„Der hohe Preis der Medizin? Patentschutz in der Arz- neimittelforschung“ – zu einer Podiumsdiskussion zu diesem Thema kam am 30. Mai 2016 an der Albert-Lud- wigs-Universität Freiburg ein Expertenplenum zusam- men (aus Gründen der Lesbarkeit verwendet der Text lediglich die männliche Form, meint allerdings jegliches Gender). Eingeladen hatte die Fachschaft der rechtswis- senschaftlichen Fakultät und die studentische Nichtre- gierungsorganisation (NRO) Universities Allied for Essential Medicines (UAEM). Im Rahmen ihrer Arbeit bei UAEM setzen sich Studierende verschiedener Fach- richtungen weltweit für einen gerechteren Zugang aller Menschen zu den Ergebnissen öffentlich finanzierter biomedizinischer Forschung ein. Außerdem plädieren sie für einen stärkeren Forschungsfokus auf armutsasso- ziierte und vernachlässigte Krankheiten.
I. Vorstellung der Vortragenden
Ein bis auf den letzten Platz und sogar die Stufen besetz- ter Hörsaal begrüßte an diesem Montag vier Experten aus unterschiedlichen Bereichen:
Herr Professor Dr. Haedicke studierte Jura, doziert seit 2003 an der Universität Freiburg, wurde 2005 zum Professor ernannt und ist aktuell Inhaber des Lehrstuhls für Geistiges Eigentum. Gleichzeitig arbeitet er als Rich- ter am Oberlandesgericht Düsseldorf, im auf Patentrecht spezialisierten zweiten Zivilsenat. Außerdem ist er Autor des 2011 veröffentlichten Buches „Patente und Piraten“.
Herr Dr. Immler studierte Biochemie und arbeitet seit 1999 in verschiedenen Positionen bei der Bayer AG – hier zuerst im Labor, anschließend in der Patent- und Lizenzabteilung. Nach einer Weiterbildung zum europä- ischen Patentanwalt arbeitet er nun als Leiter der Patent- abteilung Pharma.
Frau Berner-Rodoreda studierte Ethnologie und Af- rikawissenschaften und arbeitet seit mehr als 20 Jahren in verschiedenen Positionen als Beraterin für das evan- gelische Hilfswerk Brot für die Welt. Sie ist außerdem Vorstandsmitglied im Trägerverein des Aktionsbündnis gegen AIDS, Mitglied des Ecumenical Pharmaceutical Network und der HIV-Strategiegruppe der Ecumenical Advocacy Alliance.
Herr Professor Dr. Mertelsmann ist Arzt und Wis- senschaftler mit langjähriger klinischer und wissen- schaftlicher Erfahrung im Bereich der Hämato-Onkolo- gie und Stammzellforschung. Vor seiner Emeritierung im Jahr 2012 war er zuletzt Professor und ärztlicher Di- rektor der Klinik für Innere Medizin I der Universität Freiburg. Zusätzlich ist er Redakteur mehrerer traditio- neller Fachzeitschriften, Gründer eines frei zugängli- cheneJournals,einesBiotechnologieunternehmensund des Comprehensive Cancer Center Freiburg und selbst Anmelder mehrerer Patente.
Moderiert wurde die Diskussion von Max Brauner, Mitglied der Berliner Lokalgruppe von UAEM und ehe- maligem Vorstandsmitglied von UAEM Europe e.V.
II. Zusammenfassung der Input-Vorträge
Zu Beginn der Veranstaltung hielten alle vier Teilneh- menden je einen kurzen Input-Vortrag. Herr Prof. Hae- dicke erklärte zu Beginn einige Grundbegriffe des Patentrechts und die dahinterstehende Rationale, also die „Stärkung des Innovationswettbewerbs durch Beschränkung des Immitationswettbewerbs.“ Dadurch entstehe ein Interessenkonflikt zwischen Erfinder, Mit- bewerber und der Allgemeinheit. Der Erfinder habe ein Interesse an möglichst umfangreichen Patentschutz, der Mitbewerber hingegen an möglichst geringem Patent- schutz, während die Allgemeinheit eine ambivalente Haltung einnehme. Sie fordere nämlich einerseits Inno- vationen, möchte andererseits aber auch einen möglichst günstigen Zugang zu diesen erhalten. Der Ausgleich zwischen diesen divergierenden Interessen sei Haupt- zweck des Patentrechts und sorge immer wieder für gesellschaftliche Debatten. Zum Ende seines Vortrags veranschaulichte Prof. Haedicke die Thematik am Bei- spiel der Tragödie der „Gemeindewiese“, wonach sowohl zu geringer als auch zu umfassender Schutz von Res- sourcen der Allgemeinheit schade.
