifizierungs- und Karriereziel aufgrund von mangelnden Informationen nicht eindeutig festgestellt werden kann“.9 Es scheint so, als wolle der Bericht jene Wis- senschaftler/innen, die nach der Promotion an einer Uni- versität verbleiben, um sich zu qualifizieren, ohne jedoch eine Professur oder eine wissenschaftliche Leitungsposition anzustreben, nicht zum wissenschaftlichen Nachwuchs zählen. Desgleichen sollen wohl auch jene nicht zum wis- senschaftlichen Nachwuchs zählen, die nach einem Hoch- schulabschluss an einer Hochschule wissenschaftlich zur ei- genen Qualifikation tätig sind, ohne eine Promotion anzu- streben. Aber warum sollten insbesondere die Promovier-
Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (Hochschulgesetz — HG) vom 16. September 2014 (GV. NRW. S. 547) (1) in der Fassung von Artikel 3 des Gesetzes vom 17. Oktober 2017 (GV. NRW. S.
806) (2); § 49 Hochschulgesetz Rheinland-Pfalz (HochSchG) vom
19. November 2010 in der Fassung von Artikel 7 des Gesetzes vom 07.02.2018 (GVBl. S. 9); § 41 Saarländisches Hochschulgesetz (SHSG) vom 30. November 201 (Amtsblatt 2016, S. 1080); § 40 Hochschulge- setz des Landes Sachsen-Anhalt (HSG LSA) vom 14. Dezember 2010 (GVBl. LSA S. 600, ber. 2011 S. 561) in der Fassung von Artikel 7 des Gesetzes vom 25. Februar 2016 (GVBl. LSA S. 89, 94; § 5 Abs.2 Nr. 2 Gesetz über die Freiheit der Hochschulen im Freistaat Sachsen (Säch- sisches Hochschulfreiheitsgesetz – SächsHSFG) Sächsisches vom 15. Januar 2013 (SächsGVBl. S. 3), in der Fassung des Gesetzes vom 15. Oktober 2017 (SächsGVBl. S. 546; § 61 Gesetz über die Hochschulen und das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (Hochschulgesetz
- HSG) vom 5. Februar 2016 in der Fassung von Art. 4 des Gesetzes vom 21.02.2018 (GVOBl. S. 58); § 77 Thüringer Hoch-schulgesetz (ThürHG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. September 2016 (GVBl. 2016, S.437).
6 Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2017, Herausgeber: Konsortium Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs, S. 65 ff., im Folgenden: Bundesbericht.
7 Bundesbericht, S. 65. 8 Bundesbericht, S. 65. 9 Bundesbericht, S. 65.
ten, die sich im Anschluss daran an einer Hochschule weiterqualifizieren ohne aber eine Hochschullaufbahn an- zustreben, nicht zum wissenschaftlichen Nachwuchs gehö- ren, zumal die Promovierenden vollkommen unstreitig zum wissenschaftlichen Nachwuchs zählen, obgleich sie in der Regel und zum allergrößten Teil das Ziel haben, nach der Promotion die Hochschule zu verlassen und dies auch tun. Auch eine Post-Doc-Phase kann und soll in der Regel der weiteren wissenschaftlichen Qualifikation dienen, auch wenn nicht das Ziel einer Professur oder einer wissen- schaftlichen Leitungsposition angestrebt wird. Eine Prost- Doc-Phase, die sich in der Regel durch eine größere Selbst- ständigkeit auszeichnet und auch oftmals schon mit einer gewissen Führungsverantwortung verbunden ist, qualifi- ziert auch für Tätigkeiten in der Wirtschaft oder im allge- meinen öffentlichen Dienst. Die Intention, dass der wissen- schaftliche Nachwuchs nicht nur auf eine Karriere in der Wissenschaft beschränkt ist, greift auch die Verwaltungs- vereinbarung auf. Diese verlangt in § 1 e) von den Hoch- schulen, die Personalstruktur des wissenschaftlichen Perso- nals so weiterzuentwickeln, dass nicht nur der neue Karrie- reweg der Tenure-Track-Professur und damit der Weg zu einer Professur optimal ergänzt werden, sondern dass auch Karrierewege außerhalb der Professur aufgezeigt werden.
Die Verengung des Begriffes „wissenschaftlicher Nach- wuchs“ auf jene, die eine Professur oder eine wissenschaft- lichen Leitungsposition anstreben, verquickt die berufliche Situation einer weiteren Qualifizierung nach dem Hoch- schulabschluss/der Promotion mit dem Ziel der Qualifizie- rung. Wenn vom wissenschaftlichen Nachwuchs die Rede ist, dann geht es um den wissenschaftlichen Nachwuchs in oder an einer Hochschule, nicht aber unbedingt für die Hochschule (n). In diesem Sinn hat auch der Wissen- schaftsrat bereits 1980 in seinen Empfehlungen zur Förde- rung des wissenschaftlichen Nachwuchses vom 25. Januar 198010 den wissenschaftlichen Nachwuchs definiert als jene Personen, „die sich im Anschluss an einen Studienab- schluss durch wissenschaftliche Arbeiten an einer Hoch- schule oder einer außeruniversitären Forschungseinrich- tung für eine Tätigkeit qualifizieren, in der sie an der Meh- rung und Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Er- kenntnisse und technischen Innovation mitwirken
- 10 Abzurufen unter https://www.wissenschaftsrat.de/download/ archiv/4526–80.pdf,zuletzt zuletzt abgerufen am 22. März 2018.
- 11 S. 3 der Empfehlungen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses vom 25. Januar 1980 (Drucksache 4526/80, abzurufen unter https://www.wissenschaftsrat.de/download/ar- chiv/4526–80.pdf, zuletzt abgerufen am 22. März 2018.
- 12 Bundesbericht, Nachweis siehe Fußnote 7, Seite 179.
- 13 K. Briedis, S. Jaksztat, N. Preßler, R. Schürmann, A. Schwarzer (2014): Berufswunsch Wissenschaft? HIS Forum Hochschule,Hannover.
- 14 K. Briedis, S. Jaksztat, N. Preßler, R. Schürmann, A. Schwarzer
können.“11 Im Folgenden unterscheidet der Wissenschafts- rat sehr differenziert zwischen: 1. Hochschulabsolventen, die sich wissenschaftlich weiterqualifizieren, ohne damit eine Promotion anzustreben (Post-Graduierte), 2. solchen, die sich auf eine Promotion vorbereiten (Doktoranden), 3. Hochschulabsolventen, die sich im Anschluss an die Pro- motion wissenschaftlich weiterqualifizieren, ohne mit ei- nem unmittelbaren Verbleiben an der Hochschule oder vergleichbaren Institution zu rechnen (Post-Doktoranden) und 4. Hochschulabsolventen, die sich im Anschluss an die Promotion wissenschaftlich weiterqualifizieren mit dem Ziel eines Verbleibens in der Hochschule (Hochschulleh- rernachwuchs). Insbesondere aus den beiden letztgenann- ten Differenzierungen wird deutlich, dass der Status bei bei- den Gruppen gleich ist und in der weiteren Qualifizierung nach der Promotion besteht. Die unterschiedlichen Ziele, nämlich ein Verbleiben an einer Hochschule in der Regel in Gestalt der Übernahme einer Professur oder aber eine Posi- tion außerhalb der Hochschule, sind zunächst individuelle Ziele („Karriereintentionen“12) der einzelnen Personen, die oftmals nicht offenkundig sind und sich auch im Laufe der Qualifizierungsphase ändern können. Das diese beiden Karriereziele oder ‑intensionen heute von sich nach der Promotion Qualifizierenden prozentual fast schon gleich- rangig angestrebt werden, zeigt die WiNbus-Erhebung 2013/2014,13 nach der auf die Frage: „Und nun zu Ihren kon- kreten Absichten: In welchem Bereich streben Sie eine be- rufliche Tätigkeit an?“ immerhin 40% das Ziel einer Tätig- keit außerhalb der Hochschule angegeben haben.14 Die De- finition des Wissenschaftsrates legt aber auch nahe, dass diejenigen, die sich habilitiert und damit sozusagen das höchste Qualifikationsziel an einer Hochschule erreicht ha- ben, nicht mehr zum wissenschaftlichen Nachwuchs zählen.
Interessant ist, dass der Bericht bei der Suche nach einer Definition überwiegend sich mit beschreibenden Model- len, wie etwa das Phasenmodell der EU-Kommission15 oder auch das Gruppenmodell des Statistischen Bundes- amtes16 befasst.17 Da aber der Begriff „wissenschaftlicher Nachwuchs“ einen bestimmten Personenkreis in den/in ei- ner Hochschule/n erfassen und beschreiben will, hätte es nahe gelegen, zu fragen, ob und wenn ja wie die Lan-
(2014): Berufswunsch Wissenschaft? HIS Forum Hochschule,
Hannover, S. 16.
15 European Commission (2011): Towards a European Framework for
research careers S. 2, abzurufen unter https://cdn5.euraxess.org/sites/ default/files/policy_library/towards_a_european_framework_for_re- search_careers_final.pdf , zuletzt abgerufen am 25. April 2018.
16 Statistisches Bundesamt (2014): Indikatorenmodell für die Be- richterstattung für die Berichterstattung zum wissenschaftlichen Nachwuchs, Endbericht, S.11.
17 Bundesbericht (Nachweis siehe Fußnote 6) S. 65 ff.
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deshochschulgesetze diesen Personenkreis bedenken und gegebenenfalls definieren. Hinzukommt, dass in der Regel der wissenschaftliche Nachwuchs auch zugleich in einem Arbeits- oder Dienstverhältnis steht, die Gruppe der mittels Stipendien Finanzierten ist – im Gegensatz zu vielen ande- ren Hochschultraditionen in anderen Ländern, wie etwa in der USA und auch Großbritannien – in Deutschland bei den Promotionen aber auch bei den weiteren Qualifikatio- nen im Anschluss an die Promotion gering.18 Eine Ände- rung ist weder absehbar noch anzustreben, da ein Beschäf- tigungsverhältnis im Gegensatz zum Stipendium in der Re- gel zugleich eine soziale Absicherung in Gestalt einer Al- tersversorgung, Krankenversicherung sowie Arbeitslosenversicherung bedeutet. Eben wegen dieser Ar- beitsverhältnisse ist auch die Bundesebene von Bedeutung, denn das Wissenschaftszeitvertragsgesetz19 (WissZeitVG) will gerade den rechtlichen Rahmen von Arbeitsverhältnis- sen für eine wissenschaftliche Qualifikation gestalten, in dem es in der Gesetzesbegründung heißt: „Es (das Wissen- schaftszeitgesetz) stellt zudem sicher, dass sich jede Genera- tion von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern quali- fizieren kann“ und weiter: „die im WissZeitVG verankerten Sonderreglungen zur Befristung in der Qualifizierungspha- se und in drittmittelfinanzierten Projekten stellen geeignete und überwiegend belastbare Instrumente dar, um befristete
- 18 Laut dem Statistischen Bundesamt, Promovierende in Deutschland – Wintersemester 20142015, S.37 f. wurden im Wintersemester 204/2015 16% der Promovierenden durch Stipendien gefördert. Wobei in Veröffentlichungen die Zahl der sich in einem Beschäfti- gungsverhältnis befindenden Promovierenden sehr unterschiedlich sind, siehe Statistisches Bundesamt, Indikationenmodell Statistisches Bundesamt (2014): Indikatorenmodell für die Berichterstattung für die Berichterstattung zum wissenschaftlichen Nachwuchs, Endbe- richt, S.99.
- 19 Gesetz über befristete Arbeitsverträge in der Wissenschaft (Wissen- schaftszeitvertragsgesetz — WissZeitVG)vom 12.04.2007 (BGBl. I S. 506), zuletzt geändert durch Artikel 6 Absatz 4 des Gesetzes vom 23. Mai 2017 (BGBl. I S. 1228).
