I. Ausgangspunkt
Die Ära des Deutschen Kaiserreichs sah die endgültige deutschlandweite Etablierung des in seinen Ursprüngen bis zu den Universitäten Halle (gegr. 1694) und Göttingen (gegr. 1737) zurückreichenden Modells der Forschungsuniversität, d. h. einer Bildungseinrichtung, in der die Weitergabe von Wissen wesensmäßig mit der Produktion neuen Wissens vereint ist. Diese Vereinigung unterscheidet die moderne von der vormodernen Universität, deren Lehrkräfte zwar neues Wissen hervorbringen konnten, es aber nicht mussten und in der Regel auch nicht taten. Sie erfüllten die Rollenerwartung mit der Bewahrung, Ordnung und Vermittlung von tradiertem Wissen,1 weshalb die wesentlichste Voraussetzung für ihr Amt eine gediegene Gelehrsamkeit war. Erst mit der allmählichen Durchsetzung des Forschungsimperativs, der sich gegen Ende des 18. Jahrhunderts in Preußen herauszubilden begann,2 sahen sich Universitätsdozenten im Verlauf des 19. Jahrhunderts der Erwartung ausgesetzt, sich nicht nur ihrer traditionellen Funktion als Vermittler überkommenen Wissens zu widmen, sondern sich darüber hinaus an der „Produktion spezialisierten neuen Wissens im Rahmen einer wissenschaftlichen Disziplin“3 zu beteiligen.4
Mit der alten Aufgabe der Weitergabe von Wissen sollte die neue Aufgabe, „selbst an der Wissenschaft zu arbeiten“, dem Ideal nach dahingehend verbunden sein, dass die Professoren mit ihrer auf dem aktuellen Wissensstand ihres Faches aufbauenden Lehrtätigkeit in der Lage waren, ihre „Schüler zum wissenschaftlichen Denken anzuleiten [und] wenn möglich auch zur Mitarbeit an der wissenschaftlichen Forschung heranzuziehen“, wie es der Berliner Pädagoge und Philosoph Friedrich Paulsen im Jahr 1898 formulierte.5
Als Ort der Verwirklichung dieses Ideals einer Lehre, in der „nicht die blosse Tradition, sondern die Anleitung zur selbständigen Hervorbringung der Erkenntnis“ das Ziel ist,6 galt (und gilt) in erster Linie die sich um 1800 von ihrer ursprünglichen propädeutischen Funktion emanzipierende philosophische Fakultät. In dieser im 19. Jahrhundert sowohl Geistes- als auch Naturwissenschaften umfassenden Fakultät trat nach Ansicht von Paulsen der Charakter der „deutschen Universität“ als „Pflanzschule der wissenschaftlichen Forschung“ vorzugsweise zutage, während in den drei auf die Ausbildung von Praktikern gerichteten Fakultäten für Theologie, Recht und Medizin „naturgemäß […] die Überlieferung und Einprägung von Wissen, das für die technische Ausstattung des Berufs erforderlich ist“, die größere Rolle spiele.7 Deshalb werde in diesen Fakultäten auf die Lehrbegabung der Professoren „erheblich größerer Nachdruck“ gelegt als in den philosophischen, wo nicht der Lehrerfolg, sondern die wissenschaftliche Leistung das Kriterium
Frank Zeiler
Juristenlehranstalt oder „Forschungsfakultät“?
Zur Rolle der universitären Forschungsorientierung in juristischen Fakultäten zur Zeit des
Deutschen Kaiserreichs am Beispiel der Freiburger Rechtsfakultät
1 Siehe zu den unterschiedlichen Rollen von Professoren im Lauf der Geschichte Moraw, Der deutsche Professor vom 14. bis zum 20. Jahrhundert, in: ders., Gesammelte Beiträge zur deutschen und europäischen Universitätsgeschichte, Leiden/Boston 2008, S. 353 ff.
2 Vgl. hierzu etwa Turner, The Prussian Professoriate and the Research Imperative 1790–1840, in: Jahnke/Otte (Hg.), Epistemological and Social Problems of the Sciences in the Early Nineteenth Century, Dordrecht/Boston/London 1981, S. 109 ff.
3 Lundgreen, Mythos Humboldt in der Gegenwart, in: Ash (Hg.), Mythos Humboldt. Vergangenheit und Zukunft der deutschen Universität, Wien/Köln/Weimar 1999, S. 157.
4 Vgl. zum Prozess des Rollenwandels des Professors von einem sich durch umfassende Gelehrsamkeit auszeichnenden Lehrer zum spezialisierten Wissenschaftler, der durch die aktive Teilnahme am Prozess der Wissensgenerierung in seiner Disziplin charakterisiert ist, z. B. Baumgarten, Professoren und Universitätsprofile im Humboldt’schen Modell 1810–1914, in: Schwinges (Hg.), Humboldt International. Der Export des deutschen Universitätsmodells im 19. und 20. Jahrhundert, Basel 2001, S. 107 f.
