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I. Vom Com­pli­ance­ko­dex zum ver­bind­li­chen Vertrag

Ver­ein­ba­run­gen zwi­schen Dok­to­ran­den und ihren wis- sen­schaft­li­chen Betreu­ern sind in Deutsch­land en vogue. Die Wis­sen­schafts­or­ga­ni­sa­tio­nen haben sie zu ihrem Anlie­gen gemacht. Die Deut­sche For­schungs­ge­mein- schaft (DFG) hat 2008 „Emp­feh­lun­gen für das Erstel­len von Betreu­ungs­ver­ein­ba­run­gen“ herausgegeben.1 Der Wis­sen­schafts­rat (WR) hat sich die­se in sei­nem Posi­ti- ons­pa­pier „Anfor­de­run­gen an die Qua­li­täts­si­che­rung der Pro­mo­ti­on“ aus dem Jahr 2011 zu Eigen gemacht.2 Das Prä­si­di­um der Hoch­schul­rek­to­ren­kon­fe­renz (HRK) ist dem Ansatz in sei­ner Emp­feh­lung „Zur Qua­li­täts­si- che­rung im Pro­mo­ti­ons­ver­fah­ren“ vom 23.4.2012 eben- falls gefolgt.3 Eine gan­ze Rei­he von Uni­ver­si­tä­ten und Fakul­tä­ten haben sol­che Betreu­ungs­ver­ein­ba­run­gen in ihre Pro­mo­ti­ons­ord­nun­gen aufgenommen.

Zweck die­ser Ver­ein­ba­run­gen ist, wie es die Emp­feh- lun­gen der DFG for­mu­lie­ren, die trans­pa­ren­te inhalt­li- che und zeit­li­che Gestal­tung des Ver­hält­nis­ses von Pro- movie­ren­den und Betreu­en­den. Auf­ge­nom­men wer­den sol­len neben den Betei­lig­ten (Pro­mo­vie­ren­de, Betreu­en- de, ggf. Men­to­ren und wei­te­re Betei­lig­te) und dem The- ma der Dis­ser­ta­ti­ons­ar­beit ein inhalt­lich struk­tu­rier­ter Zeit- und Arbeits­plan bzw. des­sen Wei­ter­ent­wick­lung, Auf­ga­ben und Pflich­ten des Pro­mo­vie­ren­den (regel­mä- ßige Berichts­pflich­ten, Leis­tungs­nach­wei­se, Teil­nah­me am Qualifizierungsprogramm/Wissenschaftliche Wei- ter­bil­dung, regel­mä­ßi­ge Vor­la­ge der inhalt­li­chen Tei­ler- geb­nis­se), Auf­ga­ben und Pflich­ten des Betreu­en­den (re- gel­mä­ßi­ge fach­li­che Bera­tung, Unter­stüt­zung der frü­hen wis­sen­schaft­li­chen Selb­stän­dig­keit, Karriereförderung/ Men­to­ring, Qua­li­täts­si­che­rung, regel­mä­ßi­ge Fort- schritts­kon­trol­len), Inte­gra­ti­on in eine Arbeits­grup­pe, in einen For­schungs­ver­bund oder in ein Gra­du­ier­ten­pro- gramm, Arbeits­platz, beid­sei­ti­ge Ver­pflich­tung auf die GrundsätzeguterwissenschaftlicherPraxis,Regelungen bei Kon­flikt­fäl­len und beson­de­re Maß­nah­men oder Re- gelun­gen zur Ver­ein­bar­keit von Fami­lie und wis­sen- schaft­li­cher Tätigkeit.

Über Rechts­cha­rak­ter und recht­li­che Rele­vanz der von ihnen vor­ge­schla­ge­nen Betreu­ungs­ver­ein­ba­run­gen äußern sich die Wis­sen­schafts­or­ga­ni­sa­tio­nen nicht. Le-

1 http://dfg.de/formulare/1_90/index.jsp [11.5.2014].
2 http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/1704–11.pdf

[11.5.2014].
3 http://www.hrk.de/positionen/gesamtliste-beschluesse/position/

dig­lich der WR erwähnt einen Punkt. Nach ihm soll der Dok­to­ran­den­sta­tus an die Ein­hal­tung der Betreu­ungs- ver­ein­ba­rung durch den Dok­to­ran­den gebun­den wer- den. Die­se Ent­halt­sam­keit hat ihren Grund. Nach gel- ten­dem Recht tritt der Dok­to­rand in ein recht­li­ches Ver- hält­nis nicht zu dem ihn betreu­en­den Wis­sen­schaft­ler, son­dern zu der Ein­rich­tung, an der er pro­mo­viert, also zur Hoch­schu­le oder Fakul­tät. Allen­falls mit die­sen ist des­halb eine bin­den­de öffent­lich-recht­li­che Ver­ein­ba- rung möglich.

Nach gel­ten­dem Recht ist die Betreu­ungs­ver­ein­ba- rung nicht mehr als die Ver­stän­di­gung auf einen Com­pli- ance­ko­dex: Dok­to­rand und betreu­en­der Wis­sen­schaft­ler ver­si­chern gegen­sei­tig, sich rechts­kon­form zu ver­hal­ten, näm­lich die sich aus dem Hoch­schul­recht, den Pro­mo­ti- ons­ord­nun­gen und – auf der Sei­te des Wis­sen­schaft­lers – dem Dienst­recht erge­ben­den wech­sel­sei­ti­gen gesetz­li- chen Ver­pflich­tun­gen ein­zu­hal­ten. Recht­li­che Rele­vanz kommt einer Ver­let­zung die­ses Kodex inso­weit, aber auch nur inso­weit zu, als in ihm fest­ge­leg­te Pflich­ten ge- setz­li­che Pflich­ten wie­der geben. So kann dem Dok­to- ran­den die Zulas­sung zur Pro­mo­ti­on nur ent­zo­gen wer- den, wenn sich in der man­geln­den Ein­hal­tung der Be- treu­ungs­ver­ein­ba­rung eine Ver­let­zung nach dem ein- schlä­gi­gen Hoch­schul­ge­setz oder der ein­schlä­gi­gen Pro­mo­ti­ons­ord­nung bestehen­der Pflich­ten doku­men- tiert. Reicht der Dok­to­rand eine Dis­ser­ta­ti­on ein, ohne den in der Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung fest­ge­leg­ten Be- richts­pflich­ten nach­ge­kom­men zu sein, muss sei­ne Ar- beit gleich­wohl bewer­tet und er bei posi­ti­vem Ergeb­nis zur münd­li­chen Prü­fung zuge­las­sen werden.

Bei dem Cha­rak­ter der Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung als blo­ßem Com­pli­ance­ko­dex will das LHG Baden-Würt- tem­berg nun aber nicht ste­hen blei­ben. Viel­mehr wur­de mit dem am 9. April 2014 in Kraft getre­te­nen Drit­ten Hochschulrechtsänderungsgesetz4 der Abschluss einer Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung zwi­schen Dok­to­ran­den und Betreu­ern nun­mehr gesetz­lich vor­ge­schrie­ben: Nach § 38 Abs. 5 Satz 2 LHG ent­schei­det der Pro­mo­ti­ons­aus- schuss der Fakul­tät nach Abschluss einer Pro­mo­ti­ons- ver­ein­ba­rung über die Annah­me des Dok­to­ran­den. Die- se Pro­mo­ti­ons­ver­ein­ba­rung „wird“ nach § 38 Abs. 5 Satz 3 LHG zwi­schen Pro­mo­vie­ren­den und Betreuerinnen

con­ven­ti­on/­zur-qua­li­taets­si­che­rung-in-pro­mo­ti­ons­ver­fah­ren/

[11.5.2014].
4 Drit­tes Hoch­schul­rechts­än­de­rungs­ge­setz vom 1. April 2014, GBl S

99.

Man­fred Löwisch
und Tho­mas Wür­ten­ber­ger Betreu­ungs­ver­ein­ba­run­gen im Promotionsverfahren

Ord­nung der Wis­sen­schaft 2014, ISSN 2197–9197

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oder Betreu­ern in Schrift­form und mit „Min­dest­inhal- ten“ geschlos­sen. Min­dest­in­hal­te sind ein dem Dis­ser­ta- tions­pro­jekt und der Lebens­si­tua­ti­on der Pro­mo­vie­ren- den und des Pro­mo­vie­ren­den ange­pass­ter, jeweils fort- zuschrei­ben­der Zeit­plan für regel­mä­ßi­ge Betreu­ungs­ge- sprä­che und Sach­stands­be­rich­te, Anga­ben über ein indi­vi­du­el­les Stu­di­en­pro­gramm, eine gegen­sei­ti­ge Ver- pflich­tung über die Beach­tung der Regeln guter wis­sen- schaft­li­cher Pra­xis, Regeln zur Lösung von Streit­fäl­len und den bei Abga­be der Dis­ser­ta­ti­on fest­zu­le­gen­den Be- gutachtungszeiten.

Auch der Regie­rungs­ent­wurf eines Hoch­schul­zu- kunfts­ge­set­zes Nord­rhein-West­fa­len5 sieht in § 67 Abs. 2 Satz 3 den, von den Hoch­schu­len zu gewähr­leis­ten­den, Abschluss einer Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung vor, deren Part­ner, wie sich aus dem Geset­zes­zu­sam­men­hang er- gibt, Dok­to­rand und wis­sen­schaft­li­cher Betreu­er sein sollen.