- 20 BT-Drucksache 18/6489 vom 28.10. 2015, S. 7.
- 21 § 2 Abs. 1 Gesetz über die Hochschulen in Baden-Württemberg(Landeshochschulgesetz — LHG) vom 1. Januar 2005 (GBl. 2005, S.
1) in der Fassung des Gesetzes vom 7. November 2017 (GBl. S. 584); Art.2 Abs. 2 Bayerisches Hochschulgesetz (BayHSchG) vom 23. Mai 2006 (GVBl. S. 245, BayRS 2210–1‑1-K), in der Fassung vom 19. Dezember 2017 (GVBl. S. 568); § 3Abs. 3 Brandenburgisches Hoch- schulgesetz (BbgHG) vom 28. April 2014 (GVBl.I/14, [Nr. 18]) in der Fassung von Artikel 2 des Gesetzes vom 1. Juli 2015 (GVBl.I/15, [Nr. 18]); § 4 Abs. 3 Gesetz über die Hochschulen im Land Berlin (Berliner Hochschulgesetz — BerlHG) in der Fassung vom 26. Juli 2011 (GVBl. 2011, S. 378) in der Fassung des Artikel 6 des Gesetzes vom 02.02.2018 (GVBl. S. 160); § 3 Abs.3 Bremisches Hochschulge- setz (BremHG vom 9. Mai 2007 (Brem.GBl. S. 339) in der Fassung von Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Juni 2017 (Brem.GBl. S. 263); § 3 Abs. 2 Hamburgisches Hochschulgesetz (HmbHG) vom 18. Juli 2001 (HmbGVBl. 2001, S. 171) in der Fassung von Artikel 2 des Gesetzes vom 28. November 2017 (HmbGVBl. S. 365)6); § 4 Abs. 1–4 Hessi- sches Hochschulgesetz (HHG) vom 14. Dezember 2009 (GVBl. I S.
Beschäftigungsverhältnisse mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eingehen zu können“.20
II. Der wissenschaftliche Nachwuchs in den Landeshochschulgesetzen
Zunächst kann festgestellt werden, dass sich Landeshoch- schulgesetze in vielfältiger Weise und in sehr unterschiedli- chem Umfang mit dem wissenschaftlichen Nachwuchs befassen, aber eine Definition des Begriffes wissenschaftli- cher Nachwuchs in keinem enthalten ist. In allen Hoch- schulgesetzen ist – mit leichten Formulierungsvarianten – geregelt, dass den Hochschulen die Aufgabe obliegt, den wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchs zu för- dern/ zu betreuen/ auszubilden.21 Mit dieser zentralen Aus- sage greifen die Landeshochschulgesetze § 2 Abs. 2 HRG22 auf, wonach die Hochschulen entsprechend ihrer Aufga- benstellung den wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchs fördern. Zu dieser Vorschrift hat das Bundes- verwaltungsgericht23 festgestellt, dass daraus eine Förder- pflicht der Universität und im Falle einer Habilitation eine Betreuungspflicht der „Mutterfakultät“ folge. Diese Betreu- ungspflicht ende auch bei einer landesrechtlichen Tren- nung von Habilitation und Lehrbefugnis nicht schon ohne weiteres mit der Erlangung der Lehrbefähigung, sondern
666) in der Fassung von Artikel 2 des Gesetzes vom 18. Dezember 2017 (GVBl. S. 482); § 3 Abs. 2 Gesetz über die Hochschulen des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Landeshochschulgesetz — LHG M‑V) vom 25. Januar 2011 (GVOBl. M‑V 2011, S. 18) in der Fassung von Artikel 3 des Gesetzes vom 11. Juli 2016 (GVOBl. M‑V S. 550, 557); § 3 As.1 Nr.3 Niedersächsisches Hochschulgesetz (NHG) vom 26. Februar 2007 (Nds. GVBl. S. 69), in der Fassung von Artikel 1 des Gesetzes vom 15. Dezember 2015 (Nds. GVBl. S. 384); § 3 Abs.
1 Gesetz über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (Hochschulgesetz — HG) vom 16. September 2014 (GV. NRW. S.
547) (1) in der Fassung von Artikel 3 des Gesetzes vom 17. Oktober 2017 (GV. NRW. S. 806) (2); § 5 Abs. 3 Hochschulgesetz Rheinland- Pfalz (HochSchG) vom 19. November 2010 in der Fassung von Artikel 7 des Gesetzes vom 07.02.2018 (GVBl. S. 9); § 3 Abs. 2 und
3 Saarländisches Hochschulgesetz (SHSG) vom 30. November 201 (Amtsblatt 2016, S. 1080); § 3 Abs.3 Hochschulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (HSG LSA) vom 14. Dezember 2010 (GVBl. LSA
S. 600, ber. 2011 S. 561) in der Fassung von Artikel 7 des Gesetzes vom 25. Februar 2016 (GVBl. LSA S. 89, 94; § 5 Abs.2 Nr. 2 Gesetz über die Freiheit der Hochschulen im Freistaat Sachsen (Sächsisches Hochschulfreiheitsgesetz – SächsHSFG) Sächsisches vom 15. Januar 2013 (SächsGVBl. S. 3), in der Fassung des Gesetzes vom 15. Okto- ber 2017 (SächsGVBl. S. 546; § 3 Abs. 6 Gesetz über die Hochschulen und das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (Hochschulgesetz
- HSG) vom 5. Februar 2016 in der Fassung von Art. 4 des Gesetzes vom 21.02.2018 (GVOBl. S. 58); § 5 Abs. 3 Thüringer Hochschul- gesetz (ThürHG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. September 2016 (GVBl. 2016, S.437).
22 Hochschulrahmengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Januar (BGBl. I s.18), in der Fassung von Art. 6 Abs. 2 des Gesetzes vom 23. Mai 2017 (BGBl. I S. 1228).
23 BVerwGE 91, 24 (44).
erst, wenn das Ziel des Betreuungsverhältnisses, die von der Fakultät zu leistende Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, erreicht sei. Wann dies der Fall sei, hänge mithin von der Entscheidung ab, ob eine auf dieser Befähi- gung aufbauende „Laufbahn“ eingeschlagen werden soll. Diese Entscheidung aber liege allein beim Habilitierten.24 Aus dieser Entscheidung wird deutlich, dass das Bundes- verwaltungsgericht zwischen der Qualifizierung als solcher und dem Ziel der Qualifizierung unterscheidet und hierzu hervorhebt, dass das Ziel der Qualifizierung (eine Karriere innerhalb oder außerhalb der Hochschule) individuelle Ziele (siehe oben „Karriereintentionen“) sind.
Der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts liegt ein individueller Fall zu Grunde, weshalb sich das Bundesverwaltungsgericht zur Pflicht gegenüber dem/ der einzelnen Nachwuchswissenschaftler/in äußert. Das Hochschulrahmengesetz und die Landeshochschulge- setze regeln aber auch eine Pflicht gegenüber der und für die Allgemeinheit, den wissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern. Diese Aufgabe leitet da Bundesverfassungs- gericht aus Art. 5 Abs. 2 GG her, in dem es in seinem Be- schluss vom 24. April 1996 ausführt: „Zur sachgerechten Förderung des akademischen Nachwuchses, einer aus Art. 5 Abs. 3 GG folgenden Aufgabe, ist die generelle Be- fristung der Beschäftigungsverhältnisse von wissen- schaftlichen Mitarbeitern geeignet und auch erforder- lich. Arbeitsverhältnisse, die Gelegenheit zur wissen- schaftlichen Weiterbildung nach Beendigung eines Stu- diums geben, sind dazu unentbehrlich. Kontinuierliche Nachwuchsförderung in Arbeitsverhältnissen kann nur betrieben werden, wenn die beschränkt vorhandenen Stellen immer wieder frei werden.“25
Neben der Pflicht, den wissenschaftlichen Nach- wuchs zu fördern, befassen sich die Hochschulgesetze der Länder unter verschiedenen Aspekten ausdrücklich mit dem wissenschaftlichen Nachwuchs. Die besondere Bedeutung des wissenschaftlichen Nachwuchses wird dadurch hervorgehoben, dass in vielen Hochschulgeset- zen ausdrücklich eine Zuständigkeit des Senats für die (grundsätzlichen) Angelegenheiten des wissenschaftli- chen Nachwuchses begründet wird.26 Auch ist in mehre-
- 24 BVerwGE ebenda.
- 25 BVerfG 1 BvR 712/86, Rdnr. 111, http://www.bundesverfas-sungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/1996/04/ rs19960424_1bvr071286.html, zuletzt abgerufen am 8. April 2018.
- 26 Gesetzesfundstellen siehe Fußnote 21, so § 19 Nr. 11 LHG B‑W , Art.28 Abs. 3 Nr.2 BayHSchG, § 61 Abs.1 Nr. 9 BerlHG, § 36 Abs. 2 Nr.4 HHG, §76Abs.2Nr.14HochSchGR‑P,§21Abs.1Nr.14HSGS‑H,§81Abs. 1 Nr. 8 SächsHSFG und § 67 Abs. 3 Nr. 7 HSG LSA geregelt.
- 27 Gesetzesfundstellen siehe Fußnote 21, so etwa in § 87 Nr.3
ren Hochschulgesetzen eine (zum Teil zusätzliche) Zu- ständigkeit der Fachbereiche oder Fakultäten für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses vorge- sehen.27 Das Hochschulgesetz von Sachsen-Anhalt re- gelt in § 102 HSG LSA darüber hinaus, dass die wissen- schaftlichen Einrichtungen verpflichtet sind, den wis- senschaftlichen Nachwuchs zu fördern. Hamburg (§ 92 Abs.1 HmbHG) sieht vor, dass die Zuständigkeit der He- ranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses auf Fa- kultäten übertragen werden kann, und Brandenburg (§ 33 BbgHG) schreibt vor, dass die Zuständigkeit zur Ent- scheidung von grundsätzlichen Fragen betreffend die Förderung des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses in der Grundordnung zu regeln sind. Ähnlich wird in Niedersachsen § 33 Abs. 2 NHG ver- langt, dass die Hochschule sich in Fakultäten oder ande- re Organisationseinheiten zu gliedern hat, die möglichst fächerübergreifend die Aufgaben bei der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses erfüllen. Insgesamt zeigen auch diese Zuständigkeitsregelungen, dass der wissenschaftliche Nachwuchs eine zentrale Bedeutung in den Landesgesetzen und damit in den Hochschulen hat.
Die zentrale Bedeutung des wissenschaftlichen Nach- wuchses kommt ferner in § 5 HRG um Ausdruck, wo- nach die staatliche Finanzierung sich u.a. an den bei der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses er- brachten Leistungen zu orientieren hat. Mehrere Lan- desgesetze haben dies entweder im Wortlaut sehr ähn- lich geregelt28 oder vorgesehen, dass die Leistungen bei der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ein Kriterium für die interne Mittelverteilung ist (§ 81 Abs.2 BremHG). Eine weitere Variante ist, die Leistungen bei der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in der Zielvereinbarung zwischen Ministerium und Hoch- schule festzulegen.29 Ebenso sehen mehrere Hochschul- gesetze entsprechend § 6 HRG vor, dass eine regelmäßi- ge Bewertung der Leistungen u.a. bei der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses zu erfolgen hat.30
Hervorzuhaben ist, dass viele Landesgesetze aus- drücklich oder zumindest inzident regeln, dass die För-
BremHG, § 86 Abs. 2 Nr.7 HochSchG R‑P, § 28 Abs. 2 Nr.7 HSG
S‑H, § 76 Abs.1 Nr. 5 HSG LSA.
28 Gesetzesfundstellen siehe Fußnote 21, so etwa in Art.5 Abs. 2
BayHSchG, § 16 Abs.1 LHG M‑V, § 102 HochSchG R‑P und § 13
ThürHG.
