Gegenstand der Entscheidung des VG Potsdam war der Antrag einer Hochschulprofessorin, ihr für die Dauer von 5 Jahren befristetes Beamtenverhältnis (W2-Profes- sur) im Wege einer einstweiligen Anordnung zu entfris- ten, hilfsweise über ihre Berufung in ein Beamtenver- hältnis auf Lebenszeit neu zu entscheiden und sie bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache vorläufig weiter zu beschäftigten. Das Verwaltungsgericht setzte sich in seinem – ablehnenden – Beschluss mit der Frage ausein- ander, ob für den auf Entfristung des Beamtenverhältnis- ses zielenden Hauptantrag ein Anordnungsanspruch im Rahmen des § 123 Abs. 1 VwGO bestehe.
I. Zum Hintergrund der Entscheidung
In der Gesetzgebung der Bundesländer hat seit etwa 2000 die Praxis Einzug gehalten, Professoren im Falle der Erstberufung nicht mehr sofort zu Lebenszeitbeam- ten sondern zu Beamten auf Zeit zu ernennen oder mit ihnen einen befristeten Arbeitsvertrag zu schließen. Vorreiter hierbei war Baden-Württemberg mit der damaligen Regelung des § 67 Abs. 1 S. 2 UG.1 Danach war bei der ersten Berufung in ein Professorenamt das Dienstverhältnis grundsätzlich zu befristen und konnte hierfür ein Zeitbeamtenverhältnis oder ein befristeter Dienstvertrag vorgesehen werden. Andere Bundesländer zogen sodann mit gleichlautenden oder ähnlichen Rege- lungen nach.2
Dazu zählt auch das Land Brandenburg. Nach der damaligen Regelung des § 40 Abs. 1 BbgHG konnten mit Professorinnen und Professoren Angestellten- oder Be- amtenverhältnisse begründet werden. § 40 Abs. 1 S. 5 sah dabei vor, dass die Erstberufung in ein Beamtenverhält- nis auf Zeit erfolgen soll. In der jetzigen Fassung des BbgHG – sedes materiae ist § 41 Abs. 1 — an der das VG Potsdam sei- ne Entscheidung auszurichten hatte, ist das im Wesentli- chen unverändert geblieben. Nach § 41 Abs. 1 S. 3 soll insbe- sondere bei der Erstberufung ein befristetes Angestellten- verhältnisodereinBeamtenverhältnisaufZeitbegründet werden. Nach S. 4 der Vorschrift ist die Dauer des befriste-
- 1 IdF v 28.3.2000, GBl S 208.
- 2 Vgl zur damaligen Situation Löwisch/Wertheimer/Zimmermann,
ten Angestelltenverhältnisses oder des Beamtenverhält- nisses auf Zeit auf höchstens fünf Jahre begrenzt, im Fal- le der Erstberufung beträgt sie zwei Jahre. Kriterien für die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Entfris- tung eines Zeitbeamtenverhältnisses vorzunehmen oder eine solche verweigert werden kann, enthält § 41 BbgHG nicht.
Die Antragstellerin wurde im Jahr 2008 an der Uni- versität Potsdam in ein Zeitbeamtenverhältnis für fünf Jahre berufen, es handelte sich hierbei um eine Erstberu- fung. In der Berufungsvereinbarung wies der Präsident der Universität darauf hin, dass – wie bei der Ausschrei- bung der Professur aufgeführt – eine Berufung auf fünf Jahre greift und die Universität Potsdam im Anschluss einen Antrag auf Entfristung an das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Bran- denburg stellt; ferner darauf, dass eine Altersgrenze für die dann erfolgende Ernennung auf Lebenszeit nicht existiere und ein neuerliches Berufungsverfahren nicht stattfinde.
In einem Erlass des brandenburgischen Wissen- schaftsministerium vom 2.8.20103 finden sich Regelun- gen zur Befristung des Dienstverhältnisses von Professo- rinnen und Professoren bei der Erstberufung iSd § 41 BbgHG. Nr. 2 dieses Erlasses bestimmt hierbei, dass die Begründung eines befristeten Beamtenverhältnisses den Regelfall darstellt und von diesem nur im Ausnahmefall und dann abgewichen werden darf, wenn das Wissen- schaftsministerium zustimmt. Nach Nr. 4 des Erlasses prüft die Hochschule rechtzeitig vor Ablauf des befriste- ten Dienstverhältnisses, ob die Begründung eines Beam- tenverhältnisses auf Lebenszeit empfohlen werden kann. Weiter heißt es dort, dass die Hochschule hierzu eine Be- schlussfassung der Gremien gem. § 62 Abs. 2 Nr. 7 BbgHG (in der Regel der Senat) und § 70 Abs. 2 Nr. 4 BbgHG (in der Regel Fakultäts- bzw. Fachbereichsrat) herbeiführt. Ferner soll die Hochschule spätestens drei Monate vor Ablauf des befristeten Dienstverhältnisses ihren Vorschlag zur unbefristeten Fortsetzung des Dienstverhältnisses beim Wissenschaftsministerium
buch, 2. Aufl 2011, S 157 Rn 145.
