Übersicht
I. Ein bekanntes Problem nimmt neue Dimensionen an
II. Rechtsverletzung durch das Hochladen fremder Werke
1. Urheberrechtliche Relevanz des Hochladens
2. Mögliche Schrankenregelungen
a) Schranke für vorübergehende Vervielfältigungshandlun-
gen
b) Text und Data Mining-Schranken
3. Schlichte Einwilligung
III. Rechtsverletzung durch Übernahmen aus fremden Werken
1. Keine generelle Unzulässigkeit von Übernahmen
2. Übernahme fremder Ideen
3. Vervielfältigung fremder Werke
4. Bearbeitung oder andere Umgestaltung fremder Werke
IV. Rechtsverletzung aufgrund fremder Urheberschaft
1. Urheberrechtsschutz für KI-generierte Papers
2. Urheberschaft an KI-generierten Papers
V. Nur punktuelle Handhabe nach dem Urheberrecht
Wird Künstliche Intelligenz genutzt, um gefälschte wis-
senschaftliche Ausarbeitungen zu generieren, kann das
zwar in verschiedener Hinsicht mit dem Urheberrecht
in Konflikt treten. Aus der wissenschaftlichen Unred-
lichkeit folgt dabei aber nicht zwingend die urheber-
rechtliche Unzulässigkeit. Das Urheberrecht kann des-
halb nur punktuell zur Bekämpfung der sogenannten
Fake Research Papers beitragen.
I. Ein bekanntes Problem nimmt neue Dimensionen
an
Das Phänomen der Fake Research Papers ist nicht neu:
Bereits vor einigen Jahren wies etwa die Fachzeitschrift
Nature auf einen Boom gefälschter Fachaufsätze hin, die
aus sogenannten „paper mills“ stammen sollen.1 Wer sei-
ne Dissertation nicht selbst schreiben will, kann schon
lange auf einen Ghostwriter zurückgreifen. Und auch
Plagiate in Haus- und Abschlussarbeiten, die als eigene
Leistung ausgegeben werden, verärgern seit je her die
Korrektoren. Die allgemeine Verfügbarkeit von Syste-
men generativer Künstlicher Intelligenz, mit denen sich
zu jedem beliebigen Thema in Sekundenschnelle Texte
und Bilder herstellen lassen, hat auf der einen Seite
jedoch den Aufwand der wissenschaftlichen Fälschung
erheblich reduziert. Andererseits wirft der Einsatz dieser
Technik neue urheberrechtliche Fragen auf, die sich bei
einem menschlichen wissenschaftlichen Fehlverhalten
nicht stellen.
Dieser Beitrag untersucht daher, inwiefern es das Ur-
heberrecht verletzt, mithilfe von KI-Systemen Fake Re-
search Papers anzufertigen und einzusetzen. Unter den
Begriff der Fake Research Papers werden dabei schein-
bar wissenschaftliche Ausarbeitungen gefasst, die voll-
ständig oder jedenfalls weit überwiegend mithilfe einer
KI erstellt wurden und deren vermeintlicher Autor dies
zu verschleiern versucht. Sie sind damit erstens von wis-
senschaftlichen Ausarbeitungen abzugrenzen, bei deren
Vorbereitung zwar ein KI-System zum Einsatz kommt –
etwa, um einen fremdsprachigen Text ins Deutsche zu
übersetzen –, deren Gestaltung aber ein menschlicher
Autor vollständig in der Hand hatte. Zweitens sind damit
nicht Ausarbeitungen gemeint, deren Gestaltung zwar
ganz oder in Teilen auf eine Künstliche Intelligenz zu-
rückgeht – mit deren Hilfe z. B. ein Abstract verfasst
wurde –, bei denen der menschliche Autor deren Einsatz
aber offenlegt.
II. Rechtsverletzung durch das Hochladen fremder
Werke
1. Urheberrechtliche Relevanz des Hochladens
Betrachtet man die Erstellung eines Fake Research
Papers chronologisch, kann es zunächst zu einer Urhe-
berrechtsverletzung kommen, wenn der vermeintliche
Autor fremde Werke auf den Server des KI-Anbieters
hochlädt. Obwohl generative KI-Systeme wie z. B.
ChatGPT häufig bereits über eine breite allgemeine
Datenbasis verfügen,2 kann es für das spezielle Paper
erforderlich sein, dass der vermeintliche Autor der KI
zusätzliche Informationen zur Verfügung stellt. Soll das
Anna K. Bernzen
Urheberrechtsverletzungen bei der Erstellung von
Fake Research Papers
1
Else/Van Noorden, The Battle Agains t Paper Mills, Nature 2021,
516 ff.
2
Vgl. ChatGPT kennt künftig Ereignisse bis April 2023, https://
www.zeit.de/digital/2023–11/chatgpt-neue-generation-wissen-
april-2023 (16.2.2024).
Ordnung der Wissenschaft 2024, ISSN 2197–9197O R D N U N G D E R W I S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 4 ) , 1 8 5 — 1 9 2
1 8 6
3
Loewenheim/Leis tner, in: Schricker/Loewenheim (Hrsg.), UrhR,
6. Aufl. 2020, § 2 UrhG Rn. 141; Schulze, in: Dreier/Schulze
(Hrsg.), UrhG, 7. Aufl. 2022, § 2 Rn. 94.
4
BGH, 18.9.2014 – I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 (260 Rn. 35) – CT-
Paradies; Heerma, in: Wandtke/Bullinger (Hrsg.), UrhR, 6. Aufl.
2022, § 16 UrhG Rn. 19; Maamar, Urheberrechtliche Fragen beim
Einsatz von generativen KI-Sys temen, ZUM 2023, 481 (487).
5
Heerma, in: Wandtke/Bullinger, UrhR, § 16 UrhG Rn. 5; Loe-
wenheim, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 16 UrhG Rn. 22;
Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 16 Rn. 12.
6
Für ihre Anwendung Nägele/Apel, in: Kaulartz/Braegelmann
(Hrsg.), Rechtshandbuch Artificial Intelligence und Machine
Learning, 2020, Kap. 7.1 Rn. 32; Raue, Die Freis tellung von Da-
tenanalysen durch die neuen Text und Data Mining-Schranken
(§§ 44b, 60d UrhG), ZUM 2021, 793 (794 f.). In die Richtung auch
Maamar, ZUM 2023, 481 (487 f.).
