Das Hochschulrecht als ein bedeutsamer Teil des über- wiegend dem öffentlichen Recht zuzuordnenden Wis- senschaftsrechts hat in den letzten fünf Jahrzehnten eine rasante Entwicklung erfahren, wenn man bedenkt, dass die Länder erst Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre begannen, Hochschulgesetze zu verabschieden, und sich der Bund aufgrund der ihm durch das Grundgesetz ein- geräumten Kompetenz entschloss, Anfang 1976 ein Hochschulrahmengesetz zu erlassen. Einher gingen damit nicht nur zahlreiche Universitätsneugründungen und der Aufbau von Fachhochschulen, sondern auch und gerade in den letzten 10–15 Jahren – im Wesentli- chen auf die Gesetzgebung im Bund und in den Ländern zurückgehend – die Realisierung zahlreicher wissen- schaftsrechtlich und wissenschaftspolitisch relevanter Vorhaben.
Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass nunmehr sieben Jahre nach Erscheinen der 2. Auflage des von Hartmer und Detmer herausgegebenen Hand- buches zum Hochschulrecht eine 3. Auflage erscheint. War die vorherige Auflage maßgeblich durch entschei- dende Veränderungen im Hochschulrecht – und hier insbesondere durch die wachsende Autonomie der Hochschulen – bestimmt, die durch die Föderalismusre- form (I) hervorgerufen wurden, trägt die neue Auflage maßgeblich dem Umstand Rechnung, dass Entscheidun- gen des BVerfG in den letzten Jahren etwa zu Hoch- schulleitungsstrukturen und hier in Sonderheit zur Par- tizipation von Universitätsorganen (vgl. Beschl. v. 24.6.2014, 1 BvR 3217/07, BVerfGE 136/138 ff.), zur Nach- besserung der W‑Besoldung (vgl. Urt. v. 14.2.2012, 2 BvL 4/10, BVerfGE 130, 263 ff.) und zu der seit der Bologna- Reform greifenden Akkreditierungspraxis (vgl. Beschl. v. 17.2.2016, 1 BvL 8/10, NVwZ 2016, 675) zur Notwendig- keit geführt haben, bisher geltende hochschulrechtliche Sichtweisen nachzujustieren.
Dabei hat sich an der erfolg- und ertragreichen Grundkonzeption des Handbuches, in 15 Kapiteln we- sentliche Bereiche des Hochschulrechtes unter Beibehal- tung eines ganzheitlichen Ansatzes der Betrachtung und Behandlung des deutschen – und zum Teil auch europä- ischen – Hochschulrechts zu erfassen, nichts geändert.
* Hochschulrecht. Ein Handbuch für die Praxis. Hrsg. von Michael Hartmer und Hubert Detmer. 3., neubearbeitete Auflage. C. F. Müller, Heidelberg, 2017. 924 Seiten, geb., Euro 139,99. ISBN: 978- 3–8114-4175–0.
Dies gilt auch für die für die einzelnen Kapitel verant- wortlichen Autoren, die sich allesamt als langjährige, im Hochschulrecht ausgewiesene Kenner und Spezialisten erweisen. Als einzige Änderung ist im achten Kapitel le- diglich die bisherige Doppelautorenschaft weggefallen. An der Untergliederung im Rahmen der einzelnen Kapi- tel hat sich im Wesentlichen ebenfalls nichts geändert. Diesallesführtzueinererfreulichen,demAnspruchdes Handbuches gerecht werdenden Kontinuität in der Be- arbeitung maßgeblich relevanter hochschulrechtlicher Themenkreise.
