Der sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat sich in seinem Urteil vom 27.03.2014 mit der Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten wissenschaftlicher Mitarbeiter in Teilzeit auf die Stufenzuordnung und mit dem Begriff der „einschlägigen Berufserfahrung“ nach §§ 40 Nr. 5, 16 Abs. 2 S. 3 TV‑L auseinandergesetzt. Im konkreten Fall stand die Frage im Vordergrund, ob die Anerkennung von Vorbeschäftigungszeiten bei einem anderen Arbeitge- ber als „einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr“ im Sinne der vorgenannten Vorschriften einen bestimmten Mindestbeschäftigungsumfang voraussetzt.
I. Ausgangslage
Bei Arbeitsverträgen, auf die der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV‑L) Anwendung fin- det, kann sich im Rahmen der Stufenzuordnung des jeweiligen Arbeitnehmers nach §§ 40 Nr. 5, 16 Abs. 2 S. 3 TV‑L die Frage stellen, unter welchen Voraussetzungen Vorbeschäftigungszeiten aus einem früheren Arbeitsver- hältnis mit einem anderen Arbeitgeber unter den Begriff „einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr“ gefasst werden können. Auslegungsspielraum lässt die Vorschrift insbesondere an zwei Stellen: Wann ist von einer „einschlägigen Berufserfahrung“ auszugehen? Und wie sind Vorbeschäftigungszeiten in Teilzeit auf die erforderliche Mindestdauer der Vorbeschäftigung von einem Jahr anzurechnen?
Insbesondere die Frage nach der Berücksichtigung von Vorbeschäftigungszeiten in Teilzeit war bislang höchstrichterlich nicht geklärt. Die Meinungen in der Literatur gehen in diesem Zusammenhang auseinander: Während einige Autoren eine Anrechnung von Vorbe- schäftigungszeiten an einen bestimmten Mindestbe- schäftigungsumfang in Höhe von 501 bzw. (etwa in ent- sprechender Anwendung des § 2 Abs. 3 WissZeitVG) 25%2 der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit knüp-
- 1 Vgl Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen, TV‑L: Tarif- und Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst der Länder, Stand 10/2009, Nr 5 § 40 Rn 9.
- 2 Vgl Braun in: Sponer/Steinherr TV‑L, Stand Mai 2013, § 40 Nr 5 Rn 7.
- 3 Vgl von Landenberg-Roberg, Stolperstufen im öffentlichen Tarifvertragsrecht – Zur Anrechenbarkeit von Teilzeittätigkeit im
fen wollen oder dies zumindest in Erwägung ziehen, lehnt die wohl überwiegende Auffassung in der Literatur das Erfordernis eines solchen Mindestbeschäftigungs- umfangs im Ergebnis ab.3
Mit beiden Fragen hat sich der sechste Senat des Bun- desarbeitsgerichts in dem hier besprochenen Urteil aus- einandergesetzt.
II. Die Entscheidung des BAG
1. Sachverhalt
In dem nunmehr vom BAG entschiedenen Fall begehrte der Kläger, der beim beklagten Freistaat in der Zeit vom 1. Oktober 2007 bis zum 30. September 2008 mit einem Umfang von 50% der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter einer Uni- versität angestellt war, die Feststellung, dass er für diesen Zeitraum vom beklagten Freistaat nicht in Stufe 1, son- dern in Stufe 2 der Entgeltgruppe 13 zu vergüten sei. Dem streitgegenständlichen Arbeitsverhältnis unmittel- bar vorausgegangen waren mehrere befristete Beschäfti- gungsverhältnisse des Klägers in Teilzeit an einem Lehr- stuhl in einem anderen Bundesland, wobei der Kläger teilweise als wissenschaftliche Hilfskraft mit Hochschul- abschluss, teilweise als wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigt war. Diese Arbeitsverhältnisse fanden in der Zeit vom 1. September 2006 bis zum 30. September 2007 statt und blieben ohne Unterbrechung. Der Arbeitszeit- umfang des Klägers in diesen Beschäftigungsverhältnis- sen schwankte in dieser Zeit von 20 Stunden monatlich über 76 Stunden monatlich bis hin zu 20 Stunden wöchentlich.