7
Vgl. EuGH, 4.10.2011 – C‑403/08 und C‑429/08, GRURInt 2011,
1063 (1074 Rn. 175) – Football Association Premiere League;
EuGH, 17.1.2012 – C‑302/1, GRURInt 2012, 336 (340 f. Rn. 50) –
Infopaq II.
8
Von Welser, in: Wandtke/Bullinger, UrhR, § 44a UrhG Rn. 3.
9
Bernzen, Fruit of the poisonous KI? Welche Rechte beim KI-
Training zu beachten sind, K&R 2023, Beihefter zu Heft 10, 6
(6 f.); Maamar, ZUM 2023, 481 (482 f.); Pukas, KI-Trainingsdaten
und erweiterte kollektive Lizenzen, GRUR 2023, 614.
10
A.A., jedoch ohne Begründung, Maamar, ZUM 2023, 481 (487).
11
Vgl. Linke, in: Kuschel/Asmussen/Golla (Hrsg.), Intelligente
Sys teme – Intelligentes Recht, 2021, S. 179 (S. 189 f.).
Fake Research Paper etwa im Stil einer bestimmten
Fachautorin verfasst sein, wird er deren Publikationen
regelmäßig eingeben müssen. Diese Publikationen kann
das KI-System dann auf den Stil der Autorin hin analy-
sieren. Fachaufsätze sind allerdings oft als Sprachwerke
nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG geschützt.3 Indem der ver-
meintliche Autor sie auf den KI-Server hochlädt, nimmt
er daher eine Vervielfältigung gemäß § 16 Abs. 1 UrhG
vor.4 Es ist dafür unerheblich, wenn die Aufsätze dort
nur flüchtig zu Analysezwecken gespeichert und sodann
rückstandslos gelöscht werden. Auch eine nur temporä-
re Kopie ist nämlich urheberrechtlich relevant.5
Das Recht zur Vervielfältigung ist dem Urheber vor-
behalten (vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UrhG). Der vermeintliche
Autor darf das fremde Werk – in diesem Beispiel: die
Fachaufsätze – deshalb nur auf den Server des KI-Anbie-
ters hochladen, wenn er sich hierfür entweder auf eine
urheberrechtliche Schrankenregelung stützen kann oder
mit Zustimmung des Urhebers handelt – hier also der
Autorin, die er nachahmen will.
2. Mögliche Schrankenregelungen
a) Schranke für vorübergehende Vervielfältigungs-
handlungen
Wird nur eine temporäre Kopie des Werks hergestellt,
die nach der KI-Analyse wieder gelöscht wird, scheint
auf den ersten Blick die Schrankenregelung in
§ 44a UrhG passend.6 Danach sind ausgewählte flüchtige
Vervielfältigungen gestattet, die technisch erforderlich
sind und keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung
haben. Eine solche Bedeutung liegt aber nur dann nicht
vor, wenn die temporäre Kopie keine isoliert verwertba-
re Nutzungsmöglichkeit eröffnet.7 Das trifft z. B. auf Ver-
vielfältigungen eines Werks im Arbeitsspeicher eines
Computers zu, die für das Browsen im Internet herge-
stellt werden müssen, aber spätestens beim Ausschalten
des Computers wieder gelöscht werden.8
Damit sind Vervielfältigungen, die zum Zweck der
KI-gestützten Analyse hergestellt werden, nicht ver-
gleichbar. Die Analyse, die durch die flüchtige Kopie er-
möglicht wird, ist zwar eine automatisierte Form des
Werkgenusses, der ohne Zustimmung des Urhebers er-
laubt ist.9 Der Werkgenuss wird daher prinzipiell nicht
isoliert verwertet. Indem die Analyse automatisiert wird,
werden die Werke jedoch erheblich schneller gründlich
untersucht, als es einem Menschen möglich wäre. Dieser
Vorteil verleiht den Werkvervielfältigungen für die KI-
gestützte Analyse eine eigenständige wirtschaftliche Be-
deutung, die es ausschließt, die Schranke des § 44a UrhG
darauf anzuwenden.
b) Text und Data Mining-Schranken
Zur Anwendung können allerdings die Text und Data
Mining-Schranken kommen, die Vervielfältigungen
geschützter Werke zum Zweck des Text und Data Mining
(kurz: TDM) erlauben.10 Damit ist die automatisierte
Analyse von einzelnen oder mehreren Werken gemeint,
die das Ziel verfolgt, daraus Informationen zu gewinnen
(§ 44b Abs. 1 UrhG). Auch die KI-gestützte Analyse z. B.
der Fachaufsätze der nachgeahmten Autorin dient die-
sem Ziel. Im Rahmen der Analyse werden nämlich in
einem ersten Schritt Informationen etwa zu den genutz-
ten Stilmitteln und der Ausdrucksweise der Autorin ext-
rahiert. Dass diese Informationen nicht in Reinform an
den Nutzer ausgegeben, sondern in einem zweiten
Schritt zur Generierung eines Fake Research Papers
genutzt werden, ändert an dieser Bewertung nichts.11
Dem eindeutigen Wortlaut der Legaldefinition nach
setzt eine Subsumtion der Analyse unter den Begriff des
TDM nämlich nicht voraus, dass die dadurch gewonne-
nen Informationen nicht weiterverarbeitet werden. WasBernzen · Urheberrechtsverletzungen bei der Erstellung von Fake Research Papers 1 8 7
12
Dies is t allerdings für die Frage relevant, auf welche der TDM-
Schranken die Analyse ges tützt werden kann, s. dazu den folgen-
den Absatz.
13
Grübler, in: Götting/Lauber-Rönsberg/Rauer (Hrsg.), BeckOK
UrhR, 40. Ed., S tand: 1.8.2023, § 60c UrhG Rn. 5.
14
BT-Drs. 19/27426, S. 87.
15
Zu beidem BT-Drs. 19/27426, S. 88.
16
S. für diese Formulierung Raue, Text und Data Mining,
CR 2017, 656.
17
ErwGr. 18 DSM-RL.
hiermit passiert, ist für die Frage, inwiefern die Analyse
ein TDM darstellt, vielmehr unerheblich.12
Für die Wissenschaft existiert in § 60d UrhG eine
spezielle TDM-Schranke. Das TDM ist danach bestimm-
ten Personen, wie etwa nicht-kommerziell Forschenden
(§ 60d Abs. 3 Nr. 2 UrhG) oder Institutionen wie z. B.
