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I. His­to­rie und gegen­wär­ti­ge Struk­tu­ren der staatli-

chen Hoch­schul­me­di­zin in Deutschland

Das dem Bei­trag zugrun­de­lie­gen­de aktu­el­le, der Struk-

tur der Hoch­schul­me­di­zin zuzu­ord­nen­de The­ma kann

ohne eine kur­ze Befas­sung mit sei­ner His­to­rie und der

gegen­wär­ti­gen Situa­ti­on der staat­li­chen Hochschulme-

dizin in Deutsch­land nicht ein­ge­ord­net werden.

1. Über­kom­me­ne Struk­tu­ren auf dem Prüfstand

Vor ca. 25 Jah­ren setz­te in Deutsch­land eine Entwicklung

ein, die dazu führ­te, dass die für die staat­li­che Hoch-

schul­me­di­zin maß­geb­li­chen Struk­tu­ren mas­si­ve Ände-

run­gen erfuh­ren. Seit­dem wur­den in den 14 Bundeslän-

dern, in denen bis­her staat­li­che hochschulmedizinische

Ein­rich­tun­gen ver­tre­ten sind, suk­zes­si­ve und bis in die

jüngs­te Ver­gan­gen­heit hin­ein unter­schied­li­che Organi-

sati­ons­mo­del­le umge­setzt. Bevor der Blick darauf

gewen­det wird, soll kurz skiz­ziert wer­den, wie die staat-

liche Hoch­schul­me­di­zin vor Ein­tritt der Änderungen

orga­ni­siert war und wel­che wesent­li­chen Grün­de bestan-

den, neue Struk­tu­ren in der Hoch­schul­me­di­zin zu

suchen.

a. Ursprüng­li­cher Rechts­cha­rak­ter hochschulmedizini-

scher Ein­rich­tun­gen

Bis Ende der 90er Jah­re waren die die Hochschulmedizin

bestim­men­den staat­li­chen Medi­zi­ni­schen Einrichtun-

gen, von weni­gen recht­li­chen Beson­der­hei­ten abgese-

hen, in hoch­schul­recht­li­cher Hin­sicht unselbständige

Anstal­ten ihrer jewei­li­gen Uni­ver­si­tä­ten, soweit sie mit

Auf­ga­ben der Kran­ken­ver­sor­gung betraut waren. Haus-

halts­recht­lich tru­gen sie bezo­gen auf die­se Aufgabenstel-

lung anknüp­fend an den Umstand, dass die Universitä-

ten nicht nur Kör­per­schaf­ten des öffent­li­chen Rechts,

son­dern zugleich auch staat­li­che Ein­rich­tun­gen waren -

und im übri­gen von weni­gen Aus­nah­men abge­se­hen (so

z.B. in Nord­rhein-West­fa­len und über­wie­gend in Nie-

der­sach­sen) in den meis­ten Bun­des­län­dern immer noch

sind -, den Cha­rak­ter von Lan­des­be­trie­ben; sie waren

damit recht­lich gese­hen unselb­stän­di­ge Bestand­tei­le der

jewei­li­gen Lan­des­ver­wal­tung. Zwar ver­füg­te der von der

Medi­zi­ni­schen Fakul­tät, die der Uni­ver­si­tät in ihrem

Rechts­sta­tus als Kör­per­schaft zuzu­ord­nen war, zu unter-

schei­den­de kran­ken­ver­sor­gen­de Teil, der im übri­gen nur

in ganz sel­te­nen Fäl­len bereits die Bezeich­nung „Uni­ver-

sitäts­kli­ni­kum“ auf­wies, über eige­ne, wenn auch in den

Län­dern unter­schied­lich aus­ge­stal­te­te Orga­ne (in Nord-

rhein-West­fa­len z.B. über einen Kli­ni­schen Vorstand).

Dies bedeu­te­te jedoch nicht, dass damit in jeder Hinsicht

auto­nom zu tref­fen­de Ent­schei­dun­gen ver­bun­den waren.

Viel­mehr führ­te der Rechts­cha­rak­ter des Krankenhaus-

betrie­bes dazu, dass die von die­sem in der Krankenver-

sor­gung wahr­zu­neh­men­den Auf­ga­ben vor allem mit

Blick auf maß­geb­li­che finanz‑, per­so­nal- und organisati-

ons­recht­li­che Aspek­te einer umfas­sen­den Staats- und

damit ins­be­son­de­re einer Fach- und Dienstaufsicht

unter­wor­fen waren.

b. Ände­rungs­be­darf und zu beach­ten­de Grundsätze

Im Ergeb­nis — wenn auch mit unter­schied­li­chen Lösungs-

ansät­zen — waren sich im Zuge einer in den 90er Jahren

inten­siv geführ­ten Debat­te sowohl die Kultusminister-

kon­fe­renz als auch der Wis­sen­schafts­rat im Rahmen

ihrer jewei­li­gen Ana­ly­se der Hoch­schul­me­di­zin jeden-

falls dar­in einig, dass deren bis dato gel­ten­de Struktur

nicht mehr trag­fä­hig sei. Vor dem Hin­ter­grund in diesen

Jah­ren grei­fen­der, mas­si­ver, im Ein­zel­nen nicht darzu-

stel­len­der Ver­än­de­run­gen der Rah­men­be­din­gun­gen in

der Kran­ken­haus­fi­nan­zie­rung ein­schließ­lich der Ein-

füh­rung neu­er Ver­gü­tungs­struk­tu­ren wur­de vorgeschla-

gen, die Hoch­schul­kli­ni­ka recht­lich zu verselbständigen.