Die einzelnen Kapitel stellen sich wie folgt dar:
Während sich Kempen im ersten Kapitel (Seite 1–52) mit Grundfragen des institutionellen Hochschulrechtes befasst,setztsichEppingimzweitenKapitel(Seite53-81) mit der Typisierung von Hochschulen (in erster Linie Universitäten und Fachhochschulen) auseinander. Im dritten Kapitel (Seite 83–138) setzt Lynen die Typisierung der Hochschulen fort, indem er u. a. die pädagogischen Hochschulen, Kunst- und Musikhochschulen sowie kirchlichen und privaten Hochschulen in den Blick nimmt. Detmer behandelt im vierten Kapitel (Seite 139- 240) umfassend das Recht der (Universitäts-) Professo- ren, wobei er sich vorzugsweise dienst‑, besoldungs- und versorgungsrechtlichen Aspekten sowie dem Berufungs- verfahren zuwendet. Im fünften Kapitel (Seite 241–298) widmet sich Hartmer dem Recht des – auch politisch im- mer stärker in den Fokus geratenen – wissenschaftlichen Nachwuchses. Das sechste Kapitel (Seite 299–347) stellt Geis unter den Titel „Europäisches Hochschuldienst- recht.“ Dem folgen im siebten Kapitel (Seite 349–413) Ausführungen von von Coelln zum Binnenrecht der Hochschule und im achten Kapitel (Seite 415–457) Darle- gungen von Lux-Wesener zu Aspekten der Kooperation des Wissenschaftlers mit der Wirtschaft und des Neben- tätigkeitsrechtes der Professoren. Sandberger behandelt im neunten Kapitel (Seite 459–558) das komplexe und in- nerhalb des Hochschulrechtes eine Sonderstellung ein- nehmende Recht der Hochschulmedizin. Demgegen- über gehen Löwisch und Wertheimer im zehnten Kapitel (Seite 559–648) umfassend dem Arbeitsrecht des Hoch- schulpersonals nach. Es schließen sich im elften Kapitel
Ulf Pallme König
Buchbesprechung*
Ordnung der Wissenschaft 2017, ISSN 2197–9197
130 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 2 (2017), 129–132
(Seite 649–725) Ausführungen von Lindner zu Rechtsfra- gen des Studiums, im zwölften Kapitel (Seite 727–775) Darlegungen von Schnellenbach zum Prüfungsrecht und im 13. Kapitel (Seite 777–830) Ausführungen von Götting und Leuze zum Urheberrecht des wissenschaftlichen Personals an. Das Buch endet in seinem inhaltlichen Teil mit Befassungen von Kraßler im 14. Kapitel (Seite 831- 872) zum Erfindungsrecht des wissenschaftlichen Perso- nals und von Möller im 15. Kapitel (Seite 873–902) zur Hochschulfinanzierung und ‑steuerung.
Im Interesse der Übersichtlichkeit ist auch zu begrü- ßen, dass in der neuen Auflage das Autorenverzeichnis gleich nach dem Vorwort an den Anfang gestellt wird und sich jetzt – anders noch als in der 2. Auflage – jeweils am Ende eines Kapitels weiterführende Literaturhinwei- se finden.
Die Veränderungen, die die Hochschullandschaft, insbesondere verursacht durch die Gesetzgebung und – wie dargelegt – durch die Rechtsprechung des BVerfG, seit Erscheinen der 2. Auflage erfahren hat, spiegeln sich auch im Umfang der 3. Auflage wieder. Umfasste die 2. Auflage noch 752 Seiten ist die neue Auflage auf 924 Sei- ten angewachsen. Dieser Zuwachs ist allerdings nicht al- lein auf die Befassung mit der Rechtsprechung des BVerfG zurückzuführen, die in einigen Kapiteln zwangs- läufig zu einer Nachjustierung bisheriger Betrachtungs- weisen führen musste. Dies gilt insbesondere für die vom BVerfG bezogen auf die hessische Regelung für ver- fassungswidrig erachtete W2-Besoldung (vgl. dazu vier- tes Kapitel S. 231 ff.) und für die durch die Entscheidung des BVerfG zur Medizinischen Hochschule Hannover gestärkte akademischen Selbstverwaltung im Bereich wissenschaftsrelevanter Entscheidungen, um so weitrei- chenden Entscheidungskompetenzen der Leitungsorga- ne entgegenzutreten (vgl. dazu z. B. erstes Kapitel S. 14 und 48, siebtes Kapitel S. 380 f. und ausführlich neuntes Kapitel Seite 471 ff.). Vielmehr kommt hinzu, dass in den letzten Jahren auch zahlreiche Vorhaben realisiert wor- den sind, die eine eingehende Erläuterung ihrer zum Teil spezifischen Eigenarten bedurften. Dies wird insbeson- dere durch Vorhaben in der Hochschulmedizin unter- strichen, so zum Beispiel durch die Gründung einer Me- dizinischen Fakultät an der Universität Oldenburg (vgl. neuntes Kapitel Seite 529 f.) und durch die Gründung von Private Medical Schools einschließlich der Etablie- rung sogenannter Franchise Modelle (neuntes Kapitel Seite 536). Für andere Kapitel gilt bezogen auf Vorhaben, die dort relevant sind, Ähnliches. Im Übrigen erklärt sich der dargelegte Zuwachs aber auch daraus, dass unter
Berücksichtigung wachsender Literatur einzelne Prob- lemkreise des Hochschulrechtes noch vertiefter, als in der 2. Auflage ohnehin schon, dargestellt werden.