3 Amtsblatt für Brandenburg, 2010, S 1497.
Frank Wertheimer
Entfristung eines Professoren-Beamtenverhältnisses im Wege einstweiliger Anordnung –
VG Potsdam, Beschl. vom 22.3.2013, VG 2 L 98/13
WissR 2001, 28, 29 f; siehe auch Detmer, in: HSchR-Praxishand-
Ordnung der Wissenschaft 2014, ISSN 2197–9197
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einreichen und dabei zu der Frage Stellung nehmen, ob sich der Professor bei der Erfüllung seiner Dienstaufga- ben bewährt hat.
Der Entfristungsantrag der Professorin fand im Fa- kultätsrat nicht die nach der Grundordnung der Univer- sität Potsdam erforderliche qualifizierte Professoren- mehrheit. Obwohl es einer Entscheidung des Senats der Universität über den Antrag gar nicht mehr bedurfte, lehnte dieser die Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit ab. Zu einer Antragstellung an das Wissen- schaftsministerium kam es daraufhin nicht, weshalb die betroffene Professorin beim VG einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO stellte.
Der Beschluss des VG Potsdam ist deswegen von be- sonderem Interesse, weil Entscheidungen zu der prak- tisch bedeutsamen Frage, unter welchen Voraussetzun- gen eine Hochschule einen Entfristungsantrag eines in ein Zeitbeamtenverhältnis berufenen Professors bzw. ei- ner Professorin ablehnen kann, rar sind. Eine höchst- richterliche Entscheidung des BVerwG hierzu ist bislang nicht ergangen, auch obergerichtliche Entscheidungen gibt es zu den neueren Landesgesetzen, die die Zeitpro- fessur eingeführt haben, bis dato ersichtlich keine. Be- kannt sind aus der instanzgerichtlichen Rechtsprechung ein Urteil des VG Gießen4 sowie ein Beschluss des VG Frankfurt.5 Vor diesen landesrechtlichen Gesetzesände- rungen hatte sich der VGH Kassel6 mit der Frage befasst, ob einem Professor nach Beendigung seines Beamten- verhältnisses auf Zeit aus culpa in contrahendo ein An- spruch auf Berufung als Professor in eine Beamtenver- hältnis auf Lebenszeit zusteht. Auch liegt mittlerweile eine Entscheidung des BAG aus dem Jahr 20137 vor, de- ren Focus darauf liegt, ob die Befristung von Arbeitsver- hältnissen angestellter Hochschulprofessoren wirksam ist.
II. Beschluss des VG Potsdam vom 22.3.2014
Das VG Potsdam hat den Antrag auf Erlass einer einst- weiligen Anordnung abgelehnt. In seiner Begründung hat es ausgeführt, dass es für den auf eine Entfristung des Beamtenverhältnisses der Antragstellerin zielenden Hauptantrag an einem Anordnungsanspruch fehle, wel- cher wegen der insoweit begehrten Vorwegnahme der Hauptsache das – sichere – Bestehen eines Anspruchs auf Ernennung im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit als Universitätsprofessorin voraussetzen würde. Von einem solchen Anspruch sei hier nicht auszugehen.
- 4 Urteil v 25.8.2011, 5 K 1979/10.GI, FuL 2012, 136 sowie bei juris.
- 5 Beschluss v 7.5.2012, 9 L 297/12.F, juris.
- 6 Beschluss v 4.3.1991, 1 TG 3306/90, juris und DVBl 1991, 1214
1. Das VG erteilte zunächst der Auffassung der An- tragstellerin eine Absage, wonach sich ein Entfristungs- anspruch aus den hergebrachten Grundsätzen des Be- rufsbeamtentums iSd Art. 33 Abs. 5 GG, zu dem das Le- benszeitprinzip zähle, herleiten lasse. Dem stehe bereits entgegen, dass die Antragstellerin die Berufung in ein Zeitbeamtenverhältnis unbeanstandet hingenommen und gegen die seinerzeitige Ernennung keinen Wider- spruch eingelegt habe.
2. In diesem Zusammenhang hat das VG auch geäu- ßerte verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Umkeh- rung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses von Lebens- zeitprofessur gegenüber einer Zeitprofessur durch § 41 Abs. 1 S. 3 und 4 BbgHG verneint. Es spreche, so das VG, viel dafür, dass „sachliche Gründe“ die Konstrukti- on der Zeitprofessur rechtfertigten, zumal befristete Be- schäftigungsverhältnisse auch in früheren Phasen einer wissenschaftlichen Laufbahn nicht untypisch seien.
3. Dem von der Antragstellerin gestellten Hilfsantrag auf ermessensfehlerfreie Neubescheidung des Entfris- tungsantrages hielt das VG in seinem Beschluss entge- gen, es sei nicht zu beanstanden, dass das Land Branden- burg eine Berufung der Professorin in ein Beamtenver- hältnis auf Lebenszeit abgelehnt habe, weil die Universi- tät Potsdam eine Fortsetzung des befristeten Beamtenverhältnisses nicht angestrebt und folglich auch keinen Antrag an das Wissenschaftsministerium gestellt habe. Über die Gründe der universitären Willensbildung erfährt man im Beschluss selbst nichts. Da in der Ent- scheidung aber auf den Erlass des Wissenschaftsministe- riums vom 2.8.2010 eingegangen wird, darf angenom- men werden, dass die Universität Potsdam die Bewäh- rung der Antragstellerin verneint hat.
