I. Rechtsberatung als Teil der Juristenausbildung
In seiner erstmaligen Auseinandersetzung mit dem Fach Rechtswissenschaft verfasste der Wissenschaftsrat im Jahr 2012 Empfehlungen, von welchen „Impulse zur Weiterentwicklung der Rechtswissenschaft als akademi- sche Disziplin ausgehen“1 sollten. Dabei hob er deutlich hervor, dass „Wissenschaftlichkeit und Praxisbezug mit dem Ziel verbunden werden können (sollten), dass (…) Rechtsanwendungs‑, Rechtsbildungs- sowie Rechtsbera- tungskompetenzen ausgebildet werden.“2
Unter Bezugnahme auf die an einigen universitären Standorten in Deutschland schon damals bestehenden Verknüpfungen der rechtswissenschaftlichen Ausbil- dung mit praktischer juristischer Tätigkeit3 stellte der Wissenschaftsrat zu recht fest, dass diese „Angebote nicht nur der Stärkung des Praxisbezugs im Studium dienten“, sondern auch „der Einübung von Techniken wissenschaftlichen Arbeitens.“ Zudem würden „Recher- chefähigkeiten“ sowie „selbstständiges, kritisches Den- ken und mündliche wie schriftsprachliche Argumentati- onsfähigkeit gefördert“.4 Ferner war er der Auffassung, „dass diese Angebote nicht auf einige wenige Standorte beschränkt bleiben, sondern als Modell für die Lehre im rechtswissenschaftlichen Studium an allen Fakultäten dienen sollten.“5
Gleichwohl bleiben weiterhin Universitäten hinter den genannten Empfehlungen des Wissenschaftsrates
zurück. Denn eine enge Verknüpfung von universitärem Curriculum und praktischer Anwendung fehlt nach wie vor an den meisten Standorten. Und das obwohl, wie das studentische Engagement zeigt, die Nachfrage nach ver- stärkter Verbindung von Ausbildung und Praxis vorhan- den ist.
Zwar gibt es vielerorts in Gestalt sogenannter Moot Courts Simulationen von Gerichtsverfahren, deren zu- grunde liegenden Fälle nunmehr auch vermehrt in uni- versitäre Prüfungsabschnitte eingebettet werden.6 Der- artigen Projekten fehlt jedoch stets ein wichtiger Be- standteil des späteren juristischen Arbeitens, nämlich der reale Mandantenkontakt.
Um diese bemühen sich viele Projekte studentischer Rechtsberatung, die nicht von seiten der Universität initiiert worden sind, sondern oft auf studentischem Engagement fußen. Ob und wie diese in die Juristenausbildung integriert werden können, ist eine wesentliche Frage.
II. Rechtliche Grundlagen und Reichweite der Rechtsberatung
Was in den Vereinigten Staaten von Amerika in Form sogenannter Legal Clinics bereits seit den 1950er Jahren fester Bestandteil der juristischen Ausbildung ist,7 ist in Deutschland erst seit dem Inkraftreten des Rechtsdienst- leistungsgesetzes (RDG) 2008 möglich.
Seither bestimmt § 6 RDG:
- 1 Wissenschaftsrat, „Perspektiven der Rechtswissenschaft in Deutschland. Situation, Analysen, Empfehlungen“, Hamburg 2012, S 5 f. Abrufbar unter: www.wissenschaftsrat.de/download/ archiv/2558–12.pdf (4.7.2014).
- 2 Wissenschaftsrat, aaO (Fn 1), S 56 ff.
- 3 Zum heutigen Stand siehe die Auflistung bislang bestehenderProjekte mit Weblinks unten unter V 1.
4 Wissenschaftsrat, aaO (Fn 1).
5 Wissenschaftsrat, aaO (Fn 1).
6 Vgl hierzu beispielhaft den Moot Court „Öffentliches Recht in
Baden-Württemberg“ des VGH Mannheim, http://vghmannheim.
de/pb/,Lde/1213180 (4.7.2013).
7 Vgl Bücker/Woodruf, German Law Journal 2008, S 575, 586.
Andreas Schubert
Legal Clinics –
Juristische Ausbildung mit Praxisbezug
am Beispiel der Freiburg Legal Clinics
und Pro Bono Studentische Rechtsberatung Freiburg
Ordnung der Wissenschaft 2014, ISSN 2197–9197
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(1) Erlaubt sind Rechtsdienstleistungen,8 die nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit stehen (unentgeltliche Rechtsdienstleistungen).