5 Paulsen, Die akademische Lehrfreiheit und ihre Grenzen, in: Preußische Jahrbücher, Bd. 91 (1898), S. 515.
6 Paulsen, Die deutschen Universitäten und das Universitätsstudium, Berlin 1902, S. 204.
7 Paulsen, Wesen und geschichtliche Entwicklung der deutschen Universität, in: Lexis (Hg.), Die deutschen Universitäten, 1. Bd., Berlin 1893, S. 39.
Ordnung der Wissenschaft 2021, ISSN 2197–9197
2 4 4 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 4 ( 2 0 2 1 ) , 2 4 3 — 2 5 0
8 Ebd., S. 66 f.
9 Paulsen, Die deutsche Universität als Unterrichtsanstalt und als
Werkstätte der wissenschaftlichen Forschung, in: ders., Gesammelte
Pädagogische Abhandlungen, Stuttgart/Berlin 1912, S. 93 f.
10 Paletschek, Die permanente Erfindung einer Tradition. Die Universität
Tübingen im Kaiserreich und in der Weimarer Republik,
2001, S. 9.
11 Die folgenden Ausführungen basieren auf Zeiler, Statik und
Wandel. Die Freiburger Rechtsfakultät im universitären Expansionsprozess
des Deutschen Kaiserreichs, Freiburg/München
2009; dort finden sich detaillierte Nachweise sowohl der
archivalischen Quellen als auch der Sekundärliteratur. Für
biographische Angaben zu den im Text erwähnten Freiburger
Dozenten wird verwiesen auf: Zeiler, Biographische Skizzen
zum Lehrkörper der Freiburger Rechtsfakultät, 2008, URN:
urn:nbn:de:bsz:25opus58711.
für die Auswahl der Lehrkräfte sei.8 Mithin stand für
Paulsen zwar nicht in Zweifel, dass auch die Dozenten
der juristischen Fakultät entsprechend der Doppelfunktion
der Universität als „Unterrichtsanstalt und als Werkstätte
der wissenschaftlichen Forschung“ sowohl Lehrer
als auch Forscher zu sein hatten, er ging aber davon aus,
dass hier die Aufgabe der Weitergabe von Wissen gegenüber
jener der Wissenserzeugung eindeutig den Vorrang
genieße. Auch nahm er an, dass die Vermittlung der Fähigkeit,
wissenschaftlich zu arbeiten, in der juristischen
Fakultät am schwersten zu erreichen sei, weil die „Last
des eigentlichen Lernens […] nirgends so gross“ sei wie
dort.9 Demnach war die juristische Fakultät in Paulsens
Einschätzung eher eine „Unterrichtsanstalt“ denn eine
„Forschungswerkstatt“, wie er sie, urteilt man nach seinen
Beschreibungen, in der philosophischen Fakultät in
Reinform verwirklicht sah.
Im Folgenden soll diese – im Hinblick auf die philosophische
Fakultät zweifellos idealisierende – zeitgenössische
Charakterisierung des Zustandes der deutschen
Universitäten und ihrer Rechtsfakultäten zum Ausgangspunkt
genommen werden, um einen kleinen Beitrag
zur „Rekonstruktion der ‚Realgestalt‘ der deutschen
Universität“10 im Hinblick auf die universitätshistoriographisch
wenig beachteten juristischen Fakultäten zu
leisten, indem anhand der Freiburger Rechtsfakultät untersucht
wird, welches Gewicht dem Forschungsimpetus
bei der Besetzung vakanter Professuren zukam (II.), inwieweit
er die Lehre beeinflusste (III.) und ob durch ihn
studentische Wissensproduktion angeregt wurde (IV.). 11
II. Zur Rolle der Forschungsorientierung bei der
Besetzung juristischer Professuren
Die in der Einleitung beschriebene Doppelfunktion des
Professors wurde in der Ära des Kaiserreichs von keiner
der an den Besetzungsverfahren für die Lehrstühle der
Freiburger Rechtsfakultät beteiligten Stellen zu irgendeiner
Zeit in Frage gestellt – nicht vom badischen Kultusministerium,
das bereits 1870 an dem Fakultätsvorschlag
für die Nachfolge des Kanonisten Emil Friedberg bemängelte,
dass der als Kandidat ins Auge gefasste Alfred Boretius
auf kirchenrechtlichem Gebiet – dem Hauptfach der
Professur – noch nicht publiziert habe, ebenso wenig
vom akademischen Senat, der 1872 bei der Nachfolge für
den Strafrechtler Karl Binding unter Hinweis auf die
Bedeutung wissenschaftlicher Leistungen die Nennung
eines in dieser Hinsicht nicht ausgewiesenen Rechtsanwalts
als Kandidaten monierte, und auch nicht innerhalb
der Fakultät, bei deren Kandidatensuche sich in diesem
Fall – wie aus dem Briefwechsel von Binding mit dem
zuständigen Referenten im badischen Kultusministerium
Wilhelm Nokk entnommen werden kann – alles um
die „wissenschaftliche Produktivität“ der in Frage kommenden
Dozenten drehte. Auch sonst behandelten die
Ordinarien in ihren Berufungsgutachten – soweit diese
überliefert sind – mit Ausnahme des international
renommierten und damit über eine Begutachtung erhabenen
Römischrechtlers Otto Lenel stets die Publikationstätigkeit
der in Aussicht genommenen Kandidaten,
wogegen die Lehrbefähigung bisweilen gar nicht thematisiert
wurde. Wurde sie thematisiert, umfasste die Beurteilung
oft nur einen pauschal auf Lehrerfolge hinweisenden
Satz, was indes nicht bedeutet, dass die Fakultät
das Kriterium der didaktischen Fähigkeiten geringschätzte.