4. Im gleichen Zusammenhang habe für das Land auch kein Anlass bestanden, sich über das fehlende posi- tive Votum der Universität wegen einer insoweit – be- haupteten – fehlerhaften Ermessensentscheidung des Präsidenten der Universität hinwegzusetzen. Diesbezüg- lich verweist das VG auf die innerhalb der Universität gegen eine Entfristung des Zeitbeamtenverhältnisses ge- fassten Gremienbeschlüsse, die formal rechtmäßig er- gangen seien.
5. Schließlich finden sich in dem Beschluss Ausfüh- rungen zur Frage, ob aus der im Jahr 2008 geschlossenen Berufungsvereinbarung sich ein Entfristungsanspruch ergebe, was das VG im Ergebnis verneinte.
6. Weil nicht mit der für eine Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen Wahrscheinlichkeit ein Ent- fristungsanspruch bestehe, wies das VG schließlich auch
(Leitsatz).
7 Urteil v 11.9.2013, 7 AZR 843/11, NZA 2013, 1352 = ZTR 2014,
42.
Wertheimer · Entfristung eines Professoren-Beamtenverhältnisses 8 3
den zweiten Hilfsantrag der Antragstellerin zurück, mit dem diese eine vorläufige Weiterbeschäftigung bis zu ei- ner Entscheidung in der Hauptsache beantragt hatte.
III. Bewertung der Entscheidung
Der Beschluss des VG Potsdam liegt zwar im Trend anderer in diesem Kontext ergangener Entscheidungen, begegnet jedoch in verschiedener Hinsicht Bedenken. Diese betreffen vor allen Dingen die hinter der prozessu- alen Fragestellung des § 123 Abs. 1 VwGO stehende Pro- blematik eines Entfristungsanspruchs eines auf Zeit berufenen Professors.
1. Zum Hauptantrag
Das VG Potsdam hält das Zeitbeamtenverhältnis – jedenfalls im Falle einer Erstberufung – für unbedenk- lich und sieht darin keinen Verstoß gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen Art. 33 Abs. 5 GG. Dar- aus folgert das VG, dass kein sicherer Anspruch der Pro- fessorin auf Ernennung in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit bestehe, was aber – wegen der insoweit begehrten Vorwegnahme der Hauptsache – Vorausset- zung für die beantragte einstweilige Anordnung sei.8 Wäre die Zeitprofessur mit höherrangigem Recht verein- bar, müsste man der Ablehnung des von der Hochschul- lehrerin gestellten Hauptantrages zustimmen.
a) Per se ist ein befristetes Beamtenverhältnis, wie es der hier einschlägige § 41 Abs. 1 BbgHG vorsieht, nicht grundsätzlich unvereinbar mit höherrangigem Recht. Dies ergibt sich schon aus § 46 HRG, wonach Professo- ren, soweit sie in das Beamtenverhältnis berufen werden, zu Beamten auf Zeit oder auf Lebenszeit ernannt wer- den. Wenn § 41 Abs. 1 BbgHG für die Erstberufung ein Zeitbeamtenverhältnis vorsieht, ist dies zunächst durch § 46 HRG gedeckt.9
Gleichwohl ist in diesem Zusammenhang Art. 33 Abs. 5 GGzuberücksichtigten,wonachdasRechtdesöffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grund- sätze des Berufsbeamtentums zu regeln ist. Zu diesen Grundsätzen gehört die regelmäßig lebenszeitliche An- stellung der Beamten. Sie ist ein Teil des Kernbestandes der verfassungsrechtlich garantierten Institution des Be- rufsbeamtentums.10 Das Beamtenverhältnis auf Wider-
- 8 Vgl hierzu Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl 2013, § 123 Rn 14 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen.
- 9 Zur Bedeutung von § 46 HRG für befristete Arbeitsverhältnisse mit Hochschullehrern vgl BAG v 11.9.2013, 7 AZR 843/11, NZA 2013, 1352.
- 10 Battis, BBG, 4. Aufl 2009, § 4 Rn 13; Jarras/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 33 Rn 47; Leisner, Beamtentum, 1995, S 603, sieht im Lebenszeitprinzip die wichtigste Grundlage des Beamtenrechts überhaupt.