Hochschulen (§ 60d Abs. 2 UrhG), gestattet, wenn es für
Zwecke der wissenschaftlichen Forschung erfolgt. Zu
wissenschaftlicher Forschung zählen sowohl das metho-
disch-systematische Streben nach neuer Erkenntnis als
auch deren anschließende Vermittlung.13 Es ist zwar
denkbar, dass TDM mit diesem Ziel eingesetzt wird,
z. B. um Trends in einer Forschungsrichtung zu ermit-
teln, die sich in Fachpublikationen zeigen. TDM, das zur
Erstellung eines Fake Research Papers durchgeführt
wird, dient aber im Ergebnis nicht der Gewinnung neu-
er Erkenntnisse. Es soll dem vermeintlichen Autor viel-
mehr ermöglichen, ein solches Erkenntnisstreben vor-
zutäuschen. Die Mühen, die dieses Streben mit sich
bringt, möchte er sich dadurch gerade ersparen. Die KI-
gestützte Analyse fremder Werke, deren Ergebnis in ein
Fake Research Paper einfließt, verfolgt deshalb den
Zweck der Wissenschaftssimulation, nicht der wissen-
schaftlichen Forschung.
Weil die Wissenschaftsschranke nicht eingreift, kann
der vermeintliche Autor seinen Upload fremder Werke
auf den Server des KI-Anbieters allenfalls auf die allge-
meine TDM-Schranke in § 44b UrhG stützen. Diese
Schrankenregelung gestattet Vervielfältigungen für
TDM, das jedem beliebigen Zweck dienen kann.14 Das
folgt bereits daraus, dass sie ihrem Wortlaut nach nicht
auf bestimmte Ziele beschränkt ist. Damit unterscheidet
sie sich von der zuvor betrachteten Schranke in
§ 60d UrhG, die auf das TDM zu Zwecken der wissen-
schaftlichen Forschung begrenzt ist. Für die Anwendung
des § 44b UrhG ist es deshalb irrelevant, dass das Ziel,
mit den durch das TDM extrahierten Informationen ein
Fake Research Paper zu erstellen, wissenschaftlich un-
lauter ist.
Damit die allgemeine TDM-Schranke eingreift, muss
der vermeintliche Autor rechtmäßigen Zugang zu dem
Werk haben, das er auf den KI-Server hochlädt
(§ 44b Abs. 2 S. 1 UrhG). Das ist z. B. zu bejahen, wenn er
das Werk aus einer Datenbank heruntergeladen hat, die
er im Rahmen seiner universitären Lizenz nutzen darf.
Auch auf frei im Internet verfügbare Werke greift er
rechtmäßig zu, z. B. wenn er den Pre-Print eines Aufsat-
zes von der Webseite der Autorin herunterlädt.15 Aus sei-
nem „right to read“ für diese Werke folgt dann sein
„right to mine“.16 Der vermeintliche Autor darf die frem-
den Werke also nicht nur selbst lesen, sondern auch
durch das KI-System „lesen“ lassen.
Anders als auf Basis der Wissenschaftsschranke ist
das TDM nach der allgemeinen Schrankenregelung je-
doch nur erlaubt, wenn der Rechteinhaber sich diese
Nutzung nicht selbst vorbehalten hat
(§ 44b Abs. 3 S. 1 UrhG). Dies muss in jedem Einzelfall
geprüft werden. Einschränkend ist zwar zu sagen, dass
der Nutzungsvorbehalt bei online zugänglichen Werken
lediglich wirksam ist, wenn er maschinenlesbar geäußert
wird (§ 44b Abs. 3 S. 2 UrhG). Diese Anforderung ist
nach dem Willen des Gesetzgebers allerdings nicht be-
sonders schwer zu erfüllen: Es soll z. B. ausreichen, wenn
ein Vorbehalt in den Metadaten des Werks enthalten
oder in den AGB der Webseite zu finden ist, auf der es
abgerufen werden kann.17
Ob die allgemeine TDM-Schranke es rechtfertigt,
dass der vermeintliche Autor fremde geschützte Werke
auf dem Server des KI-Anbieters hochlädt, muss also im
konkreten Fall geprüft werden. Hat er rechtmäßigen Zu-
gang zu den fraglichen Werken und wurde kein Nut-
zungsvorbehalt erklärt, greift § 44b UrhG unabhängig
von der wissenschaftlichen Unredlichkeit seines Tuns
ein. Nur wenn eine der beiden Voraussetzungen fehlt,
kann der vermeintliche Autor sich nicht auf diese
Schrankenregelung stützen.
3. Schlichte Einwilligung
Für Werke, die im Internet frei zugänglich sind, kommt
als Rechtfertigung für das Hochladen auf den Server des
KI-Anbieters auch eine schlichte Einwilligung des Rechteinhabers
in Betracht. Das kann etwa den genannten
Pre-Print betreffen, den dessen Autorin auf ihrer Web-
seite veröffentlicht hat. Das Rechtsinstitut der schlichten
Einwilligung stammt aus der sog. Vorschaubilder-Recht-
sprechung des Bundesgerichtshofs (BGH). Für diese
Bildnutzung durch Suchmaschinen konstatierte der
BGH, dass der Rechteinhaber hierein konkludent ein-
willige, wenn er geschützte Bilder im Internet zugänglich
mache, ohne existierende technische Möglichkeiten zuO R D N U N G D E R W I S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 4 ) , 1 8 5 — 1 9 2
1 8 8
18
BGH, 29.4.2010 – I ZR 69/08, GRUR 2010, 628 (631 f. Rn. 33 ff.) –
Vorschaubilder I; BGH, 19.10.2011 – I ZR 140/10, GRUR 2012, 602
(604 Rn. 18) – Vorschaubilder II.
19
BGH, 29.4.2010 – I ZR 69/08, GRUR 2010, 628 (632 Rn. 36) –
Vorschaubilder I unter Verweis auf BGH, 6.12.2007 – I ZR 94/05,
GRUR 2008, 245 (247 Rn. 27) – Drucker und Plotter.
20
Bernzen, K&R 2023, Beihefter zu Heft 10, 6 (8).
21
Vgl. OLG Frankfurt/Main, 1.4.2003 – 11 U 47/02, ZUM-RD 2003,
532 (535) – Abs trac ts; OLG Hamburg, 31.3. 2004 – 5 U 144/03,
GRUR-RR 2004, 285 (286) – Markentechnik; LG Frankfurt/Main,
6.4.2005 – 2/6 O 13/05, AfP 2005, 402.
22
EuGH, 2.5.2012 − C‑406/10, GRUR 2012, 814 (815 Rn. 40) – SAS
Ins titute; BGH, 23.2.2023 – I ZR 157/21, GRUR 2023, 577 (581
Rn. 31) – Ac tion Replay; Loewenheim/Leis tner, in: Schricker/Loe-
wenheim, UrhR, § 2 UrhG Rn. 73.