(2) Wer unentgeltliche Rechtsdienstleistungen au- ßerhalb familiärer, nachbarschaftlicher oder ähnlich en- ger persönlicher Beziehungen erbringt, muss sicherstel- len, dass die Rechtsdienstleistung durch eine Person, der die entgeltliche Erbringung dieser Rechtsdienstleis- tung erlaubt ist, durch eine Person mit Befähigung zum Richteramt oder unter Anleitung einer solchen Person er- folgt. Anleitung erfordert eine an Umfang und Inhalt der zu erbringenden Rechtsdienstleistungen ausgerichtete Einweisung und Fortbildung sowie eine Mitwirkung bei der Erbringung der Rechtsdienstleistung, soweit dies im Einzelfall erforderlich ist. (Hervorhebungen vom Verfas- ser)
Dieser Erlaubnisvorbehalt9 eröffnet die Möglichkeit der kostenlosen Rechtsberatung durch Studenten, sofern sie durch eine Person mit Befähigung zum Richteramt oder unter Anleitung einer solchen Person erfolgt. Hier- unter fallen alle zweitexaminierten Praktiker sowie an der Universität Professoren, zweitexaminierte wissen- schaftliche Mitarbeiter und Lehrbeauftragte.10 Dadurch wird gewährleistet, dass eine Beratung durch sich in der Ausbildung befindende Personen sowohl eine gewisse Qualität als auch fachliche Tiefe erreicht.11 Darüber hin- aus ist aus studentischer Sicht der Lern- und Netzwerk- effekt durch Betreuung und Hilfestellung von berufstäti- gen Juristen wertvoll.
Die Rechtsberatung beschränkt sich auf außerge- richtliche Rechtsdienstleistungen. Ausgeschlossen ist je- doch nicht, dass diese in Zusammenhang mit einem lau- fenden Verfahren steht und der Prozessbeteiligte bei- spielsweise die hierbei erstellten Schriftsätze sodann selbst unterzeichnet und einreicht.12 Mithin besteht also
8 Zum Begriff der Rechtsdienstleistung vgl § 2 Abs 1 RDG:
(1) Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert.
(2) Rechtsdienstleistung ist, unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1, die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird (Inkassodienstleistung). Abgetretene Forderungen gelten für den bisherigen Gläubiger nicht als fremd. (3) Rechtsdienstleistung ist nicht:
1. die Erstattung wissenschaftlicher Gutachten,
2. die Tätigkeit von Einigungs- und Schlichtungsstellen, Schieds- richterinnen und Schiedsrichtern,
3. die Erörterung der die Beschäftigten berührenden Rechtsfragen mit ihren gewählten Interessenvertretungen, soweit ein Zusam- menhang zu den Aufgaben dieser Vertretungen besteht,
4. die Mediation und jede vergleichbare Form der alternativen Streitbeilegung, sofern die Tätigkeit nicht durch rechtliche Rege-
auch hier die Möglichkeit, wenn auch nur mittelbar, an prozessualen Verfahren zu partizipieren und früh wich- tige Erfahrungen für das spätere Berufsleben zu sam- meln. Das Auftreten vor richterlichen Spruchkörpern bleibt in systemkonformer Weise der Teilnahme an Moot Courts sowie dem Referendariat, insbesondere im Rahmen anwaltlicher Tätigkeit, vorbehalten.
Haftungsrechtlich13 kann das Risiko studentischer Rechtsberatung durch entsprechende Ausgestaltung et- waiger Beratungsverträge beschränkt werden. Zu den- ken ist hierbei vor allem an eine Beschränkung der Haf- tung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit gem. § 307 Nr. 7 BGB kraft AGB. Darüber hinaus kann das Haftungsri- siko durch den Ausschluss der Beteiligung an eiligen Fristsachen sowie letztlich der Beschränkung der Man- datierung auf niedrige Streitwerte deutlich minimiert werden.