29 Gesetzesfundstellen siehe Fußnote 21, § 7 Abs.2 HHG, § 1 Abs.
3 Nr.3 NHG, § 10 As.2 SHSG, § 57 Abs.2 Nr. 2 HSG LSA, § 12
ThürHG.
30 Gesetzesfundstellen siehe Fußnote 21, Art. 16 BayHchG; § 27
Abs.1 BbgHG, § 8 SHSG, § 9 SächsHSFG; § 8 ThürHG.
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228 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 3 (2018), 223–238
derung des wissenschaftlichen Nachwuchses Dienstauf- gabe der Hochschullehrer/innen ist.31.
Alles in allem hat der wissenschaftliche Nachwuchs im Hochschulrahmengesetz und in den Landesgesetzen eine prominente Stellung, die Betreuung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses wird nicht nur ge- nerell als Aufgabe der Hochschulen bestimmt, sondern die Leistungen der Hochschulen bei der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchs sind Indikatoren für die externe und zum Teil interne Mittelverteilung. Vor allem sind die Zuständigkeiten für die Betreuung und Förde- rung des wissenschaftlichen Nachwuchses in der Regel auf oberster Ebene in der Organisationsstruktur (Senat) aber auch in der Hierarchie (Hochschullehrer/innen) vorgesehen. Viele Hochschulen haben inzwischen im Rektorat/Präsidium ein Mitglied, das für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs zuständig ist.32 Insge- samt beinhaltet die Aufgabe, den wissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern, die individuelle Förderung und Betreuung des/der einzelnen Nachwuchswissenschaft- lers/Nachwuchswissenschaftlerin aber auch die grund- sätzliche Pflicht, den Nachwuchs zu fördern und damit mittels befristeter Arbeitsverträge Stellen für den wis- senschaftlichen Nachwuchs bereit zu halten.
Bemerkenswert ist, dass kein Hochschulgesetz eine Legaldefinition für die Personengruppe des wissen- schaftlichen Nachwuchses enthält. Soweit in den Lan- desgesetzen das wissenschaftlich tätige Personal und die akademischen Mitarbeiter/innen definiert werden,33 enthalten diese Definitionen keine Aussagen zum wis- senschaftlichen Nachwuchs. Dieser Personenkreis ist zwar in der Gruppe des wissenschaftlichen Personals und der der akademischen Mitarbeiter/innen enthalten, aber die letztgenannten Begriffe sind umfassender und inkludieren z. T. auch Professoren/Professorinnen sowie akademische/wissenschaftliche Mitarbeiter/innen auf
- 31 Gesetzesfundstellen siehe Fußnote 21, § 16 Abs. 2 Nr. 12 LHG B–W — Leistungsbezüge für besondere Leistungen für die Nachwuchsför- derung, § 42 BbgHG, § 99 Abs. 4 Nr. 2 BerlHG, § 29 BremHG, § 61 Abs.1 Nr. 2 HHG, § 12 Abs. 4 Nr. 4 HmbHG, § 57 Abs.3 LHG M‑V, § 24 Abs.1 NHG, § 67 Abs.3 Nr. 5 SächsHSFG § 73 Abs.1 SHSG – Aufgabe der Forschung ist die Qualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuchses, § 34 Abs. 2 Nr. 3 HSG LSA, § 76 Abs. 2 Nr. 8 ThürHG, § 4 Abs. 3 HochSchG R‑P: Hochschule regelt, in welchem Umfang die persönliche Anwesenheit der Professorinnen und Professoren in der Regel für die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses erforderlich ist.
- 32 Beispielhaft die Universität Stuttgart, https://www.uni-stuttgart. de/universitaet/organisation/leitung/ zuletzt abgerufen am 13. April 2018, die Universität Bielefeld, https://www.uni-bielefeld. de/Universitaet/Ueberblick/Organisation/Rektorat/Forschung/ zuletzt abgerufen am 13. April 2018, Universität Köln, https:// www.portal.uni-koeln.de/prorektorat_planung_wisspersonal1. html zuletzt abgerufen am 13. April 2018.
Lebenszeit oder aber Lektorinnen/Lektoren.34 Auch sind die Juniorprofessuren und damit eine Untergruppe des wissenschaftlichen Nachwuchses in der Gruppe der Hochschullehrer/innen enthalten.35 Die Regelungen in den Landesgesetzen erwecken den Eindruck, als bestün- de ein allgemeiner Konsens, welche Personen in einer Hochschule als wissenschaftlicher Nachwuchs anzuse- hen ist. Wie bereits dargestellt,36 ist dies aber keinesfalls der Fall. Nicht nur der Bundesbericht37 sondern auch der des Statistischen Bundesamtes (2014)38 heben dies hervor. Das Statistische Bundesamt vermutet, dies sei darin begründet, weil früher der erste Schritt der wissen- schaftlichen Qualifikation die Promotion war, an die sich in wenigen Fällen die Habilitation anschloss; heute aber die Karrierewege zur Professur aber die Karrierewege insbesondere in Gestalt einer Juniorprofessur und auch einer Post-Doc-Phase vielfältiger seien.39 So ganz ver- mag dies nicht zu überzeugen oder aber das statistische Bundesamt geht mit seiner Deutung weit zurück in die Geschichte. Hat doch der Wissenschaftsrat – wie darge- stellt40 – bereits in seinen Empfehlungen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses vom 25. Januar 1980 in überzeugender Weise die verschiedenen Qualifi- kationsstufen dargestellt, die eben vielfältige und auch Qualifikationsziele außerhalb der Hochschule beinhalten.
Ferner verwenden das Hochschulrahmengesetz und zum Teil die Ländergesetze den Begriff des wissenschaft- lichenNachwuchsesnichteindeutigundeinheitlich.So etwa regeln § 12 HRG und auch mehrere Landesgeset- ze,41 dass Postgraduale Studiengänge zur Heranbildung des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses von den Hochschulen angeboten werden sollen. Durch diese Formulierung wird aber nur eine Teilmenge des wissenschaftlichen Nachwuchses erfasst, nämlich die Promovierenden, während ansonsten in diesen Geset-
33 So etwa n § 44 und 52 LHG B.-W. Fundstelle siehe Fußnote 22. 34 Siehe hierzu insbesondere BAG vom 1. Juni 2011 – Az. 7 AZR 827/09, NZA 2011, 1280 ff. zur Abgrenzung wissenschaftliche
Mitarbeiter/innen nach dem WissZeitVG und den Landesgeset-
zen.
35 So etwa § 44 Abs. 1 Ziffer 1 LHG Baden-Württemberg, Gesetzes-
fundstelle siehe Fußnote 21.
36 Siehe oben unter 1.
37 Bundesbericht (Nachweis siehe Fußnote) S. 64 ff.
38 Statistisches Bundesamt (2014): Indikatorenmodell für die Be-
richterstattung für die Berichterstattung zum wissenschaftlichen
Nachwuchs, Endbericht, S.11 ff.
39 Statistisches Bundesamt ((Nachweis siehe Fußnote zuvor) S. 12 40 Siehe oben unter I. (S. Fußn. 10).
41 Gesetzesfundstellen siehe Fußnote 21, § 38 Abs. 2 LHG B‑W, Art.
64 Abs. 2 BayHSchG, § 70 Abs. 5 HmbHG, § 6 Abs.4 NHG, § 61 Abs. 2 SHSG, § 42 bs.1 SächsHSFG, § 54 Abs. 4 ThürHG.
zen mit der Verwendung des Begriffes wissenschaftlicher Nachwuchs der Personenkreis gemeint ist, der sich nach einem Hochschulabschluss oder nach einer Promotion an einer Hochschule weiter qualifiziert, wobei mit der letztgenannten Variante nicht unbedingt Habilitierende gemeint sind;42 so etwa auch Patzke,43 der hinschlich der Definition des Begriffes „wissenschaftlicher Nachwuchs“ im niedersächsischen Hochschulgesetz auf die oben be- reits wiedergegebene44 Definition des Wissenschaftsra- tes von 1980 verweist.
III. Der wissenschaftliche Nachwuchs im Bundes- recht, insbesondere im Wissenschaftszeitvertragsge- setz
Auf das Hochschulrahmengesetz wurde bereits als Rah- men für die Landesgesetze eingegangen. Ohne dass im Gesetzestext ausdrücklich der wissenschaftliche Nach- wuchs genannt wird, ist das Wissenschaftszeitvertrags- gesetz45 das Gesetz, welches – so die Gesetzesbegrün- dung anlässlich der Änderung von 2016 – die Sonderreg- lungen zur Befristung von wissenschaftlichem und künstlerischem Personal in der Qualifizierungsphase sowie in drittmittelfinanzierten Projekten regelt.45,46Auch wird die Novellierung des Gesetzes 2016 damit begrün- det, dass dies der Verbesserung der Bedingungen „für den wissenschaftlichen Nachwuchs“ dienen soll.47 Damit stellt das Gesetz den arbeitsrechtlichen Rahmen für den wissenschaftlichen Nachwuchs, der an einer Hochschule mittels eines Arbeitsertrages tätig ist. Nicht erfasst wer- den vom Wissenschaftszeitvertragsgesetz die Nach- wuchswissenschaftler/innen, die sich zwar wissenschaft- lich im Rahmen einer Promotion oder im Anschluss daran weiterqualifizieren, die aber in einer Hochschule mittels eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses oder eines Beamtenverhältnisses auf Zeit etwa als akademi- scher Rat auf Zeit oder einer Juniorprofessur, auf der Basis eines Vertrages als wissenschaftliche Hilfskraft tätig sind oder mittels eines Stipendiums sowie auf der Basis eines Arbeitsertrags außerhalb der Hochschule oder aber sonstig privat finanziert etwa durch Eltern sich an einer Hochschule wissenschaftlich qualifizieren. Wie bereits dargestellt, gibt es im Moment noch wenig ver- lässliche Daten,48 wie das zahlenmäßige Verhältnis der
- 42 Peine/Richter in Knopp/Peine/Topel, Brandenburgisches Hoch- schulgesetz, 3. Auflage, 2018, § 3, Rdnr. 42.
- 43 In Epping, Niedersächsisches Hochschulgesetz, Handkommentar, 2016, § 3 Rdnr. 16.
- 44 Siehe oben unter I. (S. Fußn. 10).
- 45 Fundstelle siehe Fußnote 10.
- 46 BT-Drucksache 18/6489 vom 28.10. 2015, S. 1.
sich Qualifizierenden auf der Basis von Arbeits- oder Beamtenverhältnissen ist. Hinsichtlich der Promovie- renden und damit wohl der größten Gruppe innerhalb des wissenschaftlichen Nachwuchses zeigt das Statisti- sche Bundesamt in der Erhebung Promovierende in Deutschland – Wintersemester 2014/2015 auf, dass 83 % der Promovierenden in einem Beschäftigungsverhältnis und insgesamt 64% der Promovierenden in einem Beschäftigungsverhältnis mit einer Hochschule sowie rund 5% mit einer außeruniversitären Einrichtung (die ebenfalls unter den Anwendungsbereich des Wissen- schaftszeitvertragsgesetzes fallen) standen.49 Auch wenn aus diesem Bericht nicht zu entnehmen ist, in welchem Umfang die Beschäftigungsverhältnisse auf dem Wis- senschaftszeitvertragsgesetz beruhen oder aber Verträge als wissenschaftliche Hilfskraft oder ein Beamtenver- hältnis zu Grunde lagen, dürfte wohl unbestritten sein, dass das Wissenschaftszeitvertragsgesetz die maßgeblich Rechtsgrundlage für die Beschäftigungsverhältnisse mit dem wissenschaftlichen Nachwuchs ist. Das Gesetz gestaltet in ganz erheblichen Maße das arbeitsrechtliche Verhältnis von Nachwuchswissenschaftlern/-wissen- schaftlerinnen.