Sein Feststellungsbegehren begründete der Kläger unter Verweis auf die nach seiner Auffassung einschlägi- ge Berufserfahrung von über einem Jahr im Sinne der §§ 40 Nr. 5, 16 Abs. 2 S. 3 TV‑L. Er sei faktisch im gesamten Vorbeschäftigungszeitraum mit Tätigkeiten eines wis-
Rahmen der Stufenzuordnung nach § 16 II TV‑L in: öAT 2014, 23; Felix in: Bepler/Böhle/Meerkamp/Russ, Beck’scher Online-Kom- mentar TV‑L, Stand 1.1.2014, § 16 Rn 15a.1 ff; Müller in: Bepler/ Böhle/Meerkamp/Russ, Beck’scher Online-Kommentar TV‑L, Stand 1.1.2014 § 40 Nr 5, Rn 1a; Braun in: Sponer/Steinherr TV‑L Stand Mai 2013, § 40 Nr 5 Rn 7.
Markus Bettecken
Die Berücksichtigung von Vorbeschäftigungszeiten wissenschaftlicher Mitarbeiter in Teilzeit
bei der Stufenzuordnung nach dem TV‑L –
BAG 27.3.2014 – 6 AZR 571/12
Ordnung der Wissenschaft 2014, ISSN 2197–9197
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senschaftlichen Mitarbeiters betraut gewesen, die Zeiten der Anstellung als wissenschaftliche Hilfskraft beruhten lediglich auf haushaltsrechtlichen Gesichtspunkten.
Der beklagte Freistaat trat der Klage mit der Begrün- dung entgegen, es liege keine einschlägige Berufserfah- rung im Sinne des TV‑L für die aktuelle Tätigkeit des Klägers vor. Hierbei berief sich der beklagte Freistaat auf die Zeiten der Anstellung als wissenschaftliche Hilfs- kraft, die inhaltlich schon per se nicht mit der Tätigkeit eines wissenschaftlichen Mitarbeiters vergleichbar seien. Außerdem vertrat der beklagte Freistaat die Auffassung, dass Vorbeschäftigungszeiten nur mit einem Mindestbe- schäftigungsumfang von 50% anzuerkennen seien, da nur eine Tätigkeit in einem solchen Umfang eine ein- schlägige Berufserfahrung gewährleisten könne.
Nachdem der Kläger zunächst vor dem Arbeitsge- richt Leipzig (18. März 2010 – 14 Ca 143/09) mit seiner Klage gescheitert war, hatte das sächsische LAG (8. Mai 2012 – 7 Sa 227/10) der Klage stattgegeben und hierbei festgestellt, dass die Tätigkeiten des Klägers – abwei- chend von der arbeitsvertraglichen Formulierung – in- haltlich jedenfalls im Zeitraum 1. Oktober 2006 bis zum 30. September 2007 derjenigen eines wissenschaftlichen Mitarbeiters entsprochen hätten. Die Revision des be- klagten Freistaates gegen dieses Urteil wurde vom BAG zurückgewiesen.
2. Urteilsbegründung
In den Urteilsgründen hat sich der sechste Senat sowohl mit der Frage eines erforderlichen Mindestbeschäfti- gungsumfangs für die Anerkennung von Vorbeschäfti- gungszeiten, als auch mit der Frage nach einer gleich- wertigen Tätigkeit im Sinne „einschlägiger Berufserfah- rung“ auseinandergesetzt.