Soweit bei wissenschaftlich ähnlich bewerteten
Kandidaten die Lehrgabe des einen erwiesenermaßen
größer war als die des anderen, kam ihr ohnehin das entscheidende
Gewicht zu, und im Fall des 1902 vor allem
für die Abhaltung von Übungen eingerichteten Extraordinariats
für bürgerliches Recht stellte die Lehrbefähigung
sogar das erstrangige Auswahlkriterium dar. Aber
auch bei der Besetzung von ordentlichen Professuren
gab sich die Fakultät wiederholt Mühe, diesbezügliche
Kenntnisse zu erlangen. Bei der Besetzung des Lehrstuhls
für bürgerliches Recht und Kirchenrecht im Jahr
1896 sowie des Lehrstuhls für Straf- und Prozessrecht im
Jahr 1913 reisten gar eigens zwei Emissäre in das benachbarte
Basel, um die Lehrtätigkeit des Kandidaten Ulrich
Stutz bzw. des Kandidaten Johannes Nagler in Augenschein
zu nehmen, was sich dann in vergleichsweise ausführlichen
Thematisierungen dieses Kriteriums in den
beiden Berufungsgutachten niederschlug.
Gleichwohl muss die wissenschaftliche Leistung als
das für die Fakultät entscheidende Kriterium angesehen
werden. Denn sie wurde im Gegensatz zu den didaktiZeiler
· Juristenlehranstalt oder „Forschungsfakultät“ 2 4 5
12 Das Kapital dieser Stiftung bestand aus dem Vermögen des von
1874 bis zu seinem Tod im Jahr 1895 in Freiburg lebenden schleswig-
holsteinischen Verwaltungsbeamten, Diplomaten und Abgeordneten
Rudolf Schleiden. Zweck der Stiftung war die Förderung
der wissenschaftlichen Arbeit auf dem Gebiet des Völkerrechts
und der Staatswissenschaften durch die alljährliche Ausschreibung
einer Preisaufgabe sowie die Errichtung einer ordentlichen Professur
für Völkerrecht und Staatswissenschaften an der Universität
Freiburg, sobald die Erträge des Stiftungskapitals hierfür ausreichten.
13 Verhandlungen der Ständeversammlung des Großherzogtums Baden,
Protokolle der ersten Kammer, 1913/14, Karlsruhe 1914, S. 523.
schen Fertigkeiten in den Berufungsgutachten (mit der
erwähnten Ausnahme von Lenel) stets angesprochen
und überdies fast immer zuerst abgehandelt, so dass die
Ausführungen zur Lehrbefähigung oft nur als ein Anhängsel
an die bisweilen recht ausführlichen Darlegungen
zu den Publikationen des Kandidaten erscheinen.
Dieser Umstand wurde von keiner der an den Berufungsverfahren
beteiligten Stellen jemals gerügt. Vielmehr
wurde zumindest in der Endphase des Kaiserreichs
augenscheinlich die wissenschaftliche Leistung allenthalben
für so auschlaggebend gehalten, dass sich die
Fakultät im Jahr 1914 bei der erstmaligen (letztlich erst
1919 mit einem anderen Kandidaten vollzogenen) Besetzung
der Stiftungsprofessur für Staats- und Völkerrecht
(sog. Schleiden-Professur) zur Rechtfertigung der kleinen
Zahl der von ihr vorgeschlagenen Kandidaten zu
dem Hinweis genötigt sah, sie habe schließlich „pflichtgemäß“
neben der wissenschaftlichen Arbeit „auch“ die
Lehrgabe in Betracht ziehen müssen; gleichzeitig setzte
sie den 31-jährigen Extraordinarius Fritz Marschall von
Bieberstein trotz einer positiven Charakterisierung seiner
Lehrtätigkeit ausdrücklich nur als Füllkandidaten
auf die Berufungsliste, weil er „derzeit“ mangels eines
„überzeugenden Oeuvres“ nur zu „Hoffnungen“
berechtige.