Sinn und Zweck des Wissenschaftszeitvertragsgeset- zes ist – so die Gesetzesbegründung – „mit seinen Be- fristungstatbeständen Fluktuationen beim wissenschaft- lichen und künstlerischen Personal und damit einen lau- fenden Zustrom neuer Ideen an die Hochschulen und Forschungseinrichtungen“ zu ermöglichen.50 Und weiter heißt es: „Es (das Wissenschaftszeitvertragsgesetz) stellt zu dem sicher, dass sich jede Generation von Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftlern qualifizieren kann, weil nicht alle Mittelbau-Stellen mit Dauerpersonal be- setzt sind. Dies ist auch deshalb sachgerecht, weil die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Quali- fizierungsphase noch nicht auf eine wissenschaftliche Karriere fixiert sind, so dass in dieser Phase zu einem großen Teil für den allgemeinen Arbeitsmarkt ausgebil- det werden.“ 51
Das Bundesverfassungsgericht hat nicht zur die Zu- lässigkeit sondern sogar die Notwendigkeit einer derar- tigen Befristungsregelung festgestellt, damit die aus Art. 5 Abs. 3 GG folgende Aufgabe einer sachgerechten För- derung des akademischen Nachwuchses verwirklicht
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BT-Drucksache 18/6489 vom 28.10. 2015, S. 7.
Siehe oben I. (S.4) sowie Fußnote 18.
Statistischen Bundesamt, Promovierende in Deutschland – Win- tersemester 20142015, S.39.
BT-Drucksache 18/6489 vom 28.10. 2015, S. 7. BT-Drucksache 18/6489 vom 28.10. 2015, S. 7.
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werden kann. „Kontinuierliche Nachwuchsförderung in Arbeitsverhältnissen kann nur betrieben werden, wenn die beschränkt vorhandenen Stellen immer wieder frei werden.“52 Damit wird deutlich, dass der wissenschaftli- che Nachwuchs in der Regel zulässiger und notwendiger Weise sich in einem befristeten Arbeitsverhältnis befin- det. Diese Aussage ist insbesondere wegen des in der Presse aber auch von den Gewerkschaften53 immer wie- derkehrenden Vorwurfs der prekären, weil befristeten Arbeitsverhältnisse54 an Hochschulen hervorzuheben. Hier wird deutlich, dass in Bezug auf den wissenschaftli- chen Nachwuchs die Arbeitsverhältnisse aber auch die Personalentwicklung für diesen Personenkreis gerade nicht mit jenen/jener in der Industrie verglichen oder aber auch gleichgesetzt werden kann. Eben weil neben der individuellen Förderung und Betreuung der Nach- wuchswissenschaftler/innen die Hochschulen auch die grundsätzliche Aufgabe obliegt, die Förderung des wis- senschaftlichen Nachwuchses zu gewährleisten, diesen für den Arbeitsmarkt und im Regelfall nicht nur für wis- sentliche Einrichtungen zu qualifizieren, sind die Ar- beitsverhältnisse auch in der Regel befristet.
Aus diesem Grunde muss auch die Personalentwick- lung für diesen Personenkreis grundsätzlich die Intenti- on haben, einen Karriereweg außerhalb der eigenen Hochschule aber auch außerhalb der Wissenschaft zu bedenken. Das alles widerspricht dem Verständnis einer Personalentwicklung in der Industrie. Diese hat in der Regel einen Unternehmens bezogenen Ansatz, in dem u. a. als Erfolgsfaktor für eine gelungene Personalentwick- lung eine geringe Personalfluktuation angesehen wird.55 Wegen der Aufgabe für die Allgemeinheit, die auch dar- in zum Ausdruck kommt, dass die Hochschulen in der Regel öffentlich-rechtliche Körperschaften und eben nicht Unternehmen sind, war und ist es ein Erfolgsindi- kator für Hochschulen, wie viele ihrer Nachwuchswis- senschaftler/innen einen „Ruf “ erhalten oder aber Füh- rungspositionen außerhalb der Hochschule erreichen. Die Fluktuation ist – im Gegensatz zum allgemeinen Ziel der Personalentwicklung – ein Erfolgsindikator für Hochschulen. Mit dieser Aussage soll nicht Gegenrede
- 52 BVerfG 1 BvR 712/86, Rdnr. 111, http://www.bundesverfas- sungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/1996/04/ rs19960424_1bvr071286.html, zuletzt abgerufen am 8. April 2018.
- 53 GEW: 93 Prozent der Stellen befristet, „Die Zahl der wissen- schaftlichen Nachwuchskräfte steigt: Im Jahr 2000 waren 82.400 von ihnen hauptberuflich an Hochschulen beschäftigt, 2014 fast 145.000 – ein Zuwachs von 76 Prozent. Fast alle von ihnen haben jedoch Zeitverträge“. Abzurufen unter: https://www.gew.de/ak- tuelles/detailseite/neuigkeiten/93-prozent-der-stellen-befristet/, zuletzt abgerufen am 25.April 2018.
- 54 So etwa „Es zählt nicht der Abschluss, sondern was man daraus macht in Spiegel online vom 22.3. 2018, http://www.spiegel.de/
gegen das Ziel der Verwaltungsvereinbarung, Karriere- wege für den wissenschaftlichen Nachwuchs besser plan- barer und transparenter zu gestalten sowie eine im Durchschnitt frühere Entscheidung über den dauerhafte Verbleib von Nachwuchswissenschaftler/-innen im Wis- senschaftssystem ermöglichen, gehalten werden. Aber selbst wenn neben den 1000 W1 und W2-Tenure-Track- Stellen aus diesem Programm die Hochschulen mit eige- nen Mittel und Stellen die Anzahl der Tenure-Track- Professuren vervielfältigen, wird auch zukünftig der überwiegende Teil des wissenschaftlichen Nachwuchses nach der Qualifizierungsphase die Hochschule aber auch das Wissenschaftssystem als solches verlassen. Dies bringt auch die Verwaltungsvereinbarung zum Aus- druck, wonach auch Karrierewege außerhalb der Hoch- schule bedacht und bei Karrierewegen zur Professur die TT-Professur neben dem herkömmlichen Berufungs- verfahren etabliert werden soll.56
1. Die Befristungstatbestände
Kurz zusammengefasst ist in § 2 Abs. 1 WissZeitVG gere- gelt, dass das Arbeitsverhältnis von nicht Promovierten bis zur Dauer von sechs Jahren (1. Qualifizierungsphase) befristet werden kann, wenn die befristete Beschäftigung zur Förderung der wissenschaftlichen oder künstleri- schen Qualifikation erfolgt. Nach einer abgeschlossenen Promotion (2. Qualifizierungsphase) ist eine Befristung bis zu einer Dauer von sechs Jahren, im Bereich der Medizin bis zu einer Dauer von neun Jahren, zulässig, wenn die befristete Beschäftigung der Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifi- zierung erfolgt. Die jeweilige Konkretisierung der Befris- tung – nämlich zum Zweck der Qualifizierung – wurde durch die Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgeset- zes 201657 eingefügt. Jedoch gibt das Wissenschaftszeit- vertragsgesetz auch nach dieser Novellierung kein for- males Qualifizierungsziel etwa in Gestalt einer Promoti- on oder Habilitation vor. Ausdrücklich wird hinsichtlich beider Qualifizierungsphasen in der Begründung her- vorgehoben, dass diese wissenschaftliche Qualifizierung weniger als Fixierung auf den Erwerb der formalen Qua-
lebenundlernen/schule/anja-karliczek-was-die-neue-bildungsmi- nisterin-will-a-1199330.html, zuletzt abgerufen am 8. April 2018, Flexible Dienstleister der Wissenschaft, in Frankfurter Allgemei- ne Zeitung vom 21.03.2018.
55 S. Bimmler, A. Kleinert, M. Bonhage: Nachhaltigkeit von Perso- nalentwicklungsmaßnahmen, S. 13 f. , abzurufen unter http:// www.mes-partner.de/frontend/media/downloads/downloads/ nachhaltigkeit-von-pe.pdf, letztmalig abgerufen am 27.März 2018.
56 Siehe Präambel er Verwaltungsvereinbarung, 3. Absatz sowie § 1 e) der Verwaltungsvereinbarung.
57 BT-Drucksache 18/6489 vom 28.10. 2015, S. 5.
lifikation „Promotion“ oder „Habilitation“ sondern viel- mehr auf den Erwerb wissenschaftlicher Kompetenzen zu verstehen ist, eben weil nur ein kleiner Teil des wis- senschaftlich Qualifizierten auf Dauer in der Wissen- schaft verbleiben soll und damit auch kann.58 Hinsicht- lich der 1. Qualifizierungsphase dürfte und sollte dies insoweit nicht dem Selbstverständnis der Hochschulen und auch nicht den tatsächlichen Gegebenheiten ent- sprechen, denn im Regelfall sollte und wird auch in der 1. Qualifizierungsphase die Promotion angestrebt wer- den, aber auch andere Qualifikationsziele sind in dieser Phase nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz zuläs- sig. Wichtig sind aber in diesem Kontext die Aussagen in der Gesetzesbegründung, dass der Kompetenzerwerb in der Wissenschaft mehr beinhalten muss, als die Vorbe- reitung auf eine wissenschaftliche Tätigkeit in Forschung und Lehre, und das Ergebnis der Qualifizierungsphasen zu einer beruflichen Karriere auch und gerade außerhalb der Wissenschaft befähigen soll.59 Insoweit entbehrt es jeglichen Realitätssinns und auch Kenntnis, wenn in der Presse der Vorwurf gemacht wird: „Die meisten Dokto- randen haben keine Chance jemals eine Professur zu ergattern“.60 Hier kann nur erwidert werden, das sollen und wollen sie auch gar nicht.
Insgesamt ist der Ansatz des Wissenschaftszeitver- tragsgesetzes, für die beiden Qualifikationsphasen vor und nach einer Promotion sinnvolle und angemessene61 Zeiträume vorzugeben und so letztendlich die Gruppe des wissenschaftlichen Nachwuchses zu umschreiben, ein sehr sinnvoller. Es bringt zum Ausdruck, dass die Qualifizierungsphasen befristet Möglichkeiten zur Wei- terentwicklung geben, aber nach diesen Zeiträumen in der Regel (die Ausnahme ist die Juniorprofessur) eine praktische Anwendung im beruflichen Alltag außerhalb der anstellenden Hochschule zu erfolgen hat. Demge- genüber ist der vom Statistischen Bundesamt gewählte Ansatz, auf der Basis des Durchschnittsalters der Nach- wuchskräfte beim Promotionsabschluss bzw. auf der Ba- sis des durchschnittlichen Eintrittsalters bei Übernahme einer Professur das Lebensalter (bis 35 für Nichtpromo- vierte und 45 für Promovierte)62 als ein Kriterium zu wählen, wenig zielführend, denn das Lebensalter für eine Promotion oder auch eine Berufung kann sehr un- terschiedliche biographische (etwa 2. Bildungsweg, späte Promotion im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit) oder
aber fächerspezifische (in den Ingenieurwissenschaften wird in der Regel aus der Praxis und ohne Habilitation berufen) Gründe haben.
