ÜBERSICHTI. Einführung und Grundlegung1. Beteiligte und Zusammenwirken2. Recht auf Anerkennung3. Eigentumsgleiches RechtII. Abstimmungsbedarf1. Ausgangspunkt2. Gegenständlicher Umfang3. Personeller Umfang4. StrukturierungIII. Verbundebene1. Interessenlage und Auflösung von Interessenkollisionen2. Vertrag als Gestaltungsmittel3. Gesetzliche RegelungIV. Beschäftigungsebene1. Interessenlage und Auflösung von Interessenkollisionen2. Gestaltungsmittel3. Eigenständiges Arbeitnehmererfinderrecht?V. Forscherebene1. Sog. Foreground2. Sog. BackgroundVI. ErgebnisseI. Einführung und Grundlegung1. Beteiligte und ZusammenwirkenZweck eines Forschungsverbunds1 ist die im Zusam-menwirken mehrerer Beteiligter erfolgende Suche nach Erkenntnis.2 Seine Förderung erfordert nicht, dass die Beteiligten selbst unmittelbar forschen. Vielmehr kann die Suche nach Erkenntnis auch anderweitig unterstützt werden (z.B. organisatorischer oder finanzieller Beitrag). Mitglieder eines Forschungsverbunds sind im Regelfall dann auch nicht einzelne Forscher, sondern Institutio-nen (Hochschulen und sonstige [außeruniversitäre] For-schungseinrichtungen) und Unternehmen.3 Sie schlie-ßen sich zusammen, um ein Forschungsvorhaben durch Organisation und Ausstattung zu ermöglichen. Die eigentliche (Forschungs-)Tätigkeit als notwendig menschliche Leistung4 wird dagegen nicht unmittelbar von ihnen, sondern im Kern von Angestellten (Arbeit-nehmer, Beamte)5 erbracht.2. Recht auf AnerkennungSind Forscher erfolgreich, haben sie automatisch jeder für sich ein Recht auf Anerkennung ihrer Leistung und dürfen sich im zutreffenden Ausmaß als Mutter/Vater einer Erkenntnis bezeichnen. Dies ist Ausfluss des durch Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG6 umfassend geschütz-ten Persönlichkeitsrechts, in dessen Schutzbereich eingegriffen wird, wenn durch unzutreffende Leug-nung einer individuellen Leistung7 die Person ver-fälscht oder entstellt wird.8 Abgesehen hiervon findet es in Ausschnitten eine Grundlage in Art. 5 Abs. 3 GG, weil die Anerkennung eines Forschungsbeitrags Teil der wissenschaftlichen Kommunikation ist.9 Schließ-lich gründet es ggf. in Art. 12, 14 GG, weil und soweit die Nichtanerkennung eines Leistungsbeitrags die diesem zu Grunde liegende Tätigkeit bzw. das Ergebnis oder eine eingerichtete und ausgeübte Geschäftstätigkeit ent-wertet. Vereinzelt (z.B. für den Schöpfer, vgl. § 13 S. 1 UrhG) hat dieses Recht auf der Ebene des einfachen Rechts eine besondere Ausgestaltung erfahren (z.B. § 13 S. 2 UrhG; vgl. auch § 24 HRG, § 70 Abs. 3 S. 2, 3 HG Bernhard UlriciGeistiges Eigentum in Forschungsverbünden** Erweiterte Fassung des im Rahmen des Symposiums „For-schungskooperationen: Plädoyer für eine wissenschaftsadäquate Rechtsform“ (05./06.10.2017) in Berlin gehaltenen Vortrags. 