a) Gleichwertigkeit einer Tätigkeit
Die Frage, wann eine Tätigkeit in dem Sinne gleichwer- tig ist, dass inhaltlich von einer „einschlägigen Berufser- fahrung“ im Sinne der §§ 40 Nr. 5, 16 Abs. 2 S. 3 TV‑L ausgegangen werden kann, beurteilt der sechste Senat in Anlehnung an die Protokollerklärung Nr. 1 zu § 16 Abs. 2 TV‑L: „Einschlägige Berufserfahrung“ liege dann vor, wenn „die frühere Tätigkeit im Wesentlichen unverän- dert fortgesetzt wird oder zumindest gleichartig war“, was wiederum grundsätzlich eine Vorbeschäftigung mit der entsprechenden eingruppierungsrechtlichen Wertig- keit der aktuellen Beschäftigung voraussetze. Dabei betont der sechste Senat, dass es für die Beurteilung der Wertigkeit der Tätigkeit nicht auf die formale Bewertung durch den Arbeitgeber, sondern auf die entgeltrechtlich zutreffende, mithin den Qualifikationen und Tätigkeiten des Arbeitnehmers entsprechende Bewertung ankom-
me. Von Gleichwertigkeit könne dann ausgegangen wer- den, wenn „die Vorbeschäftigung qualitativ im Wesentli- chen die gesamte inhaltliche Breite der aktuellen Beschäf- tigung“ abdecke.
Im konkreten betrachtete der sechste Senat die Fest- stellungen des LAG, wonach der Kläger jedenfalls im Zeitraum vom 1. Oktober 2006 bis zum 30. September 2007 trotz teilweise anderslautender Arbeitsverträge Tä- tigkeiten eines wissenschaftlichen Mitarbeiters verrich- tete, mangels entsprechender Revisionsrüge des beklag- ten Landes als bindend und ging daher von der Gleich- wertigkeit der zuvor verrichteten Tätigkeit jedenfalls in diesem Zeitraum aus.
b) Kein abstrakter Mindestbeschäftigungsumfang für die Anerkennung von Vorbeschäftigungszeiten im Rah- men der Stufenzuordnung erforderlich
Mit der Frage der Anrechenbarkeit von Teilzeittätigkei- ten auf die erforderliche Vorbeschäftigungsdauer von einem Jahr hat sich das BAG sodann eingehend ausein- andergesetzt. Nach Auffassung des BAG sind im Ergeb- nis bei der Stufenzuordnung Vorbeschäftigungszeiten auch in Teilzeit ohne abstrakten Mindestbeschäftigungs- umfang in Höhe einer bestimmten Teilzeitquote so zu berücksichtigen, als hätte der betreffende Arbeitnehmer in dem Zeitraum Vollzeit gearbeitet. Dabei lässt das BAG jedoch ein „Hintertürchen“ in Gestalt einer Einzelfallab- wägung offen.
Das BAG stützt seine Auffassung sowohl auf den Wortlaut der §§ 40 Nr. 5, 16 Abs. 2 S. 3 TV‑L, als auch auf den Regelungszusammenhang und –zweck. Schließlich würde eine feste Mindestbeschäftigungsquote nach An- sicht des BAG gegen die höherrangige gesetzliche Vor- schrift des § 4 Abs. 1 S. 1 TzBfG verstoßen. Im Einzelnen:
aa) Das Erfordernis eines Mindestbeschäftigungsum- fangs ergebe sich nicht aus dem Wortlaut der §§ 40 Nr. 5, 16 Abs. 2 S. 3 TV‑L. Dort sei ein zeitlicher Mindestum- fang der Vorbeschäftigung im Sinne einer bestimmten Teilzeitquote mit der Formulierung „einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr“ ausdrück- lich nicht festgelegt.
bb) Aus dem Regelungszusammenhang der §§ 16, 17 TV‑L ergebe sich nichts anderes und insbesondere kein Raum für eine solche einschränkende Auslegung der §§40Nr.5,16Abs.2S.3TV‑L.Esfehlebereitsaneiner unbewussten Tariflücke, da Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien die Frage der Teilzeitbeschäfti- gung übersehen und daher unbewusst nicht geregelt hät- ten, nicht ersichtlich seien. Vielmehr zeige schon die Vorschrift des § 17 Abs. 3 S. 4 TV‑L eine bewusste Ent-
Bettecken · Vorbeschäftigungszeiten wissenschaftlicher Mitarbeiter 2 3 9
scheidung der Tarifvertragsparteien für die volle Anrech- nung von Teilzeitbeschäftigungen. Mit Blick auf diese Vorschrift, die für den Stufenaufstieg bei ununterbro- chener Tätigkeit beim gleichen Arbeitgeber eine volle Anrechnung von Zeiten der Teilzeitbeschäftigung auf die Stufenlaufzeit ausdrücklich anordnet, sei kein Grund ersichtlich, Berufserfahrung bei Einstellung und Höher- stufung unterschiedlich zu behandeln.