Herr Dr. Immler begann seinen Vortrag mit einem kurzen Überblick über die Gliederung der Bayer AG, ihr Selbstverständnis als „Erfinderunternehmen“ und den Ablauf der klinischen Entwicklungsphasen eines Medi- kaments. Forschung und Entwicklung eines neuen
Max Brauner, Nora Lennartz, Jonas Wieschollek und Alexandra Würgau
Der hohe Preis der Medizin?
Bericht der Podiumsdiskussion
am 30. Mai 2016
Ordnung der Wissenschaft 2016, ISSN 2197–9197
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Wirkstoffs würden nicht unbedingt eine Milliarde Euro kosten, aber nur ein Bruchteil der Wirkstoffkandidaten schaffe es überhaupt zur Marktreife. Daher müssten die insgesamt anfallenden Forschungskosten durch einige wenige Produkte refinanziert werden. Da pharmazeuti- sche Innovationen wie Medikamente oder Diagnostika so leicht zu kopieren seien, würden Patente einen wichti- gen Grundpfeiler des Geschäftsmodells der pharmazeu- tischen Industrie und gleichzeitig eine wichtige Informa- tionsquelle über den aktuellen Stand der Wissenschaft darstellen. Auch Patentanmeldung und ‑management seien aufwendig, da für jedes Land andere Gesetze gelten und Patente in jedem Land einzeln angemeldet werden müssten. Insgesamt, erklärte Dr. Immler, seien Patente als Schutz für technische Entwicklungen ein sehr erfolg- reiches System.
Frau Berner-Rodoreda schilderte zu Beginn ihres Beitrags anhand zweier Medikamente exemplarisch die Probleme mit dem momentanen Patentsystem. In den letzten Jahren habe es enorme Fortschritte in der HIV- Behandlung gegeben, dies auch im globalen Süden. Er- reicht sei dieser Fortschritt aber nur durch Öffentlich- keitskampagnen und verstärkten Druck der Betroffenen geworden, was die Möglichkeit zur Herstellung preis- günstiger Generika eröffnet habe. Solche Generika könnten jedoch erst nach Ablauf des Patentschutzes pro- duziert werden. Heute stünden viele neuere HIV-Medi- kamente weiterhin unter Patentschutz und seien somit für viele Betroffene nicht verfügbar, weil diese sich sie nicht leisten könnten. Als zweites Beispiel führte sie So- fosbuvir (Handelsname Sovaldi) an, ein Medikament zur Behandlung von Hepatitis C. Preise für eine Behandlung würden im internationalen Vergleich enorm schwanken, von mehreren zehntausend bis zu einigen hundert Euro. Wiederum sei dieses Medikament für viele Menschen unerschwinglich – und dies, obwohl Hersteller und Pat- entbesitzer Gilead den Wirkstoff nicht selbst entwickelt, sondern für 11 Milliarden USDollar einem universitären SpinOff abgekauft und damit dann bereits innerhalb ei- nes Jahres über 18 Milliarden USDollar Umsatz gemacht habe. Als Beispiel für unterschiedliche nationale Strate- gien im Umgang mit Patenten wählte Frau Berner-Ro- doreda zum einen Südafrika, das „Paradies für Patente“. Dortige Gesetze ermöglichten es, nahezu jede Erfindung patentieren zu lassen, sodass viele Medikamente zu sehr hohen Preisen verkauft würden. Als Gegenbeispiel nann- te sie Indien, welches zwar bereits seit dem 19. Jahrhun- dert ein Patentgesetz habe, dieses aber sehr streng ausle- ge, sodass nur wirklich innovative Medikamente einen Patentschutz zuerkannt bekämen. Dies habe es Indien ermöglicht, viele Medikamente zu günstigen Preisen herzustellen und damit sowohl die eigene Bevölkerung
zu versorgen als auch eine starke pharmazeutische In- dustrie aufzubauen.