Zusätzlich zu beachten ist auch, dass sich das Ver- schulden grundsätzlich an § 276 BGB orientiert. Zur An- wendung kommt also ein Haftungsmaßstab, der an Hand der allgemeinen Verkehrsbedürfnisse und somit objektiv-abstrakten Sorgfaltsmaßstäben zu bestimmen ist.14 Maßgebend ist hinsichtlich der Tätigkeit im Rah- men studentischer Rechtsberatungen der Haftungsmaß- stab des Verkehrskreises des juristischen Laien und nicht etwa der der Anwaltschaft.15 Dies gilt jedoch nur, sofern der Rechtsratsuchende über den Laienstatus des Bera- tenden aufgeklärt und nicht etwa eine Anwaltseigen- schaft vorgespielt wird.16
III. Ausgestaltung am Beispiel der Freiburg Legal Clinics und Pro Bono Freiburg e.V.
1. Ausbildungsprogramm Freiburg Legal Clinics
Während sich vielerorts die studentische Rechtsbera- tung, was die durch den Wissenschaftsrat geforderte
lungsvorschläge in die Gespräche der Beteiligten eingreift,
5. die an die Allgemeinheit gerichtete Darstellung und Erörterung von Rechtsfragen und Rechtsfällen in den Medien,
6. die Erledigung von Rechtsangelegenheiten innerhalb verbunde- ner Unternehmen (§ 15 des Aktiengesetzes).
9 Krenzler/Teubel, RDG, 2010, § 1 Rn 7.
10 Str vgl Piekenbrock, Anwaltsblatt 2011, S 848, 852.
11 BT-Drs 16/3655, 58; Vgl hierzu auch Piekenbrock, aaO.
12 Vgl hierzu ausführlich Horn, Fn 3, S 644, 649; siehe auch Pieken-
brock, aaO (Fn 10), S 848, 849.
13 Ausführlich zu Haftungsfragen und deren rechtlicher Ausgestal-
tung, vgl Horn, aaO (Fn 12), S 644, 647 f.
14 BGHZ 39, 281; BGH NJW 1970, 1038; Löwisch in Staudinger, §
276, Rn 23; Wreesmann/Schmidt-Kessel, NJOZ 2008, S 4069 f. 15 Wreesmann/Schmidt-Kessel, aaO (Fn 14); Horn, aaO (Fn 12), S
644, 648.
16 BGH VersR 1968, 395; BGH ZIP 2003, 1990; Wreesmann/Schmidt-
Kessel, aaO (Fn 14).
Verbindung von Wissenschaftlichkeit und Praxisbezug angeht, auf eine rechtliche Anleitung im Sinne des § 6 II RDG durch Professoren oder wissenschaftliche Mitar- beiter der Hochschule beschränkt,17 beschreitet das mit dem Lehrentwicklungspreis für kreativen Hochschulun- terricht der Universität Freiburg ausgezeichnete Team von Freiburg Legal Clinics um Prof. Boris Paal vom Ins- titut für Medien- und Informationsrecht der Albert- Ludwigs-Universität Freiburg und der unter anderem von Patrick Rode gegründete Verein Pro Bono Studenti- sche Rechtsberatung Freiburg e.V. einen anderen und bislang in der deutschen Juristenausbildung einzigarti- gen Weg.
Die zweistufige Struktur des Gemeinschaftsprojektes sieht zunächst eine grundlegende Ausbildung im Rah- men der Legal Clinics durch die juristische Fakultät vor, deren erfolgreiche Teilnahme seitens der Universität zer- tifiziert wird und die in der Mitgliedschaft der studenti- schen Rechtsberatung münden kann.
Die universitäre Ausbildung, welche 14 Semesterwo- chenstunden umfasst, teilt sich hierbei wiederum in drei Blöcke auf.
Der erste Block besteht aus einer fachklinikübergrei- fenden, vier Semesterwochenstunden umfassenden all- gemeinen Einführung. Diese setzt sich aus unterschied- lichen ‑auch für das spätere Praktikerdasein wichtigen- Vorlesungen zusammen wie beispielsweise Mediation und Verhandlungslehre, anwaltliche Prozesstaktik oder Beweisrecht und Vernehmungslehre. In welcher Zusam- mensetzung die teilnehmenden Studenten hierbei auf die erforderliche Semesterwochenzahl kommen, kann frei gewählt werden.
Im zweiten Ausbildungsteil, welcher sechs Semester- wochenstunden umfasst, haben die Studierenden die Möglichkeit, Vorlesungen aus den jeweiligen, von Pro Bono Studentische Rechtsberatung Freiburg e.V. ange- botenen, Tätigkeitsfeldern Internet‑, Verbraucher- schutz‑, Miet- oder Existenzgründungsrecht zu wählen. Diese sind wiederum in einzelne fachspezifische Einhei- ten, wie beispielweise Urheberrecht, Recht des unlaute- ren Wettbewerbs oder Internetrecht aufgegliedert.