cc) Dies ergebe sich auch aus dem Zweck des § 16 Abs. 2 TV‑L, der durch die Anerkennung von Vorbeschäfti- gungszeiten Arbeitgeberwechsel im oder in den öffentli- chen Dienst erleichtern und nachteilige Folgen eines sol- chen Wechsels vermeiden wolle. Nach Auffassung des BAG gilt dieser Zweck „in besonderem Maß“ im Hoch- schulbereich, da hier oftmals besondere Mobilität erwünscht und erforderlich sei. Vor diesem Hintergrund würde die Forderung eines Mindestbeschäftigungsum- fangs „ein Hemmnis für das Ziel der Mobilität“ darstel- len und wäre zudem bei einem länderübergreifenden Wechsel wegen der in jedem Land unterschiedlichen Mindeststundenzahl der regelmäßigen Arbeitszeit gemäß dem Anhang zu § 6 TV‑L auch wenig praktika- bel.
dd) Darüber hinaus entspreche das Erfordernis eines Mindestbeschäftigungsumfangs auch inhaltlich nicht dem Zweck des § 16 Abs. 2 TV‑L, vorhandene Berufser- fahrung aufgrund ersparter Einarbeitungszeit und eines höheren Leistungsvermögens finanziell zu honorieren. Dieser Zweck sei vielmehr stets dann erfüllt, wenn der Arbeitnehmer Berufserfahrung in einer mit der aktuel- len gleichwertigen Tätigkeit (siehe oben) dergestalt erworben habe, dass er die Tätigkeit im neuen Arbeits- verhältnis von Beginn an voll ausfüllen könne. Dies sei grundsätzlich auch im Rahmen von Vorbeschäftigungen in Teilzeit gegeben. Den Fällen, in denen diese Voraus- setzungen etwa aufgrund von Teilzeitbeschäftigungen mit sehr geringem Beschäftigungsumfang nicht vorlie- gen, könne mit der oben beschriebenen Auslegung des Begriffs der „einschlägigen Berufserfahrung“ im Rah- men einer Einzelfallabwägung hinreichend Rechnung getragen werden.
ee) Schließlich sieht das BAG in der von Teilen der Lite- ratur vertretenen Forderung eines Mindestbeschäfti- gungsumfangs für Teilzeitbeschäftigte eine sachlich
4 So auch von Landenberg-Roberg aaO; Felix in: Bepler/Böhle/ Meerkamp/Russ, Beck’scher Online-Kommentar TV‑L, Stand 1.1.2014, § 16 Rn 15a.1 ff; Müller in: Bepler/Böhle/Meerkamp/ Russ, Beck’scher Online-Kommentar TV‑L, Stand 1.1.2014, § 40 Nr 5, Rn 1a.
nicht gerechtfertigte Benachteiligung von Teilzeitbe- schäftigten im Sinne des § 4 Abs. 1 S. 1 TzBfG. Zwar sei denkbar, dass der mit einer Vollzeitbeschäftigung ver- bundene größere Gewinn an Erfahrungswissen eine Ungleichbehandlung bei der Stufenzuordnung rechtfer- tigen könne, doch erfordere dies stets eine konkrete Abwägung im Einzelfall und keine abstrakte Grenze eines bestimmten wöchentlichen Arbeitsumfangs.