Herr Prof. Mertelsmann vertrat in seinem kurzen Vortrag vier Thesen. Erstens sei das Patentsystem in der Vergangenheit erfolgreich darin gewesen, wissenschaft- lichen Fortschritt zu fördern. Zweitens habe es in den letzten Jahren eine gewaltige Änderung in der pharma- zeutischen Landschaft gegeben. Die Preise neuer Medi- kamente, besonders im Bereich der Onkologie, seien durch die realen Kosten von Forschung und Entwick- lung nicht mehr gerechtfertig. Ein zu großer Teil des Umsatzes der pharmazeutischen Industrie würde für Marketing aufgewendet werden. Drittens würden Origi- nalhersteller, besonders auch nach Ablauf des Patent- schutzes, über verschiedene Maßnahmen eine Monopo- lisierung des Marktes herstellen, wodurch die preissen- kende Wirkung des freien Marktes ausgehebelt werde. Viertens ging er auf das sogenannte „Problem der letzten Meile“ ein, gemäß dessen es nicht genügt, Medikamente theoretisch bezahlbar und verfügbar zu machen, son- dern außerdem nötig ist, diese vor Ort unter teils sehr schwierigen Bedingungen zum Betroffenen zu bringen. Ein möglicher Lösungsansatz sei der von Thomas Pogge entwickelte Health Impact Fund. Dieser sieht vor, dass der Nutzen neuer Medikamente erst evaluiert wird und die Vergütung dann entsprechend dem Nutzen höher oder niedriger ausfällt.
III. Diskussion
Zu Beginn der Diskussion wurde Prof. Haedicke vom Moderator gebeten, auf die Geschichte von Patenten auf pharmazeutische Produkte einzugehen. Hierzu meinte dieser, dass lange Zeit nur Verfahren, nicht aber Erzeug- nisse geschützt worden seien. Erst in neuerer Zeit habe sich die Idee des Stoffschutzes durchsetzen können. Wichtige Fragen im Zusammenhang mit dem momenta- nen absoluten Stoffschutz seien, ob dieser noch mit der ursprünglich zu schützenden Leistung korreliert und ob die Industrie auch mit weniger Schutz forschen könnte.
Frau Berner-Rodoreda wurde gebeten, näher auf das TRIPS-Abkommen einzugehen. Das Agreement on Trade- Related Aspects of Intellectual Property Rights („ Übereinkom- men über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums“, kurz TRIPS) sei 1995 als Gründungsdokument der Welthandelsorganisation (WTO) von allen ihren Mitgliedern verabschiedet worden und schreibe Mindeststandards für den Schutz von geistigen Eigentum vor, so Berner-Rodo- reda. Allerdings sehe es auch flexible Instrumente vor, die Staaten nutzen könnten, um die Gesundheitsversor- gung ihrer Bevölkerung nicht aufgrund geistiger Eigen- tumsrechte einschränken zu müssen. Das wichtigste Ins-
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trument dieser Art seien sogenannte „Zwangslizenzen“, mit denen ein Staat für den eigenen Gebrauch ein Patent zeitlich begrenzt außer Kraft setzen könne, um das Me- dikament günstiger herzustellen. Beispielsweise bemüh- ten sich die USA während der Anthrax-Gefahr 2001, das Medikament Ciprofloxacin (Handelsname Ciprobay) über eine solche Zwangslizenz herstellen zu lassen. Lob- byarbeit von Seiten der pharmazeutischen Industrie und ein verbessertes Angebot von Seiten des Herstellers hät- ten die Ausstellung einer Zwangslizenz aber letztendlich verhindert. Darauf erwiderte Dr. Immler, dass die Indus- trie die Preise nicht mehr selbst festlege, sondern sie mit Staaten und Versicherungen aushandle, wobei letzlich der Wert für den Patienten und die Gesellschaft Maßstab für die Preisgestaltung ist und sein sollte. Gut geführte Verhandlungen könnten, was den Preis angeht, zu besse- ren Ergebnissen führen als Zwangslizenzen, ohne dabei das Patentsystem zu unterminieren. Forschende Arznei- mittelhersteller hätten auch kein Interesse an