ruf und das Beamtenverhältnis auf Probe stellen diesen Grundsatz nicht in Frage, denn sie sind „Durchgangssta- tionen“ und damit Vorstufen zum Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Anders liegt es hingegen beim Beamtenver- hältnis auf Zeit. Es ist nicht, wie das Beamtenverhältnis auf Probe, auf eine spätere Berufung auf Lebenszeit an- gelegt. Jedes Beamtenverhältnis auf Zeit bedarf deshalb als Ausnahme von der lebenszeitlichen Anstellung einer besonderen Rechtfertigung.11
Dieses aus Art. 33 Abs. 5 GG folgende Regel-Ausnah- me-Verhältnis zwischen einem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit und einem Beamtenverhältnis auf Zeit spie- gelt sich in § 4 BeamtStG. Die Vorschrift enthält zwar keine grundsätzliche Einschränkung für ein befristetes Beamtenverhältnis, aus ihr folgt aber, dass das Lebens- zeitbeamtenverhältnis den Regelfall darstellt. Im Kontext des § 41 Abs. 1 BbgHG ist auch § 121 Abs. 1 LBG Bbg zu sehen, wonach die Voraussetzungen der Ernennung von Beamten auf Zeit gesetzlich zu bestimmen sind. Es fol- gen dort Regelungen für kommunale Wahlbeamte und sog. Politische Beamte. Nach § 41 Abs. 1 BbgHG handelt es sich letztlich um einen gesetzlich geregelten Fall eines Zeitbeamtenverhältnisses, so dass zwar im Prinzip Kom- patibilität mit § 121 Abs. 1 LBG Bbg besteht. Allerdings lässt sich die Zeitprofessur keiner der bestehenden Kate- gorien von Zeitbeamtenverhältnissen zuordnen. Weder bekleidet ein Professor in seinem Professorenverhältnis ein Amt in leitender Funktion noch ist er kommunaler Wahlbeamter, schließlich zählt er auch nicht zum wis- senschaftlichen Nachwuchs.12 Die Gründe, die bei den genannten Gruppen eine Ausnahme vom Lebenszeit- prinzip rechtfertigen, treffen demnach für die in § 41 Abs. 1 BbgHG geregelte Zeitprofessur für den Fall der Erstberufung nicht zu.13
Wenn das VG Potsdam in seinem Beschluss vom 22.3.2013 unter Verweis auf die Entscheidungen des VG Frankfurt vom 7.5.201214 sowie des VG Gießen vom 25.8.201115 grundsätzlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelung des § 41 Abs. 1 BbgHG sieht, springt es zu kurz: Das VG übersieht dabei näm- lich, dass sich die zitierten Entscheidungen auf § 61 Abs. 5 HessHG beziehen, dem in seiner Ausgestal- tung in Verbindung mit Abs. 6 der Vorschrift der Cha- rakter eines Probezeitbeamtenverhältnisses zukommt,
11 BVerfG v 30.3.1977, 2 BvR 1039, 1045/75, BVerfGE 44, 249, 262 f. 12 Sogeltendie§§2und3WissZeitVGnachdessen§1Abs1S1
ausdrücklich nicht für Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer. 13 Vgl hierzu Löwisch/Wertheimer/Zimmermann, WissR 2001, 34 f. 14 AaO (Fn 5).
15 AaO (Fn 4).
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worauf etwa das VG Frankfurt sowie das VG Gießen in den zitierten Entscheidungen explizit abheben.16 Darü- ber hätte das VG Potsdam nicht einfach hinweggehen dürfen.
b) In der Konsequenz bedeutet dies, dass das Lebens- zeitprinzip als zu beachtendes Prinzip auf das Beamten- verhältnis eines zeitbefristeten Hochschullehrers anzu- wenden bleibt. Die in § 41 Abs. 1 BbgHG enthaltene Aus- nahme für den Fall der Erstberufung – die dort zum Re- gelfall erhoben wird – bedarf damit einer entsprechenden Rechtfertigung.
§ 41 Abs. 1 BbgHG enthält selbst keinen Hinweis dar- auf, mit welcher Begründung bei Erstberufenen lediglich ein Zeitbeamtenverhältnis begründet werden soll. Auch gibt die Berufungsordnung der Universität Potsdam17 dafür nichts her. Einzig der Nr. 4 des Erlasses des bran- denburgischen Ministeriums für Wissenschaft, For- schung und Kultur vom 2.8.201018 ist zu entnehmen, dass die Hochschule rechtzeitig vor Ablauf des befriste- ten Dienstverhältnisses prüft, ob die Begründung eines Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit empfohlen werden kann. Stellt die Hochschule einen Entfristungsantrag an das Wissenschaftsministerium, muss sie zu der Frage Stellung nehmen, ob sich der Professor bei der Erfüllung seiner Dienstaufgaben bewährt hat.
Damit zeigt sich eine Parallele zum Beamtenverhält- nis auf Probe, welches als allgemeine Kategorie eines Be- amtenverhältnisses vorgesehen ist, wie § 4 Abs. 3 Be- amtStG zeigt. Der Gesetzestext des § 41 Abs. 1 BbgHG stellt dies aber zumindest in Frage, wenn es dort in S. 1 heißt, dass „eine Probezeit“ nicht zurückzulegen ist. Gleichwohl scheint der Gesetzgeber in Brandenburg der Auffassung zu sein, das Beamtenverhältnis auf Zeit iSd § 41 Abs. 1 BbgHG sei als Probebeamtenverhältnis aufzu- fassen. Der o.g. Erlass aus dem Jahr 2010 bestätigt diese Vermutung. Dem Gesetzgeber ist insoweit ein Formen- missbrauch19 vorzuhalten: Zeitbeamten- und Probebe- amtenverhältnis weisen nämlich erhebliche Unterschie- de auf: So ist das Probebeamtenverhältnis Vorstufe zum
- 16 Vgl Rn 3 der Entscheidung des VG Frankfurt bei juris; entspre- chend Rn 22 der Entscheidung des VG Gießen.
- 17 V 23.8.2007, genehmigt durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur mit Schreiben vom 31.3.2008, Amtl Bekannt- machungen der Universität Potsdam – Nr 10/2008 vom 1.9.2008. Anders etwa § 13 der Berufungsordnung der TH Wildau – ebenfalls Brandburg – vom 14.9.2009, in dem Verfahren und Kriterien für die Entfristung von Zeitprofessuren geregelt werden.
