Mit seinem „Hochschulstudienrecht und Hochschulprüfungsrecht“ legt Carsten Morgenroth eine sehr verständliche und übersichtliche Darstellung der wesentlichen Rahmenbedingungen ausgewählter Bereiche des Hochschulrechts vor. Der Verfasser wählt den Aufbau eines Lehrbuches und füllt damit eine Lücke in der Landschaft hochschulrechtlicher Literatur. Hier sind einerseits sehr umfassende Handbuch-artige Monographien1 anzutreffen und andererseits Kommentierungen der jeweiligen Landeshochschulgesetzte und sonstigen landesrechtlichen Vorschriften.2 Seinem Charakter als Lehrbuch trägt das Werk auch dadurch Rechnung, dass die wichtigsten Rechtsvorschriften auszugsweise im Anhang wiedergegeben werden – abgesehen von den hierfür zu umfangreichen Hochschul- und Hochschulzulassungsgesetzen.
Morgenroth schildert zunächst die „Grundlagen“ des Hochschulsystems, S. 15 ff., und erläutert dabei unter anderem die „Doppelnatur staatlicher Hochschulen“ als Vollzugsorgan staatlichen Rechts und Schöpfer eigenen Rechts, S. 17 f. Dies ist zentral, da hiermit der Eindruck der Hochschule als bloß „nachgeordnete Behörde“ von vornherein vermieden wird. Die Erörterung der relevanten Grundrechte fokussiert auf Art. 12, Art. 3 und Art. 5 GG. Mit dieser Reihenfolge greift der Verfasser bereits die Außensicht des Hochschulrechts auf, nämlich ihre Funktion als Ort der berufsvorbereitenden Bildung. Es gelingt ihm, die Grundlagen komprimiert und einleuchtend zu schildern, ohne sich in Details zu verlieren. Grafische Darstellungen unterstreichen die wesentlichen Aussagen. Eine „Zusammenfassung“ greift die wesentlichen Erkenntnisse auf – dem Lehrbuchcharakter entsprechend wären diese allerdings auch am Ende der weiteren Kapitel wünschenswert. Auf der einfachgesetzlichen Ebene geht der Verfasser unter anderem auf die internationalen Vorgaben ein, etwa die Lissabon-Konvention, deren Einfluss auf das Hochschulrecht nicht zu unterschätzen ist. Zu erwähnen wären hier wohl auch noch die Arbeitnehmerfreizügigkeit und das allgemeine Diskriminierungsverbot nach AEUV.
Das „Recht des Hochschulstudiums“, S. 65 ff., greift die Aspekte des Zugangs, der Zulassung sowie der Immatrikulation auf. Erwähnung finden auch Zugang und Zulassung zum Master, ebenso wie das Kapazitätsrecht. Es liegt in der Natur der Sache, dass das Werk hier überblicksartig bleiben muss. Spätestens nach der der Numerus clausus III-Entscheidung und der Anpassung der Zulassungsgesetze hat sich die Vielgestaltigkeit der Zulassungsregelungen deutlich ausgeweitet.3 Vor diesem Hintergrund erläutert der Verfasser die entscheidenden Aspekte verständlich und unter Verweis auf weiteführende Literatur.
Im Kapitel „Hochschulprüfungsrecht“, S. 119 ff., unterscheidet Morgenroth zwischen dem Leistungsermittlungsverfahren, dem Leistungsbewertungsverfahren
Matthias Bode
Carsten Morgenroth, Hochschulstudienrecht und Hochschulprüfungsrecht,
Nomos, 3. Auflage 2021, 228 Seiten, ISBN 978–3‑8487–7036‑6
1 Vgl. etwa Hartmer, Michael/Detmer, Hubert (Hrsg.), Hochschulrecht. Ein Handbuch für die Praxis, 3. Aufl., 2017; Pautsch, Arne/Dillenburger, Anja, Kompendium zum Hochschul- und Wissenschaftsrecht, 2. Aufl., 2016. In vielen Punkten überholt, aber dennoch lesenswert sind die „Klassiker“ Thieme, Werner, Deutsches Hochschulrecht, 3. Aufl., 2004, und Flämig, Christian (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, 2. Aufl., 1996.