Mit der Auf­nah­me in das Gesetz wird das Hin­der­nis für die Annah­me einer ver­bind­li­chen öffent­lich-recht­li- chen Ver­ein­ba­rung besei­tigt: Der wis­sen­schaft­li­che Be- treu­er ist nun­mehr von Geset­zes wegen Part­ner einer sol­chen Ver­ein­ba­rung und damit als sol­cher Adres­sat der sich aus die­ser erge­ben­den Rech­te und Pflich­ten. Ihm wird damit ein eige­ner, dem Sta­tus einer Behör­de ver­gleich­ba­rer Sta­tus verliehen.

Den Aus­wir­kun­gen des Über­gangs zum öffent­lich- recht­li­chen Ver­trag ist im Fol­gen­den nachzugehen.

II. Zustan­de­kom­men und Inhalt der Betreu­ungs­ver- einbarung

1. Ver­trags­par­tei­en

§ 38 Abs. 5 Satz 3 LHG Baden-Würt­tem­berg, eben­so § 67 Abs. 2 Satz 3 Hoch­schul­zu­kunfts­ge­setz NRW benen­nen Dok­to­ran­den und wis­sen­schaft­li­che Betreu­er als Part­ner des Betreu­ungs­ver­trags. Dabei wird es sich regel­mä­ßig um einen Betreu­er han­deln, mög­lich sind aber auch meh­re­re Betreu­er als Partner.6

Vor­schlä­ge, als drit­ten Part­ner auch die Ein­rich­tung vor­zu­se­hen, an wel­cher der Dok­to­rand promoviert,7 ha-

  1. 5  Land­tag-Drs 15/5410.
  2. 6  Fol­ge der Inbe­zug­nah­me des Betreu­en­den als Ver­trags­part­ner ist,dass die­ser selbst in die Rech­te und Pflich­ten aus dem Betreu­ungs- ver­trag ein­rückt. In der Kon­se­quenz sind Kla­gen von Dok­toran- den — die im Ver­wal­tungs­rechts­weg gel­tend zu machen sind, vgl hier­zu § 40 Abs 2 Satz 1 VwGO — nicht gegen die Fakul­tät son­dern gegen den Betreu­er selbst zu rich­ten. Umge­kehrt ist für Kla­gen ge- gen den Dok­to­ran­den aus dem Betreu­ungs­ver­trag der betreu­en­de Hoch­schul­leh­rer und nicht die Fakul­tät aktiv legitimiert.
  3. 7  So etwa die Grund­sät­ze für den Abschluss von Promotionsver-

ben sich nicht durch­ge­setzt. Eben­so wenig kom­men etwa Men­to­ren, ande­re inner- oder außer­uni­ver­si­tä­re wis­sen­schaft­li­che Ein­rich­tun­gen, die Uni­ver­si­tät selbst oder auch pri­va­te Pro­jekt­trä­ger, mit denen Betreu­er und Dok­to­rand zusam­men­ar­bei­ten, als wei­te­re Part­ner in Betracht.

2. Ver­trags­schluss

Die Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung zwi­schen dem Hoch­schul- leh­rer und sei­nem Dok­to­ran­den ist als öffent­lich-recht­li- cher Ver­trag zu qua­li­fi­zie­ren; denn sein Gegen­stand, die Betreu­ung im Pro­mo­ti­ons­ver­fah­ren, ist durch die öffent- lich-recht­li­chen Nor­men des Hoch­schul­rechts aus­ge­s­tal- tet.8 Daher gelan­gen die §§ 54 Satz 1 ff. LVwVfG, die in § 62 Satz 2 LVwVfG sub­si­di­är auf die Vor­schrif­ten des Bür- ger­li­chen Gesetz­buchs ver­wei­sen, zur Anwendung.

Wie jeder Ver­trags­schluss setzt auch der Abschluss der Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung über­ein­stim­men­de Wil­lens- erklä­run­gen der Par­tei­en, vor­lie­gend des Dok­to­ran­den auf der einen und des oder der Betreu­er auf der ande­ren Sei­te, vor­aus. Solan­ge das Ein­ver­ständ­nis über den Inhalt nicht her­ge­stellt ist, kann die Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung kei­ne Wirk­sam­keit ent­fal­ten, und zwar in der Regel auch dann nicht, wenn über ein­zel­ne Punk­te Ein­ver­ständ­nis erzielt wur­de, § 62 Satz 2 VwVfG i.V.m. § 154 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Die auf den Abschluss der Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung gerich­te­ten Wil­lens­er­klä­run­gen unter­lie­gen im Fall von Wil­lens­män­geln der Anfech­tung nach Maß­ga­be des § 62 Satz 2 VwVfG i.V.m. den §§ 119 ff. BGB.9 In Betracht kommt ins­be­son­de­re eine Anfech­tung wegen arg­lis­ti­ger Täu­schung nach § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB: Spie­gelt etwa der Dok­to­rand für die Arbeit an der Dis­ser­ta­ti­on wesent­li- che Spe­zi­al­kennt­nis­sen vor, kann sich der Betreu­er nach der Auf­de­ckung der Täu­schung durch Anfech­tung von der Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung lösen. Hin­ge­gen wird eine Anfech­tung wegen eines Irr­tums über die Eig­nung des Dok­to­ran­den zur Anfer­ti­gung der Dis­ser­ta­ti­on nach § 119 Abs. 2 BGB regel­mä­ßig nicht in Betracht kom­men. Ob der Dok­to­rand das Pro­mo­ti­ons­vor­ha­ben bewäl­ti­gen kann, ist zum Zeit­punkt des Abschlus­ses der Betreu-

ein­ba­run­gen der Pro­mo­vie­ren­den-Initia­ti­ve und der Pro­jekt- grup­pe Dok­to­ran­dIn­nen der GEW vom Sep­tem­ber 2004, www. promovierenden-initiative.de/pv muster.rtf [11.5.2014].

8 Zu den Kri­te­ri­en für das Vor­lie­gen eines öffent­lich-recht­li­chen Ver­tra­ges: Wür­ten­ber­ger, Ver­wal­tungs­pro­zess­recht, 3. Aufl 2011, Rn 134.

9 Nw bei Feh­ling, in: ders/Kastner (Hrsg), Ver­wal­tungs­recht, 2. Aufl 2010, § 62 VwVfG Rn 11; zur älte­ren Dis­kus­si­on der Über­trag­bar- keit zivil­recht­li­cher Rege­lun­gen auf öffent­lich-recht­li­che Schuld- ver­hält­nis­se: Ossen­bühl, Staats­haf­tungs­recht, 5. Aufl, 1998, S 353 f.

Löwisch/Würtenberger · Betreu­ungs­ver­ein­ba­run­gen 1 0 5

ungs­ver­ein­ba­rung natur­ge­mäß offen, so dass die Un- kennt­nis dar­über in Kauf genom­men wird, ein Irr­tum hier­über in der Fol­ge aus­schei­den muss

§ 38 Abs. 5 Satz 3 LHG Baden-Würt­tem­berg schreibt den Abschluss einer „schrift­li­chen Pro­mo­ti­ons­ver­ein­ba- rung“ vor. Das ist im Sin­ne einer gesetz­li­chen Schrift- form zu ver­ste­hen, setzt also eine schrift­li­che Fixie­rung des Tex­tes und bei­der­sei­ti­ge eigen­hän­di­ge Namens­un- ter­schrift vor­aus, § 126 BGB. Ände­run­gen der Betreu- ungs­ver­ein­ba­rung bedür­fen eben­falls der Schrift­form in Form bei­der­sei­ti­ger eigen­hän­di­ger Namensunterschrift.

3. Inhalt der Betreuungsvereinbarung

a) Min­dest­in­halt

Kern des nach § 38 Abs. 5 Satz 3 LHG Baden-Würt­tem- berg fest­zu­le­gen­den Min­dest­in­halts der Betreu­ungs­ver- ein­ba­rung sind Zeit­plä­ne für regel­mä­ßi­ge Betreu­ungs­ge- sprä­che und Sach­stands­be­rich­te des Dok­to­ran­den einer- seits (Nr. 1) und die bei Abga­be der Dis­ser­ta­ti­on fest­zu­le­gen­den Begut­ach­tungs­zei­ten ande­rer­seits (Nr. 5). Die Ziel­rich­tung der zuletzt genann­ten Rege­lung ist zwei­fel­haft: Sol­len bereits in der Betreu­ungs­ver­ein­ba- rung die Begut­ach­tungs­zei­ten nach Abga­be der Dis­ser- tati­on fest­ge­legt sein? Oder soll ledig­lich ein Zeit­rah­men vor­ge­se­hen wer­den, inner­halb des­sen bei Abga­be der Dis­ser­ta­ti­on die Begut­ach­tungs­zei­ten (von wem?) fest- gelegt wer­den? Schließt man sich der erst­ge­nann­ten Vari­an­te an, fällt auf, dass zwar die Zeit­plä­ne mit Blick auf das Dis­ser­ta­ti­ons­pro­jekt und die Lebens­si­tua­ti­on des Pro­mo­vie­ren­den fort­zu­schrei­ben sind, indes eine Ände- rung der Begut­ach­tungs­zei­ten nicht ins Auge gefasst ist. Aber auch die fest­zu­le­gen­den bzw. fest­ge­leg­ten Begut- ach­tungs­zei­ten müs­sen bei sinn­ge­mä­ßer bzw. ver­fas- sungs­kon­for­mer (dazu sogleich) Aus­le­gung der Ver­ein- barung unter dem Vor­be­halt geän­der­ter Ver­hält­nis­se, ins­be­son­de­re neu­er zusätz­li­cher Belas­tun­gen, aber auch der Fami­li­en­si­tua­ti­on des Hoch­schul­leh­rers, ste­hen. Ver- sucht man auf die­se Wei­se den Betreu­er der Dis­ser­ta­ti­on an Begut­ach­tungs­sei­ten zu bin­den, so kön­nen dem Zweit- bzw. dem Dritt­re­fe­ren­ten, die in aller Regel bei Abschluss derBetreuungsvereinbarungnochnichtfeststehen,keiner- lei zeit­li­che Vor­ga­ben für ihre Voten gemacht wer­den. Der Gesetz­ge­ber muss sich fra­gen las­sen, war­um er hin­sicht­lich der Begut­ach­tungs­zei­ten den Betreu­er von Dis­ser­ta­tio­nen in die Pflicht neh­men möch­te, für die wei­te­ren Gut­ach­ter aber kei­ner­lei recht­li­che Vor­ga­ben macht.