Diese Einschätzung wurde im großherzoglichen Kultusministerium
allem Anschein nach uneingeschränkt
geteilt. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass die Berufung
des wissenschaftlich bislang nur mit seiner (wenn
auch verschiedentlich gelobten) Habilitationsschrift zur
Verantwortlichkeit und Gegenzeichnung bei Anordnungen
des obersten Kriegsherrn hervorgetretenen Marschall
von Bieberstein dort jemals erwogen wurde, obwohl
die Anstellung einer besoldungstechnisch „billigen“
Nachwuchskraft die einzige Möglichkeit gewesen wäre,
die Besetzung des Lehrstuhls mit den vergleichsweise geringen
Erträgnissen der Schleiden-Stiftung12 zu finanzieren.
Ganz im Gegenteil ließen die Verantwortlichen in
Karlsruhe nichts unversucht, um mit dem von der Freiburger
Fakultät favorisierten 57-jährigen Würzburger
Ordinarius Christian Meurer einen Professor zu gewinnen,
der sich als einer der führenden Staatskirchenrechtler
seiner Zeit und einer Autorität auf verschiedenen Gebieten
des Völkerrechts eines mehr als „überzeugenden
Oeuvres“ rühmen konnte, und sie waren dabei auch wiederholt
zu finanziellen Zugeständnissen bereit. Damit
kann davon ausgegangen werden, dass die im Jahr 1914
von dem Historiker Ernst Fabricius als Vertreter der Albert-
Ludwigs-Universität in der ersten Kammer der badischen
Landstände getätigte Aussage, wonach der
„oberste Grundsatz“ für die Auswahl von Professoren
stets sei, nur die „wissenschaftlich beste Kraft“ zu berufen13,
zumindest zu diesem Zeitpunkt auch für die juristische
Fakultät als uneingeschränkt gültig angesehen
wurde.
III. Zur Rolle der Forschungsorientierung in der
juristischen Lehre
Der Ort, an dem sich die Verbindung von Forschung
und Lehre an den Universitäten des Kaiserreichs vorzugsweise
realisierte, waren die Seminare und Institute,
die geradezu als eine Institutionalisierung dieses Prinzips
gelten. Die Einrichtung von Seminaren setzte sich
an deutschen Universitäten erstmals in den 1870er Jahren
in breiterem Umfang durch. Zuvor waren sie außerhalb
der klassischen Philologie, die hier die Vorreiterrolle
innehatte, lediglich sporadisch zu finden. Die philologischen
Seminare dienten ursprünglich der
Lehrerausbildung, doch diese Funktion wurde im Laufe
der Zeit durch eine fachwissenschaftliche Ausrichtung
verdrängt, deren Ziel es war, die Studenten zu selbständigem
Denken zu erziehen und sie durch die Abfassung
eigener, im Seminar zu diskutierender philologischer
Arbeiten methodisch zu schulen.
Diese Forschungsorientierung wurde im juristischen
Bereich nur selten übernommen. Hier stand im Zeichen
der stets virulenten Diskussion um die Verbesserung der
als mangelhaft empfundenen Ausbildung der Studenten
für die juristische Praxis von Anbeginn die Berufsbildungsfunktion
im Vordergrund. Deshalb blieben forschungsorientierte
Seminare in juristischen Fakultäten
eine seltene Ausnahme. Hier dominierten allgemeine
Fakultätsseminare, an denen im Unterschied zu den in
philosophischen Fakultäten vorherrschenden spezialisierten
„Einmann-Seminaren“ alle Professoren und Fächer
beteiligt waren. Sie zielten vor allem auf die Hebung
des Ausbildungsstandes zukünftiger juristischer Prakti2
4 6 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 4 ( 2 0 2 1 ) , 2 4 3 — 2 5 0
14 Paulsen, Unterrichtsanstalt (Fn. 9), S. 155.
15 So die Formulierung von Fischer, Rechtsforschung und Rechtsstudium
im allgemeinen, in: Lexis, Universitäten (Fn. 7), S. 296.
16 Brunner, Deutsches Recht, in: Lexis, Universitäten (Fn. 7), S. 323.
ker, weshalb die seminaristischen Lehrveranstaltungen,
die sich in den juristischen Fakultäten vor allem nach
1900 verstärkt etablierten, ihren Schwerpunkt in Übungen
hatten, deren Zielsetzung gerade nicht die Anleitung
zu „selbständiger wissenschaftlicher Forschung“
war, sondern in der auf praktische Verwertbarkeit abgestellten
Bearbeitung von Rechtsfällen lag. So zeigte
sich für den Zeitgenossen Paulsen auch gerade hier am
deutlichsten der Unterschied zwischen der juristischen
und der philosophischen Fakultät, weil in Letzterer die
seminaristischen Lehrveranstaltungen einen „Charakter
von Schulen der wissenschaftlichen Forschung“ aufweisen
würden.14 Derart weitreichend konnte die Verbindung
von Forschung und Lehre in der juristischen
Fakultät angesichts ihrer unzweifelhaft vorherrschenden
Funktion der Ausbildung juristischer Praktiker
freilich nicht gelten, doch das Prinzip richtete sich ohnehin
in erster Linie an den wissenschaftlichen Nachwuchs.