einer allzu laxen Patentvergabe, sondern würden klare Regeln in diesem Bereich ebenfalls begrüßen, weil sie nicht nur als Patentinhaber auftreten, sondern natürlich auch von Pa- tenten Dritter betroffen sein können. Zuletzt ging er auf den Vorwurf des sogenannten „Evergreening“ ein, wo- mit die Praxis beschrieben wird, kleine Veränderungen an Medikamenten vorzunehmen, um ein neues Patent auf dieses leicht veränderte Präparat zu erhalten. Dies bezeichnete er als Mythos, da der Schutz der Ursprungs- innovation nicht verlängert werde. Prof. Mertelsmann führte auf Bitten des Moderators aus, dass Erfindungen von Wissenschaftlern sowohl in den USA als auch in Deutschland den Universitäten gehören und diese über die Patentierung entscheiden. Allerdings sei die Frage der Patentierung einer Erfindung nur ein Teilaspekt, eine große Rolle spiele auch die Preisgestaltung. Hier bräuchte es verschiedene Modelle, um allen Seiten ge- recht zu werden. Als letztes antwortete Dr. Immler auf die Frage nach der Relevanz von universitären Erfindun- gen für die Industrie, dass diese in der Tat wichtig seien und industrielle Kooperationen mit öffentlichen For- schungseinrichtungen zunehmen würden.
Die erste Frage aus dem Publikum richtete sich an Dr. Immler. Die Zuhörerin wollte wissen, wie es um die „second use“-Problematik stehe. Mit „second use“ wird der Versuch einiger Hersteller bezeichnet, bei Auswei- tung der Indikation für ein Medikament nach bereits er- teilter Zulassung ein erneutes Patent zu beantragen. Hie- rauf erwiderte Dr. Immler, dass die Ausweitung auf eine weitere Indikation sehr umfangreiche und teure Studien nötig mache und die Durchsetzbarkeit eines solchen Pa- tents gleichzeitig sehr schwierig sei. Doch diese Erweite- rungen können für den Patienten sehr wertvoll sein, da
das Medikament bereits als sicher bekannt ist. Prof. Ha- edicke ergänzte, dass Zweitpatente juristisch durchaus durchsetzbar seien, dies aber von der Beurteilung der In- novation abhänge. Frau Berner-Rodoreda hingegen be- zweifelte, dass Patente hier wirklich der Innovationsför- derung dienen, und sprach sogenannte „me too“-Präpa- rate an. Viele neue Medikamente hätten keinen oder nur sehr geringen Zusatznutzen im Vergleich zu bereits er- hältlichen Therapien und würden keine echten Innovati- onen darstellen. Zur Unterstützung dieser These führte sie an, dass das unabhängige französische Magazin Presc- rire in den vergangen Jahren mehrfach seinen Preis für innovative Medikamente – mangels wirklicher Innovati- onen – nicht hätte vergeben können. Dem hielt Prof. Mertelsmann entgegen, dass „me too“-Präparate positiv seien, da sie den Wettbewerb fördern und damit die Preise senken würden.
Die Frage, ob der freie Markt für pharmazeutische Produkte mit dem Grundrecht auf Gesundheit vereinbar sei, beantwortete Prof. Mertelsmann dahingehend, dass sämtliche Möglichkeiten der Preissenkung ausprobiert und evaluiert werden müssten. Dr. Immler meinte hier- zu, dass diese Frage erst relevant werde, wenn mit dem Ablauf des Patentschutzes ein freier Markt entstanden sei. Allerdings würden auch dann die klassischen Markt- gesetze nur sehr beschränkt gelten. Damit beschrieb er den Umstand, dass Patienten keine echten Kunden seien, sondern pharmazeutische Unternehmen ihre Verträge vielmehr mit Regierungen, Versicherungen und Ärzten eingehen würden. Dadurch könnten sich Marktkräfte nur in sehr begrenztem Umfang entfalten. In Deutsch- land sei vor allem der Wille der Solidargemeinschaft ent- scheidend, aber in Ländern, in denen Patienten selbst bezahlen würden, müsse die Thematik anders betrachtet werden.