Zu ergänzen ist noch die Befristungsmöglichkeit nach § 2 Abs.2 WissZeitVG. Danach kann wissenschaft- liches Personal befristet eingestellt werden, wenn die Be- schäftigung überwiegend aus Mitteln Dritter finanziert wird, die Finanzierung für eine bestimmte Aufgabe und Zeitdauer ist und die Mitarbeiter/in überwiegend der Zweckbestimmung dieser Mittel entsprechend beschäf- tigt wird. Durch die Novelle des Gesetzes 2016 wurde hier noch hinzugefügt, dass die vereinbarte Befristungs- dauer dem bewilligten Projektzeitraum entsprechen soll. Grundsätzlich werden viele Promovierende aus Dritt- mitteln finanziert, aber in diesen Fällen wählen die Hochschulen dann trotzdem in der Regel die sachgrund- lose Befristung gem. § 2 Abs. 1 WissZeitVG, da im Streit- fall oftmals schwer zu beweisen ist, dass der/die Mitar- beiter/in tatsächlich überwiegend der Zweckbestim- mung der Drittmittel entsprechend beschäftigt wird. Deshalb werden Wissenschaftler/innen häufig dann auf der Basis von § 2 Abs.2 WissZeitVG beschäftigt, wenn die Qualifizierungszeiten nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG ausgeschöpft sind. Hier ist die Kritik, die die Hochschu- len vor der Novelle des WissZeitVG erfahren mussten, absolut zutreffend. Die Hochschulen haben hier eine Verantwortung, nach einer Qualifizierungsphase von bis zu 12 Jahren entweder ein Dauerarbeitsverhältnis anzu- bieten oder aber schon in einem früheren Zeitpunkt das Ende des Arbeitsverhältnisses und den Wechsel in eine Tä- tigkeit außerhalb der Hochschule mit dem/der Betroffenen zu besprechen. Vor allem aber fallen diese Personen nicht mehr unter die Gruppe des wissenschaftlichen Nachwuch- ses, weil eben der wissenschaftliche Nachwuchs aus den Personen besteht, die sich an einer Hochschule nach einem Hochschulabschluss oder einer Promotion wissenschaft- lich weiterqualifizieren und diese Qualifizierungsphasen eben auf insgesamt 12 Jahr befristet sind.
2. Erfordernis der eigenen wissenschaftlichen Qualifikation
Aber was bedeutet nun für die Hochschulen, dass nach der Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes 2016 die befristete Beschäftigung einer/einer Nachwuchswissen- schaftlers/-wissenschaftlerin der Förderung der eigenen wissenschaftlichen Qualifikation zu dienen hat. Grundsätz-
nisterin-will-a-1199330.html , zuletzt abgerufen am 8. April 2018. 61 So auch U. Preis/ D. Ulber, WissZeitVG, Kommentar zum Wis-
senschaftszeitvertragsgesetz, 2.Auflage, 2017, § 2 Rdnr. 17.
62 Statistisches Bundesamt (2014): Indikatorenmodell für die Be-
richterstattung für die Berichterstattung zum wissenschaftlichen Nachwuchs, Endbericht, S.13.
58
59 60
BT- Drucksache 18/6489 vom 28.10. 2015, S. 10, 4. und 5. Absatz, wobei hinsichtlich der 2. Qualifizierungsphase auf die Aussagen zur 1. Qualifizierungsphase verwiesen wird.
BT-Drucksache siehe Fußnote zuvor.
So etwa „Es zählt nicht der Abschluss, sondern was man daraus macht“ in Spiegel online vom 22.3. 2018, http://www.spiegel.de/ lebenundlernen/schule/anja-karliczek-was-die-neue-bildungsmi-
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lich hat die Rechtsprechung und hier insbesondere das Bundesarbeitsgericht bereits zur Rechtslage von vor 2016 darauf abgestellt, dass die auf der Basis des Wissen- schaftszeitvertragsgesetzes vereinbarten wissenschaftli- chen Tätigkeiten der eigenen Qualifikation dienen.63 Deshalb wird in der Literatur vertreten, dass mit der Änderung 2016 keine substantielle Verschärfung der gesetzlichen Voraussetzungen der Befristung verbunden sei.64 Schon die Formulierung „keine substantielle Ver- änderung“, lässt eine gewisse Unsicherheit zu Tage tre- ten, wie die Rechtsprechung diese Änderung auslegen wird. Aber unabhängig von der zukünftigen Rechtspre- chung sollten die Hochschulen die Änderung des Wis- senschaftszeitvertragsgesetzes zum Anlass nehmen, mit den Sonderbefristungsgründen verantwortungsvoll und im Sinne ihrer Aufgabe, den wissenschaftlichen Nach- wuchs zu fördern – und hierzu gehört die Fürsorge für den/die einzelne/n Nachwuchswissenschaftler/in ebenso wie jene, durch rechtssichere befristete Arbeitsverträge auch zukünftig den wissenschaftlichen Nachwuchs för- dern zu können – um zu gehen. Dies bedeutet, dass der Abschluss eines Arbeitsvertrages nicht eine allein von der Hochschulverwaltung zu beachtende und einzuhal- tende Formalie angesehen wird, sondern dass zwischen dem/der Hochschullehrer/in und dem /der einzustellen- den Nachwuchswissenschaftler/in im Vorfeld des Arbeitsvertrages aber auch bei Vertragsverlängerungen nicht nur die Tätigkeiten, sondern auch die damit ver- bundene angestrebte Qualifizierung vereinbart wird. Dies muss – wie schon ausgeführt65 – nicht ein ange- strebtes Qualifizierungsziel wie etwa eine Promotion oder Habilitation sein, sondern die Qualifizierung kann etwa in der Vertiefung der eigenen Kenntnisse und Erfahrungen in Forschung und Lehre oder aber im Pro- jektmanagement bestehen66. Das sollte dann auch in den Arbeitsertrag Eingang finden und es sollte selbstver- ständlich sein, dass Arbeitsvertrag und gelebte Praxis eine Einheit sind. Damit würde auf jeden Fall den Anfor- derungen des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes ent- sprochen, auch wenn durch die Änderung des Wissen- schaftszeitvertragsgesetzes 2016 die sachgrundlose Befristung aufrechterhalten bleiben67 und daher das Erfordernis der eigenen wissenschaftlichen oder künst-
- 63 BAG vom 1. Juni 2011, Rdnr.37, abzurufen unter: https://juris. bundesarbeitsgericht.de/zweitesformat/bag/2015/2015–03-20/7_ AZR_827-09.pdf, zuletzt abgerufen am 13. 4.2018.
- 64 U. Preis/ D. Ulber, WissZeitVG, Kommentar zum Wissenschafts- zeitvertragsgesetz, 2.Auflage, 2017, § 2 Rdnr.9 mit weiteren Nachweisen.
- 65 Siehe III 1.
- 66 BT- Drucksache 18/6489 vom 28.10. 2015, S. 10, 4. Absatz.
- 67 BT-Drucksache, eben da, 1. Absatz.
- 68 U. Preis/ D. Ulber, WissZeitVG, Kommentar zum Wissenschafts-
lerischen Qualifikation keinen spezifischen Sachgrund darstellen soll.68
Nicht ganz überzeugend erscheint die Begründung, warum das mit der Novelle 2016 eingefügte Erfordernis der eigenen Qualifikation kein selbständig zu prüfendes Tatbestandsmerkmal sein soll, indem auf die Gesetzes- begründung zur § 57a HRG a. F. und damit den Vorläu- fer des jetzigen Wissenschaftszeitvertragsgesetzes ver- wiesen wird69. Darin war ausgeführt worden, es werde bei dem wissenschaftlichen Personal unterstellt, dass ihre Beschäftigung der eigenen Aus‑, Fort- und Weitbil- dung diene70 bzw. innerhalb der Befristungshöchstdauer nicht mehr geprüft werden müsse, ob die befristete Be- schäftigung zur Aus‑, Fort- und Weitbildung erfolgt.71. Da die Novelle 2016 auf einer Gesetzesevaluation in 2011 beruht und es in der Gesetzesbegründung heißt, es solle sich „künftig klar aus dem Wissenschaftszeitvertragsge- setz“ ergeben, dass die sachgrundlose Befristung nur zu- lässig ist, wenn die befristete Beschäftigung zur Förde- rung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung erfolgt,72 ist mit einer Überprüfung durch die Arbeitsgerichte und einer Fokussierung auf diesen Gesetzespassus zu rechnen. Deshalb sollte die Möglich- keit der Qualifikation in den Arbeitsvertrag aufge- nommen oder zumindest im Zuge des Vertragsab- schusses dokumentiert werden. Dass in Folge Arbeits- vertrag und gelebte Praxis eine Einheit sind, ist vor allem die Aufgabe der Hochschullehrer/innen, denn ihnen ob- liegt als Dienstaufgabe die Förderung des wissenschaftli- chen Nachwuchses73 und sie sind in der Regel die Vorge- setzten des wissenschaftlichen Nachwuchses. Etwas ande- res kann dann gelten, wenn die Hochschule einen haupt- amtlichen Dekan (Dean) hat, dem auch die Personalverantwortung für das wissenschaftliche Personal obliegt. Soweit die Hochschullehrer/innen diese Aufgabe an Mitarbeiter/innen delegieren, haben sie die Pflicht, die Einhaltung der gesetzlichen Dienstpflichten aber auch der arbeitsvertraglichen Pflichten zu gewährleisten. Letztend- lich ist die Verpflichtung, dem wissenschaftlichen Nach- wuchs eine eigene Qualifikation zu ermöglichen, eine Kon- kretisierungderAufgabederFörderungdeswissenschaft- lichen Nachwuchses und damit eine Konkretisierung der Dienstaufgaben der Hochschullehrer/innen. Es wäre
zeitvertragsgesetz, 2.Auflage, 2017, § 2 Rdnr. 8 mit weiteren
Nachweisen.
69 So U. Preis/ D. Ulber, WissZeitVG, Kommentar zum Wissen-
schaftszeitvertragsgesetz, 2.Auflage, 2017, § 2 Rdnr. 8 mit weite-
ren Nachweisen.
70 BT-Drucksache 14/6853, S. 30.
71 BT-Drucksache 14/6853, S. 20.
72 BT-Drucksache 18/6489, S. 1.
73 Siehe oben II., insbesondere Nachweise in Fußnote 31.
und ist zeitgemäß, die Erfüllung dieser vertraglichen Verpflichtung in regelmäßigen Mitarbeiter/-innenge- sprächen zwischen dem Vorgesetzten und dem Beschäftig- ten zu reflektieren. Gegenstand dieser Gespräche sollten der Fortschritt der Qualifizierung, mögliche Qualifizie- rungsziele und deren Realisierungsmöglichkeiten, die Be- fristung des Arbeitsvertrages, Möglichkeiten einer Verlän- gerung und die weitere berufliche Entwicklung innerhalb oder vor allem auch außerhalb der Hochschule.
Ergänzendistnochdaraufhinzuweisen,dassgeradein Hinblick auf die Qualifikation viele Hochschulen Personal- entwicklungskonzepte entwickelt haben, in denen die Qua- lifizierungdesWissenschaftlichenNachwuchsesinGestalt einer fachlichen und überfachlichen Qualifizierung vorge- sehen sind74 und eben von entsprechenden Angeboten in der Hochschule begleitet werden. Diese Tendenz und Ent- wicklung wurde durch die Verwaltungsvereinbarung des BundesundderLänder75verstärkt,dahierinin§5Abs.1 ein Personalentwicklungskonzept für das gesamt wissen- schaftliche Personal als Antragsvoraussetzung verlangt wird.
IV. Sonstige Regelungen
Die Landeshochschulgesetze aber auch die Bundesgeset- ze zeigen, dass die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses eine herausragende Aufgabe der Hoch- schulen ist. Zu den dargestellten gesetzlichen Regelun- gen sind auf Bundes- und Landesebene zahlreiche Rege- lungen/Vereinbarungen/Empfehlungen hinzugekom- men, um diese Förderung aber auch die Pflichten und Rechte der Hochschulen und insbesondere der Hoch- schullehrer/innen und des wissenschaftlichen Nach- wuchses zu konkretisieren. Neben der Verwaltungsver- einbarung und darauf basierend der Förderung von 1000 W1- und W2-Tenure-Track Stellen gibt es auf Bundes- ebene Regelungen und Orientierungsrahmen wie etwa
- 74 Vgl. die Erhebung des Deutschen Stifterverbandes, abzurufen unter: https://www.stifterverband.org/akademische-personalent- wicklung zuletzt abgerufen am 22.april2018.