Und zumindest für ihn gab es auch in den
Rechtsfakultäten seminaristische Lehrveranstaltungen,
die der „Förderung der eigenen wissenschaftlichen Tätigkeit“
dienten und „eigenes Forschen und wissenschaftliche
Produktion“ anregen sollten.15
In Freiburg lässt sich eine derartige Lehrveranstaltung
erstmals Ende der 1880er Jahre identifizieren. Damals
wurde durch den Privatdozenten Lassa Oppenheim
eine als „Anleitung zu wissenschaftlichen Arbeiten
auf dem Gebiet des Kriminalrechts“ bezeichnete Lehrveranstaltung
angeboten, deren Titel in die genannte
Richtung weist. Überdies scheint der Adressatenkreis
in fortgeschrittenen Studenten bestanden zu haben,
denn die Veranstaltung fand, obwohl sich Interessenten
meldeten, letzten Endes nicht statt, weil die Kenntnisse
der Bewerber als zu gering angesehen wurden. Danach
findet sich in den Vorlesungsverzeichnissen längere
Zeit keine Lehrveranstaltung mit einer ähnlichen Bezeichnung,
wobei sich der Charakter der angebotenen
Übungen u. Ä. aus den Ankündigungen nicht immer
klar erkennen lässt. So hat beispielsweise der seit 1875
in Freiburg als Professor für deutsches Recht wirkende
Karl von Amira Anfang der 1890er Jahre zweimal eine
„germanistische Übung“ angeboten, die dem Titel nach
zu einem Typus gehört, dem der Berliner Rechtshistoriker
Heinrich Brunner im Jahr 1893 den Zweck zuschrieb,
eine kleine Zahl von Studenten in das selbständige
Studium der Rechtsquellen einzuführen und zur
Forschung anzuregen.16 Eindeutiger wird die Sache erst
Ende der 1890er Jahre, als der Kirchenrechtshistoriker
Ulrich Stutz seine besonderen wissenschaftlichen Interessen
durch mehrere als „kirchenrechtliche Seminare“
betitelte Quellenübungen in den seminaristischen Unterricht
einbrachte. Da Stutz, wie weiter unten gezeigt
wird, als Anreger kirchenrechtlicher Arbeiten hervortrat,
kann wohl angenommen werden, dass ihm diese
Lehrveranstaltungen auch als Plattform für den Kontakt
mit fortgeschrittenen und wissenschaftlich interessierten
Studenten dienten. Ähnliches könnte für den
Privatdozenten Hermann Kantorowicz gelten, der seine
Beschäftigung mit der mittelalterlichen Rechtswissenschaft
in die Lehre einfließen ließ, indem er entsprechende
Übungen anbot, die sich mit ihrem ungewöhnlichen
Gegenstand ebenfalls kaum an die bloß examensorientierten
Durchschnittsstudenten gewandt haben
dürften. Darüber hinaus hat Kantorowicz im
Wintersemester 1909/10 eine als „rechtsphilosophisches
Seminar, für Juristen und Philosophen“ betitelte Lehrveranstaltung
abgehalten, bei der es sich vielleicht erstmals
um ein Seminar im heute geläufigen Sinne des
Wortes handelte. Der zum Wintersemester 1911/12 nach
Freiburg gekommene Römischrechtler Joseph Partsch
bot dann ebenfalls als „Seminare“ bezeichnete Lehrveranstaltungen
für „Vorgerückte“ sowie auf den Methoden
der Interpolationenforschung basierende Quellenexegesen
an, bei denen es sich um wissenschaftliche Lehrveranstaltungen
im oben genannten Sinn handelte.
Aber auch die nicht rechtsfall- oder examensorientierten
Übungen anderer Professoren wie diejenigen des
Straf- und Prozessrechtlers Richard Schmidt oder des
Rechtshistorikers und Kirchenrechtlers Alfred Schultze
werden wohl in die wissenschaftliche Arbeit eingeführt
haben, da auch bei ihnen Lehrer-Schüler-Verhältnisse
und Anregungen zur Abfassung von Dissertationen
identifizierbar sind, so dass es mindestens seit der Jahrhundertwende
auch in der juristischen Fakultät verstärkt
Unterweisungen in die Methodik der wissenschaftlichen
Arbeit gab.
Zeiler · Juristenlehranstalt oder „Forschungsfakultät“ 2 4 7
17 So die Formulierung von Paulsen, Geschichte des gelehrten Unterrichts
auf den deutschen Schulen und Universitäten, Bd. 2, 2.
Aufl., Leipzig 1897, S. 259, der an dieser Stelle erklärt, dass derartige
Lehrveranstaltungen nunmehr auch in der juristischen Fakultät
existieren würden.