Auf die­se Wei­se soll­te ihnen eine grö­ße­re Fle­xi­bi­li­tät und

wirt­schaft­li­che Hand­lungs­fä­hig­keit gege­ben werden,

auch um im Wett­be­werb mit kon­kur­rie­ren­den kranken-

ver­sor­gen­den Ein­rich­tun­gen bestehen zu können.

Die bis­he­ri­gen Wei­sungs- und Verantwortungsstruk-

turen im Ver­hält­nis zwi­schen dem Land und den Medi-

zini­schen Ein­rich­tun­gen soll­ten einer kla­ren Abgren-

zung zwi­schen Trä­ger- und Betrei­ber­ver­ant­wor­tung so-

wie zwi­schen Auf­sichts- und Geschäftsführungskompe-

tenz wei­chen. Eine Tren­nung der Verantwortungs-

berei­che von medi­zi­ni­scher For­schung und Leh­re einer-

seits und der Kran­ken­ver­sor­gung ande­rer­seits soll­te vor

allem im Wege getrenn­ter Finanz­kreis­läu­fe auf der

Grund­la­ge einer sog. Tren­nungs­rech­nung erfolgen.

Auch wenn nach allem das Bestre­ben bestand, den

uni­ver­si­tä­ren Kran­ken­haus­be­trieb zu einem selbständig

Ulf Pall­me König

Medi­zi­ni­sche Uni­ver­si­tät in Bran­den­burg — ein

wis­sen­schafts­po­li­ti­sches Neuland

Ord­nung der Wis­sen­schaft 2024, ISSN 2197–9197O R D N U N G D E R W I S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 4 ) , 2 0 7 — 2 1 2

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hand­lungs­fä­hi­gen Wirt­schafts­be­trieb zu machen, sollten

gleich­wohl alle recht­li­chen Mög­lich­kei­ten ausgeschöpft

wer­den, um die Uni­ver­si­tät, die Medi­zi­ni­sche Fakultät

und das Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum in sach­ge­rech­ter Wei­se or-

gani­sa­to­risch mit­ein­an­der zu ver­bin­den. Dabei soll­te ei-

ner­seits gewähr­leis­tet wer­den, dass die die Hochschul-

medi­zin kenn­zeich­nen­de Auf­ga­ben­tri­as von Forschung,

Leh­re und Kran­ken­ver­sor­gung mit ihren häu­fig nicht

mit­ein­an­der in Ein­klang zu brin­gen­den wissenschaftli-

chen und öko­no­mi­schen Her­aus­for­de­run­gen funktions-

gerecht wahr­ge­nom­men wer­den kann. Ande­rer­seits soll-

te aber auch sicher­ge­stellt wer­den, dass die Gesamtver-

ant­wor­tung der Uni­ver­si­tät für ihre Medi­zin gewahrt

bleibt.

2. Gegen­wär­ti­ge Hoch­schul­me­di­zin mit einer Vielfalt

von Struk­tu­ren

Auf die­ser Grund­la­ge gibt es der­zeit in Deutsch­land im

staat­li­chen Bereich 38 Medi­zi­ni­sche Fakul­tä­ten und 36

Uni­ver­si­täts­kli­ni­ka, sofern man bei der Ermitt­lung die-

ses Zah­len­ver­hält­nis­ses von gewis­sen, hier nicht weiter

zu erör­tern­den Son­der­re­ge­lun­gen ein­mal absieht. Die

Diver­genz ist dadurch zu erklä­ren, dass die Medizini-

schen Fakul­tä­ten der Uni­ver­si­tä­ten Kiel und Lübeck

sowie Mar­burg und Gie­ßen jeweils ein gemeinsames

Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum haben, näm­lich das Schleswig-

Hol­stei­ni­sche Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum und das 2006 priva-

tisier­te Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Marburg/Gießen, dessen

Betrei­ber die Rhön­kli­ni­kum Akti­en­ge­sell­schaft ist.

Dem­ge­gen­über spie­len die weni­gen pri­va­ten Hochschu-

len in Deutsch­land, an denen eine rele­van­te Medizinfor-

schung und eine medi­zi­ni­sche Aus­bil­dung erfolgen

kann, kaum eine nen­nens­wer­te Rol­le. Eine Ausnahme

mag inso­weit die vor 40 Jah­ren gegrün­de­te und insbe-

son­de­re in ihren Anfän­gen eher kri­tisch gese­he­ne Uni-

ver­si­tät Wit­ten-Her­de­cke sein mit ihrer mittlerweile -

auch nach jüngs­ter Auf­fas­sung des Wissenschaftsrates -

gewach­se­nen Struktur.

Die dafür allein zustän­di­gen Län­der haben in den

letz­ten Jahr­zehn­ten zur Rea­li­sie­rung der genannten

Über­le­gun­gen und Emp­feh­lun­gen der Kultusminister-

kon­fe­renz und des Wis­sen­schafts­ra­tes unterschiedliche

Struk­tur­mo­del­le in der staat­li­chen Hochschulmedizin

ent­wi­ckelt. Ohne in die­sem Zusam­men­hang auf zum

Teil sehr kom­ple­xe recht­li­che Fra­ge­stel­lun­gen und darü-

ber hin­aus auf den sich als wenig ergie­big erweisenden,

bis heu­te — so scheint es — nicht aus­ge­tra­ge­nen Streit ein-

zuge­hen, wel­ches der Model­le den Ziel­set­zun­gen der

Hoch­schul­me­di­zin am ehes­ten ent­spricht, können

grund­sätz­lich zwei Orga­ni­sa­ti­ons­mo­del­le unterschieden

wer­den: Das sog. Koope­ra­ti­ons­mo­dell und das sog.