- 18 AaO.
- 19 So auch Detmer, in: HSchR-Praxishandbuch, aaO , S 157 Rn 145.
- 20 StRspr, vgl BVerwG v 26.10.1967, II C 22/65, BVerwGE 28, 155,157 ff; Löwisch/Wertheimer/Zimmermann, WissR 2001, 42; so auchDetmer, in: HSchR–Praxishandbuch, 2. Aufl 2011, S 157 (Rn 145).
- 21 Hierzu Detmer, in: HSchR-Praxishandbuch, aaO, S 157 (Rn 145)mwN.
Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Hat sich der Probebe- amte nicht bewährt, ist er zu entlassen. Im Gegensatz dazu endet das Zeitbeamtenverhältnis – unabhängig von einer Bewährung – automatisch. Eine Auslegung des Zeitbeamtenverhältnisses als Probebeamtenverhältnis scheitert an den Besonderheiten des Beamtenrechts. Die Rechtsnatur des Beamtenverhältnisses richtet sich aus- schließlich nach dem tatsächlichen Ernennungsakt. Die- sen hat der Gesetzgeber formalisiert, um Unklarheiten bezüglich des Beamtenstatus von vornherein auszu- schließen.20 Das in § 41 Abs. 1 BbgHG vorgesehene Zeit- beamtenverhältnis im Falle der Erstberufung ist folglich kein Probebeamtenverhältnis. Hieran vermag auch der Erlass des Wissenschaftsministeriums aus 2010 nichts zu ändern.
c) Entgegen der Auffassung des VG Potsdam begeg- net daher die in § 41 Abs. 1 BbgHG geregelte Zeitprofes- sur erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Ent- sprechende frühere Regelungen in anderen Landeshoch- schulgesetzen – so etwa § 67 Abs. 1 UG BaWü und § 70 Abs. 5 HessHG – wurden aus diesem Grund gestri- chen und durch ein dem Lebenszeitbeamtenverhältnis vorgeschaltetes Probebeamtenverhältnis ersetzt.21
Verfassungsrechtliche Bedenken wischt der Be- schluss auch im Zusammenhang mit der Entscheidung des BVerfG vom 28.5.200822 allzu leicht vom Tisch. Ge- genstand dieses Beschlusses war ein in § 25b LBG NRW a.F.23 vorgesehenes Zeitbeamtenverhältnis für Ämter mit leitender Funktion. Die Situation eines erstberufenen Hochschullehrers sei, so das VG Potsdam, nicht ver- gleichbar mit der Vergabe von Ämtern für Führungs- kräfte, welche zuvor in der Regel bereits eine Reihe von Ämtern (auf Lebenszeit) ausgeübt hätten, in denen sie sich schon in besonderem Maße leistungsfähig und leis- tungsbereit gezeigt hatten.24 Vordergründig mag diese Argumentation verfangen. Das BVerfG hat in der zitier- ten Entscheidung aber allgemein gesagt, dass das Beam- tenverhältnis auf Lebenszeit nach Art. 33 Abs. 5 GG die Regel sein muss, insbesondere deshalb weil der Beamte
22 BVerfG v 28.5.2008, 2 BvL 11/07, BVerfGE 121, 205 = NVwZ 2008, 873.
23 § 25b LBG NRW aF lautete in Abs 1: Ein Amt mit leitender Funk- tion im Sinne des Abs 7 wird im Beamtenverhältnis auf Zeit für längstens zwei Amtszeiten übertragen. Eine Amtszeit beträgt fünf Jahre; … Mit Ablauf der ersten Amtszeit ist die Übertragung des Amtes auf Dauer im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit ausge- schlossen, mit Ablauf der zweiten Amtszeit soll dem Beamten das Amt auf Dauer im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übertragen werden.
24 So auch VG Gießen v 25.8.2011, aaO und VG Frankfurt v 7.5.2012, aaO.
Wertheimer · Entfristung eines Professoren-Beamtenverhältnisses 8 5
auf Zeit keine gesicherte Rechtsstellung habe, so dass ihm die für seine Amtsausübung erforderliche Unab- hängigkeit fehlt. Das gilt für einen Hochschullehrer, der Aufgaben in Forschung und Lehre wahrnimmt, in glei- cher Weise. Zudem weist das BVerfG auch darauf hin, dass für die Feststellung der Eignung sowie der Leis- tungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft eines Beamten anderegeeigneteInstrumentezurVerfügungstehen,die mit dem Lebenszeitprinzip in Einklang stehen. Hierzu zählt namentlich das Beamtenverhältnis auf Probe, in dem der Beamte – anders als im Beamtenverhältnis auf Zeit – „einen gerichtlich kontrollierbaren Anspruch auf Ernennung auf Lebenszeit in diesem Amt“ erwirbt, „wenn er sich durch seine Leistung bewährt hat“.