Die Fest­le­gung einer gegen­sei­ti­gen Ver­pflich­tung über die Beach­tung der Regeln guter wis­sen­schaft­li­cher Pra­xis (Nr. 3) wie­der­holt an sich eine aus dem Hoch- schul­recht fol­gen­de selbst­ver­ständ­li­che gesetz­li­che Pflicht. Die Vor­schrift bewirkt aber, dass es sich im Fal­le des Abschlus­ses der Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung auch um eine ver­trag­li­che Pflicht han­delt mit Kon­se­quen­zen im Fal­le der Ver­let­zung (dazu unten IV.).

Indem Nr. 4 Rege­lun­gen zur Lösung von Streit­fäl­len zum Min­dest­in­halt der Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung erklärt, eröff­net er die Mög­lich­keit, auch ande­re als von Fakul­tät oder Hoch­schu­le vor­ge­se­he­ne Ver­mitt­lungs­stel­len ein- zuschal­ten. Das kön­nen ein­zel­ne Hoch­schul­leh­rer, aber auch Per­so­nen außer­halb der Hoch­schu­le sein. Eben­so kommt eine Media­ti­on nach dem Media­ti­ons­ge­setz in Betracht.

b) Zusätz­li­che Rech­te und Pflichten

Nach § 38 Abs. 5 Satz 3 LHG sind die dort genann­ten Punk­te nur Min­dest­in­hal­te der Betreu­ungs­ver­ein­ba- rung. Das wirft die Fra­ge auf, wel­che zusätz­li­chen Pflich- ten begrün­det wer­den kön­nen. Auf der Sei­te des Dok­to- ran­den ist inso­weit vor allem an Vor­ga­ben für die ein­zu­rei- chen­de Dis­ser­ta­ti­on (Sei­ten­zahl­be­stim­mung, Anfor­de­run­gen an die äuße­re Gestal­tung) zu den­ken. In Betracht kommt wei­ter eine Zeit­be­gren­zung mit Ver­fall­klau­sel, in dem Sin­ne, als der Anspruch auf Betreu­ung erlischt, wenn der Dok­to­rand die Dis­ser­ta­ti­on nicht inner­halb bestimm­ter Frist ablie­fert. Die­se Frist könn­te kür­zer sein als die in der Pro­mo­ti­ons­ord­nung vor­ge­se­he­ne Frist für das Bes­te- hen­blei­ben der Zulas­sung zur Promotion.

Auf der Sei­te des Betreu­en­den kön­nen Fris­ten für regel­mä­ßi­ge Betreu­ungs­ge­sprä­che und die Erör­te­rung der vom Dok­to­ran­den erstat­te­ten Sach­stands­be­rich­te vor­ge­se­hen wer­den. Auch die Fest­le­gung von Sank­tio­nen für Män­gel der Betreu­ung und die Ver­schlep­pung der Be- gut­ach­tung schei­nen denkbar.

Aller­dings müs­sen sich auch die­se wei­te­ren Inhal­te im Rah­men des Betreu­ungs­zwecks hal­ten. Pflich­ten des Dok­to­ran­den zur Erbrin­gung von Dienst­leis­tun­gen, die – wie etwa Ver­pflich­tun­gen in der Leh­re – nicht im Zu- sam­men­hang mit dem Pro­mo­ti­ons­vor­ha­ben ste­hen, kön­nen nicht Gegen­stand der Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung sein. Eben­so wenig kön­nen in der Betreu­ungs­ver­ein­ba- rung die Abga­be von Ver­gü­tungs­be­stand­tei­len an einen Lehr­stuhl­fonds oder umge­kehrt die Zah­lung eines Sti- pen­di­ums durch den Betreu­er vor­ge­se­hen werden.

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III. Ver­fas­sungs­recht­li­che Wür­di­gung eines Zwangs zum Abschluss von Betreu­ungs­ver­ein­ba­run­gen sowie eines Anspruchs auf einen Vertragsschluss

1. Pro­mo­ti­on ohne Abschluss einer Betreu­ungs­ver­ein­ba- rung?

§ 38 Abs. 5 Satz 3 LHG geht davon aus, dass sich Betreu- er und Dok­to­rand über Abschluss und Inhalt der Betreu- ungs­ver­ein­ba­rung ver­stän­di­gen. Das wird regel­mä­ßig zutref­fen. Die Ver­stän­di­gung kann aber auch schei­tern, sei es dass Betreu­er oder Dok­to­rand eine sol­che ver­trag- liche Bin­dung über­haupt ableh­nen, sei es dass sie sich über deren Inhalt nicht eini­gen kön­nen. In sol­chen Fäl- len ist in ers­ter Linie an die bereits erwähn­ten Ver­mitt- lungs­ver­fah­ren zu den­ken. Aller­dings müs­sen der­ar­ti­ge Ver­mitt­lungs­ver­fah­ren nicht zum Erfolg füh­ren. Dann aber scheint nach § 38 Abs. 5 Satz 2 LHG eine Annah­me als Dok­to­rand aus­zu­schei­den, weil die­se eine zuvor abge­schlos­se­nen Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung zur Vor­aus- set­zung hat („…nach Abschluss der Pro­mo­ti­ons­ver­ein- barung“). Da aber gem. § 38 Abs. 3 Satz 1 LHG der Dok- tor­an­den­sta­tus Vor­aus­set­zung für die Ver­lei­hung des Dok­tor­gra­des ist, hät­te dies zur wei­te­ren Kon­se­quenz, dass ein mate­ri­ell gege­be­ner Pro­mo­ti­ons­an­spruch nicht durch­zu­set­zen wäre.

Dar­über hin­aus führ­te ein sol­ches Ver­ständ­nis des § 38 Abs. 5 Satz 2 LHG dazu, dass Wis­sen­schaft­ler, die zunächst ohne jeg­li­che Betreu­ung eine For­schungs­leis- tung erbracht haben und die­se sodann einer Fakul­tät vor­le­gen, von der Ver­lei­hung des Dok­tor­gra­des aus­ge- schlos­sen wür­den. Unter die­sen For­schern mögen nicht weni­ge sein, die sich bewusst den Bin­dun­gen einer Pro- moti­ons­ver­ein­ba­rung ent­zie­hen woll­ten, sich bei der Anfer­ti­gung ihrer Pro­mo­ti­on gleich­wohl, soweit sie es für för­der­lich erach­te­ten, von einem Hoch­schul­leh­rer bera­ten ließen.

Damit ist die Fra­ge nach der ver­fas­sungs­recht­li­chen Zuläs­sig­keit auf­ge­wor­fen, For­scher von der Pro­mo­ti­on aus­zu­schlie­ßen, die ihre Dis­ser­ta­ti­on ohne Betreu­ungs- ver­ein­ba­rung ange­fer­tigt haben. Haben die­se For­scher einen Anspruch auf die Begut­ach­tung der Dis­ser­ta­ti­on, und, im Fal­le einer posi­ti­ven Bewer­tung, einen An- spruch auf die Durch­füh­rung des Rigo­ro­sums und im Ergeb­nis einen Anspruch auf die Ver­lei­hung des Dok­tor- gra­des? Nach ganz herr­schen­der Mei­nung sind Pro­mo­ti- onen mit Blick auf die ver­fas­sungs­recht­li­che Garan­tie der For­schungs­frei­heit, Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, auch dann zu begut­ach­ten und gege­be­nen­falls anzunehmen,

10 Hart­mer, in: ders/Detmer (Hrsg), Hoch­schul­recht, 2. Aufl 2011, V Rn 16: „Die Zulas­sung zur Pro­mo­ti­on darf unter dem Gesichts- punkt der Berufs- und der Wis­sen­schafts­frei­heit nicht von einer

wenn die­se ohne vor­he­ri­ge Betreu­ung durch einen Hoch­schul­leh­rer ein­ge­reicht wurden.10 Dem­entsp­re- chend kann die Pro­mo­ti­on nicht aus dem Grun­de abge- lehnt wer­den, dass vor der Erbrin­gung der For­schungs- leis­tung kei­ne Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung abge­schlos­sen wurde.

Daher ver­bie­tet sich aus ver­fas­sungs­recht­li­chen Grün­den ein Ver­ständ­nis des § 38 Abs. 5 Satz 2 LHG, wo- nach For­schungs­leis­tun­gen nur dann zur Pro­mo­ti­on füh­ren dür­fen, wenn die­se im Rah­men einer Betreu- ungs­ver­ein­ba­rung erbracht wur­den. Der hohe per­sön­li- che Ein­satz des Dok­to­ran­den und die im Rah­men sei­ner Wis­sen­schafts­frei­heit erar­bei­te­te pro­mo­ti­ons­fä­hi­ge wis- sen­schaft­li­che Leis­tung ver­bie­ten es, Pro­mo­tio­nen abzu- leh­nen, für die kei­ne Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung vor­liegt. Es wäre schlech­ter­dings unver­hält­nis­mä­ßig, eine den in- halt­li­chen Maß­stä­ben genü­gen­de For­schungs­leis­tung auf­grund feh­len­der Ver­fah­rens­an­for­de­run­gen, etwa ei- ner Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung, schei­tern zu las­sen. Die­ses Ergeb­nis ent­spricht im Übri­gen dem Grund­ver­ständ­nis deut­scher Rechts­kul­tur, den mate­ri­el­len grund­recht­li- chen Ver­bür­gun­gen im Zwei­fel den Vor­rang gegen­über der Nicht­be­ach­tung des nur die­nen­den Ver­fah­rens­rechts zu geben.