Inte­gra­ti­ons­mo­dell.

a. Koope­ra­ti­ons­mo­del­le

Das Koope­ra­ti­ons­mo­dell sieht von sei­ner Grundstruktur

her vor, dass das — wie dar­ge­legt, zuvor nur an wenigen

Stand­or­ten als sol­ches so bezeich­ne­te — Universitätsklini-

kum (zumeist) als rechts­fä­hi­ge öffentlich-rechtliche

Anstalt ver­selb­stän­digt wird. Dage­gen ver­bleibt die

Medi­zi­ni­sche Fakul­tät Im Ver­bund der Uni­ver­si­tät als

deren inte­gra­ler Bestand­teil. Die Koope­ra­ti­on zwischen

der Uni­ver­si­tät ein­schließ­lich ihrer Medizinischen

Fakul­tät und dem Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum wird einerseits

gesetz­lich vor­ge­re­gelt und zudem im Wege eines öffent-

lich-recht­li­chen Koope­ra­ti­ons­ver­tra­ges mit Blick auf

ört­li­che Beson­der­hei­ten kon­kre­ti­siert. In die­ser Ausprä-

gung wird die­ses Modell der­zeit in den Län­dern Bayern,

Baden-Würt­tem­berg, Nord­rhein-West­fa­len, Hessen,

Sach­sen, Schles­wig-Hol­stein, Sach­sen-Anhalt und im

Saar­land sowie an einem Hoch­schul­stand­ort in Nieder-

sach­sen (Olden­burg) prak­ti­ziert. Es weist zum Teil stark

diver­gie­ren­de, hier nicht wei­ter zu ver­tie­fen­de gesetzli-

che Aus­ge­stal­tun­gen und Varia­tio­nen auf. Zu nennen

sind in die­sem Zusam­men­hang das sog. Bochumer,

Regens­bur­ger und Mann­hei­mer Modell und neuerdings

die vor allem zusätz­li­che Stu­di­en­plät­ze in der Human-

medi­zin gene­rie­ren­den sog. Zweit­cam­pus-Model­le z.B.

an den bis­her nicht hoch­schul­me­di­zi­nisch ausgewiese-

nen Stand­or­ten in Sie­gen, Bay­reuth und Chem­nitz. Die-

se wir­ken eng mit den räum­lich jeweils in eini­ger Entfer-

nung lie­gen­den hoch­schul­me­di­zi­ni­schen Einrichtungen

der Uni­ver­si­tä­ten in Bonn, Erlan­gen und Dresden

koope­ra­tiv zusammen.

b. Inte­gra­ti­ons­mo­del­le

Dem­ge­gen­über steht das Inte­gra­ti­ons­mo­dell, demzufol-

ge das Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum zusam­men mit der Medizi-

nischen Fakul­tät als Kör­per­schaft des öffent­li­chen Rechts

zwar recht­lich ver­selb­stän­digt, die­se zugleich aber auch

eine Glied­kör­per­schaft der Uni­ver­si­tät ist. Für dieses

Modell haben sich die Län­der ent­schie­den, die entweder

nur über eine hoch­schul­me­di­zi­ni­sche Ein­rich­tung ver-

fügen, wie Ber­lin, Ham­burg, Thü­rin­gen (Jena) und

Rhein­land-Pfalz (Mainz) oder maxi­mal zwei die­ser Ein-

rich­tun­gen auf­wei­sen, so Mecklenburg-Vorpommern

(Ros­tock und Greifs­wald) sowie — mit der bereits erwähn-

ten Aus­nah­me in Olden­burg — Nie­der­sach­sen (Han­no­ver

und Göt­tin­gen). Auch die­ses Modell weist unterschiedli-

che, hier im Ein­zel­nen eben­falls nicht wei­ter zu erörtern-

de gesetz­li­che Aus­ge­stal­tun­gen und Aus­prä­gun­gen auf.Pallme König · Medi­zi­ni­sche Uni­ver­si­tät in Bran­den­burg 2 0 9

II. Errich­tung einer Medi­zi­ni­schen Uni­ver­si­tät in

Bran­den­burg

Danach ver­füg­ten bis­her nur noch die Bundesländer

Bran­den­burg und Bre­men über kei­ne eige­ne staatliche

Hoch­schul­me­di­zin. Nun hat sich aller­dings auch das

Land Bran­den­burg als letz­tes Flä­chen­land entschlossen,

am Stand­ort Cott­bus eine eige­ne staat­li­che hochschul-

medi­zi­ni­sche Ein­rich­tung zu errichten.

1. Anlass, Struk­tur, Inhal­te und Finanzierung

Hin­ter­grund für die­se poli­ti­sche Ent­schei­dung ist fol-

gen­der:

Mit dem 2020 beschlos­se­nen Braun­koh­le­aus­stieg be-

fin­det sich u.a. die Lau­sitz in einem tief­grei­fen­den Struk-

tur­wan­del. Damit der Koh­le­aus­stieg in den betroffenen

Regio­nen als ech­te Chan­ce genutzt wer­den kann, die

Wei­chen für die Zukunft zu stel­len, för­dert der Bund bis

2038 Pro­jek­te für einen nach­hal­ti­gen Strukturwandel.

Die Modell­re­gi­on Gesund­heit Lau­sitz befin­det sich un-

ter der Bezeich­nung „Inno­va­ti­ons­zen­trum Universitäts-

medi­zin Cott­bus (IUC)“ im Inves­ti­ti­ons­ge­setz Kohleregio-

nen (einem Bun­des­ge­setz) als Vor­ha­ben wieder.