Kritisch ist in diesem Zusammenhang auch der wei- tere Hinweis des VG Potsam zu sehen, wonach die Be- gründung von Beamtenverhältnissen auf Zeit, „insbe- sondere mit einer früheren Phase der wissenschaftlichen Laufbahn stehenden Bediensteten, für das Hochschulbe- amtenrecht durchaus nicht untypisch“ sei.25 Hierbei wird verkannt, dass die Befristungssystematik des Wiss- ZeitVG für den wissenschaftlichen Nachwuchs nach dessen § 1 Abs. 1 S. 1 gerade nicht für Hochschulprofessu- ren gilt. Auch die noch recht junge Entscheidung, in der das BAG26 den Landesgesetzgeber für berechtigt hielt, Voraussetzungen zu regeln, wie Arbeitsverhältnisse an- gestellter Hochschulprofessoren wirksam befristet wer- den können, vermag den Beschluss des VG Potsdam nicht zu stützen. Zum einen betrifft die BAG-Entschei- dung keine Beamten- sondern Arbeitsverhältnisse; zum anderen ging es in dieser Entscheidung um die Regelung in § 50 des Hochschulgesetzes Thüringen aus dem Jahre 2003, die im Unterschied zu § 41 Abs. 1 BbgHG in ihrem Abs. 3 die Voraussetzungen für eine Entfristung eines Beamtenverhältnisses auf Zeit in ein Lebenszeitbeam- tenverhältnis näher bestimmte. Erforderlich war danach eine gutachterliche Stellungnahme des Fachbereichsrats zur fachlichen, pädagogischen und persönlichen Eig- nung des betroffenen Professors, womit es sich bei § 50 HSchulG TH letztlich um ein Probebeamtenver- hältnis handelte.
Die Zeitprofessur lässt sich im Übrigen nicht mit der arbeitsrechtlichen Befristungssystematik begründen. Be- fristete Arbeitsverhältnisse bedürfen nach § 14 Abs. 1 TzBfG eines sachlichen Grundes, wozu nach Nr. 5 die Erprobung des Arbeitnehmers zählt. Die Rechtfertigung der sachgrundlo- sen Befristung für maximal 2 Jahre in § 14 Abs. 2 TzBfG hat ihre Genese in Überlegungen, die auf das Beamtenrecht
- 25 Unter Verweis auf VGH Kassel v 3.3.1991 1 TG 3306/90, juris.
- 26 BAG v 11.9.2013, 7 AZR 843/11, NZA 2013, 1352.
- 27 Selbst eine Regelung durch eine hochschulinterne Satzung – wie
nicht übertragbar sind. § 14 Abs. 2 TzBfG ist Nachfolge- norm von § 1 BeschFG 1985, mit der der Gesetzgeber sei- nerzeit eine arbeitsmarktpolitische ratio verfolgt hat. Für ein Zeitbeamtenverhältnis können derartige Überlegun- gen nicht herangezogen werden.
Fast schon lebensfremd erscheint ferner die weitere Argumentation des VG, die Hochschullehrerin könne sich auf die Verfassungswidrigkeit der Zeitprofessur nicht mehr berufen, weil sie die Verbeamtung auf Zeit unbeanstandet hingenommen habe. Hätte das VG ernst- haft erwartet, dass die Antragstellerin seinerzeit gegen die Ernennung auf Zeit Widerspruch einlegte?
Und schließlich: Verfassungsrechtliche Bedenken hätten beim VG Potsdam auch aufkommen müssen, weil § 41 Abs. 1 BbgHG zu den Regularien der Entfristung ei- ner Zeitprofessur schweigt. Bei der Ablehnung der Ent- fristung handelt es sich aber um einen erheblichen Ein- griff in die Stellung des Hochschullehrers, dessen Rah- menbedingungen der brandenburgische Gesetzgeber selbst bestimmen muss. Die Regelung per Erlass des brandenburgischen Wissenschaftsministeriums dürfte folglich mit dem Grundsatz des Gesetzesvorbehalts un- vereinbar sein.27
2. Zu den Hilfsanträgen
Das VG hat den als Hilfsantrag geltend gemachten Anspruch auf erneute ermessensfehlerfreie Entschei- dung durch die Universität verneint und als Begründung dafür angegeben, die Universität habe eine Fortsetzung des befristeten Beamtenverhältnisses nicht angestrebt und folglich beim Land keinen Antrag auf Entfristung der Professur gestellt. In diesem Zusammenhang setzt sich der Beschluss lediglich mit der formellen Rechtmä- ßigkeit der universitären Gremienbeschlüsse auseinan- der; zu den Gründen, weshalb die Universität das Profes- sorenverhältnis nicht entfristen wollte, finden sich keine Ausführungen. Lediglich auf S. 8 des Beschlusses ist ein Hinweis enthalten, dass es Kritikpunkte an der Amtsfüh- rung der Antragstellerin gegeben hat, die Gegenstand einer Fakultätsratssitzung waren und vom Dekan in einem Schreiben an den Präsidenten der Universität mitgeteilt wurden. Das VG hat sich demnach mit diesen Gründen nicht auseinandergesetzt.
a) Im Ergebnis ist das VG damit davon ausgegangen, dass das befristete Professorenverhältnis durch einfa- chen Zeitablauf ohne jede weitere inhaltliche Prüfung endete. Dies war rechtsfehlerhaft. Im Hinblick auf die zuvor darstellten verfassungsrechtlichen Bedenken ge-
etwa die bereits zitierte Berufungsordnung der TH Wildau (vgl dort § 13) – begegnet aus rechtstaatlichen Erwägungen Bedenken.