Ent­ge­gen dem ers­ten Anschein steht § 38 Abs. 5 Satz 2 LHG den eben ent­wi­ckel­ten ver­fas­sungs­recht­li­chen Anfor­de­run­gen nicht ent­ge­gen. Viel­mehr ist die­se Be- stim­mung im Rah­men einer ver­fas­sungs­kon­for­men Aus­le­gung dahin zu ver­ste­hen, dass der Abschluss einer Pro­mo­ti­ons­ver­ein­ba­rung jeden­falls dann nicht not­wen- dige Vor­aus­set­zung der Begut­ach­tung sowie des Rigo­ro- sums und im Ergeb­nis der Ver­lei­hung des Dok­tor­gra­des ist, wenn die eigent­li­che For­schungs­leis­tung außer­halb eines Betreu­ungs­ver­hält­nis­ses erbracht wurde.

Zwar fin­det sich in § 38 Abs. 5 Satz 2 LHG der Satz, dass über die Annah­me als Dok­to­rand „nach Abschluss der Pro­mo­ti­ons­ver­ein­ba­rung“ zu ent­schei­den sei. Aller- dings ist die­sem Pas­sus nicht zu ent­neh­men, dass die Pro­mo­ti­ons­ver­ein­ba­rung not­wen­di­ge Vor­aus­set­zung der Ver­lei­hung des Dok­tor­gra­des ist. Dies folgt zunächst aus der erkenn­ba­ren Ziel­set­zung der Pro­mo­ti­ons­ver­ein- barung, dem Pro­mo­ti­ons­ver­fah­ren Struk­tur zu geben und damit die Qua­li­tät, aber auch Erfolgs­quo­te von Pro- motio­nen zu erhö­hen. Zu die­sem Zweck will die Ver­ein- barung zu einem Zeit­punkt, in dem die erfolg­rei­che Er- brin­gung der For­schungs­leis­tung noch unge­wiss ist, an- set­zen, um dem Pro­mo­ti­ons­ver­fah­ren eine zeit­li­che Struk­tur zu geben. Des­sen bedarf es frei­lich dann nicht,

Annah­me als Dok­to­rand abhän­gig gemacht wer­den“ (vgl auch Geck, Pro­mo­ti­ons­ord­nun­gen und Grund­ge­setz, 2. Aufl 1969, S 3 ff).

Löwisch/Würtenberger · Betreu­ungs­ver­ein­ba­run­gen 1 0 7

wenn die For­schungs­leis­tung bereits erfolg­reich erbracht wur­de: Inso­weit ist der Erfolg bewie­sen, einer ent­sp­re- chen­den Ver­ein­ba­rung bedurf­te es daher (jeden­falls) in die­sen Fäl­len nicht. Dem­nach ist § 38 Abs. 5 Satz 2 LHG dahin zu ver­ste­hen, dass es einer Pro­mo­ti­ons­ver­ein­ba- rung bei bereits erbrach­ten For­schungs­leis­tun­gen nicht bedarf. Jeden­falls für den Fall der frei­schaf­fend erbrach- ten For­schungs­leis­tung ist ein Groß­teil der in § 38 Abs. 5 Satz 3 LHG vor­ge­se­he­nen Min­dest­in­hal­te red­un­dant, bzw. deren Ver­fol­gung über­haupt unmög­lich, weil inso- weit ein Fall der „Zwecker­rei­chung“ ein­ge­tre­ten ist.

Dar­aus resul­tiert, dass auch nach der Neu­fas­sung des § 38 Abs. 5 LHG der Abschluss einer Betreu­ungs­ver­ein- barung jeden­falls dann kei­ne not­wen­di­ge Vor­aus­set­zung der Ver­lei­hung des Dok­tor­gra­des sein kann, wenn die For­schungs­leis­tung bereits erbracht wurde.

2. Zur Ver­ein­bar­keit einer ver­pflich­ten­den Betreu­ungs- ver­ein­ba­rung mit der Lehr- und Wis­sen­schafts­frei­heit des Betreuenden

Eine ande­re Fra­ge ist, ob bei Schei­tern aller Ver­mitt- lungs­ver­su­che der Dok­to­rand, aber auch der Betreu­er, einen Anspruch auf Abschluss einer Betreu­ungs­ver­ein­ba- rung mit einem bestimm­ten Inhalt haben kann. Damit ist die Fra­ge auf­ge­wor­fen, ob aus § 38 Abs. 5 Satz 3 LHG Baden-Würt­tem­berg ein sub­jek­tiv-öffent­li­ches Recht auf Abschluss einer Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung mit den dort gere­gel­ten Min­dest­in­hal­ten her­ge­lei­tet wer­den kann.

Wenn § 38 Abs. 5 Satz 3 LHG Baden-Würt­tem­berg davon spricht, dass eine Pro­mo­ti­ons­ver­ein­ba­rung abge- schlos­sen „wird“ und die­se einen bestimm­ten „Min- dest­in­halt“ habe, kann dies – so nicht aus Ver­fas­sungs- grün­den über­haupt Aus­nah­men zu machen sind, vgl. oben – nicht anders als im Sin­ne einer wech­sel­sei­ti­gen Anspruchs­grund­la­ge ver­stan­den wer­den: Dok­to­rand wie Betreu­er sol­len ver­lan­gen kön­nen, dass eine ent­sp­re- chen­de schrift­li­che Ver­ein­ba­rung mit den genann­ten Min­dest­in­hal­ten geschlos­sen wird. Frei­ge­stellt sein soll nur ein dar­über hin­aus gehen­der Inhalt.

Frei­lich kann § 38 Abs. 5 Satz 3 LHG selbst kei­nen An- spruch auf die Ein­ge­hung eines Betreu­ungs­ver­hält­nis­ses begrün­den. Viel­mehr ist mit der Geset­zes­be­grün­dung davon aus­zu­ge­hen, dass der Abschluss einer Betreuungs-

  1. 11  Vgl hier­zu die Begrün­dung zum Ent­wurf des Drit­ten Hoch- schulän­de­rungs­ge­set­zes vom 15.10.2013, S 222. Abruf­bar unter http://mwk.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/pdf/gesetze/LHG/ Anh%C3%B6rungsentwurf_3._HR%C3%84G.pdf [11.5.2014].
  2. 12  Zu Frei­heit von Wis­sen­schaft, For­schung und Leh­re als „wesent- liche Bestand­tei­le eines ein­heit­li­chen geschütz­ten Schutz­be­reichs der Wis­sen­schaft“: Hufen, Staats­recht II, Grund­rech­te, 3. Aufl 2011, § 34 Rn 4.
  3. 13  Sodan, in: ders (Hrsg), Grund­ge­setz, 2009, Art 5 Abs. 3 GG Rn 48

ver­ein­ba­rung eine vor­gän­gi­ge Betreu­ungs­zu­sa­ge zur Vo- raus­set­zung hat.11 Dem­entspre­chend kann § 38 Abs. 5 Satz 3 LHG kei­nen Anspruch auf ver­trag­li­che Ver­ein­ba- rung des „ob“, son­dern nur des „wie“ der Betreu­ungs­ver- hält­nis­ses begründen.

a) Zum Schutz­be­reich der Lehr- und Wis­sen­schafts­frei- heit

Einem der­ar­ti­gen Anspruch steht jedoch der von der Lehr­frei­heit ver­fas­sungs­recht­lich geschütz­te Frei­raum des Betreu­ers ent­ge­gen. Ein sol­cher Anspruch und sei­ne gericht­li­che Durch­set­zung schei­tern an Art. 5 Abs. 3 GG, der, wie es Hufen for­mu­liert, die Wis­sen­schafts- und Lehrfreiheit12 „vor jeg­li­cher staat­li­chen Ein­wir­kung auf den Pro­zess der Gewin­nung und Ver­mitt­lung wis­sen- schaft­li­cher Erkennt­nis­se“ schützt.13 In ähn­li­cher Deut- lich­keit for­dern Bum­ke und Voß­kuh­le, dass den Hoch- schul­leh­rern soviel Frei­heit in ihrer wis­sen­schaft­li­chen Betä­ti­gung zu gewäh­ren ist, „wie dies unter Berück­sich- tigung der Auf­ga­ben der Uni­ver­si­tät und der Belan­ge der ver­schie­de­nen in der Uni­ver­si­tät täti­gen Grund­rechts- trä­ger mög­lich ist“.14