Dass ungeachtet dessen einige durchaus bedeutsame, das Hochschulwesen prägende Ereignisse bzw. Beiträge des Jahres 2016 keine Berücksichtigung mehr finden konnten, so zum Beispiel die Entscheidung des Verfas- sungsgerichtshofes Baden-Württemberg vom 14.11.2016 – 1 VB 16/15 – zur Wahl und Abwahl von Hochschullei- tungsmitgliedern nach dem Hochschulgesetz des Landes Baden-Württemberg, die Empfehlungen des WR zu „Perspektiven der Universitätsmedizin“ vom 21.10.2016 sowie maßgebliche Beiträge zum europäischen Wissen- schaftsrecht (vgl. Beiheft 24 zum Wissenschaftsrecht, 2016, zum Thema „Auf dem Weg zu einem europäischen Wissenschaftsrecht“), dürfte darauf zurückzuführen sein, dass die entsprechenden Manuskripte zu einem be- stimmten Zeitpunkt in 2016 abgeschlossen sein mussten und damit diese Ereignisse bzw. Vorhaben nicht mehr eingearbeitet werden konnten.
Die soeben beispielhaft erwähnten Vorgänge bzw. Er- eignisse zeigen aber auch, dass die Dynamik des viel- schichtigen und komplexen Hochschulrechtes ungebro- chen ist und schon den Zeitpunkt der nächsten Auflage des Handbuches erahnen lässt. Die nunmehr erschiene- ne 3. Auflage lässt jedenfalls bereits jetzt eine Vorfreude auf die nächste Auflage aufkommen.
Dies gilt auch deswegen, weil sich das Buch ange- sichts der Aufspaltung der Rechtsverhältnisse im Hoch- schulrecht im Rahmen der föderalistischen Grundord- nung der Bundesrepublik Deutschland als unverzichtbar erweist. Es gibt einen vertiefenden Überblick zu den we- sentlichen Themenkreisen des immer komplizierter werdenden Hochschulrechtes. Daneben gelingt es den Autoren, die Unterschiede in der Gesetzgebung der Län- der bezogen auf das Hochschulrecht effizient herauszu- arbeiten. Auf diese Weise wird auch demjenigen, der sich – wie etwa ein Nichtjurist – nicht ständig mit hochschul- rechtlich relevanten Themen zu befassen hat, der an- schauliche und verständliche Einstieg in die vielschichti- ge Materie ermöglicht. Die einzelnen Beiträge bestechen dadurch, dass sie sich jeweils vertiefend mit praxisrele- vanten Einzelfragen bis hin zu Rechtsschutzproblemen beschäftigen und sich dort, wo es die Autoren für ange- messen halten, durchaus auch kritisch mit dem Hoch- schulrecht und der Hochschulpraxis auseinandersetzen. Mit seinem dargelegten und bewährten Gesamtansatz genießt das praxisorientierte und zugleich wissenschaft- lichen Ansprüchen in jeder Hinsicht gerecht werdende
Buch alle Vorteile gegenüber den mittlerweile immer zahlreicher werdenden Kommentierungen zu Lan- deshochschulgesetzen (so z. B. zu den Hochschulgeset- zen in Hamburg, Sachsen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen), deren Aufgabe es naturgemäß in erster Linie ist, sich mit den länderspezifischen Besonderhei- ten zu befassen.
Dem benutzerfreundlichen Handbuch sollte nach al- lem ein fester Platz in den (Hand-) Bibliotheken vor al- lem von Rechtsanwendern in Hochschulen, wissen- schaftlichen Einrichtungen und Wissenschaftsorganisa- tionen sowie in Ministerien, Gerichten, Rechnungshö-
fen und Rechtsanwaltskanzleien, die sich mit spezifischen Fragen des Hochschulrechtes auseinandersetzen zu ha- ben, gesichert sein. Es ist aus den dargelegten Gründen uneingeschränkt und nachdrücklich zu empfehlen.
Ulf Pallme König ist Rechtsanwalt in der Kanzlei Bre- genhorn-Wendland (Bochum, Düsseldorf und Magde- burg), Kanzler der Heinrich-Heine-Universität Düssel- dorf a.D., Honorarprofessor der dortigen juristischen Fakultät sowie Vorsitzender des Vereins zur Förderung des deutschen & internationalen Wissenschaftsrechts.
Pallme König · Hochschulrecht 1 3 1
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