IV. Zur Anregung studentischer Wissensproduktion
Mit der allmählichen Etablierung eines Typus von Lehrveranstaltungen,
„in denen eigentlich wissenschaftliche
Studien getrieben werden“,17 erlangte auch das dritte Element
der universitären Forschungsorientierung, die
Wissensproduktion durch Studenten, eine größere
Bedeutung. Über die in den angesprochenen Lehrveranstaltungen
verfassten Studienarbeiten zu Übungszwecken
lässt sich freilich nichts aussagen, so dass die studentische
Wissensproduktion nur in Bezug auf Dissertationen
und die Bearbeitung von Preisaufgaben genauer
untersucht werden kann. Letzteres war ein im 19. Jahrhundert
recht verbreitetes Mittel, um Studenten zur
Anfertigung wissenschaftlicher Arbeiten anzuregen,
indem für die beste Bearbeitung eines von einer Fakultät
gestellten Themas ein Preisgeld ausgelobt wurde. An der
Universität Freiburg existierte zu diesem Zweck die sog.
Jubiläumsstiftung der Stadt Freiburg, aus deren Erträgnissen
jedes Jahr 160 RM als Preis für eine im turnusmäßigen
Wechsel von einer der vier Fakultäten gestellten
Aufgabe verwendet wurden. Daneben kam die juristische
Fakultät nach der Errichtung der Schleiden-Stiftung
im Jahr 1896 in den Genuss einer eigenen, mit 1.000
RM dotierten Preisaufgabe, die thematisch allerdings auf
völkerrechtliche und staatswissenschaftliche Studien
beschränkt war. Ein großer Erfolg war derartigen Preisaufgaben
indes nicht beschieden, denn es sind sowohl
für die Jubiläums- als auch für die Schleiden-Stiftung
Fälle nachweisbar, in denen überhaupt keine oder nur
eine einzige Bearbeitung des gestellten Themas einging,
und bisweilen waren die eingereichten Arbeiten von
einer so schlechten Qualität, dass kein Preis vergeben
wurde. Erfolgreicher war dagegen ein 1903 von Ulrich
Stutz initiierter Kirchenrechtspreis, der freilich auf seine
Person zugeschnitten war und daher einer anderen Konzeption
folgte als die Preisausschreiben der Jubiläumsund
der Schleiden-Stiftung. Diese wandten sich undifferenziert
an die Gesamtheit der Studierenden, während
der stets als Anreger kirchenrechtlicher Studien auftretende
Stutz seinen Preis gezielt für die Förderung eigener
Studenten einsetzte. Dazu bot sich ihm erstmals 1901
eine Möglichkeit, als die Fakultät ihm für das Preisausschreiben
der Jubiläumsstiftung die Stellung einer Aufgabe
zum Kirchenpatronatsrecht in Baden zubilligte.
Diese führte nach Stutz’ eigenem Bekunden zu einem
außergewöhnlichen Erfolg, weil die eingereichten Studien
nicht lediglich das Niveau studentischer Arbeiten,
sondern das echter wissenschaftlicher Untersuchungen
erreicht hätten. Deshalb wollte er ein Jahr später erneut
ein bereits ins Auge gefasstes Thema aus dem badischen
Kirchenrecht im Rahmen einer Preisaufgabe bearbeiten
lassen. Die Fakultät unterstützte dieses Vorhaben und
erklärte sich bereit, das Preisausschreiben in ihrem
Namen durchzuführen und im Falle einer Promotion
auf der Grundlage der siegreichen Preisarbeit auf die
sonst üblichen Promotionsgebühren zu verzichten.
Nachdem auch der Senat sein Plazet zu dem geplanten
Vorhaben gegeben hatte, stellte das Kultusministerium
schließlich „ausnahmsweise“ 150 RM als Preis zur Verfügung.
Dieser wurde 1903 dem 1880 in Gerolsheim geborenen
cand. jur. Fritz Geier für seine Arbeit über die
Durchführung der kirchlichen Reformen Josephs II. im
vorderösterreichischen Breisgau verliehen. Die Arbeit
wurde später von der Fakultät als Dissertation angenommen
und 1905 in der Reihe „Kirchenrechtliche Abhandlungen“
veröffentlicht. Ein Jahr darauf beantragte Stutz
nach dem von ihm behaupteten erneuten großen Erfolg
des Preisausschreibens noch einmal 150 RM, um wieder
„junge badische Juristen dazu [zu bringen], dem heimatlichen
Kirchenrecht Aufmerksamkeit zu schenken“, und
auch diesem Antrag wurde vom Kultusministerium
stattgegeben. Stutz stellte daraufhin das Thema „Die
kirchliche Rechtspersönlichkeit im Großherzogtum Baden“
zur Bearbeitung. Der Preis ging 1904 vermutlich an die
von Fritz Amann aus Bruchsal verfasste Schrift „Die
kirchliche Rechtspersönlichkeit im Großherzogtum Baden
(nach Rechtsgrund, Trägerschaft und Inhalt)“, die vier
Jahre später von der Fakultät als Dissertation angenommen
und im Jahr 1909 als 24. Band des Archivs für
öffentliches Recht publiziert wurde.