Art. 5 Abs. 3 GG garan­tiert Hoch­schul­leh­rern mit der Frei­heit der Leh­re auch einen Frei­raum bei der Betreu- ung von Dok­to­ran­den. Die Hoch­schul­leh­rer sind bei der Betreu­ung ihrer Dok­to­ran­den „frei in for­mel­ler, the­ma- tischer, inhalt­li­cher und metho­di­scher Hinsicht“.15 Ob die wis­sen­schaft­li­che Betreu­ung eines Dok­to­ran­den in eine förm­li­che Ver­ein­ba­rung gegos­sen wird oder in ei- nem Ver­trau­ens­ver­hält­nis ohne Fest­le­gung von Min- destein­hal­ten erfolgt, ist vor allem eine Metho­den­fra­ge, deren Ent­schei­dung allein beim Hoch­schul­leh­rer liegt. Der Hoch­schul­leh­rer ent­schei­det – um nur eini­ge As- pek­te sei­ner Lehr­frei­heit zu benen­nen – , wel­chen The- men­zu­schnitt die von ihm ver­ge­be­ne Pro­mo­ti­on haben soll, zu wel­chem Zeit­punkt und wie er sei­ne Dok­toran- den beim Fort­gang ihrer Arbeit fach­lich unter­stützt, in wel­chem Umfang Betreu­ungs­ge­sprä­che – auch zur Über­win­dung per­sön­li­cher Kri­sen – bei der Erstel­lung der Dis­ser­ta­ti­on statt­fin­den, wie er sich von der Einhal- tung der Regeln guter wis­sen­schaft­li­cher Pra­xis über- zeugt, wie sich in Abstim­mung mit dem Dok­to­ran­den die Fer­tig­stel­lung einer Dis­ser­ta­ti­on in einem bestimm-

mit Ver­weis auf BVerfGE 47, 327, 367.
14 Bumke/Voßkuhle, Case­book Ver­fas­sungs­recht, 2013, Rn 727. 15 Löwer, Frei­heit wis­sen­schaft­li­cher For­schung und Leh­re, in:

Merten/Papier (Hrsg), Hand­buch der Grund­rech­te, Bd 4, 2011, § 99, Rn 53; Feh­ling, in Bon­ner Kom­men­tar, Art 5 Abs 3 GG Rn 88; Starck, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg), Gund­ge­setz, 6. Aufl 2010, Art 5 Abs 3 GG Rn 376; Hufen, aaO § 34 Rn 10 (zur Wahl der Metho­dik wis­sen­schaft­li­cher Leh­re), 13.

108 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 3 (2014), 103–112

ten Zeit­li­mit errei­chen lässt und schließ­lich auch, ob und wel­che Ver­an­stal­tun­gen in wel­chem Rhyth­mus zu besu- chen sind.

Nicht nur ver­fas­sungs­recht­lich, son­dern auch in der Pra­xis der Betreu­ung von Pro­mo­tio­nen ist es eine Selbst- ver­ständ­lich­keit, dass zwi­schen dem Betreu­er, dem die Lehr­frei­heit zur Sei­te steht, und dem Dok­to­ran­den, der sich auf sei­ne Wis­sen­schafts­frei­heit beru­fen kann, ein beson­de­res Ver­hält­nis wech­sel­be­züg­li­chen Aus­tau­sches besteht: Zwi­schen bei­den Per­so­nen herrscht ein auf die Pro­mo­ti­on bezo­ge­nes spe­zi­fi­sches Ver­trau­ens­ver­hält­nis, des­sen gemein­sa­mes Anlie­gen es ist, ein For­schungs­vor- haben in opti­ma­ler Wei­se begin­nen, durch­füh­ren und abschlie­ßen zu kön­nen. Der For­men­zwang und mit ihm die nai­ven Hoff­nun­gen, die in eine Ver­recht­li­chung des Pro­mo­ti­ons­ver­hält­nis­ses gelegt wer­den, sind dem von gegen­sei­ti­gem Ver­trau­en getra­ge­nen, situa­ti­ons­ge­recht erfol­gen­den Zusam­men­wir­ken vom fach­lich erfah­re­nen Betreu­er und Dok­to­rand letzt­lich abträg­lich. Zuge­spitzt for­mu­liert: Das Ver­trau­en, das der zu Betreu­en­de in die fach­li­che Kom­pe­tenz des Hoch­schul­leh­rers setzt und auch set­zen muss, kann nicht zum Gegen­stand pari­tä- tisch aus­zu­han­deln­der Ver­ein­ba­run­gen gemacht wer- den.

Ent­spre­chen­des gilt für die Dok­to­ran­den. Ihnen muss es auf Grund der ihnen zukom­men­den Stu­dier- und Wis­sen­schafts­frei­heit16 letzt­lich frei ste­hen, ob sie ein Pro­mo­ti­ons­vor­ha­ben inner­halb der Bin­dun­gen einer förm­li­chen Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung oder unab­hän­gig davon durch­füh­ren wollen.17

b) Zwang zum Abschluss von Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung: ver­fas­sungs­recht­lich zu rechtfertigen?

Nun mag man ein­wen­den, dass der Gesetz­ge­ber zur Ein- schrän­kung bzw. zur Aus­ge­stal­tung der in Art. 5 Abs. 3 GG garan­tier­ten Lehr- und Wis­sen­schafts­frei­heit berech- tigt sei. Eine Ein­schrän­kung oder Aus­ge­stal­tung der Lehr- und Wis­sen­schafts­frei­heit ist aber nur in engen ver­fas­sungs­recht­li­chen Gren­zen statt­haft. Die Lehr- und Wis­sen­schafts­frei­heit unter­liegt, außer der hier nicht inter­es­sie­ren­den Treue der Lehr­frei­heit zur Ver­fas­sung, ledig­lich grund­rechts­im­ma­nen­ten Schranken.18 Die­se sind aus dem Kon­text der Ver­fas­sung zu ermit­teln. Wei- test­ge­hend kon­sen­tier­te Schran­ken der Lehr­frei­heit betref­fen etwa die sich aus den Cur­ri­cu­la ergebenden

  1. 16  Zur Wis­sen­schafts­frei­heit auch von Dok­to­ran­den vgl BVerfGE 90, 1, 11 f; Beth­ge, in: Sachs (Hrsg), Grund­ge­setz, 6. Aufl 2011, Art 5 GG Rn 208 mNw; Hufen, aaO § 34 Rn 15.
  2. 17  Dass der Dok­to­rand grund­sätz­lich die Frei­heit haben muss, Takt und Inten­si­tät der Betreu­ung durch sei­ne eige­nen Bedürf­nis­se vor­zu­ge­ben, betont mit Recht Löwer, Die Pro­mo­ti­on an der Kan- dare, Legal Tri­bu­ne Online, vom 7. 11. 2013: http://www.lto.de/

Gren­zen der Wahl von Vor­le­sungs­ge­gen­stän­den, die Ori­en­tie­rung der Stoff­ver­mitt­lung an Modul­hand­bü- chern oder auch Eva­lua­tio­nen von Vor­le­sungs­ver­an­s­tal- tungen.19 Der­ar­ti­gen Begren­zun­gen der Lehr­frei­heit ist gemein­sam, dass sie sich aus dem Anspruch der Stu­die- ren­den, der aus Art. 12 Abs. 1 GG, aber auch aus Art. 5 Abs. 3 GG folgt, auf eine berufs­feld­be­zo­ge­ne wis­sen- schaft­li­che Aus­bil­dung und auf die effek­ti­ve Stu­dier­mög- lich­keit von Stu­di­en­gän­gen ergeben.

Die Begren­zung der Lehr­frei­heit durch Pro­mo­ti­ons- ver­ein­ba­run­gen wird nicht von der­art gewich­ti­gen ver- fas­sungs­recht­li­chen Ziel­set­zun­gen getra­gen. Denn wenn als Ziel genannt wird, man wol­le wis­sen­schaft­li­chem Fehl­ver­hal­ten ent­ge­gen­wir­ken, so sind Pro­mo­ti­ons­ver- ein­ba­run­gen kei­ne geeig­ne­te Maß­nah­me. Seit jeher – und völ­lig unbe­strit­ten – gehört es zu den Ver­pflich­tun- gen der Hoch­schul­leh­rer, sich von der Beach­tung der Regeln guter wis­sen­schaft­li­cher Pra­xis bei der Abfas­sung von Pro­mo­tio­nen zu über­zeu­gen. In der Ver­gan­gen­heit hat sich erwie­sen, dass in Pro­mo­tio­nen viel­fach unge­nau und unvoll­stän­dig zitiert wur­de, dar­über hin­aus gar Pla- gia­te in nicht gerin­ger Zahl erfolgt sind. Für die­se Prob- lema­tik sind Betreu­er und Dok­to­ran­den mitt­ler­wei­le sehr sen­si­bi­li­siert. Von einer ent­spre­chen­den Rege­lung inei­n­er­Be­treu­ungs­ver­ein­barun­glässt­sichk­ei­ne­wei­te­re Sen­si­bi­li­sie­rung, aber auch kei­ne höhe­re Ver­mei­dungs- rate von Pla­gi­ats­fäl­len erwar­ten. Sie ist nicht geeig­net, in effek­ti­ver Wei­se die Qua­li­tät von Pro­mo­tio­nen zu ver- bessern.

Wel­chen Anfor­de­run­gen die Betreu­ungs­in­ten­si­tät genü­gen soll, nach wel­chen Kri­te­ri­en Zeit­plä­ne zu erstel- len sind, wor­an sich ein indi­vi­du­el­les Stu­di­en­pro­gramm ori­en­tie­ren soll, all dies lässt der Gesetz­ge­ber offen. Der Gesetz­ge­ber hat sich inso­fern in einem Rege­lungs­di­lem- ma befun­den: Er konn­te mit Blick auf die Viel­ge­stal­tig- keit der Fäl­le und auch wegen der Lehr- und Wis­sen- schafts­frei­heit kei­ne inhalt­lich ver­bind­li­chen Rege­lun- gen tref­fen. Die inhalt­li­chen Vor­ga­ben von Betreu­ungs- ver­ein­ba­run­gen wer­den viel­mehr an die Ver­trags­par­tei­en zurück gespielt, wo sie – wie bis­lang auch – letzt­lich vom guten Wil­len des Betreu­ers abhän­gen. Eine wirk­li­che Ver­trags­pa­ri­tät zwi­schen Betreu­er und Dok­to­ran­den dürf­te wohl nur in den wenigs­ten Fäl­len gege­ben sein. Daher steht im Raum, dass mit Betreu­ungs­ver­ein­ba­run- gen nur zusätz­li­cher Ver­wal­tungs­auf­wand generiert,

rech­t/­stu­di­um-refe­ren­da­ria­t/s/­pro­mo­ti­on-baden-wuert­tem­berg-

betreuungsvereinbarung/ [11.5.2014].
18 Zur Bestim­mung der ver­fas­sungs­im­ma­nen­ten Schran­ken von Art

5 Abs 3 GG: Würtenberger/Zippelius, Deut­sches Staats­recht, 32.

Aufl 2008, § 26 Rn 103 ff; Hufen, aaO § 34 Rn 29 ff.
19 Teil­wei­se kri­tisch zu die­sen Begren­zun­gen der Lehr­frei­heit Löwer,

in: Hand­buch, § 99 Rn 59 ff.