Im dritten und letzten Block der Ausbildung, welcher sich aus vier Semesterwochenstunden zusammensetzt, können die Studenten an Kursen für berufsfeldorientier- te Kompetenzen (BOK-Kurse), regelmäßig durch Prak- tiker von kooperierenden Kanzleien angebotenen Work-
- 17 Vgl beispielsweise das Programm der Bucerius Law School, welches ein dreitägiges Einführungsseminar vorsieht: http://www.law-school.de/lawclinic_lehrveranstaltungen. html?&L=0.%C2%AD%C2%AD (8.8.2014).
- 18 Vgl zur studentischen Rechtsberatung als Schlüsselqualifikation
shops oder speziellen Fallbearbeitungen zu den jeweili- gen Rechtsgebieten teilnehmen.
2. Überlastung der Studenten?
Das skizzierte Ausbildungsprogrammes wirft die Frage auf, wie die Studenten mit der zusätzlichen Belastung ohne Leistungsabfall zurechtkommen sollen. Denn ein Jurastudium gilt nicht umsonst bereits ohne derartige Zusatzveranstaltungen aufgrund seiner Stofffülle als eines der anspruchsvollsten Fächer an deutschen Uni- versitäten.
Das Legal Clinics Programm der juristischen Fakul- tät Freiburg ist indessen derart in den allgemeinen Studi- enverlauf eingebettet, dass sich die Mehrbelastung der Studierenden in Grenzen hält.
So setzen sich die Vorlesungen der jeweiligen Fach- kliniken unter anderem aus den ohnehin verpflichten- den Arbeitsgemeinschaften im Schuldrecht AT oder Schuldrecht BT zusammen oder beinhalten Einheiten, die ihrerseits wieder Teil der ebenfalls verpflichtenden Schwerpunktvorlesungen wie beispielsweise des Schwer- punkbereichs Handels- und Gesellschaftsrecht sind. Die Aufnahme solcher Veranstaltungen in das Curriculum soll unter anderem dafür Sorge tragen, dass die beraten- den Studierenden bereits fortgeschrittene Rechtskennt- nisse aufweisen.
Ebenfalls ist es nach § 9 Abs. 1 Nr.4 JaPrO Baden- Württemberg zwingende Voraussetzung, an „einer Lehr- veranstaltung zur Vermittlung interdisziplinärer Schlüs- selqualifikationen“,18 welche in Form der BOK-Kurse seitens der Universität angeboten werden, teilzunehmen, um überhaupt zur ersten juristischen Staatsprüfung zu- gelassen zu werden. Mithin besteht so also aus Sicht des Studenten auch die Möglichkeit, aus einer Pflichtveran- staltung doppelten Nutzen für a) seine Ausbildung und b) seine Zusatzqualifikation zu ziehen.
3. Rechtsberatung durch Pro Bono
Nach erfolgreicher Teilnahme an den Legal Clinics, steht dem Studenten die Möglichkeit offen, sich um eine Stel- le bei Pro Bono zu bewerben und als Mitglied des Ver- eins das Erlernte in die Praxis umzusetzen. Die Fälle der Mandanten werden, um ausreichend Rücksprachemög- lichkeit mit den betreuenden Personen aus Anwaltschaft und seitens der Universität zu eröffnen, über ein auf der Homepage von Pro Bono aufrufbares Onlineformular19
Prümm, Studentische Rechtsberatung (StuR) aus entscheidungs- theoretischer und schlüsselqualifikatorischer Sicht, ZPR 1/2014, S 52 ff.
19 Abrufbar unter http://probono-freiburg.de/#bewerbung (8.8.2014).
Schubert · Legal Clinics 2 4 9
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eingereicht. So wird vermieden, dass sich die Studieren- den einer Situation gegenübersehen können, in der sie sich genötigt fühlen, (im Eifer des Gefechts gegebenen- falls auch falschen) Rechtsrat zu erteilen.
Nach interner Absprache wird der Fall dann an ein Beraterteam, welches aus drei bis fünf Personen besteht, zur Bearbeitung weitergeleitet. Hier wird besonders dar- auf geachtet, dass das Beraterteam sich stets aus erfahre- neren Studenten aus höheren Semestern und neu hinzu- gekommenen Mitgliedern zusammensetzt. So wird ge- währleistet, dass zusätzlich zur externen Expertenbera- tung auch vereinsintern Erfahrungswerte weitergegeben und Lerneffekte erzielt werden können.