Mit dem Ausscheiden von Stutz im Jahr 1904 entfiel
diese besondere Anregung zur Abfassung von Dissertationen
wieder, doch an Promotionswilligen bestand insbesondere
in der titelseligen Wilhelminischen Periode
nicht gerade ein Mangel. Allerdings war die Qualität der
üblicherweise fertig von außerhalb der Universität eingereichten
juristischen Doktorarbeiten notorisch
2 4 8 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 4 ( 2 0 2 1 ) , 2 4 3 — 2 5 0
18 Von Amira, Reform der Doktorpromotion, in: Akademische
Rundschau, Jg. 1912/13, S. 572.
19 So die Formulierung von Paulsen, Unterrichtsanstalt (Fn. 9), S. 155.
schlecht, was während der gesamten Zeit des Kaiserreichs
ein Gegenstand immer wiederkehrender Kritik
war. Es gab damals sogar ausgesprochene „Doktorfabriken“,
in denen quasi industriemäßig alljährlich Hunderte
junger Juristen, die bisweilen lediglich ihre binnen
Sechswochenfrist verfassten preußischen Referendararbeiten
als Dissertationen vorlegten, promoviert wurden.
Das war in Freiburg zwar nicht möglich, aber auch hier
waren die Anforderungen für die Annahme einer Dissertation
zumindest bis zum Ende des 19. Jahrhundert
nicht besonders hoch. Im Grundsatz ließ die Fakultät die
Vorlage eines specimen eruditionis genügen, wodurch
der ursprüngliche Charakter der Promotion als Studienabschlussexamen
noch deutlich zum Ausdruck kommt:
Das primäre Ziel bestand nicht in der Erbringung des
Nachweises einer besonderen wissenschaftlichen Befähigung
in einem bestimmten Fachgebiet, sondern in der
Darbietung des Beweises einer vielseitigen Fachbildung.
Mit anderen Worten war nicht der Aspekt der Generierung
neuen Wissens, sondern die kunstgerechte Bearbeitung
bekannter Themen das (zumindest für die Annahme
der Dissertation) entscheidende Kriterium. Aus
diesem Grund legte die Fakultät anfangs auch großes
Gewicht auf die „Selbständigkeit“ der eingereichten Arbeit
sowohl im Hinblick auf ihre Fertigstellung als auch
in Bezug auf die Auswahl des Themas. Das heißt, die
Kandidaten sollten schon durch das Erkennen eines geeigneten
Dissertationsgegenstandes ihre umfassende
Beherrschung des Stoffes nachweisen und die Arbeit
dann ohne jede Hilfestellung durch die Fakultät oder
durch eines ihrer Mitglieder bearbeiten. Besonders Karl
von Amira war ein entschiedener Vertreter dieser Position.
Deshalb protestierte er 1888 gegen ein Votum Heinrich
Rosins, in dem dieser die Annahme einer von ihm
begutachteten Doktorarbeit von detaillierten Änderungsvorgaben
abhängig machte. Auch musste nach
Meinung von Amiras das Thema vom Kandidaten selbst
gefunden werden, weil, wie er es ein Vierteljahrhundert
später ausdrückte, „ein wissenschaftlich tiefer gebildeter
Mann vor allem sein Arbeitsthema selber finden sollte“18.
Grundsätzlich war die Fakultät mit ihm bis in die 1890er
Jahre hinein darin auch einer Meinung, denn Anfragen
zur Stellung von Dissertationsthemen wurden wiederholt
abschlägig beschieden. Allerdings ging zumindest
Rosin bereits Ende der 1880er Jahre dazu über, die Anfertigung
von Doktorarbeiten anzuregen, indem er 1887
einem Studenten ein öffentlich-rechtliches Thema zur
Ausarbeitung empfahl und 1894 eine in einer Übung
zum badischen Gemeinderecht entstandene Studienarbeit
zur Dissertation ausbauen ließ. Damit bahnte sich
hier ein Funktionswandel der Doktorarbeit an, der sich
im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts immer stärker
bemerkbar machte. Nunmehr wurden Dissertationen
von vielen Dozenten ganz offen als Mittel verwendet, um
von ihnen erkannte Forschungsdesiderate bearbeiten zu
lassen. Das war neben dem genannten Rosin und dem
bereits weiter oben als Anreger kirchenrechtlicher Studien
behandelten Stutz vor allem bei Richard Schmidt der
Fall, für den zwischen 1901 und 1913 mehrere Themenstellungen
nachweisbar sind. Aber auch andere Professoren
wie Alfred Schultze traten als Initiatoren und Betreuer
von Studien hervor, und in der ersten Hälfte der
zweiten Dekade des 20. Jahrhunderts war die Anregung
von Dissertationen durch Dozenten augenscheinlich so
selbstverständlich, dass die Fakultät eine entsprechend
umfangreiche Tätigkeit auf diesem Gebiet zweimal gegenüber
dem Kultusministerium zur positiven Charakterisierung
von Professoren-Kandidaten heranzog.