Löwisch/Würtenberger · Betreu­ungs­ver­ein­ba­run­gen 1 0 9

aber kein Ein­fluss auf die zu Grun­de lie­gen­den inhalt­li- chen Fra­gen genom­men wird. Wo kei­ne recht­li­chen Maß­stä­be gesetzt sind, blei­ben Betreu­ungs­ver­ein­ba­run- gen im Belie­ben von Hoch­schul­leh­rern und Dok­toran- den. Ver­fas­sungs­recht­lich stellt sich das Dilem­ma des Gesetz­ge­bers so dar: Ent­we­der wer­den die ent­spre­chen- den Betreu­ungs­ver­ein­ba­run­gen durch den Gesetz­ge­ber auch inhalt­lich deter­mi­niert, dann sind sie unver­hält­nis- mäßig, oder es wer­den nur for­mel­le Vor­ga­ben gemacht, dann sind sie aber zur Ziel­er­rei­chung ungeeignet.

Nun mag man der Ansicht sein, wo nichts Kon­kre­tes gere­gelt sei, gebe es ohne­hin kei­nen Ein­griff in die grund­recht­lich geschütz­te Lehr­frei­heit. Dies wür­de je- doch ver­ken­nen, dass bereits durch die Pflicht zum Ab- schluss und zu der Fort­schrei­bung von Betreu­ungs­ver- ein­ba­run­gen in Schrift­form ein Ein­griff in die fle­xi­ble und situa­ti­ons­ge­rech­te Gestal­tung der Betreu­ung von Dok­to­ran­den liegt. Die­ser Ein­griff ist durch­aus von Ge- wicht, da die Wis­sen­schafts- und Lehr­frei­heit ein Kom- muni­ka­ti­ons­grund­recht ist, das eine mög­lichst freie Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen Wis­sen­schaft­lern und ihren Schü­lern ermög­li­chen will. Daher muss die Lehr­frei­heit auch gegen eine über­flüs­si­ge Büro­kra­ti­sie­rung des aka- demi­schen Bereichs schüt­zen. Die­se Büro­kra­ti­sie­rung ist nicht nur ein Hemm­nis bei rasch erfor­der­lich wer­den- den Ände­run­gen im Takt und im Inhalt der Betreu­ung, son­dern auch zeit­auf­wän­dig. Denn, wie in der Regel zu erwar­ten steht, muss wäh­rend eines Pro­mo­ti­ons­ver­fah- rens der jewei­li­ge Inhalt einer Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung, etwa bei einer Modi­fi­ka­ti­on des The­mas, bei unvor­her- seh­ba­ren Hin­der­nis­sen im Fort­gang der Arbeit, bei Ver- ände­run­gen im per­sön­li­chen Umfeld des Dok­to­ran­den etc., wie­der­holt neu aus­ge­han­delt und in Schrift­form ge- fasst wer­den. Was bis­lang ein Hoch­schul­leh­rer aus sei­ner lan­gen Erfah­rung dem Dok­to­ran­den gera­ten hat, wird nun ohne Not einer förm­li­chen Ver­ein­ba­rung unterworfen.

Letzt­lich ist auch eine ver­bind­li­che Fest­le­gung von kon­kre­ten Kor­rek­tur­fris­ten weder mit der Lehr­frei­heit noch mit der Wis­sen­schafts­frei­heit zu ver­ein­ba­ren. Eine der­ar­ti­ge Bin­dung geht an den Rea­li­tä­ten vor­bei: Für eine her­vor­ra­gen­de, aber knap­pe Dis­ser­ta­ti­on bedarf man weit­aus weni­ger Kor­rek­tur­frist als für eine umfang- rei­che, inhalt­lich und sprach­lich pro­ble­ma­ti­sche Dis­ser- tati­on, die nach einer ers­ten Kor­rek­tur noch­mals zu- rück­zu­ge­ben ist. Dies gilt selbst dann, wenn Kor­rek­tur- fris­ten erst bei Abga­be der Dis­ser­ta­ti­on fest­ge­legt wer- den müs­sen. Denn zu die­sem Zeit­punkt ist es unge­wiss, wel­cher Zeit­auf­wand für die Kor­rek­tur erfor­der­lich ist; auch kön­nen über­ra­schen­de ander­wei­ti­ge dienst­li­che Ver­pflich­tun­gen, Betei­li­gung an Drittmittelprojekten

20 BT-Drs 17/12531.

etc., not­ge­drun­gen zur Ver­län­ge­rung von Kor­rek­tur­zei- ten füh­ren. Soll es wirk­lich so sein, dass mehr­fach Kor- rek­tur­fris­ten ver­ein­bart wer­den müs­sen, näm­lich wenn etwa eine Dis­ser­ta­ti­on mit Bean­stan­dun­gen und Auf­la- gen an den Dok­to­ran­den nach einer ers­ten Durch­sicht zurück­ge­ge­ben wer­den muss?

Die­sen ver­fas­sungs­recht­li­chen Fra­gen wei­ter nach­zu- gehen, besteht aller­dings kein Anlass. Hoch­schul­leh­rer mögen Pro­mo­ti­ons­ver­ein­ba­run­gen mit ihren Dok­toran- den abschlie­ßen, sie mögen dies sogar als Bei­trag zur Ver­bes­se­rung der Effek­ti­vi­tät der Betreu­ung ihrer Dok- tor­an­den anse­hen. Da aber Pro­mo­tio­nen, wie aus­ge- führt, von der Fakul­tät auch dann ange­nom­men wer­den müs­sen, wenn ihnen kei­ne Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung zu Grun­de gele­gen hat, bleibt die Rege­lung des § 38 Abs. 5 LHG letzt­lich nur ein Ange­bot, das nicht ver­pflich­tend ist. Falls gleich­wohl auf den Abschluss einer Betreu­ungs- ver­ein­ba­rung geklagt wird oder ein Hoch­schul­leh­rer im Wege der Rechts­auf­sicht zum Abschluss ent­spre­chen­der Ver­ein­ba­run­gen ver­pflich­tet wer­den soll, wäre die Ver- fas­sungs­mä­ßig­keit des § 35 Abs. 5 LHG auf den Prüf- stand gericht­li­cher Kon­trol­le zu stellen.

An der Unver­ein­bar­keit mit der Lehr- und Wis­sen- schafts­frei­heit änder­te sich auch nichts, wenn man die Hoch­schu­le oder die Fakul­tät als Adres­sat des Anspruchs des Dok­to­ran­den ansä­he: Auch der Hoch­schu­le ist es ver­fas­sungs­recht­lich ver­wehrt, in die Frei­heit der Leh­re der Hoch­schul­leh­rer ein­zu­grei­fen. Der Dok­to­rand kann von ihr nicht mehr ver­lan­gen, als dass sie sich um die Ver­mitt­lung eines wis­sen­schaft­li­chen Betreu­ers bemüht.

Nicht wei­ter führt auch die in der ver­gan­ge­nen Legis- latur­pe­ri­ode des Deut­schen Bun­des­tags von der SPD- Frak­ti­on ent­wi­ckel­te Vor­stel­lung, die Zuläs­sig­keit von Befris­tun­gen nach dem Wis­sen­schafts­zeit­ver­trags­ge­setz vom Abschluss einer Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung abhän­gig zu machen.20 Auch damit wür­de unver­hält­nis­mä­ßig in die Lehr­frei­heit eingegriffen.

IV. Sank­tio­nen bei Pflichtverletzungen

1. Auf­lö­sung der Promotionsvereinbarung

Wenn der Dok­to­rand den in der Pro­mo­ti­ons­ver­ein­ba- rung fest­ge­leg­ten Zeit­plan nicht ein­hält oder die regel- mäßi­gen Betreu­ungs­ge­sprä­che und Sach­stands­be­rich­te ver­säumt, muss das Betreu­ungs­ver­hält­nis auf­ge­löst wer- den kön­nen, auch wenn die Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung kei­ne Ver­fall­klau­sel ent­hält. Den Weg dazu ebnet § 62 Satz 2 LVwVfG mit der Anord­nung der sub­si­diä­ren Gel- tung der Vor­schrif­ten des bür­ger­li­chen Rechts: Bei der Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung han­delt es sich um ein Dauer-

110 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 3 (2014), 103–112

schuld­ver­hält­nis beson­de­rer Art. Die­ses kann wie jeder auf Dau­er gerich­te­ter Schuld­ver­trag nach § 314 Abs. 1 BGB aus wich­ti­gem Grund gekün­digt werden.21 Unent- schul­dig­te zeit­li­che Ver­zö­ge­run­gen der Arbeit oder die Ver­säu­mung von Betreu­ungs­ge­sprä­chen und von Sach- stands­be­rich­ten stel­len, wenn sie gra­vie­rend sind, einen sol­chen wich­ti­gen Grund dar. Dabei hat, wie sich aus § 314 Abs. 2 BGB ergibt, der Kün­di­gung regel­mä­ßig die Set­zung einer Abhil­fe­frist vorauszugehen.