- 75 Nachweis siehe Fußnote 1.
- 76 Abzurufen unter: https://www.wissenschaftsrat.de/download/ar-chiv/4009–14.pdf, zuletzt abgerufen am 15. April 2018 April 2018.
- 77 Abzurufen unter: https://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/1704–11.pdf, zuletzt abgerufen am 15.
- 78 Abzurufen unter: https://www.hrk.de/uploads/tx_szconvention/HRK_Empfehlung_Orientierungsrahmen_13052014.pdf, zuletztabgerufen am 15. April 2018.
- 79 Abzurufen unter: https://www.hrk.de/positionen/beschluss/detail/leitlinien-fuer-die-ausgestaltung-befristeter-beschaeftigungsverha- eltnisse-mit-wissenschaftlichem-und‑k/, zuletzt abgerufen am 15. April 2018.
- 80 Abzurufen unter: http://www.dfg.de/formulare/1_90/1_90.pdf, letztmalig abgerufen am 15.April 2018.
vom Wissenschaftsrat die „Empfehlungen zu Karriere- zielen und ‑wegen an Universitäten (2014)“76 und das „Positionspapier Anforderungen an die Qualitätssiche- rung der Promotion (2011)“77, von der Hochschulrekto- renkonferenz der „Orientierungsrahmen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses nach der Promoti- on und akademischer Karrierewege neben der Profes- sur“ vom 13. Mai 201478 und die „Leitlinien für die Aus- gestaltung befristeter Beschäftigungsverhältnisse mit wissenschaftlichem und künstlerischem Personal“ (2012)“79 sowie von der Deutschen Forschungsgemein- schaft die „Empfehlungen für das Erstellen von Betreu- ungsvereinbarungen“ DFG-Vordruck 1.90- 10 /14.80 Auch auf Länderebene wurden insbesondere zu drei Themen, die mittels Vereinbarungen oder aber Gesetzes- änderungen sich diesem Thema widmen, Regelungen/ Empfehlungen/ Vereinbarungen erlassen bzw. getroffen worden (wobei die nachfolgende Auflistung nicht abschließend ist):
1. Vereinbarungen, Empfehlungen und Regelungen zur Befristung von Beschäftigungsverhältnissen:
Hier sind beispielhaft zu nennen: „Perspektive 2020“ Hochschulfinanzierungsvertrag in Baden-Württemberg, worin sich die Hochschulen verpflichten, Selbstver- pflichtungen zur Befristung von Arbeitsverhältnissen von wissenschaftlichem und nichtwissenschaftlichem Personal zu verabschieden81 und die „Richtlinie der Landesrektorenkonferenz Baden-Württemberg für die Befristung von Arbeitsverträgen von Wissenschaftlichen Mitarbeitern“,82 die „Grundsätze der staatlichen bayeri- schen Hochschulen zum Umgang mit Befristungen nach dem WissZeitVG und zur Förderung von Karrierepers- pektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs,83 Code of Conduct „Prekäre Beschäftigungsverhältnisse in der Wissenschaft“ von Hamburg,84 die „Dortmunder Erklä- rung zu Musterleitlinien guter Beschäftigungsbedingun-
81 „Perspektive 2020“ Hochschulfinanzierungsvertrag Baden-Württem- berg 2015–2020, abzurufen unter: https://mwk.baden-wuerttemberg.de/ de/service/publikation/did/perspektive-2020-hochschulfinanzierungs- vertrag-baden-wuerttemberg-2015–2020 zuletzt abgerufen am 13. April 2018.
82 Abzurufen unter: https://www.uni-heidelberg.de/md/zuv/per- sonal/rundschreiben/beschluss_lrk_befristungsrichtlinie.pdf, letztmalig abgerufen am 19.April 2018.
83 Abzurufen unter: file:///C:/Users/up5689/AppData/Local/Mi- crosoft/Windows/INetCache/IE/YFDV2653/grundsaetze_befris- tungen.pdf, zuletzt abgerufen am 13.April.
84 Abzurufen unter: http://www.buergerschaft-hh.de/ParlDok/ dokument/43995/faire-arbeitsbedingungen-für-gute-wissenschaft- stellungnahme-des-senats-zu-dem-ersuchen-der-bürgerschaft-vom- 23-mai-2012-„sicherung-von-kontinuität.pdf, letztmalig zuletzt am 13. April 2018.
Barnstedt · Die Verantwortung der Hochschulen 2 3 3
234 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 3 (2018), 223–238
gen für das Personal an den nordrhein-westfälischen Universitäten“85 sowie den „Vertrag zwischen dem Land Nordrhein-Westphalen und die dortigen Hochschulen über gute Beschäftigungsbedingungen für das Hoch- schulpersonal“,86 den „Rahmenkodex über den Umgang mit befristeter Beschäftigung und die Förderung von Karriereperspektiven an den Hochschulen in Freistaat Sachsen“.87
Auf der Basis dieser Regelungen/ Empfehlungen/ Vereinbarungen zur Befristung von Beschäftigungsver- hältnissen aber auch unabhängig davon wurden gerade- zu bundesweit an allen Hochschulen weitere Regelungen erlassen oder Vereinbarungen88 getroffen, die häufig für alle Beschäftigungsverhältnisse vor allem aber für den wissenschaftlichen Nachwuchs gelten. Darin werden die (Mindest-) Dauer und Laufzeiten von befristeten Ar- beitsverträgen, die zeitliche Höchstdauer von befristeten Beschäftigungsverhältnissen und einer Post-Doc-Phase, die Kongruenz von Befristungsdauer und Befristungs- grund, die Ausgestaltung der Qualifizierungsphase, Fris- ten für die Entscheidung über Vertragsverlängerungen sowie Höchstdauer von befristeten Arbeitsverträgen bei Drittmittel finanzierten Verträgen geregelt. Diese gera- dezu flächendeckende Beschäftigung in den Hochschu- len mit Rahmenbedingungen für befristete Arbeitsver- träge, den Befristungszeiten und der Befristungsdauer zeigt, dass die Diskussion um die Novelle des Wissen- schaftszeitvertragsgesetzes, aber auch die massive Kritik in der Öffentlichkeit, insbesondere in der Presse,89Früchte getragen haben. Es zeigt aber auch, dass die Hochschu- len sich damit intensiv auseinandersetzen und ihrer Ver- antwortung nachkommen, allen Wissenschaftlern/Wis- senschaftlerinnen und insbesondere dem wissenschaftli- chen Nachwuchs gute und planbarere Arbeitsverträge und ‑bedingungen zu bieten. Es ist abzuwarten, ob sich auch tatsächlich etwas ändern wird. Dies ist vor allem in
- 85 Abzurufen unter: http://www.lrk-nrw.de/lrk/aktuelles/ pressemiteilungen/437–01122014-dortmunder-erklaerung- zu-muster-leitlinien-guter-beschaeftigungsbedingungen.html, letztmalig abgerufen am 13. April 2018.
- 86 Abzurufen unter: https://www.mkw.nrw/fileadmin/Medien/Doku- mente/Hochschule/Vertrag_über_gute_Beschäftigungsbedingun- gen.pdf, zuletzt abgerufen am 15. April 2018.
- 87 Abzurufen unter: http://www.studieren.sachsen.de/download/ Rahmenkodex.pdf, zuletzt abgerufen am 15. April 2018.
- 88 Eine nicht vollständige aber doch sehr umfassende Übersicht gibt die Veröffentlichung der GEW, Kodizes für gute Arbeit in der Wis- senschaft wieder. Abzurufen unter: https://www.gew.de/fileadmin/ media/publikationen/hv/Hochschule_und_Forschung/Broschu- eren_und_Ratgeber/Kodizes_Gute_Arbeit_Wissenschaft_2017. pdf, zuletzt abgerufen am 19. April 2018, die Übersicht ist dem Inhaltsverzeichnis S. 4 — 12.
- 89 So etwa die FAZ vom 10.8. 2014, Befristet, aber nicht beschränkt
den Fällen schwierig, wenn Drittmittelfinanzierungen gegeben sind. Das große Drittmittelaufkommen – man- che Hochschulen verdoppeln mittels Drittmittel ihren Landeshaushalt90– ist ein Erfolgsindikator von Hoch- schulen und aus Gründen der Qualitätssicherung durch kompetitive Verfahren aber auch wegen der begrenzten Landesmittel notwendig, jedoch in Folge der nur befris- teten Verfügbarkeit dieser Mittel zugleich ein Problem. Oftmals sind die Drittmittel nur gering und lassen daher nur kurzzeitige Beschäftigungen zu. Dies führt zum Ab- schluss befristeter und bisweilen dann eben auch kurz- fristiger Verträge.
2. Vereinbarungen und Regelungen zur Betreuung von Promovierenden
Die Betreuung und Begleitung der Promivierenden durch den Doktorvater oder ‑mutter ist eine alte Traditi- on, deren Ausgestaltung aber von sehr unterschiedlicher Intensität und auch Qualität ist. In drei Landeshoch- schulgesetzen ist vorgesehen, dass zwischen Betreuen- den und Promovierenden eine Promotionsvereinbarung abzuschließen ist. Dies ist in § 38 Abs. 5 LHG B.-W.,91 § 66 Abs. 2 HochSchG NRW92 und § 69 Abs. 6 SHSG93 vorgesehen. Noch wesentlich umfassender sind in eini- gen Bundesländern Vereinbarungen/ Regelungen über die Betreuung und Begleitung der Promovierenden, die- se sehen z. B. neben dem Verfahren zur Auswahl und Annahme von Promovierenden, der Dauer von Promo- tionen auch Promotions- oder Betreuungsvereinbarun- gen vor. Beispiele hierfür sind: die „Qualitätsstandards für Promotionsverfahren an den Universitäten“ der Kon- ferenz der hessischen Universitätspräsidenten,94 die „Leitlinien zur Qualitätssicherung in Promotionsverfah- ren“- Gemeinsame Position der Landeshochschulkonfe- renz Niedersachsen und des Niedersächsischen Ministe- rium für Wissenschaft und Kultur95 und der „Rahmen-
90 Siehe auch Frankfurter Rundschau vom 21. April 2018, S. 21: „Drittmittel werden immer wichtiger“.
91 Gesetz über die Hochschulen in Baden-Württemberg (Lan- deshochschulgesetz — LHG) vom 1. Januar 2005 (GBl. 2005, S. 1) in der Fassung des Gesetzes vom 7. November 2017 (GBl. S. 584).
92 Gesetz über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (Hochschulgesetz — HG) vom 16. September 2014 (GV. NRW. S. 547) (1) in der Fassung von Artikel 3 des Gesetzes vom 17. Oktober 2017 (GV. NRW. S. 806) (2).
93 Saarländisches Hochschulgesetz (SHSG) vom 30. November 201 (Amtsblatt 2016, S. 1080).
94 Abzurufen unter: https://www.uni-kassel.de/uni/uploads/media/ Anlage__KHU-Empfehlung_zu_kooperativen_Promotionen.pdf, Anlage 2, zuletzt abgerufen am 13. April 2018.
95 Abzurufen unter http://www.lhk-niedersachsen.de/fileadmin/ user_upload/Gemeinsame_Position_Leitlinien_Promotion_final. pdf zuletzt abgerufen am 13. April 2018.
kodex über den Umgang mit befristeter Beschäftigung und die Förderung von Karriereperspektiven an den Hochschulen in Freistaat Sachsen“,96 wobei hier in Art. 4, 2. c) eine Betreuungsvereinbarung für alle wissen- schaftlichen Nachwuchskräfte vorgesehen ist.