23
S. dazu BGH, 21.11.1980 – I ZR 106/78, GRUR 1981, 352 (353) –
Staatsexamensarbeit; BGH, 27.2.1981 – I ZR 29/79, GRUR 1981,
520 (521 f.) – Fragensammlung; BGH, 12.7.1990 – I ZR 16/89,
GRUR 1991, 130 (132 f.) – Themenkatalog.
24
Schack, Wissenschafts plagiat und Urheberrecht, in: Dreier/Ohly
(Hrsg.), Plagiate. Wissenschaftsethik und Recht, Tübingen 2013,
S. 81 (S. 83 f.).
25
Vgl. OLG Hamburg, 31.3. 2004 – 5 U 144/03, GRUR-RR 2004, 285
(286) – Markentechnik.
26
Vgl. BGH, 7.12.1979 – I ZR 157/77, GRUR 1980, 227 (230) – Mo-
numenta Germaniae His torica; BGH, 21.11.1980 – I ZR 106/78,
GRUR 1981, 352 (353) – Staatsexamensarbeit; BGH, 27.02.1981 – I
ZR 29/79, GRUR 1981, 520 (522) – Fragensammlung.
27
Schack, in: Dreier/Ohly, Plagiate, S. 81 (S. 83).
ergreifen, um sie von der Bildersuche und der Anzeige
als Vorschaubild auszuschließen.18 Schließlich müssten
Rechteinhaber, die ihre Inhalte im Internet ohne Ein-
schränkung zugänglich machten, mit allen Nutzungs-
handlungen rechnen, die dort nach den Umständen
üblich seien.19
KI-Systeme, die für die automatisierte Analyse frem-
der Werke eingesetzt werden können, haben in jüngster
Zeit eine große Verbreitung gefunden. Es lässt sich daher
argumentieren, dass der für die Analyse nötige Upload
der Werke zu den üblichen Nutzungen gehört, mit de-
nen der Rechteinhaber rechnen muss. Das kann aller-
dings nicht gelten, wenn er technische Schutzmaßnah-
men implementiert hat, die genau diese Verwendung
seiner Werke verhindern sollen. Er hat dann nämlich die
Möglichkeit des Nutzungsausschlusses ergriffen, die ei-
ner konkludenten Einwilligung nach der Rechtspre-
chung des BGH entgegensteht. Um Gleichlauf mit der
allgemeinen TDM-Schranke zu erzielen, sollte dasselbe
auch gelten, wenn der Rechteinhaber einen maschinen-
lesbaren Nutzungsvorbehalt i. S. d. § 44b Abs. 3 S. 2 UrhG
erklärt hat. Auch in diesem Fall scheidet nämlich eine
Auslegung als Einwilligung aus.20
III. Rechtsverletzung durch Übernahmen aus frem-
den Werken
1. Keine generelle Unzulässigkeit von Übernahmen
Zu Urheberrechtsverletzungen kann es nicht nur bei der
Vorbereitung des Fake Research Papers kommen. Auch
das KI-generierte Paper selbst kann mit dem Urheber-
recht in Konflikt treten, wenn darin geschützte Werke
Dritter enthalten sind. Nicht alle Übernahmen aus frem-
den Werken stellen allerdings eine Rechtsverletzung dar.
Inwiefern sie zulässig sind, hängt vielmehr davon ab,
welche Elemente in dem Fake Research Paper im kon-
kreten Falle wie wiedergegeben worden sind.
2. Übernahme fremder Ideen
Unproblematisch ist es aus urheberrechtlicher Sicht
zunächst, wenn sich das Fake Research Paper fremder
Thesen oder Argumente bedient.21 Ein Ideenschutz
besteht im Urheberrecht nicht (s. etwa
§ 69a Abs. 2 S. 2 UrhG). Dadurch, dass nur die konkrete
Ausdrucksform der Idee geschützt wird, soll verhindert
werden, dass die Idee zulasten der Allgemeinheit mono-
polisiert wird.22 Im Bereich der Wissenschaft, die von der
Auseinandersetzung mit den Erkenntnissen und Überle-
gungen Dritter lebt, ist dies von besonderer Relevanz.23
Das Freihaltebedürfnis für fremde Ideen besteht dabei
unabhängig davon, ob diese allein von einem Menschen
oder mithilfe einer Künstlichen Intelligenz übernom-
men werden. Aus urheberrechtlicher Sicht ist es sogar
unerheblich, wenn der vermeintliche Autor die fremden
Ideen im Fake Research Paper fälschlich als seine eige-
nen ausgibt.24 Eine Pflicht zur Quellenangabe nach
§ 63 UrhG besteht schließlich nur, wenn fremde geschütz-
te Werke zitiert werden. Die fremde Idee, die im Paper
übernommen wird, ist aber gerade nicht urheberrecht-
lich geschützt.25
3. Vervielfältigung fremder Werke
a) Legitimierung durch die Zitatschranke
Das Urheberrecht kann aber verletzt sein, wenn in dem
Fake Research Paper nicht nur eine fremde Idee, son-
dern deren konkrete Ausdrucksform übernommen
wird.26 Dies gilt nicht nur, wenn das gesamte Werk eines
Dritten im Paper wiedergegeben wird,27 z. B. indem eine
fremde technische Zeichnung neben dem Text eingefügtBernzen · Urheberrechtsverletzungen bei der Erstellung von Fake Research Papers 1 8 9
28
EuGH, 16.7.2009 – C‑5/08, GRUR 2009, 1041 (1044 Rn. 39) –
Infopaq; BGH, 10.12.1987 – I ZR 198/85, GRUR 1988, 533 (534)
– Vorentwurf II; BGH, 3.7.2008 – I ZR 204/05, GRUR 2008, 1081
(1082 Rn. 18) – Musical Starlight.
29
Waiblinger/Pukas, Der Plagiatsvorwurf bei Schriftwerken im
Lichte aktueller Debatten – Mehr Schein als Sein?, ZUM 2022, 85
(88).
30
Bernzen, in: Küns tner/Louven (Hrsg.), Plattform-Governance
und Recht, 2024, Kap. V. Urheberrecht und Küns tliche Intelligenz
Rn. 30; Konertz, Urheberrechtliche Fragen der Textgenerierung
durch Küns tliche Intelligenz: Insbesondere Schöpfungen und
Rechtsverletzungen durch GPT und ChatGPT, WRP 2023, 796
(802); Schack, Auslesen von Webseiten zu KI-Trainingszwecken
als Urheberrechtsverletzung de lege lata et ferenda, NJW 2024,
113 (114). A.A. aber Käde, Kreative Maschinen und Urheberrecht,
2021, S. 74 f.