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gen die Fassung des § 41 Abs. 1 BbgHG hätte das VG er- kennen müssen, dass das wesentliche Element des Pro- bebeamtenverhältnisses, nämlich die Bewährung, für den erstberufenen Professor auf das Beamtenverhältnis auf Zeit zu übertragen ist.28
Der Dienstherr, hier also die Universität Potsdam, hat folglich zu prüfen, ob der bzw. die Erstberufene in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu übernehmen ist. Hat sich der Hochschullehrer im Zeitbeamtenver- hältnis bewährt, so ist jede andere Entscheidung als die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit sachwidrig, wenn der Hochschullehrer daneben die all- gemeinen beamtenrechtlichen Voraussetzungen er- füllt.29 Jede andere Interpretation würde verfassungs- rechtlichen wie rahmenrechtlichen Vorgaben des Bun- des widersprechen und eine Umgehung des Lebenszeit- prinzips darstellen. Mit dieser Frage hätte sich das VG somit auch zwingend auseinandersetzen müssen. Den Entscheidungen des VG Frankfurt30 sowie des VG Gie- ßen31 ist jedenfalls zu entnehmen, dass dort eine ent- sprechende Sachprüfung stattgefunden hat.
Auch der beamtenrechtliche Fürsorgeanspruch, der durch Art. 33 Abs. 4 GG verfassungsrechtlich vorgege- ben ist, u.a. in § 45 BeamtStG seinen einfachgesetzlichen Niederschlag gefunden hat, im Rahmen der Beamtenge- setze der Länder gilt sowie einen hergebrachten Grund- satz des Berufsbeamtentums iSd Art. 33 Abs. 5 GG dar- stellt, erfordert im Übrigen ein solches Verständnis: Hat sich der erstberufene Professor im Zeitbeamtenverhält- nis bewährt, entspricht es einem auf Fürsorge bedachten Verhalten der Anstellungskörperschaft, den Beamten auf Lebenszeit zu übernehmen.
b) Damit ist die Frage aufgeworfen, welche Maßstäbe für die Beurteilung der Bewährung im Rahmen einer Entfristungsentscheidung der Universität gelten. Zum Teil finden sich hierfür Kriterien in einzelnen Landesge- setzen, wie etwa im früheren § 50 Abs. 3 HSchulG TH oder dem früheren Art. 10 Abs. 2 BayHSchLG, nach de- nen eine Würdigung der fachlichen, pädagogischen und persönlichen Eignung vorgesehen war. Vielfach werden Evaluationsverfahren auch hochschulintern, zB durch Satzungen geregelt.32 Den von den Hochschulen durch- zuführenden Beurteilungsverfahren sind von vornher- ein Grenzen aus der Wissenschaftsfreiheit des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG gesetzt. Das in Art. 5 Abs. 3 GG enthaltene Frei-
- 28 Vgl hierzu näher Löwisch/Wertheimer/Zimmermann, WissR 2001, S 42 f unter dd).
- 29 So auch Detmer, in: HSchR-Praxishandbuch, aaO, S 157 Rn 145; ebenso VG Stuttgart v 16.04.2008, 3 K 2222/07, FuL 2008, 700.
- 30 v 07.05.2012, aaO.
- 31 v 25.08.2011, aaO.
heitsrecht schützt als Abwehrrecht die wissenschaftliche Betätigung gegen staatliche Eingriffe. Der Freiraum der Wissenschaftler ist grundsätzlich ebenso vorbehaltlos geschützt, wie die Freiheit der wissenschaftlichen Betäti- gung gewährleistet ist.33 In ihm herrscht absolute Frei- heit vor jeglicher Ingerenz staatlicher Gewalt beim Auf- finden und der Gewinnung von Erkenntnissen, ihrer Deutung, Weitergabe und Vermittlung.34
c) § 4 Abs. 2 S. 1 HRG sowie § 4 Abs. 2 S. 1 BbgHG be- stimmen dementsprechend, dass die Freiheit der Forschung insbesondere die Fragestellung, die Grundsätze der Metho- dik sowie die Bewertung des Forschungsergebnisses und sei- neVerbreitungumfasst.Nach§4Abs.3S.1HRGund § 4 Abs. 1 BbgHG umfasst die Freiheit der Lehre insbeson- dere die Abhaltung von Lehrveranstaltungen und deren in- haltliche und methodische Ausgestaltung sowie das Recht auf Äußerung von wissenschaftlichen Lehrmeinungen.35 Schließlich ist auf § 61 BeamtStG hinzuweisen, wonach Hochschullehrer nur mit ihrer Zustimmung versetzt werden können. Hieraus lässt sich das Gewicht erschlie- ßen, welches der Bundesgesetzgeber der beamtenrechtli- chen Sicherung von Forschung und Lehre zumisst.