III. Bewertung
Die Entscheidung des BAG, wonach für die Frage der Stufenzuordnung Vorbeschäftigungszeiten in Teilzeit ohne abstrakten Mindestbeschäftigungsumfang grund- sätzlich voll anzurechnen sind, überzeugt. Ein solches in Teilen der Literatur in Erwägung gezogenes Erfordernis eines abstrakten Mindestbeschäftigungsumfangs in Höhe von 25 bzw. 50% der wöchentlichen Regelarbeitszeit lässt sich weder dogmatisch, noch inhaltlich überzeugend begründen, wie das BAG ausführlich ausarbeitet.4 In dog- matischer Hinsicht lässt schon der Wortlaut der §§ 40 Nr. 5, 16 Abs. 2 S. 3 TV‑L das Erfordernis eines Mindest- umfangs für Vorbeschäftigungen in Teilzeit nicht zu. Auch eine entsprechende ergänzende Auslegung über- zeugt aus den vom BAG genannten Gründen nicht. Als gewichtige Argumente gegen eine solche Auslegung müssen hier insbesondere die fehlende Praktikabilität einer derartigen starren Untergrenze in Anbetracht län- derübergreifend unterschiedlicher Wochenarbeitszeiten sowie die Regelung des § 17 Abs. 3 S. 4 TV‑L genannt werden. Insbesondere letzterer Aspekt wiegt schwer. Denn eine überzeugende Rechtfertigung für eine unter- schiedliche Behandlung von Vorbeschäftigungszeiten bei Höherstufung und Einstellung ist nicht ersichtlich. Beiden Tatbeständen liegen vielmehr vergleichbare Regelungszwecke zugrunde – finanzielle Honorierung von erworbener Berufserfahrung und einem damit ver- bundenen erhöhten Leistungsvermögen im Vergleich zu „Neueinsteigern“.
Die in der Vorinstanz vom sächsischen LAG (8. Mai 2012 — 7 Sa 227/10) noch diskutierte analoge Anwendung des § 2 Abs. 3 WissZeitVG (Mindestbeschäftigungsum- fang von 25%), wird vom BAG in der Urteilsbegründung nicht einmal in Erwägung gezogen – ist jedoch über die bereits genannten Gesichtspunkte hinaus dogmatisch schon mangels Vorliegen der Analogievoraussetzungen abzulehnen.5DassdasErforderniseinesabstraktenMin-
5 Vgl insoweit die überzeugende Darstellung bei von Landenberg- Roberg aaO.
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destbeschäftigungsumfangs daneben auch eine sachlich nicht gerechtfertigte Diskriminierung im Sinne von § 4 Abs. 1 S. 1 TzBfG darstellen würde, unterstreicht das Er- gebnis des BAG noch zusätzlich.
Die Vorgabe des BAG, wonach denkbare Ausnahme- fälle mit äußerst geringer wöchentlicher Arbeitszeit für die Frage der Anerkennung dieser Vorbeschäftigungs- zeiten nicht quantitativ über den Beschäftigungsumfang, sondern qualitativ über den Begriff der „einschlägigen Berufserfahrung“ zu lösen sind, ist auch inhaltlich über- zeugend. Auf diese Weise wird eine den Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls gerecht werdende Abwägung ermöglicht, die gegenüber starren Grenzen vorzugswür- dig erscheint. Denn der von Teilen der Literatur erwoge- ne abstrakte Mindestbeschäftigungsumfang könnte zu dem nicht überzeugenden Ergebnis führen, dass ein Ar- beitnehmer, der vom Zeitvolumen her gesehen umfang- reichere Berufserfahrungen gesammelt hat (beispiels- weise 2 Jahre mit einem Umfang von 30%) gegenüber ei- nem anderen Arbeitnehmer mit höherer Quote aber ins- gesamt niedrigerem Arbeitszeitvolumen (im Beispiel: 1 Jahr Beschäftigung mit einem Umfang von 50%) in un- gerechtfertigter Weise bei der Stufenzuordnung benach- teiligt wird. Mit der Auffassung des BAG ist eine den Be- sonderheiten des Einzelfalls gerecht werdende Anerken- nung von Vorbeschäftigungszeiten durch die Arbeitsge- richte deutlich besser gewährleistet als mit einer abstrakten Mindestbeschäftigungsgrenze.