31
Gernhardt, Urheberrechtsverletzungen durch küns tliche Intelli-
genz am Beis piel der bildenden Küns te; Werk ohne Autor einmal
anders, GRUR-Prax 2022, 69 (71); Hofmann, Zehn Thesen zu
Küns tlicher Intelligenz (KI) und Urheberrecht, WRP 2024, 11 (17);
Konertz, WRP 2023, 796 (804).
32
EuGH, 29.7.2019 – C‑516/17, GRUR 2019, 940 (945 Rn. 78) – Re-
formis tischer Aufbruch; EuGH, 29.7.2019 – C‑476/17, GRUR 2019,
929 (933 Rn. 71) – Pelham. S. auch BGH, 30.4.2020 – I ZR 115/16,
GRUR 2020, 843 (848 Rn. 53 f.) – Metall auf Metall IV.
33
BGH, 23.5.1985 – I ZR 28/83, GRUR 1986, 59 (60) – Geis tchris ten-
tum; BGH, 17.12.2015 – I ZR 69/14, GRUR 2016, 369 (370 f. Rn. 25)
– Exklusivinterview; BGH, 30.4.2020 – I ZR 228/15, GRUR 2020,
859 (867 Rn. 82 f.) – Reformis tischer Aufbruch II.
34
So Finke, Urheberrechtliche Zulässigkeit der Nutzung des Out-
puts einer Küns tlichen Intelligenz, ZGE 2023, 414 (435 f.).
35
S. oben II. 2. b).
36
BGH, 12.6.1981 — I ZR 95/79, GRUR 1982, 37 (40) – WK-Doku-
mentation; BGH, 23.5.1985 – I ZR 28/83, GRUR 1986, 59 (60) –
Geistchristentum; BGH, 30.6.1994 – I ZR 32/92, GRUR 1994, 800
(803) – Museumskatalog.
37
Schack, in: Dreier/Ohly, Plagiate, S. 81 (S. 88) unter Verweis auf
BGH, 21.11.1991 – I ZR 190/89, GRUR 1992, 382 (384) – Leitsätze.
38
Vgl. KG, 13.1.1970 — 5 U 1457/69, GRUR 1970, 616 (618) – Eintän-
zer; KG, 6.4. 2011 – 24 U 1/11, ZUM 2011, 661 (663) – Editorial.
39
Waiblinger/Pukas, ZUM 2022, 85 (90).
40
OLG München, 26.3.1998 – 29 U 5758/97, NJW 1999, 1975 (1976) –
Stimme Brecht; OLG Köln, 31.7.2009 – 6 U 52/09, ZUM 2009, 961
(962) – Wie ein Tier im Zoo; Spindler, in: Schricker/Loewenheim,
UrhR, § 51 UrhG Rn. 31.
wird. Auch die Übernahme einzelner Teile eines Werks
kann eine Rechtsverletzung begründen, wenn die Teile
für sich genommen eine persönliche geistige Schöpfung
i. S. d. § 2 Abs. 2 UrhG sind.28 Das kommt z. B. für Absät-
ze eines wissenschaftlichen Aufsatzes in Betracht.29
Fremde Werke oder Werkteile unverändert in das Fake
Research Paper zu übernehmen, stellt eine urheberrecht-
lich relevante Vervielfältigung dar, die einer Rechtferti-
gung bedarf.30
Diese Vervielfältigung kann zunächst in der Form
auftreten, dass das fremde Werk oder der Werkteil wis-
senschaftlich korrekt dem Urheber zugeschrieben wer-
den. So könnte die technische Zeichnung aus dem obi-
gen Beispiel ordnungsgemäß mit einer Fußnote verse-
hen werden. In diesem Fall kann sich der vermeintliche
Autor unter Umständen auf die Zitierschranke in
§ 51 UrhG berufen.31 Sie erlaubt die Vervielfältigung eines
veröffentlichten Werks zum Zweck des Zitats. Ein Zitat
liegt vor, wenn ein fremdes Werk genutzt wird, „um Aus-
sagen zu erläutern, eine Meinung zu verteidigen oder
eine geistige Auseinandersetzung [zwischen dem zitier-
ten Werk und den Aussagen des Zitierenden] zu ermög-
lichen“.32 Nötig ist demnach eine „innere Verbindung“
zwischen dem zitierten Werk und den eigenen
Überlegungen.33
Auf den ersten Blick kommt die Zitatschranke für
Übernahmen in KI-generierten Fake Research Papers
nicht in Betracht, weil keine Überlegungen vorliegen, zu
denen eine Verbindung hergestellt werden könnte.34
Ähnlich wie für die Wissenschaftsschranke in
§ 60d UrhG ließe sich argumentieren, der vermeintliche
Autor wolle sich die geistige Auseinandersetzung mit
dem fremden Werk gerade ersparen.35 Ein solches Ver-
ständnis des Zitatzwecks verkennt aber dessen Funktion.
Diese Voraussetzung des § 51 UrhG soll gewährleisten,
dass das fremde Werk nur als Hilfsmittel eingesetzt
wird.36 Wer dieses Hilfsmittel einsetzt, gibt sie nicht vor.
Entsprechend kann die Zitatschranke z. B. auf ein Paper,
das sich allein aus Absätzen fremder Veröffentlichungen
zusammensetzt, nicht angewendet werden.37 Die Werk-
teile werden darin nämlich nicht zum Zweck des Zitats,
sondern als Ersatz für eigene Ausführungen übernom-
men.38 Das ist aber unabhängig davon der Fall, ob das
Paper menschengemacht oder KI-generiert ist. Anders-
herum gilt dasselbe: Würde die Übernahme eines Werks
einen Zitatzweck verfolgen, wenn sie ein Mensch vor-
nehmen würde, ist eine KI-gesteuerte Übernahme eben-
so zu bewerten. Wird im Fake Research Paper also z. B.
eine fremde technische Zeichnung analysiert, kommt ihr
im Verhältnis zur Analyse nur eine Hilfsmittelfunktion
zu. Bei teleologischer Betrachtung gibt es daher keinen
Anlass, die Anwendung der Zitatschranke auf KI-gene-
rierte Vervielfältigungen pauschal zu verneinen.