1 Verstanden als kooperative Form gemeinsamer Forschung, vgl. Eberbach/Hommelhoff/Lappe, Eine Kooperationsform für die Wissenschaft, OdW 2017, 1.2 Heide, Patentschutz und Patentlizenzen in Forschungskooperatio-nen, InTeR 2013, 2 (2 f., 9); Wündisch in BeckOF Vertrag, 42. Ed. 1.9.2017, Kooperationsvertrag Anm. 2.3 Vgl. Eberbach/Hommelhoff/Lappe OdW 2017, 1; Stallberg, Anwendungsfragen von § 42 Nr. 4 ArbnErfG bei F&E‑Verträgen im Hochschulbereich, GRUR 2007, 1035; TUM, Forschungs- und Wirtschaftskooperationen (https://www.tum.de/fileadmin/w00b-fo/www/Wirtschaft/Broschueren_Kooperationen/130318_TUM_CCC_Forsch-Wirt_Brosch-dt.pdf ), 2 (20.11.2017).4 Pahlow in Gärditz/Pahlow, Hochschulerfinderrecht, 2011, 129 Rn. 45.5 Daneben sind tätig vor allem auch nicht angestellte (externe) Studenten, Doktoranden und Habilitanden.6 Vgl. Specht in BeckOGK Zivilrecht, 1.8.2017, BGB § 823 Rn. 1074.7 Eine Leugnung kann auch in der unzutreffenden Anmaßung oder Behauptung der Maßgeblichkeit der Leistung einer anderen Person liegen.8 Vgl. allg. Specht (o. Fn. 6) BGB § 823 Rn. 1122.9 Vgl. Maunz/Dürig/Scholz, 80. EL Juni 2017, GG Art. 5 Abs. 3 Rn. 83 f.Ordnung der Wissenschaft 2018, ISSN 2197–9197ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 2 (2018),129–15813010 Vgl. für Erfindungen BGH 20.06.1978 — X ZR 49/75 = GRUR 1978, 583 (585); LG Nürnberg-Fürth 25.10.1967 — 3 O 3/67 = GRUR 1968, 252 (254). – Vgl. auch BGH 08.06.1989 — I ZR 135/87 = GRUR 1995, 668 (670): Allgemeines Persönlichkeits-recht kann verletzt werden durch Zuschreiben fremder Werke; Kroitzsch/Götting in BeckOK UrhR, 17. Ed. 1.8.2017, UrhG § 13 Rn. 9: Allgemeines Persönlichkeitsrecht kann verletzt sein durch Bestreiten der Urheberschaft an nicht schutzfähigen Werken.11 Vgl. allg. Specht (o. Fn. 6) BGB § 823 Rn. 1109, 1112.12 Grundrechtsträger sind nach Maßgabe von Art. 19 Abs. 3 GG auch juristische Personen einschließlich (privater sowie öffent-lich-rechtlicher) Hochschulen und Forschungseinrichtungen (vgl. BVerfGE 75, 192 (196); Wündisch/Hering, Rücklizenzen bei FuE-Aufträgen: Das Nutzungsrecht für Forschung und Lehre, GRUR Int 2009, 106 (108); unentschieden BVerfGE 15, 256 (264)) sowie in der Folge auch Zusammenschlüssen selbiger.13 Vgl. § 1 PatG, § 2 UrhG.14 Vgl. §§ 9, 58 Abs. 1 S. 2, 3 PatG.15 Vgl. Pahlow (o. Fn. 4) Rn. 1.16 Vgl. Kraßer/Schricker, Patent- und Urheberrecht an Hochschulen, 1988, 15, Pahlow (o. Fn. 4) Rn. 10.17 Vgl. auch Pahlow (o. Fn. 4) Rn. 8.18 Vgl. für Erfindungen Fitzner in BeckOK Patentrecht, 6. Edition (26.09.2017), PatG Vor §§ 1–25 Rn. 5 ff.; Pahlow (o. Fn. 4) Rn. 41.19 Vgl. aber z.B. die Ausnahme in § 20 ArbNErfG.20 Vgl. BGH 28.10.2004 — I ZR 326/01 = GRUR 2005, 166 (167, 169); BGH 06.05.1999 — I ZR 199/96 = NJW 1999, 2898 (2901); BGH 14.12.1995 — I ZR 240/93 = GRUR 1996, 210 (211); BGH 21.03.1961 — I ZR 133/59 = NJW 1961, 1251 (1251 f.); vgl. auch Ulrici, Vermögensrechtliche Grundfragen des Arbeitnehmerurhe-berrechts, 2008, 62 f., 345.21 Vgl. auch die losgelöst von einem Vertragsschluss geltende Rege-lung in § 17 UWG.22 Vgl. Kraßer/Schricker (o. Fn. 16), 16; Pahlow (o. Fn. 4) Rn. 1.23 Vgl. auch Gärditz/Pahlow in Gärditz/Pahlow, Hochschulerfin-derrecht, 2011, 3 Rn. 4; IHKs NRW/AG IHK Hessen, For-schungs- und Entwicklungsverträge zwischen Unternehmen und Hochschulen, 1. Aufl. 2005, 9.24 Brandi-Dohrn in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 4. Aufl. 2014, Forschungs- und Entwicklungsverträge Rn. 1; Wün-disch (o. Fn. 2) Forschungs- und Entwicklungsvertrag Anm. 12, Kooperationsvertrag Anm. 6; Wündisch, Vergiftetes Geld? Ergeb-nis- und verwertungsbezogene Auflagen in öffentlich