Zugleich stellt das BAG klar, dass „einschlägige Be- rufserfahrung“ alleine dann vorliegt, wenn die vorherge- hende Tätigkeit in ihrer eingruppierungsrechtlichen Wertigkeit der neuen Tätigkeit entspricht. Dies erscheint sachgerecht. Denn die Anerkennung von Vorbeschäfti- gungszeiten beruht auf der Annahme eines höheren Leistungsvermögens und einer verkürzten Einarbei- tungszeit des betreffenden Mitarbeiters. Dies ist im Ein- zelfall dann gegeben, wenn die vorherige Tätigkeit des Arbeitnehmers inhaltlich weitgehend mit der aktuellen Tätigkeit in Einklang steht, die erworbenen Kenntnisse also auch in der neuen Tätigkeit verwertbar sind. Hier- von wiederum wird in der Literatur ausgegangen, wenn die vergleichbaren Tätigkeiten mindestens die Hälfte der Arbeitszeit im vorherigen Arbeitsverhältnis umfassten.6 Nicht entscheidend kann hingegen die formale Einstu-
- 6 Vgl Felix in: Bepler/Böhle/Meerkamp/Russ, Beck’scher Online- Kommentar TV‑L, Stand 1.1.2014, § 16 Rn 15d, e.
- 7 Beispiel in Anlehnung an: von Landenberg-Roberg aaO, S 25.
fung der Tätigkeit des Arbeitnehmers durch den Arbeit- geber sein, wie das BAG überzeugend darlegt.
Für die Anerkennung von Vorbeschäftigungszeiten in Teilzeit bei der Stufenzuordnung eines wissenschaftli- chen Mitarbeiters gilt demnach folgendes: Im Grundsatz sind Vorbeschäftigungszeiten auch in Teilzeit voll auf die notwendige Vorbeschäftigungsdauer von einem Jahr an- zurechnen. Ausnahmen von diesem Grundsatz werden nicht anhand von abstrakten Teilzeitquoten (50, 25, 10 oder gar 5% der wöchentlichen Arbeitszeit), sondern in- haltlich über die Frage der „einschlägigen Berufserfah- rung“ bestimmt: Hat etwa ein wissenschaftlicher Mitar- beiter im Rahmen seiner Vorbeschäftigung lediglich zwei Stunden pro Woche Klausuren korrigiert, so kann dieser Vorbeschäftigung dann die volle Anrechnung ver- weigert werden, wenn in der neuen Beschäftigung um- fassende Aufgaben in Forschung und Lehre wahrgenom- men werden sollen.7 In derartigen Fällen wird es indes regelmäßig auf der Hand liegen, dass eine „einschlägige Berufserfahrung“, die nach dem oben Ausgeführten stets an der Stufenzuordnung und dem Aufgabenprofil der neuen Stelle zu messen sein wird, nicht vorliegt.
IV. Fazit
Die praktische Bedeutung der hier besprochenen Ent- scheidung ist groß. Gerade im Wissenschaftsbereich sind Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse und Arbeitge- berwechsel weit verbreitet. Angesichts der nicht uner- heblichen Unterschiede zwischen den einzelnen Stufen der jeweiligen Entgeltgruppen8 wirkt sich die Frage der Stufenzuordnung für den jeweiligen Arbeitnehmer finanziell spürbar aus. Das Urteil schafft nunmehr Klar- heit darüber, dass solche Teilzeitbeschäftigungsverhält- nisse bei Wechsel des Arbeitgebers im Grundsatz voll bei der Frage der Stufenzuordnung zu berücksichtigen sind. Zugleich ist die Entscheidung auch für die Arbeitsge- richte praktikabel.
8
Der Autor ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der For- schungsstelle für Hochschulrecht und Hochschular- beitsrecht der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg sowie Rechtsreferendar am Landgericht Stuttgart.
Vgl von Landenberg-Roberg aaO, S 24.