An eine etwa­ige Kün­di­gung der Pro­mo­ti­ons­ver­ein- barung schließt sich die wei­te­re Fra­ge an, ob sich mit ih- rer Auf­lö­sung etwas an der Zulas­sung als Dok­to­rand än- dert oder ob die­se bestehen bleibt; letz­te­res ist ent­spre­chend der obi­gen Aus­füh­run­gen zum Ver­hält­nis von Betreu­ungs- ver­ein­ba­rung und Dok­to­ran­den­sta­tus anzu­neh­men. Der Dok­to­rand arbei­tet nun­mehr nur noch auf eige­nes Risi­ko bis zum Zeit­punkt des Erlö­schens der Zulassung.

Umge­kehrt ist denk­bar, dass der Dok­to­rand die Pro- moti­ons­ver­ein­ba­rung aus wich­ti­gem Grund kün­digt. Ein Anspruch auf Abschluss einer neu­en Betreu­ungs­ver- ein­ba­rung mit einem ande­ren Betreu­er wird damit nicht aus­ge­löst, zumal ein sol­cher nach dem Gesag­ten eine vor­gän­gi­ge Betreu­ungs­zu­sa­ge durch den neu­en Betreu­er zur Vor­aus­set­zung hät­te. Viel­mehr beschränkt sich die Ver­pflich­tung der Hoch­schu­le dar­auf, sich um die Ver- mitt­lung eines neu­en Betreu­ers zu bemü­hen (dazu oben II 3 b).

2. Scha­dens­er­satz

a) Mög­li­che Schadensfälle

Zu den­ken ist in ers­ter Linie an Ver­zö­ge­rungs­schä­den auf der Sei­te des Dok­to­ran­den: Ver­zö­gert sich die Begut­ach- tung gegen­über der vor­ge­ge­be­nen Begutachtungszeit,22 kann das zur Fol­ge haben, dass der Dok­to­rand erst spä- ter eine bes­ser dotier­te Stel­le, etwa als Anwalt, erhält, dass sich sein, die Pro­mo­ti­on vor­aus­set­zen­des, Habi­li­ta- tions­ver­fah­ren ver­zö­gert und ihm damit eine Beru­fung ent­geht, oder dass ein Sti­pen­di­um oder eine sons­ti­ge För­de­rung nicht erreicht wer­den kann.

Umge­kehrt kann eine vom Dok­to­ran­den ver­ur­sach­te Ver­zö­ge­rung der Pro­mo­ti­on zu finan­zi­el­len Aus­fäl­len auf Sei­ten des Betreu­ers füh­ren. Etwa kann die wei­te­re För­de­rung eines Pro­jekts, zu des­sen Bestand­tei­len das Pro­mo­ti­ons­vor­ha­ben gehör­te, ein­ge­stellt wer­den. Auch

  1. 21  Feh­ling, § 62 VwVfG Rn 21.
  2. 22  Zur Voll­stre­ckung aus einer Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung bedarf esei­nes gericht­li­chen Voll­stre­ckungs­ti­tels, der durch ver­wal­tungs- gericht­li­che Leis­tungs­kla­ge erlangt wer­den kann (Wür­ten­ber­ger, Ver­wal­tungs­pro­zess­recht, Rn 822).
  3. 23  Mau­rer, All­ge­mei­nes Ver­wal­tungs­recht, 17. Aufl 2009, § 26 Rn 46;

kön­nen Sti­pen­di­en für wei­te­re Dok­to­ran­den mit Hin- blick auf die Ver­zö­ge­rung ver­sagt werden.

Schä­den kön­nen auch aus der Ver­let­zung der gegen- sei­ti­gen Ver­pflich­tung zur Beach­tung der Regeln guter wis- sen­schaft­li­cher Pra­xis resul­tie­ren. Ein Dok­to­rand, dem der Dok­tor­grad nach­träg­lich ent­zo­gen wird, könn­te gel- tend machen, dass der Ent­zug auch dar­auf zurück­zu­füh- ren ist, dass er nicht zurei­chend betreut wor­den ist. Um- gekehrt könn­te dem Betreu­er bei der Ent­schei­dung über einen För­der­an­trag zur Last gelegt wer­den, dass es in sei- nem Bereich zu sol­chen Ver­stö­ßen gekom­men ist, weil er sei­ner Auf­sichts­pflicht nicht genügt hat.

b) Haf­tungs­fra­gen

Eine Haf­tung des Betreu­ers kann sich aus Pflicht­ver­let- zun­gen des öffent­lich-recht­li­chen Ver­tra­ges sowie aus der Amts­haf­tung nach Art. 34 Satz 1 GG i. V. m. § 839 BGB ergeben.23

aa) Das LHG äußert sich zu Scha­dens­er­satz­an­sprü- chen wegen Ver­let­zung der Pflich­ten aus einer Betreu- ungs­ver­ein­ba­rung nicht. Maß­ge­bend ist des­halb wie­der- um das nach § 62 Satz 2 LVwVfG sub­si­di­är gel­ten­de bür- ger­li­che Recht.24 Danach ist, Ver­schul­den vor­aus­ge­setzt, ein kau­sal her­bei­ge­führ­ter Ver­zö­ge­rungs­scha­den gemäß § 286 BGB, der auch den ent­gan­ge­nen Gewinn umfasst (vgl. hier­zu auch § 252 BGB), und eine aus der Ver­let- zung der Pflicht zur Beach­tung der Regeln guter wis­sen- schaft­li­cher Pra­xis resul­tie­ren­der Scha­den gemäß § 280 Abs. 1 BGB zu erset­zen. Liegt ein Mit­ver­schul­den des Geschä­dig­ten vor, kommt eine Min­de­rung der Scha- den­s­er­satz­pflicht nach § 254 BGB in Betracht.

bb) Bei einer Amts­haf­tungs­kla­ge stellt sich die Fra­ge, ob der Betreu­er im Fal­le der Ver­let­zung der Pflich­ten aus der Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung selbst haf­tet oder ob an die Stel­le sei­ner Haf­tung nach Art. 34 Satz 1 GG in Ver­bin- dung mit § 839 BGB die Haf­tung des Bun­des­lan­des als Anstel­lungs­kör­per­schaft tritt. Das hängt davon ab, ob die Pflich­ten aus der Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung zugleich als Amts­pflich­ten auf­zu­fas­sen sind. Nach nicht unbe- strit­te­ner Ansicht begrün­den Ver­pflich­tun­gen aus öf- fent­lich-recht­li­chen Ver­trä­gen zugleich ent­spre­chen­de Amtspflichten.25 Selbst wenn man der inso­weit eher zu- rück­hal­ten­den Recht­spre­chung des Bun­des­ge­richts- hofs26 fol­gen wür­de, wür­de dies nichts an einer Haf­tung aus „rela­ti­ven Amts­pflich­ten in Sonderbeziehungen“27

Ossen­bühl, Staats­haf­tungs­recht, 5. Aufl 1998, S 360.
24 Feh­ling, § 62 VwVfG Rn 19 ff.
25 So Papier, in: Mün­che­ner Kom­men­tar zum BGB, § 839 BGB Rn

197; ders, in: Maunz/Dürig, Art 34 GG Rn 162. 26 BGHZ 87, 9, 18; 120, 184, 188.

Löwisch/Würtenberger · Betreu­ungs­ver­ein­ba­run­gen 1 1 1

ändern. Denn Gegen­stand der Betreu­ungs­ver­ein­ba­run- gen ist in aller Regel nichts wei­ter als all jenes, was dem Betreu­er ohne­hin als Dienst­pflicht obliegt. Mit der Über- nah­me der Pflich­ten aus der Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung erfüllt der Betreu­er sei­ne hoch­schul­recht­lich all­ge­mein gere­gel­te Dienst­pflicht zur wis­sen­schaft­li­chen Betreu­ung der von ihm ange­nom­me­nen Dok­to­ran­den. Ein Rück- griff kommt nach Art. 34 Satz 2 GG nur bei Vor­satz oder gro­ber Fahr­läs­sig­keit in Betracht.

cc) Nicht nur aus Amts­haf­tung (sofern die Betreu- ungs­ver­ein­ba­rung Amts­pflich­ten des Hoch­schul­leh­rers kon­kre­ti­siert), auch aus der Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung kann auf Scha­dens­er­satz geklagt wer­den. Wird aus der Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung, also aus dem öffent­lich-recht- lichen Ver­trag auf Scha­dens­er­satz geklagt, so dürf­te die Kla­ge, anders als die Amts­haf­tungs­kla­ge, gegen den be- treu­en­den Hoch­schul­leh­rer zu rich­ten sein. Denn die­ser ist aus der Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung berech­tigt und ver- pflich­tet, nicht aber das Land oder die Universität.

dd) Ein Haf­tungs­pri­vi­leg, das dem des Betreu­ers bei Amts­haf­tungs­kla­gen auf Grund einer Amts­pflicht­ver­let- zung ver­gleich­bar ist, steht dem Dok­to­ran­den nicht zur Sei­te. Mög­lich ist nur, einer an der Stu­dier- und Wis­sen- schafts­frei­heit aus­ge­rich­te­ten Aus­le­gung der Betreu- ungs­ver­ein­ba­rung zu ent­neh­men, dass der Ver­schul- dens­maß­stab gemäß § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB auf gro­be Fahr­läs­sig­keit redu­ziert ist. Nahe liegt es, die­sen schwie- rigen Haf­tungs­fra­gen durch einen ent­spre­chen­den Haf- tungs­aus­schluss in der Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung zu ent- gehen. Ein sol­cher ist für den Dok­to­ran­den, nicht aber für den Betreuer,28 bis zur Gren­ze der Haf­tung für Vor- satz mög­lich (§ 276 Abs. 3 BGB).29