Als nächstes erhielt Dr. Immler die Frage, ob die Ver- gabe einer nichtexklusiven Lizenz, die die Generikapro- duktion in Ländern mit niedrigen und mittleren Ein- kommen erlaubt, ein Grund sei, um eine Innovation ei- ner Universität nicht weiter zu entwickeln. Hierauf ent- gegnete er, dass sie das grundsätzlich nicht sei und es auch bereits Kooperationen der Bill and Melinda Gates Foundation und der Drugs for Neglected Diseases initiati- ve (DNDi) gebe, die ähnliche Regelungen vorsähen. Al- lerdings müssten sich solche Vereinbarungen natürlich immer auch für die Industrie lohnen.
Prof. Haedicke antwortete auf die Frage nach den rechtlichen Möglichkeiten, die hohen Medikamenten- preise einzudämmen, dass fairen Preisverhandlungen eine wichtige Rolle zukomme. Weiterhin spiele nach Ab- lauf des Patentschutzes auch das Kartellrecht eine ent- scheidende Rolle, das in diesem Sektor aber bislang nicht
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sehr stark sei. Hierzu ergänzte Prof. Mertelsmann, dass „me too“-Präparate für 50.000 Euro, wie sie durchaus vorkämen, nicht hinnehmbar seien. Dr. Immler sagte, sogenannte „reverse payments“, also Zahlungen von Originalherstellern an Generikahersteller, um diese von der Herstellung eines Generikums abzuhalten, kämen heute kaum noch vor. Weiterhin sei die Gesellschaft auch verantwortlich dafür, dass Krankheiten im globalen Sü- den stärker erforscht werden. Frau Berner-Rodoreda stimmte dem zu und ergänzte, dass ein „Public Health“- Ansatz in der Forschung eine zentrale Rolle einnehme.
IV. Abschlussstatements
Zum Schluss wurden die Teilnehmenden gebeten, in einem kurzen Statement ein Fazit zu ziehen und auf die Zukunft des Patentsystems einzugehen.
Prof. Haedicke führte aus, dass Patente realistisch einzuschätzen sein sollten. Sie stellten nur ein Teilaspekt des Marktsystems dar. Daneben würde beispielsweise das Kartellrecht eine wichtige Rolle spielen. Es sei nicht möglich, das Patentsystem zu ersetzen. Dort, wo es aber nicht adäquat funktioniere, wie z.B. bei der Forschung an vernachlässigten Krankheiten, müsse verstärkt öf- fentlich geforscht werden.
Auch Dr. Immler vertrat die Meinung, dass die Ab- schaffung des Patentsystems nicht der richtige Weg sei. Bei diesen Fragestellungen sei es sehr wichtig, alle Par-
teien einzubeziehen, einen offenen Dialog zu führen und kreative Lösungen zu finden. Dazu zählten neue Anreiz- mechanismen für Forschung und Entwicklung.
Frau Berner-Rodoreda hielt dagegen, dass das Pa- tentsystem nicht das richtige System sei. Vielmehr brau- che es neue Lösungen, auch wenn auch hier noch nie- mand ein Patentrezept gefunden habe. So habe sie auch am Health Impact Fund Kritik auszusetzen. Generell sei aber wichtig, dass Medikamentenpreise nicht von den Unternehmen festgelegt werden dürfen.
Die modernen Krebsmedikamente wären ohne Pa- tente nie erfunden worden, meinte Prof. Mertelsmann. Aber auch er sehe in verstärkter Kooperation den ent- scheidenden Punkt. Rein öffentliche Forschung und Entwicklung, wie etwa üblich in der DDR, seien nicht er- folgreich. Gleichzeitig müsse der Staat gegen überhöhte Medikamentenpreisen vorgehen. Er zitierte einen Arti- kel aus dem New England Journal of Medicine, demzufol- ge frühere Bedenken über die pharmakologische Toxizi- tät neuer Medikamente heute abgelöst seien – und zwar durch Bedenken über ihre finanzielle Toxizität.
Max Brauner ist Medizinstudent an der Charité Berlin. Nora Lennartz ist Medizinstudentin an der Albert-Lud- wigs-Universität Freiburg. Die Autoren Jonas Wieschol- lek und Alexandra Würgau studieren Rechtswissen- schaft an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.