Sie kann allerdings nicht eingreifen, wenn der ver-
meintliche Autor das übernommene fremde Werk oder
den Werkteil als seine eigene Kreation ausgibt.39 Ein Zi-
tat liegt schließlich nicht vor, wenn das zitierte Werk un-
unterscheidbar in die eigenen Ausführungen eingefügt
wurde. Es muss darin vielmehr als fremd zu erkennen
sein.40 In dem Punkt laufen die wissenschaftlichen und
urheberrechtlichen Anforderungen also gleich: Erst die
Kennzeichnung eines zitierten Werks oder Werkteils alsO R D N U N G D E R W I S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 4 ) , 1 8 5 — 1 9 2
1 9 0
41
Peukert, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 13 UrhG Rn. 9;
Schack, in: Dreier/Ohly, Plagiate, S. 81 (S. 86); Waiblinger/Pukas,
ZUM 2022, 85 (89).
42
Vgl. Gerecke, Social Media und Recht: Einige urheberrechtliche
Gedanken zu generativen KI-Modellen, GRUR-Prax 2023, 381
(382 f.); Hofmann, WRP 2024, 11 (18).
43
Bernzen, in: Künstner/Louven, Plattform-Governance und Recht,
Kap. V Rn. 31; Nordemann, Generative Künstliche Intelligenz:
Urheberrechtsverletzungen und Haftung, GRUR 2024, 1. Eher
ablehnend aber Gernhardt, GRUR-Prax 2022, 69 (70).
44
S. zum Werkcharakter sogleich IV. 1.
45
BT-Drs. 19/27426, S. 78 unter Bezugnahme auf BGH, 11.3.1993 – I
ZR 264/91, GRUR 1994, 191 (193) – Asterix-Persiflagen.
46
Bernzen, in: Künstner/Louven, Plattform Governance und
Recht, Kap. V Rn. 31. A.A. Finke, ZGE 2023, 414 (429 ff.); Peifer,
Roboter als Schöpfer – Wird das Urheberrecht im Zeitalter der
künstlichen Intelligenz noch gebraucht?, in: von Lewinski/Witt-
mann (Hrsg.), Urheberrecht! Fes tschrift für Michel Walter zum
80. Geburtstag, 2018, S. 222 (S. 229 f.). Zweifelnd auch Heinze/
Wendorf, in: Ebers/Heinze/Krügel/Steinrötter (Hrsg.), Künstliche
Intelligenz und Robotik, 2020, § 9 Rn. 83.
47
Waiblinger/Pukas, ZUM 2022, 85 (92). Vgl. dazu auch OLG
Hamburg, 31.3. 2004 – 5 U 144/03, GRUR-RR 2004, 285 (286 f.) –
Markentechnik.
fremder Gedanke ermöglicht dem vermeintlichen Autor,
sich für die Übernahme im Fake Research Paper auf die
Schranke in § 51 UrhG zu berufen. Die Analyse der tech-
nischen Zeichnung aus dem obigen Beispiel ist davon
also nicht gedeckt, wenn diese Zeichnung im Paper als
eigene Zeichnung ausgegeben wird.
b) Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts
Stellt der vermeintliche Autor das Fake Research Paper
inklusive des fremden Werks oder Werkteils als eigene
Kreation dar, liegt außerdem eine Verletzung des Urhe-
berpersönlichkeitsrechts vor. § 13 UrhG schreibt nämlich
vor, dass die Urheberschaft an einem Werk anzuerken-
nen ist. Daran fehlt es bei einem Plagiat.41 Ob dieses Pla-
giat allein von einem Menschen oder mittels einer Künst-
lichen Intelligenz geschaffen wurde, ist dafür unerheb-
lich. Der Urheber verdient in beiden Fällen
gleichermaßen Schutz davor, dass Dritte sein Werk als
ihr eigenes ausgeben.42
4. Bearbeitung oder andere Umgestaltung fremder Wer-
ke
Denkbar ist zuletzt, dass fremde Werke oder Werkteile
im Fake Research Paper nicht eins zu eins, sondern in
veränderter Form enthalten sind. Die Übernahme kann
in diesem Fall eine Bearbeitung oder andere Umgestal-
tung darstellen.43 Sie darf dann nach § 23 Abs. 1 S. 1 UrhG
zwar im Grundsatz frei hergestellt, kann jedoch nur mit
Zustimmung des Urhebers des bearbeiteten bzw. umge-
stalteten Werks veröffentlicht oder verwertet werden.
Die ungefragte Publikation des Fake Research Papers
z. B. in einer Fachzeitschrift wäre eine solche Veröffentli-
chung und würde daher das Urheberrecht verletzen.
Eine Bearbeitung oder andere Umgestaltung liegt ge-
mäß § 23 Abs. 1 S. 2 UrhG jedoch nicht vor, wenn das neu
geschaffene Werk44 – also das Fake Research Paper – ei-
nen hinreichenden Abstand zum benutzten Werk wahrt.
Es kann dann ohne Zustimmung von dessen Urheber
veröffentlicht werden. Ein solcher Abstand ist zu beja-
hen, wenn die „eigenpersönlichen Züge“, die aus dem
benutzten Werk entlehnt wurden, „dem Gesamtein-
druck nach gegenüber der Eigenart des neuen Werkes so
stark „verblassen“, dass das [benutzte] Werk nicht mehr
oder nur noch rudimentär zu erkennen ist“.45 Ob das der
Fall ist, hängt nicht davon ab, ob ein Mensch das neue
Werk allein oder mittels eines KI-Systems geschaffen
hat.46 Es kommt einzig darauf an, inwiefern die individu-
ellen Merkmale des fremden Werks bei objektiver Be-
trachtung in dem Fake Research Paper noch zu erken-
nen sind. Das ist eine Frage des Einzelfalles. So können
die eigenpersönlichen Züge einer übernommenen Text-
stelle etwa verblassen, wenn sie sprachlich neu gefasst
wird.47 Dagegen verblassen die individuellen Merkmale
einer technischen Zeichnung z. B. nicht bereits, wenn
deren Farbe geändert wird.
IV. Rechtsverletzung aufgrund fremder Urheber-
schaft
1. Urheberrechtsschutz für KI-generierte Papers
Eine Verwertung des Fake Research Papers kann das
Urheberrecht Dritter auch dann verletzen, wenn das
Paper sich nicht aus fremden Werken zusammensetzt,
sondern vollständig neu generiert wurde. Dies ist denk-
bar, wenn ein Dritter und nicht der vermeintliche Autor
dessen Urheber ist. Dem Dritten wäre es in diesem Fall
nämlich vorbehalten, das Paper zu verwerten (vgl.