a. Selb­stän­di­ge Kör­per­schaft und Studienbetrieb

Auf die­ser Grund­la­ge hat die Regie­rung des Landes

Bran­den­burg, so wie im dor­ti­gen Koali­ti­ons­ver­trag ver-

ein­bart, beschlos­sen, am Stand­ort Cott­bus eine staatli-

che Uni­ver­si­täts­me­di­zin durch die Errich­tung einer

Medi­zi­ni­schen Uni­ver­si­tät als recht­lich selb­stän­di­ge Kör-

per­schaft des öffent­li­chen Rechts auf­zu­bau­en. Demgegen-

über ist der anfäng­li­che Plan, an die­sem Stand­ort mit

Hil­fe der dort bereits bestehen­den Tech­ni­schen Univer-

sität ein Inte­gra­ti­ons­mo­dell in dem dar­ge­leg­ten Sin­ne zu

eta­blie­ren, auf­ge­ge­ben wor­den. Die Medi­zi­ni­sche Uni-

ver­si­tät soll aus einem wis­sen­schaft­li­chen Teil und dem

der­zeit kom­mu­nal getra­ge­nen, in Lan­de­s­trä­ger­schaft zu

über­füh­ren­den und zu einem Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum aus-

zubau­en­den Carl-Thiem-Kli­ni­kum Cott­bus bestehen.

Die Uni­ver­si­tät, die auf der Grund­la­ge eines öffentlich-

recht­li­chen Koope­ra­ti­ons­ver­tra­ges eng mit der Branden-

bur­gi­schen Tech­ni­schen Uni­ver­si­tät Cott­bus zusam-

men­ar­bei­ten soll, soll am 1.7.2024 und damit noch vor

der nächs­ten Land­tags­wahl im Herbst 2024 errichtet

wer­den und vor­läu­fig den Namen „Medi­zi­ni­sche Uni-

ver­si­tät Lau­sitz — Carl Thiem“ tra­gen. Der Studienbetrieb

im human­me­di­zi­ni­schen Stu­di­en­gang soll auf der

Grund­la­ge der sich der­zeit noch in einem Entwurfssta-

dium befind­li­chen neu­en Appro­ba­ti­ons­ord­nung zum

WS 2026/2027 auf­ge­nom­men wer­den. Im Endausbau

soll die Uni­ver­si­tät 80 Pro­fes­su­ren umfas­sen und unter

Ein­schluss einer auch in ande­ren Län­dern geltenden

Land­arzt­quo­te 200 human­me­di­zi­ni­sche Stu­die­ren­de pro

Jahr auf­neh­men. Dane­ben sind auch Stu­di­en­gän­ge zur

Aus­bil­dung in nicht­ärzt­li­chen Gesundheitsberufen

geplant. Mit ihnen soll ab WS 2028/2029 begon­nen wer-

den.

b. For­schungs­schwer­punk­te, Ver­sor­gung und Arbeits-

plät­ze in einer Modellregion

Als For­schungs­schwer­punk­te soll sich die Universität -

im Wesent­li­chen der Emp­feh­lung einer vom Land früh-

zei­tig ein­ge­setz­ten Exper­ten­kom­mis­si­on fol­gend — der

Gesund­heits­sys­tem­for­schung und der Digitalisierung

des Gesund­heits­we­sens wid­men. In die­ser Verbindung

soll sie im Ver­gleich zu den ande­ren hochschulmedizini-

schen Ein­rich­tun­gen in Deutsch­land nicht nur ein

Allein­stel­lungs­merk­mal auf­wei­sen, son­dern auch eine

inter­na­tio­na­le Sicht­bar­keit erzeu­gen. Dies gilt auch des-

wegen, weil sich mit Hil­fe der Medi­zi­ni­schen Universität

die Regi­on Lau­sitz zu einer Modell­re­gi­on Gesundheit

ent­wi­ckeln soll. Durch den Auf­bau eines digi­ta­len Netz-

wer­kes der regio­na­len Leis­tungs­er­brin­ger der Gesund-

heits­ver­sor­gung sowie durch den Aus­bau des Universi-

täts­kli­ni­kums zu einem sog. digi­ta­len Leitkrankenhaus

soll die infra­struk­tu­rel­le Anbin­dung der Modellregion

rea­li­siert wer­den. Ziel die­ser Bemü­hung soll sein, im

Wege des genann­ten, in der Medi­zi­ni­schen Universität

zusam­men­lau­fen­den Netz­wer­kes neue Versorgungsmo-

del­le in der Regi­on daten­ba­siert zu erpro­ben, damit

einen Bei­trag zur Wei­ter­ent­wick­lung (nicht nur)

des deut­schen Gesund­heits­sys­tems zu leis­ten und die

gesund­heit­li­che Ver­sor­gung, ins­be­son­de­re im ländlich

gepräg­ten Raum, zu sta­bi­li­sie­ren und zu verbessern.