V. Zusam­men­fas­sung

1. Zulas­sung zur Pro­mo­ti­on nicht vom Abschluss einer Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung abhängig

§ 38 LHG unter­schei­det zwi­schen der Zulas­sung zur Pro­mo­ti­on einer­seits und der Annah­me als Dok­to­rand und dem Abschluss der Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung ande- rer­seits: Abs. 3 regelt die Grund­vor­aus­set­zun­gen für die Zulas­sung, denen nach Abs. 4 Satz 2 die Pro­mo­ti­ons­ord- nung wei­te­re Zulas­sungs­vor­aus­set­zun­gen hin­zu­fü­gen kann. Dem­ge­gen­über bestimmt Abs. 5 in Satz 2, dass die Annah­me als Dok­to­rand die Hoch­schu­le zur wis­sen- schaft­li­chen Betreu­ung ver­pflich­tet, und in Satz 3, dass zu die­sem Zweck eine Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung abge- schlos­sen wird. Ein Zusam­men­hang des Inhalts, dass die

  1. 27  Ossen­bühl, S 60 f; BGHZ 120, 184, 188.
  2. 28  Die Haf­tung des Betreu­ers eines Dok­to­ran­den aus § 839 BGBkann nur durch Gesetz, nicht aber durch Ver­trag begrenzt wer-

Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung Vor­aus­set­zung für die Zulas- sung zur Pro­mo­ti­on ist, wird dabei nicht hergestellt.

Ein sol­cher Zusam­men­hang wäre auch, wie aus­ge- führt, nicht ver­fas­sungs­kon­form: Wer die Vor­aus­set­zun- gen für die Zulas­sung zur Pro­mo­ti­on erfüllt, hat einen Rechts­an­spruch auf Durch­füh­rung des Pro­mo­ti­ons­ver- fah­rens. Die­sen von den Unwäg­bar­kei­ten des Zustan­de- kom­mens einer Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung abhän­gig zu machen, wäre eine unver­hält­nis­mä­ßi­ge Ein­schrän­kung der Wis­sen­schafts­frei­heit des Doktoranden.

Wer die nach Gesetz und Pro­mo­ti­ons­ord­nung ge- stell­ten Zulas­sungs­vor­aus­set­zun­gen erfüllt, kann eine Dis­ser­ta­ti­on auch dann ein­rei­chen, wenn kei­ne Betreu- ungs­ver­ein­ba­rung abge­schlos­sen wur­de. Er muss zur Pro­mo­ti­on und zur Prü­fung zuge­las­sen und sei­ne Arbeit muss begut­ach­tet wer­den. Aus wel­chem Grund es nicht zum Abschluss einer Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung gekom- men ist, spielt kei­ne Rolle.

Eine Aus­nah­me gilt nur dann, wenn kein Hoch­schul- leh­rer der Fakul­tät über die fach­li­che Kom­pe­tenz zur Be- gut­ach­tung der Arbeit ver­fügt oder all­ge­mei­ne Grün­de für die Ableh­nung der Zulas­sung bestehen.

2. Kein Zwang zum Abschluss einer Betreu­ungs­ver­ein- barung bestimm­ten Inhalts

Ein Zwang zum Abschluss einer Betreu­ungs­ver­ein­ba- rung bestimm­ten Inhalts lässt sich mit dem durch Art. 5 Abs. 3 GG garan­tier­ten Frei­raum des Hoch­schul­leh­rers bei der Betreu­ung von Dok­to­ran­den nicht ver­ein­ba­ren. Zwi­schen betreu­en­dem Hoch­schul­leh­rer und Dok­to- rand herrscht ein auf die Pro­mo­ti­on bezo­ge­nes spe­zi­fi- sches Ver­trau­ens­ver­hält­nis, das nicht Gegen­stand pari­tä- tisch aus­zu­han­deln­der Ver­ein­ba­run­gen sein kann.

An der Unver­ein­bar­keit mit der Lehr- und Wis­sen- schafts­frei­heit änder­te sich auch nichts, wenn man die Hoch­schu­le oder die Fakul­tät als Adres­sat des Anspruchs des Dok­to­ran­den ansä­he: Auch der Hoch­schu­le ist es ver­fas­sungs­recht­lich ver­wehrt, in die Frei­heit der Leh­re der Hoch­schul­leh­rer einzugreifen.

3. Kün­di­gung einer Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung kein Hin- der­nis für eine erfolg­rei­che Promotion

War eine Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung abge­schlos­sen und ist die­se spä­ter weg­ge­fal­len, ändert das nichts an der erfolg­ten Zulas­sung zur Pro­mo­ti­on. Ins­be­son­de­re führt die Kün­di­gung der Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung aus wich­ti- gem Grund nicht auto­ma­tisch zum Ver­lust der Zulas- sung. Viel­mehr kann der Dok­to­rand im vorgegebenen

den (vgl Ossen­bühl, S 96 f).
29 Zu den hier nicht wei­ter zu ver­tie­fen­den Abwä­gungs­fra­gen bei

Haf­tungs­be­schrän­kun­gen: Ossen­bühl, S 358 f.

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zeit­li­chen Rah­men der Zulas­sung sei­ne Dis­ser­ta­ti­on ein- rei­chen und die Zulas­sung zur Prü­fung bean­tra­gen. Nur wenn der Grund zur Kün­di­gung der Betreu­ungs- ver­ein­ba­rung auch die Rück­nah­me der Zulas­sung recht- fer­tigt, kann die­se erfolgen.

4. Fazit

Der in eini­gen Lan­des­hoch­schul­ge­set­zen neu­er­dings ein­ge­schla­ge­ne Weg zur rechts­ver­bind­li­chen Betreu- ungs­ver­ein­ba­run­gen führt in die Irre. Die Ver­lei­hung des Dok­tor­gra­des kann und muss auch dann erfol­gen, wenn zuvor kei­ne Betreu­ungs­ver­ein­ba­rung abge­schlos- sen wor­den war. Ein Abschluss­zwang schei­tert an der Lehr­frei­heit des Betreu­ers und an der Wis­sen­schafts- sowie Stu­dier­frei­heit des Dok­to­ran­den. Frei­wil­lig abge- schlos­se­ne Ver­ein­ba­run­gen wer­fen im Fal­le von Pflicht- ver­let­zun­gen Fra­gen von Scha­dens­er­satz und Haf­tung auf.

Die im LHG Baden-Würt­tem­berg erfolg­te Ver­recht- lichung der Ver­trau­ens­be­zie­hung zwi­schen dem Hoch- schul­leh­rer und sei­nem Dok­to­ran­den ist ein Fall sym­bo- lischer oder gar aktio­nis­ti­scher Gesetz­ge­bung und damit der fal­sche Weg.

Im höchst sen­si­blen Bereich der Lehr- und Wis­sen- schafts­frei­heit soll­te der Gesetz­ge­ber den unter­schied­li- chen Fächer­kul­tu­ren eben­so wie den unter­schied­li­chen For­scher­per­sön­lich­kei­ten, zu denen auch Dok­to­ran­den rech­nen, einen mög­lichst gro­ßen Frei­raum belassen.

Die­ser wird ohne Not ein­ge­schränkt, wenn pro­mo­ti­ons- bezo­ge­ne Rege­lun­gen ver­bind­lich gemacht wer­den, die immer wie­der durch neu­es Aus­han­deln situa­ti­ons­ge- recht ange­passt und in eine neue Ver­trags­form gegos­sen wer­den müs­sen. Bei all die­sen Aus­hand­lungs­ver­pf­lich- tun­gen wird eine Ver­trags­pa­ri­tät vor­ge­spie­gelt, die kaum besteht. Die Gestal­tung von Betreu­ungs­ver­ein­ba­run­gen wird in aller Regel durch die hohe Fach­kom­pe­tenz des betreu­en­den Hoch­schul­leh­rers bestimmt, nicht aber wirk­lich aus­ge­han­delt. Betreu­ungs­ver­ein­ba­run­gen sind damit kaum geeig­net, Betreu­ungs­leis­tun­gen und damit die Qua­li­tät von Dis­ser­ta­tio­nen zu steigern.

Was im Kon­flikt­fall durch­ge­setzt wer­den muss, ist die Ein­hal­tung der Dienst­pflicht des Hoch­schul­leh­rers zu ange­mes­se­ner Betreu­ung der von ihm ange­nom­me- nen Dok­to­ran­den. Um dies zu errei­chen, kann die nach § 38 Abs. 4 Satz 2 LHG zu bestel­len­de Ombuds­per­son ein­ge­schal­tet wer­den. Führt auch das nicht zum Ziel, ist die Durch­set­zung Sache der Fakul­täts- und der Uni­ver- sitäts­lei­tun­gen und letzt­lich des Wis­sen­schafts­mi­nis­te­ri- ums als den Dienst­vor­ge­setz­ten des Hochschullehrers.

Man­fred Löwisch ist Pro­fes­sor an der Albert-Lud­wigs- Uni­ver­si­tät Frei­burg und Lei­ter der For­schungs­stel­le für Hoch­schul­recht und Hoch­schul­ar­beits­recht. Tho- mas Wür­ten­ber­ger ist Pro­fes­sor an der Albert-Lud- wigs-Uni­ver­si­tät Frei­burg und Lei­ter der For­schungs- stel­le für Hoch­schul­recht und Hochschularbeitsrecht.