§ 15 UrhG). Zudem müsste seine Urheberschaft aner-
kannt werden (§ 13 UrhG). Wenn der vermeintliche
Autor das Fake Research Paper unter seinem eigenen
Namen publiziert, würde das in beiderlei Hinsicht das
Urheberrecht des Dritten verletzen.
Das setzt zunächst allerdings voraus, dass an einem
KI-generierten Fake Research Paper überhaupt ein Ur-
heberrecht entstehen kann. Problematisch ist auf den
ersten Blick, dass § 2 Abs. 2 UrhG hierfür fordert, dass es
sich bei dem Paper um eine persönliche geistige Schöp-
fung handelt. Schöpfungen können nämlich nur von ei-Bernzen · Urheberrechtsverletzungen bei der Erstellung von Fake Research Papers 1 9 1
48
Loewenheim/Leistner, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 2 UrhG
Rn. 41; Thum, in: Wandtke/Bullinger, UrhR, § 7 UrhG Rn. 18.
49
Bullinger, in: Wandtke/Bullinger, UrhR, § 2 UrhG Rn. 16; Loe-
wenheim/Leistner, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, § 2 UrhG
Rn. 40; Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 2 Rn. 8.
50
Bernzen, in: Künstner/Louven, Plattform Governance und Recht,
Kap. V Rn. 18.
51
Bernzen, in: Künstner/Louven, Plattform Governance und Recht,
Kap. V Rn. 19; Specht-Riemenschneider, Urheberrechtlicher
Schutz für Algorithmenerzeugnisse? – Phasenmodell de lege lata,
Investitionsschutz de lege ferenda?, in: Specht-Riemenschneider/
Buchner/Heinze/Thomsen (Hrsg.), IT-Recht in Wissenschaft
und Praxis. Fes tschrift für Jürgen Taeger, 2020, S. 711 (S. 718). In
die Richtung auch Gerecke, GRUR-Prax 2023, 381 (382); Krone,
Urheberrechtlicher Schutz von ChatGPT-Texten?, RDi 2023, 117
(122 f.); Lauber-Rönsberg, Autonome „Schöpfung“ – Urheber-
schaft und Schutzfähigkeit, GRUR 2019, 244 (247). Diesen Ansatz
ablehnend aber Heinze/Wendorf, in: Ebers/Heinze/Krügel/Stein-
rötter, Künstliche Intelligenz und Robotik, § 9 Rn. 64. Die h.M.
ist insgesamt zurückhaltender bei der Annahme der Schutzfähig-
keit, s. exemplarisch Baumann, Generative KI und Urheberrecht
– Urheber und Anwender im Spannungsfeld, NJW 2023, 3673
(3676); Maamar, Computer als Schöpfer, S. 189 ff.; Nägele/Apel,
in: Kaulartz/Braegelmann, Rechtshandbuch Artificial Intelligence
und Machine Learning, Kap. 7.1 Rn. 42.
52
Für die Unterscheidung in diese zwei Phasen, allerdings mit
anderer Grenzziehung, bereits Specht-Riemenschneider, in: Fes t-
schrift Taeger, S. 711 (S. 718).
53
Bernzen, in: Künstner/Louven, Plattform Governance und Recht,
Kap. V Rn. 20; Käde, Kreative Maschinen und Urheberrecht, S.
187 f.; Olbrich/Bongers/Pampel, Urheberrechtsschutz für Kunst-
werke künstlicher Intelligenz?, GRUR 2022, 870 (872). A.A. aber
Dornis, Die „Schöpfung ohne Schöpfer“ – Klarstellungen zur „KI-
Autonomie“ im Urheber- und Patentrecht, GRUR 2021, 784 (788
f.); Finke, ZGE 2023, 414 (431); Maamar, Computer als Schöpfer,
S. 196.
54
Bernzen, in: Künstner/Louven, Plattform Governance und Recht,
Kap. V Rn. 20; Specht-Riemenschneider, in: Fes tschrift Taeger, S.
711 (S. 717 f.).
55
Bernzen, in: Künstner/Louven, Plattform Governance und Recht,
Kap. V Rn. 20.
56
Bernzen, in: Künstner/Louven, Plattform Governance und Recht,
Kap. V Rn. 21. Anschaulich stellt die verschiedenen Möglichkei-
ten menschlicher Einflussnahme Käde, Kreative Maschinen und
Urheberrecht, S. 193 ff. dar.
57
Bernzen, in: Künstner/Louven, Plattform Governance und Recht,
Kap. V Rn. 21; Dreier, Creation and Investment: Artistic and Le-
gal Implications of Computer-generated Works, in: Leser/Isomu-
ra (Hrsg.), Wege zum japanischen Recht. Fes tschrift für Zentaro
Kitagawa, 1992, S. 869 (S. 884); Lauber-Rönsberg, GRUR 2019, 244
(248).