Dass im Übri­gen mit der Grün­dung der Universität

auch ein Bei­trag zur Erfül­lung der immer inten­si­ver wer-

den­den bun­des­wei­ten For­de­rung geleis­tet wer­den soll,

die Stu­di­en­platz­ka­pa­zi­tät in der Human­me­di­zin zu er-

höhen, um damit auch der pro­ble­ma­ti­schen ärztlichen

Unter­ver­sor­gung in Bran­den­burg und hier insbesondere

in der Lau­sitz ent­ge­gen­zu­wir­ken, liegt auf der Hand. Da-

neben besteht das min­des­tens eben­so wich­ti­ge Bestre-

ben des Lan­des, dass sich die Uni­ver­si­tät mit der Schaf-

fung von 1300 neu­en Arbeits­plät­zen in der Regi­on zu ei-

nem „Job­mo­tor“ für die Lau­sitz entwickelt.

c. Finan­zie­rung

Für die­ses Vor­ha­ben ste­hen bis 2038 ins­ge­samt ca. 3,7

Mrd. Euro zur Ver­fü­gung, davon rund 1,9 Mrd. Euro

Bun­des- und rund 1,8 Mrd. Euro Lan­des­mit­tel. Die Vor‑O R D N U N G D E R W I S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 4 ) , 2 0 7 — 2 1 2

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aus­set­zun­gen dafür, dass die­se Mit­tel bereit­ge­stellt wer-

den und auch eine mög­li­che Fol­ge­fi­nan­zie­rung ab 2038

sicher­ge­stellt wer­den kann, sind jetzt auf Grund einer

posi­ti­ven Begut­ach­tung des Vor­ha­bens durch den Wis-

sen­schafts­rat erfüllt. Des­sen zustim­men­de, mit einigen

grund­le­gen­den, sehr beach­tens­wer­ten Empfehlungen

ver­se­he­ne Ent­schei­dung, die mit Blick auf die Realisie-

rung des Vor­ha­bens aus der Sicht des Bun­des und des

Lan­des eine unab­ding­ba­re Vor­aus­set­zung ist, ist Ende

April 2024 getrof­fen worden.

Betrach­tet man die Finan­zie­rungs­mo­da­li­tä­ten für

sich, erweist sich das bran­den­bur­gi­sche Vor­ha­ben be-

reits finanz­po­li­tisch als sin­gu­lär. Erst­mals wird sich der

Bund mit Blick auf die genann­te Sicher­stel­lung des

Struk­tur­wan­dels in der Lau­sitz über einen län­ge­ren Zeit-

raum hin­weg und dar­über hin­aus mit der Opti­on einer

Wei­ter­fi­nan­zie­rung an der (Grund-) Finan­zie­rung einer

staat­li­chen hoch­schul­me­di­zi­ni­schen Ein­rich­tung beteili-

gen, soweit Bestand­tei­le der For­schung betrof­fen sind.

Dem­ge­gen­über obliegt in allen sons­ti­gen Fäl­len die

Grund­fi­nan­zie­rung der Hoch­schul­me­di­zin auf Grund

der ver­fas­sungs­recht­lich gere­gel­ten Zustän­dig­kei­ten aus-

schließ­lich den Ländern.

2. Wis­sen­schafts­po­li­ti­sches Neuland

Das Land Bran­den­burg betritt neben die­ser finanzpoliti-

schen Beson­der­heit vor allem aber auch wissenschaftspo-

liti­sches Neu­land mit wis­sen­schafts­recht­li­cher Relevanz.

Erst­mals wird in Deutsch­land eine recht­lich eigen-

stän­di­ge, mit Arbeitgeber‑, Dienst­herrn- und Bauherrn-

funk­ti­on aus­ge­stat­te­te Medi­zi­ni­sche Uni­ver­si­tät errichtet

wer­den. Damit wird das bis­her vor­han­de­ne Spek­trum an

Struk­tur­mo­del­len in der Hoch­schul­me­di­zin um ein wei-

teres, sin­gu­lä­res Modell berei­chert. Ihm am nächsten

kommt — eben­falls als sog. insti­tu­tio­nel­les Integrationsmo-

dell — die Medi­zi­ni­sche Hoch­schu­le Han­no­ver (MHH).

Die­se stellt sich zwar eben­so als eine aus­schließ­lich staat-

liche hoch­schul­me­di­zi­ni­sche Ein­rich­tung mit einem für

eine Hoch­schu­le unver­zicht­ba­ren körperschaftsrechtli-

chen Sta­tus dar. Sie erweist sich jedoch im Unterschied

zur geplan­ten Medi­zi­ni­schen Uni­ver­si­tät in Cott­bus be-

zogen auf einen Teil­be­reich, näm­lich dem der Kranken-

ver­sor­gung, zugleich als nie­der­säch­si­scher Landesbe-

trieb gemäß der dor­ti­gen Lan­des­haus­halts­ord­nung. Da-

mit fehlt der MHH jeden­falls die voll­stän­di­ge rechtliche

Selb­stän­dig­keit, die der geplan­ten Medi­zi­ni­schen Ein-

rich­tung in Bran­den­burg — mit der Absi­che­rung durch

ein eigen­stän­di­ges Uni­ver­si­täts­me­di­zin­ge­setz des Landes

- zuge­spro­chen wer­den soll.