Da der konstatierte Anstieg in der Zahl der nicht von
außen fertig eingereichten, sondern intern vergebenen
Doktorarbeiten zeitlich mit der Intensivierung des seminaristischen
Unterrichts zusammenfällt, kann angenommen
werden, dass ungefähr ab der Jahrhundertwende
auch in der juristischen Fakultät zunehmend die
bereits aus der philosophischen Fakultät bekannte Erscheinung
Platz griff, dass Dissertationen „mit eigentlichem
wissenschaftlichen Charakter“ vorzugsweise aus Seminaren
hervorzugehen pflegten.19 In diesen Rahmen
passt auch, dass in einer Neufassung der Promotionsordnung
aus dem Jahr 1904 erstmals der Passus Eingang
fand, die Dissertation müsse „wissenschaftlich beachtenswert“
sein und die Fähigkeit des Bewerbers dartun,
„selbständig wissenschaftlich zu arbeiten“. Inwieweit diese
Klausel, die im Übrigen auch durch die seit dem Ende
des 19. Jahrhundert stark steigenden Promotionszahlen
veranlasst worden sein könnte, wirklich zu einer Erhöhung
der Qualität von Durchschnittsdissertationen
führte, muss dahingestellt bleiben; jedenfalls drückt sich
in dem erwähnten Paragraphen der fortschreitende
Wandel des Charakters der Dissertation von einer bloßen
Studienabschlussarbeit zu einer wissenschaftsfördernden
Studie aus, die zur damaligen Zeit verstärkt als
Voraussetzung für eine erfolgreiche Promotion gefordert
wurde.
Zeiler · Juristenlehranstalt oder „Forschungsfakultät“ 2 4 9
V. Fazit
Als Fazit kann festgehalten werden, dass die drei von
Paulsen formulierten Elemente der „deutschen Universität“
– die Arbeit von Dozenten „an der Wissenschaft“, die
Anleitung von „Schüler[n] zum wissenschaftlichen Denken“
und die Heranziehung von Studenten „zur Mitarbeit
an der wissenschaftlichen Forschung“ – auch in der
Freiburger juristischen Fakultät zum Tragen kamen. Für
die beiden letztgenannten Elemente galt dies allerdings
erst ab dem Ende des 19. Jahrhunderts und nur in Bezug
auf einen kleinen Kreis von Studenten. Dagegen wurde
der Grundsatz, dass sich Universitätslehrer nicht nur als
Vermittler, sondern auch als Mehrer wissenschaftlicher
Erkenntnisse zu betätigen hatten, wesentlich früher
umgesetzt. Im Hinblick auf die Professoren etablierte er
sich endgültig in den 1860er Jahren, nachdem am Anfang
dieser Dekade mit dem Hofgerichtsrat Wilhelm Behaghel
letztmals ein wissenschaftlich gänzlich unausgewiesener
Praktiker zum Ordinarius ernannt worden war.20 Nach
ihm gelangten nur noch Personen auf einen Lehrstuhl
der Fakultät, die zum Zeitpunkt ihrer Berufung mindestens
zwei Monographien und meist noch mehrere kleinere
Schriften aus dem Fachbereich der jeweiligen Professur
publiziert hatten. Im Hinblick auf Privatdozenten
etablierte sich das Prinzip im Jahr 1873. Damals wurde
durch den Erlass einer juristischen Habilitationsordnung
im Grundsatz die heute bekannte Form der Habilitation
eingeführt, so dass die Lehrbefugnis zur Zeit des
Kaiserreichs nur unter Vorlage einer (regelmäßig monographischen)
Spezialstudie über einen Gegenstand aus
dem Fachgebiet, für das die venia legendi beantragt wurde,
erlangt werden konnte. Damit waren alle seit dem
Ende der 1860er Jahre ernannten Professoren und Privatdozenten
„Forscher“ im Sinne von aktiv am Prozess
der Wissensgenerierung in einer Disziplin beteiligten
Personen, die in den rund fünf Dekaden des Kaiserreichs
eine zuvor ungesehene Zahl an Schriften publizierten
und auf diese Weise die juristische Fakultät in
Freiburg zumindest in dieser Hinsicht unzweifelhaft zu
einer „Forschungsfakultät“ machten.
Dr. Frank Zeiler ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter
mit dem Aufbau einer Medaillendatenbank zum Thema
Recht und Gerechtigkeit befasst.
20 Der Fall des verdienten badischen Verwaltungsbeamten Albert
Gebhard, für den 1890 mit der Einrichtung einer ebenso singulären
wie überflüssigen Professur für Reichszivilrecht (die er faktisch
nur rund sechs Monate versah) eine Art Sinekure geschaffen
worden war, bleibt als völlig atypisch außer Betracht.
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