Hat sich das Team dann nach entsprechender Litera- turrecherche ausreichend eingearbeitet, wird ein persön- liches Treffen mit dem Mandanten vereinbart, bei wel- chem das weitere Vorgehen besprochen und ein etwaiger Lösungsweg ausgearbeitet wird.
Stoßen die studentischen Rechtsberater hierbei an die Grenzen ihrer Kenntnisse oder Kapazitäten, so wird der Mandant an einen externen Anwalt verwiesen. Auf- grund dieses Umstandes läuft auch der Kritikpunkt ins Leere, die studentische Rechtsberatung schnappe den örtlichen Anwaltschaften Mandate weg. Denn zum ei- nen sind die Menschen, welche eine Beratungsstelle auf- suchen, häufig aus finanziellen Gründen gescheut, zu ei- nem Anwalt zu gehen und zum anderen ist das Tätig- keitsfeld und auch die Tätigkeitsmöglichkeit eines bei der Kammer zugelassenen Rechtsanwaltes immer noch weiter als das einer studentischen kostenlosen Rechtsbe- ratung. Somit ist eher damit zu rechnen, dass aus einer Pro-Bono-Beratung ein Mandat für einen zugelassenen Anwalt erwächst, als dass sich die Mandate für die Be- rufsträger reduzieren.
IV. Fazit und Ausblick
Die juristische Ausbildung wird praxisorientierter. Die juristische Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Frei- burg geht mit gutem Beispiel voran und verzahnt das universitäre Curriculum mit praktischer Rechtsanwen- dung. Dies hat in mehrfacher Hinsicht Vorteile. So kann bereits im Rahmen des Studiums das spezifisch auf die
- 20 Vgl beispielsweise § 5 JaPrO Baden-Württemberg.
- 21 Piekenbrock, Anwaltsblatt 2011, S 848, 853; verhaltener, aber indieselbe Richtung tendierend Hufen, ZDWR 1/2013, S 5, 11.
studentische Rechtsberatung zugeschnittene vermittelte Wissen in der Praxis angewandt und vertieft werden. Zudem werden früh verstärkt Kompetenzen geschult, die für den späteren beruflichen Werdegang von bedeu- tendem Wert sind. Darüber hinaus werden die Universi- tät und die Studierenden stärker mit der Anwaltschaft sowie den Bürgern und der Stadt vernetzt. Die Verknüp- fung von wissenschaftlicher Ausbildung und praktischer Rechtsanwendung schließt somit eine Lücke, die nur im Ansatz durch die nach den Justizprüfungsordnungen zwingend vorgeschriebenen praktischen Studienzeiten20 gefüllt werden kann.
Wenn Piekenbrock sich dem Konzept der Legal Clinics entgegenstellt, indem er sagt, dass Praktika ein gleich wirk- sames Mittel seien und man es sich aus universitärer Sicht eher „zur Aufgabe machen (sollte), mit den örtlichen Rechtsanwaltskammern und Anwaltsvereinen zu Koopera- tionsvereinbarungen zu kommen, um ein breites Angebot an Praktikumsplätzen anbieten zu können“,21 so verkennt er in dreierlei Hinsicht die Vorzüge eines derartigen Projekts.
Zum einen sind Praktika stets auf wenige Wochen begrenzt, sodass allein hierdurch eine Zäsur hinsichtlich der praktischen Rechtsanwendung und der damit zu- sammenhängenden Lern- und Synergieeffekte gegeben ist. Zum anderen eröffnen sich einem Studenten im Rah- men eines Praktikums keinesfalls vergleichbare Mög- lichkeiten, tatsächlichen Mandantenkontakt zu erhalten, wie es im Rahmen studentischer Rechtsberatung der Fall ist. Dies trägt nämlich überdies verstärkt zur Umsetzung der Vorgabe des § 5a III DRiG bei, welcher explizit „Ver- handlungsmanagement, Gesprächsführung, Rhetorik, Streitschlichtung, Mediation, Vernehmungslehre und Kommunikationsfähigkeit“ als erforderliche Schlüssel- qualifikationen zur Richterausbildung aufführt. Und un- ter welchen Umständen sind diese besser erlernbar, wenn nicht im praktischen Mandantenkontakt?
Darüber hinaus vernachlässigt Piekenbrock den kari- tativen Charakter derartiger Kooperationen. Denn die- ser kommt nicht nur den Studierenden zugute, sondern auch Menschen, die sich aufgrund mangelnder finanzi- eller Möglichkeiten scheuen, rechtlichen Beistand einzu- holen.