III. Ver­selb­stän­di­gungs­ten­den­zen in der staatlichen

Hoch­schul­me­di­zin in Deutschland

Der guten Ord­nung hal­ber ist aller­dings festzustellen,

dass die Hoch­schul­me­di­zin immer schon inner­halb der

Uni­ver­si­tä­ten auf Grund der für sie charakteristischen

Auf­ga­ben­tri­as einen gewis­sen Son­der­sta­tus eingenom-

men hat bzw. ein­nimmt, der auch noch dadurch ver-

stärkt wird, dass die Medi­zi­ni­schen Fakul­tä­ten im Ver-

gleich zu ande­ren Fakul­tä­ten grund­sätz­lich über den

größ­ten Per­so­nal­be­stand und über die meis­ten sonstigen

Res­sour­cen inner­halb der Uni­ver­si­tä­ten ver­fü­gen. Über-

dies haben sich mitt­ler­wei­le an eini­gen Stand­or­ten in

Deutsch­land hoch­schul­me­di­zi­ni­sche Einrichtungen -

los­ge­löst von ihren jewei­li­gen „Mut­ter­uni­ver­si­tä­ten“ — zu

eher selb­stän­di­gen hoch­schu­li­schen Ein­rich­tun­gen hin

ent­wi­ckelt. Es dürf­ten daher durch­aus Zwei­fel ange-

bracht sein, ob gera­de in die­sen Fäl­len wirk­lich noch von

einer Ver­ant­wor­tungs­ge­mein­schaft von Universität,

Medi­zi­ni­scher Fakul­tät und Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum für die

Hoch­schul­me­di­zin, so wie sie nicht zuletzt auch von der

Hoch­schul­rek­to­ren­kon­fe­renz in meh­re­ren grundlegen-

den Stel­lung­nah­men gefor­dert wor­den ist, gesprochen

wer­den kann.

1. Ein­rich­tun­gen im Integrationsmodell

Dies gilt zunächst vor allem für Ein­rich­tun­gen, die dem

Inte­gra­ti­ons­mo­dell fol­gen. Ohne auf Ein­zel­hei­ten gesetz-

licher Rege­lun­gen ein­zu­ge­hen, ist in die­sem Zusammen-

hang ins­be­son­de­re auf die Cha­ri­tè Universitätsmedizin

Ber­lin mit ihrer nur noch sehr „losen“ Ver­bin­dung zur

Hum­boldt-Uni­ver­si­tät und Frei­en Uni­ver­si­tät Berlin

hin­zu­wei­sen. Ähn­li­ches dürf­te für die Universitätsmedi-

zin Ham­burg-Eppen­dorf mit ihrer eben­falls lediglich

for­ma­len Anbin­dung an die Uni­ver­si­tät Ham­burg und

für die Uni­ver­si­täts­me­di­zin Göt­tin­gen gel­ten. Mit derem

Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum und der dor­ti­gen Medizinischen

Fakul­tät erweist sich die­se als ein mit gro­ßer Selbstän-

dig­keit aus­ge­stat­te­ter Teil der seit 2002 existierenden

„Stif­tung Georg-August-Uni­ver­si­tät Göttingen“.

2. Ein­rich­tun­gen im Kooperationsmodell

Sol­che Ver­selb­stän­di­gungs­ten­den­zen sind aber durchaus

auch bei hoch­schul­me­di­zi­ni­schen Ein­rich­tun­gen im

Rah­men des in Deutsch­land nach wie vor vorherrschen-

den Koope­ra­ti­ons­mo­dells zu beob­ach­ten. Ein gutes Bei-

spiel dafür bie­tet die durch die Gesetz­ge­bung begünstig-

te Stel­lung der staat­li­chen Hoch­schul­me­di­zin in Nord-

rhein-West­fa­len. Sie ermög­licht — jeden­falls in dem

auf­ge­zeig­ten klas­si­schen Koope­ra­ti­ons­mo­dell — nur einePall­me König · Medi­zi­ni­sche Uni­ver­si­tät in Bran­den­burg 2 1 1

begrenz­te Ein­fluss­nah­me der Uni­ver­si­tä­ten auf ihre

Medi­zi­ni­schen Fakul­tä­ten. Die­se erfah­ren im Vergleich

zu den ande­ren Fakul­tä­ten der Uni­ver­si­tä­ten eine nicht

uner­heb­li­che Son­der­be­hand­lung. Dies zeigt sich maß-

geblich bei der staat­li­chen Zufüh­rung des Betra­ges für

For­schung und Leh­re, den die Medi­zi­ni­sche Fakultäten

aus dem Lan­des­haus­halt erhal­ten. Die­ser wird zwar vom

Land den jewei­li­gen Uni­ver­si­tä­ten zuge­wie­sen, ist von

die­sen dann aber unver­züg­lich und unge­schmä­lert an

die dazu­ge­hö­ri­gen Uni­ver­si­täts­kli­ni­ka, die für die

Bewirt­schaf­tung die­ser Mit­tel allein zustän­dig sind, wei-

ter­zu­lei­ten. Die Fol­ge ist, dass die zen­tra­len Orga­ne der

Uni­ver­si­tä­ten (Hoch­schul­rä­te, Rek­to­ra­te und Senate)

bezo­gen auf ihre Medi­zi­ni­sche Fakul­tä­ten über keine

Bud­get­ho­heit ver­fü­gen und damit auch kaum einen Ein-

fluss dar­auf haben, wie die Mit­tel in den Medizinischen

Fakul­tä­ten ver­wen­det wer­den. M.a.W.: Eine der Hoch-

schul­me­di­zin in Nord­rhein-West­fa­len kraft Gesetzes

ein­ge­räum­te Finanz­au­to­no­mie schließt nennenswerte

finan­zi­el­le Steue­rungs­mög­lich­kei­ten der Universitäten

bezo­gen auf ihre Medi­zi­ni­sche Fakul­tä­ten aus. Sie för-

dert — gewis­ser­ma­ßen im Wege eines ver­kapp­ten Integra-

tions­mo­dells — die Ten­denz einer schlei­chen­den Loslö-

sung die­ser Fakul­tä­ten von den Uni­ver­si­tä­ten im Ver-

bund mit den Universitätsklinika.