2 Vgl. etwa Haug, Volker M. (Hrsg.), Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 3. Aufl., 2020; von Coelln, Christian/Haug, Volker M. (Hrsg.), Hochschulrecht Baden-Württemberg, 2020; Geis, Max-Emanuel (Hrsg.), Das Hochschulrecht im Freistaat Bayern, 2. Aufl., 2017; von Coelln, Christian/Lindner, Josef-Franz (Hrsg.), Hochschulrecht Bayern, 2020; Knopp, Lothar/Peine, Topel (Hrsg.), Brandenburgisches Hochschulgesetz, 3. Aufl., 2018; Neukirchen/Reußow/Schomburg (Hrsg.), Hamburgisches Hochschulgesetz, 2. Aufl., 2016; von Coelln, Christian/Thürmer, Monika (Hrsg.), Hochschulrecht Hessen, 2020; Epping, Volker (Hrsg.), Niedersächsisches Hochschulgesetz, 2016; von Coelln, Christian/Pautsch, Arne (Hrsg.), Hochschulrecht Niedersachsen, 2020; von Coelln, Christian/Schemmer, Franz (Hrsg.), Hochschulrecht Nordrhein-Westfalen, 2020.
3 Vgl. Bode, Matthias, Hochschulzugang und Hochschulzulassung, in: Geis, Max-Emanuel, Hochschulrecht in Bund und Ländern, 2021.
Ordnung der Wissenschaft 2022, ISSN 2197–9197
1 4 4 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 2 ( 2 0 2 2 ) , 1 4 3 — 1 4 4
4 OdW Heft 01/2021, Heft 02/2021, Heft 03/2021 und Heft 04/2021
und dem Rechtsschutz. Hier sind die landesrechtlichen
Spielräume etwas kleiner als im Bereich des Zulassungsrechts;
mit der Erfahrung eines langjährigen Hochschuljustitiars
gelingt es ihm, sowohl die Grundlagen als auch
neuere Aspekte, etwa die Bekanntgabe von Prüfungsergebnisse
in Portalen, oder Online-Prüfungen verständlich
und pointiert zu erläutern. Ebenso wird der in der
Praxis relevante Rechtsschutz in einer Form dargestellt,
die auch Nicht-Juristen viele hilfreiche Erkenntnisse einbringen
wird.
Mit dem Thema „Anerkennung von Leistungen“,
S. 183 ff., greift Morgenroth schließlich ein Thema auf, das
in der Praxis angesichts innerdeutscher, innereuropäischer
und weltweiter Bildungsmigration zunehmend an
Bedeutung gewinnt. Gegenübergestellt wird die „Anrechnung“
gleichwertiger Leistungen, die – prozessual
bedeutsam – im Unterschied zur „Anerkennung“ die
Beweislast beim Studierenden belässt.
Besonders hervorzuheben ist, dass der Verfasser mit
dem „Corona-Recht: Recht der Online-Lehre“, S. 103 ff.,
ein sehr aktuelles und für Hochschulen wie Bewerber relevantes
Thema aufgreift: Hier ist das Datenschutzrecht
ebenso betroffen wie das Urheberrecht durch Einbindung
fremder Inhalte. Auch die Verlängerung von Studienzeiten
lässt er nicht unbeachtet. Im Bereich des Hochschulprüfungsrechts
führt das Lehrbuch in alle wesentlichen
Aspekte der Corona-Pandemie ein und unterlegt
sie mit Anwendungsfällen bzw. aktueller weiterführender
Literatur.
Insgesamt gelingt es Morgenroth souverän, die Vielfalt
der hochschulrechtlichen Normen zusammenfassend
zu erläutern und eine Einführung zu bieten. Je nach
dem, in welches spezielle Fachgebiet sich der Leser vertiefen
möchte – oder muss – werden Vertiefungshinweise
geboten; häufig in Richtung der Rechtsprechung, vielfach
auch in die Literatur. So wird des dem Betreffenden
gelingen, die Besonderheiten der jeweiligen landes- und
hochschulrechtlichen Gegebenheiten herauszuarbeiten.
Dem Werk ist eine weite Verbreitung zu wünschen.
Es ist ein wegweisender Schritt in Richtung der Etablierung
eines Bildungsverwaltungsrechts als Lehrfach. Zugleich
ist es jedem Neueinsteiger am Arbeitsplatz in der
Hochschule zu empfehlen. Für die Zukunft wünschenswert
wäre freilich die inhaltliche Erweiterung um zusätzliche
Aspekte, etwa das Recht der Akkreditierung von
Studiengängen. Da die Neuauflage erkennbar eine „Corona-
Novellierung“ ist, bestehen angesichts der literarischen
Aktivität und Aktualität von Morgenroth – siehe
insoweit z. B. seine Publikationen in der OdW 20214 – jedoch
kaum Zweifel, dass eine sich anschließende Neuauflage
auch mit anderen relevanten inhaltlichen Themen
des Hochschulstudienrechts und Hochschulprüfungsrechts
befassen wird.
Der Autor ist Professor für Staats- und Europarecht an
der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung
(HSPV) NRW.
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