V. Auswahl an weiterführenden Weblinks und Litera- turhinweisen
1. Weblinks22
- http://www.legalclinics.uni-freiburg.de/aktuelles (Al- bert-Ludwigs-Universität Freiburg)
- http://probono-freiburg.de/ (Freiburg)
- http://b‑s-r‑b.de/ (Bund Studentischer Rechtsberatun- gen)
- https://student-law.de/index.php (Bundesweite stu- dentische Rechtsberatung)
- http://baer.rewi.hu-berlin.de/humboldt-law-clinic (Ale- xander von Humboldt Universität Berlin)
- http://www.hwr-berlin.de/studium/studentenleben/ studentenprojekte/studentische-rechtsberatung/ (Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin)
- http://www.jura.uni-bielefeld.de/lehrstuehle/haehn- chen/studentische_rechtsberatung/strebi (Universität Bielefeld)
- http://www.jura.hhu.de/hilfe.html (Heinrich-Heine- Universität Düsseldorf )
www.srb-ffo.de (Frankfurt an der Oder)
- http://www.uni-giessen.de/fbz/fb01/studium/rlc (Jus tus-Liebig-Universität Gießen)
- http://www.goettingertafel.org/ Rechtsberatung.44.0.html (Rechtsberatung durch Stu- denten bei der Göttinger Tafel)
- http://www.law-school.de/lawclinic.html (Bucerius Law School Hamburg)
- http://www.jura.uni-hannover.de/legalclinic.html (Leibniz-Universität Hannover)
- http://www.paralegal.uni-jena.de/ (Friedrich-Schiller- Universität Jena)
- http://lawcliniccologne.com/ (Flüchtlingshilfe Köln)
- http://law-and-lake.de/wordpress/ (Konstanz)
- http://www.uni-marburg.de/fb01/studentische-rechts- beratung (Philipps-Universität Marburg)
- http://www.lawclinicmunich.de/ (Flüchtlingshilfe Mün- chen)
- http://www.jura.uni-passau.de/studium/rechtsbera- tung/ (Universität Passau)
- http://www.recht‑s.de/ (Stuttgart)
22 Alle Links zuletzt abgerufen am 8.8.2014.
- http://www.lawandlegal.de/de/ (Tübingen/Heidel- berg/Bayreuth/Berlin)
- http://www.wi.hs-wismar.de/de/rechtsberatung (Hochschule Wismar)
2. Literaturhinweise
- Bälz/Möller/Zeidler, Rechtsberatung pro bono publico in Deutschland – eine Bestandsaufnahme, NJW 2008, S. 3383 — 3388
- Bocksrocker, Ein gutes Geschäft, Azur 1/2014, S. 27 — 37
- Brückner/Woodruff, JZ 2008, S.1068 — 1076
- Bull, Irrtümer über die Juristenausbildung, ZRP 2000, S. 425 — 428
- Heussen, Zugang zum Recht – Ein internationaler Ver- gleich, AnwBl 2005, S. 771 — 773
- Horn, Studentische Rechtsberatung in Deutschland, JA 2013, S. 644 — 649
- Hufen, Perspektiven des rechtswissenschaftlichen Stu- diums – Der Wissenschaftsrat betont die Wissenschaft- lichkeit der Juristenausbildung, rennt aber auch offene Türen ein, ZDWR 1/2013, S.5 — 20
- Müller, Pro-Bono-Beratung nach dem neuen Rechts- dienstleistungsgesetz, MDR 2008, S. 357 — 360
- Piekenbrock, Legal Clinics im Jura – Studium und recht- licher Rahmen im RDG, AnwBl 2011, S. 849 — 853
- Seltmann/Dahns, Pro Bono-Tätigkeit, NJW Spezial 2012, S. 702 — 703
- Tiedemann/Gieseking, Die Refugee Law Clinic an der Universität Gießen, LKRZ 2010, S. 236 — 239
- Wolf, Perspektiven der Rechtswissenschaft und der Ju- ristenausbildung – Kritische Anmerkung zu den Emp- fehlungen des Wissenschaftsrats, ZRP 2013, S. 20 — 23
- Wreesmann/Schmidt-Kessel, Unentgeltliche Rechtsbe- ratung durch Laien nach dem Rechtsdienstleistungsge- setz – NJOZ 2008, S. 4061 — 407
- Wreesmann, Unentgeltliche Rechtsberatung durch Stu- denten in den USA und Deutschland, 2010
Der Autor ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der For- schungsstelle für Hochschulrecht und Hochschular- beitsrecht der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.
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