IV. Die Struk­tur der staat­li­chen Hoch­schul­me­di­zin in

Öster­reich

Unab­hän­gig von die­ser in Deutsch­land zu beobachten-

den, viel­fäl­ti­gen Ent­wick­lung von Struk­tu­ren in der

Hoch­schul­me­di­zin bie­tet es sich an, ins­be­son­de­re im

Ver­gleich mit der in Bran­den­burg geplan­ten Medizini-

schen Uni­ver­si­tät noch einen kur­zen Blick auf die staat-

liche Uni­ver­si­täts­me­di­zin in Öster­reich zu werfen.

Im Zuge einer 2002 ver­ab­schie­de­ten gro­ßen Univer-

sitäts­re­form wur­den in dem Nach­bar­land 2004 die dor-

tigen staat­li­chen Medi­zi­ni­schen Fakul­tä­ten der Universi-

täten Graz, Inns­bruck und Wien, die in Öster­reich unter

der Ver­ant­wor­tung des Bun­des ste­hen, zu recht­lich ei-

gen­stän­di­gen Medi­zi­ni­schen Uni­ver­si­tä­ten umgewan-

delt. Damit wur­de jedoch nur der wis­sen­schaft­li­che Teil

der Medi­zin, wur­den mit­hin die Berei­che von Forschung

und Leh­re erfasst. Die sei­ner­zeit mit den Medizinischen

Fakul­tä­ten und auch heu­te mit den an ihre Stel­le getrete-

nen Medi­zi­ni­schen Uni­ver­si­tä­ten koope­rie­ren­den Uni-

ver­si­täts­kli­ni­ka an den drei Stand­or­ten behiel­ten ihren

bis­he­ri­gen Sta­tus und ver­blie­ben in der Trä­ger­schaft des

jewei­li­gen Bun­des­lan­des bzw. der Stadt/dem Land Wien

- wenn auch mit unter­schied­li­chen recht­li­chen Ausge-

stal­tun­gen. Damit unter­schei­den sich auch die­se Konst-

ruk­te in einem ent­schei­den­den Punkt von der in Bran-

den­burg geplan­ten Medi­zi­ni­schen Uni­ver­si­tät, weil — an-

ders als in Öster­reich — in die­sem Bun­des­land das Uni-

ver­si­täts­kli­ni­kum unter der (Gewährs-) Trä­ger­schaft des

Lan­des inte­gra­ler Bestand­teil der Uni­ver­si­tät sein wird.

V. Zurück zum Vor­ha­ben in Brandenburg

Es bleibt zunächst abzu­war­ten, wel­che Ent­wick­lung die

geplan­te Medi­zi­ni­sche Uni­ver­si­tät in Bran­den­burg neh-

men und ob sie in der Lage sein wird, die ambitionierten

Zie­le, die das Land mit ihr ver­wirk­li­chen will, zu errei-

chen. Bei einer ers­ten sum­ma­ri­schen Ana­ly­se dürften

die Her­aus­for­de­run­gen, die sich dem nach dem Univer-

sitäts­me­di­zin­ge­setz zustän­di­gen Gründungsvorstand

zusam­men mit einem Über­gangs­auf­sichts­rat und einer

die Auf­ga­ben eines Sena­tes wahr­neh­men­den Grün-

dungs­kom­mis­si­on im Rah­men der prak­ti­schen Umset-

zung des Vor­ha­bens in vie­ler­lei Hin­sicht stel­len, immens

sein. Sie im Ein­zel­nen auf­zu­zei­gen, wäre einen geson-

der­ten Bei­trag wert.

Die Viel­falt der zu lösen­den Pro­ble­me ist groß. Zu ih-

nen gehö­ren nach Maß­ga­be der Emp­feh­lun­gen des Wis-

sen­schafts­rats ins­be­son­de­re die Schaf­fung von Interims-

flä­chen und eine rasche Umset­zung der Bau­pla­nung zur

Gewähr­leis­tung von Stu­di­um, Leh­re und For­schung ein-

schließ­lich der mit Vor­rang zu betrei­ben­den sukzessiven

Beset­zung von Pro­fes­su­ren, der zügi­ge Auf­bau ein-

schließ­lich der digi­ta­len Anbin­dung der „Modell­re­gi­on

Gesund­heit Lau­sitz“, die Bewäl­ti­gung des Transformati-

ons­pro­zes­ses im Rah­men des Über­gangs von einem

kom­mu­na­len Kran­ken­haus zu einem Universitätsklini-

kum und die Her­stel­lung einer ver­trau­ens­vol­len Part-

ner­schaft mit der Bran­den­bur­gi­schen Tech­ni­schen Uni-

ver­si­tät Cottbus.

Dar­über hin­aus soll wenigs­tens auf drei wei­te­re, als

beson­ders bedeut­sam zu erach­ten­de Gesichtspunkte

hin­ge­wie­sen werden:

Ent­schei­dend wird es sein, ob es — nicht zuletzt auch

mit Blick auf den geplan­ten Stu­di­en­be­ginn WS 2026/2027

- mit den dafür not­wen­di­gen (hoch­schul­recht­li­chen)

Ver­fah­rens­wei­sen gelingt, schnellst­mög­lich qualifizier-

tes wis­sen­schaft­li­ches und nicht­wis­sen­schaft­li­ches Per-

sonal zu gewin­nen, das bereit sein wird, den Weg nach

Cott­bus zu gehen, einer Stadt, die nicht zuletzt einige

struk­tu­rel­le Pro­ble­me zu bewäl­ti­gen hat. Vor diesem

Hin­ter­grund wird es inso­weit die Personalentwicklung

der Medi­zi­ni­schen Uni­ver­si­tät unter­stüt­zend eine we-

sent­li­che Auf­ga­be der Stadt sein, vor allem durch geeig‑O R D N U N G D E R W I S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 4 ) , 2 0 7 — 2 1 2

2 1 2

nete infra­struk­tu­rel­le Maß­nah­men einen eige­nen Bei-

trag zu leis­ten, um auch und gera­de für den Zuzug von

Fami­li­en eine Attrak­ti­vi­tät zu erzeugen.