Evaluationsverfahren, in denen eine Bewertung der Leistungen des zur Entfristung anstehenden Hochschul- lehrers in Lehre, Forschung, ggfs. auch der Selbstverwal- tung unter besonderer Berücksichtigung seiner Beteili- gung an der Studienberatung, der Einwerbung von Dritt- mitteln oder der wissenschaftlichen Veröffentlichungen erfolgt, sind daher zur Beurteilung der Bewährung nicht geeignet. Machte man von einem derartigen Evaluati- onsergebnis die Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit abhängig, würde das zwangsläufig dazu führen, dass der Erstberufene in seiner Forschung und Lehre Rücksicht auf die tatsächlichen oder vermeintli- chen Beurteilungskriterien nimmt. Es liegt nahe, dass er sich vorwiegend solchen Aufgaben widmet, die bei einer Evaluierung besonders schwer wiegen. Ein solches Eva- luationsverfahren kann ihn von grundlegender, konzep- tioneller Arbeit abhalten, deren Wert sich für die Wis- senschaft oftmals erst viel später zeigt. In der Lehre kann es aus Rücksicht auf studentische Vorstellungen zu in- haltlicher oder methodischer Anpassung kommen. Ins- gesamt bestünde so die Gefahr, dass ein Wohlverhalten des Erstberufenen erzeugt würde, das mit der Wissen- schaftsfreiheit unvereinbar ist. Hierbei handelt es sich
32 So etwa die bereits zitierte Berufungsordnung der TH Wildau, vgl oben Fn 16.
33 Thieme, Deutsches Hochschulrecht, 2. Aufl 1986, Rn 59. 34 Vgl Löwisch/Wertheimer/Zimmermann, WissR 2001, S 44. 35 Vgl hierzu Wahlers, ZTR 2013, 478, 483.
Wertheimer · Entfristung eines Professoren-Beamtenverhältnisses 8 7
um ein ganz grundsätzliches Problem personenbezoge- ner Evaluationen an Hochschulen, welches sich auf dem Hintergrund der grundgesetzlichen Vorgaben bei einer Norm wie § 41 Abs. 1 BbgHG zentral auswirkt. Gerade deshalb begegnet die Zeitprofessur in der hochschul- rechtlichen Literatur ganz erheblichen Bedenken.36 Die- se Auffassung vertritt auch das BVerwG, welches ent- schieden hat, dass dem Fachbereich einer Universität nicht die Befugnis zusteht, wissenschaftliche For- schungsarbeiten der Professoren des Fachbereichs fach- lich zu bewerten und einer wissenschaftlichen Kritik zu unterziehen, weil damit in unzulässiger Weise in die ver- fassungsrechtlich geschützte Wissenschaftsfreiheit ein- gegriffen würde.37 Was bleibt somit für die Beurteilung der Bewährung des Erstberufenen? Gegenstand kann grundsätzlich nur dessen wissenschaftsneutrales Verhal- ten sein, so zB die Vernachlässigung von Dienstpflichten, etwa die mangelnde Beteiligung an den von den Studien- und Prüfungsordnungen vorgesehenen Lehrveranstal- tungen, die Verletzung der Residenzpflicht, die man- gelnde Beteiligung an Selbstverwaltung oder Verstöße gegen das Nebentätigkeitsrecht. Zum anderen kommen Verhaltensweisen in Betracht, die sich als Missbrauch der Wissenschaftsfreiheit darstellen, etwa die Fälschung von Forschungsergebnissen oder die Veröffentlichung von
Wissenschaftsplagiaten.38 So gesehen haben das VG Gie- ßen39 sowie das VG Frankfurt40 in ihren Entscheidungen – jedenfalls z.T. – auf relevante Punkte abgestellt. In der Gießener Entscheidung war die Bewährung u.a. wegen Nichterfüllung von Verpflichtungen in der Lehre sowie mangelnder Betreuung des wissenschaftlichen Nach- wuchses verneint worden. In der Frankfurter Entschei- dung wurde die mangelnde Bewährung darauf zurückge- führt,dassderHochschullehrerzweimalLiebesverhältnisse mit Studentinnen eingegangen war und sich übergriffig verhalten hatte. Betroffen war damit jeweils das wissen- schaftsneutrale Verhalten, worauf nach der hier vertretenen Auffassung zu Recht abgestellt werden durfte.
Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass der Be- schluss des VG Potsdam zu den relevanten verfassungs- rechtlichen Problemen im Rahmen der Entfristung einer Zeitprofessur kaum durchgedrungen ist.
Der Autor ist Partner der Kanzlei KRAUSS LAW in Lahr/ Schwarzwald. Zuvor war er 17 Jahre im Universitätsbe- reich, davon über 10 Jahre in der Hochschulmedizin, zuletzt als Kaufmännischer Direktor des Universitäts- klinikums Freiburg, tätig. Zu seinen Beratungsfeldern gehört im Bereich des Arbeitsrechts auch das Hoch- schulrecht.
- 36 Vgl Detmer, in: HSchR-Praxishandbuch, aaO, S 140 (Rn 87) und S 177 (Rn 208) jeweils mwN; Löwisch/Wertheimer/Zimmermann, WissR 2001, S 44 f.
- 37 BVerwG v 11.12.1996, 6 C 5/95, NJW 1997, 1996 ff; vgl auch Schachtschneider/Beyer, BayVBl 1998, 171 ff.
38 Löwisch/Wertheimer/Zimmermann, WissR 2001, S 46; ebenso Detmer, in: HSchR-Praxishandbuch, aaO, S177 (Rn 208).
39 Fn 4. 40 Fn 5.
88 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 2 (2014), 81–88