nem Menschen stammen, nicht von einer Künstlichen
Intelligenz.48 Das schließt jedoch nicht aus, dass dieser
Mensch sich bei der Erstellung des Papers eines Hilfs-
mittels bedient.49 Ein solches Hilfsmittel kann ein KI-
System sein, wenn das damit generierte Fake Research
Paper im Ergebnis auf die Entscheidungen des Men-
schen zurückzuführen ist.50 Dafür muss dieser Mensch
nicht konkret darüber entschieden haben, wie das Paper
strukturiert, illustriert oder formuliert sein soll. Er muss
nur steuernde Voreinstellungen für seinen Gestaltungs-
prozess getroffen haben, die sich in ausreichendem Maße
auf die Ausgestaltung des Papers ausgewirkt haben.51
Durch den Einsatz des KI-Systems wird die mensch-
liche Kreativität in diesem Fall schließlich nicht ver-
drängt; der Schwerpunkt des Kreationsprozesses ver-
schiebt sich nur. Der Mensch wird eher in der Phase der
Vorbereitung des Fake Research Papers tätig. In der Ge-
staltungsphase, in der dessen Inhalt generiert wird, ist
dann der Anteil des KI-Systems größer.52 Zu keinem
Zeitpunkt trifft dieses System aber wirklich autonome
Entscheidungen, die einer Rückführung des Fake Re-
search Papers auf die gestalterischen Entscheidungen
des Menschen entgegenstünden. Es gibt schließlich noch
keine sogenannte starke KI, die eigenmächtig gestaltend
tätig werden und dadurch diesen Zusammenhang unter-
brechen könnte.53
Dem Werk einer heute einzig verfügbaren „schwa-
chen“ KI – oder präziser: dem Werk des Menschen, der
diese KI verwendet – den Schutz durch das Urheber-
recht zuzugestehen, gebietet dessen Schutzzweck. Der
Mensch, der ein KI-System einsetzt, um ein Fake Re-
search Paper zu erstellen, fordert dieses System schließ-
lich dazu heraus, das Paper zu generieren.54 Dieser Pro-
zess mag dann mehr oder weniger automatisiert ablau-
fen, sodass der Mensch die finale Fassung des Papers
nicht im Detail vorhersehen kann. Trotzdem handelt es
sich bei diesem Paper normativ betrachtet doch um sein,
also: ein menschliches Erzeugnis.55
2. Urheberschaft an KI-generierten Papers
Inwiefern die Nutzung dieses Erzeugnisses das Urheber-
recht verletzt, hängt davon ab, welchem Menschen das
Erzeugnis zuzurechnen ist. Neben dem vermeintlichen
Autor kommt auch der Entwickler des eingesetzten KI-
Systems als Urheber des Fake Research Papers in
Betracht. Die Frage, wer von ihnen beiden die erforder-
lichen steuernden Voreinstellungen vorgenommen hat,
lässt sich nur mit Blick auf die Ausgestaltung der einge-
setzten Künstlichen Intelligenz beantworten.56
Wenn der Entwickler bereits so umfassende Vorein-
stellungen getroffen hat, dass der vermeintliche Autor
die KI nur noch in Betrieb nehmen musste, ist das damit
generierte Paper dem Entwickler zuzurechnen.57 Ein
(wohl hypothetisches) Beispiel hierfür wäre ein KI-Sys-
tem, das speziell dafür genutzt wird, wissenschaftliche
Aufsätze auf einem bestimmten Fachgebiet zu verfassen
und bei dem der vermeintliche Autor lediglich einen
Prompt eingeben muss, um ein fertig formuliertes Fake
Research Paper zu erhalten. Der Urheber jenes Papers
wäre der KI-Entwickler, der das passende Modell erstelltO R D N U N G D E R W I S S E N S C H A F T 3 ( 2 0 2 4 ) , 1 8 5 — 1 9 2
1 9 2
58
Bernzen, in: Künstner/Louven, Plattform Governance und Recht,
Kap. V Rn. 21; Dreier, in: Fes tschrift Kitagawa, S. 869 (S. 884);
Lauber-Rönsberg, GRUR 2019, 244 (248).
59
Bernzen, in: Künstner/Louven, Plattform Governance und Recht,
Kap. V Rn. 21.
60
So schon für die Bekämpfung klassischer Plagiate Schack, in:
Dreier/Ohly, Plagiate, S. 81 (S. 82).
und mit den relevanten Publikationen trainiert sowie va-
lidiert hat. Diese Voreinstellungen haben schließlich ent-
scheidenden Einfluss auf die Abfassung des Papers. Dass
der vermeintliche Autor die KI mit seinem Prompt in
Gang gesetzt hat, wirkt sich demgegenüber nicht ausrei-
chend auf die Ausgestaltung des Papers aus.
Startet der vermeintliche Autor den Kreationsprozess
dagegen nicht nur, sondern gestaltet er diesen Prozess
erst im Einzelnen aus, ist das Fake Research Papers ihm
zuzurechnen.58 Das kommt insbesondere für ein KI-Sys-
tem mit breitem Anwendungsfeld in Betracht,59 z. B. für
ChatGPT. Der Entwickler dieser KI hat nämlich keine
ausreichenden steuernden Voreinstellungen getroffen,
die sich im konkreten Paper niederschlagen könnten.
Diese Voreinstellungen nimmt vielmehr der vermeintli-
che Autor vor, bspw. indem er einschlägige Aufsätze und
Urteile hochlädt, die in das Paper einfließen sollen, die
Textgattung „juristischer Fachaufsatz“ und die Struktur
sowie den Sprachstil des Textes vorgibt. Denkbar ist
auch, dass er seinen Prompt in einem iterativen Prozess
so lange modifiziert, bis das ausgegebene Paper seinen
Vorstellungen entspricht. All dies wirkt sich maßgeblich
auf dessen fertige Fassung aus.
Es ist damit zwar eine Frage des Einzelfalles, wer der
Urheber eines Fake Research Papers ist und dieses Paper
daher verwerten darf. Auf dem aktuellen Stand der Tech-
nik ist allerdings davon auszugehen, dass die steuernden
Voreinstellungen in aller Regel vom vermeintlichen Au-
tor vorgenommen werden. Verwertet er das Fake Re-
search Paper sodann z. B. durch Publikation in einer
Fachzeitschrift, verletzt er damit keine Urheberrechte
Dritter.
V. Nur punktuelle Handhabe nach dem Urheberrecht
Wer ein Fake Research Paper mithilfe eines KI-Systems
generiert, kann dabei in verschiedenerlei Hinsicht das
Urheberrecht verletzen. Teilweise schlägt die wissen-
schaftliche Unlauterkeit seines Tuns dabei auf die urhe-
berrechtliche Bewertung durch. So kann sich der ver-
meintliche Autor für das Hochladen fremder Werke auf
den Server des KI-Anbieters zu Analysezwecken z. B.
nicht auf die wissenschaftsspezifische TDM-Schranke
berufen. Ebenso verletzt er sowohl Verwertungs- als
auch Persönlichkeitsrechte des Urhebers, wenn er dessen
Werk unverändert und ungekennzeichnet in sein Fake
Research Paper übernimmt. Die wissenschaftliche und
die urheberrechtliche Bewertung laufen allerdings nicht
vollständig parallel. So kann der vermeintliche Autor
sich für den Upload fremder Werke auf den KI-Server
auch dann auf die allgemeine TDM-Schranke berufen,
wenn er damit ein gefälschtes Paper generieren will.
Genauso ist es ihm urheberrechtlich erlaubt, fremde
Thesen oder Argumente ohne Quellenangabe in sein
Fake Research Paper übernehmen. Das Urheberrecht
kann mithin nur punktuell einen Beitrag zur Bekämp-
fung dieses Phänomens leisten.60 Vorrangig bleibt dies
eine Aufgabe für die Wissenschaftsethik und das Wis-
senschaftsrecht.
Prof. Dr. Anna K. Bernzen ist Juniorprofessorin für Bür-
gerliches Recht, Wirtschaftsrecht und Recht der Digita-
lisierung an der Universität Regensburg.