Über­dies wird die Medi­zi­ni­sche Uni­ver­si­tät mit ih-

rem beson­de­ren, in die genann­te Modell­re­gi­on hinein-

rei­chen­den digi­ta­len Anspruch bewei­sen müs­sen, inwie-

weit sie mit wei­te­ren Ein­rich­tun­gen vor allem mit Blick

auf ihre ange­streb­ten For­schungs­schwer­punk­te koope-

rie­ren und damit im Wett­be­werb mit ande­ren hoch-

schul­me­di­zi­ni­schen Ein­rich­tun­gen kon­kur­rie­ren kann.

Immer­hin kön­nen die­se jeden­falls über­wie­gend — unge-

ach­tet der auf­ge­zeig­ten Verselbständigungstendenzen -

auf viel­fäl­ti­ge und gewach­se­ne inter­dis­zi­pli­nä­re Struktu-

ren und Fächer­ver­bün­de ihrer jewei­li­gen „Mut­ter­uni-

ver­si­tä­ten“ zurückgreifen.

Dies gilt ins­be­son­de­re mit Blick auf die für die Medi-

zin bedeut­sa­men Lebens- und Natur­wis­sen­schaf­ten. Die

jüngs­ten Erfol­ge z.B. der Cha­ri­té Universitätsmedizin

Ber­lin im Rah­men der Exzel­lenz­in­itia­ti­ve sind dafür ein

Beleg. Über­dies koope­rie­ren mitt­ler­wei­le nahe­zu alle

hoch­schul­me­di­zi­ni­schen Ein­rich­tun­gen in mannigfalti-

ger Wei­se mit außer­uni­ver­si­tä­ren Forschungseinrich-

tun­gen. Vor die­sem Hin­ter­grund kön­nen zahlreiche

Stand­or­te der Hoch­schul­me­di­zin in Deutsch­land be-

nannt wer­den, die bezo­gen auf ihre jewei­li­gen For-

schungs­schwer­punk­te her­vor­ra­gend auf­ge­stellt sind und

auch inter­na­tio­nal sicht­ba­re Leis­tun­gen hervorbringen.

Daher dürf­ten die­se Ein­rich­tun­gen — jeden­falls zunächst

- gegen­über der Medi­zi­ni­schen Uni­ver­si­tät in Branden-

burg nicht uner­heb­li­che Vor­tei­le bean­spru­chen, auch

weil die­se zumin­dest in der Anfangs­pha­se bezo­gen auf

ihre zwei, in der ange­streb­ten Kom­bi­na­ti­on sicherlich

sin­gu­lä­ren For­schungs­schwer­punk­te unter Ver­zicht auf

die Eta­blie­rung einer aus­ge­präg­ten biomedizinischen

For­schung natur­ge­mäß nur auf weni­ge Kooperations-

part­ner zurück­grei­fen kann.

Und schließ­lich muss das Land Bran­den­burg im

Rah­men sei­nes Haus­hal­tes recht­zei­tig dafür Sor­ge tra-

gen, dass auch nach 2038 die Finan­zie­rung der jetzt auf-

zubau­en­den staat­li­chen Hoch­schul­me­di­zin gesi­chert ist.

Dies gilt ins­be­son­de­re für den Fall, dass dann die bishe-

rige Bun­des­fi­nan­zie­rung ent­we­der nur noch zum Teil

erfol­gen kann oder aber — im äußers­ten Fall — ganz weg-

fällt. Bei allem dürf­te die Erwar­tung des Wissenschafts-

rates, der beab­sich­tigt, das Vor­ha­ben in der Lausitz

2031/2032 zu eva­lu­ie­ren, zu beach­ten sein, dass die Fi-

nan­zie­rung der Uni­ver­si­täts­me­di­zin in Cott­bus nicht zu

Las­ten der ande­ren Hoch­schu­len in Bran­den­burg gehen

darf.

Prof. Ulf Pall­me König ist seit 2014 Rechts­an­walt in

Düs­sel­dorf und in die­ser Funk­ti­on u.a. bera­tend in der

Hoch­schul­me­di­zin tätig. Er war von 1991 — 2013 Kanzler

der Hein­rich-Hei­ne-Uni­ver­si­tät Düs­sel­dorf, ist Hono-

rar­pro­fes­sor der dor­ti­gen Juris­ti­schen Fakul­tät und

Ehren­vor­sit­zen­der des Ver­eins zur För­de­rung des

deut­schen & inter­na­tio­na­len Wis­sen­schafts­rechts, des-

sen Vor­sit­zen­der er von 2008 — 2022 war. Zudem gehör-

te er von 2007 — 2013 dem Medi­zin­aus­schuss des Wis-

sen­schafts­rats als sach­ver­stän­di­ges Mit­glied an und

war er von 2005 — 2012 Vor­sit­zen­der des Arbeitskreises

Hoch­schul­me­di­zin der Kanz­le­rin­nen und Kanz­ler der

Uni­ver­si­tä­ten in Deutschland.