Mit diesen Regelungen wird die Verantwortung der Hochschulen für die größte Gruppe innerhalb des wissen- schaftlichen Nachwuchses, nämlich die Promovierenden, konkretisiert und die Gestaltung der Betreuung und Beglei- tung vorgegeben. Zeitlich gesehen deutlich früher wurde bereits in § 12 HRG und in vielen Hochschulgesetzen eine stärkere Betreuung und Begleitung der Promovierenden durch die Regelung von postgradualen Studiengängen auf- genommen.97 Diese Art der strukturierten Doktoranden- ausbildung wurde maßgeblich durch die Förderpraxis der Deutschen Forschungsgemeinschaft mittels des Graduier- tenkollegs, aber auch die Exzellenzinitiative mit den Gradu- iertenschulen, wobei bei durch Letztere auch Post-Doc- Stellen gefördert werden, vorangetrieben. Viele Hochschu- len haben inzwischen darüber hinaus eigene Promotions- kollegs gegründet.
Hinsichtlich der landesrechtlichen Regelungen bezüg- lich der Promotions- oder Betreuungsvereinbarungen zwi- schen Betreuenden und Promovierenden werden von M. Löwisch/ T. Würtenberger, soweit diese verpflichtend zwi- schen beiden Personen abzuschließen sind, verfassungs- rechtliche Bedenken in Gestalt eines Verstoßes gegen Art.5 Abs. 3 GG geltend gemacht.98 Zunächst muss insoweit darauf hingewiesen werden, dass die drei genannten Hoch- schulgesetze sehr unterschiedliche Inhalte haben. Die ba- den-württembergische und die saarländische Regelungen sehen verpflichtend eine solche Promotionsvereinbarung und einen Mindestinhalt vor (Zeitpläne, Regelungen zur Lösung von Konflikten, die jeweiligen Aufgaben und Pflich- te etc., die in der Promotionsvereinbarung zu konkretisie- ren sind), während § 67 Abs. 2 HochSchG NRW lediglich regelt, dass die Hochschulen den Abschluss einer Betreu- ungsvereinbarung zu gewährleisten haben. Damit werden wohl die verfassungsrechtlichen Bedenken nur hinsichtlich der baden-württembergischen und der saarländischen Re-
- 96 Abzurufen unter: http://www.studieren.sachsen.de/download/ Rahmenkodex.pdf, zuletzt abgerufen am 13. April 2018.
- 97 Vgl. für die Nachweise landesgesetzlicher Regelungen Fußn.41.
- 98 M. Löwisch /T. Württemberger, Betreuungsvereinbarungen inPromotionsverfahren in Ordnung der wissen-schaft 2014, S. 103ff, 107f.
- 99 BVerfG 1 BvR 712/86, Rdnr. 111, http://www.bundesverfas-sungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/1996/04/ rs19960424_1bvr071286.html, zuletzt abgerufen am 8. April 2018.
- 100 BVerfG 1 BvL 8/10, Abzurufen unter: https://www.bundesver- fassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2016/02/
gelungen erhoben. Berücksichtigt man aber, dass das Bun- desverfassungsgericht die Förderung des wissenschaftli- chen Nachwuchses als eine aus Art.5 Abs.3 GG folgende Pflicht99 und in seiner Entscheidung vom 17. Februar 2016 (also nach der Veröffentlichung von M. Löwisch/ T. Wür- tenberger) Qualitätssicherungsmaßnahmen zur Verfolgung eines Zieles mit Verfassungsrang als einen zulässigen Ein- griff in die vorbehaltlos gewährleistete Wissenschaftsfrei- heit angesehen hat,100 dann relativieren sich diese verfas- sungsrechtlichen Bedenken. Es dürfte unstreitig sein, dass die Qualität und Intensität der Betreuung von Promovie- renden sehr unterschiedlich ist und die genannten Rege- lungen, wie die Gesetzesbegründung101 zum Ausdruck bringt, der Qualitätssicherung dienen.
Zu ergänzen ist, dass in den Bundesländern mit allge- meinen Regelungen zur Betreuungsvereinbarung in Folge die Hochschulen konkretisierende Regelungen erlassen und etwa in ihre Promotionsordnungen aufgenommen ha- ben. Aber auch in Bundesländern ohne eine gesetzliche Re- gelung einer Betreuungsvereinbarung sehen inzwischen viele Hochschulen in ihren Promotionsordnungen Promo- tions- oder Betreuungsvereinbarungen vor, beispielhaft sei- en genannt die TU Berlin (Betreuungsvereinbarung auf freiwilliger Basis),102 LMU München (.…sollten eine Be- treuungsvereinbarung schließen),103 Universität Pots- dam (es wird eine Betreuungsvereinbarung abgeschlos- sen)104 usw.. Durch den Erlass derartiger Vorschriften wird in den Hochschulen das Bewusstsein für die Ver- antwortung gegenüber dieser Gruppe des wissenschaftli- chen Nachwuchses gestärkt und durch die konkrete Pro- motions- oder Betreuungsvereinbarung die Verantwort- lichkeit der Betreuenden aber auch der Betreuten kon- kretisiert aber auch bewusst gemacht.
Von praktischer aber auch juristischer Relevanz ist das Ver- hältnis von Promotions- oder Betreuungsvereinbarung und der nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz vorzusehenden Qualifikation im Rahmen des Arbeitsverhältnisses. Hier wird in der Literatur105 erörtert, dass im Rahmen des arbeitsrechtli- chen Vertrages Betreuungsvereinbarungen abgeschlossen werden sollen. Dies erscheint problematisch, denn die Promo-
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ls20160217_1bvl000810.html, zuletzt abgerufen am
So etwa —-Landtag-Drs.15/4684 Baden-Württemberg, S. 165f. Abzurufen unter: https://www.tu-berlin.de/fileadmin/f1/Promo- tion/Promotionsvereinbarung.pdf, zuletzt abgerufen am 21.April 2018.
Abzurufen unter: http://www.graduatecenter.uni-muenchen.de/ promotion/betreuung/gestaltung_promotion.pdf, zuletzt abgeru- fen am 21.April 2018.
Abzurufen unter: http://www.uni-potsdam.de/am-up/2014/am- bek-2014–06-221–222.pdf, zuletzt abgerufen am 21.April 2018.
105 U.Preis / D. Ulber, WissZeitVG, Kommentar zu Wissenschafts- zeitvertragsgesetztes, 2. Auflage, 2017, §2 Rdnr. 14.
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tions- bzw. Betreuungsvereinbarung ist ein öffentlich-rechtli- cher Vertrag,106 dessen rechtliche Behandlung und Bewertung nach anderen Regelungen und auch vor anderen Gerichts- zweigen als ein Arbeitsvertrag erfolgt (Betreuungs- oder Pro- motionsvereinbarung vor den Verwaltungsgerichten/ Arbeits- verträge vor den Arbeitsgerichten). Wird aber die Promotions- oder Betreuungsvereinbarung in den Arbeitsvertrag integriert oder mit diesem gekoppelt, besteht die Gefahr, dass die Promo- tions- oder Betreuungsvereinbarung Teil des Arbeitsvertrages und damit Gegenstand eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird. Ein Arbeitsvertrag unterliegt aber einer anderen Kontrol- le (Kontrolldichte) als ein öffentlich-rechtlicher Vertrag, weil im Arbeitsrecht andere Schutzpflichten und Rechte bestehen und die Parteien andere Rechte und Pflichten haben. Da aber das Wissenschaftszeitvertragsgesetz gerade nicht die Vereinba- rung eines Qualifikationszieles verlangt, sollten daher die Be- treuungs- oder Promotionsvereinbarungen nicht zum Gegen- stand des Arbeitsvertrages gemacht werden.
3. Regelungen zur Qualitätssicherung für Berufungsver- fahren und die Begleitung/Betreuung von Tenure- Track-Juniorprofessuren
Die Hochschulen haben in der Regel auf der Basis der landes- gesetzlichen Regelungen über das Berufungsverfahren von Hochschullehrer/innen Berufungsordnungen erlassen, die grundsätzlich auch für Juniorprofessuren und damit für eine Gruppe des wissenschaftlichen Nachwuchses gelten. Hinzu- kommen in den Landeshochschulgesetzen Sonderregelungen für W1- und z.T. auch W2-Tenure-Track-Professuren. So ver- langen manche Hochschulgesetze den Erlass von qualitätssi- cherndenVorschriftenfürdasBerufungsverfahrenvonJuni- orprofessuren, etwa Baden-Württemberg: § 48 Abs. 1 S. 4 LHG B.-W.,107 wonach Hochschulen ein Qualitätssicherungskon- zept für die Berufung von W1-Tenure-Track-Professuren
- 106 So auch M. Löwisch/ T. Würtenberger, Betreuungsvereinbarungen im promotionsverfahren, in Ordnung der Wissenschaft 2014, S. 103 ff.
- 107 Gesetz über die Hochschulen in Baden-Württemberg (Lan- deshochschulgesetz — LHG), vom 1. Januar 2005 geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. März 2018 (GBl. S. 85).
- 108 Abzurufen unter: https://mwk.baden-wuerttemberg. de/fileadmin/redaktion/m‑mwk/intern/dateien/pdf/ Forschungsf%C3%B6rderung/Ergebnispapier_-_Juniorprofes- suren_mit_verl%C3%A4sslichem_Tenure_Track.pdf, zuletzt abgerufen am 18. April 2018.
- 109 Bayerisches Hochschulpersonalgesetz (BayHSchPG) vom 23. Mai 2006 (GVBl. S. 230, BayRS 2030–1‑2-K), das zuletzt durch § 2 des Gesetzes vom 13. Dezember 2016 (GVBl. S. 369) geändert worden ist.
- 110 Bremisches Hochschulgesetz (BremHG vom 9. Mai 2007 (Brem. GBl. S. 339) in der Fassung von Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Juni 2017 (Brem.GBl. S. 263).
- 111 Gesetz über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (Hochschulgesetz — HG) vom 16. September 2014 (GV. NRW.
erlassen müssen. In Ausfüllung dieser gesetzlichen Regelung hat das Wissenschaftsministerium Baden-Württemberg die Rahmenbedingungen „Juniorprofessuren mit verlässlichem Tenure Track, Innovatives und richtungsweisendes Karriere- modell für den wissenschaftlichen Nachwuchs in Baden- Württemberg108 erlassen. Ähnliche gesetzliche Vorgaben gibt es u.a. in Bayern: Art. 18 Abs. 3 Satz 5 Bayerisches Hochschul- personalgesetz (BayHSchPG) (Qualitätssicherungskonzepte für die Berufung von W1- und W2-Tenure-Track-Professuren werden durch die Hochschulen geregelt),109 Bremen: § 18 Abs.4 BremHG (Hochschulen haben Qualitätsstandards zu regeln),110 Nord-Rheinwestfalen: § 38 Abs. 4 HG NRW (Beru- fungsordnung der Hochschulen regelt Qualitätssicherung über Entscheidungskriterien einschließlich der Leistungsbe- wertung),111 Rheinland-Pfalz: §§ 50 Abs. 1, 3 i. V. m. 55 Hoch- SchG (die Hochschule hat ein Qualitätssicherungskonzept, wobei dies auch für die Berufung von Nachwuchsgruppenlei- tern/ ‑leiterinnen gelten soll, zu erlassen).112 Zu diesen gesetzli- chen Vorgaben hinzugekommen ist, dass die Verwaltungsver- einbarung zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuch- ses in § 4 Abs. 1 u.a. als Antragsvoraussetzung die satzungsmäßige Regelung von Strukturen, Verfahren und Qualitätsstandards für Tenure-Track-Professuren, eine inter- nationale Ausschreibung, ein reguläres, qualitätsgesichertes Berufungsverfahren mit Beteiligung international ausgewiese- ner Gutachter/Gutachterinnen und eine qualitätsgesicherte Evaluierung nach der Berufung mit definierten und transpa- renten Kriterien verlangt.