geförderten FuE-Verbundprojekten, BB 2009, 679 (681); Groß in Gärditz/Pahlow, Hochschulerfinderrecht, 2011, 321 Rn. 72.NRW, § 47 S. 4 SächsHSFG). Im Umfang seiner grund-rechtlichen Verankerung besteht es – nicht notwendig mit demselben Inhalt – auch unabhängig von einer ein-fachrechtlichen Ausformung.10 Ein Recht auf Anerken-nung – ihres jeweiligen Beitrags – steht automatisch aber auch einem Forschungsverbund sowie seinen Mitglie-dern zu. Denn nach Maßgabe von Art. 19 Abs. 3 GG kön-nen auch diese vom persönlichen Schutzbereich des Per-sönlichkeitsrechts,11 der Wissenschafts‑,12 Berufs- und/oder Eigentumsfreiheit erfasst werden.3. Eigentumsgleiches RechtIm Unterschied zum Recht auf Anerkennung nicht durchgängig und auch nicht notwendig automatisch, sondern nur bei Erfüllung besonderer Voraussetzungen (z.B. Neuheit bzw. Eigentümlichkeit, Erfindungs- bzw. Schöpfungshöhe)13 und teilweise erst nach gesonderter Anerkennung (z.B. nach Veröffentlichung)14 sind die Ergebnisse forschender Tätigkeit zu Gunsten eines For-schers, eines Forschungsverbunds und/oder seiner Mit-glieder auch Gegenstand eines Schutzrechts (z.B. Patent, Gebrauchsmuster, Urheberrecht), d.h. vergleichbar dem Eigentum einem Inhaber zugewiesen, für diesen in ihrer (wirtschaftlichen) Anwendung monopolisiert (vgl. § 903 BGB, Ausschließungs- und Nutzungsfunktion) und gegen Beeinträchtigungen geschützt.15 Entsprechende Schutzrechte gewährt die Rechtsordnung nur aufgrund umfassender Interessenabwägung. Der Gesetzgeber berücksichtigt vor allem, wie sich die Gewährung eines Schutzrechts auf den gesellschaftlichen (insbes. techni-schen oder kulturellen) Fortschritt (z.B. Förderung von Investitionen in geistige Leistungen, Behinderung von Weiterentwicklungen16) und den Markt (z.B. Abschot-tung eines Marktes und monopolbedingte Preisübertrei-bungen) auswirkt und wägt mögliche nachteilige Aus-wirkungen17 sorgfältig mit dem Gewicht der erbrachten Leistung ab.18 Soweit für das Ergebnis einer geistigen Leistung kein Schutzrecht gewährt wird, ist es nicht ver-gleichbar dem Eigentum geschützt, sondern kann grds. frei und grds. auch unentgeltlich19 benutzt und ausge-wertet werden.20 Verhindern lässt sich dies nur mittels von den Beteiligten insbes. durch Vertragsschluss zu begründenden Geheimhaltungspflichten21 sowie Tätig-keits- und Konkurrenzverboten.22II. Abstimmungsbedarf1. AusgangspunktAus der Gemengelage, dass mehrere Verbundmitglieder zusammenwirken und die forschende Tätigkeit nicht von diesen, sondern von für den Forschungsverbund tätigen und regelmäßig arbeitsteilig handelnden Perso-nen erbracht wird, ergibt sich umfangreicher Abstim-mungsbedarf in Bezug auf die Ergebnisse geistiger Leis-tungen und die zu diesen erteilten Schutzrechte.232. Gegenständlicher UmfangZunächst besteht Abstimmungsbedarf vor allem in Bezug auf den sog. Foreground, d.h. die von einem For-schungsverbund im Rahmen der Verwirklichung seines Zwecks gewonnenen Ergebnisse:24• Es muss die Wahrnehmung des Rechts auf Aner-kennung eines Leistungsbeitrags in Form eines (öffentli-chen) Hinweises koordiniert werden. Denn es steht zwar jedem Beteiligten ein eigenes Recht auf Anerkennung seines individuellen Beitrags zu, dessen Wahrnehmung