In Folge haben zahlreiche Universitäten im Vorfeld der Antragstellung oder wegen der gesetzlichen Vorga- ben derartige Qualitätssicherungskonzepte oder ent- sprechende gesonderte Regelungen erlassen bzw. ihre Berufungsordnungen entsprechend ergänzt.113 Diese Qualitätssicherungskonzepte oder auch die entspre-
S. 547) (1) in der Fassung von Artikel 3 des Gesetzes vom 17.
Oktober 2017 (GV. NRW. S. 806) (2).
112 Hochschulgesetz Rheinland-Pfalz (HochSchG) vom 19. No-
vember 2010 in der Fassung von Artikel 7 des Gesetzes vom
07.02.2018 (GVBl. S. 9).
113 So etwa: Das Augsburger Tenure Track-Modell der Uni Augs-
burg, abzurufen unter: https://www.zv.uni-augsburg.de/abt/abt2/ info/dokumente/2017–06-Augsburger-Tenure-Track-Modell_fi- nal‑1.pdf zuletzt abgerufen am 18. April 2018, Vorschläge zur Qualitätssicherung in Berufungsverfahren der Universität des Saarlandes abzurufen unter: https://www.uni-saarland.de/ fileadmin/user_upload/verwaltung/berufungen/berufungsleit- linien_juniorprofessur.pdf zuletzt abgerufen am 18. April 2018, Qualitätssicherungskonzept für Juniorprofessuren mit Tenure Track am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), abzurufen unter https://www.sle.kit.edu/downloads/AmtlicheBekannt- machungen/2017_AB_033.pdf zuletzt abgerufen am 18. April 2018, gibt man bei google oder vergleichbaren Suchmaschinen „Qualitätssicherungskonzept Juniorprofessur ein, erhält man eine Vielzahl entsprechender Regelungen der Hochschulen.
chenden Regelungen in den Berufungsordnungen haben in der Regel die Ausschreibung, das Berufungsverfahren, die End- und gegebenenfalls die Zwischenevaluation nach der Hälfte der in der Regel sechsjährigen Dienst- zeit, die Kriterien oder den Kriterien-Rahmen für die Evaluationen, systematische Begleitung, Mentorate, Sta- tusberatung, Sonderregelungen für extern evaluierte Nachwuchsgruppenleiter/innen, fakultätsübergreifende Tenure-Track-Kommissionen, Zuständigkeiten, Gleich- stellungsstandards, Fort- und Weiterbildungsangebote usw. zum Inhalt. Insgesamt ist festzustellen, dass der überwiegende Teil der Hochschulen die Berufung, Be- gleitung und Betreuung aber auch den verlässlichen Tenure-Track geregelt haben. Damit ist ein guter Rah- men für verlässliche und planbare Karrierewege inner- halb einer Hochschule gegeben. Durch Maßnahmen wie etwa ein Mentorat oder eine systematische Begleitung bieten die den Hochschulen Angebote zur Begleitung, Betreuung sowie Fort- und Weiterbildung an.
4. Regelungen zu Nachwuchsgruppenleiter/innen
Insbesondere durch die Max-Planck-Gesellschaft114 aber auch durch die Förderpraxis der Deutschen For- schungsgemeinschaft,115 die Förderung der EU116 sowie durch die Exzellenzinitiative hat sich in Gestalt der Nachwuchsgruppenleiter/innen seit vielen Jahren eine weitere Gruppe des wissenschaftlichen Nachwuchses herausgebildet.117 Ebenso wie die Juniorprofessur zeich- net sich die Nachwuchsgruppenleiterposition durch eine frühe Selbständigkeit im Anschluss an eine Promotion sowie eine Post-Doc-Phase aus. Häufig werben die Nach- wuchsgruppenleiter/innen selbst die Mittel für die eige- ne Stelle ein. Insgesamt erhalten sie in einem frühen Sta- dium Einblick in die Aufgaben einer Professur. Die Stel- leninhaber/innen haben in der Regel befristete Arbeitsverträge, sind daher keine Beamten und haben im Gegensatz zur Juniorprofessur nicht den Status eines Hochschullehrers. Auch eine Tenure-Track-Zusage ist die Ausnahme. Dies ist z. B. bei den Helmholtz-Nach- wuchsgruppenleiter/innen118 der Fall, die nach einer positiven Evaluierung auf eine unbefristete Stelleüber- nommen werden, wobei dies aber in der Regel nicht eine Professur ist. Inzwischen gibt es Hochschulgesetze, die
- 114 Abzurufen unter: https://www.mpg.de/max_planck_forschungs- gruppen, zuletzt abgerufen m 1.Mai 2018.
- 115 Abzurufen unter: http://www.dfg.de/foerderung/programme/ein- zelfoerderung/emmy_noether/, zuletzt abgerufen m 1.Mai 2018.
- 116 Siehe die erc-stating-grants, abzurufen unter: https://erc.europa.eu/funding/starting-grants, zuletzt abgeru-fen am 1. Mai 2018.
- 117 Siehe academics, „Die Zeit“, abzurufen unter https://www.acade- mics.de/ratgeber/nachwuchsgruppenleiter#subnav_die_wichtigs-ten_nachwuchsgruppenprogramme_und_ihre_auswahlkriteri-
gewisse Erleichterungen bei der Berufung zum/zur Hochschullehrer/in auch auf Nachwuchsgruppenleiter/ innen ausweiten, so etwa das Absehen von der Aus- schreibung der anschließenden Professur.119 Spezielle Regelungen zur Betreuung und Begleitung der Nach- wuchsgruppenleiter/innen sind nicht ersichtlich, aber da diese in der Regel einen befristeten Arbeitsvertrag nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz haben, gelten für diese die dort gemachten Ausführungen hinsichtlich der Vereinbarung von Qualifikationsmöglichkeiten und ‑ziele.120 Auch können Nachwuchsgruppenleiter/innen in der Regel an den Personalentwicklungsmaßnahmen für den wissenschaftlichen Nachwuchs teilnehmen.
V. Resümee
Zusammenfassend ist festzustellen, dass der wissen- schaftliche Nachwuchs in den Hochschulgesetzen der Länder einen hohen Stellenwert hat. Seine Förderung ist in fast allen Hochschulgesetzen als zentrale Aufgabe der Hochschulen vorgesehen, die externe und interne Mit- telverteilung richtet sich z. T. an den Erfolgen bei der Förderung dieses Personenkreises und auch die Zustän- digkeit für den wissenschaftlichen Nachwuchs ist inner- halb der Hochschulen in der Regel in den obersten Gre- mien (Senat) und hierarchisch bei den Führungsebenen (benannte Zuständigkeit innerhalb des Rektorats/Präsi- diums und disziplinarische und persönliche Zuständig- keit der Hochschullehrer/innen) angesiedelt. Diese her- vorgehobene Verantwortung der Hochschulen für den wissenschaftlichen Nachwuchs leitet das Bundesverfas- sungsgericht aus Art.5 Abs.3 GG her. Inhalt dieser Ver- antwortung ist die grundsätzliche Aufgabe, den wissen- schaftlichen Nachwuchs zu fördern mit der Konsequenz der privilegierten Zulässigkeit von befristeten Arbeits- verträgen. Aber auch die individuelle Förderung der Nachwuchskräfte ist Teil dieser Verantwortung.
Es gibt jedoch keine allgemein anerkannte Definition des wissenschaftlichen Nachwuchses. Soweit Rechte für den wissenschaftlichen Nachwuchs vorgesehen und auch finanzielle Entscheidung an den Erfolg bei der För- derung des wissenschaftlichen Nachwuchses gebunden werden, sollte im jeweiligen Bundesland oder der jewei-
en_stellen_wir_ihnen_stichpunktartig_vor , zuletzt abgerufen am
26. April 2018.
118 Siehe die Helmholtz-Nahwuchsgruppenleiter/innen, abzurufen
unter: https://www.helmholtz.de/karriere_talente/foerderpro- gramme/helmholtz_nachwuchsgruppen/ zuletzt abgerufen am 1. Mai 2018.
119 So etwa § 50 Aas.1 Nr.5 HochSchG Rheinland-Pfalz, Fundstelle siehe Fußnote 21.
120 Siehe III. 2.
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ligen Hochschule der Begriff des wissenschaftlichen Nachwuchses definiert werden. In Anlehnung an die Empfehlungen des Wissenschaftsrats zur Förderung deswissenschaftlichenNachwuchsesvom25.Januar 1980 und unter Berücksichtigung des Wissenschafts- zeitvertragsgesetzes sind unter dem wissenschaftli- chen Nachwuchs alle Personen, die sich in einer Hochschule nach einem Hochschulabschluss oder nach einer Promotion weiter qualifizieren. Dabei geht es um den wissenschaftlichen Nachwuchs an und in einer Hochschule und nicht für eine Hochschule, denn der überwiegende Teil des wissenschaftlichen Nachwuchses (insbesondere die Promivierenden aber auch viele nach einer Post-Doc-Phase) wird nicht für die Wissenschaft sondern für die Gesell-schaft qualifiziert.
Da es eine in Art.5 Abs.3 GG verankerte Aufgabe der Hochschule ist, die Qualifizierung des wissenschaftli- chen Nachwuchses zu gewährleisten und auch eine Qua- lifizierung nur eine begrenzte Zeit umfasst, hat der wis- senschaftliche Nachwuchs in der Regel ein befristetes Arbeits- oder Beamtenverhältnis zu der Hochschule. So- wohl die zwei mal sechs Jahre nach dem Wissenschafts- zeitvertragsgesetz als auch die in der Regel sechs jährige Zeit einer Juniorprofessur stellen angemessene Zeiträu- me dar. Die Qualifikationsziele in Gestalt von Promotion und Habilitation sind noch häufige Ziele, aber nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz ist nicht das Qualifikati- onsziel sondern die Qualifikation als solche entschei- dend. Hochschule und Nachwuchswissenschaftler/in- nen haben sich über die Qualifikation zu einigen und vereinbarte Qualifikation und gelebte Praxis müssen eine Einheit sein. Soweit eine Promotions- oder Betreu- ungsvereinbarung geschlossen wird, sollte diese nicht Gegenstand eines Arbeitsvertrages sein.
Eben wegen der Befristung der Arbeitsverträge ob- liegt den Hochschulen eine besondere Verantwortung bei der Begleitung und Betreuung des wissenschaftli- chen Nachwuchses. Dies sollte in regelmäßigen Mitarbeiter/-innengesprächen, in denen auch die Befris- tung und der weitere berufliche Werdegang thematisiert werden aber auch in Qualifizierungsangeboten gesche- hen. In der Regel sind die betreuenden Hochschullehrer/ innen für die Realisierung der dargestellten Einheit, für die Mitarbeiter/-innengespräche und Qualifizierungs- maßnahmen verantwortlich und dafür gemeinsam mit dem/der Nachwuchswissenschaftler/in zuständig.
Bundesweit wurden zwischenzeitlich geradezu eine unüberschaubare Anzahl von Regelungen zum Inhalt und der Verantwortung für die Betreuung und Beglei- tung des wissenschaftlichen Nachwuchses erlassen. Dies zeigt insbesondere im Hinblick auf die hochschulinter- nen Regelungen, dass die Hochschulen auf der Füh- rungsebene die Förderung des wissenschaftlichen Nach- wuchses eine hohe Priorität geben und die Problematik der dem Status als wissenschaftlicher Nachwuchs inhä- renten befristen Arbeitsverhältnisse im Fokus haben. Wichtig ist nun, die Hochschullehrer/innen in ihrer konkreten Aufgabe der Förderung aber auch der Perso- nalführung des wissenschaftlichen Nachwuchses stärken und zu begleiten.
Elke Luise Barnstedt war von 1994 bis1998 Kanzlerin der Universität Konstanz und von 2011 bis 2017 Vizepräsiden- tin für Personal und Recht des Karlsruher Instituts für Technologie. Von 1999 bis Ende 2010 war sie Direktorin beim Bundesverfassungsgericht.